KLARA KOMMT IN STRALSUND AN UND PETER VERSUCHT EINE OBSTDOSE ZU ÖFFNEN

Was vorher war:
Das Handy surrte in Klaras Tasche, während sie bereits an der Tür des Eisenbahnwaggons stand. Peter hatte versucht Klara zu erreichen. Er war nicht mit nach Stralsund gekommen. Nachdem Klara nicht zurückgerufen hatte, war er in den Keller gegangen, um etwas zu finden, was sich schnell zum Mittag zubereiten ließ. Er stieß auf eine Dose mit Aprikosen und begab sich gut gelaunt ins Wohnzimmer.

Die Bremsen des Zuges quietschten, während er langsam in den Bahnhof von Stralsund einfuhr. Klara wartete, bis der Waggon stehenblieb, und erst dann betätigte sie den Türöffner.

Hinter ihr schniefte und röchelte es. Der ältere Mann hinter ihr wollte unbedingt so schnell wie möglich nach draußen.

„Meine Güte, warum muss der unbedingt hinter mir stehen, während der ganze Zug fast leer ist“, dachte Klara und hob ihren Koffer an. Sie bugsierte ihn nach draußen und stand schließlich selbst auf dem Bahnsteig.

Klara schaute sich um, denn Lukas hatte gesagt, dass er sie abholen wollte.
Sie erkannte ihn an seiner ‚Handwerkeruniform‘ und seiner Jacke, die er seit vielen Jahren trug. An den Füssen hat er Sandalen, aus denen die nackten Zehen hervorragten.

„Wie hältst du das bloß bei der Kälte aus“, sagte Klara anstelle einer Begrüßung zu ihrem Bruder.

„Jetzt komm‘ doch erst einmal an“, brummte der und schnappte sich das Gepäck.

Beide gingen nach draußen. Lukas hatte direkt vor dem Bahnhofsgebäude einen der wenigen Parkplätze ergattern können. Sein Van stand leicht schräg.

Lukas hatte ihn so geparkt, damit er von der Länge her besser auf den sehr kurzen Platz passte.
Lukas beförderte das Gepäck in den Raum hinter den Sitzen, indem noch diverse Schaufeln und ein Rasenmäher standen.

„Und wie sieht’s aus?“, fragte Klara, nachdem Lukas den Motor angeworfen hatte, zügig mit dem Auto nach hinten stieß und das Lenkrad in Richtung Straße drehte.

„Was meinst du?“, fragte Lukas zurück.
„Na mit Mutti?“
„Hör mir bloß auf.“ Lukas schnaufte.
„War schon wieder irgendwas?“, fragte Klara.

„Nein, das nicht, aber es wird jeden Tag schlimmer“, sagte Lukas, während er in die Strasse bog, die direkt zum Hafen und damit auch zu Annas Wohnhaus führte.

„Du kannst Mutti nichts mehr sagen. Sie wehrt sich gegen alles, will nicht mehr aus dem Haus, nicht zum Frisör, nicht zum Friedhof, sie will gar nichts, sondern liegt nur noch auf der Couch.“

Klara schwieg. Sie wusste, dass es für Lukas schwer war und sie graulte sich davor, die nächsten Tage bei ihrer Mutter zu sein. Nicht weil sie arbeiten musste. Nein, das machte sie gern.

Aber sie fürchtete die Widerworte, die Haltung von Anna, gegen alles zu sein, was im Grunde zu ihrem besten war, was sie aber auf keinen Fall einsehen wollte.

Klara erinnerte sich daran, wie sanftmütig ihre Mutter vor ihrer Krankheit war und wie sie alles toll fand, was Klara ihr vorschlug.
Klara seufzte und schwieg.

Peter hatte nach einer kurzen Quälerei endlich die Dose mit den Aprikosen geöffnet.

Er füllte das Obst in eine Keramikschüssel um, in die größte, die er fand.

Dann holte er noch einen Löffel aus der Schublade und begab sich ins Wohnzimmer.

Er stellte den Fernseher an, fuhr die Beinstütze am Ledersofa hoch, nahm sich die Schüssel vor die Brust und begann genüsslich den Löffel in die Schüssel zu tauchen.

Er hatte den Nachrichtensender an und wollte wissen, ob es was Neues von den Wahlen in den USA gab.

Das Telefon klingelte. Peter schaute unwillig auf den Hörer. Sollte er rangehen?
Er sah die Nummer auf dem Display. Klara rief ihn zurück.