Archiv der Kategorie: MEIN FREUND, DER ALLTAG

Dem Alltag als Freund begegnen, das heißt für mich:
die eigene Lebensphilosophie im Alltag begreifen und sich mit ihr auseinandersetzen;
mehr Erfüllung finden, indem man die guten und schönen Seiten des alltäglichen Lebens sieht – beruflich und privat – und: sie auch bewusst annimmt;
die Faszination des Bibellesens entdecken; die Worte der Bibel als persönlichen Kraftquell nutzen, daraus eigene Lebensenergie und Lebensfreude für den Alltag schöpfen;
Erlebnisse und Beobachtungen im Alltag für sich nutzbar machen; erkennen, dass in den alltäglichen Dingen oft die großen Momente einer anhaltenden Lebensqualität zu finden sind;
die kleinen Geschichten aus dem Alltag erzählen, sie wertschätzen als etwas, das sehr kostbar und oftmals unwiederbringlich ist.

JEEPY (12)

JEEPI – ICH ERZÄHLE DIE GESCHICHTEN

JETZT SELBST

Fortsetzung.

Hallo Krümel,
ich sitze gerade in dem Autohaus, wo alles seinen Anfang genommen hat. Heute ist ja der Reifenwechsel. Ich bekomme jetzt sozusagen meine Sommerschuhe.

Gleichzeitig hat mein Fahrer darum gebeten, dass bei mir ein kleiner Gesundheitscheck durchgeführt wird. Er meinte, dass es besser sei zu schauen, ob bei mir noch alle Schrauben fest sind. Hallo, hast du das gehört? Der will wirklich wissen, ob bei mir vielleicht ne‘ Schraube locker ist.

Er meinte, ich solle mich beruhigen, weil es ja nur zu meinem Besten sei. Aber weißt du, was das bedeutet? Ich kriege überall Schutzfolien an. Über das Lenkrad, den Sitz, den Fußboden. Das ist, als würden sie dir ein Operationshemd verpassen.

Na ja und dann werde ich auch noch nach oben gehievt und muss dort eine Weile so verharren. Aber was soll ich machen? Immer wenn es besonders unangenehm wird, sagen die Leute meist, es sei nur zu deinem Besten.

Achte mal in deinem Leben drauf, und du wirst sehen, wie oft dir dieser Spruch begegnet. Und dann prüfe lieber, zu welchem Besten es wirklich ist, zu deinem oder doch eher zum Besten desjenigen, der dir das einzureden versucht.

Aber na gut, bei meinem Fahrer liegt das auf der Hand. Er will, dass ich fit bin, wenn wir zur Ostsee hochfahren. Er denkt da an dich und an deine Mutter, weil ihr ja zusätzlich bei mir mitfahrt.

Übrigens, kaum war mein Fahrer im Autohaus und hatte mich zum Check abgegeben, da ist er schon durch die Hallen gewandert und hat sich die anderen Autos angeschaut. Da steht zum Beispiel ein kleines Fiat-Mädchen mit einem himmelblauen Kleid an.

Die sieht richtig schick aus. Ich habe ihr ein paar Mal zugezwinkert. Aber die hat nur mit ihren kleinen Spiegeln gezuckt und sich gar nicht weiter um mich gekümmert. Vielmehr hat sie einem großen und starken Jeep schöne Augen gemacht.

Er heißt ‚Wrangler‘. Der hat dicke Muskeln, einen breiten Oberkörper und er steht ziemlich breitbeinig herum, der Angeber. Der Verkäufer wollte auch gleich mit meinem Fahrer einen Beratungstermin ausmachen, damit mein Fahrer mich umtauscht, gegen diesen Muskelprotz.

Aber der hat geantwortet: „Wir haben uns mit Jeepi angefreundet und das ist auch der Freund von meinem Krümel.“
Der Verkäufer hat nur stumm genickt und meinem Fahrer prüfend ins Gesicht geschaut, so als würde er wissen wollen, ob die Sekretärin vorne am Tresen ein Aufputschmittel in die Kaffeemaschine hineingetan hat. Endlich war es soweit.

Ich wurde von den ganzen Verkleidungen und Abdeckungen befreit und kam mit den neuen Sommerreifen herangerollt. Mein Fahrer war begeistert. Wir sind fröhlich pfeifend, ich meine hupend vom Werkstatthof gefahren und Richtung Heimat gedüst.

Unterwegs haben wir überlegt, ob wir noch schnell einen Abstecher zu dir rein, in die Kita machen. Aber dann hat mein Fahrer sich wieder für seinen doofen Schreibtisch entschieden.

Seitdem stehe ich hier im Carport und denke an dich. Am Sonntag kommen wir angebraust. Dann kommst du runter und kannst mir ja mal ‚Guten Tag‘ sagen. Ich würd‘ mich jedenfalls freuen.
Bis Sonntag, dein Jeepi

JEEPY (11)

JEEPI – ICH ERZÄHLE DIE GESCHICHTEN

JETZT SELBST

Fortsetzung.

Hallo Krümel, hier ist wieder Jeepi, wie jeden Freitag. Weißt du was? Ich kriege heute neue Schuhe, die für den Sommer. Ich meine natürlich Räder, du verstehst schon.

Mein Fahrer, der hat mich vor zwei Tagen extra zum Waschen und Fönen geschleift, obwohl es geregnet hat. Ich bin halb trocken wieder aus der Waschanlage hinausgedrängelt worden. Da kennt mein Fahrer nichts.

Er sagt zwar, dass er mich sehr gern hat, aber überleg‘ doch mal selbst: Würdest du, den du gern hast, mit nassen Haaren in den Regen schicken und sagen, dass der Rest vom Wind getrocknet wird? Wohl eher nicht. Siehst du!

Aber mein Fahrer, dein Opa, der macht so etwas. Ich bin ihm aber nicht wirklich böse. Wir sind ja in dem dreiviertel Jahr gute Freunde geworden. Überleg mal: Als du acht Monate alt geworden bist, da hat dein Opa, mein jetziger Fahrer, mich gekauft.

Und nun bin ich schon acht Monate mit meinem Fahrer zusammen. Also genau die Hälfte deiner Lebenszeit kennen wir uns nun auch schon. Und darüber bin ich richtig froh.

Wenn ich nur mit meinem Fahrer zusammen auf Tour gehen würde, das wäre nichts für mich. Schau mal, was wir schon gemeinsam erlebt haben. Du bist mit mir gleich am Anfang nach Rügen an die Ostsee gestartet. Dort habt ihr mit euren Füßen nach dem Strand fast meinen ganzen Fußboden versandet.

Wir waren Weihnachten in Sassnitz. Da bist du fröhlich in der Ferienwohnung umhergelaufen und ich musste draußen frieren. Und dann, du erinnerst dich bestimmt, sind wir zu deiner Oma gefahren und wir haben sie in der Reha-Klinik besucht.

Auf der Hinfahrt hast dich zweimal übergeben, weil dein Kreislauf noch nicht die vielen Kurven verkraftet hat. Na, mein Fahrer hätte auch mal einen Gang runterschalten können.

Ich freu‘ mich schon auf Ostern, wenn wir wieder gemeinsam nach Rügen fahren. Und du wirst wahrscheinlich auf der großen Fahrt einschlafen, aber hoffentlich dein Opa nicht. Aber du, du darfst das.

Außerdem spüre ich dadurch, dass du dich bei mir wohl und sicher fühlst.

Mein Fahrer sagt manchmal zu mir: „Dicke Autos fahren, das kann jeder. Aber eine Freundschaft pflegen, wie zwischen uns allen eben, das geht nur mit Jeepi.“

Bis bald Krümel. Heute Abend erzähle ich dir, wie es beim Schuh…, äh, ich meine Reifenwechsel gelaufen ist. Bis dahin wünsche ich dir einen schönen Tag in der Kita.
Dein Jeepi.

JEEPY (10)

JEEPI –  ICH ERZÄHLE DIE GESCHICHTEN

JETZT SELBST

Fortsetzung.

Hallo Krümel, wir haben lange nichts voneinander gehört. Hier ist Jeepi, dein bester Freund, nach meinem Fahrer und deinem Opa natürlich.

Ich wollte ja schon längst, dass dir mein Fahrer mal schreibt. Aber nein, der hampelt wieder mit seinen Texten herum und jammert, dass er nichts fertig bekommt.

Am Donnerstag, da konnte er mittags nicht mehr denken. Hat er jedenfalls laut gesagt und hat sich darum vorgenommen, den Carport auszufegen. Das will er schon seit Wochen machen.

Naja, du weißt ja, der braucht immer ein bisschen. Also am Donnerstag hat er mich erst einmal aus dem Carport geschubst, weil er ja sonst nicht fegen konnte. Ich musste in der Zwischenzeit in so einer kleinen Parkbucht stehen. Nur mit zwei Rädern. Mein Fahrer war zu faul, alle meine vier Räder vernünftig zu parken.

„Ist doch nur für eine halbe Stunde“, meinte er zu mir. Ne, klar. Was meinst du, wenn ich ihm sagen würde, er soll mal für eine halbe Stunde auf einem Bein stehen und das andere baumeln lassen.

Kaum hatte mein Fahrer angefangen zu fegen, da kam auch schon die Nachbarin und fing an, ihr Blumenbeet zu haken.
„Ach, auch mal bewegen“, fragte sie ihn. Mein Fahrer war innerlich leicht genervt.
„Auch mal bewegen?“, fragt die ihn. Ja, was glaubte sie denn? Dass mein Fahrer sonst am Schreibtisch angekettet ist? Also da musste ich ihm ja nun mal Recht geben.

„Ich fege hier nur, damit Sie mir gleich noch ein paar gute Ratschläge für die Bewegung geben können“, antwortete er. Das hätte er sich ja nun auch verkneifen können.

„Ja, wissen Sie, Bewegung ist so wichtig!“, sagte sie daraufhin zu ihm, ohne auf seine spöttische Art einzugehen. Sie war bis vor kurzem noch Geschäftsführerin beim Deutschen Roten Kreuz. Und sie dachte wahrscheinlich, dass der Dicke gut ein paar Ratschläge von ihr gebrauchen könnte.

Mein Fahrer findet sie ja nett und ist froh, dass er so eine angenehme, eigentlich unaufdringliche Nachbarin hatte.

Aber nun gingen mit ihm mal wieder die Pferde durch und er sagte: „Wenn das so gut ist, das mit der Bewegung, warum sehe ich Sie denn so wenig Sport treiben?“

Für einen kurzen Moment, war mein Fahrer bereit, in Deckung zu gehen, weil sich ihr Arm, mit der kleinen Unkrautschaufel in der Hand, gefährlich in seine Richtung bewegte.

„Ich tue sehr viel für die Gesundheit“, sagte sie mit etwas höherer Stimme. Sie spitzte den Mund etwas mehr dazu.

„Prima, dann sind Sie ja unsere Favoritin beim nächsten Dorfsportfest“, sagte mein Fahrer trocken. Jetzt musste sie auch ein wenig lächeln, weil sie wusste, dass mein Fahrer gerne scherzte.

Ach Krümel, du musst hier mal wieder herkommen. Mein Fahrer und ich, wir holen dich auch von Zuhause ab. Und dann habt ihr zusammen Spaß beim Fegen, und ich schau‘ euch zu.
Bis bald mal.
Dein Jeepi.

ANNA IST DEMENT (30)

DIE BREMER KOMMEN

Fortsetzung

„Wer war denn dran, am Telefon?“, setzte Peter erneut an.
„Ach weißt du, das waren nur die Bremer. Sie wollen mich gleich besuchen.“

„Und freust du dich?“, hakte Peter nach.
„Nö“, sagte Anna wieder leicht gereizt. Anna erzählte Klara abends davon, wie sehr sie unter dem Alleinsein litt. Und nun kam jemand. Das war ihr auch nicht recht.

Doch das waren die Gedanken eines gesunden Menschen. Anna fühlte sich einsam, konnte aber auch nicht mehr damit umgehen, dass ihre Tagesstruktur durchbrochen wurde – essen, spritzen, essen, schlafen, spritzen, fernsehen, telefonieren. Das klingt gleichförmig. War es auch. Aber für Anna war jeder Teil für sich eine Herausforderung.

„Hast du denn schon ein zweites Frühstück gemacht?“ Peter musste das unbedingt fragen. Deshalb rief er überhaupt an, denn er teilte das anschließend Klara mit. Es ging um die Zuckerwerte von Anna, die stabil gehalten werden sollten. Waren irgendwelche Auffälligkeiten, dann informierte Klara anschließend Lukas und der machte sich auf den Weg zu Anna.

Das Netz der Betreuung war dicht geflochten und es wurde zunehmend enger.
„Ja, hab‘ ich.“
„Was hast du denn gegessen?“
„Weiß ich nicht mehr.“
Peter schwieg, machte eine Pause. Das war manchmal besser, für beide Seiten.
„Was gibt es denn zu Mittag bei dir?“, fragte er jetzt.
„Weiß ich nicht, muss ich gucken.“ Aus Anna war nichts herauszubekommen.
„Und weißt du denn, wie lange die Bremer bleiben?“
„Das ist mir scheißegal! Das interessiert mich überhaupt nicht.“

Anna mochte die Bremer, sie hatte sich immer für sie interessiert. Aber nun war es scheißegal. Was treibt einen Menschen an, wenn ihm alles egal ist? Das fragte sich Peter.

Es war wieder die falsche Frage, auch wenn er sie sich nur im Stillen gestellt hatte. Ihm war es nicht egal, und er war gesund, geistig, noch jedenfalls. Anna hatte mit ihrer Demenz zu kämpfen.

Peter musste sich beim nächsten Mal wieder an Annas Gemütsbewegungen gewöhnen und sie mit einer kleinen Geschichte von Krümel aufheitern. Dann lachte Anna, meistens.

ANNA IST DEMENT (29)

DIE BREMER KOMMEN

Anna hat schon wieder das Telefonat mit den Bremern vergessenen, obwohl sie gerade erst mit ihnen gesprochen hat.

Das Telefon war besetzt. Peter versuchte es nach fünf Minuten noch einmal. Jetzt hatte er sich gerade durchgerungen und nun ging Anna nicht ran, weil sie wahrscheinlich selber telefonierte.

Vielleicht rief sie ja wieder seine Eltern im Dresdner Pflegeheim an. Das hat sie Jahrzehnte nicht getan, doch nun tat sie es und verneinte das vehement, wenn Klara sie danach fragte.

Peter wusste es von Klara und die wiederum von Peters Vater. Er sprach mit ihm kaum. Das übernahm Klara. Sie war diplomatischer und keiner musste nach einem belanglos beginnenden Telefonat den diplomatischen Abbruch fürchten.

Aber das mit Peters Eltern, das war eine Story für sich. Bei Anna lagen die Dinge anders. Peter hatte Klara versprochen, sich täglich am Vormittag für ein paar Minuten um Anna zu kümmern.

Die Gespräche verliefen ziemlich gleich und wiederholten sich, manchmal Wort für Wort.

Zum Beispiel, dass die gegenüberliegende Häuserwand so scheußlich feucht aussah. Heute nun lief das Telefonat nicht in seinen gewohnten Bahnen. Als Peter sie zum zweiten Mal anrief, da ging Anna ran.

„Hast du gerade telefoniert?“, fragte Peter.
„Nein. Wie kommst du darauf?“

Peter musste schlucken, weil es ihm schwerfiel, einfach zu glauben, dass Anna nicht mehr wusste, dass sie gerade mit jemanden gesprochen hatte.

„Ich komme darauf, weil dein Telefon besetzt war. Also musst du zwangsläufig mit jemandem kommuniziert haben.“

„Was hab‘ ich gemacht?“ Annas Stimme klang leicht gereizt.
Das war immer so, wenn sie etwas nicht verstand. Dann war natürlich der andere daran schuld.

