Archiv der Kategorie: MEIN FREUND, DER ALLTAG

Dem Alltag als Freund begegnen, das heißt für mich:
die eigene Lebensphilosophie im Alltag begreifen und sich mit ihr auseinandersetzen;
mehr Erfüllung finden, indem man die guten und schönen Seiten des alltäglichen Lebens sieht – beruflich und privat – und: sie auch bewusst annimmt;
die Faszination des Bibellesens entdecken; die Worte der Bibel als persönlichen Kraftquell nutzen, daraus eigene Lebensenergie und Lebensfreude für den Alltag schöpfen;
Erlebnisse und Beobachtungen im Alltag für sich nutzbar machen; erkennen, dass in den alltäglichen Dingen oft die großen Momente einer anhaltenden Lebensqualität zu finden sind;
die kleinen Geschichten aus dem Alltag erzählen, sie wertschätzen als etwas, das sehr kostbar und oftmals unwiederbringlich ist.

GARTENARBEIT – DA FLIEGE ICH DOCH LIEBER ZUM MOND (3)

MAL SCHNELL ERZÄHLT

ALLTÄGLICHES  (44)  – FOLGE – 3)
Von einer Bedienungsanleitung, die keine Sau lesen, geschweige denn verstehen kann und davon, warum es gut ist, wenn eine Kettensäge zum Schluss doch stumpf wird.

„Hol dir doch schnell eine Zeitung aus der Küche“, rief Klara zurück.
‚Schnell‘, wenn ich das schon hörte. Ich musste nämlich aufstehen, nach vorn latschen, die Schuhe ausziehen, reingehen, Zeitung holen, Schuhe wieder anziehen.

Das wird schon so gehen, ohne Zeitung, dachte ich bei mir. Ich vertiefte mich wieder in die Anleitung. Ich sollte eine Knebelschraube lösen, im Gegenuhrzeigersinn. Was für ein Wortschlamassel, ‚Gegenuhrzeigersinn‘.

Reichte es nicht zu schreiben, ‚entgegen dem Uhrzeiger‘? Jetzt sollte ich die Sägekette auf das Schwert legen und die Laufrichtung der Kette beachten und außerdem zusehen, dass die Schneidezähne auf der Oberseite des Schwertes nach vorn zeigten.
Was war jetzt vorn?

Das freistehende Ende der Sägekette sollte nun auch noch über das Kettenantriebsrad gelegt werden. Ja, was denn noch alles? Sollte man nicht für diese Texter wieder die Folterstrafe einführen?
Ich war dafür. Oder noch besser: Man müsste mit dem Finger schnipsen können und dann sollte derjenige, der das geschrieben hat, auf der Terrasse sein.

„Das ist doch ganz einfach“, höre ich den Texter schon sagen. Und der, der diese undurchsichtigen Zeichnungen angefertigt hat, würde hinter ihm stehen und wahrscheinlich grinsen.

Es ist alles einfach, vorausgesetzt, du hast es schon hundert Mal gemacht hast oder aber du musst dem anderen nur sagen, dass es einfach sei und du dich danach sofort aus dem Staub machen könntest.

Kursikowski roch den Braten, nämlich, dass ich nicht weiterkam. Er wäre auch bereit, sofort einzuspringen. Aber zu welchem Preis?
Zum Preis, dass wir den Tag mit ihm verbringen würden, die Sägekette wahrscheinlich immer noch nicht eingespannt war, wir aber viele schlaue Sätze von ihm gehört hätten.

Ich rief Klara. Sie nahm die Anleitung, las ein wenig und sagte dann zu mir: „Halt mal die Säge fest und fass‘ nichts an.“
Ich fasste doch mit an. Dadurch dauerte es noch ein wenig länger.

Aber schließlich hatten wir die Säge soweit.
„Ich probiere sie jetzt mal aus“, sagte ich zu Klara und ging entschlossen in Richtung Baumstumpf.
„Aber komm‘ nicht mit dem Sägeblatt in die Erde. Dann ist die sofort stumpf.“

„Geht klar“, sagte ich und drückte auf den Knopf.
Es bewegte sich nichts. Wir überprüften unsere Stromverbindung und versuchten es erneut. Wieder nichts.

„Wir müssen das Schutzschild hier nach vorn schieben“, sagte Klara plötzlich. Sie hatte noch einmal in die Anleitung geschaut. Die Säge heulte auf und ich hielt sie sofort an eine der Wurzeln. Ich hatte sie schnell durchgesägt.

„Ich bin mal schnell drinnen. Kannst du auf mich warten?“, fragte Klara. Ich wollte nicht warten. Kaum war sie verschwunden, schmiss ich die Säge an und setzte an der nächsten Wurzel an. Ich kämpfte mich durch. Plötzlich war alles vorbei. Die Sägekette war herausgesprungen.

„Du hast die Säge in der Erde gehabt“, sagte Klara, die plötzlich wieder hinter mir stand. Wir kriegten das alles wieder hin. Ich begann erneut zu sägen. Es funktionierte. Aber es ging nicht vorwärts. Die Sägekette war stumpf geworden.

„Was hältst du davon, wenn wir den Baumstumpf so lassen und einen schönen Blumentopf draufstellen?“, fragte ich Klara.
Die antwortete nicht. Sie war bedient. Unser Elan war wie weggeblasen.

Ich half Klara noch, alles wegzuräumen. Ich duschte danach, setzte mich vor den Fernseher und schaute mir einen Thriller an. Ich bewegte mich am Samstag nicht mehr.

Am Baumstumpf hängt seitdem ein sehr schöner Blumentopf und ich kann daran auch noch den einen Sonnenschirm befestigen. Gott sei Dank ist die Kette stumpf geworden und wir konnten nicht weitersägen.

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Ich will den Roman von Dora Heldt weiterlesen und habe mich extra beeilt, um mir das Kindle zu schnappen. Das hat aber jetzt Klara. Sie liest die Geschichte über die Menschen in einem Dorf in Nordfriesland genauso gern.
‚Mathilda oder Irgendwer stirbt immer‘

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GARTENARBEIT – DA FLIEGE ICH DOCH LIEBER ZUM MOND (2)

MAL SCHNELL ERZÄHLT

ALLTÄGLICHES (44 – FOLGE 2)

Im Garten arbeiten – unter engmaschiger Beobachtung von Klara und dem Nachbarn

Es war Samstagmorgen, die Sonne schien und Klara war voller Elan.
„Ich dachte, du fängst hier an zu graben.“

Klara dachte also für mich mit. Sie dachte gar nicht daran, mich allein denken zu lassen, wo ich ansetzen wollte mit dem Spaten. Nein. das kam für sie gar nicht infrage.

„Ich dachte das nicht!“, sagte ich.
„Ich fange hier an.“ Entschlossen nahm ich den Spaten und ging zu der Stelle, wo ich dachte, dass ich anfangen würde. Ich hätte natürlich auch dort beginnen können, wo Klara es mir gezeigt hatte.

Aber warum musste sie mir laufend zeigen, wo es lang ging? Noch dazu, wo auf der anderen Gartenseite in dem Moment ein fröhliches „Guten Morgen“ erscholl. Ich drehte mich um und schaute direkt in das Gesicht unseres Nachbarn, Herrn Kursikowski.

Na klar, der durfte ja nicht fehlen, wenn Klara und ich einmal im Garten etwas tun wollten. Herr Kursikowski hakte den Rasen ab, kleinteilig. Nicht, dass er das mit Schwung tat.

Nein, nein. Er strich mit seiner Harke ganz zart über den Rasen, immer wieder über die gleiche Stelle. Denn dort, wo er stand, konnte er alles bestens bei uns überblicken.

„Na, geht’s wieder los?“, fragte er einschmeichelnd.
„Ja, geht los“, brummte ich.

Ich war mit Absicht kurz angebunden. Hatte er mich erst einmal am Wickel, ja dann konnten wir unsere Arbeit am Vormittag vergessen. Also fing ich sofort an zu graben.

Jetzt begann ich doch dort, wo Karsta dachte. Ich wollte mit ihr keinen Disput vor Kursikowski anfangen. Klara war mal wieder der ‚Koch‘ und ich war der ‚trottlige Kellner‘, der nicht mal wusste, wo er anfangen könnte zu graben.

Der Baumstumpf der bereits im vergangenen Jahr gefällten Tanne sollte heute endgültig verschwinden. Erst einmal legten wir die Wurzeln frei. Jedenfalls versuchten wir das. Ich kam sofort ins Schwitzen und zog meinen Pullover aus.

Dabei lugte ich aus den Augenwinkeln zu Kursikowski rüber. Der hielt sich jetzt an der Harke fest und schaute uns ungeniert zu.

„Hat der denn nichts zu tun?“, murmelte ich leise.
„Ja, hat er. Der beobachtet dich, wie du dich anstellst.“
„Lass uns mal die Kettensäge fertigmachen, damit wir nachher gleich anfangen können, die Wurzeln abzusägen“, erwiderte ich und ließ den Spaten fallen.

Ich ging zur Terrasse. Auf dem Tisch lag die nagelneue Säge. Das Sägeblatt musste noch montiert werden.
„Du musst dir die Anleitung durchlesen, bevor du anfängst“, sagte Klara.

Die Anleitung durchlesen. Auch das noch. Ich hasste das. Meist verstand ich nicht, was dort geschrieben war. Lustlos nahm ich das Heft in die Hand und blätterte darin herum.

Schwert und Kette könnten ohne Werkzeuge montiert werden, versprach der Text. Ich entschloss mich, das ganze nun systematisch anzugehen. Ich sollte die Kettensäge auf eine stabile Unterlage legen.

Sie lag auf unserem Gartentisch, den wir erst im vergangenen Jahr erworben hatten. Es fehlte nur eine Zeitung oder ein Stück Pappe, damit keine Kratze auf die Tischplatte kamen. Ich schaute mich um. Nichts zu sehen.

„Kannst du mal eine Zeitung besorgen?“, rief ich Klara zu und beobachtete aus den Augenwinkeln Kursikowski. Der schaute unglücklich, denn ich verdeckte mit meinem Rücken den Blick auf unsere Geheimwaffe.

 

 

 

 

 

GARTENARBEIT – DA FLIEGE ICH DOCH LIEBER ZUM MOND (1)

MAL SCHNELL ERZÄHLT

ALLTÄGLICHES – (44) – FOLGE 1

Es ist April im Jahr 2020. Die Corona-Krise macht uns zu schaffen. Klara ist krankgeschrieben, ich arbeite ja ohnehin seit vielen Jahren im Homeoffice.

Aber Klara will die Zeit nutzen, um den Garten auf Vordermann zu bringen. Die Ärztin hat ihr empfohlen, sich viel an der frischen Luft zu bewegen und dabei nicht in Kontakt mit anderen Menschen zu kommen.

Nur ich, ich kann ihr nicht ausweichen. Will ich auch nicht, bis auf die Momente, wo ich im Garten so richtig mitanfassen soll. 

Die meiste Zeit kann ich mich hinter meiner Arbeit verstecken, doch im Frühjahr, da ist Klara unerbittlich.

Ich denke zurück, wie es im vergangenen Jahr war, ohne Corona. Irgendwie auch nicht anders.

 April 2019. Es sollte schön werden am Wochenende, vor einem Jahr. Das versprach zumindest der Wetterfritze vom Fernsehen.
„Wollen wir denn am Samstag den Holzstumpf ausgraben, der noch von der Tanne übriggeblieben ist?“, fragte Klara mich. Es war Donnerstagabend.

