Archiv der Kategorie: UWE MÜLLER ERZÄHLT

Der Autor erzählt über den Alltag – in Form von Essays, Kolumnen, Interviews, Geschichten.

MENSCHEN IN DER PFLEGE (9)

DANIEL DE PAOLA – ÜBER DEN MENSCHEN UND SEIN BUCH „WEGE WEG VOM STRESS“

Wege weg vom Stress, wer würde diese ‚Karte‘ und einen entsprechenden ‚Kompass‘ dazu nicht haben wollen?
Gibt es so etwas überhaupt? Eindeutig ja.

Daniel De Paola zeigt uns in seinem Buch einige dieser Wege auf und tut das noch auf eine Weise, dass es mir als Leser nie langweilig geworden ist.

Was fasziniert mich am Autor, warum vertraue ich auf das, was er schreibt und in seinen Workshops und Vorträgen sagt?
Zunächst, weil Daniel De Paola ein Familienmensch ist. Das kommt immer wieder durch, wenn du mit ihm am Telefon sprichst oder du dich schriftlich mit ihm austauschst.

Da spürst du förmlich, wie er seine Frau bewundert, sie liebt, und das er alles für seine Kinder tun würde. Das klingt nicht außergewöhnlich. Es ist trotzdem essentiell, wenn wir uns entscheiden müssen, von wem wir Ratschläge annehmen wollen.

Wer würde schon als pflegender Angehöriger jemanden um Hilfe, Unterstützung oder einen Rat bitten, wenn er weiß, dass derjenige in dieser Hinsicht in einer ‚Komfortzone‘ lebt.

Es geht schlicht gar nicht, dass jemand Ratschläge erteilt, von seinen Erfahrungen spricht, wenn er dieses ‚Hamsterrad‘ von privaten und beruflichen Verpflichtungen, Verflechtungen und manchmal scheinbar gegeneinander stehenden Interessen nicht kennt.

Wenn du also weißt, dass Daniel De Paola Unternehmer im Pflegebereich ist, er seine Familie nach Kräften im Alltag unterstützt, ja dann fällt es dir leichter, sich von ihm Wege aus einer bis dahin aussichtslos erscheinenden Stresssituation zeigen zu lassen.

Es gibt einen weiteren Grund, warum man dieses Buch als pflegender Angehöriger lesen sollte:
Es reicht nicht, nur die pauschalen Wege aus dem Stress zu kennen.

Auf die Spezifik, das Besondere kommt es hierbei an.
Du musst wissen, was es für einen pflegenden Angehörigen bedeutet, Tag für Tag zum Beispiel seine demente Mutter zu betreuen.

Daniel De Paola hat dabei nicht nur praktische Erfahrungen gesammelt, er hat sich gleichzeitig ein gerüttelt Maß an spezifischer sozialer und fachlicher Kompetenz angeeignet.

Für pflegende Angehörige ist es also ein Glücksfall, wenn sie auf Daniel De Paola treffen oder vielleicht auch nur sein Buch in die Hände bekommen.

Daniel De Paola – vom leitenden Angestellten im Handel zum gefragten Unternehmer, Buchautor und Coach
Daniel De Paola ist beruflich im Einzelhandel groß geworden. Er erinnert sich genau an die Worte seines Großvaters, der ihm riet, etwas Solides zu erlernen, etwas, was für ihn ein Leben lang beruflich hält.

Er hat diesen Rat befolgt und ist zunächst in den Einzelhandel gegangen, entwickelte sich zum leitenden Angestellten einer Abteilung in einem Kaufhaus und war auch Leiter eines Supermarktes.

Doch Daniel De Paola reichte das nicht. Er wollte noch etwas Anderes, was einfach mehr seiner inneren Bestimmung entsprach.
Sein christlicher Glaube, seine ethische Erziehung, Menschen zu helfen, sein ehrenamtliches Engagement als Seelsorger in der Kirche brachten ihn schließlich in den Pflege- und Betreuungsbereich.

Er ist dort nun das achte Jahr tätig, kümmert sich um die Vermittlung von Pflegepersonal und berät pflegende Angehörige. Inzwischen hat er auch noch mit Erfolg eine Ausbildung zum Psychologischen Berater absolviert.

In seiner praktischen Tätigkeit als Berater, Personalvermittler und Coach fiel ihm auf, dass sich manche Fragen wiederholten, die Probleme sich häuften, mit denen pflegende Angehörige zurechtkommen mussten.

Dazu gehörte die Angst, dem physischen und psychischen Stress zu erliegen, keine Zeit mehr für die eigene Familie zu haben, in Konflikt mit dem zu betreuenden Vater oder der zu betreuenden Mutter zu geraten, nicht zu wissen, wie man damit umgehen soll.

Daniel De Paola nahm sich dieser Probleme an, analysierte sie, und er strukturierte sie, formulierte Lösungsvorschläge, die auf die individuellen Situationen der einzelnen Angehörigen zugeschnitten waren.

In diesem Prozess keimte in ihm der Gedanke auf, sein Wissen und seine praktischen Erfahrungen weiterzugeben, kurzum, ein Buch zu veröffentlichen. Parallel hielt er Vorträge und führte Workshops durch. Das ist ihm besonders wichtig, nämlich nahe an den betroffenen Menschen dranzubleiben, sich mit ihnen auszutauschen.

„Vorträge und Workshops kann man meiner Homepage
www.wege-wegvomstress.de entnehmen. Oder man kann mich über meine E-Mail- Adresse kontaktieren – info@wege-wegvomstress.de“, sagt Daniel De Paola.

Und er führt in diesem Zusammenhang weiter aus:
„Ich habe keine Patentrezepte und ich glaube auch nicht, dass dies einer meiner Leser erwartet. Ich will anregen, ermuntern, anhand von geeigneten Praxisbeispielen zeigen, was möglich ist, wenn man sich gedanklich und mental öffnet.“

Das ist der Beginn eines Prozesses, den Daniel De Paola mit dem Buch anstoßen will, den er fortsetzen möchte und selbst dabei immer wieder zu neuen Erkenntnissen gelangt. Daniel De Paola ist der Spaß anzumerken, den er hat, wenn er helfen kann, wenn er sieht, dass eine seiner Ideen im täglichen Pflege- und Betreuungsprozess gefruchtet hat.

Das Buch soll anstoßen, lädt ein mitzumachen, beim Austausch von Erfahrungen. Manch ein pflegender Angehöriger ist bereits durch das Lesen der Lektüre motiviert, weil er sieht, dass er nicht allein ist und es viele Möglichkeiten gibt, sich helfen und unterstützen zu lassen.

Kontakt:
Daniel De Paola
Telefon: 0211 – 43 63 63 06
Fax: 0211 – 43 63 63 07
E-Mail: info@wege-wegvomstress.de

JEEPY (22)

SCHWARZER TEE FÜR DIE SCHATZKARTE
WAS BISHER WAR:
Der kleine Andreas hat den Startpunkt auf der Karte eingezeichnet. Jetzt soll die Schatzkarte auf ‚alt‘ getrimmt werden. Der Fahrer hat dazu schwarzen Tee mit mehreren Teebeuteln aufgebrüht.

„Oh ja“, riefen die Kinder da.
„Sollen wir den Tee trinken?“

„Nein, bloß nicht. Den lassen wir noch ein wenig kalt werden und anschließend kippen wir ihn über den weißen Zeichenkarton.“
„Warum?“, fragte Jeepy.

„Damit die Karte echt und alt aussieht“, sagte Fiatine.
„Klar, dass die das wieder weiß“, dachte Jeepy.
Krümel war auf das Teeglas aufmerksam geworden und kam ihm gefährlich nahe.

Diesmal passte aber der Fahrer auf und nahm das Teeglas schnell vom Boden hoch. Der Tee war kalt geworden.

„So, wir können ihn jetzt auf die Karte kippen und vorsichtig mit den Fingern verreiben. Wer will das tun?“

Wieder reckten sich die Hände von den Kindern nach oben.
„Du und du, ihr beide macht das“, sagte der Fahrer und zeigte auf einen Jungen und ein Mädchen.

Die machten sich sogleich an die Arbeit.
Die Karte war nun durchnässt und sah aus, als hätte jemand aus Versehen das Teeglas umgestoßen und alles wäre auf das Zeichenblatt gelaufen.

„Für heute machen wir Schluss. Und morgen, wenn die Karte trocken ist, dann können wir die restlichen Zwischenstationen einzeichnen.

„Jeepy und Fiatine, ihr denkt euch bitte aus, was an den Stationen alles gemacht werden soll“, sagte der Fahrer.

JEEPY (11) – DIE SCHATZTRUHE PACKEN

JEEPY (21)

DIE ERSTEN STRICHE AUF DER SCHATZKARTE
WAS BISHER WAR:
Krümel hat die ersten Flecken auf der Karte mit ihren blauen Tintenfingern hinterlassen. Der Fahrer sagte kurzerhand, dass es Seen in der Umgebung seien. Er fragt nun, wer mit dem roten Filzstift den Startpunkt einzeichnen will.

„Ich will, ich auch, ich will auch“, die Hände der Kinder streckten sich nach oben. Dem Fahrer fiel ein kleiner Junge auf, der in der hinteren Reihe stand und schüchtern blickte.

Er hatte sich nicht gemeldet.
„Wie heißt du?“, fragte der Fahrer ihn.
„Ich heiße Andreas“, sagte der kleine Junge.
„Gut Andreas, willst du den Startpunkt einzeichnen?“

„Ja“, sagte Andreas leise und sein Mund und seine Augen strahlten.
„Setz‘ hier an. Hier beginnen wir unsere Wanderung“, sagte der Fahrer.
„Wo ist das denn?“, hakte jetzt Fiatine nach, die etwas weiter hinten stand und versuchte, einen Blick auf die Karte zu bekommen.

„Das ist direkt am Waldrand, hinter der B 109 und ca. 2 km entfernt vom Parkour Park und dem Eingang zum Wildpark. Von da aus starten wir und gehen durch den Wald, hier entlang.“

Der Fahrer fuhr mit dem Finger auf dem weißen Blatt entlang, umkurvte die Tintenflecken und sagte dann: „Hier, bis hierher. Dort ist dann die Schatztruhe vergraben.“

„Andreas, zeichne gleich mit dem roten Filzstift den Weg ein, bis zum Zielpunkt.

„Jetzt passt mal auf“, sagte der Fahrer nun.
„Ich habe heißes Wasser aufgesetzt und drei Teebeutel hineingetan. Seht ihr, wie dunkel der Tee geworden ist?“

JEEPY(10)- SCHWARZER TEE FÜR DIE SCHATZKARTE

ANNA IST DEMENT (33)

STIPPVISITE BEI ANNA
Klara besucht Anna. Die weiß davon im Vorfeld nichts, weil es sie zu sehr aufregen würde.

Klara sitzt im Zug von Stralsund nach Berlin. Es ist Sonntag und sie kehrt zurück von einem Besuch bei Anna. Sie war drei Tage bei ihr, um sie aufzumuntern, die Küche zu streichen und die Wohnung aufzuräumen.

Klara taucht immer wieder ein Stück in ihre Vergangenheit ein, wenn sie in Stralsund. Sie ist hier aufgewachsen, hat den Beruf einer Bürokauffrau erlernt, war viele Jahre dort sehr glücklich.
Das alles ist lange her. Es hat sich viel geändert. Und Anna, ihre Mutter, hat sich geändert.

Früher, da freute sich Anna, wenn Klara sie besuchte. Anna kochte dann, bezog die Betten neu, brachte die Wohnung auf Hochglanz.
Jetzt war es anders.

Klara hatte ihrer Mutter gar nicht gesagt, dass sie kommen wollte. Anna konnte diese Aufregung nicht mehr vertragen, auch wenn das ja etwas Positives war.

Also klingelte Klara an der Tür, der Summer ertönte und sie ging die Treppen hinauf.
„Das gibt’s doch nicht“, rief Anna erstaunt aus, als Klara vor ihrer Tür stand.
„Wo kommst du denn jetzt her?“, fragte Anna.
„Direkt aus Berlin“, sagte Klara kurz angebunden, obwohl es gar nicht stimmte.

Peter hatte Klara morgens nach Bernau gefahren, wo sie den Zug um 4.41 Uhr nach Stralsund nahm.

Aber für Anna war das zu kompliziert. Für sie war das alles Berlin. Dort arbeitete Klara, Laura auch und Peter, ja der war auch aus Berlin, für Anna jedenfalls.

„Was wollen wir jetzt machen?“, fragte Anna.
„Am besten, du lässt mich erst einmal zur Tür rein“, sagte Klara, nachdem sie sich auf dem Hausflur die Schuhe ausgezogen hatte.

ANNA IST DEMENT (32)

WARUM KURZGESCHICHTEN?

Wenn Herausforderungen und Konflikte in der Pflege nur abstrakt beschrieben werden, erreichen sie die Menschen nicht. Leser wollen sich mit konkreten handelnden Figuren identifizieren können. 

 Ich habe mir schon oft den Kopf darüber zerbrochen, warum ich mir überhaupt die Mühe mache und mich mit einem Bein in die Gefilde des belletristischen Schreibens begebe. Eine schwierige Frage und eine einfache Antwort darauf gibt es wohl nicht.

Es sind vor allem Erkenntnisse und Erfahrungen, die ich im Verlaufe meiner freiberuflichen journalistischen Arbeit gesammelt habe, die mich überhaupt zu diesen Gedanken veranlassen.

Was meine ich?

Es ist ein Unterschied, ob du irgendeinen Vorgang in der Pflege lediglich beschreibst, oder aber, ob du versuchst, es so zu schreiben, wie es die konkreten Menschen erleben und manchmal auch darunter leiden.

Ein Beispiel: „Die Kommunikation mit Demenzkranken erfordert ein hohes fachliches Können, sensibles Herantasten im Gespräch, Verständnis und Herzenswärme.“

Was ist daran falsch, was ich gerade geschrieben habe? Vermutlich gar nichts.

Aber ich denke, der Leser überfliegt es, nimmt es zur Kenntnis und vergisst es wieder.

Wie aber ist es mit diesen Sätzen?

„Anna war am Morgen aufgestanden und fühlte sich nicht gut. Was war anders? Sie sollte zum Friseur. Aber wann? Sie wusste es nicht mehr.

Klara hatte es einen Abend zuvor mehrfach gesagt und Anna hatte noch mehr nachgefragt.

Anna griff zum Telefon und rief Klara an.

„Ich will nicht zum Friseur. Ihre Stimme klang aggressiv. Klara überlegte, was sie und wie sie antworten sollte.“

Du tauchst anders in die Situation ein. Du erfasst genauer, um was es hier geht, wie schwierig die einfachsten Dinge des Lebens in der Betreuung eines Demenzkranken konkret im Alltag aussehen.

Die Botschaft des Geschriebenen wird deutlicher, wenn die Hauptfigur ein Mensch aus Fleisch und Blut ist. Und nicht nur zum Gegenstand abstrakter Betrachtung wird.

Wie aber so etwas konkret umsetzen?

Indem ich reale Menschen charakterisiere oder aber eine Figur fiktional erschaffe?

Wie auch immer die konkrete handwerkliche Technik des Schreibens aussieht, ich will es schaffen, dass das Geschehen und die betroffene Figur konkrete Gestalt vor dem inneren Auge meines Lesers annimmt.

Das ist mein Anspruch, ein Experiment eben, das nicht immer gelingt. Aber der Versuch ist es allemal wert.

