Archiv der Kategorie: MEIN FREUND, DER ALLTAG

Dem Alltag als Freund begegnen, das heißt für mich:
die eigene Lebensphilosophie im Alltag begreifen und sich mit ihr auseinandersetzen;
mehr Erfüllung finden, indem man die guten und schönen Seiten des alltäglichen Lebens sieht – beruflich und privat – und: sie auch bewusst annimmt;
die Faszination des Bibellesens entdecken; die Worte der Bibel als persönlichen Kraftquell nutzen, daraus eigene Lebensenergie und Lebensfreude für den Alltag schöpfen;
Erlebnisse und Beobachtungen im Alltag für sich nutzbar machen; erkennen, dass in den alltäglichen Dingen oft die großen Momente einer anhaltenden Lebensqualität zu finden sind;
die kleinen Geschichten aus dem Alltag erzählen, sie wertschätzen als etwas, das sehr kostbar und oftmals unwiederbringlich ist.

TRAININGSEINHEITEN PROTOKOLLIEREN

STENOGRAMM FITNESS-STUDIO

50 KILO ABNEHMEN (32)

Protokoll, geschrieben auf dem Handy, während des Trainings und danach.
Ich wollte erst am nächsten Montag wieder ein Stenogramm schreiben, aber heute lief es so gut, dass ich mich gleich hingesetzt habe und das Protokoll aus dem iPhone bearbeitet habe. Das Schreiben in den Pausen gibt mir zusätzlich Power, weil ich dadurch sehe, wie viel Stationen ich schon absolviert habe. 
Ich bin von mir begeistert – naja, nur heute.

06.07 Uhr: 
Beginn an der Bizepsmaschine; 20 kg;
zweite Trainingseinheit mit 25 kg;
dritte Trainingseinheit mit 30 kg;
anschließend Butterfly mit 20 kg;
vorher Seitenhebemaschine mit 35 Kg;
heute ist es viel voller; Gespräche, Lachen; positiver Spirit;
Brustmaschine mit 40 kg begonnen;
zwei Hebel, die du seitlich nach unten drückst;

07.09 Uhr:
Zum zweiten Mal an der Bizepsmaschine, jetzt mit 30 kg;

und danach weiter an die anderen Geräte;

07.49 Uhr:
Ich sitze in der Ecke des Fitness-Studios und habe fast anderthalb Stunden an den Geräten trainiert.

Und nun? Die Füße schön weit weg von mir gestreckt, in einem gelben weichen Ledersessel.

Wenn ich daran zurückdenke, wie ich heute Morgen hier reingekommen bin und wie gut es mir jetzt geht, dann ist das doch erstaunlich, wie sich die ganze mentale Verfassung zum Positiven dreht, wie du das Gefühl bekommst, schon etwas Großartiges an diesem Tag getan zu haben.

Jetzt warte ich noch, dass ich meine neue Karte bekomme und dann werde ich mit einem richtig guten Gefühl nach Hause fahren.
Dort wartet der Schreibtisch.

Gestern habe ich gedacht, dass ich nicht zum Training fahren kann, weil ich so viel zu tun habe, Interview zum Beispiel vorbereiten.
Aber dann habe ich doch nur rumgegammelt, länger Zeitung gelesen, auf Twitter rumgesurft, Zeit vertrödelt.

Du bekommst einfach wieder schlechte Laune, weil du doch nichts geschafft hast.

Also: Lieber die schlechte Laune morgens überwinden, keine Ausreden zulassen, ins Auto steigen, losfahren, im Studio ankommen, einfach anfangen.

MOTIVATIONSLOCH

STENOGRAMM FITNESS-STUDIO

50 KILO ABNEHMEN (31)
Ich komme nicht aus meinem Motivationsloch heraus. Vergangenen Freitag habe ich im Studio notiert: „Ich sitze an der Bizepsmaschine und muss mich stark überwinden, endlich anzufangen. Mir fehlt die Power und der Wille.“

Irgendwie habe ich mich doch noch aus meinem Loch herausgezogen und mit dem Training begonnen. Später habe ich mich dann in einen Sessel gesetzt und ein bisschen geschrieben.

Du hast sofort ein schlechtes Gewissen, weil sich um dich herum alle quälen und du selbst sitzt im bequemen Sessel, hast die Beine lang von dir gestreckt und tippst auf deinem iPhone herum.

Gestern, am Montag, dachte ich, dass ich gar nicht in Gang käme.
Erst einmal habe ich aus lauter Lebensfreude am Samstagabend eine Flasche Weißwein mit meiner Frau getrunken, mit Erdbeeren drin.

Ach, es war ein Genuss. Gestern hatte Klara ein wunderbares Essen zubereitet und zum Kaffee gab es Eis mit Erdbeeren. Kein Sport, nicht gelaufen, nur auf der Couch gewälzt.

Und Montagfrüh an der ersten Station, der Bizepsmaschine.? Ein Horror.
Ich habe lange umhergeschaut, und dann habe ich mich überwunden.
Es ging schwer, sehr schwer. Doch allmählich kam ich in Gang. Aber irgendwie habe ich mich doch nur eine Stunde durchgeschleppt.

Das muss Morgen wieder anders werden. Ich bin bereit.
Aber warum wird es eigentlich nie leichter? Gott sei Dank geht es allen um mich herum so.

Also, ich höre auf zu jammern. Am nächsten Montag will ich wieder etwas Positives vermelden. Das wird schon. Bestimmt.

DER INNERE SCHWEINEHUND UND MEINE INNEREN STIMMEN

ALLEIN MIT MEINEN INNEREN STIMMEN

Fitness-Studio, 06.29 Uhr
Ich habe schon einige Trainingseinheiten hinter mich gebracht und kann mir eine kleine Pause leisten. Ich stehe am Fenster und schaue nach draußen, beobachte, wie die Leute der Straßenbahnhaltestelle zustreben.

Ein älterer Mann, mit dickem Bauch, einem sehr dicken Bauch, schwenkt seine Tasche lustlos hin- und her. Sein Gang ist schwer, und er wankt von einer Seite auf die andere.

Sein Gesicht zeigt an, wie er den Morgen verflucht, weil er sich in die enge Hose zwängen musste, sein Bauch durch den Gürtel eingeklemmt wird und das Fett im Rhythmus seiner Schritte über dem Gürtel schwabbelt.

‚Ja, mein Freund, wärst du mal vor der Arbeit hier hochgekommen und hättest dich auf die Bauchbank gelegt, auf den Rücken, versteht sich. Und dann hättest du deine Beine hoch und runter bewegt. Aber nein, das war ja zu anstrengend für dich.

Also beschwer‘ dich jetzt nicht, dass du beim Gehen nicht vorwärtskommst.‘
Endlich hatte ich jemanden gefunden, der noch mehr an Bauchfett herumzutragen hatte, als ich selbst.

Ich musste eine Stunde zurückdenken, als ich mit dem Auto an der Kreuzung stand.

Sollte ich nach rechts abbiegen, in Richtung Heimat, oder sollte ich nach links fahren, direkt in die Tiefgarage des Fitness-Studios?

‚Komm‘, wir machen blau‘, sagte eine innere Stimme zu mir. Es war Draufgänger, der wohl auch keine Lust hatte.

‚Ja, gönn‘ dir doch eine Pause, fahr‘ zurück und trink statt des harten Trainings eine schöne Tasse Kaffee‘, rief nun die zweite innere Stimme.

Es war der Sensible, der stets Mitfühlende.
„Merkt doch keiner“, meinte er noch.

‚Auweia, wenn das rauskommt‘, meinte nun die dritte Stimme, der Theoretiker.

‚Unser Plan sieht das kein Aussetzen vom Training vor. Wir trainieren von 05.50 bis 07.30 Uhr, dann fahren wir zurück und gegen 08.15 Uhr ist der Waldlauf runter zum Liepnitzsee geplant.‘

‚Oh Mann, du nervst. Kannst du nicht einmal von deinem Plan abweichen, nur einmal?‘

‚Nein, das kann ich nicht, und du solltest als Draufgänger uns alle mitreißen, motivieren‘, sagte nun Theoretiker. Seine Stimme klang pikiert.

‚Ach streitet euch doch nicht, wir wissen ja gar nicht, wie sich unser Dicker entscheidet.‘

Hatte der Sensible mich Dicker genannt? Frechheit.
Ich steuerte das Auto nun direkt auf das Tor der Tiefgarage zu.
‚Na bitte, geht doch‘, meinte der Theoretiker.

‚Du gehst mir sowas von auf die Eier, du glaubst es gar nicht‘, schnaufte Draufgänger wütend und enttäuscht, dass sein Herr auf Theoretiker gehört hatte.

‚Sei‘ doch mal ein bisschen netter zu deinen Freunden‘, meinte jetzt der Mitfühlende. Er war schon wieder eingeknickt und hatte sich auf die neue Situation eingestellt.

„Schnau…, äh ich mich meine, schon gut‘, brummte nun Draufgänger.
Oben angekommen, wollte Draufgänger gleich an die Bizepsmaschine.

‚Zieh‘ heute mal durch, mach viermal hintereinander fünfzehn Trainingseinheiten, und beim letzten Schub, legst du noch 5 kg drauf.
‚Das ist nicht der Plan‘, meinte nun Theoretiker. Wir wollen ja anderthalb Stunden durchhalten.

‚Du Schlappschw….‘, wollte gerade Draufgänger brüllen, als ich die Halter an der Bizepsmaschine zum vierten Mal nach oben hievte.

Die Straßenbahn näherte sich der Haltestelle, die Bremsen quietschten, der Mann mit dem überquellenden Bauch quälte sich die Stufen ins Innere des Straßenbahnwaggons hoch.
Als sich die Bahn wieder in Bewegung setzte, riss sie mich aus meinen Gedanken.

Ich drehte mich vom Fenster weg, schaute im Studio umher, welches Gerät ich als nächstes nehmen sollte.

Die inneren Stimmen sagten nichts mehr, sie hatten mit dem Luftholen zu tun.

SCHREIBEN BLEIBT IM SELBSTCOACHING EIN WICHTIGES INSTRUMENT

SCHREIB-ALLTAG (7)
Schreiben soll eine heilende Wirkung besitzen.
Ich habe davon noch nichts gespürt. Aber vielleicht liegt es auch daran, dass ich diese Tätigkeit eher als ein berufliches Handwerk ansehe.

Wovon ich allerdings überzeugt bin: Mit dem Schreiben kommst du zu klaren Schlüssen, was dein Leben anbetrifft, sei es in der Rückbetrachtung oder auch mit Blick auf die kommenden Jahre.

Ich glaube fest daran, dass es nicht gelingen kann, wesentliche Veränderungen in seinem Leben herbeizuführen, ohne dass man es schriftlich fixiert, sozusagen die Gedanken strukturiert.

Ich überlege, wie ich den Schreibprozess noch besser dafür einsetzen kann, gesünder zu leben. Ich habe zum Beispiel vor Wochen damit begonnen, meine tägliche Ernährung zu protokollieren, um Schlussfolgerungen daraus abzuleiten – warum es gelungen ist, das Gewicht zu reduzieren und woran es gelegen hat, wenn es wieder mehr Kilos auf der Waage geworden sind.

In jedem Fall: Es lohnt allemal zum Stift zu greifen.
Was bleibt ist die Tatsache, dass du dich dazu überwinden musst.

Aber es gibt nun mal wenige positive Veränderungen in deinem Leben, die ohne Energieeinsatz, ohne Engagement gelingen.

Ich werde wieder mehr darauf achten, täglich wichtige Gedanken zu protokollieren, um danach effektiver meine eigenen Zielsetzungen umzusetzen.

Es bleibt also spannend, wenn es darum geht, durch Schreiben das eigene Coaching voranzutreiben.

 

STENOGRAMM FITNESS-STUDIO

50 KILO ABNEHMEN (30)

STENOGRAMM VON MONTAG, 29.06.2020

Ich habe von 05.55 Uhr bis 07.45 Uhr trainiert.

Der Grund, warum ich solange im Studio war: Manche Übungen habe ich nicht dreimal hintereinander absolviert, sondern sechsmal – pro Einheit immer 15 Übungen.

Dabei musste ich aufpassen, dass ich nicht doppelt zähle; also am Gewicht ziehen ist einmal und wenn es zurückgeht, dann habe ich schon zweimal die Übung absolviert, dachte ich mitunter.

Mein Unterbewusstsein betrügt mich hier manchmal, besonders dann, wenn die Muskeln schmerzen.

Aber ich bin für den Wochenbeginn sehr zufrieden und hochmotiviert.

Davon konnte heute vor vier Stunden, also kurz nach dem Aufstehen, noch keine Rede sein.

Ich fahre jetzt zurück und laufe noch 30 Minuten am Liepnitzsee.
Danach geht’s an den Schreibtisch, hoffentlich schlafe ich nicht ein.

