ALLEIN MIT MEINEN INNEREN STIMMEN
‚Warum willst du uns eigentlich ständig bei dir haben?‘, fragen mich manchmal meine inneren Stimmen ‚Draufgänger‘, ‚Sensibler‘ und ‚Theoretiker‘.
‚Das ist gar nicht so leicht zu beantworten‘, sage ich dann.
Und weiter: ‚Ihr seid ja ohnehin bei mir, egal, was ich über euch denke‘.
‚Das stimmt schon‘, meint Theoretiker, ‚aber es muss doch einen Grund dafür geben.‘
‚Theoretiker‘ hat recht. Meine inneren Stimmen machen schon zu einem großen Teil auch meine Individualität aus.
Sind wir nicht ständig dabei, zu messen und zu vergleichen, unsere Normen an andere anzulegen?
Gibt es überhaupt eine objektive Beurteilungsmöglichkeit für andere Menschen?
Sicher, wenn man zum Beispiel die Werte und Normen, die die Gesellschaft vorgibt, zugrunde legt.
Und trotzdem: Ich beurteile einen Menschen, der mir etwas sagt, stets danach, wie ich die Dinge einordne, was ich fühle, und was ich glaube.
Ich denke, wenn wir andere Menschen kennenlernen wollen, so legen wir zuallererst unsere eigenen subjektiven Maßstäbe an. Wie auch können wir entscheiden, ob uns jemand sympathisch ist oder eben auch nicht?
Das kannst du nur aus der eigenen individuellen Natur heraustun.
Kennt man sich also selbst sehr gut, geht man sicherlich mit anderen Menschen in bestimmten Situationen nachsichtiger um.
Im Straßenverkehr werde ich oft wahnsinnig, wenn jemand vor mir mit 40 km/h fährt, anstatt dass er wenigstens auf die 50 km/h hochgeht. Das ist meine innere Stimme ‚Draufgänger‘, die mich dann nervt und nach vorn peitscht.
‚Sensibler‘ hingegen sagt zu mir: ‚Reg‘ dich doch nicht auf. Vielleicht hat der Fahrer vor dir ein persönliches Problem, das an ihm nagt, oder er ist generell nicht von der schnellsten Sorte. Gib‘ ihm den Freiraum, den er braucht, um sicher fahren zu können. Du hast auch was davon.“
Und nur weil ich weiß, wie ‚Sensibler‘ reagiert, kann ich an mir halten und verurteile den Menschen vor mir nicht vorschnell, fälle kein ungerechtes Vorurteil.
„Also, ‚Sensibler‘, ‚Theoretiker‘ und auch ‚Draufgänger‘, je besser ich euch kennenlerne, wie ihr reagiert, lerne ich, auch andere Menschen besser einzuschätzen, mit ihnen besser umzugehen.“
‚Na hoffentlich!‘, schallt es mir von allen drei Stimmen gemeinsam entgegen.