‚NEIN, NICHT MUTTI ZU OMA SAGEN‘

MAL SCHNELL ERZÄHLT
Krümel versteht nicht, dass Klara zu Anna 'Mutti' sagt. Für sie gibt es nur eine Mutti, und das ist Laura, die sich gerade im 1. Stock des Hauses aufhält, und zu der Laura mit ihrem kleinen Finger hochzeigt. Klara hingegen ist für sie ausschließlich ‚meine Oma‘.

Klara und Peter freuten sich auf den 1. Mai.
Klara hatte Peter überzeugt, dass sie Krümel am Vortag gemeinsam abholen, um mit ihr den Tag zu verbringen.

Abends dann sollte Laura nachkommen. Peter sorgte sich darum, dass es vielleicht zu leichtfertig sei, den Kontakt zu Krümel und Laura wiederaufzunehmen.

„Ich hoffe nur, dass wir keinen Fehler machen, wegen Corona“, sagte er zu Klara.

„Nun hab‘ dich nicht so, ich muss doch am Montag auch wieder zur Arbeit. Es wird schon gut gehen“, entgegnete Klara.

Sie hielt es nicht mehr aus, mit ihrer Sehnsucht nach Krümel, und so wischte sie alle Bedenken vom Tisch. Peter ging es ähnlich. Er wollte seine Enkelin ebenfalls sehen, aber sie und sich selbst nicht in Gefahr bringen.

Dann saßen sie doch alle beim Frühstück und genossen den Feiertag.

Krümel wollte mal wieder nicht so richtig essen. Da griff Peter in die Trickkiste und holte Annika heraus.

Annika war ein kleines Mädchen, so alt wie Krümel, das Peter zu einer Fantasiefigur aufgebaut hatte.

Er erzählte schon Laura früher von Annika, die besser und mehr aß, als es Laura damals tat, so jedenfalls stellte es Peter ihr gegenüber jedenfalls dar.

Und nun war Krümel bereit, mit Annika in den Wettbewerb zu treten.

„Krümel, Annika hat bereits von ihrer Marmeladenstulle abgebissen und kaut kräftig“, sagte Peter.
Krümel schaute ihn an, griff prompt zu ihrem Marmeladenbrot und steckte es schnell in den Mund. Sie lachte dabei und fragte mit vollem Mund: „Opa, ’noo…maaal‘?“

„Noch einmal, Opa“, sollte es eigentlich heißen, aber das bekam sie mit ihren zweieinhalb Jahren noch nicht so hin.

Krümel liebte die Spiele mit Annika und Peter liebte sie auch.
Annika ‚saß hinter dem Küchenradio‘, so hatte Peter es Krümel gezeigt und Krümel ging voll in ihrer Fantasie mit. Laura und Klara freuten sich, dass Krümel auf diese Weise immer wieder von ihrer Stulle abbiß.

Laura ging für einen Moment nach oben, um ein Taschentuch zu holen, als das Telefon klingelte.
Anna war dran.

„Wie geht es euch?“, fragte sie.
„Mutti, uns geht es gut, wir sitzen hier alle beim Frühstück zusammen“, antwortete Klara.

„Nicht Mutti sagen“, mischte sich plötzlich Krümel in das Telefonat ein.

„Warum nicht?“, fragte Klara und lachte.
„Mutti da“, sagte Krümel und zeigte mit ihrem kleinen Finger nach oben, in den 1. Stock, in den Laura gegangen war. Nur Laura sollte in ihren Augen Mutti genannt werden.

Sie verstand es nicht, dass Klara auch eine Mutti hatte. Klara war für sie nur Oma. Fertig.

„Das ist deine Uroma und meine Mutti“, versuchte nun Klara zu erklären.

„Nein, nicht Mutti, Anna“, sagte da Krümel. Sie hatte eben ihr eigenes Bild davon, wie jeder genannt werden sollte.

Ihr Opa saß neben ihr, ihre Oma telefonierte, Annika saß hinter ihrem Küchenradio, Uroma direkt im Telefon und ihre Mutti, ja die war da, wo Krümel mit ihrem kleinen Finger hinzeigte, oben im 1. Stock.

Die Welt war also in Ordnung für Krümel und alle freuten sich auf den Spaziergang am Werbellinsee nach dem Frühstück.