MEIN DENK-ZETTEL (1)


ALLTÄGLICHES (53)

Kennst du das auch? Du arbeitest am Tag, hast Stress, telefonierst, nimmst Termine wahr und trotzdem hast du abends das Gefühl, du hättest nichts geschafft?
Wahrscheinlich ist es jedem schon mal so gegangen.
Du bist dann unzufrieden mit dir und deiner Welt, die du nur noch als belastend empfindest.

Obwohl ich vielen anderen Menschen mit meinen Coachings und Gesprächen geholfen habe, Auswege aus dem Alltagsgestrüpp zu finden, und sich auf das zu konzentrieren, was wirklich wichtig ist, verrenne ich mich selbst oft genug.

Ich habe mir inzwischen angewöhnt, einen kleinen Zettel zu nehmen, darauf zu notieren, was ich noch tun will, ihn aber dann wieder beiseite zu legen.

Ich möchte damit verhindern, dass ich mich andauernd ‚verzettele‘.
Wenn ich daran zurückdenke, als ich noch Bereichsleiter in einer Unternehmensberatung war oder als Coach viel umhergereist bin, dann hatte ich aus Vorbildgründen immer einen kleinen Zettel in der Tasche.

Darauf stand, was ich an dem konkreten Tag auf gar keinen Fall aus dem Auge verlieren wollte – zum Beispiel einen wichtigen Kunden kontaktieren, ein Gespräch mit einem Mitarbeiter führen, oder zum Valentinstag nicht den Blumenstrauß zu vergessen.

Das waren meine Erinnerungen, meine ‚Denk-Zettel‘.
Oft habe ich auch darauf vermerkt, was ich mir als Ziel für den Tag vorgenommen hatte.

Die Sätze waren stets die gleichen, nämlich: „Am 29.06. des Jahres habe ich 19.00 Uhr folgendes erreicht: Ich habe mit dem Mitarbeiter Alex das Gespräch geführt, eine persönliche Zielvereinbarung mit ihm für das nächste Jahr erarbeitet und über eine Gehaltserhöhung mit ihm gesprochen.“

Ich musste tagsüber nicht mehr auf den Zettel schauen. Nein, wenn ich es einmal mit der Hand notiert hatte, dann war es gespeichert bei mir.

Die Ziele waren wiederum abgeleitet aus ganz konkreten Glaubenssätzen, aus Werten, die mir wichtig waren, und die ich eben nicht am Alltag aus dem Auge verlieren wollte.

Ich habe das auch mit Klienten getan. So erinnere ich mich, dass ich eine Ärztin in einem Krankenhaus gecoacht habe, die einen ihrer Kollegen nicht ausstehen konnte.

„Ich kriege schon schlechte Laune, wenn der nur zur Tür hereinkommt“, sagte sie zu mir.

Ich habe ihr als Aufgabe gestellt, sich jeden Morgen erneut auf einem kleinen Zettel zu notieren, was sie Gutes an dem Kollegen fand, den sie nicht mochte.

Stück für Stück wurde aus einem Feindbild eine Charakterskizze über ihren Kollegen, an den sie später sogar wegen seiner profunden Fachkenntnisse nicht mehr beneidete, sondern ihn dafür bewunderte.

Kleinigkeiten? Vielleicht. Aber wirksam in der Methode.

Ich kann nur empfehlen, es auszuprobieren: 
Nimm' einen Zettel, schreib' in dein iPhone, gib' es in dein iPad ein, aber schreibe, und zwar darüber, was dir wichtig ist, woran du glaubst, was du erreichen willst, und was du auf gar keinen Fall im Alltagsstreß aus den Augen verlieren möchtest.


DAS GROSSE HERZ EINER SCHAMANIN MIT RUSSISCHEN WURZELN

MENSCHEN IM ALLTAG (6)

Margarita Stasiuleviciene ist jemand, die zuhören kann, die dich anblickt und du spürst, dass sie dich ernst nimmt, ja sie in dem Moment deines Gespräches mit ihr – ganz dir gehört.
Ich habe unlängst mit ihr ein Interview geführt, viel über ihr Leben erfahren.

Wir fanden es beide spannend – ich, der die Fragen stellte und sie, die erst gründlich nachdachte, bevor sie antwortete.
Wir spürten ein Interesse füreinander, für das Leben, das Schicksal des jeweils anderen.

Einige Tage später habe ich ihr noch ein paar Hinweise gegeben, wie sie manches an ihren Texten auf ihrer Web-Site optimieren könnte.
Sie hat nicht nur das getan, nein, sie hat mir auch noch spontan etwas Großartiges geschenkt – einen Füllfederhalter, einen Tintenschreiber und ein kleines Buch dazu.

Einfach nur so, aus Dankbarkeit. Ich war gerührt und ich bin schlecht darin, so etwas gleich zu zeigen. Die Freude kam einige Zeit später.
Wie konnte sie wissen, dass ich es liebte, mit dem Füller zu schreiben, obwohl ich blindlings auf der Tastatur mit zehn Fingern agiere?

Hatte sie es auf meinem Cover von Schreiballtag erkannt?
Vielleicht hatte ich ihr auch gesagt, dass das Schreiben mit dem Bleistift oder noch besser einem schönen Füller dich dazu bringt, dass du tiefer in einen Gedanken einsteigst, oder wie man heute formuliert, dass du dadurch entschleunigst.

Ich rede seit vielen Jahren mit Menschen, die mich interessieren, deren Leben mich fasziniert und die aus den Erfahrungen des Alltags heraus etwas zu sagen haben.

Liebe Margarita, ich verstehe nicht viel davon, was eine Heilpraktikerin tut, welche Methoden sie anwendet, aber ich weiß eines ganz sicher: Wenn solche Menschen wie du, mit Herz, klugem Verstand und Feingefühl in diesem Metier agieren, dann ist es ein Glück für diejenigen, die mit dir zu tun haben.

Danke für die Geschenke, danke, dass ich dir – der Seelentrainerin mit russischen schamanischen Wurzeln begegnen durfte.
Uwe

DIE WUT DES ANDEREN SOLLTE NICHT ZU DEINER EIGENEN WUT WERDEN


ALLTÄGLICHES (52)

Mir ging lange das Erlebnis im Fitness-Studio aus der vergangenen Woche nicht aus dem Kopf, und der Gedanke, ob ich mich richtig verhalten hatte.

Was war passiert?
Es war so kurz nach 06.00 Uhr morgens, das Studio war noch leer und ich steuerte zielstrebig auf die Bizepsmaschine zu. Eine halbe Stunde weiter und sie wäre ständig besetzt gewesen. Also begann ich mit den Übungen, solange es noch möglich war.

Ein ungeschriebenes Gesetz ist, dass man auf den Sitz des Trainingsgerätes, in diesem Fall auf den der Bizepsmaschine, ein Handtuch legte.

War man mit den Übungen fertig, so stand man auf, nahm das Handtuch weg, desinfizierte den Sitz und machte den Platz frei für den nächsten Trainingswilligen.

Einige wenige der Teilnehmer meinten, mehrere Plätze belegen zu können. So auch an diesem Morgen. Jemand hatte sein Handtuch auf die Bizepsmaschine gelegt und trainierte parallel an einem zweiten Gerät.

So sicherte er sich die Möglichkeit, immer wieder zur Bizepsmaschine zurückkehren zu können, ohne dass sie ein anderer belegt hatte. Ziemlich egoistisch, wie ich fand.

Ich überlegte kurz, nahm das Handtuch hoch und legte es an die Seite auf eine daneben befindliche Bank.

Es dauerte nur wenige Sekunden und ich hörte einen wütenden Ruf: „Öh, das ist mein Handtuch“. Hinter mir schnaubte ein junger Fitness-Teilnehmer und schaute mich dabei aggressiv und angsteinflößend an.

Was sollte ich tun? Ihm genauso begegnen und einen riesigen Streit vom Zaun brechen?

Ich wollte mir aber den Morgen nicht verderben lassen, schon gar nicht von jemandem, der seine Emotionen nicht im Griff hatte.
„Oh, bitte entschuldigen Sie, aber ich war fest davon ausgegangen, dass hier jemand sein Handtuch vergessen hatte.

Denn ich konnte mir nicht vorstellen, dass bei dem Andrang an der Bizepsmaschine es jemand ausnutzt und einfach sein Handtuch liegenlässt, um hintereinander zu trainieren.“

Der junge Mann schaute mich verdutzt an.
Dann schrie er: „Das ist mein Handtuch!“.

„Ich verstehe Sie, dass Sie jetzt sauer sind, und dafür entschuldige ich mich jetzt noch einmal, dass ich unaufmerksam war. Aber glauben Sie nicht auch, dass es besser ist, sein Handtuch am Mann zu tragen, so wie es jeder tut?“, fragte ich ihn weiter.

Mein Ton war ruhig, obwohl ich innerlich kochte. Mein Sternzeichen Löwe brüllte nach innen, so als hätte mir jemand eine Reißzwecke in den Allerwertesten gerammt.

Der junge Mann sah mich jetzt genauer an. Dann murmelte er noch etwas und zog von dannen.

Klar, meine gute Laune war jetzt auch verflogen. Aber ich hatte es geschafft, mir nicht den giftigen Ton meines Gegenübers zu eigen zu machen. Faktisch ist seine negative Energie an mir abgeprallt.

Darauf bin ich ein wenig stolz, denn das bekam ich früher nicht so gut hin, vor allem, wenn ich mich im Recht glaubte. Aber es ist ja nie zu spät, schlechte Erfahrungen durch gute zu ersetzen.

Ich fuhr gerade an einem Feld mit roten Mohnblumen vorbei, als mir das alles noch einmal durch den Kopf ging.

Nun konnte ich das alles endgültig abstreifen und ich freute mich, dass ich wieder nicht auf die Wut eines anderen Menschen eingegangen war.

Ich glaube, wer besonnen reagiert, der erntet mehr Verständnis, sendet eher noch Mitgefühl aus, lässt den anderen mit seiner Wut auf jeden Fall hinter sich.
Ich war mit mir im Reinem.

WIE DEN INNEREN SCHREIBWIDERSTAND ÜBERWINDEN?

ALLTÄGLICHES (51)
Schreiben hilft dir, dich selbst besser zu erkennen. Wie aber damit beginnen?
Meine Erfahrungen sind:
Schreib‘ einfach los, hör‘ nicht auf deine Ängste oder auf mögliche Vorbehalte, die du dir einredest.
Schreibe über deine eigene Situation, sei dabei ehrlich, bleib‘ bei dir, bleib‘ einfach.

Bring‘ schwarze Buchstaben auf weißes Papier. Das klingt einfach.
Ist es auch, wenn nur dieser verdammte innere Widerstand nicht wäre.

„Wie schreib‘ ich das jetzt auf? Gerade ist es mir doch noch durch den Kopf gegangen. Ich wusste genau, wie ich es schreiben wollte, und jetzt weiß ich gar nichts mehr“

Kommt dir das bekannt vor? Ja? Mir auch.
Ich glaube, es gibt wohl kaum einen Menschen auf dieser Erde, dem es noch nicht so ergangen ist, der nicht mit dem inneren Widerstand, häufig auch noch mit dem inneren Schweinehund zu kämpfen hatte, wenn er was Vernünftiges zu Papier bringen wollte.

Wie kann man das Dilemma verhindern? Ich nehme mir oft am Anfang einen Bleistift und ein Blatt Papier. Besser, ich klebe eine ausgedruckte Seite auf eine andere und beschreibe die Rückseite.
Psychologisch überliste ich mich ein wenig, indem ich denke: „Da auf der anderen Seite steht ja schon allerhand.“

Es gibt Autoren, die haben auf Briefumschlägen geschrieben, nur damit sie das große weiße Blatt vermeiden konnten.

Und dann schreibe ich einfach los, skrupellos und ohne daran zu denken, wer so alles mein Geschriebenes ganz blöd findet.

Dieser Weg hat auch noch einen positiven Nebeneffekt. Wenn ich nämlich einen Einfall habe, mein Thema kenne, dann entwickle ich während des Schreibens meinen ersten gedanklich gesponnenen ‚zarten logischen Faden‘ auf dem Papier weiter.

Erst jetzt merke ich, wie ich weiterkomme, was vielleicht fehlt und woran ich noch feilen muss.

Auf jeden Fall versuche ich möglichst einfach zu schreiben, anschaulich zu bleiben. Früher glaubte ich, in der Wissenschaft sei es angebracht, möglichst viel mit abstrakten Begriffen zu hantieren.
Ein Selbstbetrug.

Warum? Weil du selbst noch nicht durch dein eigenes Erdachtes, deine eigenen Gedanken hindurchgestiegen bist.

Ich habe für diese simple Erkenntnis sehr lange gebraucht, Jahre und Jahrzehnte.

Willst du in dir selber etwas verändern mit dem, was du aufschreibst, dann mußt zu dir selber ehrlich bleiben, dich nicht hinter klobigen Begriffen verstecken, die zudem das  Geschriebene irgendwann so überlagern, dass du am Schreiben und am sich anschließenden Durchlesen die Lust verlierst.

Fang‘ einfach damit an aufzuschreiben, wovon du träumst, wo du in fünf Jahren sein willst.