 

JEEPY (20)

KRÜMEL STÖSST DAS TINTENFASS UM
WAS BISHER WAR:
Die Kinder, Fiatine und Jeepys Fahrer haben damit begonnen, die Schatzkarte zu basteln.
Jeepy ist ein bißchen eifersüchtig auf die fröhliche und vorlaute Fiatine.

„Jetzt hört doch auf, euch zu streiten. Es soll doch auch Spaß machen. Schaut mal hier, auf Krümel.

Die sitzt schon auf dem Tisch“, sagte der Fahrer.
Und plötzlich rief er nur noch: „Nein, Krümel, nein.“
Aber es war schon zu spät.

Der Fahrer hatte das schwere Tintenfass aus Marmor mit nach unten gebracht, damit das weiße Blatt auf dem Tisch nicht wegrutschte.

Krümel hatte es schnell raus, den Deckel vom Tintenfass zu öffnen und war mit einem Finger hineingetaucht. Nachdem der Fahrer „nein Krümel, nein“, gerufen hatte, tunkte sie noch schnell einen weiteren Finger ein, denn sie ahnte, dass sie das nicht mehr lange durfte.

Krümel wischte anschließend die blauen Finger an ihrer Strumpfhose ab und später strich sie mit denselben Fingern über das weiße Blatt. Die ersten Flecken waren also auf der Schatzkarte.
„Was soll das sein?“, fragte jetzt ein kleiner Junge.

„Das sind kleinere Seen in der Umgebung. Das passt schon“, sagte der Fahrer schnell und hob Krümel von der Tischplatte, die das mit einem Geschrei quittierte.

„Wo treibt sich nur deine Mama rum“, fragte der Fahrer nun an Krümel gewandt. Doch die hatte auf dem Boden schon wieder einen kleinen Käfer entdeckt, den sie versuchte aufzuheben.
„Gut, Kinder, wer will den Startpunkt einzeichnen?“

JEEPY(9) DIE ERSTEN STRICHE AUF DER SCHATZKARTE

JEEPY (19)

DIE SCHATZKARTE BASTELN
WAS BISHER WAR:
Fiatine und Jeepy schaffen es, dass sich der Fahrer von Jeepy bereit erklärt, bei der Vorbereitung der Schnitzeljagd zu helfen.

„Guten Morgen, alle zusammen. Ich freue mich, dass ihr alle so zahlreich erschienen seid“, rief der Fahrer von Jeepy.

„Hallo?“,  dachte Jeepy, „gestern Abend hatte der sich doch noch mit den Händen und Füßen dagegen gewehrt, dass er mithelfen soll. Und nun, da tut er so, als sei er der große Macher.“

Aber es war egal. Jetzt waren alle da: Fiatine, die Kinder, Krümel.
„Wo ist eigentlich dein Verkäufer?“, fragte Jeepys Fahrer Fiatine.

„Der ist schon in die Schorfheide gefahren und steckt die Strecke ab, schaut, ob alles in Ordnung ist, oder ob wir Gefahrenstellen umgehen müssen“, antwortete Fiatine.

„Sehr gut!“, rief da der Fahrer.
„So Kinder, aufgepasst. Wir stellen jetzt hier einen Tisch unten den Carport, also dort, wo normalerweise Jeepy steht. Aber der hat es uns erlaubt. Stimmts Jeppy?“

„Ja, gut“, brummte Jeepy, was sollte er machen.
Irgendwo musste ja die Schatzkarte entstehen.
„Fiatine, hast du die Buntstifte mit und den großen Zeichenblock?“, fragte nun der Fahrer.

„Jaha“, flötete Fiatine fröhlich.
„Die drängelt sich bei meinem Fahrer ganz schön in den Vordergrund“, dachte Jeepy.

„Du willst immer der Bestimmer sein“, sagte nun Jeepy an Fiatine gewandt.

„Wieso? Ich will doch bloß helfen!“, entgegnete Fiatine und war eingeschnappt.

JEEPY (8) – KRÜMEL STÖSST DAS TINTENFASS UM

 

JEEPY (18)

JEEPYS FAHRER WEISS MAL WIEDER VON NICHTS
WAS BISHER WAR:
Fiatine hat den Verkäufer im Autohaus herumgekriegt. Er ist jetzt mit Elan dabei, die Schnitzeljagd für die Kinder in der Schorfheide vorzubereiten.

Der Verkäufer hatte das Autohhaus verlassen.
Fiatine steuerte in Richtung Ausgang und öffnete die Türen von der großen Eingangshalle, über die die Autos hinein- und hinausgefahren wurden.

Sie konnte das tun, nachdem sie ein update erhalten hatte und so auch autonom, also ohne ihren Verkäufer, fahren konnte.

„Wo willst du hin?“, fragte Drängler mit den dicken Muskeln und dem offenen Verdeck. Fiatine hatte ihn so getauft. Er hieß offiziell anders. Aber das war Fiatine egal. Sie mochte den Angeber nicht, der sich bei jeder Gelegenheit in den Vordergrund schob.

„Das geht dich gar nichts an!“, antwortete Fiatine schnippisch.
„Du willst doch bloß wieder zu deinem schmalbrüstigen Freund, dem Jeepy, der von vorn aussieht wie ein breiter Kämpfer und von hinten wie ein dünnes Hemd, dem sie vergessen haben, die Taschen anzunähen.“

„Das werde ich Jeepy erzählen, und dann wird er dir über deine überheblichen Vorderfüße fahren, bevor du dich überhaupt bewegen kannst“, rief Fiatine und sauste davon.

„Das werden wir ja noch sehen“, brüllte Drängler hinter ihr her. Aber die hörte schon nichts mehr, denn sie war auf dem Weg zu Jeepy.
Jeepy hatte sich im Carport bereits eingerollt und wollte gerade die Augen zumachen, als er Fiatine um die Ecke biegen sah.

„Was willst du denn hier?“, fragte Jeepy.
„Wir müssen reden.“
„Worüber denn?“

„Jeepy, ist irgendetwas da unten los?“, tönte nun aus dem Arbeitszimmer die Stimme des Fahrers.
„Nö, hier ist nur eine Katze, die mir schon wieder an den vorderen Reifen gepinkelt hat. Sie will wohl den anderen Katzen sagen, dass sie hier die Mäuse fängt.“

„Ach so, na dann scheuch sie weg“, rief der Fahrer und wandte sich wieder seinem Computer zu.
„Wir müssen leise sprechen“, flüsterte jetzt Jeepy.

„Hast du deinen Fahrer schon gefragt?“
„Wonach?“, fragte Jeepy und hob seine Scheinwerfer hoch.
„Na, ob dein Fahrer mitmacht bei der Schnitzeljagd!“
„Der? Der findet nicht einen Pilz, wenn Pilze sammeln im Herbst angesagt ist. Und wenn es nur eine Wurzel gibt, die aus dem Waldboden sichtbar herauslugt, glaube mir, mein Fahrer sieht sie erst, wenn er drüber gestolpert ist.“

„Das ist egal!“, sagte Fiatine jetzt bestimmt.
„Er kann uns zum Beispiel eine Schatzkarte basteln, Kreide besorgen, mit der wir die Pfeile an die Bäume malen und schließlich noch den Weg mit dem Verkäufer ablaufen.“

„Was ist denn hier los?“, fragte plötzlich mit drohendem Unterton der Fahrer. Er stand hinter Jeepy, weil ihn das Geflüster aufgeschreckt hatte und er die Treppe heruntergeschlurft war.

„Hier ist nichts los“, sagte Jeepy schnell.
„Ich spreche nur mit der Katze“, schob Jeepy noch nach.

„Und wer ist das?“ Der Fahrer zeigte auf Fiatine, die mit zwei ihrer zierlichen Räder auf dem Carport stand.

„Ach, ich bin die Freundin von Jeepy.“
„Freundin? Wieso weiß ich davon nichts.“
„Du weißt vieles nicht“, klinkte sich nun Jeepy in das Gespräch ein.

„Jetzt werd‘ mal nicht frech. Sonst wächst du hier die nächsten Tage an und ich steige in den kleinen Fiat hier ein.“

„Oh Gott, hätte ich doch bloß die Reifen stärker aufgepumpt“, dachte Fiatine und schaute ängstlich auf Jeepys dicken Fahrer.

„Lieber Fahrer, wir wollen dich um Rat und Hilfe bitten, weil wir ohne dich nie und nimmer unser Problem lösen können“, sagte jetzt Fiatine mit einschmeichelnder Stimme und schaute den Fahrer mit ihren himmelblauen Scheinwerfern an.

„Die quatscht den noch besoffen“, dachte Jeepy.
„Um was für ein Problem geht es denn?“, fragte der Fahrer und war sichtlich geschmeichelt, dass er um Rat gefragt wurde.

„Wir wollen eine Schnitzeljagd vorbereiten und da brauchen wir deine riesigen Erfahrungen im Laufen.“

„Ha, ha, im Verlaufen vielleicht. Wenn Fiatine wüsste, wie oft mein Fahrer mich schon gesucht hat oder vorher Bobby, in Berlins Strassen, weil er nicht mehr wusste, wo genau er war. Dann hätte die sich auf die Zunge gebissen und wäre lieber selber die Strecke abgelaufen“, dachte Jeepy.

„Oh ja, ich habe tatsächlich zahlreiche Erfahrungen sammeln können, wie man eine Strecke vorbereitet, sie markiert und wo man einen Schatz vergraben kann“, sagte nun der Fahrer mit stolz geschwellter Brust.

„Der buddelt sich doch selbst mit ein, wenn ich nicht aufpasse“, dachte Jeepy.

„Jeepy, du wirst mir helfen.“
„Helfen?“, dachte Jeepy.
„Bleibt doch eh alles an mir hängen.“

Und laut zu seinem Fahrer: „Ja, geht in Ordnung, ich helfe mit.“
„Juhu, das wird schön. Ich komme gleich morgen wieder und wir malen die Schatzkarte“, rief Fiatine und sauste davon.

„Die hat Energie, aber wieso kann die überhaupt ohne Fahrer durch die Gegend düsen?“, fragte der Fahrer nun Jeepy.

„Keine Ahnung“, antwortete er laut.
„Auch das noch. Das riecht nach Ärger, wenn der Verkäufer erfährt, dass Fiatine ohne sein Wissen hier war“, dachte Jeepy und seufzte nur.

JEEPY (17)

DER VERKÄUFER SOLL BEI DER VORBEREITUNG DER SCHNITZELJAGD HELFEN
WAS BISHER WAR:
Fiatine ist vom Ausflug mit Jeepy ins Autohhaus zurückgekehrt. Dort interessieren sich Kunden für Fiatine. Die Kunden wollen es sich aber noch überlegen und sich in den nächsten Tagen melden.

Der Verkäufer fiel erschöpft auf seinen Stuhl zurück.
„So, für heute reicht es“, sagte er müde zu Fiatine.
„Würdest du uns denn bei der Vorbereitung der Schnitzeljagd helfen?“, fragte Fiatine ihn.
„Lass mich in Ruh‘. Ich habe genügend andere Sorgen“, antwortete der Verkäufer.

„Ach, bitte, bitte, wir haben es doch den Kindern versprochen, dass wir eine Schnitzeljagd in der Schorfheide durchführen.“

„Wer ist eigentlich ‚wir‘?“, fragte der Verkäufer jetzt.
„Na Jeepy, sein Fahrer, du und ich“, sagte Fiatine.
„Konnte ich mir ja denken, dass hier wieder Jeepy mitdrinsteckt.“
„Und sein Fahrer, der weiß tatsächlich Bescheid?“, hakte der Verkäufer gleich nach.

„Naja, so richtig noch nicht. Aber Jeepy wickelt den doch um den Finger“, entgegnete Fiatine.

„Das muss ja ein ziemlich dicker Finger sein, um den Jeepy seinen Fahrer wickeln will“, sagte der Verkäufer.

„Der macht doch jetzt jede Menge Sport, weil er abnehmen will“, entgegnete Fiatine.

„Davon habe ich noch nichts gemerkt, als der Fahrer das letzte Mal hier war und sich auf das Sofa dort plumpsen ließ. Da passte keiner mehr rauf“, sagte der Verkäufer.

„Lass das den Fahrer bloß nicht hören, dann macht der erst recht nicht mit“, sagte Fiatine schnell.
„Also gut, was soll denn alles für die Schnitzeljagd organisiert werden?“, fragte der Verkäufer jetzt Fiatine und rutschte mit dem Stuhl zu ihr herüber.

„Die Kinder sollen eine Spur verfolgen und einen Piratenschatz suchen. Jeepys Fahrer wird den Schatz verstecken“, haspelte Fiatine schnell herunter.

„Wo soll der Schatz denn versteckt werden?“
„In der Nähe des Wildparkes Schorfheide. Schau mal hier“, sagte Fiatine und zeigte auf die Karte.

„Vor dem Eingang befindet sich ein kleiner Parkour Park.“
„Sollen die Kinder etwa darauf herumklettern?“, fragte der Verkäufer entsetzt.

„Nein“, beruhigte Fiatine ihn.
„Wir wollen nur, dass wir einen guten Anhaltspunkt für die Vorbereitung haben, denn sonst verläuft sich Jeepys Fahrer schon vorher“, sagte Fiatine.

„Lass ihn das mal nicht hören, sonst ist der schneller eingeschnappt, als du denkst.“

„Ja, ja“, antwortete Fiatine lapidar.
„Wir wollen nur, dass der Fahrer mit Kreide Pfeile an die Bäume malt und unten Hinweiszettel ablegt, die mit Steinen beschwert werden. Das wird er ja wohl schaffen.“

„Wollen wir es hoffen“, sagte der Verkäufer.
„Ich werde ihn darauf ansprechen, ob wir nicht im Vorfeld die Strecke ablaufen, damit wir uns ganz sicher sind, dass dort keine Gefahrenstellen für die Kinder sind“, ergänzte der Verkäufer noch. Er war jetzt voll mit dabei.

JEEPY (16)

EINE KUNDIN WILL FIATINE UNBEDINGT

KAUFEN

Fiatine will, dass der Verkäufer ihr bei der Vorbereitung der Schnitzeljagd hilft, aber da werden Kunden auf sie aufmerksam.

„Wie ist die genaue Bezeichnung für dieses Auto?“, fragte  der Ehemann der Kundin.
„Fiat 500“, sagte der Verkäufer.
„Ich heiße Fiatine.“
Die Kunden schauten ungläubig auf das kleine Auto.
Hatte es gesprochen?

„Du sollst doch nichts sagen, wenn ich dich verkaufen will, freche Göre“, zischte der Verkäufer.
Und laut wandte er sich an die Kunden:

„Dieser Fiat hat ein update, kann allein fahren, und sprechen kann er auch.“
„Ach wie süß. Schatz, den muss ich haben“, sagte die Kundin und strahlte vor Entzücken.
„Das ist doch eine Handtasche auf Rädern“, sagte ihr Mann.

Fiatine rollte unauffällig ein Stück nach vorn, direkt über den Fuss des Kunden.
„Da hast du die Handtasche“, flüsterte Fiatine dem Kunden wutentbrannt zu.

Der musste sich am Tisch aufstützen, so schmerzte ihn sein Fuß.
„Schon gut, war nicht so gemeint“, murmelte der Ehemann mit schmerzverzehrtem Gesicht.