„Dann muss ich ja schon am Freitag saugen“, sagte ich zu ihr. Mich überlief es siedend heiß, wenn ich daran dachte, dass ich zwei Tage hintereinander körperlich arbeiten sollte. Das war ich nicht gewöhnt. Am Schreibtisch sitzen, bis der Rücken schmerzt, ja das konnte ich, aber unentwegt bücken? Ne, danke.

Vor dem Garten kam noch das Staubsaugen

Ich fügte mich in das Unvermeidliche und entschloss mich, am Freitag zu saugen. Vorher arbeitete ich morgens noch konzentriert an einem Auftrag, von sechs Uhr früh an. Es war inzwischen 09.00 Uhr geworden.

Ich schweifte immer wieder gedanklich ab und dachte daran, dass ich ja noch saugen müsste. Also machte ich den Computer aus und zog mich in meine Sportsachen um.

Das tat ich, weil ich dann das Gefühl bekam, ich würde etwas für die Gesundheit tun. Jetzt hatte ich die Putzaktion im Haus noch vor mir und meine Laune trübte sich ein, wenn ich mir klarmachte, dass damit erst alles begann.

Am Samstag würde es ja weitergehen, dann mit Gartenarbeit.

GARTEN AUF RÜGEN UND IN ZUHAUSE – ARBEITSPOTENZIAL OHNE ENDE

Wie hatten wir das nur alles früher geschafft, als wir noch das Gartengrundstück und den Bungalow in Polchow hatten?

Irgendwie kriegten wir das alles hin. Als ich Ende 89 und Anfang der 1990er an meiner Doktorarbeit schrieb, da fuhren wir nach Rügen hoch, obwohl ich dachte, über mir bricht alles zusammen.

Aber Polchow zog – es war eben unser Stück Heimat, das wir uns bewahren wollten.

Und damals gab es noch nicht einmal die neue Brücke über den Strelasund, und die A20 war auch noch nicht gebaut.

Am Montag, nach der Fahrt über die Dörfer und durch die kleinen Städte, Greifswald, Anklam, Pasewalk, Woldegk, Prenzlau und dann über die alte holprige Prenzlauer Autobahn, ja da war ich schlagkaputt und schlief am Schreibtisch ein.

Irgendwann, Jahre später, wuchs uns das alles über den Kopf und wir gaben den Garten auf der Insel auf, schweren Herzens.

Was brachten mir diese Gedanken jetzt? Überhaupt nichts. Ich wollte mit dem Saugen anfangen und raffte mich dazu auf.

Am schlimmsten war es für mich, erst einmal alles wegzuräumen, die Stühle hochzustellen, die Teppiche auszuklopfen. Ich tüftelte an einem System, in welcher Reihenfolge ich was tat.

Klara verdrehte nur die Augen und sagte danach zu mir:
„Du sollst nur saugen!“.
Das traf mich.

„Du schätzt das nicht, was ich tue“, sagte ich dann.
„Weißt du, mich hast du früher nie gelobt, wenn du nach Hause gekommen bist und alles sauber war.

Im Höchstfall hast du zu mir gesagt, dass da noch ein Fussel auf dem Teppich sei“, entgegnete nun Klara.

Das stimmte, ja da hatte sie recht. Und ich begriff erst jetzt, was das alles für eine Arbeit machte.

DER COUNTDOWN BEGANN

Endlich war alles hochgestellt. Ich saugte durch, erst im unteren und danach im oberen Stockwerk.

Als ich fertig war, kam mir der Gedanke, gleich durchzuwischen. Das machte Klara eigentlich am Samstagmorgen, während ich bereits wieder am Schreibtisch saß und mich freute, dass ich fertig war mit meinem Teil.

Ich wollte Klara mit meinem Extraservice überraschen.

Ich holte also den Behälter aus der Nische, in dem ich den Lappen zum Aufwischen vermutete. Es polterte und mir flogen kleinere Flaschen entgegen. Ich fluchte laut.

Konnte Klara hier nicht mal Ordnung halten? Nein, konnte sie nicht. Und ich hatte es aufgegeben, das anzumahnen.

Dann kam stets der gleiche Satz: „Ich finde alles und du suchst in deinem System vergeblich deine Sachen.“
Das stimmte irgendwie.

Aber nur, weil ich das System stets verfeinerte, dabei die Ablage änderte und vergaß, die alten abgelegten Zettel in das neue System einzuordnen.

Was machte Klara? Sie hob einen Stapel mit Akten, Papier und Heften hoch, ungeordnet, nicht auf Kante gelegt. Und dann zog sie mit spitzen Fingern den richtigen Zettel aus dem Stapel. Ich fand das ungerecht.

Zurück zum Putzen: Ich musste mich jetzt konzentrieren. Wo waren die Spülmittel, die Klara in den Behälter tat?

Egal, ich nahm von jeder Flasche, die ich fand, ein bisschen und mischte es ins Wasser hinein. Es konnte losgehen.

Ich wischte die Fliesen im Kellervorraum, ging dann die Treppe hoch und machte in der Küche weiter. Manche Flecken ließen sich nicht gleich wegwischen.

Ich musste mich also bücken und rubbeln. Ich bereute es, dass ich damit überhaupt begonnen hatte. Schließlich war ich fertig und haute mich in einen Sessel.

Eigentlich müsste ich am Text weiterarbeiten. Aber ich fühlte mich, als hätte mich jemand verprügelt.

An dem Tag habe ich nur noch vor dem Fernseher gesessen. Am Samstag, ja da konnte ich mich wieder bewegen, im Garten mit Spaten und Kettensäge.

WO SIND MEINE STÖCKE HIN?

NORDIC WALKING
50 KILO ABNEHMEN (27-1)Ostermontag, ich bin auf dem Weg zum Nordic Walking, zum zweiten Mal. Gestern habe ich mich wieder aufgerafft, nachdem ich seit der Corona – Isolierung nicht mehr ins Fitness-Center kann. Es fehlt mir.

Aber ich brauchte eine ganze Weile und vier Kilo mehr auf dem ‚Rücken‘, um einzusehen, dass es so nicht weiterging.

Das Intervallfasten habe ich auch nahezu ausgesetzt.
Die Intervalle werden kürzer, und zwar deshalb, weil ich jetzt wieder mehr in mich hineinstopfe. Ich glaube es selbst nicht, dass ich mich so gehen lasse.

Aber nun langsam, ganz langsam erwacht in mir wieder der Kampfgeist.
War es Frodeno, der mich motivierte? Ich sah ihn gestern im Fernsehen auf dem Rad strampeln, in seinem Homeoffice.

In seinen Swimmingpool hat er eine Gegenstromanlage einbauen lassen, damit er besser trainieren kann.

„Ich brauch‘ einen Swimmingpool“, habe ich Klara zugerufen. Die saß im Garten und las das neueste Buch von Dora Heldt.

„Puste das Schwimmbecken auf und dann gieß‘ ich ein paar Kannen mit klarem Wasser rein“, antwortete Klara, ohne von ihrem Buch aufzusehen.

Das hatte sich also erledigt.
Jetzt fahr ich mit dem Jeep Richtung Schorfheide. Ich liebe diesen Weg, durch die Dörfer hindurch.

Die Straßen sind leer, nur am Zaun stehen ab und an ein paar Leute und erzählen miteinander. In gebührendem Abstand.
Hinten im Kofferraum liegen die Nordic Walking – Stöcke und in der Kiste davor kullern zwei Hanteln während der Fahrt hin und her.

Vor kurzem habe ich Schwarzenegger in einem Beitrag gesehen. Er fuhr mit seinem schweren Jeep in die Natur und rollte von der Ladefläche eine riesige Hantel.

Das sollte jeder tun, sich fit halten in diesen Zeiten, meinte er.
Ich habe das gleich umgesetzt. Gut, ich habe keinen schweren Jeep, aber die kleine Ausgabe davon, meinen ‚Jeepy‘ eben, oder wie Krümel ihn ruft: ‚Jiiiiipppiii!‘.

Die Hanteln sind auch nicht so groß, jeweils 3 Kilo schwer. Damit will ich nach dem Walken noch ein wenig herumhantieren.
Aber erst einmal geht es in den Wald hinein. Es ist kein Mensch zu sehen. Die Bäume duften.

Am Rand liegen verdorrte Zweige, die laut knacken, wenn ich zufällig auf einen drauftrete.

Ich lasse es langsam angehen. Die Geschwindigkeit kommt von allein, sage ich mir immer. Und wenn nicht, dann habe ich wenigstens die Zeit eingehalten.

Vierzig Minuten will ich heute schaffen.
Der Sandweg schlängelt sich halb nach rechts, ich folge ihm. Dann kommt ein kleiner Bach, ein ‚Bacherl‘, würde es wohl im Liedtext heißen. Wer hat das noch gesungen? Es fällt mir nicht ein.

Ich laufe weiter, die Sonne scheint und es duftet nach Gras. Rechts vor mir verschwindet ein Eichhörnchen im Gestrüpp.
Das ist doch wahrer Luxus, denke ich bei mir.

Diese Stille, die Sonne, die im Wasser des kleinen Baches glitzert, das Zwitschern der Vögel und kein Mensch zu sehen.
Mir geht das Herz auf. Der Mund ist dagegen verschlossen, denn ich trage von Laura den Mundschutz, den sie mir extra genäht hat.
Hier im Wald ist zwar keiner, den ich anstecken könnte, oder der mir zu Nahe kommt, aber ich atme besser durch die Nase. Und so soll es wohl sein.

„Du röchelst nachts, wenn du durch den Mund beim Laufen atmest“, sagt Klara stets zu mir.
Deshalb findet sie es gut, dass ich den Mundschutz im Wald trage.
Ich drehe um, laufe zurück.

Jetzt sind die Übungen mit den Hanteln dran.
Ich strecke die Arme jeweils in eine Richtung, insgesamt mache ich das einhundertfünfunddreißig Mal, mit Pausen, versteht sich.

Ich steige gut gelaunt ins Auto und fahre wieder zurück.
„Wo sind meine Stöcke?“, schießt es mir plötzlich durch den Kopf.
Ich hatte sie rechts an die Autotür gelehnt. Das sah so sportlich aus, wenn sie dastanden, falls doch noch jemand vorbeikäme.

Es kam keiner, und die Stöcke rutschten auf die Erde, während ich losfuhr.

Gut, dass ich es nach den ersten Metern noch merkte und umdrehen konnte.
Ich war also doch noch nicht wieder im Trainingsmodus.

 

‚OH TANNEBAUM‘  – AM OSTERSONNTAG

Ostersonntag.
Krümel ist jetzt zweieinhalb Jahre alt.
Das richtige Alter, bei uns, ihren Großeltern, begeistert Ostereier im Garten zu suchen.

Aber sie kommt nicht. Wir wissen, warum. Kontaktsperre, ich bin dafür. Trotzdem ist ein bisschen Wehmut in uns da.
Ich stelle den Computer an.

‚Heute ganztags Ostersonntag‘, steht da. Na, danke für die Erinnerung.

Auch noch den ganzen Tag ohne Krümel.
Ich werde sie nachher anrufen und ihr ‚Oh Tannebaum‘ vorsingen.
Das mag sie so gern.

