DEN ALLTAG SO LEBEN – DAMIT MAN ES AM ENDE NICHT BEREUT

DAS LEBEN RUHIG MAL VOM ENDE HER DENKEN

Ich ertappe mich manchmal dabei, dass ich einem Luxus-Auto sehnsüchtig hinterherschaue, oder im Fernsehen eine Sendung sehe, in der über tolle Villen in den schönsten Gegenden der Welt berichtet wird, und ich nur seufzen kann.

Für einen Moment fühle ich mich dann benachteiligt, denke, warum ich das in meinem Leben nicht geschafft habe?
Kurzum ich fühle mich für den Bruchteil einer Sekunde arm.

Doch dann erinnere ich mich wieder daran, wie viel Möglichkeiten es gibt, den Tag für sich voll auszukosten.

Ich habe Klara heute Morgen zum Bahnhof gebracht, weil sie zum Einkauf in die Stadt wollte.

Auf der Fahrt dorthin schien die Sonne so stark ins Auto hinein, dass ich den Sichtschutz herunterklappen musste. Als ich wieder gut sehen konnte, erkannte ich, wie herrlich sich das Dach der Dorfkirche im Sonnenschein spiegelte.

Das Laub auf der Straße erstrahlte in den buntesten Farben, und ich fühlte plötzlich, dass ich einen schönen Tag vor mir hatte. Ich musste nicht an einer Rede arbeiten und konnte ein wenig die Seele baumeln lassen.

Ich fuhr zurück, nachdem ich Klara am Bahnhof abgesetzt hatte und begab nach oben ins Büro.

Nach zwei Stunden Arbeit am Schreibtisch bin ich in die Schorfheide gefahren, habe an einer stillen und schönen Stelle gehalten, die Nordic Walking Stöcke umgeschnallt und bin eine halbe Stunde gelaufen.

Im Wald war es still, ich hörte meine Schritte und wie sich die Spitzen der Stöcke in den Boden bohrten.

Die Baumwipfel bewegten sich und das Rauschen des Windes gab mir das Gefühl, als sei ich gerade an der Ostsee, an meinem Lieblingsort.

Nachmittags hatte ich die geplanten Aufgaben am Schreibtisch abgearbeitet und konnte noch das tun, was ich schon längst wollte, nämlich den Rasen mähen.

Der Rasen sah danach aus, als hätte ich ihn für die Champions League vorbereitet.

Die Katze der Nachbarin kam um die Ecke und schaute mich an, so als wollte sie sagen: „Dicker, was machst du hier auf der Terrasse? Hast du nichts zu tun?“

Abends bekam ich eine Anfrage von Laura: „Könnte ihr nächste Woche Krümel nehmen? Passt es euch? In der Kita sind nicht genügend Erzieherinnen da.“

Eigentlich wollte ich nächste Woche wieder eine Rede vorbereiten. Aber deshalb Krümel absagen? Nein, auf keinen Fall!
Was gibt es Schöneres, als mit ihr gemeinsam zu frühstücken?

Und sie fragt mich dann ganz sicher wieder:
„Opa, kannst du mir von der Scheune erzählen?“

Eine Scheune, die es nur in unserer Phantasie gibt und in der Tiere wohnen, auch noch Opa, Oma, Mama und die Freunde aus der Kita.

Wie das gehen soll, ist mir selbst nicht so richtig klar. Aber Krümel findet das schön.

Ja, es ist wirklich schön, vor allem wenn sich die Vorfreude auf Krümels Besuch so langsam hochschaukelt.

Also arm bin ich wohl doch nicht, benachteiligt auch nicht, ich muss nur meinen eigenen Reichtum sehen wollen, der in der Mehrheit eben nicht aus den materiellen Dingen besteht.

Aber ich glaube, darauf kommt es an, nämlich die kleinen Dinge des Alltags schön zu finden, damit man es am Ende des Lebens nicht bereut.

 

 

MEIN FREUND, DER ALLTAG

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