ALLEIN MIT MEINEN INNEREN STIMMEN
Ich nutze die Zeit in der Krise dafür, mich durch meine inneren Stimmen besser kennenzulernen, endlich der zu werden, der ich schon immer sein wollte.
‚Jetzt oder nie‘, sage ich zu mir, während ich am Schreibtisch sitzend den Montagmorgen begrüße.
Im Grunde genommen will ich ihn abwehren, aber das wäre wieder die Art von Realitätsverweigerung, die ohnehin nichts bringt.
Also überlege ich, was ich mit meiner schlechten Laune anfangen soll.
Ich werde es wohl nur schaffen, was Gutes daraus zu machen, wenn ich mich mit meinen Gefühlen, meinen Sehnsüchten, meinen Konflikten intensiver auseinandersetze. Und dafür ist nun im Homeoffice genügend Zeit.
Das Thema, mehr an innerer Freiheit zu gewinnen, lässt mich schon ein ganzes Leben nicht los. Konkreter, wie du dein eigenes Leben führst und nicht das, was andere von dir erwarten.
Es gibt Menschen, die hatten das Glück, von Anfang an das zu sein, was sie schon immer sein wollten. Maler, Schriftsteller, Arzt, Koch, Feuerwehrmann.
Ich habe fast ein ganzes Berufsleben Dinge gemacht, die andere von mir erwartet haben – Schiffsmaschineningenieur und Marineoffizier sein und zur Belohnung auf hoher See kotzen, Volkswirtschaft studieren und davon Gallenschmerzen kriegen.
Dann kam eine Phase, in der ich das gemacht habe, was mich beflügelte – mich mit Menschenrechten im KSZE-Prozess zu beschäftigen.
Nach der Wende war ich alles Mögliche, Dozent, Immobilienverkäufer, Manager, PR-Texter. Aber all das hat nicht zu der Freiheit geführt, die ich ein Leben lang wollte.
Erst jetzt, wo ich am Schreibtisch sitze, da habe ich das Gefühl, ich bin dieser Freiheit ein Stück nähergekommen.
Ich glaube, es ist wichtig nicht aufzuhören, den Weg zu sich selbst zu gehen, der zu werden, der man schon immer sein wollte.
Also gehe ich mit meinen inneren Stimmen in einen Dialog.
Diese Stimmen haben verschiedene Namen, weil sie ein Teil eben von mir sind, aber auch ein jeweils anderer Teil – mal gleich und mal völlig verschieden.
Wie habe ich meine Protagonisten genannt?
Da ist zum einen der Draufgänger, der der stets nach vorn will.
Dann kommt der Sensible, der Mitfühlende, der, der nicht ‚nein sagen‘ kann.
Und schließlich noch zu einem gar nicht mal so kleinen Teil der Theoretiker, derjenige also, der alles planen will, strukturieren möchte, die Bleistifte ordnet, bevor er anfängt zu schreiben.
Sie besser kennenzulernen, zu sehen, wer in welchen Momenten die Oberhand gewinnt, das wird ein spannender Weg der Selbsterkenntnis. Ich freu‘ mich drauf.