Sie singt immer mit leiser und feiner Stimme mit, einzelne Wörter, ‚Oh Taannebauuum‘, ‚Blääätter‘, Klara hört zu und schmunzelt dann.

Obwohl Klara es sonst nicht aushält, wenn ich von Andrea Berg ‚Du hast mich tausendmal belogen‘ mit Inbrunst brumme.

Aber ‚Oh Tannebaum‘ ist gut, denn nach Ostern kommt ja Weihnachten und danach ist auch schon wieder Ostern.
Also, was soll’s.

 

DRAUFGÄNGER

ALLTÄGLICHES-2020.04.08

ALLEIN MIT MEINEN INNEREN STIMMEN
Draufgänger - einer meiner Protagonisten, meiner inneren Stimmen, die meine Gedanken wiedergeben und mich zum Handeln antreiben, oder mich auch davon abhalten.

Meine Handlungen, Gespräche und Emotionen, die von meiner inneren Stimme angestoßen wurden, haben oftmals etwas bewegt – mal zum Positiven, und oft auch sind sie über das Ziel hinausgeschossen.

„Guten Tag“, spricht eine junge Frau mich vor dem Einkaufsmarkt im Dorf an, als es noch kein Kontaktverbot gab.

„Kennen Sie mich?“, fragte sie weiter, nachdem sie meinen etwas ratlosen Gesichtsausdruck bemerkte.

„Ach, ja, ja“, sagte ich schnell, obwohl die Frau bereits zu einer weiteren Erklärung angehoben hatte.

Eine meiner drei inneren Stimme, genauer der Draufgänger hatte sich nämlich bereits in meine Gedankenwelt eingemischt und gezischt: Mensch, das ist doch die, die mal mit ihrem Mann in deiner Nähe gewohnt hat.

Und weiter: Frag‘ sie doch, wie es ihr geht, ob sie noch als Managerin arbeitet und ob sie überhaupt weiterhin zwei Dörfer weiter wohnt?

„Ja, wir leben noch in Klosterfelde und fühlen uns dort sehr wohl“, sagte sie schließlich.

„Ich arbeite ja als…“,
„Ich weiß, Sie sind immer noch Managerin“, unterbrach ich sie abrupt.

„Ich kenne das ja von mir, als ich noch in der Unternehmensberatung war und mein Büro faktisch im Flugzeug eingerichtet hatte“, redete ich munter weiter, und zudem sehr laut, sodass sich die Leute, die an uns vorbeiliefen, umdrehten.

Draufgänger stachelte mich zur nächsten Frage an:
„Ist es denn für Sie auch so stressig?“
„Oh ja“, hob sie wieder an.

„Naja, ich bin froh, dass ich nun im Homeoffice arbeite“, unterbrach ich sie erneut.

Also, ich glaube, es reicht jetzt, dass du dich laufend einmischst, unterbrach nun der Sensible, meine zweite innere Stimme, die erste Stimme, den Draufgänger.

Kannst du dich nicht wenigstens ein bisschen, in die Gefühlswelt der Frau hineinbegeben? Merkst du nicht, dass sie darauf brennt, dir etwas von sich mitzuteilen, darüber, wie es ihr ergangen ist?

Kann schon sein, brummte Draufgänger.
Wieso braucht mein Herr und Gebieter dich überhaupt, du Heulsuse, schob Draufgänger noch nach.

„Jetzt ist genug, der Sensible hat vollkommen recht, beendete ich das Gezänk meiner inneren Stimmen.

Sich selbst kennen ist die Voraussetzung dafür, andere Menschen zu kennen und zu charakterisieren.

Mehr lesen:

2021: https://uwemuellererzaehlt.de/mein-freund-der-alltag/alltaegliches-2021/

2020: https://uwemuellererzaehlt.de/mein-freund-der-alltag/alltaegliches-2020/

2019: https://uwemuellererzaehlt.de/mein-freund-der-alltag/alltaegliches-2019/

2018: https://uwemuellererzaehlt.de/mein-freund-der-alltag/alltaegliches/

 

JEEPY (53)

JEEPY UND HANNEMANN FAHREN NACH SASSNITZ

Was bisher war (Folge 52):
Jeepys Fahrer erzählt von dem Dackel Hannemann, an den er sich aus seiner Kindheit erinnert. 

Oma Martha kam hinzu und so schauten beide freudig aus dem Fenster. Oma Martha blieb still. Hannemann nicht. Nein, er kläffte die Leute an, die unten auf dem Fußweg am Haus vorbeiliefen.

Das alles hatte Jeepy förmlich miteingesogen, all diese kleinen Geschichten, die ich ihm von Hannemann erzählte.

Und jetzt sah er in dem kleinen und scheinbar noch sehr jungen Hund den Hannemann von vor vielen Jahren.

„Wie kommst du denn hierher?“, fragte Jeepy ihn.
„Mein Herrchen hat mich hier ausgesetzt. Hier soll einmal mein ‚Urururgroßvater‘ gelebt haben und deshalb bin ich hierhergelaufen“, schluchzte der kleine Dackel.

„Das gibt’s doch nicht! Wie hieß denn dein Vorfahre?“, fragte Jeepy ihn.
„Das weiß ich nicht, aber er hatte es hier wohl sehr gut, wurde gut behandelt, bekam sein Fressen und war glücklich bis an sein Lebensende“, jaulte der Dackel mit weinerlicher Stimme weiter.

Jeepy kamen die Tränen und wischte sie mit den Scheibenwischern ab, so leid tat ihm der kleine Dackel.

„Ich weiß, wie dein ‚Urururgroßvater‘ hieß“, sagte er zum Dackel.
„Wirklich?“, fragte der und rieb sich ganz verwundert mit seinen Pfoten über die Augen, die gleich ein wenig zu leuchten anfingen.

„Ja, der hieß nämlich Hannemann. Und was hältst du davon, wenn wir dich ab heute auch so nennen?“, fragte Jeepy ihn.
„Auja“, bellte da der Dackel und sprang vor Freude mit seinen kleinen Pfoten im Kreis.

„Willst du mit mir kommen und Abenteuer erleben?“, fragte Jeepy ihn.
„Wo willst du denn hin?“
„Ich fahre nach Sassnitz, zum Fischer Gottried“, antwortete Jeepy.

„‘Juhuu‘, wir fahren ans Meer“, bellte da Hannemann.
„Wer macht hier so einen Krach?“, rief jemand von oben aus einem Fenster heraus?“

„Psst, komm‘ schnell“, zischte da Jeepy.
Freudig sprang Hannemann auf, legte sich in auf die Rückbank, in den Kindersitz hinein, in dem normalerweise Krümel saß.

Er rollte sich ein und als Jeepy anfuhr und in Richtung Rügen düste, schlief Hannemann bald ein.

BLOG – BEITRÄGE NUR NOCH EINMAL IN DER WOCHE

Das dachte ich noch bis vor einigen Tagen. 
Ich denke jetzt, das war ein Fehler.
Warum?
Nun, ich merke, dass ich jeden Tag einen Text schreiben sollte,  und wenn der noch so klein ist.
Also, es gibt wieder jeden Tag einen Text, montags bis samstags.
Warum das gut ist, das habe ich ja schon hier beschrieben, und daran hat sich auch nichts geändert.

Wenn mir etwas wichtig ist, so schreibe ich es zunächst mit Hand. Der Nachteil daran ist, dass ich es danach meist noch abschreiben muss.

Aber da ich das im 10-Finger-Schnell-Tipp-Modus erledige, hält sich der Aufwand in Grenzen, zeitlich zumindest.
Der riesige Vorteil für mich liegt darin, dass ich ‚durch die Hand hindurch denke‘.

Quasi vom Bleistift direkt ins Gehirn und umgekehrt.
Warum das so ist, darüber sind unendlich viele Abhandlungen geschrieben worden. Für mich ist es einfach eine Gewohnheit, die ich mir zunutze mache.

Ich denke, die meisten, die viel schreiben kennen das.
Ausnahmen bestätigen natürlich die Regel. Jetzt zum Beispiel, da schreibe ich den Text sofort auf dem Computer und schaue auf den Bildschirm, wie sich die Buchstaben aneinanderreihen.

Es ist übrigens nach wie vor ein Phänomen für mich, dass ich nach einer bestimmten Anzahl von Zeilen wie von selbst auf den Computer umsteige.

Irgendwie ist das so, dass du anfängst zu gehen, dann schneller wirst und plötzlich läufst du einfach.

Die Idee dahinter: Ich will mich genau auf diese Themen konzentrieren. Sie haben alle eine gemeinsame Klammer, meinen Alltag, meine Gedanken, Erlebnisse, die ich niederschreibe.

Bis bald.

 

 

DERJENIGE SEIN, DER MAN SCHON IMMER SEIN WOLLTE

ALLEIN MIT MEINEN INNEREN STIMMEN

Ich nutze die Zeit in der Krise dafür, mich durch meine inneren Stimmen besser kennenzulernen, endlich der zu werden, der ich schon immer sein wollte.

‚Jetzt oder nie‘, sage ich zu mir, während ich am Schreibtisch sitzend den Montagmorgen begrüße.

Im Grunde genommen will ich ihn abwehren, aber das wäre wieder die Art von Realitätsverweigerung, die ohnehin nichts bringt.
Also überlege ich, was ich mit meiner schlechten Laune anfangen soll.

Ich werde es wohl nur schaffen, was Gutes daraus zu machen, wenn ich mich mit meinen Gefühlen, meinen Sehnsüchten, meinen Konflikten intensiver auseinandersetze. Und dafür ist nun im Homeoffice genügend Zeit.

Das Thema, mehr an innerer Freiheit zu gewinnen, lässt mich schon ein ganzes Leben nicht los. Konkreter, wie du dein eigenes Leben führst und nicht das, was andere von dir erwarten.

Es gibt Menschen, die hatten das Glück, von Anfang an das zu sein, was sie schon immer sein wollten. Maler, Schriftsteller, Arzt, Koch, Feuerwehrmann.

Ich habe fast ein ganzes Berufsleben Dinge gemacht, die andere von mir erwartet haben – Schiffsmaschineningenieur und Marineoffizier sein und zur Belohnung auf hoher See kotzen, Volkswirtschaft studieren und davon Gallenschmerzen kriegen.

Dann kam eine Phase, in der ich das gemacht habe, was mich beflügelte – mich mit Menschenrechten im KSZE-Prozess zu beschäftigen.

Nach der Wende war ich alles Mögliche, Dozent, Immobilienverkäufer, Manager, PR-Texter. Aber all das hat nicht zu der Freiheit geführt, die ich ein Leben lang wollte.

Erst jetzt, wo ich am Schreibtisch sitze, da habe ich das Gefühl, ich bin dieser Freiheit ein Stück nähergekommen.

Ich glaube, es ist wichtig nicht aufzuhören, den Weg zu sich selbst zu gehen, der zu werden, der man schon immer sein wollte.
Also gehe ich mit meinen inneren Stimmen in einen Dialog.
Diese Stimmen haben verschiedene Namen, weil sie ein Teil eben von mir sind, aber auch ein jeweils anderer Teil – mal gleich und mal völlig verschieden.

Wie habe ich meine Protagonisten genannt?
Da ist zum einen der Draufgänger, der der stets nach vorn will.
Dann kommt der Sensible, der Mitfühlende, der, der nicht ‚nein sagen‘ kann.

