DREI KOLLEGINNEN, DIE VIEL MEHR VERBINDET ALS NUR DIE ERINNERUNGEN AN IHRE ARBEIT

 

EINLEITUNG

GELINGENDES LEBEN IST, WENN DU DIE GLÜCKLICHEN MOMENTE ERKENNST UND SIE ANNIMMST

 Zu oft denken wir darüber nach, ob wir in der Vergangenheit ein gelungenes Leben geführt haben.

Wir vergessen dabei, dass es aber darum geht, alles dafür zu tun, immer wieder ein gelingendes Leben für uns zu gestalten.

Gerade als Trauerredner merke ich in den Gesprächen mit den Hinterbliebenen, dass sie sagen: „Schade, dass er nicht mehr glückliche Momente in seinem Leben hatte.“

Wenn du also dein Leben einmal vom Ende her denken willst, um von da aus auf deine jetzige Lebenssituation zu schauen, ja dann stellst du schnell fest, was eigentlich wichtig im Leben ist.

Es sind die kleinen Momente, die dein Glück ausmachen.

Deshalb musst du sie festhalten, und ja, möglichst auch genießen.

In meinem Text schreibe ich über so einen kleinen Moment: 

Ehemalige Kolleginnen treffen sich zu einem Plausch in einem kleinen Café, in einem kleinen Ort am Rande von Berlin.

Klara, Sonja und Christiane – sie waren Arbeitskolleginnen und wurden Freundinnen.

Sie sind Menschen, die inzwischen ihre eigenen Wege gehen: 

Sonja arbeitet noch, Klara und Christiane toben sich in der Rente aus.

Sie alle eint, dass sie nicht groß auffallen wollen, eher glücklich sind, mit dem, was sie haben, was sie erleben.

Und sie alle lieben ihre Familien.

Aber manchmal, da treffen sie sich noch, weil sie sich immer noch etwas zu sagen haben und den kleinen Moment ihres Zusammenseins genießen.

Es ist eine alltägliche Begebenheit, die auch im wahren Leben so hätte stattfinden können.

Fiktion und Realität?

Das steht hier nicht im Vordergrund.

Es ist vielmehr das Glück, die richtigen Freunde zu haben und gemeinsam kleine und schöne Momente zu erleben und dabei glücklich zu sein. 

 

 

Klaras Handy klingelte.

„Ich bin schon auf dem Bahnhof angekommen.“

„Ja, gut, ich freu‘ mich und bin gleich bei dir“, sagte Klara und legte auf.

„Ich muss los“, rief Klara zu Peter herüber, der am Schreibtisch saß und über einer Rede grübelte.

„Ist gut“, brummte der nur.

„Ach, und viel Spaß mit deinen Freundinnen“, fügte er noch hinzu, als Klara die Klinke an der Haustür bereits heruntergedrückt hatte.

„Das wird bestimmt schön“, antwortete Klara.

Sie freute sich auf das Treffen.

Sonja hatte zugesagt und drei weitere ehemalige Mitarbeiterinnen von Klara, die allesamt mit dem Vornamen Heike gerufen wurden, ebenfalls.

Als Klara Peter abends von dem geplanten Treffen berichtete, da konnte er sie nur dadurch auseinanderhalten, dass er wusste, wer welchen Eisbecher bestellt hatte.

Peter war froh, dass er selbst nicht zu diesem Treffen musste.

Er war der Mensch, der eher zögerlich bei derartigen Terminen zusagte.

Als seine Freunde ihn einmal anriefen und ihn und Klara zu einer Geburtstagsfeier einer Freundin einluden, da lehnte er erst einmal ab.

„Das ist nichts für mich“, sagte er und bügelte damit die Einladung ab.

Aber seine Freunde kannten ihn.

Sie überließen es Klara, ihn zu überzeugen.

„Wir gehen dahin und fertig“, sagte Klara kurzerhand.

„Schließlich sind es deine Freunde, und die haben ein Recht darauf, dass du auch an so einem Tag da bist.“

Auf Klara war eben Verlass.

Aber irgendwie beneidete er sie auch, dass sie sich nun schon über Jahre mit ihren ehemaligen Kolleginnen traf, die inzwischen auch gute Freundinnen waren.

„Nicht jeder hat das Glück, über so viele Jahre mit so guten Kolleginnen zusammenzuarbeiten“, hatte Peter schon oft zu Klara gesagt.

Dabei kannte er ihre Kolleginnen gar nicht so gut.

Er hörte nur, wenn Klara etwas von ihnen erzählte.

In ihrer Stimme klang dann immer etwas Schwärmerisches mit,

so als würde sie über ganz außergewöhnliche Menschen reden.

Wie kam es also, dass Klara so viel von ihren Freundinnen hielt?

Da war Christiane, die Kümmerin, das Organisationsgenie.

„Wenn ich je eine Firma gegründet hätte, dann hätte ich solch eine Managerin an meiner Seite haben wollen“, hatte Peter schon oft gesagt.

Er wusste von Klara, dass Christiane alles für ihre Familie tat, ihren Mann liebte und sich sehr für ihre Söhne engagierte, damit aus ihnen etwas Ordentliches wurde.

Aus ihnen ist nicht nur etwas Ordentliches geworden, nein, sie haben beide einen tollen beruflichen Weg eingeschlagen und sie haben auch ihr familiäres Glück gefunden.