„Was meinst du Schatz, sollen wir ihn nehmen, als Zweitwagen, für mich?“, fragte die Ehefrau in säuselndem Ton.
„Hm“, machte der Ehemann.

„Ach Hans-Georg, jetzt sei doch nicht so“, du willst dir doch bloß wieder einen ‚Rambo‘ wie den Jeep ‚Wrangler‘ zulegen.
„Na, lieber ein dickes Nashorn an der Hand, als eine bissige Katze im Wadenbein“, brummte der Ehemann.

„Hans-Georg, ich versteh‘ dich nicht“, was du hier wieder sagst.
„Hast du noch Alkohol von deinem angeblich so wichtigen Geschäftsessen im Blut? Und wer waren eigentlich die Damen, die dir noch so zuwinkten, als du gestern Abend aus dem Taxi gestiegen bist?“

Fiatine fand es lustig, den beiden zuzuhören und sie wollte, dass die Frau ihre neue Fahrerin wird. Sie würden sich gut verstehen.

„Also gut, von mir aus“, dann kaufen wir eben die Handtasche, äh, ich meine diesen himmelblauen Fiat.
„Wunderbar, aber das geht nicht gleich“, sagte der Verkäufer.
„Warum nicht?“, fragte die Kundin.

„Weil Fiatine noch eine Schatzsuche vorbereiten muss!“, sagte der Verkäufer entschlossen.
„Schatzsuche, Fiatine? Schatz, ich glaub‘ ich werde alt.“

Dem Ehemann war so, als würde der kleine Fiat ihm die Zunge herausstrecken und gleichzeitig seiner Frau zuzwinkern. Seine Frau wedelte mit der Hand, so als würde sie zurückwinken.

„Ja, sind denn hier alle verrückt geworden? Schatz, nimm‘ deine Truhe, äh, ich meine deine Handtasche, wir müssen erst einmal an die frische Luft.

„Das hat noch ein Nachspiel. Wenn die Kunden jetzt abspringen, dann kannst du das mit der Schatzsuche und ihrer Vorbereitung vergessen“, schnaubte der Verkäufer und ging den Kunden nach draußen hinterher.

JEEPY (15)

FIATINE KOMMT INS AUTOHAUS ZURÜCK

Fiatine war mit Jeepy unterwegs, im Modus des autonomen Fahrens. Sie haben Kindern eine Schnitzeljagd versprochen. Aber erst einmal muss Fiatine zurück zu ihrem Autohaus und ihrem Verkäufer.

Fiatine kehrte glücklich in das Autohaus nach Hoppegarten zurück.
„Na, wie ist es gelaufen?“, fragte der Verkäufer Fiatine.
„Es ist super gelaufen. Ich bin allein gelaufen, autonom, ‚Yppie-ya-yeah‘, ruft Fiatine glücklich.

„Na, dann hat sich das update bei dir ja gelohnt“,  sagte der Verkäufer zufrieden. Fiatine schaute den Fahrer weiter an.
„Ja, weißt du, ich habe doch keinen Fahrer, weil mich ja noch keiner gekauft hat“, sagt nun Fiantine zögerlich.

„Ach, das wird schon, und schließlich hast du ja auch noch mich“, sagte der Verkäufer. Fiatine fasste sich ein Herz und sagte: „Stimmt, ich habe ja noch dich, lieber Verkäufer. Und deshalb musst du mir helfen.“

„Wobei?“, fragte der Verkäufer ungeduldig, denn im Hintergrund warteten Kunden auf ihn und die wollte er auf keinen Fall verlieren.
„Wir haben unterwegs Kinder getroffen, die mit uns mitfahren wollten.“

„Das habt ihr ja wohl hoffentlich nicht gemacht“, sagte der Verkäufer mit einem drohenden Unterton zu Fiatine.
„Nein, das nicht. Aber wir haben ihnen stattdessen versprochen, dass wir mit ihnen eine Schnitzeljagd vorbereiten. Und du musst mir bei der Vorbereitung helfen.“

„Ich?“, fragte der Verkäufer entsetzt.
„Keine Zeit!“, setzte er nach.
„Ach bitte, bitte“, flehte Fiatine und schaute ihn in ihrem himmelblauen Kleid an.
„Was muss ich denn tun?“

„Du musst nur den Weg markieren, Pfeile mit Kreide an die Bäume malen, eine Schatzkarte zeichnen, eine Schatztruhe basteln, Geschenke besorgen und mit einer Gruppe mitlaufen.“

Fiatine hatte schnell gesprochen und war nun außer Atem.
„Das kommt überhaupt nicht infrage. Ja, glaubst du denn, ich sitze hier den ganzen Tag und mache nur Witze über die Kunden, die hereinkommen?“

Der Verkäufer war nun endgültig aus dem Häuschen. Seine Augen waren hervorgetreten, sein Gesicht krebsrot und die Stimme versagte ihm fast, so unverschämt fand er die Anfrage von Fiatine.

„Den ganzen Tag nicht, aber den halben, machst du Witze“, antwortete Fiatine. Schließlich stand sie ja direkt neben dem Tisch des Verkäufers.

„Noch ein Wort, und ich werde das update rückgängig machen, und du kannst an meinem Tisch stehen und so lange vor dich hinschmoren, bist du nichts mehr Wert bist.

Da fing Fiatine an, heftig zu weinen und zu schluchzen, sodass die Kunden auf sie aufmerksam wurden.
„Was hat die Kleine denn?“, fragte jetzt eine Kundin.

Und zu ihrem Mann gewandt: „Schatz, schau mal, was für ein herrliches himmelblaues Kleid dieser Fiat anhat.
„Das ist ein Auto und keine Kleine“, brummte ihr Mann.
Aber die Frau sah mehr in dem kleinen Fiat, als nur ein Auto.

DRITTER ANLAUF BEIM FRISEUR

„Gut, dass ich den Termin gemacht habe“, sagte Anna zu Lukas, als dieser sie wieder vom Friseur abholte.

Anna saß noch auf dem Friseurstuhl, auf dem Tisch vor ihr stand ein halbvolles Glas Sekt. Sie lachte und erzählte mit der Friseuse. Lukas verschlug es die Sprache.

Er musste gerade daran denken, wie viel Mühe es ihn gekostet hatte, Anna bis hierher zu bringen.
Zwei Stunden vorher: Lukas hatte Anna endlich soweit, dass sie loskonnten, um noch rechtzeitig beim Friseur zu sein. „Wo ist jetzt mein Briefkastenschlüssel?“, fragte Anna und wühlte in ihrer Tasche umher.

„Mutti, das kannst du doch machen, wenn wir vom Friseur zurückkommen. Ich möchte nicht zu spät kommen. Wir haben doch schon zweimal den Termin absagen müssen“, drängte Lukas sie.
„Absagen? Wieso absagen? Ich habe nichts abgesagt“, sagte Anna und schaute Lukas grimmig an.

„Mutti, ich habe einmal den Termin vereinbart, dann haben wir ihn wieder storniert, weil du nicht wolltest. Danach hat es Klara noch einmal versucht. Und wieder wolltest du nicht.“
„Ich? Das kann überhaupt nicht sein! Und wieso machen überhaupt die Berliner Termine beim Friseur für mich? Was soll das!“
„Mutti, wir meinen es doch nur gut.“

„Wo ist denn jetzt mein Schlüssel?“ Anna kramte weiter in der Tasche. Endlich hatte sie ihn gefunden und steckte ihn in das Briefkastenschloss und versuchte ihn umzudrehen. Er ließ sich aber nicht drehen.

„Was ist das hier alles? Ich werd‘ noch verrückt“, schnaubte Anna.
„Mutti, kann ich mal?“, fragte Lukas vorsichtig.
Es war geschafft, die Briefkastentür ging auf und als erstes fielen Lukas die Werbebriefe entgegen.

„Die schmeiße ich gleich weg“, sagte Lukas.
„Nein, wie kannst du so was machen! Ich will die lesen. Die schreiben mir.“
„Ja, Mutti, weil sie dein Bestes wollen, dein Geld. Deshalb haben sie dich so lieb.“

Anna schaute Lukas an, als würde der gerade von der Berechnung der optimalen Mondlandung sprechen. Als sie im Auto saßen und Anna schließlich angeschnallt war, konnte Lukas das Auto starten.

Anna schaute verdrossen aus dem Fenster. Ihre Stirn war gerunzelt und ihr Mund verzog sich zu einer Grimasse. Dazu stöhnte sie unentwegt.

„Mutti, jetzt freu dich doch ein bisschen. Schau mal, ich habe extra den Weg am Hafen vorbei genommen, damit du ein wenig auf das Wasser schauen kannst“, versuchte Lukas sie aufzuheitern.
Anna aber reagierte nicht.

„Hier lag das Boot von Onkel Gottfried“, sagte sie plötzlich.
Anna schien sich zu erinnern, ihr Gesicht hellte sich auf und sie schien in Gedanken von ihren schönen Kindheitsjahren eingenommen zu sein.

„Wir sind da“, riss Lukas sie aus ihren Erinnerungen.
„Weißt du, ich will gar nicht aussteigen“, sagte Anna jetzt.
„Mutti, du gehst jetzt da rein“, sagte Lukas mit letzter Verzweiflung zu ihr.

„Rede nicht in dem Ton mit mir“, sagte Anna zu ihm.
Lukas schwieg und Anna stieg aus.
„Schön, dass Sie kommen konnten“, begrüßte die Inhaberin des Friseurladens Anna.

„Ja, ich habe mir die Zeit genommen“, sagte Anna.
Lukas schaute betreten auf den Fußboden. Es sah aus, als versuchte er die dort herumliegenden Haare zu zählen, die noch nicht weggefegt worden waren.

„Möchten Sie ein Glas Sekt, Frau Sturm“, fragte die Inhaberin Anna.
„Ach ja, ein Glas kann man ja mal trinken.“

Die Inhaberin zwinkerte Lukas zu und der zog sich leise zurück.
„Wissen Sie, ich war ja früher viel auf dem Hof von meinem Onkel Taube. Er war Fischer“, sagte Anna zu der Friseuse, während die sich um die Haare von Anna kümmerte.

„Taube? Gottfried Taube“, fragte die Friseuse.
„Ja“, sagte Anna.

„Den kenn ich auch“, sagte die Friseuse zu Anna.
„Sagen Sie bloß!“, staunte Anna.
„Ja, mein Großvater hat mir ab und zu von ihm erzählt. Damals, als der selbst noch ein Fischer war.“

Lukas traute sich nicht Anna zu sagen, dass sie wieder loswollten.
Annas Wangen waren rot, sie saß aufrecht im Sessel und es schien, als wäre sie glücklich. Für den Augenblick wenigstens.

JEEPY (14)

 UPDATE FÜR FIATINE

Fiatine will ein 'update', damit sie automatisch, also ohne Fahrer (immer noch ihr Verkäufer) durch die Gegend fahren kann.

„Warum soll ich für dich schon ein ‚update‘ besorgen, wo du doch nicht mal einen Fahrer hast“,  fragte der Verkäufer Fiatine.
„Weißt du, wie viele Autos darauf warten, dass sie jetzt auch ohne Fahrer, also autonom, durch die Gegend fahren können?“, fragte der Verkäufer noch.

Da flossen bei Fiatine wieder die Tränen. Das konnte Jeepy nicht mit ansehen und wandte sich erneut an den Verkäufer: „Bitte, bitte, machen Sie doch eine Ausnahme für meine Freundin Fiatine“, sagte Jeepy.

„Ach, das ist deine Freundin, na da schau mal einer an.
Und wie kommst du hier überhaupt rein?“, fragte der Verkäufer Jeepy.

„Ich, och, ich bin hier nur zu Besuch und mein Fahrer hat mir ein ‚update‘ spendiert.“
„Na, wenn das so ist“, meinte der Verkäufer nun versöhnlicher.
„Dann macht doch mal einen Probeausflug. Ich schalte Fiatine vorher auf ‚update‘, zeitweise, und dann schaut ihr mal, wie ihr damit klar kommt.“

„Au ja“, riefen beide begeistert.
Als das ‚update‘ bei Fiatine erledigt war, da schossen beide nur so aus dem Autohaus.

„Passt bloß auf, dass ihr keinen Unfall baut“, rief der Verkäufer ihnen hinterher.
„Geht nicht, wir fahren ja autonom“, riefen die beiden zurück.
„Stimmt auch wieder“, knurrte der Verkäufer und ging zu seinem Platz zurück. Wo Fiatine sonst stand, waren nur Reifenspuren zu sehen.

„Fiatine, schau mal, siehst du die Kinder dort, die auf dem Spielplatz spielen?“.
„Ja, sehe ich“, rief sie zurück und hupte ganz laut.
Da erschraken sich die Kinder ganz doll.
„Fiatine, das darfst du nicht, die Kinder kriegen doch Angst vor uns“, sagte Jeepy.

„Ja, entschuldige, ich war nur so froh, dass ich hier draußen bin.“ Die Kinder hatten sich beruhigt und winkten jetzt Jeepy und Fiatine zu.
„Dürfen wir mit euch fahren“, fragten sie.

„Nein, das dürft ihr nicht. Wir sind noch in der Erprobung. Wenn wir jemanden mitnehmen, dann müssen unsere Fahrer dabei sein.“
„Ach schade“, sagten da die Kinder.

Jeepy überlegte eine Weile und da kam ihm eine tolle Idee.
„Wer hat Lust auf Schnitzeljagd?“, fragte Jeepy die Kinder.
„Oh ja, wir wollen eine Schnitzeljagd“, schrien alle auf einmal durcheinander.

„Darf ich auch mit?“, fragte Fiatine zaghaft.
„Aber natürlich. Du musst sogar mitmachen. Wer soll das alles allein schaffen!“, antwortete Jeepy.

„Kinder, dann fragt eure Eltern, ob ihr mitmachen dürft.“
„Und wir brauchen Erwachsene, die mitkommen“, rief Fiatine.
„Mein Fahrer kommt bestimmt mit, und du fragst den Verkäufer, solange du noch keinen eigenen Fahrer hast“, sagte Jeepy.

„Ja, mach‘ ich.“ Fiatine ist begeistert.
„Kinder, nächsten Samstag. In der Schorfheide, in der Nähe des Wildparkes. Da machen wir die Schnitzeljagd. Und Fiatine: Wir müssen jetzt zurück ins Autohaus. Dein Verkäufer ist bestimmt schon ganz aufgeregt. Ich fahre danach nach Hause und bitte meinen Fahrer, uns bei der Vorbereitung zu helfen.“
Fiatine und Jeepy brausten davon.

Die Kinder winkten ihnen zum Abschied hinterher und kreischten alle durcheinander, so aufgeregt waren sie wegen der bevorstehenden Schnitzeljagd.

JEEPY (13)

 ICH HEISSE AB SOFORT JEEPY

Der Fahrer schreibt seinen Jeepi ab sofort mit einem 'y' hinten dran.

Hallo Krümel,
ich bin’s, dein Jeepy. Du wirst dich fragen, warum ich jetzt nicht mehr mit ‚i‘, sondern mit ‚y‘ am Ende geschrieben werde. Meinem Fahrer gefällt das gar nicht so richtig, was alles in den letzten Tagen passiert ist.

Stell‘ dir vor, ich habe ein ‚update‘ bekommen. Als ich meinen Fahrer gefragt habe, ob er das für mich machen lassen würde, da hat der nur gefragt, was das alles soll, mit dem autonomen Fahren und so.

