WIR KÖNNEN DEM TOD NICHT ENTGEHEN, AUF IHN WARTEN MÜSSEN WIR TROTZDEM NICHT

MEIN FREUND, DER ALLTAG

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MEIN FREUND, DER ALLTAG (3/24)

Tod und Leben, sie sind zwei starke Gegenpole. 
Wir können sie nicht verdrängen, Wir müssen beide akzeptieren.
Wir sollten dafür umso intensiver leben, nicht nur in den großen Dingen, auch in unserem Alltag, und wenn er uns noch so unbedeutend erscheint. 

Ich sitze auf der Parkbank, im Grünen.

Es ist gegen neun Uhr und ich atme den Duft von frisch gemähtem Rasen ein.

Irgendwo, ein Stückchen weg, da rattert der Motor eines Rasenmähers.

Es könnte nicht herrlicher sein.

Wenn da nicht der Umstand ist, dass ich mich in der Parkanlage eines Friedhofes befinde.

Ich sitze im Anzug auf der Bank, die Weste zwängt mich ein, der Hosenbund kneift und ich sage in Gedanken zu mir: „Dicker, du bist selbst schuld, wenn du mehr Kalorien zu dir nimmst, als du verbrauchst.“

In der Halle steht bereits der Sarg.

Es hat mir gleich die Kehle zugeschnürt, als ich reingegangen bin, um den Stand des Rednerpultes zu überprüfen.

Ich hoffe, dass ich nachher die Rede gut hinbekomme.

Aber jetzt, wo ich noch Zeit habe, da sitze ich lieber draussen, atme die frische Luft ein, ja ich sauge sie förmlich in mir auf.

An mir joggt ein Mann vorbei, mitten auf dem Weg, an dem sich zur linken und rechten Seite Grabstellen befinden.

Dahinter kommt eine junge Mutter mit einem kleinen Kind an der Hand.

Das Mädchen läuft an der Seite des Kinderwagens, in dem ein Baby schläft.

Die Kleine plappert, lacht und winkt mir zu.

Ich muss schmunzeln und winke ihr zurück.

Es ist, als würde ich nicht in dieser Welt sein.

Drinnen in der Halle, da wirkt alles traurig, ja fast düster, bedrückend jedenfalls.

Und hier draußen? Im Park?

Da ist es hell, Menschen laufen vorbei, ein Mädchen lacht und winkt.

Ich bin hin- und hergerissen, und ich entscheide mich für beide Seite des Lebens – nämlich den Tod zu respektieren, den Angehörigen Trost zu spenden, das Leben nicht einfach an sich vorbeiziehen zu lassen, nein.

Die Momente lieber intensiv wahrnehmen, sich über die kleinsten Dinge freuen – das fröhliche kleine Mädchen, den Jogger, der was für die Gesundheit tut, den Duft der gemähten Wiese.

 

ALLTÄGLICHES

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