ÜBER EINFACHE ALLTAGSTHEMEN SCHREIBEN IST NICHT EINFACH, ABER SPANNEND (FORTSETZUNG)

SCHREIB-ALLTAG (6)
BISHER:
Ich glaube, dass es für mich nur so möglich ist, authentisch zu bleiben, indem ich über meine eigenen Erfahrungen, Erlebnisse schreibe. Das ist ein Grund, warum ich inzwischen regelmäßig ein Tagebuch führe. 
Ich beginne damit schon morgens, wenn ich im Fitness-Center bin. Ich kann darüber nur berichten, wenn ich unmittelbar erlebe, wie es ist, sich zu überwinden, die Übung an einem Trainingsgerät wieder und wieder zu absolvieren. Oder die Tatsache, dass jemand mit seinem Handtuch einen Platz blockierte, selbst aber an einem völlig anderen Gerät trainierte.
„Stell‘ dir nur mal vor, das würde jeder so machen und zwei Plätze blockieren. Was glaubst du, wieviel hier trainieren könnten?“

Er hat mich verdutzt angesehen und dann hat er mich angeschnauzt.
Ich habe ihm einfach den Rücken zugedreht und bin zu einem anderen Gerät gegangen.

Aber in Wirklichkeit war das Training für mich an diesem Tag gelaufen, so hatte ich mich innerlich aufgeregt. Ich war so sauer, dass ich diese Auseinandersetzung nicht auf dem Notizblock meines Handys festgehalten habe.

Und jetzt, wo die Emotion verraucht ist, da klingt der Bericht banal, trocken, gibt nicht das wieder, was ich in dem Moment an Wut und Enttäuschung über das unfaire Verhalten des ‚Sportfreundes‘ empfunden habe.

Also dieser ganz spezielle, unverwechselbare Moment, den hätte ich sofort notieren müssen.

Es ist nicht leicht, jeden Tag zu schreiben. Das gebe ich gern zu. Ich muss mich ständig überwinden, es zu tun. Auf der anderen Seite fließen aus mir nur so die wirklichen Ideen raus, die, die ich dann in einer Geschichte gebrauchen und umsetzen kann.

‚Du musst aus ‚Anna ist dement‘ eine richtige Familiengeschichte machen. Nicht nur über Anna oder Lukas berichten, nein, über alle, die an der Betreuung von Anna teilhaben‘, denke ich manchmal. Aber nur denken, das reicht nicht.

Damit allein entsteht auch nichts. Viele sagen mir, sie hätten keine Zeit zum Schreiben.

Sie meinen aber: Sie finden nicht die Kraft, sich zu überwinden. Und diese Ehrlichkeit, die versuche ich manchmal ebenfalls zu umgehen, indem ich allerlei Ausflüchte finde, was ich noch alles tun will und was ich zu tun habe, bevor ich anfangen kann, aus ‚Anna‘ die echte Familiengeschichte zu erschaffen.

Alles Ausreden.
Ich weiß das, aber es sich einzugestehen, das ist ein wichtiger Meilenstein, auf dem Weg, der ja gleichzeitig mein Ziel ist – regelmäßig schreiben.

Ich glaube, nein, ich bin überzeugt, dass man sich seiner eigenen Situation, seiner eigenen Position im Leben erst richtig bewusst wird, wenn man anfängt, sie aufzuschreiben.

Denn vorher muss man die Gedanken ordnen, sie strukturieren.
Ich habe von Frauen gelesen, die den ganzen Tag mit dem Haushalt, den Kindern und ihrer Versorgung beschäftigt waren und die sich mittags an den Küchentisch gesetzt haben, um zu schreiben.

Ehrlich gesagt, ich würde wohl dabei einschlafen. Ich helfe meiner Frau am Freitag damit, dass ich beide Etagen sauge und wische. Und danach bin ich total fertig, muss mich in den Sessel setzen und schlafe oft ein. Von Schreiben ist dann keine Spur.

Also, diese Frauen, sie sind mein echtes Vorbild. Ich weiß übrigens erst seit den Jahren meiner Arbeit im Home-Office, wie schwer es, Haushalt, Kindererziehung und kreative Arbeit unter einen Hut zu bringen.

Als ich mich im vergangenen Monat mit meiner Nachbarin darüber unterhielt, wie schwer es ist, in Corona-Zeiten zuhause am Computer diszipliniert zu arbeiten, da habe ich ihr gestanden: „Ich bereite mich seit über zehn Jahren auf diese Krisenzeit vor, und ich habe noch heute Probleme, den Rasen zu mähen, einzukaufen, meine Frau zur Arbeit zu bringen, den Teppich zu saugen und dann noch gute Texte zu schreiben.“

Was ich ihr nicht gesagt habe ist, dass ich bis heute nicht begreife, wie meine Frau das alles geschafft hat, ohne sich auch mit einem Wort über ihre Situation zu beklagen.

Drei Gedanken am Schluss:
Zum Einen:
Ich bin nur dann gut, wenn ich über das schreibe, was ich wirklich kenne, was ich erlebt habe, oder worüber mir ein anderer berichtet. Ich kann nicht über die Betreuung einer an Demenz erkrankten Angehörigen schreiben und dabei die Position eines Pflegedienstinhabers oder einer Pflegedienstinhaberin zu 100 Prozent einnehmen.

Ich muss schon aus meiner eigenen Sicht schreiben. Und ich kann die Sicht einer Pflegekraft in einem Interview detaillierter wiedergeben, wenn ich meine Erfahrungen in den Schreibprozess miteinfließen lasse.

Manchmal überlege ich, was den Leser wohl interessiert, wenn er auf Texte auf meinem Blog anklickt. Ich kann es nur ahnen. Aber ich wecke auf keinen Fall sein Interessen nicht , wenn der spürt, dass es nicht ehrlich ist, worüber ich schreibe, wenn er merkt, dass mich der Inhalt eigentlich gar nicht interessiert.

Zum Zweiten:
Ich werde anfangen für die Familiengeschichte ‚Anna ist dement‘ mehr in meinen Erinnerungen zu kramen. Kürzlich habe ich mir Fotos angesehen, die ich von meinem im vergangenen Jahr verstorbenen Vater erhalten habe.

Schaue ich auf irgendeines dieser Bilder, dann kommen die Erinnerungen ganz von allein. Also werde ich weiter kramen, alte Tagebuchaufzeichnungen hervorholen.

Zum Dritten:
Die Interviews mit Menschen aus dem Alltag geben mir interessante Einblicke in das Leben von Pflegekräften, Unternehmern, Kreativen. Genauso wichtig ist es, dass, dass meine Fragen die zu Interviewenden dazu anregen, selbst über sich nachzudenken, wo sie stehen, was sie wollen, wovon sie sich lösen sollten und wo sie vielleicht noch hinwollen.

STENOGRAMM – FITNESS-STUDIO

50 KILO ABNEHMEN (29-8)

03.41 Uhr:
Ich wache kurz auf, schaue auf die Uhr und kriege schlechte Laune.

05.42 Uhr:
Ich fahre in die Tiefgarage des Fitness-Studios „John Reed“ im Prenzlauer Berg.

Ich steige aus und höre das dumpfe Dröhnen der Gewichte, die über mir im Studio auf den Boden krachen.
Meine Laune ist immer noch schlecht. Ich schleppe mich die Treppen hoch, gehe durch den Eingang des Studios.

Die Glastüren schwenken nicht nach innen, sodass ich mit der Karte nicht reinkomme. Ich muss warten, bis ich eine Ersatzkarte bekomme.

„Was tue ich mir bloß an?“, denke ich, während ich warte.
Endlich. Ich kann durch, gehe nach unten in die Umkleidekabinen, um die Tasche abzustellen. Umziehen dürfen wir uns wegen Corona nicht, sondern du musst gleich in Sportzeug kommen.

Ich gehe nach oben und setze mich an die Bizepsmaschine.
„Soll ich mit 30 kg oder 25 kg anfangen?“, geht mir durch den Kopf.
Ich fange mit 20 kg an. Im rechten Arm zieht ein stechender Schmerz durch.

Ich mache trotzdem weiter, erhöhe auf 25 kg.
Anschließend gehe ich zur Bauchbank. Es fällt mir sagenhaft schwer, die Beine freischwebend hochzuheben und wieder langsam abzusenken. Insgesamt mache ich das 45 Mal.

Ich gehe danach zum Rückenstrecker, beuge mich nach vorn und richte mich wieder auf. Die Musik wird lauter, ich bin warm geworden, meine Laune bessert sich.

Insgesamt trainiere ich eine Stunde und 25 Minuten.
Auf dem Rückweg schaffe ich es, aus der Tiefgarage herauszufahren, zwei Spuren zu überqueren und auf der dritten zu landen. Ich biege nach links ab, es ist grün.

„Donnerwetter!“, denke ich. Auf jeden Fall ein gutes Omen für den Wochenbeginn.

„Soll ich noch zum Liepnitzsee weiterfahren und meine dreißig Minuten Nordic Walking abreißen? Nein. Ich fahr‘ nach Hause und sprenge den Garten“, sage ich zu mir.

Ich rufe Klara an: „Du, ich gieße jetzt gleich die Blumen und Sträucher.“

„Brauchst du nicht, das können wir heute Abend zusammenmachen!“, antwortet sie.

„Mist, jetzt muss ich doch noch laufen“, denke ich bei mir.
Ich laufe die 30 Minuten und fühle mich wie ein Hochleistungssportler. Nur, dass der wohl nicht so eine dicke Wampe hat wie ich.

Naja, das wird auch noch. Für heute habe ich es erst einmal geschafft.

Ich trinke auf dem Parkplatz am Liepnitzsee meine Flasche Wasser aus, rieche den Waldboden, schaue in das Grün der Blätter und denke: „Was soll heute noch passieren?“

 

 

ÜBER EINFACHE ALLTAGSTHEMEN SCHREIBEN IST NICHT EINFACH, ABER SPANNEND

SCHREIB-ALLTAG (5)

Ich habe auf meinem Blog mit einfachen Themen angefangen und die will ich auch beibehalten. Ich schreibe über das, was ich kenne, was mich ausmacht, was ich beobachte und was ich in Gesprächen aufnehme. Natürlich gibt es auch Texte, die aus meiner Phantasie, der Fiktion, entstanden sind, oder sich mit der Realität mischen.

Aber ich kann nur sagen, dass nichts interessanter ist, als das, was direkt vor meinen Füßen liegt, und wenn es nur ein Faden ist, den jemand verloren hat.

Ich kenne nicht viele Werke von Theodor Fontane. Ich erinnere mich nur, dass ich in meiner Abiturzeit im Dresdner Gymnasium über Effi Briest sprechen musste, über ihre Sicht auf ihre Ehe, ihre Liebe. Erst viel später habe ich erfahren, dass sogar Fontane eine Ehe in seiner unmittelbaren Umgebung beobachtet hat, und das Erlebte in seinem Werk verarbeitet hat.

Ich habe in der Wendezeit viel über Menschenrechte geschrieben, davor und später auch.

Das war spannend, sehr spannend sogar. Aber dieses Prickeln, das dich überkommt, wenn du etwas ganz Einmaliges beobachtest, tief eindringst in das Wesen von bestimmten Vorgängen – das habe ich vor allem gespürt, wenn ich über alltägliche Dinge geschrieben habe, über die Menschen, die ich unmittelbar erkennen, analysieren, einschätzen konnte.

Nur auf diese Weise kommst du auch einem Menschen wirklich nahe. Du kannst einen PR-Text schreiben, über einen Pflegedienstinhaber zum Beispiel.

Doch so richtig sein Wesen erkennen, schreiben über das, was ihn ausmacht, das kannst du nur, wenn du seinen Lebensweg mit den möglichen Brüchen kennst, wenn du ein Stück an sein Herz gelangst.

Und nur so ist es möglich, einem pflegenden Angehörigen oder einer Pflegekraft glaubhaft zu vermitteln, mit welchem Inhaber eines Pflegedienstes sie es wirklich zu tun bekommen, auf wen sie sich einlassen wollen.

Ich glaube, dass es für mich nur so möglich ist, authentisch zu bleiben, indem ich über meine eigenen Erfahrungen, Erlebnisse schreibe. Das ist ein Grund, warum ich inzwischen regelmäßig ein Tagebuch führe.

Ich beginne damit schon morgens, wenn ich im Fitness-Center bin. Ich kann darüber nur berichten, wenn ich unmittelbar erlebe, wie es ist, sich zu überwinden, die Übung an einem Trainingsgerät wieder und wieder zu absolvieren.

Oder die Tatsache, dass jemand mit seinem Handtuch einen Platz blockierte, selbst aber an einem völlig anderen Gerät trainierte.

„Stell‘ dir nur mal vor, das würde jeder so machen und zwei Plätze blockieren. Was glaubst du, wieviel hier trainieren könnten?“
Fortsetzung in Schreib-Alltag (6)

ÜBERWINDE DICH

STENOGRAMM – FITNESS-STUDIO

50 KILO ABNEHMEN (29-7)

„Ich glaub‘, ich fahre morgen früh nicht mit rein!“, habe ich gestern Abend zu Klara gesagt.

