MAL SCHNELL ERZÄHLT
„Was willst du denn essen?", fragte ich Krümel, nachdem sie den Kartoffelbrei mit Möhren abgelehnt hatte.
„Butter“, sagte Krümel. Für sie war alles Butter, ob ein Brot mit Butter, mit Käse oder auch Wurst drauf.
Also nahm ich ein Knusperbrot und beschmierte es mit Butter. Ich ging in das Wohnzimmer, setzte mich neben Krümel und reichte es ihr.
Krümel biss einmal ab und gab es mir zurück. Sie würgte an dem einen Bissen und ich verdrückte neben ihr den Rest, den größten Teil des verbliebenen Knusperbrotes.
Dabei saßen wir nebeneinander und schauten einen Kinderfilm, in dem es um ein gestohlenes Passwort für ein wichtiges Computergeheimnis ging.
Ob es Laura gutheißen würde, dass wir nicht in der Küche saßen, am Tisch, nebeneinander, so wie es sich gehörte? Egal. Krümel war krank und da sollte eine Ablenkung nur recht sein.
Wir schauten, und wir waren im Film drin, krochen nahezu gebannt in den Bildschirm hinein. Würde die Polizei den Dieb rechtzeitig fassen, um ein Unglück zu verhindern?
Krümel stand vom Sofa auf und ging direkt vor den Fernseher.
„Krümel nein, komm‘ wieder hierher zurück!“
„Ne“, sagte Krümel.
„Ne“ sagen, das hatte sie schnell gelernt, schneller, als auf das zu hören, was ich ihr in dem Moment sagte.
„Krümel, bitte“ wiederholte ich meine Aufforderung.
„In Ruuuuhe…!“, antwortete Krümel nun trotzig. Da war sie wieder die Ablehnung für etwas, was sie nicht tun wollte.
Ich musste etwas unternehmen, damit sie nicht länger vor dem Fernseher stand.
Ich drückte auf die Fernbedienung, der Bildschirm wurde dunkel und Krümel fing an zu weinen.
„Komm‘, Opa zieht dir den Schlafanzug an und dann schläfst du schön, damit wieder ganz gesund wirst“, sagte ich mit möglichst einschmeichelnder Stimme.
Jetzt ging Krümels Sirene so richtig an. Sie weinte noch stärker. Es war schon eher ein Plärren. Was sollte ich nur tun?
„Was willst du denn?“, fragte ich sie erneut.
„In Ruuuhe“, schleuderte sie mir entgegen.
Was sollte ich nur tun? Laura anrufen? Die wäre nur noch beunruhigter.
„Oh, oh“, sagte ich mit möglichster tiefer Stimme und hob meinen Zeigefinger.
Krümel lief weinend aus dem Wohnzimmer, über den Flur und warf sich im Kinderzimmer auf den Boden.
Ich saß ratlos daneben.
„Möchtest du einen Nuckel haben?“
„Ja“, antwortete sie sofort.
„Aber ich weiß nicht, wo der Nuckel ist.“
Krümel schaute mich sehr prüfend an, bereit, erneut in den passiven Widerstand zu gehen.
„Ruf mal nach dem Nuckel“, sagte ich zu ihr.
Und schon rief Krümel aus voller Kehle: „Nuckel, wo bist du?“ Donnerwetter, mit einem Mal konnte sie einen ganzen Satz bilden.
Ich zog den Nuckel aus der Hosentasche.
„Hier ist der Nuckel, er hat dich gehört.“
Krümel nickte und steckte ihn sofort in den Mund.
Gut, dass Laura dies alles nicht sah. Aber schließlich waren wir im Notstand, Krümel hatte hohes Fieber. Da musste ich Zugeständnisse machen.
„Willst du im Wohnzimmer bei mir auf der Couch liegen?“, fragte ich weiter.
„Ja“, sagte sie kurz und schmerzlos.
‚Na bitte, geht doch‘, dachte ich bei mir und hörte schon, wie Laura alle diese Regelverstöße auf eine Tafel mit quietschender Kreide schrieb. Aber das war nur so ein Tagtraum.
Jetzt kam die nächste Hürde. Ich musste Krümel den Schlafanzug als ein tolles Kostüm verkaufen.
Fortsetzung (48-6)