Christiane war nicht zu bremsen, wenn es galt, Reisen mit Freunden zu organisieren, Menschen für die Nachbarschaftshilfe aufzumuntern, Konzerte der Band vorzubereiten und zu begleiten, deren Mitglied auch ihr Mann war und zudem noch ihre Schwiegertochter als Songsängerin auf der Bühne war.

Eine Bilderbuchfamilie eben.

Wird dort alles immer glatt laufen?

Eher nicht. Aber das war nicht das Thema.

„Unter jedem Dach gibt es ein ‚Ach‘“, hatte Klaras Oma gesagt, und sie hatte Recht damit.

Peter musste oft daran denken, wenn er als Trauerredner zu Vorgesprächen in die Familien kam und dachte: ‚Naja, die werden ihren Dachboden ausgebaut haben, soviel ‚Achs‘, wie da zum Vorschein kamen.

Und trotzdem: All das war nicht entscheidend.

Was zählte, das war der Wille, immer wieder in der Familie zusammenzukommen, zu reden, Konflikte aus dem Weg zu räumen.

„Christiane ist ein glücklicher Mensch, so wie sie durchs Leben geht“, sagte Peter zu Klara.

„Weiß sie das?“, schob Peter die Frage hinterher.

„Ich denke schon“, antwortete Klara, nachdem sie nachgedacht hatte.

Sonja war die zweite im Bunde der ehemaligen Kolleginnen.

Sie war die fürsorgliche, eher stille und auch sehr bescheidene Kollegin.

Was sie von Klara und Christiane unterschied, das war die Tatsache, dass sie noch arbeiten musste.

Peter kannte Sonja nicht ganz so gut, wie eben Christiane.

Doch das, was Klara ihm erzählt hatte, und was er selbst bei den wenigen Treffen erlebt hatte, das reichte für Peter, um sich festzulegen.

„Sonja ist ein unglaublich bescheidener Mensch, und jemand, der im Team alles für die andere Kollegin tun würde, wenn es in ihrer Macht stünde.

Es war schon Jahre her.

Klara und Peter waren zu einem Weihnachtskonzert von Christiane eingeladen worden, auf der auch Christianes Schwiegertochter sang.

Sonja hatte ebenfalls zugesagt und so hatten sie die Sitzplätze genau nebeneinander bekommen, den Karten nach jedenfalls.

Als Klara und Peter im Saal eintrafen, da waren dort schon so viele Menschen, dass es ihnen schwerfiel, sich zurechtzufinden.

Sie schauten hilflos umher, wo denn ihre Plätze seien.

Sonja eilte auf sie, begrüßte beide und sagte: „Wir sitzen dort drüben.“

Diese kleine Geste hatte Peter sehr beeindruckt.

Wer machte das schon, gleich aufzuspringen und zu ihnen zu eilen, um ihnen bei der Orientierung im Saal zu helfen?

Peter hätte auch geholfen. Aber auf welche Weise?

Er wäre wahrscheinlich aufgestanden, hätte mit den Händen gefuchtelt und gerufen:

„Hier entlang“, und zwar so laut, dass er bestimmt missbilligende Blicke von den Stuhlnachbarn bekommen hätte.

Es waren nie die großen Gesten, die das Wesen eines Menschen verdeutlichten.

Die zeigten, ob er hilfsbereit war, sich nicht zu schade war, für andere etwas zu tun, ohne gleich etwas zurückzubekommen.

Nein, es waren eher die leisen Momente, die unscheinbaren Taten, die Peter so an Sonja und Christiane beeindruckten.

So wie Christiane vielleicht schon die Zugverbindungen gecheckt hatte, bevor Klara überhaupt daran dachte, wenn sie irgendwo hin verreisen wollte.

Vieles aus dem Arbeitsleben wird verschwinden, die kleinen Ärgernisse, die Richtlinien für irgendein neues Vorgehen, die Schwierigkeiten mit dem Computer, wenn es nun gar nicht passte.

Was bleiben wird, das sind drei Menschen, die in einem Team über viele Jahre zusammengearbeitet haben.

Die sich gegenseitig geholfen und getröstet haben.

Die zusammen gelacht und manchmal auch miteinander geweint haben.

Es wird viel über Glück geschrieben, einem Phänomen, dem Menschen oft ein Leben lang hinterhersausen, ohne zu begreifen, dass es vor ihnen liegt und sie nur zugreifen müssten.

„Und wie war es mit deinen Kolleginnen?“, fragte Peter.

„Es war wunderbar.“

„Hat es den anderen gefallen?“, fragte Peter.

„Ich denke schon.“

„Was habt ihr gegessen.“

„Heike hat einen Eisbecher bestellt.“

„Welche Heike?“

Und während Klara ihn aufklärte, da dachte Peter: „Was für kleine glückliche Momente, die sie alle heute gemeinsam erlebt haben.“

Wie viele konnten das von sich sagen.

Peter beugte sich wieder über seine Rede.

Er musste unbedingt etwas hineinbringen von einem gelingenden Leben, davon, dass man die Augenblicke dann genießen sollte, wenn sie da waren.

Und darüber, was den wirklichen Reichtum im Leben ausmachte.

Die ‚Drei‘ vom Kaffeehaus, die waren an diesem Tag reich und glücklich gewesen.

BUCHEMPFEHLUNGEN FÜR ‚LEBENSSINN IM ALLTAG‘

MEIN FREUND, DER ALLTAG

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