ANNA-2021.09.23
Rückblick:
Saskia Pesic, Altenpflegerin im ‚Betreuten Wohnen Sörensen‘ hat gekündigt.
Eine neue Mitarbeiterin hat sich bereits bei Schwester Ulrike beworben.
Intro:
Klara und Peter sind erneut auf dem Weg nach Stralsund, diesmal nicht in den Urlaub.
Sie müssen Annas Aufenthalt in der Kurzzeitpflege vorbereiten. Die Hotels sind durch die Urlaubssaison immer noch ausgebucht. Sie reservieren deshalb ein kleines Zimmer in einem Dorfgasthaus in der Nähe von Stralsund.
Klara und Peter saßen schweigend im Auto nebeneinander, als sie Richtung Stralsund fuhren.
Der Urlaub war gerade zu Ende gegangen, und beide hatten sich so einigermaßen wieder daran gewöhnt, zu Hause zu sein.
Nun mussten sie wieder los, Richtung Ostsee.
Doch Urlaubsfeeling wollte nicht aufkommen. Klara dachte daran, was ihr bevorstand.
Am nächsten Tag musste sie Annas Besuch in der Kurzzeitpflege vorbereiten.
Dr. Silberfisch hatte sie darauf gebracht, doch Anna für ein paar Tage dort unterzubringen. Solange jedenfalls, bis alles für ihren Umzug ins ‚Betreute Wohnen Sörensen‘ erledigt war.
Klara seufzte, wenn sie nur daran dachte.
„Denkst du auch daran?“, fragte Peter sie, ohne den Blick von der Autobahn zu lassen.
Er hatte die Geschwindigkeit auf 120 km in der Stunde eingestellt und so konnte er sich etwas im Sitz zurücklehnen.
„Meine Gedanken drehen sich nur um Mutti. Auf der einen Seite haben wir keine Chance anders zu handeln und andererseits tut es mir in der Seele weh, wenn ich daran denke, dass sie nicht mehr in der Wohnung bleiben kann.“
Peter nickte und schwieg.
„Wenn wir jetzt nicht handeln, dann tun es andere für uns“, sagte er nun.
„Du hast doch gehört, was die Pflegedienstleiterin zu dir gesagt hat“, schob er nach.
„Sie müssen etwas unternehmen! Ihre Mutter kann auf keinen Fall mehr allein in der Wohnung sein. Sie ist nicht mehr in der Lage, sich selbstständig zu ernähren, genügend Flüssigkeit zu sich zu nehmen“, hatte sie Klara am Telefon gesagt.
Klara wusste, dass es so kommen würde. Peter wusste es auch und Lukas ebenso.
Aber jeder hoffte, dass es wenigstens für ein paar Monate gut weitergehen würde, sie vielleicht noch Weihnachten in ihren eigenen vier Wänden verbringen konnte.
„Wir dürfen jetzt nicht mehr warten, sonst nehmen sie uns das Heft des Handelns aus der Hand“, sagte Peter.
Klara war das alles klar, aber sie hatte Probleme damit, es emotional zu verarbeiten.
Stralsund kam in Sicht. Sie hatten kein Hotel mehr direkt in der Stadt buchen können, denn es war ja immer noch Ferien- und Urlaubszeit.
Also hatten sie sich entschlossen, einen kleinen Gasthof im Vorort für zwei Übernachtungen zu reservieren.
Danach wollten sie für eine Nacht in Annas Wohnung schlafen und anschließend in eine Ferienwohnung umziehen, die Lukas für sie organisiert hatte.
Sie hatten das kleine Dorf erreicht und Peter bog von der Autobahn ab.
„Hättest du gedacht, dass wir jemals hier übernachten werden?“, fragte Peter.
„Im Leben nicht“, antwortete Klara knapp.
Das Dorfgasthaus kam in Sichtweite. Peter rollte über eine Straße, die mit Kopfstein gepflastert war.
Auch wenn es ruckelte, fand er es schön, dass hier noch alles so war, wie er das Dorf schon vor über dreißig Jahren kannte.
Nur der Name des Hotels hatte inzwischen gewechselt. Früher hieß es ‚Roter Oktober‘, in Anlehnung an die Große Sozialistische Oktoberrevolution in Russland.
Nun war daraus ‚Soljanka‘ geworden, in Anlehnung an die Suppe, die Klara und Peter zu DDR-Zeiten gern gegessen hatten.
„Ob die wohl noch eine Schüssel Soljanka für uns haben?“, fragte Peter.
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