Und schließlich noch zu einem gar nicht mal so kleinen Teil der Theoretiker, derjenige also, der alles planen will, strukturieren möchte, die Bleistifte ordnet, bevor er anfängt zu schreiben.

Sie besser kennenzulernen, zu sehen, wer in welchen Momenten die Oberhand gewinnt, das wird ein spannender Weg der Selbsterkenntnis. Ich freu‘ mich drauf.


JEEPY (52)

DACKEL HANNEMANN

Was bisher war (Folge 51):  Jeepys Fahrer erzählt davon, wie es früher bei Oma Martha war. Das alles weiß aber Jeepy nicht. Dem hat er nur von einem Dackel Hannemann berichtet.

Hannemann gehörte eigentlich zu uns in die Wohnung, in der Straße der ‚Nationalen Einheit‘. So hieß die noch in den 50-iger Jahren.

Oma Martha war dort nur tagsüber, wenn sie uns Kinder beaufsichtigte, das Essen kochte, die Wäsche wusch, den Ofen heizte, mir ein Messer an die Stirn hielt, weil ich mal wieder auf dem Hof gegen die Teppichstange gelaufen war. Abends ging sie in ihre kleine Wohnung auf dem Obotritenring.

Vor Dackel Hannemann kam Dackel Alfons.
Alfons mochte eines gar nicht: laufen.
Wir zogen ihn über die Straße, ja wir schleiften ihn über den Gehweg, aber Alfons blieb stur.

Vati gab ihn schließlich dem Züchter zurück und tauschte ihn gegen einen lebendigeren Dackel ein.

Den nannten wir Hannemann. Dackel Hannemann war ein viel quirligerer Hund, als Alfons es war, auf viel zu kurzen Beinen, und er war einer, der fröhlich kläffte.

Hannemann hatte riesige Schlappohren, die an ihm herunterhingen, ja fast auf dem Boden schleiften.
Nur wenn er hinter etwas her war, er über Felder jagte, dann standen die Ohren waagerecht, wie in einem Windkanal.
Hannemann hatte ein braunes Fell, schwarzbraune Augen, war neugierig, tapfer, übermütig, ja hatte es faustdick hinter den Ohren, die viel zu lang für seinen kleinen Körper erschienen.

Dass wir ihn oft nicht sahen, wenn er hinter einem Kaninchen hinterher war, das störte Hannemann nicht im Geringsten.
An all diese Erzählungen seines Fahrers musste Jeepy denken, als er den kleinen Dackel vor der Haustür sah, der Hannemann so ähnlich war.

Und ich hatte Jeepy auch erzählt, dass Hannemann Oma Martha liebte. Oma Martha mochte ihn auch so sehr, sodass die beiden bald unzertrennlich wurden.

Wenn ich abends mit Hannemann noch rausmusste, dann zog der grundsätzlich nach links, in die Richtung, in der Oma Marthas Wohnung lag.

Kurz vor Oma Marthas Haustür machte ich die Leine ab und Hannemann stürmte mit seinen kurzen Beinen die Holztreppe rauf, kläffte fröhlich und sprang an Oma Martha hoch, sowie sie ihre Wohnungstür öffnete und aus ihr heraustrat.

Aber das war nicht von langer Dauer. Hannemann fegte durch die Küche, rein ins Schlafzimmer, rüber zum Wohnzimmer und sprang auf den vor dem Fenster bereitgestellten Stuhl, um von da aus auf das Fensterbrett zu gelangen.


Nächste Folge: Jeepy-(53) 
Freitag, 03.04.2020

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

JEEPY (51)

JEEPY IN SCHWERIN

Was bisher war (Folge 50): 
Jeepy hat es geschafft. Er steht genau vor dem Haus, in dem meine Oma lebte und ich, Jeepys Fahrer, habe ihm davon so manches Mal erzählt.
Oma Martha war die Lieblingsoma von mir, Jeepys Fahrer.

Oma Martha lebte über 50 Jahre in einem dunklen Haus, im ersten Stock. Die Treppen waren aus Holz und sie knarrten, wenn man sie hinabging, um zum Klo im Erdgeschoss zu gelangen.

Oma Martha liebte es, die Holztreppen sauberzumachen. Sie haute dann mit dem Besen so gegen die Stufen, dass der dadurch entstandene Lärm im ganzen Haus widerhallte.

Sie sprach in ihrem unverwechselbaren Platt mit den Leuten, die an ihr vorbeiliefen. Und zwischendurch kam sie nach oben, in ihre Wohnung, setzte sich auf den Stuhl in ihrem im Wohnzimmer. Das Zimmer war klein und schmal. Gleich am Eingang war eine Nähmaschine und dahinter stand an der Wand das Sofa.

Wenn ich zu Besuch war, dann legte ich mich darauf und schaute zu, wie Oma Martha auf der Singer-Maschine nähte und das Rad so gleichmäßig surrte, dass ich meist auf der Couch einschlief. Wenn wir alle bei Oma Martha zu Besuch waren, schlief Vati auf dem Tisch, wir Kinder vor der Standuhr am Fenster und Mama lag auf der Couch.

Oma Martha schlief in ihrem Bett im anderen Zimmer, das genauso ein Schlauch war. „Geduldige Schafe ‚gahn väl in enen Stall'“, sagte sie, wenn Vati murrte, dass es zu eng war.

Wir Kinder aber fanden es schön, wenn nachts die Uhr schlug und draußen die Straßenbahn quietschend vorbeifuhr. Aber von alledem hatte ich Jeepy nichts erzählt, nur eben von Dackel Hannemann.

Nächste Folge: ‚Dackel Hannemann‘- JEEPY (52), 
Samstag, 28.03.2020

 

 

SCHREIBEN IN ZEITEN VON CORONA

SCHREIB-ALLTAG

Das Schreiben in der kontaktarmen Zeit von Corona
kann ich auch als Chance begreifen.

Die Bilder im Fernsehen über das Fortschreiten der Pandemie jagen mir einen Schauer über den Rücken.

Ich weiß, dass es kaum ein Entrinnen gibt, auch für mich nicht. Und trotzdem, ich hoffe, dass ich wenigstens glimpflich davonkomme. Das wünsche ich meiner Frau, meiner Tochter, meiner Enkelin, im Grunde genommen allen Menschen. Einfach, dass es irgendwie an uns vorüberzieht.

Aber wird es so sein? Mein Bauchgefühl sagt mir das Gegenteil.
Was soll ich tun? Nur am Schreibtisch sitzen und darüber philosophieren?

Nein. Ich ordne mein Leben neu, gedanklich jedenfalls.
Ich will weiterschreiben. Es gehört einfach zu mir dazu.
Gestern Abend, da lag ich auf der Couch und ließ mich von einem mittelklassigen Thriller berieseln.

„Eigentlich brauchtest du doch nur noch ein wenig Sport machen, lesen und das Schreiben ganz wegfallen lassen. Dafür gehst du eben arbeiten, aufwischen zum Beispiel und das reicht dann.“

Ich finde den Gedanken gut. Und ein paar Stunden hält sich diese Stimmung auch. Aber dann schlägt sie wieder um.
Was will ich wirklich? Was macht mein Leben aus?

Es ist genau das, worüber ich sehr oft fluche, nämlich das Schreiben.
Wie kann ich das attraktiver gestalten, was gibt es für Chancen, trotz der Corona-Krise, oder gerade wegen ihr?

BELLETRISTISCHES SCHREIBEN IM FOKUS

Ich werde mich auf das belletristische Schreiben konzentrieren. Etwas Anderes kann ich jetzt ohnehin nicht tun.
Also schreibe ich, Blogbeiträge, Texte für E-Books.
Ich merke immer stärker, dass ich noch nicht fokussiert genug an die Sache herangehe.

Bisher habe ich überlegt, wie ich dem Leser gefallen kann.
Die großen Marketingexperten sagen dir das.
„Interessiere dich für deine Zielgruppe, schreibe darüber, was sie interessiert.“

Das habe ich nun lange genug gemacht. Obwohl ich auf Keywords bei der Recherche geachtet und mir Themen gesucht habe, die leserfreundlich sind, hat das alles nichts genützt.

Jetzt in dieser aktuellen Zeit werde ich mich neu aufstellen.
Zum einen mache ich mich nicht mehr abhängig davon, ob ich ein E-Book verkauft bekomme oder nicht.

Und: Ich schreibe ausschließlich kleine Geschichten, die aus dem Alltag sind, so wie ich es schon längst wollte.

Wie ich das nun wirklich mal intensiver voranbringe, darüber denke ich im nächsten Beitrag nach.

 

SCHREIB-ALLTAG

Mehr lesen:

https://uwemuellererzaehlt.de/schreiballtag/

DAS SCHLECHTE GEWISSEN IM HOMEOFFICE IST ALLGEGENWÄRTIG

WAS DIR WICHTIG IST, DAS ZÄHLT

Jetzt ist die Zeit, den Vorteil ‚Homeoffice‘ voll auszunutzen. Aber ist das alles wirklich so toll?
Ich habe da nicht nur positive Erfahrungen in den letzten Jahren gemacht.

Gestern Vormittag klingelte ein sehr guter Freund bei mir durch.
„Du musst doch jetzt sehr gut zurechtkommen, im Homeoffice, mit deinem Schreiben“, meinte er.

Natürlich wusste ich sofort, worauf er anspielte, nämlich auf die Tatsache, dass ich nahezu schon ein Jahrzehnt von Zuhause aus arbeite, vom heimatlichen Schreibtisch aus mein Geld verdiene.

„Ja, ich bin sehr gut trainiert darin allein zu sein, für mich zu arbeiten, wenige soziale Kontakte in der Arbeitszeit zu pflegen“, gab ich ihm recht.

Allerdings ist das, was sich auf den ersten Blick wie ein Vorteil anhört, letztlich nur möglich, wenn du sehr selbstdiszipliniert arbeitest, dich wenig ablenken lässt.

Und die Versuchungen sind groß: Da locken eine Talkshow, ein Thriller, den ich noch gern zu Ende sehen will oder aber ich surfe einfach im Internet herum.

Es ist eben gar nicht so leicht, am Arbeitsplatz im Homeoffice zu bleiben, weil dich hier ja keiner beobachtet, dich keiner auffordert, nicht so viel Kaffee zu trinken, nicht endlos zu quatschen und nicht andere Mitarbeiter von der Arbeit abzuhalten.

Das ist wohl die größte Herausforderung dabei, am Schreibtisch sitzenzubleiben, obwohl dich keiner daran gefesselt hat.
Jetzt wäre die Zeit, das zu trainieren, aus der Not geboren, sozusagen eine Tugend zu machen, natürlich immer vorausgesetzt, man bleibt in dieser Zeit gesund.

Klar, wer noch kleine Kinder hat, die viel Aufmerksamkeit wollen, dem fällt es zudem noch viel schwerer, nicht den roten Faden zu verlieren. Das will ich gern zugeben.

Überhaupt, ich könnte eine Wette eingehen:
Viele werden sich zurücksehnen, an ihren Arbeitsplatz, weit weg vom eigenen Homeoffice. Sie werden sich wieder darauf freuen, den Kollegen zu sehen, ihm freundschaftlich auf die Schulter zu klopfen und danach konzentriert die nötigen Aufgaben abzuarbeiten.

