Im letzten Beitrag ging es darum, dass das Storytelling, das Schreiben generell ein System braucht. Mehr dazu: https://uwemuellererzaehlt.de/2020/11/08/schreib-alltag-21/. In diesem Beitrag will ich der Frage nachgehen, warum Details in einer Geschichte so wichtig sind. Das können natürlich nur Anregungen sein, vor allem Erfahrungen, die ich selbst beim Schreiben gemacht habe.
Kürzlich fragte mich die Inhaberin eines kleinen Unternehmens, warum ich sie soviel fragen würde, zum Beispiel, wo genau sie aufgewachsen ist, wie alt ihre Schwester sei und was sie alles in der Freizeit treibt, womit sie sich in der wenigen für Sie verbleibenden Zeit beschäftigt, wenn sie nicht mit ihrem Business befasst ist.
„Wozu soll das gut sein, wenn ich das alles beantworte“, entgegnete sie mir.
Ja, warum? Kann ich nicht einfach ein paar Fakten aufschreiben, ein kurzes Leistungsportfolio der Dienstleistungen und Produkte zusammentragen und anschließend Ruhe geben?
Natürlich kann ich das tun, doch was hätte das mit Storytelling zu tun, damit, dass ich einen Menschen, sei es nun beruflich oder privat vorstellen wollte?
Wer würde das lesen wollen? Vermutlich keiner.
Wenn ich beispielsweise schreibe, dass einer Unternehmerin kaum Zeit für die eigenen Enkel bleibt, dann ist das sicher erst einmal ein Fakt, den der Leser hinnimmt.
Aber wie wäre es damit?
„Anne rieb sich die Augen. Im Büro war es dunkel, ihre Mitarbeiter waren längst gegangen.
Sollte sie sich noch einen Espresso machen? Oder doch lieber die Sachen packen, das Büro abschließen, nach Hause fahren und direkt ins Bett fallen.
Sie könnte ja am nächsten Tag weitermachen. Aber sie hatte ihrer kleinen Enkelin versprochen, dass sie morgen zu ihrem Geburtstag ganz bestimmt anwesend sein würde.
‚Oma, ich freu‘ mich. Bringst du mir was Schönes mit‘, hatte sie heute noch auf der Mail-Box ihres iPhones gehört. Sie konnte ihre Enkelin nicht enttäuschen. Sie musste einfach mit am Geburtstagstisch sitzen.
Und was war mit dem Angebot? Es musste bis fertigwerden, neben den vielen Besprechungen, die am nächsten Tag anstanden.
Anne seufzte, erhob sich aus dem Sessel, schlurfte auf Strümpfen zum Kaffeeautomaten.
Ihre Schuhe hatte sie längst unter den Schreibtisch geschoben.
Irgendwie musste das alles anders werden. Nur wie, das wusste sie nicht, als sie mit dem Espresso am Schreibtisch zurück war und sich erneut in das Angebot vertiefte.“
Ganz sicher kann man das noch besser ausfeilen, prägnanter, ausführlicher beschreiben.
Aber es zeigt schon in der Fassung folgendes: Menschen und das, was sie umtreibt müssen in den Einzelheiten beschrieben, vorgestellt werden. Wie auch sonst soll der Leser an der Situation teilhaben, sich in die Nöte und Freuden von Anne, der Unternehmerin hineinversetzen können?
Es geht gar nicht darum, alles bis in die letzte ‚Fuge‘ hinein breitzuwalzen. Aber nur, indem ich echte authentische Details verwende, kann ich Anteilnahme hervorrufen, letztlich Vertrauen beim möglicherweise späteren potenziellen Kunden schaffen.
Details zu beschreiben, das will geübt sein. Mir gelingt es mal gut und manchmal gar nicht.
In jedem Fall nutze ich nahezu jede Möglichkeit, mich darin zu üben.
Fahre ich mit meiner Frau zum Einkaufen, so beobachte ich die Menschen um mich herum.
Zuhause am Schreibtisch zurück, notiere ich meine Beobachtungen.
Oft genug tippe ich sie auch gleich in mein Handy.
Keiner von uns, lebt in ‚großen Bögen‘, hält tagsüber überschwängliche Reden oder artikuliert lediglich gestanzte Worthülsen.
Nein, jeder arbeitet am Tag hunderte Einzelheiten ab, nimmt unzählige Details von Menschen und Sachen auf, wird Zeuge von Emotionen, unterliegt selbst Gefühlsregungen, kurzum lebt einfach. Dieses Leben zu beschreiben, darum geht es. Und das funktioniert, indem man die Details, die Einzelheiten berücksichtigt.