Aber Krümel, ich kann jetzt ganz allein durch die Stadt fahren. Ja, wirklich. Und das habe ich meinem ‚update‘ zu verdanken. Darum heiße ich jetzt auch ‚Jeepy‘, mit dem ‚y‘ hinten am Namen eben.

Ich kann auch auf Batterie umschalten, selbst das Lenkrad drehen und einfach mal aus dem Carport rausfahren, selbst wenn mein Fahrer oben sitzt und mal wieder keine Zeit für mich hat. Als erstes habe ich heute das Fiat-Mädchen mit dem himmelblauen Kleid besucht, im Autohaus in Hoppegarten.

Ich bin freudig auf sie zugefahren, als ich sie sah. Das geht ja, denn sie steht im Verkaufsraum und wartet auf ihren Fahrer, den eben, den sie ja noch nicht kennt. Erst hat sie so getan, als würde sie mich übersehen. Aber dann, als ich vor ihr stand, mich allein bewegte, da wurde sie munter.

„Hast du etwa schon das ‚update‘ bekommen?“, fragte sie mich ganz erstaunt.
„Ja, hab‘ ich“, sagte ich und strahlte sie an.
Da wurde sie ganz traurig und fing an zu weinen.
„Warum weinst du?“, fragte ich sie und wurde nun auch traurig.
„Weil ich noch keinen Fahrer habe, und kein ‚update‘.

Ich muss hier immer nur herumstehen und mir gefallen lassen, dass mich die Leute anfassen, meine Türen auf und zu schlagen und dann doch wieder gehen.“
„Das ist wirklich traurig“, habe ich zu ihr gesagt.
„Ich bin die Fiatine“, sagte sie mir noch.
„Und ich bin der Jeepy“, antwortete ich fröhlich.

Endlich sprach sie mit mir. Und weißt du was, Krümel, dann habe ich sie doch noch zum Lachen gebracht.
„Pass mal auf“, habe ich noch zu ihr gesagt, „bald wirst du auch einen Fahrer bekommen oder eine Fahrerin, wer weiß.“

Und weiter: „Aber vorher, da rede ich noch mit meinem Verkäufer, der ist nett. Ich werde ihn fragen, ob er für dich das ‚update‘ organisieren kann.“

„Das würdest du für mich tun?“, hat sie mich gefragt und mich dabei angestrahlt in ihrem himmelblauen Kleid.
„Ja, klar. Das machen wir. Und dann komme ich dich besuchen und wir fahren für ein oder zwei Stunden in der Gegend umher, ganz allein, ohne Fahrer.“

„Ach, toll“, hat sie gerufen und angefangen zu tanzen.
„Ja, wir können natürlich nicht in die Häuser rein, oder in den Einkaufsmarkt fahren. Da dürfen wir nicht rein.

Aber wir finden schon was Aufregendes, zum Beispiel im Regen durch die Pfützen donnern, vor allem den Kindern zuwinken, die in den Kindergärten draußen spielen, so wie Krümel, meine beste Freundin.“

„Kann ich denn auch deine Freundin sein?“, fragte mich jetzt Fiatine.
„Ja, kannst du, und ich werde dein bester Freund“, sagte ich noch.
„Was ist denn hier los?“, ertönte plötzlich eine Stimme hinter uns.
„Ach nichts, lieber Verkäufer“, sagte ich.

„Wir haben nur mal eine Frage“, schob ich noch hinterher.
Aber davon erzähle ich dir morgen, lieber Krümel.

ANNA IST DEMENT (31)

ANNA WILL NICHT ZUM FRISEUR

Anna will nicht den Friseurtermin wahrnehmen, zum zweiten Mal nicht.

Anna lag auf der Couch und hielt eine Banane in der Hand, die sie ab und zu zum Mund führte, um ein Stück davon lustlos abzubeißen. Ihr Gesicht schien ausdruckslos und als Lukas das Zimmer betrat, verharrte sie in ihrem nahezu regungslosen Zustand.

„Mutti, wir haben doch gleich einen Friseurtermin und du hast dich immer noch nicht umgezogen.“

Annas Gesicht verdunkelte sich noch mehr. Ihre Gemütsregungen waren am Vormittag ganz besonders überschattet von ihrer Krankheit.

Sie hatte Angst, rauszugehen, auf andere Menschen zu treffen, sich in neue Situationen hineinzufinden.

Die Demenz hatte sie mürrisch, ja aggressiv gemacht. Erst zum Mittag hin, wenn die Krankenschwester zum Spritzen kam, wurde sie munterer.

Lukas ließ sich in einen der Sessel fallen und schwieg. Es war kurz vor zwölf und die Schwester musste jeden Augenblick an der Tür klingeln.

„Ach Schwester schön, dass Sie kommen und mir helfen, ich hab‘ ja sonst keinen“, sagte Anna bereits an der Tür zu ihr.
„Aber Sie haben doch Ihren Sohn.“
„Ach, der muss doch nur arbeiten.“

Anna schaute missmutig zu Lukas herüber. Lukas trafen diese Worte mitten ins Herz. Er wusste, seine Mutter war dement und man konnte nichts mehr von dem, was sie sagte, auf die Goldwaage legen. Aber es schmerzte ihn, trotz alledem.

„Was willst du eigentlich hier?“, fragte Anna ihn nun.
„Mutti, will nicht schon wieder bei der Friseuse den Termin absagen müssen, nur weil du keine Lust hast.“

„Ich will nicht und ich will mich dafür nicht entschuldigen“, sagte sie mit der Bockigkeit eines kleinen Kindes in der Stimme.

„Dann können wir dir nicht mehr helfen und wir müssen überlegen, ob wir dich für ein Heim anmelden.“

Anna saß eine Weile still und sagte plötzlich: „Meine Strähnen sind grau. Die müssen gefärbt werden. Kannst du mir mal den Mantel geben?“

Lukas schnellte aus dem Sessel hoch und holte aus der Flurgarderobe den Mantel seiner Mutter.

Er hatte ein schlechtes Gewissen. Schon wieder hatte er ihr mit dem Heim gedroht, aber was sollte er tun?

„Kommst du nun endlich?“, fragte Anna ihn und schwenkte ungeduldig den Haustürschlüssel.

INTERVIEW MIT MARTINA LIPPERT IM MÄRZ 2019

MENSCHEN IM ALLTAG-2019.03.29

Interview am 21.03.2019 - mit Martina Lippert, geschäftsführende Gesellschafterin des Pflegedienstes Martina Lippert GmbH
Einführung:
Ich habe mit Martina Lippert in den vergangenen Jahren mehrfach gesprochen. Immer wieder habe ich dabei festgestellt, dass sie zu den Menschen gehört, die nicht irgendwie mit ihrem Beruf Geld verdienen wollen.
Ich spüre bei ihr eher eine Leidenschaft für das, was sie tut. Sie spricht mit solch einer Herzenswärme von ihrem Team, und von dem, was der Pflegedienst täglich zu bewältigen hat.
In diesem Interview habe ich sie danach gefragt, welche Eindrücke sie aus dem Urlaub mitgebracht hat, wie sie die letzten zweieinhalb Jahrzehnte ihres beruflichen Tuns heute sieht. Egal ob pflegender Angehöriger, Pflege – und Hilfsbedürftiger oder einfach interessierter Leser – ich glaube, es lohnt sich, die Menschen zu kennen, zu denen man vielleicht zu einem späteren Zeitpunkt ein engeres Vertrauensverhältnis aufbauen will oder das bereits bestehende weiter stärken möchte.
Das folgende Interview will dabei helfen.

Frau Lippert, Sie haben kürzlich eine Reise mit dem Wohnmobil unternommen. Eine gute Gelegenheit, berufliche Dinge mit einem gewissen Abstand zu betrachten. Vor diesem Hintergrund wäre meine erste Frage an Sie:

Was ist Ihnen in einer der ruhigen Momente zuerst eingefallen, wenn Sie an die letzten 25 Jahre als Pflegedienstinhaberin gedacht haben?

Alles richtig gemacht.

Was haben Sie richtig gemacht?

Es war ein großes Glück, dass ich alles selbst gestalten konnte. Natürlich war es anfangs schwer für mich, sehr schwer. Ich musste ja nicht nur fachlich die Sache im Griff haben, sondern auch die administrative, die kaufmännische Seite. Das war für mich anfangs besonders schwer.

Noch einmal zurück zu Ihrem Urlaub: Was waren denn Ihre Highlights?

Wir sind über Maastricht, Luxemburg bis nach Barcelona gefahren und dann die Straße von Gibraltar am Mittelmeer weiter. Wir waren zum Beispiel in Tarifa, Spanien einem Hotspot für Kitesurfer.

Da habe ich Menschen gesprochen, die nicht mehr nach Deutschland zurückmochten. Sie wollten ihre Probleme hinter sich lassen. So sehr ich da manchen verstanden habe, so sehr war ich froh, dass ich mich doch in meinem Leben durchgebissen und nicht aufgegeben habe, trotz mancher Schwierigkeiten.

Aber man bekommt dort eine bestimmte Art der Gelassenheit, was wiederum schön ist, wenn man zur Ruhe kommen will.

Das war schon eine andere Welt. Manchmal habe ich gedacht, warum ich nicht einfach dort bleibe.

Warum haben Sie das gedacht?

Wenn Sie zum Beispiel Zuhause mit Menschen zu tun haben, die Sie fragen, warum sie nicht sterben dürfen, dann ist das schon eine Welt, die auch sehr belastet, psychisch und mental.

Ist das aber nicht auch ein Grund zurückzukommen, weil Sie wissen, dass die Menschen Sie brauchen?

Ja, auf jeden Fall. Wenn man helfen kann und wenn es nur ein tröstendes Wort ist, dann ist das immer gut.

Wie lange waren Sie unterwegs?

Insgesamt 10 Wochen. Wir waren zu zweit unterwegs. Meine Reisefreundin mit einer jungen Schäferhündin und ich mit meinem Ursus, einem Cocker Spaniel. Das war natürlich auch manchmal stressig.

Aber dann ist es umso erfreulicher, wenn man wieder die eigene 120 qm Wohnung zu Hause betritt.

Was haben Sie vermisst, als Sie wieder zu Hause waren?

Die Gelassenheit, die wir unterwegs angetroffen haben. Zum Beispiel in Benidorm, einem Badeort an der der Costa Blanca. Das war schon ein Traum, auch wenn es heute nicht mehr das kleine und verträumte Fischerdorf ist.

Und was tut Zuhause wieder gut?

Das Leben ist hier strukturierter, organisierter. Ich habe auch das Gefühl, wieder da zu sein für meine Mitarbeiter und meine Kunden, die auf mich gewartet haben und die mich brauchen.

Was hat sie am meisten in den letzten 25 Jahren geprägt?

Mich haben Menschen geprägt, denen ich helfen konnte, und denen ich beruflich weiterhelfen konnte. Zum Beispiel war da eine junge Frau, die Reinigungskraft werden wollte, um Geld zu verdienen.

Ich habe sie motiviert, zweimal in der Woche in die Abendschule zu gehen und sich zur Pflegehelferin ausbilden zu lassen. Später haben wir sie in unserer Seniorenwohngemeinschaft als Hauswirtschaftskraft eingestellt. Und heute ist als Pflegekraft in einem Pflegeheim tätig.

Das war vielleicht nur ein kleiner Schritt, aber ich bin noch heute stolz darauf. Menschen zu helfen, ihr Potenzial zu erkennen, sie ein Stück ihres Weges begleiten und zu fördern, darin sehe ich meinen Lebenssinn.

Lassen sich denn alle helfen?

Leider nein. Ich denke, dass manche Menschen einfach zu früh aufgeben. Das ist auch das, was mich heute am meisten stört, nämlich wenn einige zu früh aufgeben oder sich von vornherein in die „Hängematte“ legen, einfach ihre Chancen nicht nutzen. Für mich war es stets wichtig, gerade nicht aufzugeben, wenn es hart auf hart kam.

Können Sie das noch ein wenig näher erläutern?

Ich komme aus einem Elternhaus, indem mein Vater als Maschinenschlosser gearbeitet hat. Er war in der Autobranche tätig. Wir waren vier Mädchen Zuhause.

Ich hätte sehr gern den Beruf des Autoschlossers erlernt. Das war damals nicht möglich. Für Mädchen gab es diese Option nicht. Also ging ich arbeiten, um Geld zu verdienen. Geld für meine Ausbildung, die ich absolvieren wollte.

Welche Ausbildung?

Eine zur Krankenschwester. Ich bin also nach Menden gefahren und habe als vierzehnjähriges Mädchen in einem Betrieb gearbeitet, in dem Stahlstangen gefertigt wurden.

War das nicht physisch schwer?

Ja, sehr schwer. Aber es hat mich geprägt, nämlich mein Ziel nicht aus den Augen zu lassen

Wie ging es weiter?

Ich wollte danach in einem evangelischen Krankenhaus eine Ausbildung zur Krankenschwester absolvieren. Mein Vater aber wollte, dass ich die Ausbildung in einem katholischen Krankenhaus durchlaufe.

Und wer hat sich durchgesetzt?

Ich, mit Unterstützung meiner Mutter. Ich habe am 01.10.1975 meine Ausbildung in Iserlohn begonnen, obwohl ich erst 17 Jahre alt war und die Zustimmung meiner Eltern brauchte.

Also hätte mein Vater auch gut diese Zustimmung verweigern können.

Was ist Ihnen heute wichtig, wenn Sie an die Zeit zurückdenken?

Ich habe es geschafft und bin meinen Weg gegangen. Ich wollte es besser machen, mein eigenes Geld verdienen.

Wenn Sie mal die heutige Zeit mit der von vor nahezu dreißig Jahren betrachten, was bleibt bei Ihnen besonders prägnant im Gedächtnis?

Naja, heute habe ich manchmal den Eindruck, dass viele mit Samthandschuhen angefasst werden.

Wie ist das zu verstehen?

Also, ich bin natürlich für einen fairen Umgang mit Mitarbeitern und Auszubildenden. Das schließt aber ein, nicht nur miteinander höflich umzugehen, was mir übrigens sehr wichtig ist.

Nein, wir müssen stets das Verhältnis von Fördern und Fordern im Blick haben und hier nicht zu schnell aufgeben. Einfach dranbleiben an den Menschen und ihren Problemen und ihnen aufzeigen, was es für sie bedeutet, wenn sie sich nicht anstrengen. Dass sie sich selbst ihre Zukunft verbauen.

Und, hatten Sie damit Erfolg?

Insgesamt schon. Aber es gibt natürlich auch Ausnahmen. Und wenn sich jemand nicht helfen lassen will, den Anforderungen nicht entsprechen will, dann sind uns auch die Hände gebunden, denn wir müssen die hohen Standards in der Pflege und Betreuung einhalten. Das heißt vor allem, alles für die eigene Qualifikation zu tun.

Wir helfen immer, da wo wir können. Aber wenn jemand partout nicht will, dann haben wir auch keine Chance, ihn zu fördern.

Was hat sich noch verändert?

Früher konnten Sie also mit dem sogenannten hanseatischen Handschlag Geschäfte machen. Heute müssen Sie zum Kunden ca.15 Seiten mitnehmen, die er unterschreibt, damit der Prozess bei der Krankenkasse überhaupt in Gang gesetzt werden kann.

Worauf sind Sie besonders stolz, wenn Sie die letzten 25 Jahre zurückblicken?