In diesem Fall Peter. Er gab Anna im Stillen Recht. Musste er dieses hochtrabende Wort ‚kommunizieren‘ nehmen?

Bei jeder Autorenschulung würde man dafür sofort eins auf den Deckel bekommen, weil es ja schlichter formuliert werden könnte, so wie ‚sprechen‘, ‚mit jemandem unterhalten‘, ‚mit jemanden telefonieren.“

Warum also gerade kommunizieren? Peter wusste es nicht. Gerade er, der ein Gegner von schwülstigen Ausdrücken war, die oft intellektuelles Getue zum Ausdruck brachten und in Wirklichkeit Worthülsen waren, mit denen man den anderen beeindrucken wollte. Das ging im Gespräch mit Demenzkranken nun schon gar nicht.

DIE SENIORENHILFE GOTHA WÄCHST MIT IHREN AUFGABEN

Die Nachfrage nach Pflege- und Betreuungsleistungen ist groß, und das ungebrochen, ja, sie wächst sogar noch weiter.

Irgendwie auch ein Luxusproblem für Pflegedienste, denn sie müssen sich ihre Kunden nicht suchen. Die Kunden suchen sie.

Und trotzdem ist es mehr als nur eine komfortable Situation.

Es fehlen qualifizierte Pflegekräfte auf dem Markt, der bürokratische Aufwand wird auch nicht kleiner, im Gegenteil.

In dieser Situation wollen pflegende Angehörige, Pflege- und Hilfsbedürftige selbst trotzdem nicht irgendeinen Pflegedienst finden. Nein. Sie wollen den finden, der individuell genug ist, um auf die Wünsche und Bedürfnisse seiner Klienten einzugehen.

Die Seniorenhilfe Gotha gehört zu diesen Einrichtungen. Und das über die Jahre mit einem erwiesenermaßen guten Ruf.

Kathrin Dölle – eine Unternehmerpersönlichkeit, die zu kennen es sich lohnt

Es geht heute viel um Pflege- und Betreuungsleistungen, um Angebote, Preise und Förderungen durch die Kranken- und Pflegekassen.

Eines jedoch bleibt: Wenn der Mensch im Mittelpunkt stehen soll, also nicht nur in den wohlgesetzten Worten der Homepage, dann muss man sich unbedingt diejenigen anschauen, die von anderen sagen, sie würden deren Schicksal in den Mittelpunkt ihres Handelns stellen.

Und schnell wird klar, dass der Kreis derer schrumpft, wenn man diesen Maßstab anlegt. Ich habe schon viel über Pflegedienste geschrieben, darüber, was sie ausmacht.

Ich kann das nicht alles nachprüfen, was mir Inhaber und Pflegedienstleitungen oder Mitarbeiter erzählen.

Ich habe aber ein untrügliches Gespür dafür entwickelt, wer authentisch spricht, sagt, was ist. Und nicht, was er meint, was nach seiner Meinung sein sollte.

Kathrin Dölle gehört zweifellos zu diesen Menschen, Unternehmerpersönlichkeiten, die nicht schwadronieren, sondern mit der täglichen Pflege- und Betreuungspraxis verwachsen sind.

Mehr: https://uwemuellererzaehlt.de/2017/12/28/portraet-kathrin-doelle/

Wenn sich Pflegekräfte auf die Suche nach neuen Herausforderungen begeben, einen neuen Pflegedienst ausprobieren wollen, so schauen sie naturgemäß auf die Dinge, die sie sehen und hören oder lesen können.

Wie ist der Ruf der Einrichtung? Sind die Mitarbeiter, die dort arbeiten zufrieden? Gibt es eine faire und angemessene Bezahlung?

Das alles sind wichtige Fragen. Noch wichtiger ist es zu schauen, ob man längerfristig eine neue Heimat findet, die Atmosphäre dergestalt ist, dass die Arbeit auch ein Stück Lebensqualität ausmacht.

Gewiss: Es ist schwer, das herauszubekommen, und zwar so, dass es eben verlässliche Aussagen gibt. Eine Möglichkeit besteht darin, etwas über den Kopf der Pflegeeinrichtung zu erfahren.

In Fall der Senioreneinrichtung Gotha zum Beispiel über Kathrin Dölle.

Der Lebensweg, die Einsichten, zu denen man gelangt, das sagt schon etwas aus über den Menschen, mit dem man es später zu tun haben wird.

Deshalb empfehle ich hier, das Porträt und das Interview zu lesen:

https://uwemuellererzaehlt.de/2017/06/23/kathrin-doelle-im-interview/

Leistungsangebote der Seniorenhilfe

Die Seniorenhilfe bietet ihre Hilfe und Unterstützung in folgenden Bereichen der Pflege und Betreuung an – in der Pflegeversicherung, der privaten Pflege, der hauswirtschaftlichen Versorgung und der Betreuungsleistungen als Einzelleistung in der häuslichen Umgebung.

Wer sich als Leser einen ersten Überblick darüber verschaffen will, der sollte auf die Homepage der Seniorenhilfe gehen.

Vorab kann er  sich über eine zusammenfassende Darstellung auf dem Blog informieren:  https://uwemuellererzaehlt.de/2017/12/28/leistungsbeschreibung-seniorenhilfe-gotha/

Detaillierte Aussagen, tiefergehende Informationen erhält der Leser dann, wenn er sich direkt an die Seniorenhilfe wendet.

„Ein persönliches Beratungs- oder Informationsgespräch kann durch nichts ersetzt werden.

Hier kommen zwei wichtige Faktoren zusammen: die Sach- und Fachkompetenz und das Verständnis, für denjenigen, der Hilfe sucht“, sagt Kathrin Dölle in diesem Zusammenhang.

Ein Team, das den Namen  verdient

Drei Aspekte fallen mir als Autor ein, wenn ich die Seniorenhilfe Gotha herausheben wollte:

Erstens: Die Tatsache, dass es nicht nur junge Pflegefachkräfte gibt, sondern auch ältere, manche sogar, die kurz vor der Rente stehen oder bereits darüber hinaus sind.

Zweitens: Es gibt nicht nur ein Nebeneinander von ‚jung‘ und ‚alt‘. Nein, es gibt vor allem ein Miteinander. Und diese Art des Umgangs macht es aus, dass man von Lebensqualität spricht,  wenn es um die Atmosphäre, die gegenseitige Unterstützung, das Arbeiten selbst geht.

Drittens: In der Seniorenhilfe Gotha bekommen Seiteneinsteiger eine Chance, können sich entwickeln, lernen und erhalten die gleiche Wertschätzung wie jedes andere Teammitglied auch.

Mehr: https://uwemuellererzaehlt.de/2017/12/28/stellenanzeige-seniorenhilfe-gotha/

Kontakt:
Kathrin Dölle – Seniorenhilfe Ambulanter Pflegedienst
Lutherstraße 8,
99867 Gotha
Telefon: 03621 / 21 96 40
Telefax: 03621 / 21 96 39
E-Mail: info@seniorenhilfe-gotha.de

Mehr lesen:

https://uwemuellererzaehlt.de/2022/01/02/menschen-im-alltag-2017-2021/

FIRMENPORTRÄTS

 

 

 

 

 

 

 

 

 

JEEPY (9)

JEEPI – ICH ERZÄHLE DIE GESCHICHTEN

JETZT SELBST

Fortsetzung.

Hallo Krümel, ich stehe hier unter dem Carport und keiner denkt an mich.
„Mir ist langweilig“, hat deine Mama in solchen Fällen zu meinem Fahrer gesagt. Der lässt sich gar nicht blicken. Er arbeitet, angeblich. Dabei stöhnt er schon den ganzen Tag rum, weil er die Zimmer saubermachen will. Seine Frau, also deine Oma, ist ja zur Kur.

Und da hat er vorige Woche einfach mal das Saubermachen ausfallen lassen. Aber jetzt sieht er überall die kleinen Fussel. Die Tage zuvor hat er sie einfach aufgehoben und in die Hosentasche gesteckt. Doch nun ist es einfach zu viel für ihn.

Also hat er den Staubsauger herausgeholt und angefangen zu saugen. Danach ist er gleich vor Erschöpfung in den Sessel gesunken, und keiner war da, der ihn bemitleidet hat. Nun kommt der Knaller. Mein Fahrer hat freiwillig noch die Treppen gewischt. Das macht er sonst nie, sondern überlässt es deiner Oma.

Er hat ihr gleich ein Foto geschickt. Da war er mit dem Eimer und dem Wischlappen drauf zu sehen. „Schnau…. voll“, stand in der Bildunterschrift.

Das sagt man eigentlich nicht, lieber Krümel, deshalb schreibe ich das Wort auch gar nicht erst aus, was mein Fahrer hier gesagt hat. Später rief deine Oma an und mein Fahrer wollte ihr stolz berichten, was er alles getan hatte.

Und was war die Reaktion?
„Du hast doch nicht etwa die Treppen feucht abgewischt?“, fragte sie ihn. Mein Fahrer war sauer.
„Wie denn sonst?“
„Naja, ich wische sie immer trocken ab“, sagte sie.
„Das ist jetzt egal, ich habe sie jedenfalls feucht abgewischt.“

Mein Fahrer war enttäuscht. Er dachte nämlich, er bekäme ein dickes Lob von deiner Oma. Dabei hatte er ihr noch gar nicht erzählt, wie lange er gebraucht hatte, um zu verstehen, wie der Wischlappen aufgezogen wird.

In den Wischeimer hatte er einfach Spülmittel und Fettlöser aus der Küche genommen. Er hatte die richtigen Reinigungsmittel nicht gefunden. Die standen so in der Ecke, dass man hätte alles ausräumen müssen. Mein Fahrer hat es versucht. Aber da flogen ihm gleich die ersten Sachen entgegen.

„Wir gehen heute ein Eis essen“, sagte deine Oma zu ihm am Telefon.
„Eis essen, während der Kur?“, fragte mein Fahrer.
„Ja, denn heute ist ja Frauentag.“
„Ach du Sch….“, stöhnte mein Fahrer auf. Jetzt muss ich schon wieder Punkte machen, Krümel. Dein Opa hat sich nicht im Griff. Er ärgerte sich einfach, dass er den Feiertag vergessen hatte.

Wie konnte er das wieder gutmachen? Er wusste das nicht.
„Bist du für Morgen gut vorbereitet, für deine Lesung zum Frauentag?“, fragte deine Oma nun versöhnlich.
„Ja, wie gut, dass wissen wir erst nach der Lesung.“
„Ich drück‘ die Daumen“, sagte Oma.

Mein Fahrer bedankte sich. Er würde am Sonntag einen Blumenstrauß mit in die Reha-Klinik nehmen. Ach Krümel, ich freue mich auf Morgen, denn da fahren wir endlich wieder ein Stück. Nach Altlandsberg. Da gibt es einen Verein, der heißt „Helfen hilft“. Mein Fahrer findet den klasse.

Dort arbeiten Menschen, die nicht viel fragen, sondern anderen Menschen helfen, mit Lebensmitteln, Sachen zum Anziehen und noch vielen anderen Dingen.

Deshalb gibt sich mein Fahrer sicher Mühe, denn er will ebenfalls für diesen Verein etwas tun, mit seiner Kraft und seinen Möglichkeiten eben. Morgen, da ist dort eine kleine Feier, zum Frauentag, und mein Fahrer liest ein paar kleinere Geschichten vor.

Ich warte natürlich draußen. Ich bin zwar nur ein kleiner Jeep, aber die Treppen komme ich ja trotzdem nicht hoch. Aber ich krieg schon raus, wie es war. So lieber Krümel, davon erzähle ich dir das nächste Mal.
Dein Freund Jeepi.

JEEPYS FAHRER WEISS MAL WIEDER ALLES BESSER, DENKT ER JEDENFALLS

2019.03.07

Hallo Krümel, hier ist Jeepy. Jetzt ist die Woche schon fast wieder rum und ich hoffe, dir geht es gut im Kindergarten und Zuhause, bei Mama.

Naja, einmal hat mein Fahrer dich ja gesehen, über Skype. Da hast du den Computer umarmt, weil du dachtest, dahinter ist dein Opa, also mein Fahrer, versteckt.

Das hat meinen Fahrer sehr amüsiert und er hat danach richtig viel Schwung bei der Arbeit gehabt.

Aber ich wollte dir doch noch zu Ende erzählen, wie es in der letzten Woche weiterging, nachdem wir zurück in den Prenzlauer Berg mussten.

Erinnerst du dich? Mein Fahrer wollte dort die Tastatur austauschen, weil sie ja nicht funktionstüchtig war. Mein Fahrer ließ mich in der Tiefgarage zurück und eilte in das Einkaufscenter.

„Ich möchte diese Tastatur umtauschen. Die funktioniert nicht“, sagte mein Fahrer zu dem Verkäufer.

„Sie haben mich doch auch vor zwei Stunden beraten, richtig?“, hakte er noch nach.

„Hm“, brummte der und verzog sein Gesicht, als hätte er gerade in eine Zitrone gebissen.

„Was haben Sie denn mit der Tastatur angestellt, die ist doch ganz einfach zu bedienen?“, fragte der Verkäufer jetzt meinen Fahrer.

Der pumpte sich gerade hoch. Also sendete ich aus der Tiefgarage meine Signale: „Bleib ruhig, denk an deinen Blutdruck, es geht hier nur um eine Tastatur und nicht um etwas Existenzielles.“

Aber der hörte das zwar, ignorierte das jedoch komplett.
„Ich bin jetzt richtig neugierig, was sie mit der Tastatur anstellen, um mir zu zeigen, was für ein Fachmann Sie sind“, sagte mein Fahrer.

„Ach, das haben wir gleich. Geben Sie mal her“, antwortete der Verkäufer leicht gereizt.

Mein Fahrer reichte das Paket mit der Tastatur rüber und wartete gespannt, wie es nun weiterging.

„Bedienungsanleitung?“, fragte der Verkäufer.
„Drinnen“, antwortete mein Fahrer ebenso knapp.
„Brauchen Sie aber gar nicht zu schauen.“

„Warum nicht?“
„Weil kein Deutsch draufsteht.“
„Gibt es auch in Deutsch“, sagte der Verkäufer.
„Gibt es nicht.“
„Doch.“
„Nein.“

„Wollen wir wetten, dass kein Deutsch draufsteht?“, fragte mein Fahrer.
„Wenn die Anleitung auch in Deutsch ist, dann nehme ich die Tastatur ungesehen wieder mit, egal, ob sie geht oder eben auch nicht.“

„Gut“, sagte der Verkäufer. Er machte den Karton auf, holte die Anleitung raus und zeigte mit dem Finger auf die rechte Seite des Blattes.

Dort standen tatsächlich ein paar deutsche Sätze.
„Das gibt’s doch nicht.“ Mein Fahrer war verblüfft. Der Verkäufer schmunzelte.

„Sie müssen hier auf die Taste ‚Fn‘ gehen und oben auf die Taste eins. Dann halten Sie das Ganze drei Sekunden gedrückt und schon gibt es eine Verbindung.“

„Können Sie mir das vorführen?“
„Kann ich.“

In wenigen Handgriffen brachte der Verkäufer die Tastatur zum Laufen und schrieb munter darauf herum. Mein Fahrer muss so blöd geschaut haben, dass der Verkäufer anfing zu lachen.

Dann lachten sie beide.
„Soll ich die Tastatur in den Karton zurückschieben, das geht immer so verdammt schwer“, fragte der Verkäufer meinen Fahrer.

„Nein, lassen Sie mal. Die nehme ich jetzt gleich so mit.“
Mein Fahrer bedankte sich noch einmal und verließ leichten Schrittes den Media- Markt.

Für ihn war klar, selbst wenn die Tastatur Zuhause nicht funktionierte, noch einmal zurück würde er nicht in den Laden zurückfahren.

Die Straßen waren jetzt verstopft. In Berlin hatte der Feierabendverkehr eingesetzt. Nach zwei Stunden ‚stop and go‘ hatten wir es geschafft.