„Warum nicht, ich denke, du willst jetzt durchziehen?“, fragte sie mich.

„Ja, aber ich habe so viel zu tun. Der Text für den Pflegedienst muss fertig werden und verschiedene andere Projekte muss ich jetzt endlich anschieben“, antwortete ich.

Sie schwieg und sagte nichts. Ich auch nicht.

Heute, 03.50 Uhr. Der Wecker vom iPhone surrte. Ich stelle ihn so, dass ich 10 Minuten früher aufstehe, um noch in Ruhe einen Blick in die Zeitung werfen zu können.

‚Bleib‘ einfach liegen!‘, sagte eine meiner inneren Stimmen.
‚Ja, bleib‘ liegen‘, meinte die andere ebenfalls.

‚Du Lusche, du redest dich doch schon wieder raus, um dich nicht überwinden zu müssen‘, meinte die dritte Stimme.

Obwohl es klar 2:1 stand, gab ich mir trotzdem einen Ruck und schnellte aus dem Bett.

Ich war bereits ein Viertel vor Sechs am ersten Gerät.

„Wie soll ich das bloß anderthalb Stunden durchhalten?“, dachte ich bei mir und ging zum nächsten Gerät.

„Am besten, du machst einfach weiter und denkst nicht nach“, sagte ich mir.

Eine knappe Stunde später wurden die Leute mehr, die zur Tür des Studios hineinkamen, die Musik wurde lauter und ich dachte, dass ich bereits über die Hälfte der Trainingszeit geschafft hatte.

Ich trainierte über 1, 5 Stunden und fragte mich beim Hinausgehen, wie das wohl morgen früh werden würde?

Ich fuhr noch weiter bis zum Liepnitzsee und lief dort 30 Minuten. Das tat ich, weil ich nicht mehr aufs Laufband im Studio ging.

Das Nordic Walking war meine Belohnung. Ich nahm den Duft der Kiefern auf, der Blätter an den Sträuchern und atmete tief ein.
Irgendwie war das Luxus für mich.

Nur bekam ich ihn nicht umsonst.
Die Währung, mit der ich bezahlte, lautete: ‚überwinde dich‘.

LUSTLOS

STENOGRAMM – FITNESS-STUDIO

05.48 Uhr - Ticket im Parkhaus gezogen, nach oben geschleppt, lustlos, ohne Motivation.
Drinnen: laute Musik, so wie in einem angesagten Club, also da, wo ich nie hingehe.

 

Die Rhythmen treiben mich an, mit den Übungen zu beginnen.
Ich fange mit der Bizepsmaschine an – ich schaffe ziemlich zügig dreimal hintereinander 15 Übungseinheiten; ich gehe zur Bauchbank rüber, vorher wische ich noch mit einem Lappen, durchtränkt mit Desinfektionsmittel, die Bizepsmaschine ab.

Ich gehe vor der Übung mit dem Lappen über das Trainingsgerät und hinterher noch einmal. Die könnten mich hier einstellen – als flinken, dicken Putzteufel.

An der Bauchbank: Was bei den Übungen im Weg ist, das ist der Bauch.

Ich greife zum Telefon, denn Krümel hat mir mit leiser Stimme was draufgesprochen: „Hallo Opa, ich bin’s, …Krümel, ‚t…nier‘ schön, Opa“.

Meine Laune steigt um 100 Prozent; jetzt bin ich drin, schnaufe, und ich steigere mich in der Intensität.

Zum Schluss, gegen halb acht: Ich nehme meine Sportasche auf, und: Ich winkle sie an und gehe etwas breitbeinig aus dem Studio, so wie ‚Meister Propper‘ vielleicht.

Draußen brettert eine junge Frau auf einem Roller mit hoher Geschwindigkeit und sie selbst mit ziemlichem Übergewicht an mir vorbei.

Ich mache mir Sorgen um den E-Roller, auf dem sie steht.

‚Die sollte hier auch mal halten und reingehen‘, denke ich bei mir.

Aber meine inneren Stimmen schreien gleich auf: ‚Jetzt werd‘ mal nicht gleich wieder überheblich, Dicker, nur, weil du ein paar Mal ein paar Eisen bewegt hast.“

Ja, ja, stimmt schon; aber ich bin trotzdem glücklich, dass ich mich überwunden habe.

Morgen früh? Das gleiche Spiel, na klar.

WIE EIN TIGER IN DEN WOCHENANFANG GESTÜRZT

STENOGRAMM FITNESS-STUDIO

04.00 Uhr aufgestanden, 05.00 Uhr ins Zeitungsviertel in Berlin-Mitte gefahren, Klara abgesetzt;

zurück zum Prenzlauer Berg, ins Fitness-Studio; anschließend zum Liepnitzsee und 50 Minuten gelaufen;

Hund George, den Boxer, unterwegs gegrüßt, zurückgefahren, geduscht, mit Power an den Schreibtisch gesetzt.

Und jetzt?

Ich bin müde, ich mag keine Sätze schreiben, ich mach‘ Pause und esse Rührei zum zweiten Frühstück.

Jetzt bin ich richtig müde.

Ich glaub‘, ich verschieb‘ die richtige Arbeit auf Morgen.

Heute plane ich nur, denn das gibt ein gutes Gefühl.

EIN KLEINER FRISEURLADEN IN SASSNITZ GANZ GROSS (2)

MENSCHEN IM ALLTAG (4)

Willst du wissen, was Menschen wirklich ausmacht, dann solltest du nicht nur auf die großen Dinge schauen, auf die, die vielleicht in der Zeitung stehen, über die in Talkshows gesprochen wird.
Im Alltag, im scheinbar gleichförmigen Leben nimmst du oftmals Geschichten mit, die von Begegnungen und Erlebnissen erzählen, die dich berühren, ja in dir ein Gefühl der Dankbarkeit dafür hervorrufen, dass es diese Menschen gibt.

Diese Protagonisten, diese stillen Helden wollen oft gar nicht, dass du über sie sprichst oder sie erwähnst.

„Das ist doch selbstverständlich“, sagen sie oft entschuldigend.

Ist es eben nicht. Nichts ist einfach und selbstverständlich. Für all das Normale, das Selbstverständliche bist du sehr häufig auf Menschen angewiesen, die sich engagieren. Das ist eine weitere Geschichte über einen Friseurladen auf Rügen, in Sassnitz, in der Hauptstrasse.

Ein Laden, der nicht auffällt im Alltagsgewühl, es sei denn, du schaust näher hin.
MUTTI MUSS WIEDER ZUM FRISEUR

„Mutti geht heute zum Friseur“, sagte meine Frau am Montag zu mir.
Sie war gerade für ein paar Tage in Sassnitz gewesen, aber mit dem Friseurtermin, das wollte ihr Bruder regeln.

Klara hatte noch einen Tag freigenommen, nachdem sie wieder hier in Basdorf war. Und so konnten wir endlich das erledigen, worüber ich schon seit Jahren sprach, nämlich für mich eine neue Brille anfertigen lassen.

Also waren wir auf dem Weg in den Wedding, in Klaras Lieblings-Einkaufscenter. Klara traute mir nicht zu, dass ich mir allein die richtige Brille aussuchte, vor allem nicht vom Design her.

„Ich will eine Brille mit runden Gläsern, wo ich gut durchschielen kann“, meinte ich zu ihr. Doch sie war in diesen Angelegenheiten nicht zu Scherzen aufgelegt, sondern behielt lieber die Kontrolle über alles.

Trotzdem kreisten ihre Gedanken auf unserem Weg ins Einkaufscenter erst einmal um ihre Mutter und den Friseurtermin.
„Hoffentlich geht das alles gut“, hakte Klara noch einmal nach und seufzte dabei.

„Wenn nicht, dann können wir trotzdem nicht nach Sassnitz, wir sind hier im dicksten Verkehr in Berlin“, sagte ich.
Klara schwieg.

„Ilka macht das schon, die kann gut mit deiner Mutter“, versuchte ich weiter beruhigend auf sie einzureden.

Seit ihre Mutter an Demenz erkrankt war, da konnten sich die kleinsten Hürden im Alltag zu riesigen Bergen auftürmen.

„Wieso muss ich zum Friseur? Ich will da nicht hin, ich weiß gar nicht, was ich da soll, und wieso muss das gerade heute sein?“

Das waren nur einige der wiederkehrenden Fragen, die ihre Mutter immer wieder stellte, und die abliefen, als hätte man eine alte Schallplatte aufgelegt, die inzwischen einen Sprung hatte und sich dadurch in der Endlosschleife bewegte. Das zerrte an den Nerven, vor allem an Klaras und an denen ihres Bruders.

„Wir können deiner Mutter keine Vorwürfe machen, wir können nur professionell damit umgehen – mit ihr und den wiederkehrenden Sätzen deiner Mutter“, sagte ich im Auto zu Klara.

„Ja, du hast gut reden, du erlebst das ja meist nicht hautnah mit, wie sie reagiert“, antwortete Klara. Sie wusste, dass ich Recht hatte, aber ich nervte sie zusätzlich mit den Sätzen aus der ‚liegengebliebenen Schatulle eines Oberlehrers‘.

Klara liebte ihre Mutter und sie wollte, dass es ihr gutging, sie noch gepflegt aussah, selbst wenn sie kaum noch auf die Straße ging.
„Ich weiß ja, dass sie gut im Friseursalon in der Hauptstrasse aufgehoben ist“, sagte Klara nun.

„Mein‘ ich doch“, antwortete ich knapp. Ich steuerte auf das riesige Parkdeck im Wedding zu.

Wir mussten uns nun auf unseren Termin, den beim Optiker, konzentrieren.

Abends, als ich erschöpft auf der Couch saß, besser hing, schaute ich auf das Handy, ob es noch irgendwelche Nachrichten für uns gab.

„Du, Ilka hat Bilder von Mutti geschickt. Sie sieht toll aus mit ihrer neuen Frisur. Was das ausmacht!“, sagte ich.

„Zeig‘ mal!“, sagte Klara in einem Ton, der keinen Widerspruch duldete.

„Nö“, antwortete ich.
„Ach bitte, ich möchte doch auch sehen, wie Mutti mit der Frisur ausschaut“, sagte sie nun.
„Geht doch“, antwortete ich und leitete die Fotos an ihr Handy weiter.

„Mutti sieht ja wie ausgewechselt aus“, strahlte Klara.
„Eben, sag‘ ich doch, die sind Profis, und machen es noch mit Freude“, antwortete ich.

„Naja, hoffentlich ist alles drumherum gutgegangen.“
„Wie meinst du das?“, fragte ich Klara.
„Du weißt schon… was Mutti eben so alles von sich gibt.“

„Ach, wenn ich Ilka richtig verstanden habe, ging alles gut. Im Gegenteil, deine Mutter hat sich noch darum gesorgt, dass Ilka den ganzen Tag den Mundschutz tragen müsse. Das sei nicht gesund.“
Klara musste schmunzeln.

„Aber denk‘ mal dran, wie der Optiker heute hinter seinem Mundschutz geschwitzt hat, als er meine Augen ausgemessen hat“, sagte ich zu Klara.

„Und immer wenn der Optiker mich fragte, ob ich was sehen würde, hab‘ ich ihm geantwortet: ‚Ich seh‘ nichts, weil durch meinen Mundschutz laufend die Brille beschlägt‘“, ergänzte ich noch.

„Aber wir sind gesund, Ilka und dem Team im Friseurladen geht es offensichtlich ebenfalls gut und deine Mutter kann mit der Frisur zum Wiener Opernball gehen“, sagte ich.

„Du nun wieder“, meinte Klara und schaute sich noch einmal die Fotos von ihrer Mutter mit der neuen Frisur auf dem Handy an.
Ein kleines Lächeln huschte über ihr Gesicht.

„Hast du dich auch ordentlich bei Ilka bedankt?“, fragte Klara.
„Wofür?“, fragte ich.
„Dafür, dass sie sich immer so gut um Mutti kümmert und nicht nur eine schöne Frisur zaubert.“

„Nö“, meinte ich.
Ich konnte nicht anders, ich musste Klara erst einmal ein bisschen ärgern.
„Na klar, habe ich das gemacht. Was denkst du von mir?“, sagte ich zu Klara.

Die schaute mich von der Seite an, und dachte wohl darüber nach, ob sie mir trauen konnte. Doch sie wusste schon, dass mir die Sache ebenso wichtig war.

Hätten wir früher so viel über einen normalen Friseur-Termin geredet?
Wohl kaum.

Aber in diesem kleinen Laden in der Hauptstrasse arbeiten nicht nur Menschen, die ihr Handwerk verstanden. Das konnte man zweifellos den Fotos mit Klara’s Mutter drauf entnehmen.