Dass ich geschäftlich überlebt habe. Bei der Zulassung sagten mir Mitarbeiter aus der Krankenkasse, dass es sich mit mir ohnehin nach einem halben Jahr erledigt hätte.

‚Totgesagte‘ leben eben länger, wie so schön heißt. Bei allem Frust, der natürlich manchmal entsteht, wenn man mit der Bürokratie zu kämpfen hat, was bleibt, das ist die Freude im Umgang mit den Menschen.

Wie erholen Sie sich von stressigen Ereignissen?

Indem ich am besten in Lingen mit Ursus, meinem Cocker Spaniel spazieren gehe.

Frau Lippert, vielen Dank.

Mehr lesen: https://uwemuellererzaehlt.de/ueber-menschen-erzaehlen/menschen-im-alltag-2021/

JEEPY (12)

JEEPI – ICH ERZÄHLE DIE GESCHICHTEN

JETZT SELBST

Fortsetzung.

Hallo Krümel,
ich sitze gerade in dem Autohaus, wo alles seinen Anfang genommen hat. Heute ist ja der Reifenwechsel. Ich bekomme jetzt sozusagen meine Sommerschuhe.

Gleichzeitig hat mein Fahrer darum gebeten, dass bei mir ein kleiner Gesundheitscheck durchgeführt wird. Er meinte, dass es besser sei zu schauen, ob bei mir noch alle Schrauben fest sind. Hallo, hast du das gehört? Der will wirklich wissen, ob bei mir vielleicht ne‘ Schraube locker ist.

Er meinte, ich solle mich beruhigen, weil es ja nur zu meinem Besten sei. Aber weißt du, was das bedeutet? Ich kriege überall Schutzfolien an. Über das Lenkrad, den Sitz, den Fußboden. Das ist, als würden sie dir ein Operationshemd verpassen.

Na ja und dann werde ich auch noch nach oben gehievt und muss dort eine Weile so verharren. Aber was soll ich machen? Immer wenn es besonders unangenehm wird, sagen die Leute meist, es sei nur zu deinem Besten.

Achte mal in deinem Leben drauf, und du wirst sehen, wie oft dir dieser Spruch begegnet. Und dann prüfe lieber, zu welchem Besten es wirklich ist, zu deinem oder doch eher zum Besten desjenigen, der dir das einzureden versucht.

Aber na gut, bei meinem Fahrer liegt das auf der Hand. Er will, dass ich fit bin, wenn wir zur Ostsee hochfahren. Er denkt da an dich und an deine Mutter, weil ihr ja zusätzlich bei mir mitfahrt.

Übrigens, kaum war mein Fahrer im Autohaus und hatte mich zum Check abgegeben, da ist er schon durch die Hallen gewandert und hat sich die anderen Autos angeschaut. Da steht zum Beispiel ein kleines Fiat-Mädchen mit einem himmelblauen Kleid an.

Die sieht richtig schick aus. Ich habe ihr ein paar Mal zugezwinkert. Aber die hat nur mit ihren kleinen Spiegeln gezuckt und sich gar nicht weiter um mich gekümmert. Vielmehr hat sie einem großen und starken Jeep schöne Augen gemacht.

Er heißt ‚Wrangler‘. Der hat dicke Muskeln, einen breiten Oberkörper und er steht ziemlich breitbeinig herum, der Angeber. Der Verkäufer wollte auch gleich mit meinem Fahrer einen Beratungstermin ausmachen, damit mein Fahrer mich umtauscht, gegen diesen Muskelprotz.

Aber der hat geantwortet: „Wir haben uns mit Jeepi angefreundet und das ist auch der Freund von meinem Krümel.“
Der Verkäufer hat nur stumm genickt und meinem Fahrer prüfend ins Gesicht geschaut, so als würde er wissen wollen, ob die Sekretärin vorne am Tresen ein Aufputschmittel in die Kaffeemaschine hineingetan hat. Endlich war es soweit.

Ich wurde von den ganzen Verkleidungen und Abdeckungen befreit und kam mit den neuen Sommerreifen herangerollt. Mein Fahrer war begeistert. Wir sind fröhlich pfeifend, ich meine hupend vom Werkstatthof gefahren und Richtung Heimat gedüst.

Unterwegs haben wir überlegt, ob wir noch schnell einen Abstecher zu dir rein, in die Kita machen. Aber dann hat mein Fahrer sich wieder für seinen doofen Schreibtisch entschieden.

Seitdem stehe ich hier im Carport und denke an dich. Am Sonntag kommen wir angebraust. Dann kommst du runter und kannst mir ja mal ‚Guten Tag‘ sagen. Ich würd‘ mich jedenfalls freuen.
Bis Sonntag, dein Jeepi

JEEPY (11)

JEEPI – ICH ERZÄHLE DIE GESCHICHTEN

JETZT SELBST

Fortsetzung.

Hallo Krümel, hier ist wieder Jeepi, wie jeden Freitag. Weißt du was? Ich kriege heute neue Schuhe, die für den Sommer. Ich meine natürlich Räder, du verstehst schon.

Mein Fahrer, der hat mich vor zwei Tagen extra zum Waschen und Fönen geschleift, obwohl es geregnet hat. Ich bin halb trocken wieder aus der Waschanlage hinausgedrängelt worden. Da kennt mein Fahrer nichts.

Er sagt zwar, dass er mich sehr gern hat, aber überleg‘ doch mal selbst: Würdest du, den du gern hast, mit nassen Haaren in den Regen schicken und sagen, dass der Rest vom Wind getrocknet wird? Wohl eher nicht. Siehst du!

Aber mein Fahrer, dein Opa, der macht so etwas. Ich bin ihm aber nicht wirklich böse. Wir sind ja in dem dreiviertel Jahr gute Freunde geworden. Überleg mal: Als du acht Monate alt geworden bist, da hat dein Opa, mein jetziger Fahrer, mich gekauft.

Und nun bin ich schon acht Monate mit meinem Fahrer zusammen. Also genau die Hälfte deiner Lebenszeit kennen wir uns nun auch schon. Und darüber bin ich richtig froh.

Wenn ich nur mit meinem Fahrer zusammen auf Tour gehen würde, das wäre nichts für mich. Schau mal, was wir schon gemeinsam erlebt haben. Du bist mit mir gleich am Anfang nach Rügen an die Ostsee gestartet. Dort habt ihr mit euren Füßen nach dem Strand fast meinen ganzen Fußboden versandet.

Wir waren Weihnachten in Sassnitz. Da bist du fröhlich in der Ferienwohnung umhergelaufen und ich musste draußen frieren. Und dann, du erinnerst dich bestimmt, sind wir zu deiner Oma gefahren und wir haben sie in der Reha-Klinik besucht.

Auf der Hinfahrt hast dich zweimal übergeben, weil dein Kreislauf noch nicht die vielen Kurven verkraftet hat. Na, mein Fahrer hätte auch mal einen Gang runterschalten können.

Ich freu‘ mich schon auf Ostern, wenn wir wieder gemeinsam nach Rügen fahren. Und du wirst wahrscheinlich auf der großen Fahrt einschlafen, aber hoffentlich dein Opa nicht. Aber du, du darfst das.

Außerdem spüre ich dadurch, dass du dich bei mir wohl und sicher fühlst.

Mein Fahrer sagt manchmal zu mir: „Dicke Autos fahren, das kann jeder. Aber eine Freundschaft pflegen, wie zwischen uns allen eben, das geht nur mit Jeepi.“

Bis bald Krümel. Heute Abend erzähle ich dir, wie es beim Schuh…, äh, ich meine Reifenwechsel gelaufen ist. Bis dahin wünsche ich dir einen schönen Tag in der Kita.
Dein Jeepi.

JEEPY (10)

JEEPI –  ICH ERZÄHLE DIE GESCHICHTEN

JETZT SELBST

Fortsetzung.

Hallo Krümel, wir haben lange nichts voneinander gehört. Hier ist Jeepi, dein bester Freund, nach meinem Fahrer und deinem Opa natürlich.

Ich wollte ja schon längst, dass dir mein Fahrer mal schreibt. Aber nein, der hampelt wieder mit seinen Texten herum und jammert, dass er nichts fertig bekommt.

Am Donnerstag, da konnte er mittags nicht mehr denken. Hat er jedenfalls laut gesagt und hat sich darum vorgenommen, den Carport auszufegen. Das will er schon seit Wochen machen.

Naja, du weißt ja, der braucht immer ein bisschen. Also am Donnerstag hat er mich erst einmal aus dem Carport geschubst, weil er ja sonst nicht fegen konnte. Ich musste in der Zwischenzeit in so einer kleinen Parkbucht stehen. Nur mit zwei Rädern. Mein Fahrer war zu faul, alle meine vier Räder vernünftig zu parken.

„Ist doch nur für eine halbe Stunde“, meinte er zu mir. Ne, klar. Was meinst du, wenn ich ihm sagen würde, er soll mal für eine halbe Stunde auf einem Bein stehen und das andere baumeln lassen.

Kaum hatte mein Fahrer angefangen zu fegen, da kam auch schon die Nachbarin und fing an, ihr Blumenbeet zu haken.
„Ach, auch mal bewegen“, fragte sie ihn. Mein Fahrer war innerlich leicht genervt.
„Auch mal bewegen?“, fragt die ihn. Ja, was glaubte sie denn? Dass mein Fahrer sonst am Schreibtisch angekettet ist? Also da musste ich ihm ja nun mal Recht geben.

„Ich fege hier nur, damit Sie mir gleich noch ein paar gute Ratschläge für die Bewegung geben können“, antwortete er. Das hätte er sich ja nun auch verkneifen können.

„Ja, wissen Sie, Bewegung ist so wichtig!“, sagte sie daraufhin zu ihm, ohne auf seine spöttische Art einzugehen. Sie war bis vor kurzem noch Geschäftsführerin beim Deutschen Roten Kreuz. Und sie dachte wahrscheinlich, dass der Dicke gut ein paar Ratschläge von ihr gebrauchen könnte.

Mein Fahrer findet sie ja nett und ist froh, dass er so eine angenehme, eigentlich unaufdringliche Nachbarin hatte.

Aber nun gingen mit ihm mal wieder die Pferde durch und er sagte: „Wenn das so gut ist, das mit der Bewegung, warum sehe ich Sie denn so wenig Sport treiben?“

Für einen kurzen Moment, war mein Fahrer bereit, in Deckung zu gehen, weil sich ihr Arm, mit der kleinen Unkrautschaufel in der Hand, gefährlich in seine Richtung bewegte.

„Ich tue sehr viel für die Gesundheit“, sagte sie mit etwas höherer Stimme. Sie spitzte den Mund etwas mehr dazu.

„Prima, dann sind Sie ja unsere Favoritin beim nächsten Dorfsportfest“, sagte mein Fahrer trocken. Jetzt musste sie auch ein wenig lächeln, weil sie wusste, dass mein Fahrer gerne scherzte.

Ach Krümel, du musst hier mal wieder herkommen. Mein Fahrer und ich, wir holen dich auch von Zuhause ab. Und dann habt ihr zusammen Spaß beim Fegen, und ich schau‘ euch zu.
Bis bald mal.
Dein Jeepi.

PFLEGEDIENST GEHRMANN – ZWEIEINHALB JAHRZEHNTE AN DER SEITE SEINER KLIENTEN

MENSCHEN IN DER PFLEGE (8)

Der Pflegedienst Gehrmann geht in das 25. Jahr seines Bestehens. Das ist umso beachtlicher, wenn man den guten Ruf mit in Betracht zieht, den die Einrichtung in und um Brandenburg von Anfang an genießt.

Ich schreibe über den Pflegedienst und seine angeschlossenen Tagespflegen seit über fünf Jahren. Klar ist, man bleibt ein Außenstehender, einer, der beobachtet, der nach dem gesprochenen und geschriebenen Wort geht.

Ich kann deshalb nicht sagen, dass ich den Pflegedienst Gehrmann exzellent kenne. Nein, das ist nicht der Fall. Aber ich habe mich unzählige Male damit beschäftigt, was der Pflegedienst auf seiner Homepage sagt, was ich im Interview gehört habe.

Als jemand, der selbst seit drei Jahrzehnten mit Menschen im Dienstleistungssektor zu tun hat, entwickelst du ein untrügliches Gespür dafür, wer sich in den Vordergrund schieben will und wer einfach seine Arbeit macht, dafür lieber auf das Wohl seiner Klienten achtet.

Das Team vom Pflegedienst Gehrmann macht auf mich bis heute einen eher zurückhaltenden, ja bescheidenen Eindruck.

Manchmal denke ich darüber nach, in wessen Hände ich mich begeben würde, müsste ich zum Beispiel einen Pflegedienst beanspruchen. Beim Pflegedienst Gehrmann GbR hätte ich da ein gutes Gefühl, naja, eigentlich ein sehr gutes.

Sommer 1994 – der Beginn einer Erfolgsgeschichte, unaufgeregt aber stetig
Der Pflegedienst wurde am 01. Juli 1994 als Sozialstation eröffnet und ist seitdem in Brandenburg, genauer in Oranienburg und Umgebung tätig.

„Unsere Schwerpunkte in der Dienstleistung sind die ambulante Pflege, die Hauskrankenpflege, die Tagespflege und die hauswirtschaftliche Versorgung“, so Antje Gehrmann.

Besonders stolz ist das gesamte Team auf die beiden Tagespflegen – „Süd“ und „Kolibri“. Die ältere von beiden ist die Tagespflege „Süd“. 2017 kam die Tagespflege „Kolibri“ hinzu.

Plätze sind für jeweils 28 Gäste in den Einrichtungen vorhanden. Krankenschwestern, Altenpflegerinnen, eine Heilpädagogin und eine Physiotherapeutin sind für die Pflege- und Hilfsbedürftigen da, kümmern sich um deren Wohl und bereiten ihnen im Alltag gemeinsam schöne Stunden.

Die Details können vom interessierten Leser auf der Blogseite  nachgeschlagen werden.

https://uwemuellererzaehlt.de/2017/10/14/pflegedienst-gehrmann-stellt-sich-vor/

Antje Gehrmann, stille Macherin mit Herz
Antje Gehrmann zieht die Fäden im Hintergrund, ist Mitglied der Geschäftsleitung, kennt die Sorgen der Pflege – und Hilfsbedürftigen und deren Angehörigen sehr gut und ist vor allem eines: ein Mensch, dem man wirklich vertrauen kann.

Wer sieht, wie Antje Gehrmann heute in der Geschäftsleitung agiert, der käme nicht auf den Gedanken, dass sie jemals etwas Anderes in ihrem Leben getan hätte.

Dabei hat sie einmal in einem ganz anderen Bereich ihren beruflichen Weg begonnen. Ihr Großvater zeigte ihr von klein auf, wie man mit Bienen umgeht. Das war ihre große Leidenschaft, sie hat es quasi von der Wiege an mitbekommen.

Ihr Großvater vererbte Antje Gehrmann ein ganzes Bienenhaus, ca. 30 Bienenvölker. Sie kamen leider fast alle um, bei einer schweren Bombendetonation im Jahr 1992 und der daraufhin ausgelösten Druckwelle.

Auf den ersten Blick wird nicht gleich sichtbar, welche Gleichnisse es gibt, zwischen ihrer Liebe zur Bienenzucht und ihrem heutigen Beruf. Das erfährt man, wenn man sich näher mit dem Menschen Antje Gehrmann beschäftigt.