Ich stand wieder im Carport. Wenig später hörte ich von oben einen Jubelschrei. Die Tastatur funktionierte.

Bis zum nächsten Abenteuer mit deinem Fahrer und mir, lieber Krümel, sage ich Tschüss,
Dein Jeepy.

Mehr lesen:

https://uwemuellererzaehlt.de/jeepy/

JEEPY – ICH ERZÄHLE DIE GESICHICHTEN JETZT SELBST (2)

2019.03.01

Fortsetzung.

Mein Fahrer packte die Tastatur aus, besser, er musste sich beherrschen, um die Packung drum herum nicht einfach aufzureißen.

Es kamen die Tastatur zum Vorschein, die Maus und die Batterien. Daneben lag ein Zettel, eng beschrieben – in Russisch, Englisch, Spanisch. Nur Deutsch, das war nirgendwo zu sehen.

Also probierte er es so aus, die Tastatur anzuschließen. Schließlich hatte er es ja oft genug auf diesem Weg hinbekommen. Zuerst versuchte er es mit dem Computer.

Das war am einfachsten, nämlich auf ‚Einstellungen‘ gehen, ‚Gerät hinzufügen‘ anklicken und warten.
„Versuchen Sie es noch einmal, stand in gelben Buchstaben plötzlich im Display ‚Einstellungen‘. Noch einmal probieren? Mein Fahrer probierte es fünfmal, nein, zehnmal. Dann kribbelte es in seinen Händen, einfach mal so auf die Tastatur zu hauen.

Ich nahm meine ganze Energie als Jeepi zusammen und sandte aus dem Carport Signale zu ihm nach oben, ins Arbeitszimmer, wo ein Krieg auszubrechen drohte.
„Tu‘ es nicht, überlege, woran es liegen kann. Sie klug und beherrscht.“
„Ich will nicht klug und sensibel sein, ich will mich nicht beherrschen. Nein, ich will auf die Tastatur hauen, einfach so.“

Es hatte keinen Sinnen, mit meinem Fahrer zu reden.
Schließlich kriegte er sich wieder ein. Vielleicht lag es ja an den Batterien. Er fummelte den Deckel hinten vom Fach ab, in den die Batterien hineingeschoben werden. Normalerweis kann man sie ganz einfach herausnehmen.

Aber nicht bei meinem Fahrer. Der kramte seinen Brieföffner heraus und fummelte, kratzte an den Batterien herum, bis sie herauskamen. Sie flogen raus, polterten auf den Schreibtisch, kullerten herunter. Wohin?

Natürlich in die Ecke, in die sich mein Fahrer bücken musste. Also schob er sich erst einmal im Sessel nach vorn und versuchte mit den Füssen an die Batterien zu gelangen. Schaffte er das, was meinst du Krümel?

Ja, er schaffte es. Aber dann, als er sie hatte und mit dem Fuß vorsichtig zu sich ziehen wollte, da sprangen sie wieder davon, kullerten noch weiter weg.

Fluchend erhob sich mein Fahrer nun aus dem Sessel, bückte sich und tastete sich unter dem Schreibtisch zu den Batterien heran.
Links sah er seit langem mal wieder die Fächer von dem beigestellten Regal. Es war schwarz, nur die Bretter nicht. Sie waren grau, beschichtet mit dickem Staub.

‚Soll ich noch mal unten hervorkriechen und dann einen feuchten Lappen holen? Nein, der Staub ist gut, der dämpft den Lärm‘, dachte er sich.

Welchen Lärm, frage ich dich Krümel? Wenn er seine Texte laut vorliest oder telefoniert und dem anderen in die Hörermuschel brüllt, dass der auch noch etwas hört, wenn das Telefon nicht an seinem Ohr ist?

Mein Fahrer ächzte wieder unter dem Schreibtisch hervor, wischte sich die Hände an den Hosen ab, sodass der Staub schön verteilt wurde.  Was er nicht bedachte, lieber Krümel, dass er die Sachen selbst waschen musste, weil Klara ja zur Reha war.

Aber das scherte ihn im Moment gar nicht. Nun ging er im Flur zu der Kiste, in der immer die neuen Batterien aufbewahrt wurden.
Er kramte in den Sachen, suchte zwischen den Pappschachteln mit Glühlampen, Staubtüchern und unnützen Dingen, die keiner wegwarf.

Von den Batterien keine Spur.
„Wo hat Klara verdammt noch mal die Batterien hingelegt?“, schimpfte mein Fahrer vor sich hin.

Sie lagen im Wohnzimmer, auf der Kommode.
„Was haben die hier zu suchen?“, fragte er in den leeren Raum. Keiner antwortete ihm. Es war ja auch keiner da. Ich hörte ihn zwar, aber ich stand ja offiziell im Carport, bin sein Auto, kann nicht sprechen, nicht hören, und ich kann nicht der Seelentröster sein, im richtigen Leben jedenfalls nicht.

Mein Fahrer stapfte die Treppe hoch und legte die neuen Batterien ins Fach. Dann probierte er es wieder. Keine Chance.

„Versuchen Sie es erneut“, leuchtete in den Einstellungen des Computers auf. Mein Fahrer hatte die Nase voll. Er holte sich den Pappkarton heran und versuchte, die Tastatur dorthinein zu bugsieren.

Es war ein Grauen. Mal klemmte es an der einen Seite, dann wieder wusste er nicht, wie er das Ganze richtig falten sollte. Schließlich hatte er es geschafft. Die Tastatur war verpackt. Der Karton leicht eingedrückt, aber sonst ganz passabel anzusehen.

Zufrieden räumte mein Fahrer den Schreibtisch auf. Dann ein gellender Schrei. Was war geschehen? Die Batterien lagen noch draußen, die Anleitung hatte er auch vergessen.

Mein Fahrer riss den Karton auf und zerrte die Tastatur erneut heraus. Krümel, ich hatte den Eindruck, die hatte die ‚Ohren eingezogen‘, damit sie nichts mitbekam von dem Gefluche meines Fahres.

Ich musste als Jeepi, seinem nunmehr besten Freund, eingreifen. Ich sendete Signale vom Carport aus nach oben ins Schlafzimmer.
„Wir bleiben entspannt, und wir atmen tief. Wir sind dankbar für jeden Moment, den wir am Tag erleben.“

Ich hatte den Eindruck, auf meinen Fahrer hatte das eine gegenteilige Wirkung. Er stopfte die Tastatur zurück, nachdem er vorher die anderen Utensilien in die dafür vorgesehenen Fächer gezwängt hatte.

Mein Fahrer versuchte es nicht mehr mit Feinfühligkeit, nein, er presste, schubste die Tastatur, bis sie an ihrem Platz war. Es half nichts, wir mussten zurück in den Prenzlauer Berg.

Wir fuhren los. Mein Fahrer drückte auf das Gaspedal, fuhr rabiater, schneller. Es fühlte sich an, als würde ich nicht zum Fahren animiert, sondern mehr geschubst – ‚nun mach‘ schon hin‘, verdammt.“

Im Einkaufscenter ging das Drama weiter. Aber das, lieber Krümel, das erzähle ich dir in der nächsten Woche. Bis dahin wünsche ich dir ein schönes Wochenende.
Dein ‚Jeep‘, der beste Freund deines Opas und damit auch dein bester Freund.

 

JEEPY ERZÄHLT VON SEINEN ABENTEUERN MIT DEM FAHRER

JEEPY-2019.02.28

RÜCKBLICK:
Der Fahrer von Jeepy schreibt Krümel einen Brief und erinnert sich darin an die früheren Autos, die er gesteuert hat.
EINSTIEG:
Jeepy erzählt, wie sich sein Fahrer beim Kauf einer Computer-Tastatur im Prenzlauer Berg umständlich angestellt hat.

Hallo Krümel, dein Opa, also mein Fahrer, der kommt nicht aus dem Knick mit dem Erzählen. Also nehme ich das ab jetzt selbst in die Hand.

Langsam reicht es mir, dass er nur von Orli, dem BMW, dessen Freundin Berlinga und Bobby, dem Mercedes-Geländewagen, erzählt. Ich bin doch auch noch da, und zwar jeden Tag.

Neulich bist du ja auch mitgefahren, dir wurde schlecht, und das Ergebnis ist heute noch auf dem Kindersitz zu betrachten. Dein Opa, mein Fahrer, wollte zwar längst alles gereinigt haben, aber davon ist nicht viel zu merken.

Heute hat er mich zwar gewaschen, danach innen gesaugt, meine Fensterscheiben geputzt, mir Putzmittel in die Bullaugen vorn gespritzt, dass ich stark niesen musste, aber den Kindersitz, den hat er links liegen gelassen.

Und gestern, da hat er mich richtig gestresst. Am Vormittag schien die Sonne so schön und mein Fahrer hatte keine Lust mehr am Schreibtisch zu sitzen, um an den Texten herum zu feilen. Kommt ohnehin nichts bei raus.

„Jeepy, wir fahren jetzt in die Schönhauser und ich lass mir eine anständige Frisur verpassen. Anschließend schauen wir mal im Einkaufscenter vorbei, ob wir nicht eine gute Tastatur bekommen“, sagte er zu mir.

Wenn das Klara wüsste, die würde gleich aufschreien.
„Du hast mehr als 10 Tastaturen im Keller liegen“, würde sie sagen. Aber nun ist sie nicht da, und der ‚Herr‘ ‚dreht am Rad‘, vor Langerweile.

Wir sind also losgefahren. Es ging prima vorwärts und wir waren nach zwanzig Minuten in der Tiefgarage im Prenzlauer Berg angekommen. Ich musste da unten warten.

Aber ich kriege trotzdem alles mit. Und wenn nicht, erzählt mir der Fahrer anschließend das, was ich noch nicht weiß.

Im Friseursalon war es recht ruhig und so war dein Opa recht frühzeitig wieder raus dem Laden, in dem er seit über sieben Jahren zum Haareschneiden geht.

„Sie müssen die Haare nach vorn tragen“, sagte die Friseuse zu ihm.

„Warum?“, fragte mein Fahrer.
„Weil sie ein ziemlich langes Gesicht haben.“
„Ja, das stimmt, ich habe des Öfteren ein langes Gesicht“, sagte der.

Schließlich schlenderte dein Opa die Schönhauser entlang, Richtung Einkaufscenter. Die Menschen gingen alle gemächlich und genossen die pralle Frühlingssonne.

„Haben die denn alle nichts zu tun?“, fragte sich mein Fahrer. Nein, so wie du auch, dachte ich, als mir das zu Ohren kam. Dein Opa lief zielstrebig auf den Computerladen zu.

„Haben Sie eine Tastatur, die über eine Bluetooth-Tastatur verfügt“, fragte er.

„Natürlich“, antwortete der Verkäufer. „Sogar mehr als eine.“ Dein Opa ging fröhlich zur Kasse und war im Nu wieder draußen. Leise summend ging er in Richtung Tiefgarage.

Er trainierte die Melodie von „Stups, der kleine Osterhase“ aus. Er will es dir dann abends vorsingen, aber sei nicht so streng mit ihm, denn die Melodie ist gar nicht so leicht.

Schließlich kam er bei mir an.
Vorher hatte er noch bezahlt und die Tastatur oben auf dem Parkautomaten abgelegt.

Als wir bereits wieder auf dem Rückweg waren, da bremste mein Fahrer urplötzlich, sodass mir ganz schlecht davon wurde. Er griff nach hinten, kugelte sich bald den Arm aus, aber er fand eines nicht: die Tastatur.

„Verdammt, die muss ich liegengelassen haben. Auf dem Parkautomaten“, schoss es ihm durch den Kopf.

Jetzt wendete er an der nächsten sich bietenden Gelegenheit.
Und das kannst du nicht so wörtlich nehmen, Krümel. Wir mussten nämlich erst einmal ein ganzes Stück geradeaus fahren.

Dann endlich, mein Fahrer wurde mutig, schwenkte er scharf nach rechts, Richtung Bordsteinkante und ich hatte Angst, dass ich mit meinen Hacken, äh, ich meine, den Reifen gegen die Bordsteinkante gedrückt wurde.

Mein Fahrer sprang aus dem Auto, rannte in Richtung Tiefgarage, um so schnell wie möglich am Parkautomaten zu sein.
Aus den Augenwinkeln beobachtete er noch, wie ein Mann vom Ordnungsamt die Parkausweise kontrollierte. Darauf konnte er jetzt aber keine Rücksicht nehmen.

Mein Fahrer riss die Tür vom Eingang zum Parkautomaten auf, und er sah sofort oben die Tastatur liegen. Gut gelaunt ergriff er sie und war schon wieder draußen.

Zwei Bettler schauten ihn fragend an. Sie saßen direkt gegenüber dem Eingang vom Parkautomaten, was strategisch für sie sicher eine gute Position zum Betteln war.

„Es gibt noch ehrliche Menschen“, sagte mein Fahrer zu ihnen.
„Oh ja“, riefen die Bettler zurück und meinten offensichtlich sich selbst.

Mein Fahrer kam zurückgestürzt, öffnete meine hintere Tür, nahm das Portemonnaie und fingerte je zwei 1-Euro Stücken heraus.

Er lief zurück zu den Bettlern und drückte sie ihnen in die Hand. So glücklich war mein Fahrer darüber, dass er die Tastatur wiedergefunden hatte.

Die schauten ihn verdutzt an und über ihr Gesicht huschte ein dankbares Lächeln. Mein Fahrer fühlte sich gut und sprintete zu mir zurück. Als er bei mir angekommen war, steuerte der Mann vom Ordnungsamt auf uns zu.

„Ich bin gleich weg“, rief ihm mein Fahrer zu. Der nickte stumm und verschwand. Wieder mal Glück gehabt, dein Fahrer.

„Los Jeepy, lass uns schnell losfahren. Auf ins Dorf, da wo wir Zuhause sind“, sagte mein Fahrer und drückte auf mein Gaspedal.

Aber wenn du glaubst, dass dies alles war, lieber Krümel, dann muss ich dich enttäuschen.

Wir mussten nämlich noch einmal zurück in die Schönhauser. Das erzähle ich dir das nächste Mal.
MEHR LESEN: https://uwemuellererzaehlt.de/jeepy/

MEHR LESEN: https://uwemuellererzaehlt.de/jeepy/

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

DER FAHRER VON JEEPY ERZÄHLT WEITER ÜBER ORLI

JEEPY-2019.02.22

ORLI FLIEGEN AUF DEM KOPFSTEINPFLASTER FAST DIE NOCKEN VON DER WELLE

Montagmorgen. Orli steht in der Tiefgarage und hat die Augen zu. Vom Renault, der kleinen Berlinga, ist noch nichts zu sehen.

Plötzlich quietschen die Reifen im unteren Parkdeck und wenige Augenblicke später kurvt Berlinga auf den Parkplatz und hält direkt neben Orli.

„Guten Morgen, du bist ja schon hier“, sagt Berlinga noch ein wenig außer Puste.

„Moin“, brummt Orli verschlafen.
„Warum bist du denn so mürrisch, Orli?“

„Och weißt du, meinem Fahrer fiel es ein, dass wir schon am Sonntagabend nach Bad Hersfeld zurückfahren wollen.“

„Na, dann hast du ja eine Strecke hinter dir. Bist du nicht an der Ostsee gewesen?“

„Ja, bin ich.“

„Ich bin am Donnerstag von hier aus nach Hause gedüst, zurück nach Brandenburg. Und am nächsten Tag ging es weiter nach Rügen.“

„Was magst du denn an Rügen so sehr?“

„Wir haben dort einen Bungalow und ich kann mit bis in den Garten hineinfahren.“
„Wirklich?“

„Ja, stehe dann auf einer Auffahrt, die mit viel Grün berankt ist. Aber ich komme da immer so schwer rauf.“

„Warum, weil du so dick bist?“, fragte Berlinga lachend.
„Nein, aber die Tore sind sehr eng und da muss mein Fahrer immer sehr aufpassen, dass ich heil an den Pfosten vorbeikomme.“

„Und was hat dir besonders Spaß gemacht, in Polchow auf Rügen?“
„Nun, mein Fahrer, Laura und ich sind zum Hafen gefahren. Unterwegs haben wir die Musik schön laut gestellt, damit alle mitsingen können.“

„Hast du mal mitgesungen, Orli?“
„Naja, meine Kolben vom Motor haben den Takt mitangegeben.