Und dann? Ja dann, freust du dich auf den Feierabend, darauf, dass du alles hinter dir lassen kannst, bis zum nächsten Tag.
Und im Homeoffice?
Das hast du fast 24 Stunden vor deinem Auge, und wenn du nach dem Abendbrot nicht weitermachst, dann drückt dich das schlechte Gewissen.

Die gute Seite daran: Schaust du einen Film, obwohl du eigentlich noch was erledigen wolltest, so genießt du ihn viel intensiver, weil du ja weißt, dass du dir es eigentlich gar nicht leisten dürftest.

EIN SCHEINBAR NICHTSSAGENDER MORGEN

05.30 Uhr. Es ist still.
Es ist immer still um diese Zeit, aber mir scheint heute Morgen ist es irgendwie eine gespenstische Ruhe.

Ich sitze bereits am Schreibtisch, nachdem ich Klara gerade zum Bahnhof gebracht habe.

Sonst fahren wir ja gemeinsam nach Mitte rein.
Sie zur Arbeit, ich auch.
Naja, ich zur körperlichen Tätigkeit, dem Fitnesstraining.
Und nun ist das erst einmal vorbei.

Jetzt habe ich um diese Zeit schon die Texte fertig, die ich noch für die Homepage eines Pflegedienstes durchsehen wollte.
Eigentlich mag ich gar nichts tun.

Ich bin wie paralysiert, denke daran, was vielleicht noch auf uns zukommt.
Ich versuche Klara zu überreden, im Homeoffice zu arbeiten.
Das ist leichter gesagt, als es getan ist.

Sie braucht zwei Bildschirme, und ich sehe mich schon unter dem Schreibtisch liegen und fluchen, weil ich nicht weiß, welche Kabel wo angeschlossen werden müssen.

Das lenkt mich ein bisschen ab, wenn ich über so etwas nachdenke und verhindert, dass die Angst zu schnell und zu stark in mir hochsteigt, vor dem, was vielleicht noch kommt.

Ich kenne Katastrophen nur aus dem Fernsehfilm oder aus dem Kino.
Da, wo Menschen leiden, möglicherweise wegen einer sich rasant ausbreitenden Epidemie, und sie sterben, während du vor dem Fernseher sitzt und lustlos auf einer Salzstange herumkaust und dich ärgerst, weil du danach erneut die Zähne putzen musst.

Aber jetzt ist es anders. Wir sind selbst die Hauptdarsteller, in einem Film, den du auf keinen Fall sehen und deshalb auch nicht so richtig wahrhaben willst.
Ich versuche, mich abzulenken, ich plane, strukturiere, schreibe.
Und dann denke ich an Krümel, die ich jetzt nicht sehen kann.
Sie fehlt mir, vor allem, wenn ich sie frage:

„Na, soll ich dir was vorsingen?“
Sie hat aber gerade in dem Moment einen kleinen Bock, weil ihre Mama ihr mal wieder den Nuckel nicht geben will.
Sie sagt ja nicht im Stil eines Erwachsenen zu mir:

„Oh, lieber Opa, das ist ganz reizend von dir, dass du mir was vorsingen willst, aber gerade jetzt bin ich ein wenig unpässlich, vielleicht später, ja? Aber trotzdem lieben Dank.“

Nein, so viel Umwege macht sie nicht.
Sie sagt einen Satz, einen Halbsatz: „… in Ruhe!“
Das war’s.

Möglich ist das jetzt die Zeit, wo man ohne Umschweife sagen sollte, was man denkt.

Zum Beispiel zu Klara:
„Ich liebe dich von ganzem Herzen, und ich habe Angst um dich, dass du dich auf Arbeit mit dem Virus infizierst.“
Aber das kriege ich nicht über die Lippen, obwohl es genau das auf den Punkt bringt, was ich fühle.

Ich denke dann aber: „Na, sie vermutet doch, dass ich schon wieder irgendwas verbockt habe.
So wie gestern Morgen, als ich den Kaffee aufgesetzt habe und mir der Wasserbehälter umgekippt ist.

Das Wasser lief vom Küchentisch herunter, auf die Erde und schon hatte ich die schönste Sauerei in der Küche.
Ich habe den Wischmopp aus der Ecke herausgezerrt, blieb dabei am Staubsauger hängen. Der fiel auf den Boden, auf die Fliesen, mit einem lauten Knall.

Das Teil, was die Sogstärke regelt, ging dabei kaputt.
„Das musst du kleben“, sagte ich abends zu Klara.
„Ja, das muss auch geklebt werden!“, sagte sie mit vorwurfsvollem Unterton.

„Aber bitte nicht ganz zukleben, sonst ist der Sog zu stark an der Bürste und es saugt sich so schwer.“
„Doch, genau das mach'“, sagte sie darauf entschieden.
Ich schwieg, obwohl es mir schwerfiel, in dem Moment den Mund zu halten.

Den Rest habe ich gestern mit den Socken trockengewischt.
Die waren danach feucht, meine Füße auch.
Na gut.

„Hast du eigentlich bemerkt, dass ich gestern noch abgewaschen habe?“, frage ich so scheinbar ganz nebenbei heute beim Frühstück.
Dabei will ich schon gewürdigt werden, für meine kleinen Heldentaten im Alltag.

Obwohl, bei Klara käme ich gar nicht auf die Idee.
Höchstens, dass ich nach dem Saugen meine: „Da liegt noch ein Fussel.“

Oder dass ich beim Essen sage: „Schmeckt prima, ich nehme noch einen Nachschlag.“
Klara antwortet auf meine Frage, ob sie das Abwaschen bemerkt hätte mit einem „Hm, ja, schön.“
Ich bin ein wenig enttäuscht.

Wir steigen ins Auto und fahren los. Es wird jetzt schon hell.
Der Morgennebel verhüllt die Dorfkirche, ihre Umrisse schimmern aber bereits durch.
Die Straßen sind menschenleer.
Es wirkt unheimlich, dass keiner zu sehen ist.

Nur der Mann mit den vier Buchstaben auf dem Rücken geht in Richtung Bahnhof, er wankt mehr. Ich möchte ihm am liebsten aus dem Auto zurufen: „Hallo, schön dich zu sehen.“

„Ich freue mich, wenn die Sonne rauskommt“, sage ich stattdessen zu Klara.
„Und ich freue mich in der Bahn auf mein Sudoku“, antwortet sie.

Wir sagen nichts, aber wir genießen die kleinen, scheinbar nichtssagenden Momente und hoffen darauf, dass es morgen auch noch so sein wird.

 

FSV BASDORF – EIN KLEINES TEAM GANZ GROSS

ES SIND OFT DIE KLEINEN DINGE DES ALLTAGS, DIE EINEN BERÜHREN
DER FSV BASDORF HILFT

04.00 Uhr früh, meine Frau muss zur Arbeit, also tue ich das, was ich jeden Morgen erledige, bevor ich mich selbst an meinen Schreibtisch schwinge: Ich mache das Frühstück, und ich hole vorher die Zeitung von draußen rein.

Die Zeitung war nicht da, dafür lag aber ein zusammengefalteter Zettel im Briefkasten.

„Der FSV Basdorf geht für Sie einkaufen, damit Sie sicher zuhause bleiben können!“, steht dort drauf.

Es war Montagmorgen, und eine Zeit, zu der ich mich nur schlecht zu guter Laute aufraffen kann.

Aber jetzt bekam ich beim Lesen ein gutes Gefühl, schlagartig legte sich bei mir der Schalter auf positive Energie um.

Ich musste mich dazu nicht durchringen, es mir nicht abquetschen. Nein, mein Unterbewusstsein sendete mir ganz von allein diese guten Signale: Menschen, die wir nicht kennen, und die uns nicht kennen, machen sich Sorgen um uns, bieten vorsorglich Hilfe an.

Klar, meine Frau ist über 60 Jahre, ich auch. Wir arbeiten aber beide noch und noch können wir alles gut organisieren.

Allein die Tatsache, dass sich Menschen für andere Menschen engagieren wollen, das freut mich einfach sehr.

Eigentlich sollte an dieser Stelle ein anderer Text stehen, einer, der etwas über die Stärken in uns selbst aussagt, und wie wir sie mobilisieren können.

Aber dieses Flugblatt ist ja bereits der praktische Beweis für diese Motivation, die man aus sich selbst heraus erzeugen kann. Ich will mich also einfach für diese Geste, für das Hilfsangebot bedanken. Ich lebe schon lange in Basdorf, seit 1993, habe einiges hier mitaufgebaut.

Und nun merke ich wieder, was es hier für engagierte Persönlichkeiten gibt. Späte Erkenntnis? Ja. Zu spät? Nein.
Also, lieben Dank für diese Initiative, liebes Team des FSV Basdorf!
Uwe Müller

ZUR HOMEPAGE DES FSV BASDORF:

https://www.fsvbasdorf.de/

JEEPY (50)

JEEPY IST IN SASSNITZ ANGEKOMMEN UND DENKT DARAN, WIE ER AUF DER FAHRT DORTHIN NOCH EINEN ABSTECHER NACH SCHWERIN MACHTE

Jeepy steht auf dem Hof in Sassnitz, bei Fischer Gottfried. Er ist erschöpft und denkt an den Tag, den er heute erlebt hat. Noch früh morgens stand er im Carport, ist dann allein nach Sassnitz aufgebrochen und hat vorher noch einen Umweg über Schwerin gemacht.

Jeepy saust über die Autobahn, ganz allein. Wohl ist ihm nicht dabei.
Er ist einfach losgefahren, ohne seinen Fahrer zu fragen.

Aber jetzt will er hoch zur Ostsee, nach Sassnitz auf Rügen. Vorher aber, da möchte er noch einen Abstecher nach Schwerin machen, da, wo sein Fahrer herkommt.

Der hat ihm viel erzählt von dieser Stadt, in der er seine Kindheitsjahre verbracht hat.
Also will Jeepy mit eigenen Augen sehen, was in dieser Stadt heute so los ist.

Doch er hat nicht so viel Zeit, denn er möchte noch nach Sassnitz fahren und dann auch wieder nach Hause, in seinen Carport.
Es ist dunkel geworden und Jeepy hat inzwischen die Stadtgrenze von Schwerin erreicht.

„Hey, Navi, sag‘ mir, wo ich langfahren muss, damit ich auf dem Obotritenring ankomme“, ruft Jeepy.

„Warum ausgerechnet Obotritenring?“
„Sei nicht so neugierig, oder machst du das etwa auch, wenn mein Fahrer im Auto sitzt und dir das Ziel vorgibt?“

„Nein, natürlich nicht, da flöte ich nur mit lieblicher Stimme, wo er langfahren soll, zum Beispiel – die Straße geradeaus und dann linkshalten“, antwortet das Navigationsgerät.

„Naja wenigstens hast du heute eine angenehme Stimme. Früher, da hat in deinem Gerät ein Mann gesessen und der rief ‚liiinkshaaalten!‘. Da ist mein Fahrer bald vor Schreck aus dem Auto gefallen.“

„An der nächsten Kreuzung, da biegst du nach rechts ab, fährst die Anhöhe hoch und dann bist am Obotritenring, besser gesagt, in der Goethestraße. Da hat nämlich die Oma von deinem Fahrer gewohnt.“

„Donnerwetter, was du alles weißt. Also gut, so machen wir das.“
Jeepy hat es geschafft. Er steht genau vor dem Haus, in dem die Oma von seinem Fahrer gelebt hat. Oma Martha war seine Lieblingsoma.