Nein, es war mehr. Sie muntern mit jeder kleinen Geste, jedem freundlich gesprochenen Wort Menschen auf, die das gerade in sich hineinsaugen, Menschen, weil sie sich aufgrund ihrer Demenzerkrankung nicht mehr so verständlich machen können und trotzdem am gesellschaftlichen Leben teilhaben wollen.

Und deshalb sind diese kleinen Alltagsbegebenheiten keine Nebensächlichkeiten, im Gegenteil. Man muss sie herausnehmen aus dem scheinbar Nebensächlichen, muss sie bewusst würdigen, stets aufs Neue.

Sie machen unser Zusammenleben aus, das nämlich, was manchmal in einer Millionenmetropole unterzugehen scheint.

Danke Ilka, danke liebes Team aus dem kleinen Friseurladen in Sassnitz.

 

MEIN ERSTES MAL MIT ANGERMÜNDE

MAL SCHNELL ERZÄHLT
ALLTÄGLICHES (46-4)

Dienstagmorgen, 06.00 Uhr, der Wecker klingelte.
Klara war bereits wach, sie hatte die ganze Nacht unruhig geschlafen.

Sie musste an ihre Mutter denken, die sie besuchen wollte, und sie dachte daran, was sie alles erwartete, wenn sie in Sassnitz ankam. Ihre Mutter litt an Demenz, lebte aber in ihrer Wohnung. Noch ging es mit allem so einigermaßen, kam allein zurecht, noch.

Trotzdem befiel Klara nach einigen Wochen eine innere Unruhe, auch wenn sie wusste, dass ihr Bruder nach Kräften vor Ort ihrer Mutter zur Seite stand.

„Du kannst noch liegenbleiben, der Zug fährt erst 08.54 Uhr von Bernau ab und es reicht, wenn wir kurz nach acht Uhr von hier aus losfahren“, sagte Klara zu mir.

„Jetzt bin ich wach“, antwortete ich, während ich mich aus dem Bett hievte.
Normalerweise standen wir morgens gegen vier Uhr auf.
Aber heute war ja ein besonderer Tag, denn Klara wollte in dieser Woche ihrer Mutter helfen, die Wäsche zu waschen, die Wohnung sauberzumachen und unerledigte Papiere zu sortieren und das

Nötige zu tun, damit alles wieder in seinen normalen Bahnen lief.
Wir fuhren pünktlich von Basdorf ab. Klara hatte eine Tasche mit, die ich hinten ins Auto verfrachtet hatte. Und dann war da noch dieser unförmige Beutel.

Klara hatte dort einen Eimer verstaut, mit allerlei Sachen, die sie ihrer Mutter mitbringen wollte.

Der Beutel ließ sich schlecht tragen, weil die Schlaufen kaum mit einer Hand zu greifen waren. Klara hatte einen Eimer darin verstaut, mit verschiedenen Sachen. Sie konnte nicht anders, sie dachte stets daran, worüber sich andere Leute freuen könnte, wenn sie ihnen etwas mitbrachte. Und diesmal war mal wieder ihre Mutter dran.

„Muss das sein?“, fragte ich sie.
„Ja!“, antwortete sie in einem Ton, der keinen Widerspruch duldete.
Wir fuhren los und stiegen in Bernau am Bahnhof aus und begaben uns ins Bahnhofsgebäude.

Als wir auf die Tafel schauten stand dort, dass der Zug nach Stralsund nicht durchfahren würde. Von Eberswalde bis nach Angermünde war ein Schienenersatzverkehr eingerichtet worden.
„Lass uns einen Ausflug nach Angermünde machen“, sagte ich spontan zu Klara.

„Ach, warum willst du das auf dich nehmen?“, fragte Klara.
„Lass uns hier warten, bis der Zug kommt“, sagte sie noch.
In der Zwischenzeit näherte sich uns ein junger Mann. Er schwankte und wir hatten Angst, dass er vom Bahnsteig kippte.

„Habt‘ ihr mal ‚nen‘ Euro oder ‚einsfuffzig‘, ich fahre immer zwischen Bernau und Eberswalde hin- und her, und jetzt habe ich furchtbaren Durst“, sagte er zu mir.

„Was wolltest du denn damit kaufen?“, fragte ich ihn.
„Wasser“, antwortete der schlagfertig. Da klappten offensichtlich die Reflexe noch.
Denn Wasser sagen und an Alkohol denken, das war ja gar nicht so einfach, da würde sogar ich durcheinanderkommen.

„Meine Frau hat nur 50 Euro dabei und wir können nicht wechseln.“
Der junge Mann schaute mich an, blickte zu Klara hinüber, die wiederum mir finstere Blicke zuwarf.

Schließlich drehte er sich um, ging eine Bank weiter, streckte sich darauf aus und schlief sofort ein.
„Bist du nicht ganz bei Trost? Wie kannst du sagen, dass ich 50 Euro in der Tasche habe?“

„Ich wollte nur ehrlich sein, und ihm sagen, wie es ist“, meinte ich zu ihr.
Sie seufzte nur und sagte nichts mehr.
Wir eilten die Treppen vom Bahnsteig hinunter, liefen über den Vorplatz des Bahnhofs, stiegen ins Auto und machten uns auf den Weg in Richtung Angermünde.

„Wann kommt die Abfahrt nach Angermünde?“, fragte mich Klara ungeduldig während der Fahrt auf der A11.
„Keine Sorge, die kommt bald“, antwortete ich knapp.
„Wenn ich dich zum Zug gebracht habe, dann werde ich mal eine kleine Stadtrundfahrt machen, vielleicht ziehen wir ja hierher, wenn du auch in Rente bist“, sagte ich noch.

„Was willst du in Angermünde?“, fragte Klara spöttisch.
„Du, ich glaube, das ist ein niedliches Städtchen, freundliche Menschen und Berlin ist auch nicht weit“, sagte ich zu ihr.

„Ja, da hast du recht, dann mach‘ mal einen Spaziergang durch den Ort“, sagte sie.

„Vielleicht kannst du ja darüber einen kleinen Artikel auf deinem Blog schreiben“, meinte sie noch.

„Gute Idee!“, sagte ich und freute mich schon auf den Spaziergang vom Bahnhof aus in Richtung Stadtmitte.
Wir kamen in Angermünde an, ich steuerte eilig auf den Parkplatz vor dem Bahnhofsgebäude, stellte den Motor aus und eilte nach hinten, um die Tasche und den Beutel herauszuholen.

„Lass‘ uns schnell machen, dann erreichen wir vielleicht noch den nächsten Zug“, sagte ich.
Wir hasteten mit dem Koffer in Richtung Vorhalle.
„Ach, ich habe meine Schutzmaske vergessen“, sagte ich.
„Warte, ich laufe schnell zurück.“

Ich sah zu meinem Auto und entdeckte schon von Weitem einen weißen Zettel, der hinter dem rechten Scheibenwischer klemmte.
‚Verwarnung‘, stand auf dem Zettel, und weiter: ‚KFZ: PKW Jeep, Rot,
Wann: von 02.06.2020 09.37 Uhr bis 02.06.2020, 09.40 Uhr in Angermünde, Bahnhofsplatz Parkplatz“, stand darauf.
„Sie parkten bei Zeichen …. ohne die durch Zusatzzeichen vorgeschriebene Parkscheibe (Bild…)“, las ich weiter.
20, 00 Euro Verwarngeld sollte ich zahlen, würde ich auch.

Was sollte ich sonst tun?
Dabei achtete ich darauf immer, wirklich immer, dass ich einen Parkschein löste oder die Parkscheibe sichtbar im Auto hinlegte.
Diese Regel, die ich stets einhielt, wurde an dem Tag durch die Ausnahme bestätigt, die ich machte.

Wie kam das zustande? Es war Schienenersatzverkehr geplant, ich fuhr deshalb Klara selbst nach Angermünde, damit sie den Zug schaffte.

In dieser Hektik habe ich nicht mehr an die Parkscheibe gedacht.
Weiter unten auf dem Zettel stand eine Telefonnummer.
Ich wählte sie auf meinem Handy an. Ich wollte wenigstens erklären, warum ich die Parkscheibe nicht hinterlegt hatte.

Es meldete sich keiner.
Aber würde das die Mitarbeiterin oder den Mitarbeiter überhaupt am Telefon interessieren?
Wohl kaum. Die fühlten sich wahrscheinlich sogar noch von mir belästigt.

Also drückte ich auf die Taste und beendete das Telefonat, bevor es überhaupt begonnen hatte.

Ich lief mit Schutzmaske bewaffnet zurück in den Bahnhof.
„Was ist los?“, fragte Klara.
„Ach nichts“, sagte ich zu ihr. Ich muss 20 Euro zahlen.“

„Wofür?“, fragte sie mich.
„Parkscheibe vergessen“, sagte ich knapp.
„Tja“, meinte Klara nur. „Aber 20 Euro schon nach der kurzen Zeit?“, fragte sie dann doch.
„Was soll’s, der Tag ist jetzt versaut“, sagte ich.

Wir verabschiedeten uns, Klara wollte auf dem Bahnsteig bleiben, bis der Zug 11.33 Uhr nach Stralsund abfuhr.

„Ich rief sie noch einmal aus dem Auto an.“
„Ich bin auf dem Rückweg“, sagte ich zu ihr.
„Ach, ich denke, du wolltest noch durch Angermünde lustwandeln und dann darüber schreiben?“

„Na, die Lust ist mir gründlich vergangen“, sagte ich zu ihr und ich glaube auch nicht, dass wir hier wieder jemals herfahren“, meinte ich.

„Aber der rote Klatschmohn sieht auf den Feldern so prächtig aus, und das kannst du dir ohne Bußgeld anschauen“, sagte ich weiter zu ihr.

Klara lachte und ich bekam allmählich auch wieder gute Laune.

 

 

 

VOM GLÜCK DES SCHEINBAR BANALEN, NICHTERWÄHNENSWERTEN IM ALLTAG

MAL SCHNELL ERZÄHLT

ALLTÄGLICHES (48-11)

Wir sind zu Krümel gefahren. Sie empfing uns am Fahrstuhl, sie hüpfte uns entgegen und schrie freudig, „Oma, Opa!“, und wollte gleich auf den Arm von Klara.

Ich hatte mir extra im Fahrstuhl die Mütze noch so aufgesetzt, dass der Schirm nach hinten zeigte und Krümel sich nicht gleich die Stirn daran stieß, wenn ich sie mit den Armen hochheben sollte.

Aber das war ja nun gar nicht nötig gewesen.
Sie war nun im Arm von Klara.
Trotzdem, ich freute mich natürlich wie ich sah, dass Klara und Krümel strahlten.

Laura war eigentlich gerade dabei, Krümel anzuziehen.
Aber nun sauste sie aufgeregt auf dem Flur hin- und her.

Wir gingen zu Laura in die Wohnung hinein und Krümel rannte weiter vom Wohnzimmer ins Schlafzimmer, den langen Flur entlang und kreischte laut vor Glück.

Schließlich gelang es mir, sie zu fassen, was ihr noch mehr Spaß bereitete.
Ich zog ihr die Hose an und ein kleines Nicki-Shirt. Was einfacher gesagt war, als ich es auch faktisch hinbekam.

Krümel zappelte und wollte unbedingt an die Tüte mit den Schokoladeneiern, die wir ihr mitgebracht hatten. Ich holte die Tüte mit den Schokoladen-Eiern und einem Behälter mit kleinen Schokoladen-Plätzchen. Ich ließ Krümel selbst auswählen, was sie essen wollte.

Sie ließ sich Zeit, jetzt hatte sie ja den vollen Zugriff drauf. Krümel wählte die Smilies. Sie versuchte den Verschluss zu öffnen und kippte die ganze dünne Plastikflasche auf die Seite, sodass sie gleichzeitig zwischen 10 und 12 Plätzchen auf einmal in die Hand bekam.

Die restlichen hatte ich aufgefangen. Krümel führte die Hand zum Mund und wollte alle Plätzchen auf einmal in den Mund stecken. Nur mit Mühe konnte ich sie davon abhalten.

Das gelang mir auch, doch für vier Plätzchen kam jede Hilfe zu spät. Sie steckten im Mund von Krümel und wurden von ihr zermalmt, während sie mich mit ihren leuchtenden Augen anstrahlte.

Früher, bei Laura, da hätte ich geschimpft und den Finger erhoben, jetzt konnte ich nur noch versuchen, dass Krümel mein Lachen nicht mitbekam.

Laura kam ins Zimmer, sah, dass Krümel den Mund vollgestopft hatte, und sie war nicht begeistert.

Naja, wir sind eben die Großeltern. Da kann man doch mal eine Ausnahme machen, oder?

Ich überlegte: Brauchte ich noch mehr, um glücklich zu sein? Naja, ein bisschen vielleicht. Aber irgendwie auch nicht.

DEN KLEINSTEN AUGENBLICK ZUM SCHREIBEN NUTZEN

SCHREIB-ALLTAG (4)

Ich stehe vor der Waschanlage in meinem Dorf und habe mich in den Schatten gestellt, direkt unter einen Baum. Hinter mir ist der Friedhof, vielleicht deshalb diese Ruhe.