Aber ich musste ganz schön aufpassen.“
„Warum?“

„Weil wir zum Schluss auf eine Straße abgebogen sind, die schnurstracks zum Hafen führt. Sie ist übersät mit jahrhundertealten Steinen, Kopfsteinpflaster eben.

Da kannst du nur ganz langsam rüberfahren. Ich hatte Mühe aufzupassen, dass nicht meine Backenzähne, äh, meine Nocken von der Welle flogen.“

 

JEEPY ERZÄHLT VON ORLI UND DESSEN FREUNDIN BERLINGA

JEEPY-2019.02.21

RÜCKBLICK:
Die Geschichte von Jeepy beginnt damit, dass sein Fahrer Krümel einen Brief schreibt, den sie später lesen soll, wenn sie größer ist.

https://uwemuellererzaehlt.de/2019/02/02/jeepy-2019-02-02
EINSTIEG:
Orli, der frühere BMW des Fahrers von Jeepy und Berlinga, der kleine Renault, freunden sich bei einer Panne an, als nämlich Berlinga einen Reifen auf der Autobahn geplatzt war.

Hallo Krümel, hier ist wieder Jeepy, dein Freund.
Ich erzähle schon jetzt mal ein paar Geschichten für dich, die du später lesen kannst, oder deine Mama liest sie dir vor.

Sie macht das wohl jetzt schon und du lachst sie manchmal dazu an. Das ist doch schon was. Die Zeit rennt und ehe wir uns umgesehen haben, da sitzt du bei mir auf der Schreibtischplatte im Arbeitszimmer und ich lese dir eine Geschichte vor.

Dein Opa hat früher deiner Mama immer Geschichten von den Autos erzählt, die sie hatten.

Plötzlich nahmen sie menschliche Gestalt an und dein Opa, mein heutiger Fahrer, konnte mit ihnen gemeinsam herrliche Abenteuer erleben. Er war viel unterwegs, sehr viel sogar.

Dein Opa hatte schon mehrere Autos, bis ich kam, wie du ja schon aus meinen Erzählungen weisst.

Da waren der kleine Trabbi, den er mit Latexfarbe innen gestrichen hat, dann war es Flippi, der weiße Lada, mit dem alle sehr gern gefahren sind.

Nach der Wende dann kam Orli, ein großer BMW. Den hatte dein Opa, weil er sehr viele Kilometer fahren musste.

Schließlich trat Bobby, der dicke Geländewagen in das Leben deiner Mama, deiner Oma und deinem Opa.

Dein Opa hat mir erzählt, wie Orli in einer Tiefgarage in Bad Hersfeld stand und den kleinen Renault, Berlinga sah.
Orli wollte unbedingt ihr Freund werden.
Berlinga aber war anfangs hochnäsig, bis zu dem Tag, an dem ihr der hintere rechte Reifen auf der Autobahn platzte und Orli vorbeikam.

Von weitem näherte sich der gelbe Abschleppwagen und alle atmeten auf.

„Das kriegen wir schnell hin“, sagte der Monteur und hatte in Windeseile die Muttern von Berlingas hinterem Reifen gelockert.
Nach ein paar Minuten konnte Berlinga wieder richtig stehen und hatte keine Schmerzen mehr.

„Weißt du eigentlich, dass du es dem langen BMW zu verdanken hast, dass dir so schnell geholfen wurde?“, fragte der Fahrer von Berlinga sie.
„Ja, weiß ich. Ich kenn den.“
„Woher kennst du ihn?“

„Wir standen manchmal beieinander, in der Tiefgarage. Da ist er mir auf die Nerven gegangen, weil er so viel erzählt hat.“
„Ach, das ist ja interessant“, staunte Berlingas Fahrer nicht schlecht.

„Und, willst du nicht wenigstens bei ihm bedanken?“, hakte Berlingas Fahrer weiter nach.

„Ja, mach‘ ich“, sagte Berlinga leise und schämte sich jetzt.
„Du, danke, dass du angehalten hast und du deinen Fahrer dazu gebracht hast, dass der den Abschleppdienst holt.“

„Schon gut“, antwortete Orli verlegen.

„Kommst du mit mir am Samstag mit zur Autoschau in Bad Hersfeld?“, fragte Berlinga.

„Würde ich ja gern. Aber mein Fahrer will am Wochenende nach Hause. Der fährt nachts auf der A2 immer wie eine besengte Sau und ich komme ganz außer Puste.“

„Schade, dass du nicht mitkommen kannst. Na, dann bis nächsten Montag in der Tiefgarage an der gleichen Stelle“, sagte Berlinga noch.
„Ja, an der gleichen Stelle“, erwiderte Orli, bevor sein Fahrer sich ins Auto wuchtete, den Motor anließ und Orli davonbrauste.

MEHR LESEN: https://uwemuellererzaehlt.de/jeepy/

ANNA IST DEMENT (28)

ANNAS SCHLEICHENDE

WESENSÄNDERUNG

Annas Wesen ändert sich nicht merklich, eher unmerklich, aber dafür stetig.

Es fängt mit Kleinigkeiten an, so war es auch bei Anna. Mal hat sie etwas vergessen, dann wieder fühlte sie sich einsam.
„Wir müssen uns damit abfinden, dass Anna nie wieder so wird, wie sie all die Jahre war.“

„Dir fällt es leichter, das zu sagen als mir, denn ich bin die Tochter“, entgegnet Klara Peters Überlegungen. Peter sagte nichts. Er wusste, dass Klara hier richtig lag. Doch was nützte es, man musste sich ja trotzdem der neuen Situation stellen.

„Ich glaube, wir helfen Anna mehr, wenn wir uns auf sie noch besser einstellen, einfach akzeptieren, was sie tut, was sie sagt und auch wie sie es sagt.“

Peter wusste, dass es vor allem theoretische Gedanken waren, die sicherlich ihre Berechtigung hatten. Doch wie war es im Alltag?
Gestern rief Peter an. Anna war seelisch am Boden. Sie hatte einen Arzttermin verpasst. Besser gesagt, sie hatte ihn auf der Couch verschlafen.

„Ich werde mal Lukas informieren, damit er sich darum kümmert, und wir einen neuen Termin bekommen“, meinte Peter zu Anna.
„Nein, das möchte ich nicht. Ich kläre das allein.“

Peter wollte ihr sagen, dass Lukas sich stets um alles kümmerte.
Er ging mit Anna einkaufen, er begleitete sie zum Zahnarzt, besuchte sie täglich in ihrer Wohnung, schaute nach dem Rechten.

Warum also reagierte sie so schroff? Schämte Anna sich, dass sie den Termin versäumt hatte?
Peter griff kurzerhand zum Hörer und wählte die Telefonnummer der Arztpraxis.

„Ich kann gar nicht glauben, dass meine Schwiegermutter gestern einen Termin bei Ihnen hatte“, sagte Peter zur Helferin.

„Doch, sie hatte gestern einen Termin.“
„Donnerwetter“, entfuhr es Peter.

Die Helferin musste lachen. Sie waren sich schnell einig und hatten einen neuen Termin vereinbart.
WEITERLESEN:

„Trag‘ dir doch den Termin gleich ein“, sagte Peter später zu Anna am Telefon.
„Das mach‘ ich sofort“.  Anna wirkte jetzt gelöst.

Am Nachmittag ging Lukas mit Anna auf den Friedhof. Blumen am Grab von Wilhelm niederlegen, Annas Mann.

Wilhelm war nun schon 19 Jahre nicht mehr da. Doch er fehlte Anna sehr. Anna wollte erst gar nicht Blumen kaufen, kein Geld ausgeben.
Das war neu. Lukas übernahm das und kaufte die Blumen.

„Seid ihr denn heute am Grab von Wilhelm gewesen?“, fragte Peter sie abends.

„Ja, ich war da, und ich habe Blumen besorgt und sie zu seinem Geburtstag hingelegt“, sagte Anna.
„Na wunderbar“, antwortete Peter.

ANNA IST DEMENT (27)

DER TÄGLICHE ANRUF BEI ANNA

Die tägliche Kommunikation mit Anna wird schwieriger. 

Der Anruf bei Anna ist eine Sache wie du eben jeden Tag deine anderen Aufgaben in der to-do-Liste abarbeitest.

Das denke ich, doch es ist die pure Theorie. Die Wirklichkeit, die sieht anders aus, und zwar jeden Tag anders.

Gegen 10.00 Uhr schrecke ich hoch, weil ich das Erinnerungstool am iPad mal wieder aktiviert habe und mich doch über die Störung ärgere, wenn es dann tatsächlich soweit ist.

Ich greife zum Telefon und stehe vom Schreibtisch auf, um ein wenig umherzugehen. Es dauert eine Weile, bis Anna den Hörer abnimmt.

„Wie ist das Wetter bei dir?“, frage ich sie zu Beginn. Ich frage das stets zuerst. Nicht das mich das wirklich interessieren würde, da bin ich ganz ehrlich.

Nein, wirklich nicht. Ich könnte den Tag glatt ohne diese Information verbringen. Aber es geht ja nicht um mich. Es geht um Anna. Und die lässt sich Zeit mit der Antwort.

„Weißt du, es ist windig draußen?“, sagt sie nach einer Weile schleppend.

„Warst du denn auf dem Balkon?“, frage ich.
„Nein. Warum?“

„Nun, um den Wind zu spüren.“
„Ach, ich geh‘ doch jetzt nicht auf den Balkon!“

Anna wirkt gereizt, unausgeglichen, störrisch. Ich bleibe ruhig. Ich habe schon ein wenig gelernt. Nicht viel vielleicht, aber ein bisschen jedenfalls.


„Wir dürfen Anna ihre eigene Wesensänderung nicht zum Vorwurf machen“, sage ich zu Klara noch heute Morgen im Auto.

Das ist ein toller Satz, finde ich. Den musst du doch erst mal so formulieren.

Aber ich kann mich nur selbst loben. Ein anderer wird das nicht tun. Klara auf keinen Fall.

Sie antwortet gar nicht. Ich weiß auch warum. Sie denkt: „Na hoffentlich hält der sich selbst daran.“ Ja, das tue, in aller Regel.

Also frage ich Anna weiter: „Hast du denn schon ein zweites Frühstück gemacht?“

„Ne.“
„Willst du es noch machen?“
„Ja, aber nur ein kleines Brötchen. Sonst habe ich mittags keinen Hunger.“

„Ja, das verstehe ich“, sage ich sofort.
„Machst du dir denn auch was zu essen?“, fragt Anna mich.
„Nein, ich werde sonst müde. Und ich muss doch danach weiterschreiben.“


„Das kenne ich nicht.“ Na das glaube ich dir aufs Wort, denke ich. Sage es aber nicht.
„Weißt du, wenn ich etwas Warmes zu mir nehme, dann habe ich danach die Stunde der ‚toten Augen‘“, entgegne ich stattdessen.
„Stunde der ‚toten Augen‘, was ist denn das für ein Quatsch?“

Ich merke, wie langsam meine Schilddrüse anfängt zu pumpen.
Wie gerne würde ich darauf eine knackige Antwort geben, ganz in der mir eigenen Art.

Aber das darf ich nicht. Ich habe es Klara versprochen. Sie freut sich, wenn ich Anna anrufe, aber nur dann, wenn ich mich an die Spielregeln halte. Und das heißt, Anna ist dement, und wir sind diejenigen, die sich darauf einstellen müssen, nicht umgekehrt.

JEEPY – WIE ALLES BEGANN

JEEPY-2019.02.02

Der Beginn der Geschichte über Jeepy: Der Fahrer von Jeepy erzählt Krümel, warum er kleinere Geschichten über das Auto schreiben will. Und darüber, was er mit Jeepy für Abenteuer erleben möchte.
AUDIO
https://uwemuellererzaehlt.de/2021/05/23/audio-2021-02-23/

BRIEF AN KRÜMEL

Lieber Krümel, während ich hier an dich einen Brief schreibe, da tobst du noch im Kindergarten herum.

Vielleicht schläfst du ja auch noch. Es ist gerade Mittag. Oder bist du schon wach? Bald holt deine Mama dich ab, und du wirst juchzen vor Glück, wenn du sie siehst.

Weißt du noch, als ich dich abgeholt habe? Wie wir mit dem falschen Kinderwagen losgefahren sind und ich deine Hose und deine Schuhe mit denen vom Nachbarkind verwechselt habe?

Aber du hast in der Situation gemächlich an deinem Kuchen herumgekaut und ich musste vor lauter Verzweiflung die kleinen Stücke, die du gleichmäßig auf dem Boden verstreut hast, aufheben und schnell in meine Hosentasche stopfen.

Manchmal finde ich noch heute ein paar Krümel davon.  Aber das macht nichts. Ich denke dann sofort an dich und wie du mich umarmt hast, in dem Moment, wo ich dich auf die Wickelkommode gehievt habe, um dir deine Hose besser anzuziehen.

Jetzt ist mir wieder etwas eingefallen, was ich längst tun wollte. Nämlich kleinere Geschichten zu erzählen, die wir mit „Jeepy“ erlebt haben und noch erleben werden.

‚Jeepy‘ ist unser kleiner Geländewagen, der hier draußen unter dem Carport steht und friert. Den Namen hat er von deiner Mama bekommen.

Weißt du früher, da habe ich immer für deine Mama, Laura, kleinere Geschichten über unsere Autos geschrieben. Die hatten ja alle Namen.

Nur der Trabbi nicht. Wir dachten damals, das müsste nicht sein, denn wir würden ohnehin bis ans Lebensende nur diesen einen Wagen fahren.

Dafür habe ich ihn von innen mit schöner Latexfarbe gestrichen, also nur den Kofferraum. Denn am nächsten Tag fuhren wir in den Urlaub nach Thüringen.

Da sollte alles frisch renoviert sein. Ich kann mich noch erinnern, wie deine Oma aufschrie und dann schrill kreischte. „Das kann doch nicht wahr sein!“ Doch, war es aber.

Gut, die Farbe war nicht ganz trocken geworden und so blieb etwas davon an den Koffern kleben, als sie diese im Kofferraum verstauen wollte.

Oma sah mich an, als wollte sie mich auf der Stelle umbringen. Aber du siehst, ich lebe noch und kann dir davon erzählen.

Später kam dann ‚Flippi‘, der Lada. Danach war ‚Orli‘ an der Reihe, der lange BMW. Davon berichte ich dir später noch. Da war in der Mitte ein Telefon eingebaut.

Und ich habe mich hinten rechts hingesetzt, um wie ein Generaldirektor zu fahren und währenddessen zu telefonieren.

Das klappte aber nur, wenn ich auf dem Parkplatz stand. Ich hatte ja keinen Chauffeur.

Schließlich war ‚Bobby‘ dran. Mit dem sind wir 15 Jahre gefahren. Das war ein großer Geländewagen, sehr gemütlich und robust.

Damit bin ich sogar noch nach Berlin-Buch gefahren, um dich nach deiner Geburt zu begrüßen. Doch zuvor, in der Nacht, da sind wir über die menschenleeren Straßen gesaust – deine Mama, Oma und ich.

 

Du warst noch im Bauch deiner Mama. Am nächsten Morgen hörten wir die ersten Schreie von dir und nachmittags haben wir dich dann in der großen Wiege gesehen.

