„Ich bin von Natur aus ein Optimist, …Ich habe versucht, diese Lebensphilosophie an meinen Sohn weiterzugeben…glaube zuerst AN DICH SELBST. Dann kannst Du auch an andere Menschen glauben.“ Das hat der Mann geschrieben, dem ich an einem sonnigen Samstag im September 2020 begegnete. Fast am Ende des Buches „MEIN WEG ZUM PARADIES“ findet man dieses Zitat. (Vgl. Gerhard Neumann, MEIN WEG ZUM PARADIES, ISBN 978-3-86557-457-2, © NORA Verlagsgemeinschaft (2019), S. 304/305)
Der Satz ist so markant, wie der Autor, Gerhard Neumann, selbst.
Ich treffe oft auf interessante Menschen, ja ich suche sie geradezu.
In ‚Neumann‘s Erntegarten‘ traf ich auf so jemanden: Gerhard Neumann, versierter und begeisterter Obstbauer, Unternehmer und Schriftsteller.
Das ich ihn kennenlernte, war eher zufällig und nicht geplant.
Wir wollten mit unserer Tochter und Krümel etwas unternehmen, wenn die beiden schon bei uns zu Besuch waren.
„Lass uns doch mal zum Selbstpflücken auf einen Bauernhof fahren, sagte meine Frau zu mir.
„Hm, keine schlechte Idee“, antwortete ich.
„Wir waren doch schon mal auf so einem Hof vor Jahren, erinnerst du dich noch?“, fragte meine Frau.
„Ja, ich weiß, das war in der Nähe von Potsdam“, antwortete ich.
„Ich schau‘ mal im Internet nach“, meinte ich noch.
Abends recherchierte ich und suchte etwas Passendes für uns.
‚Neumann’s Erntegarten und Hofladen‘, stand da plötzlich.
Ich scrollte ein wenig auf der Web-Site hin – und her und erblickte den Unternehmer auf einem Foto.
Er kam sympathisch rüber, ja er hatte charismatische Gesichtszüge. Ich klickte mich durch die Unterseiten und blieb da hängen, wo zwei Bücher von Gerhard Neumann aufgeführt waren.
„Schriftsteller ist der also auch noch“, dachte ich.
‚Donnerwetter, das musste ein Mensch sein, der über viel Energie und Visionen verfügte.
Mir gefiel die Idee zunehmend besser, dort auf den Hof zu fahren. Vielleicht ergab sich ja sogar die Gelegenheit zu einem Gespräch.
Wir fuhren am Samstag dorthin und wir waren voller Vorfreude auf den Tag.
Als wir auf dem Parkplatz ausgestiegen waren, und wir uns in Richtung des Hofladens begaben, da sah ich den Obstbauern stehen.
Er war mitten im Geschehen, beobachtete die Leute und sprach ab und an mit einem Besucher, der sich an ihn wandte.
Wir nahmen unsere Körbe und gingen zu den Feldern, wo die Erdbeeren standen, und auch eine riesige Plantage mit Himbeeren war.
Es war herrlich für uns. Krümel pflückte begeistert mit und plapperte ununterbrochen vor sich hin. Ich blickte auf und sah in der Ferne eine kleine Kirche. Vor uns waren die Sträucher gerade gewässert worden und so dufteten sie noch intensiver nach dem Grün und dem Obst.
In dem Buch stand was von Paradies – der Autor musste das hier vor Augen gehabt haben.
Wir gingen weiter und kamen an eine Apfelplantage.
Ich pflückte einen Apfel vom Ast, um zu sehen, ob er schmeckte.
Ich biss hinein. Ich aß im Grunde wenig Äpfel, aber der hier schmeckte so gut, dass nur der Stiel zum Schluss übrigblieb.
„Die müssen wir mitnehmen“, sagte ich zu Klara und wir machten uns daran, die Äpfel in die mitgebrachten Eimer zu füllen.
„Wollen wir zurück zum Hofladen?“, fragte ich Klara und Laura.
„Ja, Opa“, antwortete stattdessen Krümel. Voller Stolz hielt sie das kleine Körbchen, angefüllt mit herrlichen Himbeeren, in ihren kleinen Händen.
Also machten wir uns auf den Rückweg.
Plötzlich hörte ich Stimmen und sah einen SUV in einem Seitenarm stehen, direkt neben einem alten Traktor.
Das musste der Chef sein.
„Soll ich ihn einfach mal ansprechen?“, überlegte ich.
Wie würde er reagieren. Plötzlich tauchte er in der Tür des Schuppens auf.
Ich gab mir einen Ruck und spazierte schnurstracks auf ihn zu.
