HOMEOFFICE IN STAINWOTZ

Was bisher war:
Klara war wieder Zuhause, in Stainwotz. Sie konnte in ihrem eigenen Bett schlafen und Anna stand tagsüber nicht hinter ihr, um sie zu fragen, was sie gerade in der Küche machte und warum sie es tat. Sie dachte an den nächsten Tag, Montag, denn da hatte sie die Alltagsmühle wieder

Klara kam kaum dazu durchzuatmen.
Sie war sonntags aus Stralsund gekommen und musste sich am Montag wieder in ihren Arbeitsalltag reinfinden. Sie hatte Glück, denn montags und donnerstags waren die Tage, an denen sie im Homeoffice arbeiten konnte.

„Kommst du klar?“, fragte Peter sie, als er gegen sechs Uhr bei ihr ins Zimmer schaute.

„Ja“, sagte sie knapp, ohne aufzuschauen.
„Kannst du mal die Tür ranmachen?“, fragte Klara ihn noch.

„Von mir aus“; antwortete Peter und zog die Tür beleidigt ran.
Als würde er so einen Lärm machen.

‚Das hab‘ ich nun davon, wenn ich mal fürsorglich geben will‘, dachte er, ging in sein eigenes Arbeitszimmer, entfernte mit dem linken Fuß schwungvoll den Türstopper am Boden und machte die Tür ebenfalls zu.

‚Jetzt soll sie mal bloß nicht kommen und fragen, ob ich mal rüberkommen kann, um ihr wieder zu zeigen, wie sie sich anmelden müsste.

Noch dazu mit einem Gesicht, als würde der Laptop in Flammen aufgegangen sein und Peter sollte in dem Moment sofort aufspringen und hinübereilen, nein, das fällt aus‘, dachte er noch, während er schaute, was er als erstes erledigen wollte.

Peter hatte sich in seine Arbeit vertieft, als es plötzlich leise klopfte.
„Ja bitte“, brummte er.

„Kannst du mal rüberkommen, es ist was passiert?“, fragte Klara vorsichtig.

„Was ist denn passiert? Sitzt unter deinem Tisch ein Waschbär und hat deine Stromleitung angenagt?“, fragte Peter, ohne Anstalten zu machen, den Sessel auch nur einen Millimeter nach hinten zu rücken.

„Jetzt hab‘ dich doch nicht so“, versuchte Klara es mit einschmeichelnder Stimme.

„Eben noch hast du gesagt, ich soll dich nicht stören, und dich und den Waschbären in Ruhe lassen.“

„Nun hör doch mal mit dem Quatsch auf, ich brauch‘ deine Hilfe, ich weiß nicht, warum ich mich nicht anmelden kann“, sagte Klara nun in einem recht ungeduldigen Tonfall.“

Peter erhob sich, widerwillig zwar, aber er konnte ja Klara nicht einfach hängen lassen.

Wenn sie mit der Arbeit im Homeoffice begann, war sie wie ausgewechselt. Sie fing pünktlich morgens um sechs Uhr an, und wenn Peter reinschaute, so hatte er das Gefühl, dass er gerade die Vorstandsvorsitzende bei einem wichtigen Meeting störte.

„Siehst du das? Ich versteh das nicht“, jammerte Klara nun.
„Du verstehst also nicht, was du gerade siehst“, fing Peter an, sie zu schulmeistern.

„Ja, genau. Es ist, als würdest du vor der Waschmaschine stehen und sie nicht angeschaltet bekommen. Da schaust auch drauf und willst es einfach nicht verstehen.“

„Du kannst gern deinen Fehler allein beheben“, sagte Peter und wandte sich schon wieder zur Tür.

„Nun lass dich doch nicht so lange bitten“, sagte Klara.
„Dann musst du deinen Platz räumen. Ich muss direkt davorsitzen, um zu wissen, worum es sich handelt.“

Klara verdrehte die Augen, stand auf und Peter setzte sich auf ihren Stuhl.

„So, was haben wir denn da? Oh, oh.“

„Was oh, oh?“, Klaras Stimme klang ängstlich.
Peter antwortete nicht. Er hatte ja gar keine Antwort. Im Gegenteil, er fischte genauso im Trüben wie Klara, nur dass er es sich nicht anmerken ließ.

Stattdessen klickte er mal auf den einen Button, dann auf einen Link und plötzlich war alles verschwunden.

„Was hast du denn nun gemacht?“
„Wir müssen den Laptop ausschalten“, sagte Peter. Das war seine nächste Geheimwaffe, erst mal alles ausschalten und dann weitersehen.

Und tatsächlich, als die Startseite wiedererschien, das wusste er auch, auf welchen Button er klicken musste.

„So, jetzt kannst du dich wieder anmelden“, sagte Peter.
„Ach, das ist aber schön. Steh‘ schnell auf, damit nicht wieder alles verschwindet.“

Klara drängelte ihn fast vom Stuhl herunter, so aufgeregt war sie.
„Hab‘ ich sehr gern gemacht!“ Peter ging enttäuscht darüber, dass nicht einmal ein Zeichen der Anerkennung von Klara kam, schnell zur Tür.

„Wie hast du das eigentlich angestellt?“, fragte Klara ihn nun doch.
„Der Laptop merkt einfach, dass ich ihn morgens um diese Zeit noch nicht drängeln will“, antwortete Peter, ohne sich noch einmal umzudrehen.

„Ich drängle‘ doch nicht.“
„Nein, du setzt nur alle um dich herum unter Strom. Wahrscheinlich kann ich heute Nachmittag als kleines Dankeschön zum Discounter fahren, und ich darf draußen warten.“

„Das stimmt doch gar nicht, du kannst ja mit reinkommen“, antwortete Klara.

„Das wird ja immer schlimmer.“ Peter saß schon wieder in seinem Sessel.

„Kannst du mal deine Tür zumachen?“, fragte Klara.
„Ja, und ich schließ‘ sie von innen ab und steck‘ mir Ohrenstöpsel rein“, sagte Peter.

„Das ist aber nicht nötig, denn du brauchst ohnehin bald ein Hörgerät.“

Peter entgegnete nichts mehr. Auf jeden Fall war er nun munter.