Das Bett war eigentlich nur ein kleines ‚Bettchen‘. Aber du warst noch kleiner. Das hat Bobby alles miterlebt. Er stand immer in deiner Nähe, auf dem Parkplatz in Buch.

Jetzt fährt er wahrscheinlich in Afrika umher, auf unbefestigten Straßen und verflucht mich. Wenigstens wird ihn keiner mehr anpöbeln.

Manchmal bekam er verachtende Blicke, weil er ein Diesel war und die Menschen, nur vereinzelt, natürlich,  ihn deshalb beschimpften. Na ja besser gesagt, mich. Aber ich habe meine Ohren zugeklappt.

Und nun also ‚Jeepy‘. Wieder ein Geländewagen. Ein Benziner. Nur kleiner eben. Wir denken eben auch an die Umwelt.

Damit sind wir schon gemeinsam bis zur Ostsee in den Urlaub gefahren.

Das weißt du nicht mehr. Du hast meist geschlafen, während ich über die Autobahn gedüst bin.

Irgendwie muss ich deine Mama noch davon überzeugen, dass sie mir mal ein schönes Bild von ‚Jeepy‘ macht. Naja, das kriegen wir schon alles hin.

Später, wenn du größer bist und lesen kannst, dann liest du die Geschichten hoffentlich. Und vorher lese ich sie dir eben vor, oder Mama macht das.

Wenn es gut läuft, dann machst du vielleicht die Sirenen von deinem Feuerwehrauto an, und außerdem das Heulen dazu, von der Dampflokomotive.

Glaub‘ mir, in dem Moment ist es wirklich egal, was wir sagen. Es hört ja doch keiner mehr etwas.

Mehr lesen:  https://uwemuellererzaehlt.de/jeepy/

ALDEHEID ALDINGER – EIN BESONDERER MENSCH

Adelheid Aldinger schrieb mir vor einiger Zeit in einer persönlichen Botschaft: „Komm doch mal vorbei, wir haben am 15. Dezember unsere Weihnachtsfeier“. So erinnere ich mich jedenfalls.

In den vergangenen Jahren hatte ich immer wieder abgesagt. Ausgerechnet dieses Jahr ist an diesem Tag eine Galaveranstaltung in der Staatsoper. Gute Freunde haben mich eingeladen.
Ich konnte also wieder nicht nach Altlandsberg kommen.
Adelheid blieb trotzdem dran und lud mich gestern zum Weihnachtskaffee ein. Sie hatte den Tisch gedeckt. Es war Kaffee da, Lebkuchen und Topfkuchen.

„Wir haben uns bestimmt zwei Jahre nicht gesehen“, sage ich zu ihr.
„Vier Jahre sind das her“, korrigiert sie mich.
Ich kann es gar nicht glauben. Sollte das schon wieder so lange her sein?
Damals hatte ich einen kleinen Beitrag über den Verein geschrieben.

„Wie geht es dir?“, frage ich sie. Sie sieht gut aus, strahlt über das Gesicht und ist fröhlich.
„Ich habe eine Medaille bekommen.“

„Was für eine?“
Ich wusste schon ein wenig, weil sie es angedeutet hatte. Dann holt sie die Dokumente raus.
Auf dem Tisch liegt die Urkunde, unterzeichnet von der Präsidentin des Landtages Brandenburg, Britta Stark.
„Donnerwetter“, sage ich und staune.

Dann lese ich: „…für besondere Verdienste als Gründungsmitglied und für …herausragendes Engagement im Verein ‚Helfen hilft‘ e.V.“

Daneben liegt die Medaille des Landtages Brandenburg „…zur Anerkennung von Verdiensten für das Gemeinwesen am 20. April 2018…“
„Das ist eine hohe Auszeichnung. Die kriegst nicht mal eben so“, sage ich daraufhin zu ihr.

Sie schaut mich an: „Meint der das ehrlich?“, scheint sie sich zu fragen.
Und wie ehrlich ich es meine. Es gibt wenige, denen ich es von Herzen gönne, und die es auch kraft eigener Leistungen verdient haben.

Im Anschluss lese ich die Laudatio von der Landtagsabgeordneten Jutta Lieske. Sie ist wunderbar geschrieben, geht ans Herz. Ich lese sie laut, um meine Aufregung zu verbergen.

Es ist gut, dass es mal so eine positive Aufregung gibt.
Adelheid, die würde für sich persönlich so etwas nie erwarten.
Adelheid erzählt mir, während ich schon wieder ein zweites Stück Kuchen herunternehme, wie sie sich ärgert, weil es so langsam vorwärts geht, in einem Jobcenter.
Die meisten denken an dieser Stelle: „Klar, das regt doch jeden auf, wenn es ihn betrifft.“

Aber es betrifft nicht Adelheid Aldinger. Nein. Sie setzt sich mal gerade wieder für andere Menschen ein, dafür, dass es rechtzeitig klappt mit der Bewilligung von Geldern.

„Stell‘ dir mal vor, was wir schon alles unternommen haben.“
Ich kann mir das vorstellen. Adelheid hat die Auszeichnung schon wieder beiseitegelegt und denkt daran, was sie noch alles vor Weihnachten bewegen muss – für andere Menschen, die sie um Hilfe ansprechen.

„Was glaubst du, wie ich mich gefreut habe“, dass die bulgarische Familie sich hier so gut eingelebt hat und wir ein wenig mit Rat und Tat zur Seite stehen konnten?“

So richtig kannst du dir das nicht vorstellen. Wie viel Energie das kostet, wieviel Leidenschaft, ja sogar Kampfesmut – und alles für andere Menschen.
Ich bekomme immer mehr ein schlechtes Gewissen. Warum? Weil ich doch die meiste Zeit an mich denke. Wie ich mit dem Schreiben klar komme, was noch zu tun ist.

Ja aber, das macht ja Adelheid auch noch, das eigene Leben bewältigen. Nebenbei, denn die meiste Zeit sorgt sie sich ja um die anderen Menschen.
Adelheid hatte keine leichte Kindheit. Andere wären daran zerbrochen. Sie aber hat negative Erfahrungen in positiven Lebensmut umgemünzt.

Ich rutsche auf dem Stuhl hin – und her. Ich muss in die Kita nach Berlin. Meine Enkelin abholen. Aber ich kriege es nicht fertig aufzustehen und zu gehen, ohne zu fragen, was ich tun könnte.

„Wenn du mal eine Lesung machst mit deinen kleinen Geschichten, die du schreibst, ja das wäre schön.“
„Meinst du wirklich, dass das jemand interessiert?“, versuche ich mich schon wieder herauszudrehen.

„Ja, wir könnten das im März nächsten Jahres machen, zum Frauentag zum Beispiel.“
Ich sage zu. Selbst wenn es nicht so humorvoll wird, wie es sich vielleicht Adelheid Aldinger erhofft, ich tue auf jeden Fall was für die Gemeinschaft.
Ich habe schon viele Menschen kennengelernt. Menschen. Das bleibt ja nicht aus. Besonders dann nicht, wenn du für sie wirklich interessierst.
Adelheid Aldinger gehört zu denen, die ich wirklich schätze.

Deshalb möchte ich dir an dieser Stelle sagen, liebe Adelheid:
„Danke für die Einladung gestern, deine herzliche Gastfreundschaft, dein Vertrauen. Und: dafür, dass ich sagen darf, dass du zu meinem Freundeskreis zählst!“
„Helfen hilft“ – der Name eines Vereins. Ein kleiner Verein. Groß und großartig in dem, was er tut. Ich habe nicht oft einen Hut auf. Trotzdem ziehe ich ihn jetzt, symbolisch eben.

‚MUTTI‘ MUSS STAUBSAUGEN


ANNA-2018.11.02

WIE DIE KRANKHEIT DAS GESAMTE UMFELD DER FAMILIE VERÄNDERTE, SCHLEICHEND, FAST UNAUFFÄLLIG

Der Alltag ging weiter, aber irgendwie und irgendwo war Annas Demenz auch immer mit dabei.
Anna hatte ein verstaubtes Bild von der Rollenverteilung zwischen Mann und Frau. Und sie liess sich davon nicht mehr abbringen. Jetzt, nach ihrer Krankheit, erst recht nicht mehr.

Es gab Routinen, eben täglich wiederkehrende Dinge. Die meisten davon sind unabdingbar, Peter mochte manche davon trotzdem nicht.

Er musste sich dazu eben zwingen. Dazu gehörte der Anruf bei Anna.

„Aber dir macht das doch so viel Spaß“, sagten einige seiner Freunde, die ihn kannten.

Anna war dement. Das wussten alle. Und alle wussten, dass sie Aufmunterung brauchte.

Klara kümmerte sich, fuhr hin zu Anna, organisierte Arzt- und Frisörbesuche. Lukas war täglich bei Anna und schaute, wie es ihr ging.

Diejenigen Menschen, die Peter kannten, in dem Fall den Schreiber, und die seine Familie kannten, die wussten natürlich genau, über wen er berichtete.

Aber er wollte eine gewisse Distanz halten. Zum einen aus Respekt. Und zum anderen, weil er das ja alles in kleinere Geschichten packte und das Recht hatte, etwas wegzulassen, zu überhöhen oder etwas hinzuzudichten.

Peter war schon nahe dran an der Wahrheit, wenn er darüber in seinen Texten schrieb. Klara war das oft genug zu nah. Inzwischen weiß sie aber, dass Peter stets mit Wertschätzung schrieb und aus einer Perspektive heraus, von der er faktisch die Figur beobachten konnte.

Das gab ihm die nötige Sicherheit, die Distanz zu halten, aber auch wieder nahe genug dran zu sein, um über etwas zu schreiben, was passiert war.

Die größte Herausforderung war, mit einem demenzkranken Menschen zu sprechen und ihm keinerlei Vorhaltungen zu machen. Das verstand nämlich Anna nicht, man verunsicherte sie dadurch nur.

Denn Veränderungspotenzial, das gab es bei Anna nicht mehr, nur noch in Richtung der Verschlechterung ihrer Krankheit.

Klara sagte dann meist zu Peter: „Aber du könntest dich verändern, und du tust es nicht, du stellst dich einfach blöd an, wenn du etwas machen sollst.“

Darin war Peter nun mal geübt.
Doch zurück zu Anna. Sie rief Peter eines Abends zweimal an und fragte ihn, ob es ihm gutgehe.

In Wirklichkeit wollte sie Klara sprechen, wen sonst, ihren Schwiegersohn? Ja, ja. Wenn die Sonne ‚mal im Westen aufging‘, dann vielleicht.

Aber sie hatte vergessen, dass Klara donnerstags erst gegen 18.00 Uhr Schluss hatte und dann noch von Kreuzberg hierher zurückmusste, zurück in den Wald, der zu der Zeit schon dunkel war.

Also könnte Peter sagen: „Anna, das haben wir doch vor einer halben Stunde besprochen.“ Und anschließend könnte er sich darüber bei Klara aufregen.

Früher hat er das getan: „Deine Mutter denkt, dass ich Zeit ohne Ende habe. Und wenn ich fünfmal erkläre, dass ich auch außerhalb meines geliebten Schreibtisches zu Terminen muss, Interviews absprechen, interessante Menschen treffen. Keiner schenkt mir das Geld.“

„Ich sauge jetzt gleich“, sagte Peter zu Anna am Telefon.

„Oh Gott, und das als Mann!“, erwiderte sie. Wie aus der Pistole geschossen. Ohne nachzudenken. Jetzt kam Peter sich nicht mehr vor, wie Ironman, sondern wie Weichmann.

Sollte er jetzt sagen, dass dies sein Veränderungspotenzial der letzten Jahre war?

„Weißt du Anna, das ist bei uns im Haus schwere körperliche Arbeit.
Du weißt doch, was es bedeutet, die Treppen immer hoch und runterzugehen.“

„Ich weiß“, sagte Anna.
„Wirklich?“ Peter hakte lieber nicht nach.

Dann erzählte sie ihm, dass in der Anbauwand die ganzen Bilder von ihnen standen, von Klara, Laura, Peter.

„Hast du gestern schon erwähnt, vorgestern auch. Jeden Tag erwähnst du das!“

Das könnte Peter erwidern. Tat er aber nicht. Er sprach über die Bilder, die Anna gemalt hatte und bei ihm im Arbeitszimmer hingen.

Das freute Anna und sie verabschiedeten sich.

Peter rief anschließend Klara an: „Deine Mutter sagt, saugen sei keine Arbeit für einen Mann!“

„Ich dachte, du bist schon fertig?“, sagte Klara enttäuscht. Sie war ein klein wenig wie unsere Kanzlerin – immer trocken, aufs Ergebnis aus.

Peter holte den Staubsauger raus, setze seine Lieblingsmütze mit der Aufschrift „Fischkopp“ auf und machte‘ ein ‚Selfi‘.

Gut, er musste noch ein wenig am iPhone herumdrücken, bis er wusste, wie es ging.

Schließlich hat er über WhatsApp an Klara das Foto mit Staubsauger und Mütze gepostet: „Mutti beim Saugen.“

„Schöner Mann“, schreibt sie zurück. „Find‘ ich ja auch“, antwortete Peter.

Ach, irgendwie mochte er Klara doch. Und Anna? Die würde er Morgen wieder anrufen, wie immer, na klar.

Mehr lesen: https://uwemuellererzaehlt.de/anna-ist-dement/

 

 

INTERVIEW MIT VOLKER KOENN

 

Volker Koenn ist Inhaber der PROMEDICA PLUS Düsseldorf-Nord sowie Neuss. Sein Unternehmen vermittelt Pflege- und Betreuungskräfte, mehrheitlich aus Polen, für die 24-Stunden-Betreuung im eigenen Zuhause.
 

Herr Koenn, wie verlief Ihr beruflicher Werdegang?

Ich habe das Ernst-Kalkuhl-Gymnasium in Bonn besucht und danach eine Ausbildung zum Kaufmann abgeschlossen. Anschließend studierte ich in Nagold Betriebswirtschaft BTE.

Wie ging es weiter?

Nach dem Studium ging ich für zwei Jahre nach Bangkok – im Auftrag einer deutschen Textilfirma, die dort auch produziert. Und danach war ich neun Jahre in Österreich und habe dort als  Vertriebsleiter gearbeitet, unter anderem für Hugo Boss.

Schließlich war ich für ‚Dolce & Gabbana‘ als Verkaufsleiter Österreich tätig. Und danach habe ich von Düsseldorf aus als Vertriebsleiter von Girbaud gearbeitet.

Im Anschluss daran war ich bei Michalsky, M12 Style GmbH, Geschäftsführer und bin zwischen Düsseldorf und Berlin gependelt.

Das hört sich nach einer tollen Karriere an, oder?

Ja, sicher. Das waren aber vor allem harte Jahre. Doch ich habe auch enorm viel gelernt, viele Menschen kennengelernt und meinen Gesichtskreis erweitern können.

Was war denn die Initialzündung für Ihren Entschluss, in die Pflege zu gehen?

Der Funke ist übergesprungen, als ich darüber nachdenken musste, wie ich am besten meinen Eltern helfen kann. Meine Mutter ist mittlerweile 85 Jahre alt, mein Vater 91. Und meine Mutter fragte mich eines Tages, was denn sei, wenn sie das Haus nicht mehr allein bewirtschaften könnten.

Daraufhin verbrachte ich eine Reihe von schlaflosen Nächten und habe mich danach aufgemacht, Alternativen für meine Eltern zu suchen. Dabei bin ich auf die 24-Stunden-Betreuung von PROMEDICA PLUS gestoßen.

Ich fuhr nach Essen, wo sich die Franchisezentrale befindet, und habe dort an einer Informationsveranstaltung der Firma teilgenommen. Das Konzept gefiel mir. Ich signalisierte dem Unternehmen mein Interesse für eine künftige Zusammenarbeit und nahm an entsprechenden Schulungen teil.

Und dann?