FORTSETZUNG – JEEPY (51): JEEPY LERNT IN SCHWERIN DEN DACKEL HANNEMANN KENNEN

PODCAST – ALLTÄGLICHES (40)

EIN SCHEINBAR NICHTSSAGENDER MORGEN

Es ist still.
Es ist immer still um diese Zeit, aber mir scheint heute Morgen ist es irgendwie eine gespenstische Ruhe.
Ich bin wie paralysiert, denke daran, was vielleicht noch auf uns zukommt.
Ich kenne Katastrophen nur aus dem Fernsehfilm oder aus dem Kino.
Da, wo Menschen leiden, möglicherweise wegen einer sich rasant ausbreitenden Epidemie, und sie sterben, während du vor dem Fernseher sitzt und lustlos auf einer Salzstange herumkaust und dich ärgerst, weil du danach erneut die Zähne putzen musst.
Aber jetzt ist es anders. Wir sind selbst die Hauptdarsteller, in einem Film, den du auf keinen Fall sehen und deshalb auch nicht so richtig wahrhaben willst.
PODCAST

AUF ALTE STÄRKEN ZURÜCKBESINNEN

Das Corona Virus zwingt mich dazu, mein Leben neu zu ordnen.

Kann ich einfach so weitermachen, wie ich es bisher getan habe?
Nein, bestimmt nicht.

Nachdem ich lange darüber nachgedacht habe, bin ich zu dem Entschluss gekommen, meine täglichen Trainingseinheiten im Fitness-Studio aufzugeben.

Es ist ja nicht damit getan, dass du lediglich die Geräte nach dem Training mit einem Tuch säuberst. Du triffst ja im Verlaufe der Woche auf viele Menschen, sehr viele.

Dass ich nicht weitermachen kann, das schmerzt mich. Die tägliche Überwindung, das Dranbleiben an den Übungen, das hat mich geformt.

Aber was lerne ich nun daraus?
Ich muss gerade jetzt die Kehrseite der Risiken sehen.

Welche können das sein?
Einmal die Tatsache, dass ich seit über 8 Jahren aus dem Arbeitszimmer, dem Homeoffice, mein Geld verdiene.

Ich hatte schon vergessen, was mich dazu gebracht hat, wirtschaftlich zu überleben.
Du musst nämlich sehr diszipliniert sein, sehr ausdauernd und auch ein wenig kreativ.

War ich das immer? Bestimmt nicht!

Aber ich rufe mir diese Primärtugenden des freiberuflich Tätigen jetzt wieder stärker ins Gedächtnis.

Was bleibt, das ist das Risiko. Meine Frau muss ja trotzdem jeden Tag nach Berlin reinfahren, um im Zeitungsviertel zu arbeiten.

Aber oder gerade deshalb wollen wir nicht, dass uns der Mut verlässt, wir bleiben humorvoll und zuversichtlich. Und diesen Mut, der bleibt, den wünschen wir allen.

JEEPY (49)

JEEPY FÄHRT ALLEIN NACH SASSNITZ

Jeepy ist von Zuhause ausgerissen, kann autonom fahren und schafft es bis auf den Hof von Onkel Gottfried, dem Fischer aus Sassnitz

Hallo Krümel, heute meldet sich nicht Jeepy bei dir, sondern ich, dein Opa und gleichzeitig der Fahrer von Jeepy. Aber das weißt du ja längst.

Du willst wissen, wo Jeepy hin ist? Ja, gestern hätte ich das auch gern gewusst.

Aber dann meldete sich ein Fischer aus Sassnitz. Dieser Fischer heißt Gottfried Taube und ist schon sehr alt, über 80 Jahre. Und trotzdem fährt er noch jeden Tag mit seinem kleinen Boot aufs Meer hinaus und fängt Fische.

Ich kenne ihn gut, und ich mag ihn sehr, wegen seiner brummigen, aber sehr ehrlichen Art. Onkel Gottfried, so haben wir ihn stets genannt.

Onkel Gottfried hat uns nun angerufen. Er telefoniert sehr ungern. Er hat zwar ein Handy, aber das liegt in einer Kommode und wird von ihm nicht vermisst.

Also schrillte Onkel Gottfrieds altes Telefon im Flur. Onkel Gottfried war schon vor dem Fernsehapparat eingeschlafen. Er erhob sich ächzend aus dem Sessel und zur gleichen Zeit sprang seine Katze Minka von seinem Schoß auf. Sie miaute.

„Muss der mich hier einfach in meiner Ruhe stören?“, fauchte sie. Onkel Gottfried aber konnte sie nicht hören. Nur die Tiere untereinander können sich in dieser Sprache verständigen. Es war die Tiersprache mit einem plattdeutschen Dialekt, in der Minka ihren Unmut zum Ausdruck brachte.

„Onkel Gottfried, weißt du wo Jeepy abgeblieben ist?“, fragte ich ihn.
Ich war nämlich am anderen Ende des Telefons, und weil ich mir Sorgen um Jeepy machte, hatte ich eben Onkel Gottfried angerufen.
„Wie kann Jeepy, ein Auto, hier bei mir sein? Ohne seinen Fahrer? Was für ein Quatsch!“, brummte Onkel Gottfried.

„Hast du schon mal etwas von einem autonomen Fahren gehört?“, fragte ich ihn.
„Nö“, sagte Onkel Gottfried.

„Ein autonomes Auto kann alles allein. Es fährt auf der Straße allein, steuert selbstständig, reagiert im Notfall auf sich gestellt, kann allein durch den Kreisverkehr fahren, sieht die Ampeln, sieht den Gegenverkehr und vieles mehr.“

„‘Dunnerwetter‘“, erwiderte Onkel Gottfried auf platt.
„Ja, und sprechen kann Jeepy auch.“

„Willst du ‚mi veräppeln‘?“, fragte da Onkel Gottfried.
„Nein, ganz bestimmt nicht. Denkst du, mir macht es Spaß, dass Jeepy so einfach über die Autobahn düst, ohne mich zu fragen? Also schau doch mal durchs Fenster, ob Jeepy bei dir auf dem Hof steht.“

Onkel Gottfried legte den Hörer beiseite und tatsächlich, mitten auf dem Hof, da leuchtete das fröhliche Rot von Jeepy.
„Dein Jeepy steht bei mir auf dem Hof und Minka liegt schon darunter“, sagte Onkel Gottfried, nachdem er mich erneut angerufen hatte.

„Ich ruf dich zurück, wenn ich mit Jeepy gesprochen habe“, sagte er noch und legte auf.

Ja, Krümel, und wie diese Geschichte weitergeht, und wie Jeepy den Dackel Hannemann, Minka, Onkel Gottfrieds Katze, und den Bobtail Bobby kennenlernt, und was er vor allem mit ihnen für Abenteuer erlebt, das erzähle ich dir die nächsten Male.
Bis dahin grüßt dich ganz herzlich der Fahrer ohne ‚Jiiipi‘.

SCHREIB-ALLTAG (15)

WIE AM BESTEN SACHVERHALTE UND THEMEN EINDRUCKSVOLL SCHILDERN?
Sachverhalte lassen sich besser erhellen, wenn man sie nicht nur trocken beschreibt, sondern Figuren mit ins Spiel bringt und Situationen detaillierter schildert.

„Es regnete, als der Mann aufstand und zur Arbeit ging“, ist eine Möglichkeit, einen einfachen Sachverhalt wiederzugeben.

Besser: „Er kam mit Mühe aus dem Bett. Und als er schließlich vor die Tür trat, da schauderte es ihn zum zweiten Mal an diesem Morgen. Der Regen prasselte auf das Vordach des Hauses. Er schlug den Kragen des Mantels hoch und trat ins Freie. Im Nacken spürte er vereinzelt Regentropfen und seine Füße wateten durch die Pfützen. Er hätte im Bett bleiben sollen.“

Sicher, nicht immer ist die Zeit da, so ausführlich zu schreiben, aber wenn ich mir zum Beispiel Themen der Pflege vornehme, dann reicht es für mich nicht zu sagen: „Die Pflege und Betreuung von Demenzkranken verlangt den pflegenden Angehörigen alles ab.
Nein, ich will Situationen schildern, in denen das besonders deutlich wird.

„Anna vergaß alles“ ist eine Möglichkeit, den Zustand eines an Demenz erkrankten Menschen zu beschreiben.
„Anna rief heute zum sechsten Mal bei Lukas an, und zwar im halbstündlichen Takt nach acht Uhr abends“, eine andere; eine Möglichkeit, die nicht nur Annas Zustand verdeutlicht, sondern auch zeigt, wie pflegende Angehöriger davon betroffen sind.

MEINE INNEREN STIMMEN SIND WIEDER DA

PROBEZEIT IST VORBEI
Wie mich ‚KeinBock‘, ‚DerBeißer‘, ‚JammerLappen‘ und ‚DerPlaner‘ versuchen zu beeinflussen.

Es ist mal wieder soweit. Ich muss aufstehen und mit mir meine inneren Stimmen. Ich habe ihnen neue Namen gegeben.
Ich weiß nicht, wieviel Stimmen oder Protagonisten es am Ende sein werden.

Heute Morgen sind es jedenfalls ‚KeinBock‘, ‚DerBeißer‘, ‚JammerLappen‘ und ‚DerPlaner‘.

KeinBock ist grundsätzlich gegen alles, hat nicht wirklich zu etwas Lust. So wie heute Morgen, als der Wecker des Handys anfing Krach zu machen.

„Warum?“, fragte KeinBock.
„Darum!“, sagte DerBeißer, wie immer mit leicht verkniffenem Gesicht.

„Los, heb deinen Hintern aus dem Bett“, schnaufte er noch.
Das erinnerte mich an meine Marinezeit, als morgens die Trillerpfeife ertönte und der Maat vom Dienst schrie:

„Reise, Reise, nach alter Seemannsweise, ein jeder weckt den Nebenmann, der letzte stößt sich selber an.“
„Ich kann nicht so früh aufstehen, ich bin Rentner“, versuchte JammerLappen zaghaft einzuwenden.

„Heul‘ woanders, du arbeitest ja auch noch und da willst du gar nichts davon wissen, dass du Rentner bist, such‘ dir nicht immer die Rosinen raus.“

„Lass ihn doch mal in Ruhe, er muss sich erst einmal zurechtfinden und entscheiden, ob die Energie ausreicht, damit er endlich aufsteht“, murrte KeinBock.

„Schwing‘ doch die Beine erst einmal aus dem Bett und dann sitzt du auf jeden Fall schon mal. Dann hockst du so ein bisschen, kannst ja mit JammerLappen gemeinsam noch ein wenig herumheulen und danach stehst du mit einem Schwung auf“, sagte DerBeisser.

Jetzt mischte sich DerPlaner ein: „Komm, mach schnell. Du musst noch den Kaffee kochen, die Wasserflasche füllen. Außerdem habe ich gerade den Zeitungsmann gehört. Wie ich dich kenne, willst du auch noch einen Blick in die Zeitung werfen, damit du nachher im Auto schön wieder Klara die Ohren vollsülzen kannst.“

Ich hatte genug von dem Summen im Ohr, schwang mich aus dem Bett, rückte die Bettdecke zurecht, knipste das Licht an und schlurfte ins Bad, um mir erst einmal ein paar Wassertropfen in die Augen zu schmieren und einen kalten Schwapp ins Genick. Danach war ich etwas munterer.