Sich mit Bienenzucht zu befassen erfordert viel Leidenschaft, Sensibilität, große Ausdauer und ein solides fachliches Wissen. Antje Gehrmann verfügt über genau diese Eigenschaften und deshalb war es ganz und gar nicht umsonst, dass sie mal so begonnen hat.

Später hat sie sogar ein Studium im Fach Agraringenieurswesen für Bienenwirtschaft angefangen. Die Schule wurde nach der Wende aufgelöst und Antje Gehrmann kehrte zurück Oranienburg.

Was seit 1994 für Antje Gehrmann mehr und mehr zur Berufung wurde – das ist die Pflege und Betreuung von pflege- und hilfsbedürftigen Menschen.

Ihre Mutter, Christine Gehrmann, gründete nämlich im Juli 1994 einen eigenen Pflegedienst.

Hier war Antje Gehrmann von Anfang an mit tätig, half ihrer Mutter und dem gesamten Team den Pflegedienst zu profilieren, lernte dabei selbst ständig hinzu, wuchs quasi in die Pflege hinein.

1999 wurde aus „Schwester Christine“ der „Pflegedienst Gehrmann GbR“, indem Antje Gehrmann seitdem in der Geschäftsleitung mitwirkt.

Wie es weiterging was Antje Gehrmann wichtig an Erfahrungen noch heute wichtig ist, das kann man am besten in ihrem Interview auf dem Blog nachlesen.

Mehr:

https://uwemuellererzaehlt.de/2017/06/03/antje-gehrmann-im-interview/

ANNA IST DEMENT (30)

DIE BREMER KOMMEN

Fortsetzung

„Wer war denn dran, am Telefon?“, setzte Peter erneut an.
„Ach weißt du, das waren nur die Bremer. Sie wollen mich gleich besuchen.“

„Und freust du dich?“, hakte Peter nach.
„Nö“, sagte Anna wieder leicht gereizt. Anna erzählte Klara abends davon, wie sehr sie unter dem Alleinsein litt. Und nun kam jemand. Das war ihr auch nicht recht.

Doch das waren die Gedanken eines gesunden Menschen. Anna fühlte sich einsam, konnte aber auch nicht mehr damit umgehen, dass ihre Tagesstruktur durchbrochen wurde – essen, spritzen, essen, schlafen, spritzen, fernsehen, telefonieren. Das klingt gleichförmig. War es auch. Aber für Anna war jeder Teil für sich eine Herausforderung.

„Hast du denn schon ein zweites Frühstück gemacht?“ Peter musste das unbedingt fragen. Deshalb rief er überhaupt an, denn er teilte das anschließend Klara mit. Es ging um die Zuckerwerte von Anna, die stabil gehalten werden sollten. Waren irgendwelche Auffälligkeiten, dann informierte Klara anschließend Lukas und der machte sich auf den Weg zu Anna.

Das Netz der Betreuung war dicht geflochten und es wurde zunehmend enger.
„Ja, hab‘ ich.“
„Was hast du denn gegessen?“
„Weiß ich nicht mehr.“
Peter schwieg, machte eine Pause. Das war manchmal besser, für beide Seiten.
„Was gibt es denn zu Mittag bei dir?“, fragte er jetzt.
„Weiß ich nicht, muss ich gucken.“ Aus Anna war nichts herauszubekommen.
„Und weißt du denn, wie lange die Bremer bleiben?“
„Das ist mir scheißegal! Das interessiert mich überhaupt nicht.“

Anna mochte die Bremer, sie hatte sich immer für sie interessiert. Aber nun war es scheißegal. Was treibt einen Menschen an, wenn ihm alles egal ist? Das fragte sich Peter.

Es war wieder die falsche Frage, auch wenn er sie sich nur im Stillen gestellt hatte. Ihm war es nicht egal, und er war gesund, geistig, noch jedenfalls. Anna hatte mit ihrer Demenz zu kämpfen.

Peter musste sich beim nächsten Mal wieder an Annas Gemütsbewegungen gewöhnen und sie mit einer kleinen Geschichte von Krümel aufheitern. Dann lachte Anna, meistens.

ANNA IST DEMENT (29)

DIE BREMER KOMMEN

Anna hat schon wieder das Telefonat mit den Bremern vergessenen, obwohl sie gerade erst mit ihnen gesprochen hat.

Das Telefon war besetzt. Peter versuchte es nach fünf Minuten noch einmal. Jetzt hatte er sich gerade durchgerungen und nun ging Anna nicht ran, weil sie wahrscheinlich selber telefonierte.

Vielleicht rief sie ja wieder seine Eltern im Dresdner Pflegeheim an. Das hat sie Jahrzehnte nicht getan, doch nun tat sie es und verneinte das vehement, wenn Klara sie danach fragte.

Peter wusste es von Klara und die wiederum von Peters Vater. Er sprach mit ihm kaum. Das übernahm Klara. Sie war diplomatischer und keiner musste nach einem belanglos beginnenden Telefonat den diplomatischen Abbruch fürchten.

Aber das mit Peters Eltern, das war eine Story für sich. Bei Anna lagen die Dinge anders. Peter hatte Klara versprochen, sich täglich am Vormittag für ein paar Minuten um Anna zu kümmern.

Die Gespräche verliefen ziemlich gleich und wiederholten sich, manchmal Wort für Wort.

Zum Beispiel, dass die gegenüberliegende Häuserwand so scheußlich feucht aussah. Heute nun lief das Telefonat nicht in seinen gewohnten Bahnen. Als Peter sie zum zweiten Mal anrief, da ging Anna ran.

„Hast du gerade telefoniert?“, fragte Peter.
„Nein. Wie kommst du darauf?“

Peter musste schlucken, weil es ihm schwerfiel, einfach zu glauben, dass Anna nicht mehr wusste, dass sie gerade mit jemanden gesprochen hatte.

„Ich komme darauf, weil dein Telefon besetzt war. Also musst du zwangsläufig mit jemandem kommuniziert haben.“

„Was hab‘ ich gemacht?“ Annas Stimme klang leicht gereizt.
Das war immer so, wenn sie etwas nicht verstand. Dann war natürlich der andere daran schuld.

In diesem Fall Peter. Er gab Anna im Stillen Recht. Musste er dieses hochtrabende Wort ‚kommunizieren‘ nehmen?

Bei jeder Autorenschulung würde man dafür sofort eins auf den Deckel bekommen, weil es ja schlichter formuliert werden könnte, so wie ‚sprechen‘, ‚mit jemandem unterhalten‘, ‚mit jemanden telefonieren.“

Warum also gerade kommunizieren? Peter wusste es nicht. Gerade er, der ein Gegner von schwülstigen Ausdrücken war, die oft intellektuelles Getue zum Ausdruck brachten und in Wirklichkeit Worthülsen waren, mit denen man den anderen beeindrucken wollte. Das ging im Gespräch mit Demenzkranken nun schon gar nicht.

DIE SENIORENHILFE GOTHA WÄCHST MIT IHREN AUFGABEN

Die Nachfrage nach Pflege- und Betreuungsleistungen ist groß, und das ungebrochen, ja, sie wächst sogar noch weiter.

Irgendwie auch ein Luxusproblem für Pflegedienste, denn sie müssen sich ihre Kunden nicht suchen. Die Kunden suchen sie.

Und trotzdem ist es mehr als nur eine komfortable Situation.

Es fehlen qualifizierte Pflegekräfte auf dem Markt, der bürokratische Aufwand wird auch nicht kleiner, im Gegenteil.

In dieser Situation wollen pflegende Angehörige, Pflege- und Hilfsbedürftige selbst trotzdem nicht irgendeinen Pflegedienst finden. Nein. Sie wollen den finden, der individuell genug ist, um auf die Wünsche und Bedürfnisse seiner Klienten einzugehen.

Die Seniorenhilfe Gotha gehört zu diesen Einrichtungen. Und das über die Jahre mit einem erwiesenermaßen guten Ruf.

Kathrin Dölle – eine Unternehmerpersönlichkeit, die zu kennen es sich lohnt

Es geht heute viel um Pflege- und Betreuungsleistungen, um Angebote, Preise und Förderungen durch die Kranken- und Pflegekassen.

Eines jedoch bleibt: Wenn der Mensch im Mittelpunkt stehen soll, also nicht nur in den wohlgesetzten Worten der Homepage, dann muss man sich unbedingt diejenigen anschauen, die von anderen sagen, sie würden deren Schicksal in den Mittelpunkt ihres Handelns stellen.

Und schnell wird klar, dass der Kreis derer schrumpft, wenn man diesen Maßstab anlegt. Ich habe schon viel über Pflegedienste geschrieben, darüber, was sie ausmacht.

Ich kann das nicht alles nachprüfen, was mir Inhaber und Pflegedienstleitungen oder Mitarbeiter erzählen.

Ich habe aber ein untrügliches Gespür dafür entwickelt, wer authentisch spricht, sagt, was ist. Und nicht, was er meint, was nach seiner Meinung sein sollte.

Kathrin Dölle gehört zweifellos zu diesen Menschen, Unternehmerpersönlichkeiten, die nicht schwadronieren, sondern mit der täglichen Pflege- und Betreuungspraxis verwachsen sind.

Mehr: https://uwemuellererzaehlt.de/2017/12/28/portraet-kathrin-doelle/

Wenn sich Pflegekräfte auf die Suche nach neuen Herausforderungen begeben, einen neuen Pflegedienst ausprobieren wollen, so schauen sie naturgemäß auf die Dinge, die sie sehen und hören oder lesen können.

Wie ist der Ruf der Einrichtung? Sind die Mitarbeiter, die dort arbeiten zufrieden? Gibt es eine faire und angemessene Bezahlung?

Das alles sind wichtige Fragen. Noch wichtiger ist es zu schauen, ob man längerfristig eine neue Heimat findet, die Atmosphäre dergestalt ist, dass die Arbeit auch ein Stück Lebensqualität ausmacht.

Gewiss: Es ist schwer, das herauszubekommen, und zwar so, dass es eben verlässliche Aussagen gibt. Eine Möglichkeit besteht darin, etwas über den Kopf der Pflegeeinrichtung zu erfahren.

In Fall der Senioreneinrichtung Gotha zum Beispiel über Kathrin Dölle.

Der Lebensweg, die Einsichten, zu denen man gelangt, das sagt schon etwas aus über den Menschen, mit dem man es später zu tun haben wird.

Deshalb empfehle ich hier, das Porträt und das Interview zu lesen:

https://uwemuellererzaehlt.de/2017/06/23/kathrin-doelle-im-interview/

Leistungsangebote der Seniorenhilfe

Die Seniorenhilfe bietet ihre Hilfe und Unterstützung in folgenden Bereichen der Pflege und Betreuung an – in der Pflegeversicherung, der privaten Pflege, der hauswirtschaftlichen Versorgung und der Betreuungsleistungen als Einzelleistung in der häuslichen Umgebung.

Wer sich als Leser einen ersten Überblick darüber verschaffen will, der sollte auf die Homepage der Seniorenhilfe gehen.

Vorab kann er  sich über eine zusammenfassende Darstellung auf dem Blog informieren:  https://uwemuellererzaehlt.de/2017/12/28/leistungsbeschreibung-seniorenhilfe-gotha/

Detaillierte Aussagen, tiefergehende Informationen erhält der Leser dann, wenn er sich direkt an die Seniorenhilfe wendet.

„Ein persönliches Beratungs- oder Informationsgespräch kann durch nichts ersetzt werden.

Hier kommen zwei wichtige Faktoren zusammen: die Sach- und Fachkompetenz und das Verständnis, für denjenigen, der Hilfe sucht“, sagt Kathrin Dölle in diesem Zusammenhang.

Ein Team, das den Namen  verdient

Drei Aspekte fallen mir als Autor ein, wenn ich die Seniorenhilfe Gotha herausheben wollte:

Erstens: Die Tatsache, dass es nicht nur junge Pflegefachkräfte gibt, sondern auch ältere, manche sogar, die kurz vor der Rente stehen oder bereits darüber hinaus sind.

Zweitens: Es gibt nicht nur ein Nebeneinander von ‚jung‘ und ‚alt‘. Nein, es gibt vor allem ein Miteinander. Und diese Art des Umgangs macht es aus, dass man von Lebensqualität spricht,  wenn es um die Atmosphäre, die gegenseitige Unterstützung, das Arbeiten selbst geht.

Drittens: In der Seniorenhilfe Gotha bekommen Seiteneinsteiger eine Chance, können sich entwickeln, lernen und erhalten die gleiche Wertschätzung wie jedes andere Teammitglied auch.

Mehr: https://uwemuellererzaehlt.de/2017/12/28/stellenanzeige-seniorenhilfe-gotha/

Kontakt:
Kathrin Dölle – Seniorenhilfe Ambulanter Pflegedienst
Lutherstraße 8,
99867 Gotha
Telefon: 03621 / 21 96 40
Telefax: 03621 / 21 96 39
E-Mail: info@seniorenhilfe-gotha.de

Mehr lesen:

https://uwemuellererzaehlt.de/2022/01/02/menschen-im-alltag-2017-2021/

FIRMENPORTRÄTS

 

 

 

 

 

 

 

 

 

JEEPY (9)

JEEPI – ICH ERZÄHLE DIE GESCHICHTEN

JETZT SELBST

Fortsetzung.

Hallo Krümel, ich stehe hier unter dem Carport und keiner denkt an mich.
„Mir ist langweilig“, hat deine Mama in solchen Fällen zu meinem Fahrer gesagt. Der lässt sich gar nicht blicken. Er arbeitet, angeblich. Dabei stöhnt er schon den ganzen Tag rum, weil er die Zimmer saubermachen will. Seine Frau, also deine Oma, ist ja zur Kur.

Und da hat er vorige Woche einfach mal das Saubermachen ausfallen lassen. Aber jetzt sieht er überall die kleinen Fussel. Die Tage zuvor hat er sie einfach aufgehoben und in die Hosentasche gesteckt. Doch nun ist es einfach zu viel für ihn.

Also hat er den Staubsauger herausgeholt und angefangen zu saugen. Danach ist er gleich vor Erschöpfung in den Sessel gesunken, und keiner war da, der ihn bemitleidet hat. Nun kommt der Knaller. Mein Fahrer hat freiwillig noch die Treppen gewischt. Das macht er sonst nie, sondern überlässt es deiner Oma.

Er hat ihr gleich ein Foto geschickt. Da war er mit dem Eimer und dem Wischlappen drauf zu sehen. „Schnau…. voll“, stand in der Bildunterschrift.

Das sagt man eigentlich nicht, lieber Krümel, deshalb schreibe ich das Wort auch gar nicht erst aus, was mein Fahrer hier gesagt hat. Später rief deine Oma an und mein Fahrer wollte ihr stolz berichten, was er alles getan hatte.

Und was war die Reaktion?
„Du hast doch nicht etwa die Treppen feucht abgewischt?“, fragte sie ihn. Mein Fahrer war sauer.
„Wie denn sonst?“
„Naja, ich wische sie immer trocken ab“, sagte sie.
„Das ist jetzt egal, ich habe sie jedenfalls feucht abgewischt.“

Mein Fahrer war enttäuscht. Er dachte nämlich, er bekäme ein dickes Lob von deiner Oma. Dabei hatte er ihr noch gar nicht erzählt, wie lange er gebraucht hatte, um zu verstehen, wie der Wischlappen aufgezogen wird.