Dann habe ich ‚ja‘ gesagt.

Das war doch aber für Sie ein Wechsel mit erheblichen Risiken?

Naja, die Risiken waren für mich überschaubar. Ich hatte das Konzept ja gründlich geprüft. Aber natürlich: Ich musste investieren, ein Netzwerk aufbauen, Kunden finden und die Dienstleistung von PROMEDICA PLUS verkaufen, wenn Sie so wollen.

Was unterscheidet die Modebranche von der Branche, in der Sie nun als Unternehmer tätig sind?

Vergleiche hinken immer, wie Sie selbst wissen.

Natürlich geht es bei der Mode um Äußeres, darum, wie jemand aussieht, angezogen ist und wie man ihm noch schönere Hemden, Anzüge oder meinetwegen Kleider verkaufen kann. Das ist ein hartes Metier, denn es geht letztlich vorrangig um gewinnorientiertes Denken und Handeln.

 Das ist doch aber in der Pflegebranche auch nicht anders, oder?

Nein, natürlich muss ich Gewinne erwirtschaften. Sonst kann ich ja gar nicht überleben, die entstehenden Kosten tragen. Es gibt allerdings Dinge, die sich markant von der Modebranche abheben.

Nämlich?

Bei der Pflege und Betreuung, und zwar rund um die Uhr, sprechen wir von existenziellen Fragen – zum einen für die Hilfebedürftigen, zum anderen jedoch auch für deren Angehörige.

Da geht es darum, ob jemand weiter selbstbestimmt in seinem geliebten Zuhause leben kann, oder ob die hilfebedürftige Person doch in ein Heim gehen muss, da die Versorgung durch pflegende Angehörige eben nicht mehr gewährleistet werden kann.

Ich habe nichts gegen Heime, jedoch bin ich davon überzeugt, dass der Mensch sich zu Hause am wohlsten fühlt- deswegen habe ich mich für eine Tätigkeit in der häuslichen Pflege- und Betreuung entschieden; eben als gute Alternative zum Heim und zur Entlastung der Angehörigen.

Und: Sie werden involviert in die intimsten Dinge, zum Beispiel, wie man der Demenz oder Inkontinenz des zu Pflegenden begegnet, mit welchen charakterlichen Besonderheiten es eine Pflegekraft zu tun bekommt, wenn sie im Haushalt des Kunden anfängt.

 Was ist Ihnen wichtig, wenn Sie über individuelle Pflege und Betreuung sprechen?

Empathie!

Wow, das kam ja wie aus der Pistole geschossen.

Ja, das sage ich aber nicht nur, sondern das lebe ich tagtäglich.

Können Sie das noch ein bisschen erläutern?

Gern. Ich kann mich gut in die Menschen hineinversetzen, um die ich mich kümmere, weil ich es aus dem eigenen Umfeld gut kenne. Diese Einstellung kommt wirklich aus der Tiefe meines Herzens.

Auf welche Schwierigkeiten sind Sie im Verlaufe Ihrer nunmehr fast vierjährigen Tätigkeit gestoßen?

Ich habe den Beruf unterschätzt, und hier das Schwierigste an der Sache, nämlich Menschen an Menschen zu vermitteln, die sich vorher nie gesehen haben.

Würden Sie sich wieder für diesen Weg entscheiden?

Ja!

 Wie werden die polnischen Pflegekräfte bei den zu Pflegenden und bei den Angehörigen aufgenommen?

Das ist unterschiedlich, in der Regel aber gut und sehr gut. Ich versuche natürlich im Vorfeld so gut wie nur möglich und so individuell wie es geht, die passende Betreuungskraft für den konkreten Haushalt zu finden.

Vieles hängt sicherlich zum einen von der Erfahrung und den Deutschkenntnissen der Betreuungskraft ab. Zum anderen ist es jedoch auch sehr wichtig, dass die zu betreuende Person und die Betreuungskraft gut zueinander passen, gut miteinander harmonieren. Das sind ganz entscheidende Kriterien bei der 1:1 Betreuung.

Immerhin sind die Pflegekräfte ja in der Regel  sechs Wochen im Haushalt der Pflege- und Hilfsbedürftigen.

Und wir machen, vor Ort und als persönlicher Ansprechpartner alles dafür, damit es so gut wie möglich klappt.

Was ist Ihnen wichtig, wenn Sie an die Betreuungskräfte denken?

Nun, das sind ebenfalls Menschen, die Familien haben, ihre eigenen Sorgen und die trotzdem fernab von zu Hause tätig sind. Sie müssen also Spaß haben an der Arbeit haben, vernünftig untergebracht sein, sich wohlfühlen im Haushalt. Denn dann können sie das durch eine gute Arbeit auch an die zu Pflegenden zurückgeben.

Es bleibt eine sensible Tätigkeit mit vielen Befindlichkeiten, Ängsten und Hoffnungen- und zwar seitens der zu betreuenden Personen, deren Angehörigen, aber natürlich auch der Betreuungskräfte.

Herr Koenn, was verbinden Sie mit dem Wort Glück?

Gesundheit, Familie, finanzielle Absicherung, berufliche Pläne verwirklichen, um es auf den Punkt zu bringen.

Sind Sie ein glücklicher Mensch?

Ja,  das bin ich. Ich habe viel Freude in der Familie,  habe gute Freunde und: Ich gehe einer Arbeit nach, die viel verlangt, die aber ebenso viel zurückgibt.

Herr Koenn, ich danke Ihnen für das Gespräch.

Kontakt:
Volker Koenn 
Prinzenallee 7
40549 Düsseldorf- Seestern
0211 - 97170299

 

 

 

 

 

Anna ist dement (11)

Das Geld ist verschwunden

„Mutti, du musst jetzt irgendwann in der Bank gewesen sein. Im letzten Monat waren doch noch 53.000 Euro auf dem Sparbuch.
Also muss doch irgendwo das übrige Geld sein, oder?“
Klara war entsetzt. „Mutti, bitte denk‘ jetzt nach. Hast du in der Bank mit jemandem darüber gesprochen?“
„Ja, ich habe mit der netten Frau von der Bank gesprochen. Sie war wirklich nett, Klara.“
„Ja, Mutti, was hast du denn mit ihr besprochen?“
„Ach, ich weiß das nicht mehr. Das ist aber auch ein Scheiß.“
„Mutti, du musst doch wissen, was du in der Bank getan oder besprochen hast, mit der so netten Mitarbeiterin!“
Anna bekam den Spott nicht mehr mit. Sie war jetzt völlig durcheinander.
Sie sprang auf, rannte in das andere Zimmer. Da, wo ihre anderen Unterlagen lagen. „Mutti, jetzt bleib‘ doch mal hier.
Es ist doch furchtbar, wenn du nicht mal eine Minute still sitzen kannst.“
Klara fühlte, dass es falsch war, jetzt so mit ihrer Mutter zu reden.
Aber sie war einfach empört, über das, was ihre Mutter angestellt hatte, oder dass sie zuließ, dass man mit ihr etwas so ‚Gemeines‘ anstellen konnte.
Sie war wütend zugleich darüber, dass eine Bankmitarbeiterin es geschafft hatte, ihrer Mutter diesen Wahnsinn aufzuschwatzen.
Klara hoffte, das Geld würde wenigstens in irgendwelche halb soliden Anlagen gesteckt worden sein und nicht gänzlich verloren war.

 

SANDRA NABER IM INTERVIEW

 

Sandra Naber ist die Inhaberin des Häuslichen Pflegedienstes „Schwester Andrea Berkner“ in Templin.

Frau Naber, wie verlief Ihr beruflicher Werdegang vor der Gründung des Pflegedienstes?

Ich bin von 1991 bis 1994 in der Ausbildung zur Krankenschwester gewesen. Anschließend habe ich im Krankenhaus gearbeitet – allerdings befristet.

1996 bin ich dann in einen ambulanten Pflegedienst gewechselt und habe dort zweieinhalb Jahre gearbeitet. Danach schied ich dort aus.

Am 01. Januar 1999 wurde das Unternehmen „Schwester Andrea Berkner“ gegründet. Im Jahr 2000 verstarb leider Frau Berkner.

Ihr Ehemann hat zunächst das Unternehmen weitergeführt.
Nachdem ich 2001 eine Ausbildung zur Pflegedienstleiterin absolviert hatte, war ich dort als PDL tätig.

2007 wollte der Ehemann von Frau Berkner den Pflegedienst nicht mehr weiterführen. Das hätte aber bedeutet, dass es für die Kunden keine Versorgung mehr gegeben hätte und die Mitarbeiter wären arbeitslos geworden. Also entschloss ich mich, den Pflegedienst zu kaufen.

Den Namen „Schwester Andrea Berkner“ habe ich so belassen – er war ja inzwischen sehr bekannt in und um Templin.

Was war für Sie die Initialzündung, in die Pflege zu gehen?
Das ausschlaggebende Motiv war: Ich wollte den Kunden und den Mitarbeitern eine Perspektive geben.

Was ist Ihnen am Anfang leicht gefallen und wo hatten Sie Schwierigkeiten?
Leicht ist mir der weitere Umgang mit den Kunden gefallen. Daran war ich ja gewöhnt. Schwer war es für mich, die kaufmännischen, steuerlichen Fragen in den Griff zu bekommen und überhaupt den gesamten Dokumentationsaufwand zu bewältigen.

Was macht Ihrer Meinung nach Ihr Team stark?
Wir haben eine familiäre Atmosphäre bei uns. Wir treffen uns auch privat – reden miteinander, feiern zusammen. Dann lässt es sich besser miteinander umgehen.

Und wir diskutieren auch offen unsere Probleme. Ich glaube, das ist es, was uns stark macht.

Wo sehen Sie Gründe für den mitunter noch schlechten Ruf von Pflegediensten?
Pflege ist nichts anderes als eine Dienstleistung. Und da muss man sich anstrengen.

Da kann man kaum reich werden. Ich denke, das unterschätzen manche, die sich in diesen Bereich begeben und damit Geld verdienen wollen.

Des Weiteren: Die Preise werden manchen Angehörigen oder Pflegebedürftigen anfangs für bestimmte Handlungen als zu hoch angesehen.

Hier hilft das Gespräch mit den Kunden und eine wirklich gute Pflege und Betreuung. Nur so kann man die Pflegebedürftigen und ihre Angehörigen für sich gewinnen.

Was hat sich für Sie geändert seit der Gründung Ihres Pflegedienstes?
Ich denke, die Herausforderungen sind größer geworden – quantitativ und qualitativ.

Es ist schon schwierig, stets unter Zeitdruck zu arbeiten und trotzdem den persönlichen Bezug zum Kunden nicht zu verlieren.

Früher war das aus meiner Sicht ein wenig entspannter. Und trotzdem setzen wir alles daran, individuell zu pflegen und zu betreuen.

Was macht für Sie individuelle Pflege aus?
Wir sind ein kleines Team und haben ein relativ stetiges Personal. Die Fluktuation ist bei uns gering. Wir erreichen die Qualität durch kontinuierliches und beharrliches Arbeiten.

Der Patient hat es dadurch auch leichter, sich fallenzulassen. Denn: Er weiß, wer kommt und hat zur Pflegekraft Vertrauen aufgebaut.

Was sagen Sie zum Vorhaben der generalistischen Pflegeausbildung in der Zukunft?
Grundsätzlich finde ich es gut, wenn die Ausbildung auf breitere Füße gestellt wird. Wir haben ja selbst Auszubildende bei uns in der Firma. Es fehlt manchmal das medizinische Grundwissen bei den Pflegekräften.

Es gibt ja zum Beispiel auch jüngere Leute mit Akutkrankheitsbildern – da ist es gut, wenn hier mehr Inhalte in die Ausbildung einfließen. Ich fahre nicht zuletzt auch deshalb heute immer noch mit raus zu den Patienten, um selbst genau zu wissen, wie es den einzelnen Menschen geht.

Was ist für Sie persönlich Glück?
Ich bin dann glücklich, wenn alle gesund sind – in der Familie und im Unternehmen. Fühlen sich die Mitarbeiter wohl, dann fühle auch ich mich wohl und bin glücklich.

Frau Naber, vielen Dank für das Gespräch.

 

SENIORENHILFE GOTHA – STELLENANZEIGE

Sie sind examinierte Altenpflegerin oder Altenpfleger, Krankenschwester oder Krankenpfleger, Pflegehelferin oder Pflegehelfer, oder Sie sind eine Hauswirtschaftskraft?
Und: Sie lieben Ihren Beruf und Sie lieben die Arbeit mit Menschen, die so dringend unserer Hilfe und Unterstützung bedürfen?

 

Wer wir sind:

Wir sind ein Team, in dem der Zusammenhalt groß ist – zwischen jungen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern und älteren Pflegefachkräften.

Wir sehen das als einzigartige Chance, unsere Kräfte zu bündeln, gemeinsam besser zu sein, als das jeder für sich allein könnte.
Wir wollen aber auch, dass Sie sich bei uns entfalten und entwickeln können, dass Ihnen die Arbeit bei uns Spaß macht.

Wir wissen, dass wir alle nur eine Zeit haben, die nicht geteilt werden kann in Lebensqualität und Arbeitszeit. Beides gehört für uns zusammen – Arbeitszeit ist Lebenszeit.

Und deshalb sollen Sie sich wohlfühlen bei uns, mit Freude an die Aufgaben herangehen.

Nichts ist schlimmer, als wenn man sich zur Arbeit schleppen und zwingen muss. Wir wollen Spaß, weil wir diese Art auch auf diejenigen übertragen, für die wir da sind – unsere Senioren, Pflege- und Hilfsbedürftigen.

Seiteneinsteiger sind bei uns gern gesehen und willkommen. Wir bieten dafür eine Ausbildung an – berufsbegleitend und zugeschnitten auf die jeweiligen Interessen, Neigungen und Möglichkeiten.

Wenn Sie sich wiedererkennen, in dem, was uns ausmacht und wenn Sie wie wir Wert legen auf

– eine faire und angemessene Bezahlung, auf leistungsabhängige Zulagen,
– eine Dienstplanung, die auch Ihre Freizeit und familiären Interessen berücksichtigt,
– solide Fort- und Weiterbildungsmöglichkeiten, gute und langfristige Entwicklungschancen im Team,
ja, dann sollten Sie nicht weiter zögern, sondern zum Hörer greifen oder uns schreiben.
In jedem Fall freuen wir uns auf ein Gespräch mit Ihnen.

Mehr: http://www.seniorenhilfe-gotha.de

Kontakt
Kathrin Dölle – Seniorenhilfe Ambulanter Pflegedienst
Lutherstraße 8, 99867 Gotha
Telefon: 03621 / 21 96 40
Telefax: 03621 / 21 96 39
E-Mail: info@seniorenhilfe-gotha.de

MEHR LESEN:

PORTRÄT KATHRIN DÖLLE

Kathrin Dölle ist die Inhaberin der Seniorenhilfe in Gotha.

Es wird viel geschrieben darüber, welche Leistungen ein Pflegedienst erbringen kann, warum Pflegebedürftige und Angehörige gerade ihn zu Rate ziehen sollten, wenn sie Hilfe benötigen.

Letztlich jedoch überzeugen nur Taten.
Die Lebensgeschichte eines Menschen gibt für einen Moment den Blick frei für das, was er bereits geleistet hat, welche Motive ihn antrieben und wie er auch künftig handeln wird.

Es lohnt, das Interview mit ihr zu lesen. Zeigt es doch, wie sie zur Pflege gekommen ist und warum sie heute diese Tätigkeit als ihre eigentliche Berufung ansieht.

Sie ist nicht auf dem Weg in die Pflegebranche gekommen, der gerade war, gezogen wie mit einem Lineal. Nein. Sie hat zunächst den Beruf der Gärtnerin erlernt und später auch noch Gartenbau studiert.

