FAHRT NACH DRESDEN
Peter hatte keine Lust, noch einmal zum Hörer zu greifen. Er schickte eine WhatsApp-Nachricht:
„Lass uns nicht streiten. Jetzt müssen wir zusammenstehen. Ich bin dazu bereit und komme am Dienstag nach Dresden.“
Von Helga kam ein kurzes ‚ok‘ zurück.
Dienstagfrüh, das Thermometer sollte auf 35 Grad Celsius ansteigen. Bei diesen Temperaturen konnte man überall hinfahren, nur nicht nach Dresden.
Peter erinnerte sich, wie drückend es in der Stadt im Sommer war.
Sie wohnten direkt im Stadtzentrum. An den Hängen, da war es auszuhalten, aber im Herzen der Stadt legte sich die Hitze wie eine Glocke über die Straßen und Häuser.
Das Gefühl, keinen großen See in der Nähe zu haben, bedrückte Peter deshalb besonders.
Ein Grund für ihn, später zur Marine zu gehen. Er war die ersten Jahre in Schwerin aufgewachsen. Der Schweriner See war für ihn herrlich. Er konnte es sich nicht vorstellen, dass es woanders noch hätte schöner sein können.
Später dann begann er die Ostsee zu lieben, das Wasser, den ständigen Wind und das Gefühl der Freiheit, das man nicht beschreiben konnte.
Peter wollte nicht zu sehr hetzen und entschloss sich, möglichst frühzeitig nach Dresden aufzubrechen.
Der Berliner Ring war voll. Auf der rechten Spur reihte sich ein LKW an den anderen.
Peter blieb auf der linken Spur und ärgerte sich, dass hinter ihm jemand drängelte.
Früher war er genauso gewesen. Für ihn war klar, dass er mit seinem 7er BMW Vorfahrt hatte, zu wichtigen Terminen.
„Was für ein eitler Gockel du doch manchmal warst“, sagte er sich heute im Stillen.
Nach drei Stunden Fahrt auf der glühenden Autobahn, bei stickiger Luft und einer Sonne, die selbst noch durch die getönten Scheiben gleißte, war er in Dresden angekommen. Er fuhr in die Tiefgarage, direkt an der Frauenkirche und begab sich nach oben.
Als er aus der Tür heraustrat, hatte er den Eindruck, jemand würde ihm direkt einen dicken Hammer mitten ins Gesicht schlagen.
Peter bog in eine kleine Straße ein. Sie nannte sich „Salzgasse“.
Er staunte, wie viel neue Häuser, Hotels, kleine Läden, Restaurants entstanden waren.
Dresden zeigte sich von seiner besten Seite, weltoffen und mit herrlich restaurierten historischen Gebäuden. Allein die Frauenkirche machte auf ihn immer wieder einen grandiosen Eindruck.
„Warum wird nur von ‚Pegida‘ gesprochen und nicht von den schönen Seiten der Stadt, den höflichen und netten Menschen, den Sachsen. Ihren Dialekt hatte Peter nie angenommen, obwohl er über zehn Jahre in der Stadt verbracht hatte. Aber die sächsischen Laute riefen doch in ihm so etwas wie ein Heimatgefühl hervor.
Peter setzte sich in das Café, wo er sich später auch mit Helga treffen wollte.
Er saß bereits eine halbe Stunde, bis er sich entschloss, an die Theke zu gehen.
„Entschuldigen Sie, bedienen Sie hier alle Gäste, oder gibt es ein Auswahlprinzip?“
Der Mitarbeiter hinter der Zapfsäule schaute ihn entgeistert an.
„Aber selbstverständlich, mein Herr, wir bedienen alle.“
„Und warum warte ich dann über eine halbe Stunde dort hinten in der Ecke?“, fragte Peter zurück.
„Wir kommen sofort“, sagte der Mitarbeiter entschuldigend.