Ich verstehe es immer besser, die Momente der Ruhe, die sich mir bieten, für das Schreiben zu nutzen. Wenn du immer auf den perfekten Moment für dich wartest, dann wirst du ihn wahrscheinlich nie bekommen.

Und ich habe gelernt, überall zu schreiben. Jetzt zum Beispiel habe ich keinen Tisch, keinen Zettel, keinen Stift. Nein, ich schreibe im Stehen. Ich habe lange gebraucht, damit ich das hinbekomme. Ich schreibe auf einem iPhone 6S, ein Handy, das noch dazu nicht allzu groß ist.

Also nehme ich das Handy quer, halte es zwischen den den beiden Händen, tippe mit den Daumen auf die Buchstaben der Tastatur. Das geht gut.

Aber nur deshalb, weil ich unendlich viele Übungen absolviert habe, mich bis zum Erbrechen vertippt und allmählich weniger und weniger Fehler gemacht habe.

Ich beobachte, was um mich herum so passiert. Da stehen zwei Monteure, die zu mir herüberschauen, rauchen und erzählen.
Oder da kommt ein LKW an und der Fahrer steigt aus, sieht sich um, geht in die Tankstelle hinein.

Ich trainiere auf diese Weise von unterwegs aus meine Beobachtungen und Erlebnisse schriftlich festzuhalten, um sie später zu verwenden – für eine kleine Geschichte vielleicht.

Das Tor zur Waschanlage geht hoch, es quietscht fürchterlich.

Ich bin der nächste, der in die Anlage reinfahren kann, also setze ich drei Punkte und klappe den Lederdeckel vom iPhone zu.

Banal? Ja, sicher, aber mir macht es Spaß, selbst so kleine Nebensächlichkeiten festzuhalten.
Ich schreibe morgen weiter.

DER WEG BLEIBT FÜR LANGE ZEIT MEIN ZIEL

INTERVALLFASTEN

50 KILO ABNEHMEN (28-6)

Zum Ergebnis: Ich habe 1,4 kg abgenommen, in der Zeit von Freitag, den 22.05.2020 bis Freitag, den 29.05.2020.

Bei 121,9 kg habe ich begonnen und am letzten Freitag vor Pfingsten wog ich 120,5 kg.

Aber ich habe es übertrieben. Ich habe nämlich 36 Stunden gar nichts gegessen und wäre beim Rasenmähen bald umgekippt.

Außerdem bekam ich starke Gallenbeschwerden, sodass ich abends, einen Tag vor Pfingsten, in die Notaufnahme musste.

Der Weg ist richtig, das Ziel stimmt.

Jetzt muss ich nur noch daran arbeiten, dass der Weg auch für sehr lange mein eigentliches Ziel sein wird, und darauf muss ich mich einstellen.

Also nicht übertreiben mit dem Fasten und dennoch dranbleiben.

SO HABE ICH NEB-MITARBEITER*INNEN ERLEBT – HILFSBEREIT, HERZLICH

Ich schreibe seit geraumer Zeit auf diesem Blog über den Alltag, die Menschen im Alltag, ihre Träume, Sehnsüchte, Konflikte und Erlebnisse, und ich werde oft gefragt, warum ich mich ausgerechnet solchen banalen Erzählungen widme.

Der Reiz einer Geschichte liegt für mich im Alltag, weil wir hier die überwiegende Zeit unseres Lebens verbringen, hier die auf den ersten Blick unscheinbaren, und deshalb scheinbar nicht erwähnenswerten Dinge stattfinden.

Beschäftigst du dich aber mit diesem Banalen, dann siehst du, mit welcher stillen Herzlichkeit Menschen handeln, sie oft nicht darüber reden, gar nicht auf diesen Gedanken kämen, sondern einfach ihrer Arbeit nachgehen.

Was wären wir ohne unsere Hilfsbereitschaft, ohne unsere Ehrlichkeit und ohne unser Mitgefühl für andere?
Ich berichte seit Jahren darüber, wie aufopferungsvoll sich Mitarbeiter von Pflegeeinrichtungen um pflege- und hilfsbedürftige Menschen kümmern.

Die meisten von ihnen machen darum keine großen Worte.
Ein weiterer Grund für mich, es an ihrer Stelle, für sie zu tun.
Dieses Mal erzähle ich von einer Begebenheit, die ich kürzlich selbst erlebt habe.
Der Kern der Geschichte ist schnell erzählt:
Ein Mitarbeiter der Niederbarnimer Eisenbahn findet die Tasche meiner Frau. Sie hat sie auf dem Weg zur Arbeit im Zug liegengelassen, mit einem wichtigen Notizbuch und Geschäftspost von mir.
Der Mitarbeiter meldete sich bei uns und gab später die Tasche in der NEB-Stelle in Basdorf ab.
Normal? Ja, sagen die meisten.
Banal? Auf den ersten Blick, oberflächlich betrachtet.
Aber wenn du näher hinschaust, dann erkennst du hier einen Menschen, der hilfsbereit und ehrlich gehandelt hat.
Das ist Service, den man voraussetzen kann, würde manch einer an dieser Stelle sagen.
So einfach sind die Dinge aber nicht. Nichts ist einfach im Leben, in der Arbeit. Nur, wenn du Menschen hast, die gewillt sind, anderen zu helfen, die ihnen im Alltag etwas Gutes tun wollen, für sie da sein möchten, einfach so, ohne große Worte, fast unbemerkt – ja dann kriegt der oftmals zur Worthülse verkommene Begriff ‚Service‘ einen tieferen Sinn, eine ethische Komponente.
Das ist meine Geschichte.

Mittwochfrüh, 5.00 Uhr.
Ich brachte meine Frau K. zum Bahnhof, wie jeden Tag eben.
K. hatte meist zwei Taschen bei sich, von denen sie eine stets umgehängt trug.

Und dorthinein steckte sie ihr Frühstück, ihre persönlichen Utensilien, wie zum Beispiel den roten kleinen Kalender mit persönlichen Notizen und wichtigen Telefonnummern.

K. hatte auch noch einen geschäftlichen Brief von mir in diese Tasche gepackt. Ich hatte sie gebeten, ihn mit Rückschein nachmittags bei der Post aufgeben.

Wir unterhielten uns noch einen Augenblick und dann stieg K. aus, um ihren Zug zu erreichen.

„Vergiss deine Tasche nicht“, sagte ich zu ihr, als sie die Autotür auf ihrer Seite schließen wollte.

„Ja“, sagte sie. Ihre Stimme klang genervt und gequält.
Sie beugte sich nach vorn und nahm den Beutel an sich.
„Ich mein‘ ja nur“, sagte ich zu ihr, um nicht den ‚Oberlehrer‘ herauszukehren.

Schließlich vergaß ich ja selbst oft genug etwas. Kleine Dinge, die ich danach schmerzlich vermisste.

Ich fuhr zurück und setzte mich wenig später an meinen Schreibtisch, um meinen Tagesaufgaben nachzugehen.

Gegen 06.00 Uhr klingelte das Telefon. Eine Handynummer. Ich stutzte und überlegte, ob ich rangehen sollte.

Zu oft wurde ich in der Arbeit unterbrochen und hatte es mit Werbeanrufen zu tun. Aber gegen sechs Uhr ein Werbeanruf? Wohl kaum. Also nahm ich den Hörer ab.

„Hier ist die Niederbarnimer Eisenbahn, mein Name ist P.“, erklang eine ruhige und freundliche Stimme am Telefon.
„Ihre Frau hat ihre Tasche bei uns im Zug liegenlassen“, sagte er weiter.

„Oh, das ist aber sehr nett, dass Sie die Tasche mitgenommen haben und sich gleich melden“, antwortete ich und freute mich, dass der Mitarbeiter gleich bei mir angerufen hatte.

„Ich kann Ihre Frau nicht erreichen“, setzte Herr P. nach.
„Das kriegen wir hin. Ich werde sie anrufen und sie bitten, dass sie sich bei Ihnen meldet“, antwortete ich.

Herr P. gab mir noch die Telefonnummer vom Kundendienst durch, ich bedankte mich und legte auf.

Erst jetzt bekam ich einen richtigen Schreck.
Ich wollte natürlich nicht, dass persönliche Notizen und Briefe von uns verloren gingen.

„Du hast die Tasche vergessen“, sagte ich K., als ich sie anrief.
„Was hab‘ ich?“, fragte K. mich.
„Du ‚haaast‘ deine Tasche vergessen!“

Die Verbindung war schlecht, K. saß gerade in der S-Bahn.
‚Das kann nicht wahr sein, sie vermisst noch nicht mal ihre Tasche‘, dachte ich.

„Ruf‘ mich bitte vom Festnetz an, wenn du auf Arbeit bist“, versuchte ich ihr mit deutlicher Stimme zu sagen.

„Ja, mach‘ ich“, sagte sie und beendete das Gespräch.
Eine halbe Stunde später rief K. wieder an, diesmal von ihrer Arbeit.

„Hast du gar nicht mitbekommen, dass du nicht mehr zwei Taschen bei dir hast“, fragte ich sie vorwurfsvoll und ärgerte mich gleich über meinen belehrenden Ton.

„Ach Gott, das fehlt mir noch“, rief sie.
„Na mir auch“, konnte ich mir nicht verkneifen.

„Und was nun, wo ist die Tasche jetzt?“
„Gute Frage“, erwiderte ich trocken. Ich wollte sie wenigstens für einen Augenblick zappeln lassen.

„Sag‘ schon“, meinte K.
„Keine Sorge, ich hatte einen Anruf von Herrn P. von der NEB, der hat deine Tasche gesichert und du kannst sie abholen, wenn du heute Abend ankommst“, sagte ich.
K. atmete hörbar auf.

Wir legten die Hörer auf und K. rief danach sofort Herrn P. zurück.
Nachmittags erhielt ich einmal einen Anruf aus der Zweigstelle der NEB in Basdorf.

„Ich wollte Sie nur informieren, dass die Tasche Ihrer Frau hier bei uns angekommen ist“, sagte eine freundliche Mitarbeiterin.
„Wenn Sie einverstanden sind, dann kann ich auch die Tasche abholen“, bot ich ihr an.

Sie war einverstanden. Ich setzte mich ins Auto und fuhr zum Bahnhof in Basdorf.
‚Wie schön doch jetzt das Gebäude aussieht, in dem früher eine Gaststätte war‘, dachte ich bei mir.

Ich klingelte zunächst an dem neuen Gebäude.
Dort meldete sich aber keiner, ich musste eine Tür weitergehen, so wie die Mitarbeiterin es mir gesagt hatte. Aber sie konnte nicht wissen, dass ich mich grundsätzlich im Eingang vertat.

An der richtigen Tür angekommen, öffnete die Mitarbeiterin die Tür und schaute mich an.
„Wir hatten gerade telefoniert und sie sagten, ich könnte die Tasche abholen“, meinte ich zu ihr.
„Ja gern, bitte hier ist sie“, sagte die Mitarbeiterin und übergab mir den Beutel.
„Herzlichen Dank“, antwortete ich.

Wieder zuhause angekommen, sah ich nach, ob alles noch in der Tasche war. Es war alles da. Ich fischte noch ein Brötchen heraus und ließ es mir schmecken.
Abends, als K. von der Arbeit zurück war, sagte ich zu ihr: „Du, Strafe muss sein. Ich habe dein Frühstücksbrötchen aufgegessen.“

„Ich denke, du machst Intervallfasten?“, antwortete sie.
„Ja, aber jetzt ist das Intervall, wo ich was essen kann“, legte ich einfach fest.

„Na dann hättest du auch das zweite Brötchen essen können, was in der Tasche außerdem ist“, sagte K. zu mir.

„Mist, und ich hatte gerade zu der Zeit so einen Hunger.“
K. lachte und wir waren beide froh, dass die Sache für uns so gut ausgegangen war.

Hatten die Mitarbeiter ‚nur‘ ihren Job gemacht?
Dann wäre es wirklich zu einfach.

Aber es gibt nichts, was einfach ist, im Vorbeigehen geschieht.
Hätte Herr P. nicht auch an der Tasche vorbeigehen können?

Na klar. Später hätte er vielleicht gesagt, dass er nichts gesehen hat, dann wenn sich meine Frau gemeldet hätte.
Aber Herr P. dachte anders, handelte anders. Er wollte helfen.

Danke.

SCHREIBEN GEHÖRT ZUM LEBEN

ALLTÄGLICHES (48-9)

Schreiben ist nichts Elitäres, nein, es hilft dir im Alltag, dich besser zu fühlen, fokussierter zu werden.

Schreiben ist nicht nur auf eine kleine Gruppe von Menschen beschränkt, die vielleicht damit auch noch ihr Geld verdienen, mal mehr oder meist weniger.

Nein, Schreiben gehört zum Leben, wie das Essen, Trinken oder die Arbeit. Ich beginne oft morgens damit, auf einem Blatt Papier loszuschreiben und komme so in den Tag, weiß danach, wo ich die Schwerpunkte in der Arbeit setzen will.