Sie bezeichnet es selbst praktisch als Zufall, dass sie nach der Wende zur Pflege kam, oder wie sie es formulierte, „hineinrutschte“.
Sie gibt heute unumwunden zu, dass dies kein ‚Zuckerschlecken‘ war.
Sie musste sich hineindenken in diese für sie völlig neue Welt, die pflegerischen Grundlagen erlernen, sich weiterbilden.

Sie brachte aber auch Stärken von Haus aus mit – die Fähigkeit nämlich, die Prozesse zu organisieren, die kaufmännischen Dinge zu regeln.

Kathrin Dölle baut auf ihr Team, von dem sie lernt und das ihr wiederum als Inhaberin vertraut.

Sie findet es gut, wenn unterschiedliche Menschen aufeinandertreffen, zusammenarbeiten, sich in ihren Stärken ergänzen und Schwächen dabei untereinander ausgleichen.

Kathrin Dölle setzt auf vernetztes Denken und auf Netzwerke in der Zusammenarbeit. Nur so ist aus ihrer Erfahrung heraus Hilfe und Unterstützung für die Pflege- und Hilfsbedürftigen möglich,
die effizient und wirkungsvoll ist.

Sie ist heute glücklich in ihrem Beruf und sorgt sich darum, dass dieses Glück ebenso auf die Menschen um sie herum ausstrahlt – die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, die Pflege- und Hilfsbedürftigen.

 

Mehr: http://uwemuellererzaehlt.de/2017/06/23/kathrin-doelle-im-interview/

Kontakt
Kathrin Dölle – Seniorenhilfe Ambulanter Pflegedienst
Lutherstraße 8, 99867 Gotha
Telefon: 03621 / 21 96 40
Telefax: 03621 / 21 96 39
E-Mail: info@seniorenhilfe-gotha.de
http://www.seniorenhilfe-gotha.de

INTERVIEW MIT PATRICK BOLANZ

MENSCHEN IM ALLTAG-2017.12.19

Patrick Bolanz ist der Inhaber des Freiburger Pflegeservice.

Herr Bolanz, wie verlief Ihr beruflicher Werdegang vor der Gründung des Pflegedienstes?

Ursprünglich wollte ich gar nicht in die Pflege. Nach meinem Schulabschluss habe ich an einer weiterführenden Wirtschaftsschule eine kaufmännische Ausbildung absolviert – unter anderen in Rechnungswesen und Buchführung.

Das war 1989.
Danach war ich im Konzern Beiersdorf AG und habe im Einkauf gearbeitet. Das entsprach aber nicht so ganz meinen Vorstellungen. Es war einfach nicht mein Ding.

Was war denn Ihr Ding?

Das musste sich erst noch herausstellen. Über Empfehlungen von Freunden begann ich dann, in einem Pflegeheim zu arbeiten.
Das war schon eher mein Ding, um mal bei der Wortwahl zu bleiben.

Warum?

Hier ging es um Menschen, denen ich helfen konnte. Das machte mir Spaß. Also fing ich dort noch einmal eine Ausbildung zum examinierten Altenpfleger an, die ich Mitte der 90 – er Jahre abschloss.

Sind Sie danach im Pflegeheim geblieben?

Nein. Ich bin ziemlich direkt nach meiner Ausbildung in einen ambulanten Pflegedienst gewechselt. Das lag mir noch mehr.
Ich blieb in dem Pflegedienst ca. zwei Jahre und habe mir sehr viel praktisches Wissen aneignen können.

Übrigens: Vor allem in der Zeit der Ausbildung habe ich mich stark kulturell betätigt.

MENSCHEN IN DER PFLEGE

Was genau haben Sie gemacht?

Ich habe Techno – Veranstaltungen organisiert. Das war die Zeit, als die Love-Parade in Berlin sehr angesagt war.

Gemeinsam mit einem Partner konnten wir richtig große Live-Veranstaltungen auf die Beine stellen.

Organisation und Management dieser Konzertveranstaltungen waren schon eine Herausforderung. Das hat mir wiederum genutzt, wenn ich daran denke, wie wichtig zum Beispiel das Marketing ist, unabhängig davon, in welcher Branche man arbeitet.

Wenn ich heute zurückdenke, so sind es besonders drei Kernkompetenzen, in denen ich starke Fähigkeiten entwickeln konnte.

Welche sind das?

Im Marketing, Verkauf und in der Pflege.
Wo haben Sie das Verkaufen gelernt?

Ich habe für ein großes Unternehmen international gearbeitet und Kunden im Bereich der Werbung und des Marketings beraten. Das war sehr hart. Und es war sehr lehrreich.

Allerdings es eben auch sehr anstrengend. Ich war auf der ganzen Welt unterwegs, immer vor Ort – also dort, wo auch der Kunde war.
Es kam die Zeit, da wollte ich einfach wieder Zuhause sein, mich dort beruflich etablieren.

Wie kamen Sie darauf, Ihren eigenen Pflegedienst zu gründen?

Nun, ich hatte in der Zwischenzeit viele Erfahrungen sammeln können.

Unternehmerisch denken und handeln, das Marketing im Blick haben und das Wichtigste – den Menschen wirklich in den Mittelpunkt des Geschehens stellen.

Das wollte ich – mit meiner Konzeption von Pflege und Betreuung und meinem Team, das mit mir mitzieht.
Das war 2005 so weit. In dem Jahr habe ich meinen eigenen Pflegedienst gegründet.

Was ist Ihnen am Anfang leichtgefallen und wo hatten Sie Schwierigkeiten?

Ich formuliere es mal so: Die anstehenden Herausforderungen insgesamt bewältigen, die wirklich eigene Philosophie erarbeiten und umsetzen. Das hat schon gedauert.

Was macht Ihr Team aus?

Wir sind ein kleines Team. Uns treibt die persönliche kontinuierliche Betreuung um. Der Pflegebedürftige soll wirklich zu dem einzelnen Mitarbeiter einen persönlichen Bezug, bei dem Vertrautheit entsteht und schließlich daraus Vertrauen erwächst.

Wo sehen Sie Gründe für den mitunter noch schlechten Ruf von Pflegediensten?

Ich glaube, der Hauptgrund ist, dass die Betreuungskräfte zu oft wechseln. Besonders in den großen Einrichtungen. So kann nur schwer individuelle Pflege realisiert werden.

Das macht die Pflegebedürftigen, deren Angehörigen und auch die Mitarbeiter unzufrieden.

Was macht für Sie individuelle Pflege aus?

Den Menschen dorthin stellen, wo er tatsächlich hingehört – in den Fokus unseres Denkens und Handelns.

Die persönlichen Ansprüche des zu Pflegenden können so bestmöglich mit den Notwendigkeiten in der Pflege verknüpft werden. Wir haben eine Patientin, die wir bereits das elfte Jahr betreuen.

Wir machen dort alles – Pflege, den Einkauf, Behördengänge und vieles mehr. Kurzum: Wir kümmern uns individuell und persönlich.

Was hat sich für Sie geändert seit der Gründung Ihres Pflegedienstes?

Die größte Veränderung besteht wohl darin, dass wir mehr Anfragen haben, als wir tatsächlich zu leisten in der Lage sind.
Hier geht es darum, den Blick für die Qualität ganz besonders zu schärfen.

Was sagen Sie zum Vorhaben der generalistischen Pflegeausbildung in der Zukunft?

Ich habe mich mit dem Modell noch nicht tiefgründig beschäftigen können. Es steht jedoch eines fest: Wir brauchen sehr flexible Arbeitskräfte.

Insofern ist eine breite Ausbildung gut.
Andererseits stellen wir in der Praxis fest, dass manchmal eine Pflegefachkraft mit dem fachlichen Background einer ausgebildeten Krankenschwester überfordert ist von den Anforderungen in der täglichen Altenpflege. Hier gilt es also, den Fokus auf der Altenpflege zu belassen.

Was macht für Sie persönlich Glück aus?

Glück ist für mich, wenn ich morgens ins Büro gehe und sehe, was sich entwickelt hat.

Glück ist für mich auch zu sehen, wie eigenständig und eigenverantwortlich mein Team agiert – aufgrund der flachen Hierarchien und einer offenen und herzlichen Atmosphäre untereinander.

Das macht mich nicht nur glücklich, sondern auch stolz.

Herr Bolanz, vielen Dank für das Gespräch.

 

Mehr lesen:

https://uwemuellererzaehlt.de/2022/01/02/menschen-im-alltag-2017-2021/

https://uwemuellererzaehlt.de/ueber-menschen-erzaehlen/firmenportraets/

 

ANNA IST DEMENT – TEIL 20

Jeder wird sich verändern müssen
Und trotzdem. Jeder, der mit Anna zu tun hatte wusste, dass sich nicht nur Anna verändert hatte, sondern alle um sie herum. Ja, sie werden sich ändern müssen. „Wenn du zu deiner Mutter sagst, dass du ihr jetzt zum fünften Mal das Gleiche erzählt hast, dann wird das nichts an der Situation an sich ändern.“ „Aber ich kann irgendwann nicht mehr!“, entgegnete Karsta entnervt. Wenn du immer wieder das Gleiche wiederholst, dann geht es irgendwann nicht mehr.“ „Das kommt doch bei deiner Mutter gar nicht oben an“, sagte Peter. „Anna merkt nur, dass mit ihr schimpfst. Aber sie weiß nicht wirklich, warum du sauer bist.“

Du kannst über Demenz reden, aber du kannst sie nicht wegreden
„Das mag ja alles so sein. Aber ich denke, dass sie schon noch mitbekommt, dass sie stets dasselbe fragt. Nur, dass sie eben die Antwort darauf nicht mehr kennt.“ Karla mochte nicht mehr weiter darüber reden. Annas Krankheit, die Sorge darum, was noch alles passieren kann, das belastete alle. Irgendwie zog sich das durch sämtliche Gedankengänge. Manchmal sprachen sie schon morgens, 05.00 Uhr beim Frühstück, was Anna am Tag zuvor von sich gegeben hatte. „Wenn wir in Stralsund wohnen würden und wir hätten ein Haus, wo deine Mutter eine Wohnung mit hätte, im Haus oder dicht dabei, ich glaube, dann wäre alles einfacher“, sagte Peter und biss in sein Brötchen. „Entweder du erzählst morgens schon von Merkel und ihrer Flüchtlingspolitik oder über meine Mutter und ihre Krankheit.“ Klara war noch nicht bereit überhaupt zu sprechen.

Morgens um fünf Uhr beim Frühstück
Peter sagte nichts mehr. Er schlug die Zeitung auf und las einen Artikel darüber, warum die AFD in Ostdeutschland so stark geworden war. Die Ossis lebten vierzig Jahre in einer Diktatur, waren intolerant gegenüber Flüchtlingen, die es bei ihnen gar nicht gab und gingen zudem noch rechtsextremen Positionen auf den Leim. „Und warum haben in München in einem Stadtteil die AFD – Leute so einen großen Zuspruch erhalten? Die machen es sich mal wieder einfach.“ Peter knüllte die Zeitung zusammen und nahm den Sportteil zur Hand. „Wovon redest du?“ Klara schaute ihn an. „Ach nichts. Ich möchte bloß mal wissen, wieviel Mühe sich manche Journalisten machen, um Ursachen von bestimmten Stimmungen tatsächlich auf den Grund zu gehen. Die haben doch ihre Vorurteile im Kopf, wissen, was der Chefredakteur lesen will und bedienen diese Pauschalannahmen mit Fakten, die keine sind.“ Peter konnte sich darüber aufregen. Aber er würde nichts ändern. Er müsste sich selbst bewegen, einmischen. Und das kostete ihn Zeit und damit letztlich Geld.

 

DIE SCHLEICHENDE WESENSÄNDERUNG VON ANNA

ANNA-2017.10.01

Anna spürte, dass mit ihr etwas nicht stimmte. Die Menschen um sie herum merkten es auch. Keiner wusste so richtig damit umzugehen.

Anna war depressiv, weil sie hautnah an sich mitbekam, wie ihr die Krankheit zusetzte. Lukas spürte das zuerst, weil er vor Ort wohnte, in der Nähe von Anna, seiner Mutter.

Klara legte den Hörer auf.

„Worüber habt ihr eben gelacht?“, fragte Peter.

„Stell dir vor, Mutti sagt, dass dies erst der Anfang mit ihr ist und es noch schlimmer wird. Das war irgendwie trotzig und lustig zugleich.“

„Sie bekommt schon mit, dass mit ihr etwas nicht stimmt“, sagte Peter.

„Das ist irgendwie traurig. Ich glaube, dass sie deswegen zwischendurch depressiv wird, weil ihr die Situation klar wird, in der sie sich befindet.“

„Das stimmt.“ Klara verstummte und Peter auch.

Am meisten war Lukas betroffen. Ihn traf alles zuerst. Anna ging zu ihrem Sohn auf den Hof, jeden Tag.

Selbst wenn sie sagte, sie sei nicht dort gewesen, so war sie es doch. Lukas konnte schlecht mit alledem umgehen.

Er hatte selbst mit sich genug zu tun. Erst kürzlich war er im Krankenhaus. Er war knapp einem Herzinfarkt entgangen und trug jetzt zwei Stents in seiner Brust. Anna hatte das kaum zur Kenntnis genommen.

Klara, Peter und Lukas waren darüber geschockt gewesen. Aber Anna hatte sich verändert.

Und sie würde sich weiter verändern. Lukas konnte das schwer verarbeiten oder gar akzeptieren. Anna war seine Mutter.
Und sie blieb es.

Sie war trotzdem eine Andere als die, die er aus seiner Kindheit kannte. Die, die für Klara und ihn alles getan hatte, immer für die Kinder da war – am Faden Schmalzstullen vom Balkon aus dem vierten Stock herunterließ, wenn Klara und Lukas unten spielten.

Und jetzt ging sie durch Stralsund mit einem Gesicht, als wollten alle etwas Schlechtes von ihr.

„Deine Mutter bleibt die, die sie war. Und sie wird trotzdem eine andere werden. Die Krankheit verändert ihre Wesenszüge. Sie kann nichts dafür.

Wir müssen auf sie eingehen. Sie kann es nicht mehr.“
Das waren alles richtige Worte, die Peter da aussprach.

Aber sie verhallten, denn es schmerzte zu sehr, die eigene Mutter so zu sehen, zu erleben, als sei sie ein fremder Mensch und würde sich immer weiter von ihnen entfernen.

Mehr lesen:  https://uwemuellererzaehlt.de/anna-ist-dement

DAS WIRD NOCH SCHLIMMER

2017.09.30-ANNA

Rückblick 2021 auf den Sommer vor dreieinhalb Jahren. Krümel ist noch nicht auf der Welt, aber alle in der Familie warten gespannt darauf, dass ein neuer Mensch auf die Welt kommt. Es war spannend und aufregend
In derselben Zeit verfiel Anna geistig immer mehr.
In wachen Momenten erkannte sie das selbst. Es war traurig, manches war komisch und manchmal konnte man gar nicht anders, als zu lachen.
Anna rief regelmäßig abends an. Doch die Telefonate waren nicht aufregend. Anna war nicht depressiv, sie sprach klar und man merkte nicht sofort, dass sie an Demenz erkrankt war.

Peter stand auf dem Parkplatz vor dem Discounter und überlegte, ob er die Telefonnummer von Anna wählen sollte.

Er saß im Auto und hatte Langeweile. Klara hatte ihn überredet, doch noch mal schnell beim Einkaufsmarkt vorbeizufahren.

Sie wollte dann gleich bei einem Discounter reinschauen. Dort konnte sie so schön wühlen und nach weiteren Stramplern und Babymützen suchen.

„Hoffentlich reißt du nicht das Dach ab und packst es bei deiner Kaufwut gleich mit ein.“

Klara reagierte darauf gar nicht. Sie war im Kaufrausch. Krümel war noch nicht auf der Welt. Aber sie nahm Stück für Stück einen größeren Platz im Denken ein, von Klara und Peter.