„Darf ich Sie mal kurz stören und etwas fragen?“
Der Bauer stutzte, schaute mich an und sagte: „Ja, bitte“
„Ich führe einen Blog, online, und ich schreibe über interessante Menschen, so wie Sie einer sind.
Der schaute mich prüfend an und sagte nach einigem Zögern: „Hm, und was haben Sie davon?“
Ja, was hatte ich eigentlich davon, außer dass ich meine Frau, meine Tochter und meine Enkelin mal wieder hatte stehenlassen, um einer interessanten Spur zu folgen.
Dabei wollte ich ihn gar nicht ansprechen, weil ich wusste, was da für Arbeit auf mich zukam.
„Ich interviewe Leute, die ich interessant finde und den Blog refinanziere ich über kleinere Werbungen“, sagte ich.
Er schaute mich noch einmal prüfend an und sagte: „Ich bezahle gar nichts.“
„Da bin ich aber froh, dass Sie mir das so sagen, denn fast hätte ich Ihr Buch bei Amazon gekauft“, konterte ich.
Aber davon mal abgesehen: Dieser Unternehmer und Schriftsteller hatte etwas, was mich faszinierte, und deshalb war es beschlossene Sache, dass ich wenigstens einen Artikel für den Blog über ihn verfasste.
„Sie schreiben über mich und mein Buch“, sagte er plötzlich.
„Träum‘ weiter“, dachte ich. Andererseits: Das klang schon interessant, obwohl ich noch zögerte.
„Also gut, ich schenke Ihnen ein Buch und Sie schauen mal, ob es für Sie interessant genug ist, dass Sie etwas darüber schreiben wollen.“
„Ok“, antwortete ich sofort. Ich bekam ein Buch geschenkt, lernte bei der Gelegenheit einen interessanten Menschen kennen – das passte doch alles.
„Darf ich fragen, wie alt Sie sind?“
„Ich bin am 24.12.1938 geboren, also 1938 Jahre nach der Geburt Christi.“
Der Satz gefiel mir.
„Ich beschäftige mich gerade sehr intensiv mit der Bibel, obwohl ich früher mal Marxist war“, sagte ich.
„Und ich bin heute noch Marxist“, antwortete er.
Das imponierte mir. Das war ehrlich, einfach authentisch.
Hatte er so das Buch geschrieben? Wenn ja, dann war es auf jeden Fall spannend für mich.
Ich beschloss, gleich zu Hause in sein Buch hineinzuschauen.
Im Hofladen signierte er den Band noch.
„MEIN WEG ZUM PARADIES“, steht auf dem Buchdeckel.
„Es ist nie zu spät so zu werden, wie man eigentlich ist“, schrieb er in die Innenseite.
Nicht schlecht, fand ich. Und sofort überlegte ich, ob er mich damit meinte.
Naja, irgendwie traf das schon auf jeden von uns zu, nämlich das zu sein, was man wirklich von innen auch ist.
„Werde einfach der, der du wirklich bist“, habe ich mal von einem Jesuitenpfarrer gehört.
Wir aßen noch eine Kleinigkeit, Krümel begann, sich auf den Boden zu werfen, weil sie nicht das durfte, was sie wollte: auf den Sitzen mit Schuhen herumtollen.
Es wurde Zeit, dass wir uns nach Hause begaben.
Ich nahm mir eigentlich vor, mir noch ein paar Tage zu geben, um in Ruhe das Buch durchzublättern, ja auch durchzulesen.
Aber ich war zu neugierig, um zu warten.
Ich schaute gleich ins Buch, als ich in meiner Liege im Garten lag.
„…und im Frühjahr 1942, als die Gartenarbeit begann, half ich kräftig mit….Mit diesen Gartenarbeiten wurde die Grundlage für mein späteres Leben gelegt.“ (Vgl. ebenda, S. 16)
Das war also der Anfang des Weges, den Gerhard Neumann in Sachen Erntegarten ging.
Ein harter Weg. Das wird dir klar, wenn du dich in das Buch hineinbegibst, und damit in das Leben von Gerhard Neumann.
Es gäbe viel zu berichten – über spannende Erlebnisse, über seine Art, Privates und Berufliches zu schildern.
Wer wissen will, was ein Mensch schaffen kann, wenn er sich mit seinem Weg identifiziert, wenn er kämpft bis fast zum Umfallen, wenn er immer wieder aufsteht nach einer erlittenen Niederlage, für den ist das Buch ein wahrer Fundus.
Mir gefällt, wie authentisch er schreibt, dass ihn zum Beispiel manche Liebe im Leben fast zerrissen hat, und wie er doch noch seine Frau gefunden hat, die alles mit ihm teilt.
Gut, dass ich Gerhard Neumann auf der Obstplantage angesprochen habe.