In den Wischeimer hatte er einfach Spülmittel und Fettlöser aus der Küche genommen. Er hatte die richtigen Reinigungsmittel nicht gefunden. Die standen so in der Ecke, dass man hätte alles ausräumen müssen. Mein Fahrer hat es versucht. Aber da flogen ihm gleich die ersten Sachen entgegen.

„Wir gehen heute ein Eis essen“, sagte deine Oma zu ihm am Telefon.
„Eis essen, während der Kur?“, fragte mein Fahrer.
„Ja, denn heute ist ja Frauentag.“
„Ach du Sch….“, stöhnte mein Fahrer auf. Jetzt muss ich schon wieder Punkte machen, Krümel. Dein Opa hat sich nicht im Griff. Er ärgerte sich einfach, dass er den Feiertag vergessen hatte.

Wie konnte er das wieder gutmachen? Er wusste das nicht.
„Bist du für Morgen gut vorbereitet, für deine Lesung zum Frauentag?“, fragte deine Oma nun versöhnlich.
„Ja, wie gut, dass wissen wir erst nach der Lesung.“
„Ich drück‘ die Daumen“, sagte Oma.

Mein Fahrer bedankte sich. Er würde am Sonntag einen Blumenstrauß mit in die Reha-Klinik nehmen. Ach Krümel, ich freue mich auf Morgen, denn da fahren wir endlich wieder ein Stück. Nach Altlandsberg. Da gibt es einen Verein, der heißt „Helfen hilft“. Mein Fahrer findet den klasse.

Dort arbeiten Menschen, die nicht viel fragen, sondern anderen Menschen helfen, mit Lebensmitteln, Sachen zum Anziehen und noch vielen anderen Dingen.

Deshalb gibt sich mein Fahrer sicher Mühe, denn er will ebenfalls für diesen Verein etwas tun, mit seiner Kraft und seinen Möglichkeiten eben. Morgen, da ist dort eine kleine Feier, zum Frauentag, und mein Fahrer liest ein paar kleinere Geschichten vor.

Ich warte natürlich draußen. Ich bin zwar nur ein kleiner Jeep, aber die Treppen komme ich ja trotzdem nicht hoch. Aber ich krieg schon raus, wie es war. So lieber Krümel, davon erzähle ich dir das nächste Mal.
Dein Freund Jeepi.

JEEPYS FAHRER WEISS MAL WIEDER ALLES BESSER, DENKT ER JEDENFALLS

2019.03.07

Hallo Krümel, hier ist Jeepy. Jetzt ist die Woche schon fast wieder rum und ich hoffe, dir geht es gut im Kindergarten und Zuhause, bei Mama.

Naja, einmal hat mein Fahrer dich ja gesehen, über Skype. Da hast du den Computer umarmt, weil du dachtest, dahinter ist dein Opa, also mein Fahrer, versteckt.

Das hat meinen Fahrer sehr amüsiert und er hat danach richtig viel Schwung bei der Arbeit gehabt.

Aber ich wollte dir doch noch zu Ende erzählen, wie es in der letzten Woche weiterging, nachdem wir zurück in den Prenzlauer Berg mussten.

Erinnerst du dich? Mein Fahrer wollte dort die Tastatur austauschen, weil sie ja nicht funktionstüchtig war. Mein Fahrer ließ mich in der Tiefgarage zurück und eilte in das Einkaufscenter.

„Ich möchte diese Tastatur umtauschen. Die funktioniert nicht“, sagte mein Fahrer zu dem Verkäufer.

„Sie haben mich doch auch vor zwei Stunden beraten, richtig?“, hakte er noch nach.

„Hm“, brummte der und verzog sein Gesicht, als hätte er gerade in eine Zitrone gebissen.

„Was haben Sie denn mit der Tastatur angestellt, die ist doch ganz einfach zu bedienen?“, fragte der Verkäufer jetzt meinen Fahrer.

Der pumpte sich gerade hoch. Also sendete ich aus der Tiefgarage meine Signale: „Bleib ruhig, denk an deinen Blutdruck, es geht hier nur um eine Tastatur und nicht um etwas Existenzielles.“

Aber der hörte das zwar, ignorierte das jedoch komplett.
„Ich bin jetzt richtig neugierig, was sie mit der Tastatur anstellen, um mir zu zeigen, was für ein Fachmann Sie sind“, sagte mein Fahrer.

„Ach, das haben wir gleich. Geben Sie mal her“, antwortete der Verkäufer leicht gereizt.

Mein Fahrer reichte das Paket mit der Tastatur rüber und wartete gespannt, wie es nun weiterging.

„Bedienungsanleitung?“, fragte der Verkäufer.
„Drinnen“, antwortete mein Fahrer ebenso knapp.
„Brauchen Sie aber gar nicht zu schauen.“

„Warum nicht?“
„Weil kein Deutsch draufsteht.“
„Gibt es auch in Deutsch“, sagte der Verkäufer.
„Gibt es nicht.“
„Doch.“
„Nein.“

„Wollen wir wetten, dass kein Deutsch draufsteht?“, fragte mein Fahrer.
„Wenn die Anleitung auch in Deutsch ist, dann nehme ich die Tastatur ungesehen wieder mit, egal, ob sie geht oder eben auch nicht.“

„Gut“, sagte der Verkäufer. Er machte den Karton auf, holte die Anleitung raus und zeigte mit dem Finger auf die rechte Seite des Blattes.

Dort standen tatsächlich ein paar deutsche Sätze.
„Das gibt’s doch nicht.“ Mein Fahrer war verblüfft. Der Verkäufer schmunzelte.

„Sie müssen hier auf die Taste ‚Fn‘ gehen und oben auf die Taste eins. Dann halten Sie das Ganze drei Sekunden gedrückt und schon gibt es eine Verbindung.“

„Können Sie mir das vorführen?“
„Kann ich.“

In wenigen Handgriffen brachte der Verkäufer die Tastatur zum Laufen und schrieb munter darauf herum. Mein Fahrer muss so blöd geschaut haben, dass der Verkäufer anfing zu lachen.

Dann lachten sie beide.
„Soll ich die Tastatur in den Karton zurückschieben, das geht immer so verdammt schwer“, fragte der Verkäufer meinen Fahrer.

„Nein, lassen Sie mal. Die nehme ich jetzt gleich so mit.“
Mein Fahrer bedankte sich noch einmal und verließ leichten Schrittes den Media- Markt.

Für ihn war klar, selbst wenn die Tastatur Zuhause nicht funktionierte, noch einmal zurück würde er nicht in den Laden zurückfahren.

Die Straßen waren jetzt verstopft. In Berlin hatte der Feierabendverkehr eingesetzt. Nach zwei Stunden ‚stop and go‘ hatten wir es geschafft.

Ich stand wieder im Carport. Wenig später hörte ich von oben einen Jubelschrei. Die Tastatur funktionierte.

Bis zum nächsten Abenteuer mit deinem Fahrer und mir, lieber Krümel, sage ich Tschüss,
Dein Jeepy.

Mehr lesen:

https://uwemuellererzaehlt.de/jeepy/

JEEPY – ICH ERZÄHLE DIE GESICHICHTEN JETZT SELBST (2)

2019.03.01

Fortsetzung.

Mein Fahrer packte die Tastatur aus, besser, er musste sich beherrschen, um die Packung drum herum nicht einfach aufzureißen.

Es kamen die Tastatur zum Vorschein, die Maus und die Batterien. Daneben lag ein Zettel, eng beschrieben – in Russisch, Englisch, Spanisch. Nur Deutsch, das war nirgendwo zu sehen.

Also probierte er es so aus, die Tastatur anzuschließen. Schließlich hatte er es ja oft genug auf diesem Weg hinbekommen. Zuerst versuchte er es mit dem Computer.

Das war am einfachsten, nämlich auf ‚Einstellungen‘ gehen, ‚Gerät hinzufügen‘ anklicken und warten.
„Versuchen Sie es noch einmal, stand in gelben Buchstaben plötzlich im Display ‚Einstellungen‘. Noch einmal probieren? Mein Fahrer probierte es fünfmal, nein, zehnmal. Dann kribbelte es in seinen Händen, einfach mal so auf die Tastatur zu hauen.

Ich nahm meine ganze Energie als Jeepi zusammen und sandte aus dem Carport Signale zu ihm nach oben, ins Arbeitszimmer, wo ein Krieg auszubrechen drohte.
„Tu‘ es nicht, überlege, woran es liegen kann. Sie klug und beherrscht.“
„Ich will nicht klug und sensibel sein, ich will mich nicht beherrschen. Nein, ich will auf die Tastatur hauen, einfach so.“

Es hatte keinen Sinnen, mit meinem Fahrer zu reden.
Schließlich kriegte er sich wieder ein. Vielleicht lag es ja an den Batterien. Er fummelte den Deckel hinten vom Fach ab, in den die Batterien hineingeschoben werden. Normalerweis kann man sie ganz einfach herausnehmen.

Aber nicht bei meinem Fahrer. Der kramte seinen Brieföffner heraus und fummelte, kratzte an den Batterien herum, bis sie herauskamen. Sie flogen raus, polterten auf den Schreibtisch, kullerten herunter. Wohin?

Natürlich in die Ecke, in die sich mein Fahrer bücken musste. Also schob er sich erst einmal im Sessel nach vorn und versuchte mit den Füssen an die Batterien zu gelangen. Schaffte er das, was meinst du Krümel?

Ja, er schaffte es. Aber dann, als er sie hatte und mit dem Fuß vorsichtig zu sich ziehen wollte, da sprangen sie wieder davon, kullerten noch weiter weg.

Fluchend erhob sich mein Fahrer nun aus dem Sessel, bückte sich und tastete sich unter dem Schreibtisch zu den Batterien heran.
Links sah er seit langem mal wieder die Fächer von dem beigestellten Regal. Es war schwarz, nur die Bretter nicht. Sie waren grau, beschichtet mit dickem Staub.

‚Soll ich noch mal unten hervorkriechen und dann einen feuchten Lappen holen? Nein, der Staub ist gut, der dämpft den Lärm‘, dachte er sich.

Welchen Lärm, frage ich dich Krümel? Wenn er seine Texte laut vorliest oder telefoniert und dem anderen in die Hörermuschel brüllt, dass der auch noch etwas hört, wenn das Telefon nicht an seinem Ohr ist?

Mein Fahrer ächzte wieder unter dem Schreibtisch hervor, wischte sich die Hände an den Hosen ab, sodass der Staub schön verteilt wurde.  Was er nicht bedachte, lieber Krümel, dass er die Sachen selbst waschen musste, weil Klara ja zur Reha war.

Aber das scherte ihn im Moment gar nicht. Nun ging er im Flur zu der Kiste, in der immer die neuen Batterien aufbewahrt wurden.
Er kramte in den Sachen, suchte zwischen den Pappschachteln mit Glühlampen, Staubtüchern und unnützen Dingen, die keiner wegwarf.

Von den Batterien keine Spur.
„Wo hat Klara verdammt noch mal die Batterien hingelegt?“, schimpfte mein Fahrer vor sich hin.

Sie lagen im Wohnzimmer, auf der Kommode.
„Was haben die hier zu suchen?“, fragte er in den leeren Raum. Keiner antwortete ihm. Es war ja auch keiner da. Ich hörte ihn zwar, aber ich stand ja offiziell im Carport, bin sein Auto, kann nicht sprechen, nicht hören, und ich kann nicht der Seelentröster sein, im richtigen Leben jedenfalls nicht.

Mein Fahrer stapfte die Treppe hoch und legte die neuen Batterien ins Fach. Dann probierte er es wieder. Keine Chance.

„Versuchen Sie es erneut“, leuchtete in den Einstellungen des Computers auf. Mein Fahrer hatte die Nase voll. Er holte sich den Pappkarton heran und versuchte, die Tastatur dorthinein zu bugsieren.

Es war ein Grauen. Mal klemmte es an der einen Seite, dann wieder wusste er nicht, wie er das Ganze richtig falten sollte. Schließlich hatte er es geschafft. Die Tastatur war verpackt. Der Karton leicht eingedrückt, aber sonst ganz passabel anzusehen.

Zufrieden räumte mein Fahrer den Schreibtisch auf. Dann ein gellender Schrei. Was war geschehen? Die Batterien lagen noch draußen, die Anleitung hatte er auch vergessen.

Mein Fahrer riss den Karton auf und zerrte die Tastatur erneut heraus. Krümel, ich hatte den Eindruck, die hatte die ‚Ohren eingezogen‘, damit sie nichts mitbekam von dem Gefluche meines Fahres.

Ich musste als Jeepi, seinem nunmehr besten Freund, eingreifen. Ich sendete Signale vom Carport aus nach oben ins Schlafzimmer.
„Wir bleiben entspannt, und wir atmen tief. Wir sind dankbar für jeden Moment, den wir am Tag erleben.“

Ich hatte den Eindruck, auf meinen Fahrer hatte das eine gegenteilige Wirkung. Er stopfte die Tastatur zurück, nachdem er vorher die anderen Utensilien in die dafür vorgesehenen Fächer gezwängt hatte.

Mein Fahrer versuchte es nicht mehr mit Feinfühligkeit, nein, er presste, schubste die Tastatur, bis sie an ihrem Platz war. Es half nichts, wir mussten zurück in den Prenzlauer Berg.

Wir fuhren los. Mein Fahrer drückte auf das Gaspedal, fuhr rabiater, schneller. Es fühlte sich an, als würde ich nicht zum Fahren animiert, sondern mehr geschubst – ‚nun mach‘ schon hin‘, verdammt.“

Im Einkaufscenter ging das Drama weiter. Aber das, lieber Krümel, das erzähle ich dir in der nächsten Woche. Bis dahin wünsche ich dir ein schönes Wochenende.
Dein ‚Jeep‘, der beste Freund deines Opas und damit auch dein bester Freund.

 

JEEPY ERZÄHLT VON SEINEN ABENTEUERN MIT DEM FAHRER

JEEPY-2019.02.28

RÜCKBLICK:
Der Fahrer von Jeepy schreibt Krümel einen Brief und erinnert sich darin an die früheren Autos, die er gesteuert hat.
EINSTIEG:
Jeepy erzählt, wie sich sein Fahrer beim Kauf einer Computer-Tastatur im Prenzlauer Berg umständlich angestellt hat.

Hallo Krümel, dein Opa, also mein Fahrer, der kommt nicht aus dem Knick mit dem Erzählen. Also nehme ich das ab jetzt selbst in die Hand.

Langsam reicht es mir, dass er nur von Orli, dem BMW, dessen Freundin Berlinga und Bobby, dem Mercedes-Geländewagen, erzählt. Ich bin doch auch noch da, und zwar jeden Tag.

Neulich bist du ja auch mitgefahren, dir wurde schlecht, und das Ergebnis ist heute noch auf dem Kindersitz zu betrachten. Dein Opa, mein Fahrer, wollte zwar längst alles gereinigt haben, aber davon ist nicht viel zu merken.

Heute hat er mich zwar gewaschen, danach innen gesaugt, meine Fensterscheiben geputzt, mir Putzmittel in die Bullaugen vorn gespritzt, dass ich stark niesen musste, aber den Kindersitz, den hat er links liegen gelassen.

Und gestern, da hat er mich richtig gestresst. Am Vormittag schien die Sonne so schön und mein Fahrer hatte keine Lust mehr am Schreibtisch zu sitzen, um an den Texten herum zu feilen. Kommt ohnehin nichts bei raus.

