Der Wecker klingelt, wie immer viel zu früh.
Irgendwas ist komisch, denke ich. Ich setze mich gerade aufs Bett und dann fällt es mir ein.
Ich werde heute nicht ins Fitness-Studio fahren. Ich komme dem Lock-down zuvor.
Klara hätte es gern gesehen, dass ich noch einmal mit reingefahren wäre, denn sie muss nun morgens wieder auf die Bahn umsteigen.
Ich nehme mir vor, zwischendurch ein paar Übungen zu machen, wenigstens vom Schreibtisch aufzustehen, Arme und Beine zu lockern.
An der Rückseite der Tür zum Arbeitszimmer klebt ein großes Plakat, auf dem Übungen abgebildet sind, die ich machen kann, ohne dass ich groß Geräte brauche.
Habe ich das getan? Nein.
Doch eine Sache war dafür gut: Ich habe drei Säcke mit Grünzeug aus dem Garten zur Abfallstation gebracht.
„Wer weiß, ob die nächste Woche noch aufhaben“, schiesst es mir durch den Kopf.
„Sollte ich die Blätter auf dem Rasen auch noch zusammenhaken und mit in einen der Säcke stopfen? Das wäre ja auch sowas wie Gymnastik“, denke ich bei mir.
Ich schaue auf die Blätter, dann auf die Säcke und schließlich auf den Schuppen, wo die Harke stand.
„Kommt gar nicht in Frage, es reicht, wenn ich die Säcke hier wegfahre, schließlich hast du danach noch zu arbeiten“, sage ich in strengem Ton zu mir selbst.
Ich hieve die Säcke in den Wagen und fuhr in Richtung Abfallentsorgung los.
Als ich ankomme, steht eine Mitarbeiterin auf dem Hof, schaut mir beim Aussteigen zu und fragt schließlich: „Wie viel Säcke sind es?“
„Es sind vier“, sage ich.
„Wieso vier? Hier hinten sind nur drei“, entgegnet sie, nachdem sie in das Innere des Wagens geschaut hat.
„Der größte und der dickste Sack steht vor Ihnen“, sage ich trocken und beobachtete, wie sie sich vor Lachen ausschüttete.
„Ach ich liebe Ihren Humor“, meint sie und nahm wortlos den Euro Trinkgeld an, den ich ihr zusteckte.
„Ja, wir werden demnächst nicht viel zu lachen haben“, meine ich und sie nickt stumm.
Ich steige ins Auto und nahm mir vor, am nächsten Tag mit einer Übung zu beginnen, die auf dem Plakat an der Rückwand der Tür zum Arbeitszimmer abgebildet ist.
Aber morgen ist Freitag und da hantiere ich doch immer mit dem Staubsauger und schüttele vorher die Teppiche aus. Seit Neuestem wische ich auch noch die Treppen zum krönenden Abschluss.
Klara findet zwar, dass ich den Lappen zu nass mache und die Holzstufen darunter leiden, aber solche Feinheiten kann ich nicht auch noch berücksichtigen.
Ich bin wieder zuhause angekommen.
„Ich werde mir mal einen Tee machen und mich danach erneut an die Arbeit begeben“, denke ich.
Während ich das Wasser in den Teekessel fülle, sehe ich, dass die roten Lampen an der Spülmaschine leuchten.
„Verflucht, auch das noch!“, brumme ich vor mich hin.
Ich kippe die Klappe der Spülmaschine nach vorn und hebe mit einer Hand den Behälter raus, in dem das Besteck aufbewahrt wird. Eine Gabel hakt sich an einem Kuchenteller fest und hebt den mit an. Ich fluche, beuge mich nach unten, um die Gabel zu befreien.
„Verdammt, ich komme hier im Home Office aber auch zu gar nichts“, denke ich.
Und dann muss ich mich immer und immer wieder nach unten beugen, um das Geschirr herauszunehmen.
Als es geschafft ist, seufze ich erleichtert auf. Ich werde Klara von meinen Heldentaten nachher berichten. Aber die wird wohl wieder nur die Augenbrauen nach oben ziehen und nichts sagen.
Naja, wenigstens habe ich doch noch ein paar Rumpfbeugen gemacht. Der Anfang ist getan.
Mal sehen, was morgen wird. Wahrscheinlich wird es wieder wie heute.