Außerdem trainiert es mich, lebendiger zu schreiben.
Und: Lebendig zu schreiben, das ist nicht nur was für andere Menschen, zum Beispiel, diejenigen, die den Text gerade lesen.
Es ist vielmehr: Wenn ich schreibe, spreche ich nämlich mit mir selbst.

Man könnte das als Tagebuch ansehen. Ich glaube, dass es wichtig für das eigene Verständnis ist, weil ich ansonsten keine Botschaften aussenden kann, an mich selbst und an andere mir wichtige Menschen.

Im Laufe meines Lebens habe ich erfahren, wie wichtig es ist, sich über seine Gedanken und Gefühle klar zu werden. Und das geht am besten, wenn du die Dinge aufschreibst.

Du kannst am See sitzen, über das Wasser schauen und über deinen Alltag nachdenken. Das ist eine gute Sache.

Willst du aber tatsächlich etwas verändern, so musst du es konkret machen. Das kriegst du aber nur hin, wenn du schreibst, deine Gedanken ordnest, Vereinbarungen mit dir selber triffst.

WOCHENBILANZ – FASTEN

50 KILO ABNEHMEN (5-28)

Zum Ergebnis: 
Ich habe 1,8 kg geschafft, gemessen von Freitag zu Freitag.
Am 15.05.2020 wog ich 123,7 kg und am 22.05.2020 121,9 kg.

Hätte ich noch mehr schaffen können?
Ja, hätte ich.

Woran lag’s?
Zum einen habe ich nicht immer konsequent die 16:8 Regel eingehalten, also 16 Stunden fasten und 8 Stunden etwas essen.

Und zum anderen habe ich dann, wenn ich essen durfte, zu viel auf einmal in mich hineingestopft – vorsorgen für die Zeit danach.

Insgesamt: Weniger Ausreden, mehr auf die Regeln achten, disziplinierter sein.

‚EMMA NICHT SCHULD, PAULINE SCHULD‘

MAL SCHNELL ERZÄHLT
Krümel war bei ihren Großeltern Klara und Peter auf dem Dorf zu Besuch, zusammen mit ihrer Mama Laura. Der richtige Name von Krümel war Emma Pauline, aber so nannte sie kaum jemand.

Peter sprach Emma Pauline fast ausschließlich mit Krümel an.
Das hatte sich in seinem Kopf festgesetzt, und die anderen Familienmitglieder nannten sie ebenfalls so, bis auf die Ausnahmen, wenn es etwas Ernsteres zu besprechen gab.

Aber so viel gab es mit Krümel nicht zu besprechen, noch nicht. Meistens reichte ein erhobener Finger oder ein ‚oh, oh‘ Emma, das darfst du nicht‘, oder etwa ein strenger Blick, der Emma davon abhielt, den Knopf von der Spülmaschine umzudrehen.

Krümel war mal wieder aus dem Zimmer in die Küche gelaufen, hatte den Stuhl an den Kühlschrank gestellt und versuchte, die Tür zu öffnen.

Sie wollte ein Eis essen und damit nicht bis nach dem Mittagsschlaf warten.
Deshalb beobachtete sie mit wachen Augen, wie Klara schon mal das Eis aus dem Gefrierschrank holte und von da aus in den Kühlschrank legte.

Klara nahm Krümel an die Hand und ging mit ihr ins Wohnzimmer, bevor Laura sie nach oben zum Schlafen brachte. Aber Krümel hatte anderes vor. Sie lief noch einmal von allen unbemerkt in die Küche und schaute wie gebannt am Kühlschrank hoch.

Jetzt musste sie also nur noch die Kühlschranktür aufbekommen. Sie schob ihren kleinen Hocker ran, sodass sie gerade so an den Griff der Tür gelangte.

Doch plötzlich verlor sie dabei ihr Gleichgewicht, der Stuhl begann zu wackeln und kippte schließlich nach hinten. Es polterte lautstark und ihre Oma und ihr Opa schossen wie elektrisiert aus ihren Sesseln hoch und hasteten in die Küche.

Krümel war zum Glück nicht auf dem Hinterkopf gelandet. Sie weinte nicht, hielt ihr Stangeneis in der Hand, dass sie noch greifen konnte, bevor sie stürzte. Sie schaute Klara und Peter schuldbewusst an.

Vor dem Kühlschrank lag die Butterdose auf dem Boden und aus einer heruntergefallenen Packung tropfte langsam Milch auf die Fliesen.

„Emma, bist du das gewesen?“, fragte ihr Opa sie mit strengem Blick, und war insgeheim froh, dass seinem geliebten Krümel nichts passiert war.

„Opa, nein, ‚ich nicht war'“, sagte Emma.
„Aber wer war es dann?“, hakte ihr Opa nach und versuchte weiter grimmig zu schauen.

Die Zweieinhalbjährige guckte ihn mit unschuldigen Augen an und wiederholte: „Emma nicht, ‚Pauline war‘“.

Ihr Opa schaute sie verdutzt an?
„Wer?“

„Papa, Pauline ist ihr zweiter Vorname! Hast du das vergessen?“
Jetzt brach es aus ihrem Opa heraus, er lachte und konnte sich nicht mehr halten.
„Jaha Opa, Pauline, mhm!“, Emma nickte zur Bekräftigung mit ernster Miene.

„Sprich du noch mal mit ihr“, sagte Peter zu Laura, ich kann jetzt nicht ernst bleiben“, meinte er.

Emma hatte inzwischen die Situation gut analysiert und wandte sich zielsicher an das mental schwächste Glied, ihre Oma.
„Eis, ja Oma?“, fragte sie Klara und hielt das leicht zerdrückte Stangeneis fragend nach oben.

Laura wollte gerade mit einer erzieherisch notwendigen Ansprache an Emma beginnen.

Da kam ihr Klara zuvor: „Hier hast du ein neues Eis, meine Süße.“
Emma nahm es, sagte höflich danke zu ihrer Oma und verschwand ruhigen Gewissens aus der Küche.

Pauline, ja, die konnte sich vielleicht was anhören, während Emma in Ruhe am Eis leckte.

ICH BIN EIN SCHÜLER DES SCHREIBENS

SCHREIB-ALLTAG (3)

Von den schwierigen Anfängen beim Schreiben eines Schulaufsatzes, vom Unterschied zwischen Reden und Schreiben, und von der Qual und zugleich der Sucht, immer wieder zum Bleistift, zur Tastatur zu greifen.

Ich glaube, wenn es um das Schreiben geht, so wird jeder bestätigen, dass jeder von uns irgendwas Vernünftiges zu Papier bringen kann.
Klar, die Fähigkeiten sind hier unterschiedlich ausgeprägt. Dem einen fließt es direkt aus der Feder aufs Papier, von der Tastatur auf den Bildschirm, andere quälen sich stärker.

DIE ANFÄNGE – AUFSATZ SCHREIBEN

Jeder kennt das, wenn du in der Schule einen Aufsatz schreiben solltest und gar nicht wolltest, egal, ob nun in Ost oder West sozialisiert – du hattest dabei den Bleistift angeknabbert, deine Hände mit Tinte beschmiert, und alles nur aus einem Grund: Du wusstest nicht, wie du beginnen solltest.

Später, als ich meine Diplom-Arbeit im Fach ‚Schiffsmaschinenbetrieb‘ schrieb, da konnte ich mich noch hinter Zahlen, Diagrammen und Kurven verstecken.

Im Fach Volkswirtschaft wurde es schon schwieriger, es ging ja nicht nur darum, komplexe Vorgänge zu beschreiben, sondern ebenfalls schon erste analytische Schlussfolgerungen aufs Papier zu bringen.

Die schwierigste Zeit des wissenschaftlichen Schreibens begann für mich in der Wendezeit. Ich schrieb zur Rolle der Menschenrechte im KSZE-Prozess und was sie in Bezug auf die Erhaltung des Friedens und einer stabilen Demokratieentwicklung für eine Rolle spielten.

DER UNTERSCHIED ZWISCHEN REDEN UND SCHREIBEN

Ich hatte gute Lehrer, die mir sagten: „Rede nicht, fang an zu schreiben!“
Und wenn du an dem Punkt selbst schon einmal warst, wird dir klar, worüber ich gerade rede, besser schreibe.

Es gibt diesen gewaltigen Unterschied zwischen dem Reden und der Fähigkeit, Worte aufs Papier zu bringen, schreibend einen Satz an den anderen zu reihen.

Ich war stets ein guter Redner, ein Dozent, der seine Zuhörer mitreißen konnte. Oft haben mir Freunde gesagt: „Schreib‘ doch mal auf, was du heute erzählt hast, das war so interessant.“

Willst du es dann tatsächlich umsetzen, dann starrst du aufs Papier oder auf deinen Computer.
Du redest dir ein, dass du erst einmal in deine E-Mail schauen musst, könnte ja sein, du verpasst etwas.

Schnell wird dir klar: Zwischen dem Schreiben wollen und dem Schreiben können klafft ein riesiges Loch, und wenn du nicht etwas dagegen unternimmst, dann fällst du genau da hinein.
Das hört sich nach ein bisschen jammern an. Zugegeben, ist es auch.

DU SIEHST BEIM SCHREIBEN DEINEN LESER NICHT

Mir geht in solchen Momenten durch den Kopf, woran es wohl liegt, dass es einem stets aufs Neue so schwerfällt, etwas zu Papier zu bringen.

Ein Grund ist, dass du nicht siehst, wie der, der deine Zeilen liest, reagiert.
Oder er sagt vielleicht: „So ein Schmarrn, langweil‘ mich nicht mit deinem Gelaber.“

An der Mimik desjenigen, dem du etwas erzählst erkennst du sofort, was er denkt, ob es ihn interessiert, oder ob er gerade nebenbei an sein leckeres Mittagessen vom Vortrag denkt.

Es muss dir also beim Schreiben gelingen, deinen ‚Zuhörer‘ zu motivieren, am Blatt zu bleiben, obwohl du nicht deine Mimik, deine Stimme miteinsetzen kannst.

Ich glaube, jeder der sich mit der Schreiberei herumplagt, steht jeden Tag erneut vor dieser Herausforderung.
Dabei sehe ich mich nicht einmal als Schriftsteller, der über genügend Erfahrung verfügt, um seinen Leser immer wieder neu an sich zu binden.

DER WEG DES SCHREIBENS – MEIN ZIEL UND MEIN STÄRKSTES MOTIV

Ich bin ein Schreiber, der Erlebnisse aus dem Alltag festhält, aus der Gegenwart oder aus der Vergangenheit.
Nur, da muss ich ja auch die Konflikte, die Emotionen von Menschen möglichst genau beschreiben.

Oder gestern, am Vatertag. Da saß ich auf der Terrasse, schrieb mit einem Bleistift auf Papier und fand es unglaublich schön, genau das zu tun.

Aber wie kann ich das ausdrücken? Dass die Vögel zwitscherten, im Hintergrund sich Nachbarn gedämpft unterhielten es nach frischen Blumen duftetet, die Klara gerade eingepflanzt hatte, und dass sich der große und schwere Sonnenschirm knarrend bewegte, so dass du dachtest, du wärst bei einer leichten Brise auf einem Segelboot unterwegs?

Da muss ich noch üben, weiterschreiben, wieder üben und wiederum: schreiben!
Das hört wohl nie auf. Aber es ist ja auch schön. Es muss was dran sein, am Spruch, dass der Weg gleichzeitig dein Ziel sein sollte.

DIE WOCHE BEGANN BEI MIR MIT EINEM FASTENTAG


50 KILO ABNEHMEN (28-4)
INTERVALLFASTEN (4)

Seitdem ich mit dem Intervallfasten begonnen habe, spüre ich immer mehr, dass ich wacher und aufmerksamer bin, mich insgesamt besser fühle, wenn ich mal mit dem Essen für eine geraume Zeit aussetze.

Montagfrüh gab es bei mir lediglich Tee zu trinken, und es gab nichts zu essen. Muss ich mich anstrengen, das bis dienstagfrüh durchzuhalten? Ja, schon, alles andere zu behaupten, das wäre unehrlich von mir.

Aber ich habe gute Gründe, das nach dem letzten Wochenende zu tun. Ich habe mal wieder über die Stränge gehauen, Kuchen mit Schlagsahne gegessen, mittags und abends kräftig zugelangt.

Krümel und Laura hatten uns unverhofft besucht und da sitzt man in gemütlicher Runde um den Tisch, ist weniger streng zu sich selbst. Deshalb bin ich am Montagmorgen gar nicht erst auf die Waage gestiegen, sondern ich habe mir sofort die Beschränkung im Essen für den gesamten Tag auferlegt.