„Jeepy, wir fahren jetzt in die Schönhauser und ich lass mir eine anständige Frisur verpassen. Anschließend schauen wir mal im Einkaufscenter vorbei, ob wir nicht eine gute Tastatur bekommen“, sagte er zu mir.

Wenn das Klara wüsste, die würde gleich aufschreien.
„Du hast mehr als 10 Tastaturen im Keller liegen“, würde sie sagen. Aber nun ist sie nicht da, und der ‚Herr‘ ‚dreht am Rad‘, vor Langerweile.

Wir sind also losgefahren. Es ging prima vorwärts und wir waren nach zwanzig Minuten in der Tiefgarage im Prenzlauer Berg angekommen. Ich musste da unten warten.

Aber ich kriege trotzdem alles mit. Und wenn nicht, erzählt mir der Fahrer anschließend das, was ich noch nicht weiß.

Im Friseursalon war es recht ruhig und so war dein Opa recht frühzeitig wieder raus dem Laden, in dem er seit über sieben Jahren zum Haareschneiden geht.

„Sie müssen die Haare nach vorn tragen“, sagte die Friseuse zu ihm.

„Warum?“, fragte mein Fahrer.
„Weil sie ein ziemlich langes Gesicht haben.“
„Ja, das stimmt, ich habe des Öfteren ein langes Gesicht“, sagte der.

Schließlich schlenderte dein Opa die Schönhauser entlang, Richtung Einkaufscenter. Die Menschen gingen alle gemächlich und genossen die pralle Frühlingssonne.

„Haben die denn alle nichts zu tun?“, fragte sich mein Fahrer. Nein, so wie du auch, dachte ich, als mir das zu Ohren kam. Dein Opa lief zielstrebig auf den Computerladen zu.

„Haben Sie eine Tastatur, die über eine Bluetooth-Tastatur verfügt“, fragte er.

„Natürlich“, antwortete der Verkäufer. „Sogar mehr als eine.“ Dein Opa ging fröhlich zur Kasse und war im Nu wieder draußen. Leise summend ging er in Richtung Tiefgarage.

Er trainierte die Melodie von „Stups, der kleine Osterhase“ aus. Er will es dir dann abends vorsingen, aber sei nicht so streng mit ihm, denn die Melodie ist gar nicht so leicht.

Schließlich kam er bei mir an.
Vorher hatte er noch bezahlt und die Tastatur oben auf dem Parkautomaten abgelegt.

Als wir bereits wieder auf dem Rückweg waren, da bremste mein Fahrer urplötzlich, sodass mir ganz schlecht davon wurde. Er griff nach hinten, kugelte sich bald den Arm aus, aber er fand eines nicht: die Tastatur.

„Verdammt, die muss ich liegengelassen haben. Auf dem Parkautomaten“, schoss es ihm durch den Kopf.

Jetzt wendete er an der nächsten sich bietenden Gelegenheit.
Und das kannst du nicht so wörtlich nehmen, Krümel. Wir mussten nämlich erst einmal ein ganzes Stück geradeaus fahren.

Dann endlich, mein Fahrer wurde mutig, schwenkte er scharf nach rechts, Richtung Bordsteinkante und ich hatte Angst, dass ich mit meinen Hacken, äh, ich meine, den Reifen gegen die Bordsteinkante gedrückt wurde.

Mein Fahrer sprang aus dem Auto, rannte in Richtung Tiefgarage, um so schnell wie möglich am Parkautomaten zu sein.
Aus den Augenwinkeln beobachtete er noch, wie ein Mann vom Ordnungsamt die Parkausweise kontrollierte. Darauf konnte er jetzt aber keine Rücksicht nehmen.

Mein Fahrer riss die Tür vom Eingang zum Parkautomaten auf, und er sah sofort oben die Tastatur liegen. Gut gelaunt ergriff er sie und war schon wieder draußen.

Zwei Bettler schauten ihn fragend an. Sie saßen direkt gegenüber dem Eingang vom Parkautomaten, was strategisch für sie sicher eine gute Position zum Betteln war.

„Es gibt noch ehrliche Menschen“, sagte mein Fahrer zu ihnen.
„Oh ja“, riefen die Bettler zurück und meinten offensichtlich sich selbst.

Mein Fahrer kam zurückgestürzt, öffnete meine hintere Tür, nahm das Portemonnaie und fingerte je zwei 1-Euro Stücken heraus.

Er lief zurück zu den Bettlern und drückte sie ihnen in die Hand. So glücklich war mein Fahrer darüber, dass er die Tastatur wiedergefunden hatte.

Die schauten ihn verdutzt an und über ihr Gesicht huschte ein dankbares Lächeln. Mein Fahrer fühlte sich gut und sprintete zu mir zurück. Als er bei mir angekommen war, steuerte der Mann vom Ordnungsamt auf uns zu.

„Ich bin gleich weg“, rief ihm mein Fahrer zu. Der nickte stumm und verschwand. Wieder mal Glück gehabt, dein Fahrer.

„Los Jeepy, lass uns schnell losfahren. Auf ins Dorf, da wo wir Zuhause sind“, sagte mein Fahrer und drückte auf mein Gaspedal.

Aber wenn du glaubst, dass dies alles war, lieber Krümel, dann muss ich dich enttäuschen.

Wir mussten nämlich noch einmal zurück in die Schönhauser. Das erzähle ich dir das nächste Mal.
MEHR LESEN: https://uwemuellererzaehlt.de/jeepy/

MEHR LESEN: https://uwemuellererzaehlt.de/jeepy/

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

DER FAHRER VON JEEPY ERZÄHLT WEITER ÜBER ORLI

JEEPY-2019.02.22

ORLI FLIEGEN AUF DEM KOPFSTEINPFLASTER FAST DIE NOCKEN VON DER WELLE

Montagmorgen. Orli steht in der Tiefgarage und hat die Augen zu. Vom Renault, der kleinen Berlinga, ist noch nichts zu sehen.

Plötzlich quietschen die Reifen im unteren Parkdeck und wenige Augenblicke später kurvt Berlinga auf den Parkplatz und hält direkt neben Orli.

„Guten Morgen, du bist ja schon hier“, sagt Berlinga noch ein wenig außer Puste.

„Moin“, brummt Orli verschlafen.
„Warum bist du denn so mürrisch, Orli?“

„Och weißt du, meinem Fahrer fiel es ein, dass wir schon am Sonntagabend nach Bad Hersfeld zurückfahren wollen.“

„Na, dann hast du ja eine Strecke hinter dir. Bist du nicht an der Ostsee gewesen?“

„Ja, bin ich.“

„Ich bin am Donnerstag von hier aus nach Hause gedüst, zurück nach Brandenburg. Und am nächsten Tag ging es weiter nach Rügen.“

„Was magst du denn an Rügen so sehr?“

„Wir haben dort einen Bungalow und ich kann mit bis in den Garten hineinfahren.“
„Wirklich?“

„Ja, stehe dann auf einer Auffahrt, die mit viel Grün berankt ist. Aber ich komme da immer so schwer rauf.“

„Warum, weil du so dick bist?“, fragte Berlinga lachend.
„Nein, aber die Tore sind sehr eng und da muss mein Fahrer immer sehr aufpassen, dass ich heil an den Pfosten vorbeikomme.“

„Und was hat dir besonders Spaß gemacht, in Polchow auf Rügen?“
„Nun, mein Fahrer, Laura und ich sind zum Hafen gefahren. Unterwegs haben wir die Musik schön laut gestellt, damit alle mitsingen können.“

„Hast du mal mitgesungen, Orli?“
„Naja, meine Kolben vom Motor haben den Takt mitangegeben.

Aber ich musste ganz schön aufpassen.“
„Warum?“

„Weil wir zum Schluss auf eine Straße abgebogen sind, die schnurstracks zum Hafen führt. Sie ist übersät mit jahrhundertealten Steinen, Kopfsteinpflaster eben.

Da kannst du nur ganz langsam rüberfahren. Ich hatte Mühe aufzupassen, dass nicht meine Backenzähne, äh, meine Nocken von der Welle flogen.“

 

JEEPY ERZÄHLT VON ORLI UND DESSEN FREUNDIN BERLINGA

JEEPY-2019.02.21

RÜCKBLICK:
Die Geschichte von Jeepy beginnt damit, dass sein Fahrer Krümel einen Brief schreibt, den sie später lesen soll, wenn sie größer ist.

https://uwemuellererzaehlt.de/2019/02/02/jeepy-2019-02-02
EINSTIEG:
Orli, der frühere BMW des Fahrers von Jeepy und Berlinga, der kleine Renault, freunden sich bei einer Panne an, als nämlich Berlinga einen Reifen auf der Autobahn geplatzt war.

Hallo Krümel, hier ist wieder Jeepy, dein Freund.
Ich erzähle schon jetzt mal ein paar Geschichten für dich, die du später lesen kannst, oder deine Mama liest sie dir vor.

Sie macht das wohl jetzt schon und du lachst sie manchmal dazu an. Das ist doch schon was. Die Zeit rennt und ehe wir uns umgesehen haben, da sitzt du bei mir auf der Schreibtischplatte im Arbeitszimmer und ich lese dir eine Geschichte vor.

Dein Opa hat früher deiner Mama immer Geschichten von den Autos erzählt, die sie hatten.

Plötzlich nahmen sie menschliche Gestalt an und dein Opa, mein heutiger Fahrer, konnte mit ihnen gemeinsam herrliche Abenteuer erleben. Er war viel unterwegs, sehr viel sogar.

Dein Opa hatte schon mehrere Autos, bis ich kam, wie du ja schon aus meinen Erzählungen weisst.

Da waren der kleine Trabbi, den er mit Latexfarbe innen gestrichen hat, dann war es Flippi, der weiße Lada, mit dem alle sehr gern gefahren sind.

Nach der Wende dann kam Orli, ein großer BMW. Den hatte dein Opa, weil er sehr viele Kilometer fahren musste.

Schließlich trat Bobby, der dicke Geländewagen in das Leben deiner Mama, deiner Oma und deinem Opa.

Dein Opa hat mir erzählt, wie Orli in einer Tiefgarage in Bad Hersfeld stand und den kleinen Renault, Berlinga sah.
Orli wollte unbedingt ihr Freund werden.
Berlinga aber war anfangs hochnäsig, bis zu dem Tag, an dem ihr der hintere rechte Reifen auf der Autobahn platzte und Orli vorbeikam.

Von weitem näherte sich der gelbe Abschleppwagen und alle atmeten auf.

„Das kriegen wir schnell hin“, sagte der Monteur und hatte in Windeseile die Muttern von Berlingas hinterem Reifen gelockert.
Nach ein paar Minuten konnte Berlinga wieder richtig stehen und hatte keine Schmerzen mehr.

„Weißt du eigentlich, dass du es dem langen BMW zu verdanken hast, dass dir so schnell geholfen wurde?“, fragte der Fahrer von Berlinga sie.
„Ja, weiß ich. Ich kenn den.“
„Woher kennst du ihn?“

„Wir standen manchmal beieinander, in der Tiefgarage. Da ist er mir auf die Nerven gegangen, weil er so viel erzählt hat.“
„Ach, das ist ja interessant“, staunte Berlingas Fahrer nicht schlecht.

„Und, willst du nicht wenigstens bei ihm bedanken?“, hakte Berlingas Fahrer weiter nach.

„Ja, mach‘ ich“, sagte Berlinga leise und schämte sich jetzt.
„Du, danke, dass du angehalten hast und du deinen Fahrer dazu gebracht hast, dass der den Abschleppdienst holt.“

„Schon gut“, antwortete Orli verlegen.

„Kommst du mit mir am Samstag mit zur Autoschau in Bad Hersfeld?“, fragte Berlinga.

„Würde ich ja gern. Aber mein Fahrer will am Wochenende nach Hause. Der fährt nachts auf der A2 immer wie eine besengte Sau und ich komme ganz außer Puste.“

„Schade, dass du nicht mitkommen kannst. Na, dann bis nächsten Montag in der Tiefgarage an der gleichen Stelle“, sagte Berlinga noch.
„Ja, an der gleichen Stelle“, erwiderte Orli, bevor sein Fahrer sich ins Auto wuchtete, den Motor anließ und Orli davonbrauste.

MEHR LESEN: https://uwemuellererzaehlt.de/jeepy/

ANNA IST DEMENT (28)

ANNAS SCHLEICHENDE

WESENSÄNDERUNG

Annas Wesen ändert sich nicht merklich, eher unmerklich, aber dafür stetig.

Es fängt mit Kleinigkeiten an, so war es auch bei Anna. Mal hat sie etwas vergessen, dann wieder fühlte sie sich einsam.
„Wir müssen uns damit abfinden, dass Anna nie wieder so wird, wie sie all die Jahre war.“

„Dir fällt es leichter, das zu sagen als mir, denn ich bin die Tochter“, entgegnet Klara Peters Überlegungen. Peter sagte nichts. Er wusste, dass Klara hier richtig lag. Doch was nützte es, man musste sich ja trotzdem der neuen Situation stellen.

„Ich glaube, wir helfen Anna mehr, wenn wir uns auf sie noch besser einstellen, einfach akzeptieren, was sie tut, was sie sagt und auch wie sie es sagt.“

Peter wusste, dass es vor allem theoretische Gedanken waren, die sicherlich ihre Berechtigung hatten. Doch wie war es im Alltag?
Gestern rief Peter an. Anna war seelisch am Boden. Sie hatte einen Arzttermin verpasst. Besser gesagt, sie hatte ihn auf der Couch verschlafen.

„Ich werde mal Lukas informieren, damit er sich darum kümmert, und wir einen neuen Termin bekommen“, meinte Peter zu Anna.
„Nein, das möchte ich nicht. Ich kläre das allein.“

Peter wollte ihr sagen, dass Lukas sich stets um alles kümmerte.
Er ging mit Anna einkaufen, er begleitete sie zum Zahnarzt, besuchte sie täglich in ihrer Wohnung, schaute nach dem Rechten.

Warum also reagierte sie so schroff? Schämte Anna sich, dass sie den Termin versäumt hatte?
Peter griff kurzerhand zum Hörer und wählte die Telefonnummer der Arztpraxis.

„Ich kann gar nicht glauben, dass meine Schwiegermutter gestern einen Termin bei Ihnen hatte“, sagte Peter zur Helferin.

„Doch, sie hatte gestern einen Termin.“
„Donnerwetter“, entfuhr es Peter.

Die Helferin musste lachen. Sie waren sich schnell einig und hatten einen neuen Termin vereinbart.
WEITERLESEN:

„Trag‘ dir doch den Termin gleich ein“, sagte Peter später zu Anna am Telefon.
„Das mach‘ ich sofort“.  Anna wirkte jetzt gelöst.

Am Nachmittag ging Lukas mit Anna auf den Friedhof. Blumen am Grab von Wilhelm niederlegen, Annas Mann.

Wilhelm war nun schon 19 Jahre nicht mehr da. Doch er fehlte Anna sehr. Anna wollte erst gar nicht Blumen kaufen, kein Geld ausgeben.
Das war neu. Lukas übernahm das und kaufte die Blumen.

„Seid ihr denn heute am Grab von Wilhelm gewesen?“, fragte Peter sie abends.

„Ja, ich war da, und ich habe Blumen besorgt und sie zu seinem Geburtstag hingelegt“, sagte Anna.
„Na wunderbar“, antwortete Peter.