DU KANNST NICHT JEDEN TAG GUT DRAUF SEIN – SCHON GAR NICHT IM NOVEMBER

ALLTÄGLICHES-2021.11.24

Gedanken aus einem depressiven Gefühl heraus - geschrieben, ohne groß nachzudenken.

Novembertag. Gestern hat er seinem Ruf wirklich alle Ehre gemacht.
Es war diesig heute Morgen, so kurz vor vier Uhr.

Ich hatte mich fertiggemacht, um Klara nach Berlin reinzufahren und ich selbst wollte danach zum Training, ins Fitness-Studio.

Als ich die Haustür aufschloss, um meinen Tee rauszustellen, kam mir ein kalter Luftzug entgegen und auf das Vordach tröpfelten leise die Regentropfen.

Es war so ein Tag, an dem du besser liegenbleibst, dich umdrehst und die Decke über den Kopf ziehst.

Die Fahrt nach Berlin rein verlief nicht aufregend, aber es war trotzdem deprimierend – der Regen, der Nebel, die nassen Straßen, das alles strengte an.

Ich stierte in die Dunkelheit und versuchte Abstand zum vorhergehenden Fahrzeug zu halten.

Irgendwie ging das alles doch vorbei und ich stand im Studio, nachdem ich Klara zu ihrer Arbeit gefahren hatte.

Am liebsten wäre ich gleich wieder rausgelaufen, hätte mich ins Auto gesetzt und wäre schnurstracks zurückgefahren.

Aber dann siegte doch die Disziplin über den inneren Schweinehund.

Ich begann mit der Bauchbank. Ich wollte zehn Geräte absolvieren. Danach war die Rückenstreckbank dran.

Wenn ich eine Übung hinter mir hatte, dann markierte ich sie über ein Tool im iPhone und wenn auf der Liste die Zahl fünf erschien, dann freute ich mich, denn ab da ging es abwärts mit der Anzahl der Übungen und aufwärts mit meiner Laune.

Ich öffnete das Fenster und schaute auf die Autos, die die Prenzlauer Straße in Richtung Mitte heruntergeschossen kamen.

Es war noch dunkel, aber in der Ferne schien es heller zu werden.
Als ich mich auf den Heimweg machte, wurde es langsam heller.

Aber der Regen hatte sich noch nicht verzogen, er peitschte gegen die Frontscheibe und die Scheibenwischer schaufelten das herunterlaufende Wasser weg.

Das alles hing wie ein Gewicht über dir, ließ dich kaum atmen, so fühlte es sich jedenfalls an.

Ich saß endlich am Schreibtisch, aber mir fehlte die Energie, um zielstrebig und konzentriert anzufangen.

Also nahm ich zunächst einen Zettel zur Hand, um mir aufzuschreiben, was ich eigentlich tun wollte.

Ein Interview bearbeiten, den Entwurf eines Textes bearbeiten, Steuerunterlagen aufbereiten, Werbekunden anrufen.

Ich hatte einfach keine Lust dazu. Woran lag das? Am Wetter? Am Monat November? An der dunklen Jahreszeit?

Ich wusste es nicht. Ich stand vom Schreibtisch auf und ging hinunter ins Wohnzimmer.

Im Fernsehen brachten die Sender fast durchweg Meldungen über aktuelle Coronazahlen.

Ich schaltete den Apparat wieder aus und ging schweren Herzens wieder an meinen Schreibtisch. Ich fing an, diesen Text zu schreiben.

Es machte mir aber keinen Mut, sondern mich eher noch depressiver.

Aber solche Tage muss es auch geben, die dich versuchen herunterzuziehen.

Morgen, ja da würde es anders aussehen.

In dem Moment, indem ich das alles aufgeschrieben hatte, da kam mir in den: In vier Wochen, da war Heiligabend und wir würden uns freuen, egal, ob es regnete, stürmte oder ob Nebel über den Straßen hing.

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