Laura hat ihren Geburtstermin Anfang Oktober. „Wir müssen jetzt einen Notfallplan aufstellen, damit wir wissen, was jeder zu tun hat, wenn es so weit ist“, sagte Peter zu ihr.

„Was soll denn das für ein Plan sein?“ Klara schaute ihn verwundert beim Frühstück an.

„Naja, wenn die Wehen bei Laura anfangen“, meinte Peter.

„Dann fällst du doch schon in Ohnmacht“, konterte Klara.

„Na dann versinkt eben alles im Chaos“, gab Peter beleidigt zurück. Peter wurde aus seinen Gedanken gerissen.

Ein Geländewagen sauste vor ihm heran und bog scharf in die freie Parklücke ein.

Eine Frau stieg aus, schlug ohne hinzusehen die Tür hinter ihrem Rücken zu und stürmte auf den Einkaufsmarkt zu.

„Wieder mal typisch“, dachte Peter. „Kann die sich nicht richtig in die Parklücke stellen?“

Das Auto stand mit zwei Rädern schon auf dem anderen Parkplatz. „Wahrscheinlich ist die gerade von der Arbeit gekommen und muss noch was für die Familie einkaufen.

Einfach haben die es ja nicht gerade“, dachte Peter versöhnlich. Peter hatte nichts zu lesen mitgenommen.

Er mochte nicht mitgehen, wenn sich Klara von einem Wühltisch zum anderen hangelte und ihre Begeisterung nicht zu bremsen war, wenn sie wieder mal ein paar Babysachen hochhielt.

So stellte sich Peter die Hölle vor: eine Menschentraube an den Wühltischen und keinen Stuhl zum Hinsetzen, wo man wenigstens die Leute beobachten konnte.

Das machte Peter dann schon mal gern. Jemanden beobachten, ihn einschätzen, was er wohl beruflich machte oder was das überhaupt für ein Mensch war, der vor ihm stand und in den Sachen herumfingerte.

Diesmal wartete Peter also im Auto. Er wählte die Nummer von Anna.

„Sturm!“, ertönte die Stimme von Lukas.

„Stör‘ ich?“, fragte Peter.

„Ich liege gerade auf dem Boden und repariere das Radio von Mutti.“

„Oh, dann will ich dich nicht weiter davon abhalten, wir können ja später telefonieren.“

„Ja“, antwortete Lukas. Peter drückte auf die rote Taste am Telefon. Bei Anna schien wieder der Teufel los zu sein.

Lukas hatte seine schlechte Laune am Telefon kaum verbergen können.

Klara war mit dem Einkauf fertig und steuerte auf das Auto zu. „Na, Dach auch eingepackt?“

„Guck doch mal, wie niedlich!“ Klara reagierte gar nicht auf die Frage von Peter.

Sie hielt ihm eine Baby-Decke vor die Nase, auf der lauter niedliche Tiere zu sehen waren.

„Mensch, die haben heute Sachen, da kann man nur staunen“, sagte Peter.

Jetzt war er auch begeistert und sah schon vor seinem Auge Krümel auf der Decke liegen. Er würde sie sogar windeln.

Das hatte er sich fest vorgenommen. Das war bei Laura noch anders.

„Ich habe Rückenschmerzen“, hatte er damals immer gesagt.

Doch nun war es anders. Er wollte für seine Enkelin von Anfang an da sein.

„Ich wollte deine Mutter anrufen“, sagte Peter und drehte den Zündschlüssel um.

„Und?“

„Dein Bruder war dran. Er ächzte und keuchte, lag wohl auf dem Boden wegen dem Radio deiner Mutter.“

„Schon wieder?“ Klara war entsetzt.

Gerade hatte Lukas ihr gesagt, dass er das Radio wieder hinbekommen hatte, nachdem Anna alles rausgerissen hatte. Sie fuhren schweigend nach Hause.

Abends rief Lukas zurück.
„Ich krieg noch einen zu viel“, stöhnte er sofort los.

„Warum?“, fragte Klara ihn.

„Mutti hört nicht zu. Sie lässt sich nicht erklären, was sie falsch gemacht hat und fragt ständig dazwischen. Du wirst wahnsinnig. Sie lässt sich nichts sagen, hört nicht zu, ist aufgeregt. Zum Schluss habe ich ihr gesagt, dass ich es nicht mehr aushalte.“

„Und was hat sie geantwortet?“

„Du brauchst hier nicht pampig zu werden, Lukas. Das wird noch schlimmer.“

Klara war still. Dann fing sie an zu lachen und Lukas stimmte ein.

Mehr lesen: https://uwemuellererzaehlt.de/anna-ist-dement/

Peter kommt nicht zum Luft holen

„Anna ist dement – Teil 18“

Kaum hat er verdaut, was ihm sein Vater, Manfred Gerber, wieder an Vorhaltungen gemacht hat, da meldet sich Anna Sturm. Sie meldet sich nicht bei ihm, das muss er schon zugestehen. Peter verfolgt die Gespräche zwischen Anna und Klara im Hintergrund. Er wertet, analysiert und gibt Hinweise. Bis er immer zu dem gleichen Punkt kommt und zu Klara sagt: „Ich weiß auch nicht, wie wir mit einem Menschen, der Demenz hat, uns sehr nahesteht, umgehen sollen.“ Er will damit Klara zeigen, dass er sich nicht mit abgehobenen Ratschlägen einmischen will. Trotzdem sagte er zu Klara vor einigen Tagen folgenden Satz: „Ich mache mir Sorgen um Lukas. Der leidet unter all dem und hat keinen Menschen, dem er sich anvertrauen kann. Er frisst alles in sich hinein und das ist nicht gut.“ Lukas ist der Sohn von Anna. Er wohnt ebenfalls in Stralsund. Er hat ein Haus und arbeitet viel. Vor einigen Tagen rief ihn Anna an: „Du musst sofort zu mir kommen. Es ist alles so furchtbar. Ich habe wieder ein Paket bekommen und ich weiß nicht, was das soll.“ „Mutti, ich komme gleich“, sagte daraufhin Lukas. Als er Anna eintraf und er das Paket öffnete, traute er seinen Augen nicht. Es lagen Kataloge darin. Nicht mehr. Anna sollte natürlich wieder bestellen, so jedenfalls das Schreiben, das wie folgt begann: „Liebe Frau Sturm, lehnen Sie sich entspannt in Ihrem Stuhl zurück und genießen Sie den Ausblick auf eine wunderbare Kleidung, die Ihnen den Herbst versüßen wird.“ Eine harmlose Sache also. Doch Anna hatte daraus einen Staatsakt gemacht. Lukas wusste nicht, was er sagen sollte. „Schmeiß das doch einfach weg, Mutti“, meinte er schließlich. „Nein, wo denkst du hin, ich muss antworten, was sollen die von mir denken!“, entgegnete Anna entrüstet. Sie zog dabei einen Mund, als würde draußen gleich eine öffentliche Hinrichtung stattfinden, oder aber das Haus einstürzen. Nicht gering jedenfalls. Lukas war verzweifelt. Er nahm schließlich das Paket mit und entsorgte es in der Papiertonne. Zu Hause angekommen, hockte er sich auf einen Stuhl. Er spürte sein Herz schlagen. Erst vor kurzem waren ihm zwei Stents eingesetzt worden. Was sollte er nur tun. Er griff zum Hörer und wählte die Nummer von Klara.

ANNA KANN SICH NICHT AN DAS ‚KAUENDE KAMEL‘ ERINNERN

2017.09.20

Anna vergißt die Namen ihrer entfernten Verwandten und, dass diese sie besucht haben.

„Stell dir vor, Mutti wusste heute nicht mehr, dass sie gestern Gundula und ihren Mann zu Besuch hatte!“
Klara war empört und traurig zugleich.

„Wer ist Gundula?“, fragte Peter.
„Da haben wir gerade vor einer Stunde gesprochen – Gunduuulahh aus Stuttgart!“

„Ach ja, Gundula, das kauende Kamel, ich erinnere mich. Ich dachte jetzt auch schon, bei mir fängt es an mit der Vergesslichkeit.“

„Ja, nicht nur mit der Vergesslichkeit, auch mit deinen Ohren. Also sei schön still.“

„Ich sag ja gar nichts mehr“, beschwichtigte Peter.
„Aber du musst doch zugeben, wenn Gundula den Mund öffnet und lacht, dann sieht sie aus wie ein Kamel, das die Zähne bleckt“, setzte Peter nach.

Klara antwortete darauf nicht. Ein Zeichen, dass sie es irgendwie satt hatte, mit den Spötteleien. Aber Peter setzte noch einen drauf.

„Ich denke, es war sooooh schön mit dem Kaffee trinken?“

„War es bestimmt auch. Nur Mutti weiß nichts mehr.“
„Und wie kommst du darauf, dass sich Anna nicht mehr erinnert?“
„Mutti sagte am Telefon, sie verstehe nicht, warum sich Gundula nicht bei ihr meldet.“

Jetzt schwieg Peter. Es war schon traurig und ein sicheres Zeichen, dass die Krankheit bei Anna weiter fortschritt.

 

ANNA IST DEMENT (18)

ICH RUF MAL DEINEN VATER AN

Peters Vater ist im Pflegeheim und unzufrieden mit seiner Situation

„Nichst ist prima“ – schnaubte Peters Vater am Telefon. Bei Anna in Stralsund schien alles in Ordnung zu sein. Peter freute sich auf einen ruhigen Abend.

Und vor allem keine langatmigen Telefonate mit Anna, warum zum Beispiel der Werbebrief, den Anna vor einigen Tagen erhalten hatte, nichts als heiße Luft war. „Sie haben sich die Belohnung von 5000,00 Euro redlich verdient, liebe Frau Sturm!“, stand dort drin.

Klara konnte ihre Mutter überzeugen, dass sie alles zerreißt und direkt in die Papiertonne schmiss. „Mutti, dir schenkt keiner was. Glaub‘ es mir doch einfach“, beschwor Klara am Telefon Anna.

Naja, Anna wollte ihrer Tochter schon glauben. Doch auf der anderen Seite war die Verlockung: Da schrieb jemand an sie persönlich und sprach sie mit „Liebe Frau Sturm“ an. Wer kümmerte sich schon noch so liebevoll um sie. „Ach weißt du, Klara, ich bin so allein“, jammerte Anna am Telefon.

„Mutti, ich weiß. Aber schmeiß jetzt den Brief weg“, Klara konnte kaum noch an sich halten. Dabei war sie die Gutmütigkeit in Person.

„Ja, ja, ich mach‘ das jetzt. Alles kommt weg. Ich will nicht, dass die mir schreiben!“, sagte Anna entschlossen. „Mutti, die werden dir wieder schreiben.“ „Ach ist das nicht scheußlich!“, seufzte Anna.

Klara war am Ende ihrer Kraft und verabschiedete sich von Anna.
Jetzt waren ein paar Tage ins Land gegangen. Anna hatte keine weitere Post bekommen. Es war ruhig und Anna erzählte am Telefon lediglich von ihren Spaziergängen – zum Friedhof oder zu ihrem Sohn Lukas.

Der wohnte Gott sei Dank im Ort.
Also alles im grünen Bereich. Peter legte die Füße hoch. Wahrscheinlich musste er aber gleich hochschnellen und Teller für das Abendbrot in das Wohnzimmer tragen. Aktivität und Engagement waren angesagt. Aber solange Klara noch mit Anna telefonierte und ihm nichts sagte, konnte er sich ja mal nach hinten lehnen, mit der Fernbedienung in Windeseile die Programme durchsurfen und sich den nötigen Überblick für den Abend verschaffen.

„Ich ruf‘ heute Abend mal deinen Vater an!“, ruft Klara Peter zu, bevor sie das Wohnzimmer in Richtung Küche verlässt.

„Mach‘ das bloß nicht.“ Peter war sofort aufgescheucht. Er kannte seinen Vater, der gleich wieder losschimpfen würde über das Heim, über Getrud, die Mutter von Peter.

„Warum jetzt schon wieder eine weitere Baustelle aufmachen?“, fragte Peter Klara.

„Ach, das ist doch nicht schlimm“, versuchte Klara ihn zu beschwichtigen.

Peter seufzte. Er hatte es aufgegeben, dagegen zu reden. Er bewunderte Klara dafür, dass sie sich so rührend kümmerte. Dabei waren ihre Schwiegereltern nicht wirklich nett zu ihr in den vergangenen Jahrzehnten gewesen.

Aber das stand auf einem anderen Blatt.
Manfred und Gertrud Gerber waren jetzt beide im Pflegeheim in Dresden.

Das Heim gehörte Peters Schwester, Helga Geiger. Helga hat das Heim aber verkauft. Nur ihr Name stand noch am Schild.
„Du, das Telefon ist abgeschaltet. Ob dein Vater im Krankenhaus ist?“

Klara schaute Peter besorgt an. Jetzt ging es schon wieder los.
Peter wurde unruhig. Er wollte sich nicht damit befassen. Die Familienbande waren zu zerrüttet, als dass Peter überhaupt noch Interesse an einer engen Verbindung hatte.

Doch konnte er einfach darüber hinwegsehen, dass vielleicht etwas passiert war? Lag Vati im Krankenhaus? Peter schwang sich aus dem Sessel hoch und ging in sein Arbeitszimmer. Er versuchte Helga zu erreichen. Sie ging nicht an das Telefon. Also musste er die Telefonnummer vom Heim heraussuchen. Peter wählte schließlich die Nummer.

„Ja bitte?“, fragte eine Stimme mit russischem Akzent.
„Bitte entschuldigen Sie die Störung“, aber ich kann meinen Vater nicht telefonisch erreichen. Ist etwas passiert?“

„Nein, nein. Ich war vor einer halben Stunde im Zimmer Ihres Vaters. Es ist alles in Ordnung“, antwortete die Schwester.

„Oh, vielen Dank! Auf Wiederhören.“ Peter war erleichtert, dass alles in Ordnung zu sein schien. Für ihn war die Sache erst einmal erledigt.

Peter ging nach unten und ließ sich wieder in seinen Sessel fallen.
Plötzlich klingelte das Telefon. Peter ging ran: „Gerber.“ „Ja hier auch“, erklang es in der gewohnt strengen Weise. Manfred Gerber war 87.

Immer wenn sein Vater ihn ansprach, fühlte er sich wieder zum kleinen Kind degradiert. Das würde wohl nie aufhören. Obwohl er jetzt selbst bald Großvater sein würde.

„Was gibt’s?“ Manfred Gerber schien nicht gut drauf zu sein.
„Was soll es geben? Wir haben uns Sorgen gemacht, ob alles mit dir in Ordnung ist“, entgegnete Peter. Ihm schmeckte der barsche Ton seines Vaters nicht.

Er merkte, wie seine Schilddrüse anschwoll. Es kochte schon wieder in ihm.

„Aber wenn es nichts gibt, dann ist es ja prima“, schob Peter deshalb hinterher. „Nichts ist prima!“, schnaubte sein Vater zurück.
Manfred Gerber wollte von seinem Sohn bedauert werden.

Er wollte ihm ein schlechtes Gewissen einreden, so wie er es immer getan hatte. Schon als er noch klein war.
Peter schwieg einfach. Am Telefon entstand eine Stille, die zum Zerreißen war. Wer jetzt als erster sprach, der war vor dem anderen eingeknickt.

„Mit Mama ist es furchtbar!“, begann sein Vater das Gespräch fortzusetzen.
Peter schwieg. Es versetzte ihm einen Stich, wenn sein Vater so über Mama redete. Sie war 88 Jahre und litt inzwischen an schwerer Demenz.
Trotzdem, sie blieb seine Mutter und doch auch die Frau seines Vaters.

„Ich kann deinen Vater schon ein wenig verstehen“, sagte Klara, nachdem Peter das Telefonat beendet hatte.