Der Tag hatte unwiderruflich begonnen, egal, was die Stimmen mir noch einflüstern wollten.

MIT DEM EIGENEN BLICK RUHIG MAL DURCH DAS FENSTER DES ANDEREN SCHAUEN

Was in der Streitkultur zwischen Ost und West helfen kann.

Wir waren mal wieder im Theater, im Deutschen Theater. Ich bin ehrlich, hätten uns unsere Freunde nicht ‚mitgeschleppt‘, wir wären von allein wohl nie gegangen.

Klara ist am Wochenende fertig von der Arbeit, ich vom Schreiben und vom Training im Fitness-Studio.
Wir haben es dennoch nicht bereut, dort gewesen zu sein.

Das Stück hieß ‚Hasta la Westler, Baby!‘
Wir waren begeistert. Es hat die Befindlichkeiten zwischen Ost- und Westdeutschen aufgegriffen.

Aber auf humorvolle Weise, teilweise mit beißendem Spott, aber auch damit, wie man im Osten mitunter larmoyant agiert, berechtigt und unberechtigt.
Kurzum, irgendwie hat das Stück meinen Nerv getroffen.

Schon lange habe ich den Eindruck, dass die Gefühls- und Gedankenwelt der Menschen im Osten nur sehr einseitig abgebildet wird – in Gesprächen, in der Presse, in Talkshows.
Das Leben so wie es war, wie ich es selbst erlebt habe, dass fehlt mir bisher in unserer ‚medialen Ablichtung‘.

Die Wirklichkeit mit all ihren Facetten abzubilden, ehrlich, ungeschminkt und ohne gleich dem sogenannten Mainstream nachzugeben, das ist den Künstlern an dem Abend sehr gut gelungen, nach meinem Empfinden jedenfalls.

Es gibt da noch viel zu bereden. Ich glaube, das Wichtige an dem Diskussionsprozess zwischen Ost und West ist, dass man ‚durch das Fenster des jeweils anderen schaut‘ und von da aus Dinge beurteilt, meinetwegen auch verurteilt, aber eben erst nach diesem Blick.

JEEPY (48)

MEINE ZÄHNE

Hallo Krümel, hier ist wieder Jeepy, wie jeden Freitag.
Das war eine schöne Woche für mich. Ich konnte dich sehen, weil mein Fahrer, dich besucht hat, gemeinsam mit deiner Oma.

Du hast vor Freude aufgeschrien, als du mich erkannt hast. Ich glaube, deine Freude rührt daher, dass dein Opa dir schon so viele Abenteuergeschichten über mich erzählt hat.

Du wolltest eigentlich nach dem Besuch von deiner Oma und deinem Opa noch mit deiner Mama zu Fuß zum Drogeriemarkt laufen, um ein paar kleinere Dinge einzukaufen.

Doch dann hat es mein Fahrer nicht fertiggebracht, dich so einfach stehenzulassen, nur zu winken und wegzufahren.

Also haben deine Mama, mein Fahrer und deine Oma beschlossen, dich und deine Mama ein Stück mitzunehmen. Du hast dich gefreut und im Auto gerufen: „Opa lauter?“

Du meintest das Radio, dass dein Opa lauter stellen sollte.
Dann seid ihr noch alle gemeinsam im Drogeriemarkt gewesen.
Du bist im Einkaufswagen durch die Halle gerollt und mein Fahrer hat dich durch die Gänge geschoben.

„Opa, Brille“, hast du gesagt, als du am Sonnenbrillenständer vorbeikamst.
Du wolltest auch gleich zugreifen, aber dein Opa hat dich schnell daran vorbeigeschoben.

Schließlich hat deine Mama dir noch eine neue Zahnbürste gekauft.
Als du nach dem Bezahlen glücklich mit der Zahnbürste in der Hand zum Ausgang gestürmt bist, da piepte es, als du die Kontrollschranke passiert hast.

Die Verkäuferin hat dir deshalb die Zahnbürste wieder weggenommen, um sie noch einmal zu scannen, obwohl sie bereits bezahlt war.

Du hast das alles nicht verstanden und gerufen: „Meine Zähne…“
Die Verkäuferin musste lachen, stand auf und ging mit dir gemeinsam durch die Kontrollschranke.
„Meine Zähne“ hast du wiederholt und die Verkäuferin vorwurfsvoll angeschaut.

Die musste lachen und hat sich von dir sehr nett verabschiedet.
Danach hast du die Zahnbürste ganz stolz in den Händen gehalten.
Dein Opa hat schon auf dich gewartet und du hast ihm fröhlich zugerufen: „Opa, meine Zähne“, und ihm zugleich die Zahnbürste entgegenstreckt.

„Ja, Krümel, deine Zähne und damit sie es auch bleiben, putze sie sehr gründlich“, hat dein Opa gesagt.

„Sonst hast du nicht mehr deine, sondern fremde Zähne“, hat er noch gemurmelt.

Naja, aber das kannst du nicht verstehen, noch nicht.
Bis zum nächsten Mal grüßt dich ganz herzlich
Dein ‚Jiiiipiii‘.

SCHREIB-ALLTAG-14

DER ALLWISSENDE AUKTORIALE ERZÄHLER

Der allwissende auktoriale Erzähler lässt den Leser in die Köpfe aller Figuren hineinschauen. Besonders häufig wurde diese Art des Erzählens im sogenannten viktorianischen Roman angewandt (vgl. James N. Frey, „Wie man einen verdammt guten Roman schreibt“, Emons Verlag GmbH, ISBN 978-3-89-705-32-1, S. 126 ff).

Der Leser sollte ein möglichst detailgetreues Abbild der damaligen Gesellschaft erhalten.
Beispiel: Jo traute seinen Augen nicht, als er das Buch in den Händen hielt. Er hatte es durchgeblättert und sofort erkannt, dass er auf dem Foto mitabgebildet war.
Er musste unwillkürlich die 30 Jahre zurückdenken. (Perspektive von Jo).

Klara blieb still und freute sich, ohne es groß nach außen zu zeigen. (Perspektive von Klara).

In diesem Fall sind es nur zwei Figuren. Der Nachteil aber bei vielen Figuren besteht darin, dass der Autor in jeden Kopf hineinschlüpft, die Gedanken und Gefühle jeder einzelnen Figur beschreibt.
Das macht es für den Leser nicht gerade, sich mit einer dieser Figur wirklich nachhaltig zu identifizieren.

Die moderne Form ist der sogenannte eingeschränkte auktoriale Erzähler.
Dazu mehr im nächsten Beitrag.

50 KILO ABNEHMEN (25)

INTERVALLFASTEN – MEINE NEUE STRATEGIE

Ich weiss gar nicht, warum ich so spät mit dem intensiven Training im Fitness-Studio angefangen habe.

War es Trägheit, der Stress, alles unter einen Hut zu bekommen oder einfach nur lange Zeit der Glaube, dass ich so etwas nicht brauche?
Welche Gründe auch immer eine Rolle gespielt haben, es war ein fataler Fehler, es solange nicht zu tun.

Aber nun halte ich schon seit über einem halben Jahr daran fest, und es tut mir gut- nicht nur physisch, sondern auch mental.
Jetzt muss ich nur mit dem Essen nachziehen.

Das Gewicht will nicht weiter runtergehen. Ich hake fest bei 124 kg.
Ich habe zwar zwischendurch Teilerfolge zu verzeichnen, die ich aber oft wieder durch undiszipliniertes Essverhalten zerstöre.

In der vergangenen Woche zum Beispiel habe ich abends noch Reste von kleinen Tüten entdeckt, in denen Gummitiere verpackt waren.
Ich habe drei Tüten mit der Schere aufgeschnitten und mir den Mund vollgestopft.

Ich konnte kaum kauen, so voll war mein Mund.
Am nächsten Morgen war ich auf der Waage und konnte das Ergebnis meiner ungezügelten Schwäche ablesen.

Jetzt bin ich auf das Fasten aufmerksam geworden.
Das Intervallfasten habe ich ja bereits erfolgreich ausprobiert, aber eben noch nicht hinreichend konsequent genug daran festgehalten.

Es gibt noch viel zu tun. Am Sonntag habe ich 16.00 Uhr das letzte Mal was gegessen, am Montag erst wieder nach 13.00 Uhr.
Der erste Schritt ist getan.

DER FILM „1917“

MAL SCHNELL ERZÄHLT

Samstag im Kino im CineMotion in Berlin Hohenschönhausen.
Vor den Kassen haben sich riesige Schlangen gebildet. Das habe ich noch nie erlebt. Das gab es nur zu Ostzeiten, wenn Bananen oder Apfelsinen verkauft wurden.

Vielleicht hängt es aber auch mit der Berlinale zusammen, dass mehr Leute ins Kino gehen.

Wir wollen den Film ‚1917′ ansehen. Er ist Oscarprämiert und erzählt die spannende Geschichte zweier Soldaten im ersten Weltkrieg, und das künstlerisch in sogenannte ‚Echtzeit‘ gepackt.

Ich genieße es, im Vorraum des Kinos zu sitzen und mir die Leute anzuschauen, die vorübergehen, manche mit Bechern, die randvoll mit Popcorn gefüllt sind.

Ich schaue mir die Plakate an der Wand an und stelle fest, dass es noch den Film ‚Lassie‘ in Neuauflage gibt. Darum also die vielen Kinder, die im Foyer des Kinos aufgeregt umherschnattern.
Jetzt entdecke ich auch noch das Plakat zu ‚Ruf der Wildnis‘ mit Harrison Ford in der Hauptrolle.

Deshalb also die Ansammlung vor den Kassen. Und ich dachte anfangs, dass es wegen unseres Films ist, in den wir hineingehen.
Wir sitzen im Kinosaal, der Film beginnt.

Man sieht ein Schlachtfeld im ersten Weltkrieg, Gräben, in denen Soldaten hocken, schlafen, vor sich hindämmern.
Ich stelle mir vor, was diese Menschen aushalten mussten und konzentriere mich auf das, was passiert.

Es ist unheimlich und faszinierend zugleich, dem Eindruck zu erliegen, man sei direkt am Ort und in der Zeit des Geschehens. Ich werde trotzdem froh sein, wenn ich danach wieder nach Hause fahren und in meinem Bett schlafen kann, und ich vorher vielleicht noch ein Stück von dem Juror einer Castingshow sehe, der gerade sagt: „Du kannst ja überhaupt nicht singen, Mensch.“

‚Wir jammern den ganzen Tag, wie schlecht wir es haben‘, geht mir noch durch den Kopf, und wir können das aber nur, weil es uns richtig gut geht.
Dann nimmt mich der Film vollends gefangen.

WANN TAUSCHT DEIN OPA MICH GEGEN EIN ELEKTROAUTO EIN?

JEEPY

Hallo Krümel,
ich war beim Arzt, oder genauer gesagt zur Durchsicht in der Autowerkstatt, schauen, ob alles mit mir in Ordnung ist.
Mir geht es super und ich will auf jeden Fall noch zwei Jahre mit meinem Fahrer, deinem Opa, zusammen sein.

Und mit dir und mit Oma natürlich. Aber wie lange ich das wirklich noch darf, das ist die große Frage. Wenn du groß bist, dann gibt es mich, deinen geliebten Jeepy, nicht mehr.

Denn dann fahren die Autos mit Batterie oder mit Wasserstoff, der Umwelt zur Liebe. Und das ist ja wichtig, dass sich das Klima weiter verbessert.

