Adelheid Aldinger schrieb mir vor einiger Zeit in einer persönlichen Botschaft: „Komm doch mal vorbei, wir haben am 15. Dezember unsere Weihnachtsfeier“. So erinnere ich mich jedenfalls.
In den vergangenen Jahren hatte ich immer wieder abgesagt. Ausgerechnet dieses Jahr ist an diesem Tag eine Galaveranstaltung in der Staatsoper. Gute Freunde haben mich eingeladen.
Ich konnte also wieder nicht nach Altlandsberg kommen.
Adelheid blieb trotzdem dran und lud mich gestern zum Weihnachtskaffee ein. Sie hatte den Tisch gedeckt. Es war Kaffee da, Lebkuchen und Topfkuchen.
„Wir haben uns bestimmt zwei Jahre nicht gesehen“, sage ich zu ihr.
„Vier Jahre sind das her“, korrigiert sie mich.
Ich kann es gar nicht glauben. Sollte das schon wieder so lange her sein?
Damals hatte ich einen kleinen Beitrag über den Verein geschrieben.
„Wie geht es dir?“, frage ich sie. Sie sieht gut aus, strahlt über das Gesicht und ist fröhlich.
„Ich habe eine Medaille bekommen.“
„Was für eine?“
Ich wusste schon ein wenig, weil sie es angedeutet hatte. Dann holt sie die Dokumente raus.
Auf dem Tisch liegt die Urkunde, unterzeichnet von der Präsidentin des Landtages Brandenburg, Britta Stark.
„Donnerwetter“, sage ich und staune.
Dann lese ich: „…für besondere Verdienste als Gründungsmitglied und für …herausragendes Engagement im Verein ‚Helfen hilft‘ e.V.“
Daneben liegt die Medaille des Landtages Brandenburg „…zur Anerkennung von Verdiensten für das Gemeinwesen am 20. April 2018…“
„Das ist eine hohe Auszeichnung. Die kriegst nicht mal eben so“, sage ich daraufhin zu ihr.
Sie schaut mich an: „Meint der das ehrlich?“, scheint sie sich zu fragen.
Und wie ehrlich ich es meine. Es gibt wenige, denen ich es von Herzen gönne, und die es auch kraft eigener Leistungen verdient haben.
Im Anschluss lese ich die Laudatio von der Landtagsabgeordneten Jutta Lieske. Sie ist wunderbar geschrieben, geht ans Herz. Ich lese sie laut, um meine Aufregung zu verbergen.
Es ist gut, dass es mal so eine positive Aufregung gibt.
Adelheid, die würde für sich persönlich so etwas nie erwarten.
Adelheid erzählt mir, während ich schon wieder ein zweites Stück Kuchen herunternehme, wie sie sich ärgert, weil es so langsam vorwärts geht, in einem Jobcenter.
Die meisten denken an dieser Stelle: „Klar, das regt doch jeden auf, wenn es ihn betrifft.“
Aber es betrifft nicht Adelheid Aldinger. Nein. Sie setzt sich mal gerade wieder für andere Menschen ein, dafür, dass es rechtzeitig klappt mit der Bewilligung von Geldern.
„Stell‘ dir mal vor, was wir schon alles unternommen haben.“
Ich kann mir das vorstellen. Adelheid hat die Auszeichnung schon wieder beiseitegelegt und denkt daran, was sie noch alles vor Weihnachten bewegen muss – für andere Menschen, die sie um Hilfe ansprechen.
„Was glaubst du, wie ich mich gefreut habe“, dass die bulgarische Familie sich hier so gut eingelebt hat und wir ein wenig mit Rat und Tat zur Seite stehen konnten?“
So richtig kannst du dir das nicht vorstellen. Wie viel Energie das kostet, wieviel Leidenschaft, ja sogar Kampfesmut – und alles für andere Menschen.
Ich bekomme immer mehr ein schlechtes Gewissen. Warum? Weil ich doch die meiste Zeit an mich denke. Wie ich mit dem Schreiben klar komme, was noch zu tun ist.
Ja aber, das macht ja Adelheid auch noch, das eigene Leben bewältigen. Nebenbei, denn die meiste Zeit sorgt sie sich ja um die anderen Menschen.
Adelheid hatte keine leichte Kindheit. Andere wären daran zerbrochen. Sie aber hat negative Erfahrungen in positiven Lebensmut umgemünzt.
Ich rutsche auf dem Stuhl hin – und her. Ich muss in die Kita nach Berlin. Meine Enkelin abholen. Aber ich kriege es nicht fertig aufzustehen und zu gehen, ohne zu fragen, was ich tun könnte.
„Wenn du mal eine Lesung machst mit deinen kleinen Geschichten, die du schreibst, ja das wäre schön.“
„Meinst du wirklich, dass das jemand interessiert?“, versuche ich mich schon wieder herauszudrehen.
„Ja, wir könnten das im März nächsten Jahres machen, zum Frauentag zum Beispiel.“
Ich sage zu. Selbst wenn es nicht so humorvoll wird, wie es sich vielleicht Adelheid Aldinger erhofft, ich tue auf jeden Fall was für die Gemeinschaft.
Ich habe schon viele Menschen kennengelernt. Menschen. Das bleibt ja nicht aus. Besonders dann nicht, wenn du für sie wirklich interessierst.
Adelheid Aldinger gehört zu denen, die ich wirklich schätze.
Deshalb möchte ich dir an dieser Stelle sagen, liebe Adelheid:
„Danke für die Einladung gestern, deine herzliche Gastfreundschaft, dein Vertrauen. Und: dafür, dass ich sagen darf, dass du zu meinem Freundeskreis zählst!“
„Helfen hilft“ – der Name eines Vereins. Ein kleiner Verein. Groß und großartig in dem, was er tut. Ich habe nicht oft einen Hut auf. Trotzdem ziehe ich ihn jetzt, symbolisch eben.