KANN OPA HIERBLEIBEN – ZUM SPIELEN?

Ich vermisse Krümel. Wir haben sie das letzte Mal vor knapp 14 Tagen gesehen, als Klara von der Ostsee zurückkam und wir vom Bahnhof direkt weiter zu Lauras Geburtstag gefahren sind.

Krümel juchzte, als sie uns sah. Ich breitete die Arme aus – bereit, sie sofort hochzunehmen. Sie zögerte und lief dann doch zu ihrer Oma, wie immer.

Als sie bei Klara auf den Armen war, ging ich zu ihr ran.
„Ich habe Euch so vermisst“, sagte Krümel jetzt mit dünner Stimme und versuchte mich mit dem linken Arm ebenfalls umarmen.

In dem Moment hatte ich vergessen, dass sie erst zu Klara auf den Arm wollte.

Wir spielten sofort los. Krümel warf sich auf den Boden und fauchte wie ein Kater, dem man zu nahe an seinen Fressnapf gekommen war.

„Wer bist du?“, rief ich ihr zu, während Klara und Laura versuchten, ein normales Gespräch in Zimmerlautstärke zu führen.

„Ich bin ein Feuerdrache!“, schnaubte Krümel weiter, und ich überlegte, ob ich mich zu ihr auf den Fußboden fallen lassen sollte.

„Komm mit in mein Zimmer, Opa“, forderte Krümel mich auf, gemeinsam mit ihr im Kinderzimmer zu spielen.

Ich fühlte mich an die Zeiten erinnert, als Laura noch klein war und zu Klaras Oma die gleichen Formulierungen sagte.

Nur dass Laura anfangs ‚himmer‘ anstelle von Zimmer sagte. Das konnte Krümel schon besser.

Klara kam nach einer Weile herein und wollte wissen, wann wir nach Hause fahren würden.
Sie war noch kaputt von ihrer anstrengenden Reise und den Betreuungsaufgaben für ihre Mutter.

Ich versuchte, mich vom Fußboden zu erheben und hatte Mühe, wieder auf die Beine zu kommen. Mir fehlte eindeutig das Fitness-Studio.

Krümel war darüber traurig, dass ich aufgestanden war und warf sich auf den Teppich und vergrub ihr kleines Gesicht in ihren Armen.
Schließlich aber kam sie doch noch in den Flur.

„Kann Opa hierbleiben und mit mir spielen?“
Krümel blickte zu ihrer Mama hoch.
Ich fühlte mich geschmeichelt und wollte noch einen draufsetzen.

„Wer soll hierbleiben, Opa oder Oma?“, fragte ich sie siegesgewiss.
Krümel schaute von mir zu Oma und dann wieder zu mir.

Ihr Urteil fiel eindeutig aus:
„Oma!“

Ich ließ mir meine Enttäuschung nicht anmerken, ging aus der Wohnungstür und drückte auf den Fahrstuhlknopf.

Plötzlich stand Krümel hinter mir und rief: „Opa, du darfst dich nicht an die Wand lehnen, ja?“

„Warum nicht?“
„Das Hochhaus stürzt sonst ein“, sagte sie, breitete die Arme aus, so als wollte sie damit die gesamte Wand im Flur abmessen.

„Gut“, sagte ich, beugte mich nach unten und drückte ihr einen Kuss auf die Stirn.

Sie lief winkend zu ihrer Mutter zurück an die Wohnungstür und lachte uns zum Abschied an.

Du kannst viel kaufen, wenn du genügend Geld hast und gerade mal nicht Lockdown ist.
Aber dieses Lachen bekommst du umsonst, es kostet dich nichts, und es wiegt doch Goldbarren auf.