Wir müssen noch viel mehr tun, sagen alle. Ich sage das auch. Ich überlege ja schon, ob dein Opa mir einen Elektroantrieb einbaut, doch das ist wohl Quatsch und viel zu teuer. Dein Opa sagt: „Du, Jeepy, bleibst noch ein bisschen bei uns, fährst Krümel durch die Gegend.

Und vielleicht kauft dein Opa ja später mal ein Auto aus der Fabrik, die gerade nicht weit weg von uns entsteht.

Aber bis dahin, lieber Krümel, wollen wir alle noch ein bisschen Spaß zusammen haben. Immerhin haben wir ja schon den ganz großen Geländewagen, meinen Vorgänger, gegen mich, ein viel kleineres und damit sparsameres Auto eingetauscht.

Also ein bisschen werde ich noch bei dir sein und dich hören, wenn du freudig rufst: „Jiiiiipiiii…“
Dein Jeepy

SCHREIB-ALLTAG (13)

WAS IST SPANNEND AM SCHREIBEN?

Mir tut mein Nacken weh vom Schreiben, mein Rücken auch. Trotzdem ist das Schreiben wie eine Droge.

Selbst wenn du Schmerzen hast, machst du weiter.
Oder wenn du doch mal längere Zeit aussetzt, willst du wieder weiterschreiben.

Was ist faszinierend an diesem Schreibprozess?

Auf den ersten Blick gar nichts, auf den zweiten siehst du die Anstrengungen. Und erst dann, langsam begreifst du, dass du viel intensiver über dein Leben nachdenkst, über Sinn und Unsinn von vielen Dingen.

Du musst viel sensibler beobachten, dich selbst und auch andere.
Du kannst nicht über den Kopf von jemandem hinwegschreiben, du musst durch seinen Kopf hindurch, in die Gedanken deines Protagonisten rein. Ich glaub‘, das ist das Spannende am Schreiben.

50 KILO ABNEHMEN – (24)

JEDEN TAG SICH NEU ÜBERWINDEN

Es erzählt sich so wunderbar, was du für ein Held bist, weil du ja jeden Tag früh ins Fitness-Studio reinfährst. Den Wecker morgens aber interessiert das nicht - er klingelt 3.40 Uhr, und zwar erbarmungslos.

Es sind nun schon vier Tage, an denen ich nicht im Fitness-Studio war. Am Freitag hatte ich einen Termin und gestern auch.

Samstag und Sonntag fahre ich grundsätzlich nicht nach Berlin rein.
Ich bin ehrlich, ich hätte trotzdem vorher ins Studio fahren können, aber ich habe mir die Ausreden so zurecht- gelegt, als könnte ich angeblich nicht die Zeit für das Training aufbringen.

4.15 Uhr heute Morgen. Ich sitze seit einer halben Stunde in der Küche, der Kaffee läuft durch, die Zeitung ist mal wieder nicht im Briefkasten, ich habe schlechte Laune, aber ich sitze und schreibe auf dem Handy.

Um 5.00 Uhr geht es nach Berlin Mitte, erst Klara absetzen, dann ins Fitness-Studio.

Ich habe das täglich gleichablaufende Procedere gestern am Tresen im Autohaus einer Mitarbeiterin erzählt, als ich das Auto von der Durchsicht abholte.

Sie hat es mir nicht geglaubt. Und ehrlich, ich glaube es ja selbst kaum, dass ich hier in der Küche herumhänge und schon wieder schwadroniere.

Aber es ist wahr und es liegt ein gewisser Zauber darin.
Gestern Abend habe ich noch zu Klara gesagt: „Ich glaub‘, ich komme morgen früh nicht mit.“

„Wehe!“, hat sie nur gesagt.

Naja, und deshalb bin ich jetzt hier. Nun ist es so, als würdest du in einem Flugzeug sitzen, angeschnallt. Das Flugzeug rollt bereits und du kommst nicht auf die Idee, aussteigen zu wollen. Also packen wir’s an.

DAS DRAMA UM DEN KAUF EINER LEUCHTSTOFFRÖHRE

MAL SCHNELL ERZÄHLT
TEASER:
Peter verhielt sich beim Einkauf im Baumarkt ungeschickt und wurde von Klara barsch vor den Leuten gerüffelt.

Es begann bereits dunkel zu werden, als der Regionalzug aus Berlin am Bahnsteig einlief. Er hielt kaum, da drängten die Menschen aus den Türen heraus und hasteten im Eiltempo in Richtung Parkplatz, dorthin, wo Peter bereits mit seinem Auto stand und auf Klara wartete.

Peter schaute fasziniert zu, wie sich die Leute verhielten.
Ein Mann fiel Peter an diesem Tag besonders auf. Er nannte ihn den Mann mit den vier Buchstaben, weil er stets die gleiche Jacke trug, und weil auf der Rückseite vier Buchstaben prangten, der Name seiner Firma, in die er jeden Tag fuhr.

Morgens, da sahen Klara und Peter ihn schon von weitem, weil die Buchstaben auf dem Rücken im Dunkeln weiß leuchteten. Der Mann ging nicht, er wankte von einem Bein auf das andere, langsam, so als müsse er sich dahinschleppen.

Abends hingegen, da hatte er einen recht flotten Schritt angenommen und beeilte sich, nach Hause zu kommen. Und das beobachtete Peter bei den meisten Menschen, die er früh sah und abends wieder. Es waren die gleichen Menschen, aber mit einem unterschiedlichen Schritttempo, je nach Tageszeit.

Klara war inzwischen an seinem Auto angekommen. Sie öffnete die Tür, stieg ein und fragte gleich:
„Wollen wir noch in den Baumarkt?“
„Können wir machen“, brummte Peter ziemlich lustlos.

Aber was sollte er tun, denn in der Küche war eine Leuchtstoffröhre kaputt. Sie flackerte zwar noch, doch es machte ihn wahnsinnig, wenn er morgens dort stand und die Kaffeemaschine anstellte.
Klara hatte Peter diese Aufgabe übertragen, weil er seine Wasserflasche für das Fitness-Studio fertigmachte.

„Da kannst du doch gleich den Kaffee aufsetzen“, schlug Klara vor.
Peter übernahm immer mehr Aufgaben im Haus, obwohl er das gar nicht wollte. Aber er war nun mal derjenige, der seinen Schreibtisch zuhause stehen hatte.

„Irgendwann kommt sie noch und sagt, dass ich die Waschmaschine anstellen soll“, dachte Peter. Aber er schob diesen Gedanken gleich beiseite.

Jetzt ging es also erst einmal in den Baumarkt in Richtung Bernau.
Als sie auf den Markt zusteuerten und einen Stellplatz suchten, verlor Klara die Geduld: „Immer schön in die entlegenste Ecke fahren, die am weitesten weg ist vom Baumarkt“, motzte sie.

Peter antwortete nicht. Was verstand Klara schon davon. Er fuhr zwar einen kleinen Jeep, aber er war noch so eingestellt, als müsste er den großen Mercedes-Geländewagen in eine Parklücke steuern.
Schließlich hielt er an, sie stiegen aus dem Jeep aus und gingen zum Eingang des Marktes.

„Schau mal hier“, sagte Peter und öffnete seine Jacke.
Darunter kamen Hosenträger zum Vorschein, die an einer Trainingshose befestigt waren. Er kam sich vor, wie Krause, der Schauspieler, der stets die Hosenträger offen über dem Hemd trug.

„Mach bloß wieder die Jacke zu“, sagte Klara und schaute sich um, ob auch niemand zu ihnen hinsah.

Peter war das egal. Im Gegenteil, er fand es klasse, dass er vom Schreibtisch aufstehen konnte, in die Schuhe schlüpfte, deren Schnürsenkel er auch nur noch selten aufmachte, die Jacke überschmiss, den Autoschlüssel schnappte und schon abfahrbereit war.

Schließlich wollte er ja nicht ins Theater. Aber Klara sah es lieber, dass er wenigstens seine Jeans anzog.
Doch Peter blieb da eisern und trug seine Trainingshosen.
Peter ging auf die Kasse im Eingangsbereich zu, wo oben drüber das Schild ‚Information‘ aufgehängt war.

„Sagen Sie, können Sie mir kurz erklären, wo wir hier diese Leuchtstoffröhren finden“, fragte er die Kassiererin, die ihn unfreundlich musterte und besonders auf seine Wollmütze schaute, die er tief über den Kopf bis fast ins Gesicht gezogen hatte.

Vielleicht dachte sie ja, dass Peter die Mütze im nächsten Augenblick ganz über das Gesicht zog und nach dem Kleingeld in der Kasse fragte.

„Gang 22“, sagte sie kurz angebunden.
„Oh, wunderbar, vielen Dank“, flötete Peter fröhlich und zeigte Klara mit dem Arm den Weg.

„Gang 22, da ist er“, sagte er und schritt die Regale ab.
Aber Peter sah nicht, wo die Lampen waren.
Da war Klara besser.
„Hier, schau mal, da sind sie!“.

Klara hatte schon eine Leuchtstoffröhre in der Hand.
„900 mm, 30 Watt, das passt“, sagte sie und drückte sie Peter in die Hand.

Der nahm sie und wandte sich in Richtung Kasse.
„Sollen wir die alte entsorgen?“, fragte die Kassiererin?
„Oh, das ist aber nett“, meinte Peter und gab ihr die alte Leuchte in die Hand.

Klara war noch beim Bezahlen, während Peter übermütig die verpackte Leuchtstoffröhre hin- und herschwenkte.
Plötzlich gab es einen lauten Knall. Peter schaute sich um, weil er nicht mitbekam, woher der Lärm kam.

Doch dann sah er auf dem Fußboden die neue Röhre liegen, zerschellt in winzige Teile.
Peter schaute verdattert, die Augen der Kassiererin richteten sich auf ihn, die von Klara auch und einige Kunden schauten ebenfalls neugierig herüber.

Offenbar hatte sich eine Seite der Verpackung gelöst und die Leuchtstoffröhre war herausgerutscht.
„Was hast du denn nun schon wieder gemacht?“, fragte Klara ihren Mann, so als wäre der ein kleines Kind, das wieder etwas ganz Schlimmes angerichtet hatte.

Ihr Blick sagte: „Oh, es tut mir leid, das ist zwar mein Mann, aber er ist in Wirklichkeit ein großer Trottel.“
Peter war es peinlich, dass er nun diesen Lärm verursacht hatte, doch noch mehr ärgerte ihn, dass Klara ihn nun erst recht wie einen ungeschickten, zu nichts zu gebrauchenden, lediglich mitgekommenen Ehepartner aussehen ließ.

„Gehen Sie schnell zum Regal und holen sich eine neue Röhre, wir kümmern uns hier“, sagte eine Angestellte versöhnlich.
Peter nickte, lief zum Regal und holte die neue Leuchtstoffröhre.

„Sie müssen nicht noch einmal bezahlen“, sagte die Kassiererin.
Peter und Klara bedankten sich und gingen stumm zum Ausgang.
Sie stiegen wortlos ins Auto und schwiegen eine Weile auf der Fahrt nach Hause.

„Warum hast du mich wie einen Trottel behandelt?“, fragte Peter schließlich.

„Ach, das war doch nicht so gemeint“, lachte Klara.
„Darüber kann ich nicht lachen!“, empörte sich Peter und schwieg, bis sie am Carport angekommen waren.