ANNA-2021.09.24
RÜCKBLICK:
Klara und Peter waren auf dem Weg zur Ostsee. Während der Anreise drehten sich ihre Gedanken nur um Anna und wie alles werden sollte, mit der Kurzzeitpflege und ihrer Unterbringung danach im ‚Betreuten Wohnen Sörensen‘.
Intro:
Klara und Peter haben das Dorfgasthaus ‚Soljanka‘ erreicht. Der Name des Gasthauses rief in Peter Erinnerungen an DDR-Zeiten hervor.
Ich krieg‘ Hunger auf eine große Schüssel Soljanka, ein Bockbier und eine Scheibe Schwarzbrot, als Peter das Schild an der Eingangstür betrachtete, auf der die Frau mit der Suppenschüssel zu sehen war.
Dabei hatte er gerade noch im Auto gesagt, dass er jetzt endlich abnehmen wolle, ja müsse.
Aber das hatte er bereits wieder vergessen, für den Augenblick der Ankunft zumindest.
„Jetzt lass uns doch erst einmal ankommen und die Sachen aus dem Auto auspacken.
Peter seufzte. Er fürchtete, dass er wieder Taschen die Treppen raufschleppen musste. Das Hotel jedenfalls machte auf ihn nicht den Eindruck, als dass es dort einen Fahrstuhl geben würde.
Er steuerte das Auto auf einen Hof hinter dem Gasthaus, wo auf einer freien Wiese bereits Fahrzeuge abgestellt waren. Im Hintergrund war ein Pfarrhaus zu sehen.
„Sind wir hier richtig?“, fragte Peter ungläubig.
„Die Autos können ja wohl kaum alle dem Pfarrer gehören“, sagte Klara.
„Dem Pfarrer nicht, aber der Gemeinde“, versuchte Peter einzuwenden, doch Klara winkte ab.
Sie stiegen aus und gingen auf den Eingang des Hotels zu.
Als sie eintraten, schlug ihnen ein etwas muffiger Geruch von alten Möbeln entgegen.
Trotzdem sah alles sehr sauber aus. An der Wand hing ein Plakat, auf dem eine junge Frau in russischer Tracht eine Schüssel mit Soljanka hochhielt.
Auf dem Tresen war eine Klingel angebracht, auf die Peter mit voller Wucht schlug.
„Musst du immer so laut sein?“, wies ihn Klara zurecht.
„Bin abgerutscht“, brummte Peter.
Eine Flügeltür, direkt hinter der Theke, schwang auf und eine Frau, ebenfalls so gekleidet wie das Mädchen auf dem Plakat, nur nicht so jung aussehend, trat heraus.
„Einen schönen guten Tag, herzlich willkommen“, flötete die Frau in ihrem etwas altbacken anmutenden Kleid.
‚Dobrü den‘, antwortete Peter auf Russisch. Klara warf ihm einen tadelnden Blick zu.
„Sie müssen sich hier anmelden“, sagte die Frau an der Anmeldung, ohne auf Peter einzugehen.
Sie legte die Anmeldeformulare auf den Tisch und schob einen Kugelschreiber hinterher.
„Sind Sie geimpft?“, fragte die Frau jetzt.
„Ja, zweimal mit Astrazeneca. Mal sehen, ob’s hilft“, versuchte Peter zu scherzen.
„Kann ich mal Ihre Impfausweise sehen?“, fragte die Frau ungerührt weiter.
Sie war offensichtlich aus etwas härterem Holz geschnitzt.
„Sind Sie aus diesem Dorf hier?“, fragte Peter sie neugierig.
„Ja, ich bin hier geboren und aufgewachsen“, sagte die Frau nun mit etwas Trotz in der Stimme.
„Warum fragen Sie?“
„Nun, wir sind hier aus der Nähe, haben viele Jahre in Stralsund gewohnt und sind oft an diesem Dorf vorbeigefahren. Wir hätten uns niemals träumen lassen, dass wir eines Tages mal hier übernachten würden.“
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