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WAS VOM TAG HÄNGENBLEIBT (39) Montagfrüh – vom Ringen mit dem inneren Schweinehund, aufzustehen, von der kurzen Begegnung mit der Inhaberin des Ladens ‚Grünbär-Naturkost‘, die ich vorher nur von einem Telefoninterview her kannte.
Es war kurz vor fünf Uhr, als ich aufwachte.
Ich wollte mich eigentlich wieder umdrehen.
Eigentlich.
Doch ich schwang die Beine aus dem Bett, und erst als ich stand, bekam ich schlechte Laune.
„Warum tust du dir das an? Du hast keine Termine, also warum bleibst du nicht liegen?“
Eine gute Frage, die ich mir jeden Morgen wieder aufs Neue stellte.
Aber ich wollte ins Fitness-Studio, wie ich es jeden Tag tat, von Montag bis Freitag.
Ehe ich mich versah, da stand ich bereits auf dem Laufband im Fitness-Center und begann mich warmzumachen.
Danach war ich schon besser in Schwung.
Ich absolvierte noch 9 Geräte und kurz vor sieben Uhr war ich auch schon wieder aus dem Trainingsraum raus.
Jetzt zog ich mir andere Schuhe an und fuhr zum Park.
Ich griff die Fitness-Stöcke, schnallte sie um und begab mich zum Beginn der Laufstrecke – dort, wo der ‚Grünbär-Naturkostladen‘ ist und der ‚Mittagstisch‘.
Über sie hatte ich mal kleinere Artikel geschrieben, zugegeben, schon ein bisschen her.
Beim ‚Mittagstisch‘ sehe ich manchmal den Koch, der bereits sehr früh mit der Arbeit anfängt.
Heute war es etwas chaotischer im Park – es wurde nach dem gestrigen Hussitenfest aufgeräumt.
Die Papierkörbe quollen über, auf der Wiese standen noch die LKW, ein Karussell war zusammengelegt, Händler waren dabei, ihre Zelte abzubauen.
Ich musste ein paar kleinere Umwege laufen, weil die Absperrungen noch überall am Wegrand standen.
Auf dem Rückweg kam ich wieder bei ‚Grünbär‘ vorbei.
Jetzt war dort die Tür offen und ich sah Saskia Nöring dabei, wie sie Warenkörbe hin- und herschob.
Wir hatten das Interview vor 4 Jahren gemacht, telefonisch.
Ich war gespannt, wie sie reagieren würde, wenn ich sie darauf ansprechen würde.
„Guten Morgen“, sagte ich.
„Wir haben noch nicht geöffnet“, antwortete Frau Nöring.
Sie schien leicht genervt.
Wahrscheinlich nahm sie an, dass ich schon in den Laden wollte.
Wollte ich aber nicht.
„Kennen Sie mich noch?“, fragte ich sie.
Sie musterte mich – ich hatte eine dunkle Mütze auf, Sportsachen an, Nordic-Walking-Stöcke in der Hand, vermutlich für sie eher irritierend.
„Du die haben ein schönes Angebot“, sagte meine Frau eines Tages zu mir.
„Sag‘ ihr das doch mal, du kennst sie doch!“
„Hm“, brummte ich.
„Ich weiß, wer sie ist, dass sie von Kindesbeinen an so einen Laden wollte, oder, dass sie in Eberswalde studiert hat.
Gesehen habe ich sie noch nie, denn ich habe das Interview damals telefonisch geführt“, sagte ich.
„Naja, du kannst sie ja mal ansprechen, wenn du sie siehst.“
Wie das so ist mit dem Ansprechen, das habe ich heute morgen erfahren.
Frau Nöring wollte nicht angesprochen werden, und schon gar nicht außerhalb der Öffnungszeiten ihres Ladens.
Ich kann das verstehen.
Ich gehe da auch nicht mehr ran.
Den Einkauf erledigt ohnehin Klara.
Und einkaufen kann man da ganz gut, meint sie.
Na, das ist doch die Hauptsache.
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