Damit ich mich zusätzlich besser motivieren kann, habe ich mir das Kapitel ‚Die heilsame Wirkung des Fastens von der Antike bis heute‘ von Prof. Andreas Michalsen vorgenommen.
(Vgl. dazu: Prof. Dr. Michalsen: ‚Mit Ernährung heilen. Besser essen, einfach fasten, länger leben. Neuestes Wissen aus Forschung und Praxis‘, Inselverlag; Kapitel: ‚Die heilsame Wirkung des Fastens von der Antike bis heute‘, E-Book;)

Es ist unglaublich für mich, wie lange es alle diese Erkenntnisse schon gibt, und ich sie trotzdem ignoriert oder wenigstens nicht in genügendem Maße berücksichtigt habe. Mark Twain hat bereits darübergeschrieben, dass manchmal das Fasten die besten Arzneien und Ärzte ersetzen kann.
(Vgl. ebenda)

Andreas Michalsen erläutert für mich gut nachvollziehbar, dass die Methode des Fastens in der Geschichte der Menschheit weit zurückreicht.

Das Wechseln von Nahrungsaufnahme hin zum Verzicht auf Essen, das reicht über 100 000 Jahre zurück.

Erst mit dem sich entwickelnden Ackerbau und der Viehzucht vor ca. 12 000 Jahren wurde regelmäßiger Nahrung aufgenommen. Und trotzdem, der Stoffwechsel des Menschen hat sich ja kaum verändert, und das seit über Einhunderttausend Jahren.
(Vgl. ebenda)

Mit den aufstrebenden Industrieländern in der Mitte des letzten Jahrhunderts veränderten sich unsere Ernährungsgewohnheiten gravierend, und das nicht zum Besen, wie ich selbst am eigenen Leib verspüre.

Da bin ich ‚Täter und Opfer‘ in einer Person.
Warum? Nun, weil ich natürlich über Jahre und Jahrzehnte der verführerischen Seite des genussvollen Essens erlegen bin, und andererseits, weil sich die Gene und der Stoffwechsel des Menschen ja kaum verändert haben.
(Vgl. ebenda)

Das bringt natürlich die Krankheiten mit sich, die eine moderne Zivilisation aufzubieten hat – Übergewicht, Bluthochdruck zum Beispiel.

Fasten stärkt die Gesundheit. Darüber sind sich die Experten einig. Wie man es am besten anstellt, eine Weile zu hungern, nichts zu essen, zu welchen Zeiten man das tun sollte, und wie man Nahrungsverzicht auf der einen Seite mit gesunder Ernährung auf der anderen Seite verknüpft, das kann man meiner Meinung nach in der ‚Fasten- und Ernährungsfibel‘ von Prof. Michalsen sehr gut nachlesen.

Ich lese weiter darin, und ich arbeite daran, dass das Wissen bei mir nicht ‚totes Kapital‘ bleibt.

LERNE DICH SELBST BESSER KENNEN

ALLEIN MIT MEINEN INNEREN STIMMEN

‚Warum willst du uns eigentlich ständig bei dir haben?‘, fragen mich manchmal meine inneren Stimmen ‚Draufgänger‘, ‚Sensibler‘ und ‚Theoretiker‘.

‚Das ist gar nicht so leicht zu beantworten‘, sage ich dann.
Und weiter: ‚Ihr seid ja ohnehin bei mir, egal, was ich über euch denke‘.

‚Das stimmt schon‘, meint Theoretiker, ‚aber es muss doch einen Grund dafür geben.‘

‚Theoretiker‘ hat recht. Meine inneren Stimmen machen schon zu einem großen Teil auch meine Individualität aus.

Sind wir nicht ständig dabei, zu messen und zu vergleichen, unsere Normen an andere anzulegen?

Gibt es überhaupt eine objektive Beurteilungsmöglichkeit für andere Menschen?

Sicher, wenn man zum Beispiel die Werte und Normen, die die Gesellschaft vorgibt, zugrunde legt.

Und trotzdem: Ich beurteile einen Menschen, der mir etwas sagt, stets danach, wie ich die Dinge einordne, was ich fühle, und was ich glaube.

Ich denke, wenn wir andere Menschen kennenlernen wollen, so legen wir zuallererst unsere eigenen subjektiven Maßstäbe an. Wie auch können wir entscheiden, ob uns jemand sympathisch ist oder eben auch nicht?

Das kannst du nur aus der eigenen individuellen Natur heraustun.
Kennt man sich also selbst sehr gut, geht man sicherlich mit anderen Menschen in bestimmten Situationen nachsichtiger um.

Im Straßenverkehr werde ich oft wahnsinnig, wenn jemand vor mir mit 40 km/h fährt, anstatt dass er wenigstens auf die 50 km/h hochgeht. Das ist meine innere Stimme ‚Draufgänger‘, die mich dann nervt und nach vorn peitscht.

‚Sensibler‘ hingegen sagt zu mir: ‚Reg‘ dich doch nicht auf. Vielleicht hat der Fahrer vor dir ein persönliches Problem, das an ihm nagt, oder er ist generell nicht von der schnellsten Sorte. Gib‘ ihm den Freiraum, den er braucht, um sicher fahren zu können. Du hast auch was davon.“

Und nur weil ich weiß, wie ‚Sensibler‘ reagiert, kann ich an mir halten und verurteile den Menschen vor mir nicht vorschnell, fälle kein ungerechtes Vorurteil.

„Also, ‚Sensibler‘, ‚Theoretiker‘ und auch ‚Draufgänger‘, je besser ich euch kennenlerne, wie ihr reagiert, lerne ich, auch andere Menschen besser einzuschätzen, mit ihnen besser umzugehen.“

‚Na hoffentlich!‘, schallt es mir von allen drei Stimmen gemeinsam entgegen.

WAS MICH AM SCHREIBEN ÜBER DEN ALLTAG BEGEISTERT (TEIL 1)

SCHREIB – ALLTAG (1)

Ich schreibe schon lange, eigentlich schon mein ganzes Leben.

Aber zum Geschichtenerzählen komme ich erst so richtig in letzter Zeit, und da bin ich auch noch ganz am Anfang.

Ich schreibe vor allem Geschichten, die mit dem Alltag zu tun haben.

Bin ich deshalb ein Schriftsteller?
Nein, sicher nicht.

Aber ich muss mich natürlich trotzdem an die Regeln des Schreibens halten, und deshalb muss ich sie mir auch aneignen. Auf jeden Fall ist das ein stetiger Prozess des Lernens, Übens und Schreibens.

Mehr und mehr stelle ich mich dabei den Anforderungen an das belletristische Schreiben. Das ist für mich wie ein Abenteuer, eine Reise in ein unbekanntes Land.

Ich schreibe in dieser Rubrik darüber, was mir am Alltag ‚über den Weg läuft‘, wie ich es verarbeite, und , wie ich das Handwerk des Schreiben trainiere und was es mir bringt.

Ich will dem Leser Menschen aus dem Alltag  näherzubringen, ihre Konflikte, ihre Hoffnungen, Sehnsüchte und die Schwierigkeiten zeigen, mit denen sie in ihrem Umfeld zu tun haben.
Mich reizt das Banale, das, was wir am Tag erleben, eben das, was wir oftmals nicht aufmerksam genug hinterfragen.

Dabei gibt es viel mehr schöne Dinge als hässliche Erlebnisse im Alltag, humorvolle Episoden, die es lohnt, festzuhalten.

Sicher ist es ja auch interessant, quasi den Weg des Schreibens zu dokumentieren – mein handwerkliches Verständnis davon, die Erfolge und Niederlagen, die Fehler und vor allem die Motive, warum ich weitermache.

Schreiben und verwerfen, wieder schreiben, lesen und dann wieder schreiben. Eintönig?
Ja, irgendwie schon. Anstrengend? Und wie.
Trotzdem: Es bleibt faszinierend.

 

WAS MICH AM SCHREIBEN ÜBER DEN ALLTAG BEGEISTERT (TEIL 2)

SCHREIB – ALLTAG (2)

Das Faszinierende am Schreiben ist für mich: Ich kann Menschen in alltäglichen Situationen beobachten, ich bin an wechselnden Schauplätzen, es gibt stets neue Ausgangssituationen, und ich schreibe zu vielfältigen, sich abwechselnden Themen.

Manchmal fragt mich meine Frau, warum ich mir das alles antue. Eine richtige schlüssige Antwort kann ich ihr darauf nicht geben.

Das Schreiben hat auf mich eine ungeheure Anziehungskraft, es frisst dich mit ‚Haut und Haaren.“

Natürlich fahre ich beispielsweise nicht zuerst ins Fitness-Center, um Menschen beim Training zuzusehen und anschließend darüber zu schreiben, sondern um selber Sport zu treiben, fit zu bleiben, vorausgesetzt, das Center bleibt nicht mehr lange wegen Corona geschlossen.

Ich beobachte gern, was um mich herum passiert.

Was könnten nun ein Leser daran interessant finden? Ich kenne natürlich nicht die genauen Motive jedes Lesers.

Jedoch glaube ich fest daran, dass jeder von uns bestimmte eigene Erlebnisse in Alltagssituationen wiedererkennt und sich freut, dass es anderen genauso ergangen ist.

Manch einer will vielleicht auch nur unterhalten werden, für einen Moment aus seiner Realität aussteigen und in den Alltag des Erzählers eintauchen.

Für mich als Autor ist es eine spannende Sache, wenn ich mich in meine Gedankenwelt begebe und sie abgleiche mit dem, was ich gerade erlebt und gesehen habe.

Ich denke, wir alle können mehr glücksbringende Momente in alltäglichen Situationen entdecken, als wir es für möglich halten.

Mark Twain war es wohl, der sinngemäß formulierte, dass es vor allem zwei Tage im Leben eines Menschen sind, die für ihn eine Bedeutung haben – nämlich der Tag der Geburt und der Tag, an dem er weiß, warum er auf der Welt ist.

Jeder wird diese Frage anders beantworten. Ich denke, dass dies die wirklichen mentalen Anker im Leben sind.

Ich habe lange Zeit gedacht, dass ich einiges vollbracht habe, weil ich intensiv studiert habe, um mir möglichst viel Wissen anzueignen.

Dann kam die Wende und ich hatte das Gefühl, ich stünde beruflich vor dem Nichts.

Und wieder versuchte ich, meinem Leben einen neuen Sinn zu geben, Anerkennung durch Leistungen in einer neuen, anderen Welt zu bekommen.

Wirklich glücklich bin ich aber erst, seitdem ich erkannt habe, dass ich mich selbst so nehmen muss, wie ich bin und ich Kraft aus meiner neuen Gelassenheit ziehe.

Hat das was mit dem Alter zu tun?

Ich glaube schon.

Und mit dieser inneren Ruhe ziehe ich in meine neuen Abenteuer, dem Schreiben über das Alltägliche, über Menschen im Alltag.

 

ORLI UND BERLINGA (2)

2020.05.16

ORLI UND BERLINGA (2)

Hallo Krümel,

ich erzähle weiter über Orli und Berlinga. Orli, das ist ein BMW. Ich fuhr ihn vor vielen Jahren.

„Ein BMW kann doch nicht sprechen“, wirst du jetzt denken. Stimmt. Aber wir tun einfach mal so, als ob der 7er BMW es kann. Und dann ist da noch Berlinga, der kleine Renault. Orli hat sich ein bisschen in Berlinga verliebt, aber die will von Orli nichts wissen.

Bis zu dem Tag, wo Berlinga hinten ein Reifen platzte, sie halten mussten und Orli vorbeikam, anhielt und seinen Fahrer, in dem Fall mich, um Hilfe für Berlinga bat.

Was blieb Orlis Fahrer also übrig?
Orlis Fahrer ging zum Auto zurück und setzte sich auf den hinteren Sitz und nahm das Telefon aus der Mittelkonsole heraus. Du musst wissen, Krümel, vor fast 20 Jahren, da gab es noch nicht so schöne Handys, wie wir sie heute haben. Ich meine zum Beispiel das Smartphone von deiner Mama.

Das also, womit du versuchst immer abzuhauen, um durch die ganze Wohnung zu laufen, bis Mama dem schließlich ein Ende bereitet und du dich lautstark beschwerst. Naja, später wirst du das alles besser verstehen. Aber ich schreibe das schon jetzt mal für dich auf.
Zurück zu Orli.

Orlis Fahrer wählte eine Telefonnummer und hoffte darauf, den Abschleppdienst zu erwischen oder noch besser einen Service, der beim Reifenwechsel half.

„Der hat doch nur Angst, dass er sich schmutzig machen könnte“, dachte Orli bei sich.
„Warum machst du das eigentlich nicht selbst und hilfst dem Fahrer von Berlinga?“, fragte Orli seinen Fahrer.

Der schwieg. Er wusste, wenn er jetzt keine Hilfe heranholen konnte, dann musste er wohl selbst mit Hand anlegen. Und das, obwohl er im weißen Hemd und Schlips im Auto saß.
„Wir müssen weiterfahren, ich habe einen Termin“, sagte nun Orlis Fahrer.

„Das kommt gar nicht infrage“, antwortete Orli.
„Du machst, was ich dir sage, und wenn ich den Zündschlüssel umdrehe, dann springst du an und fährst los.“
„Warum?“, fragte Orli.
„Weil du das Auto bist, und ich bin der Fahrer!“

Orli antwortete nicht darauf.
„Dann geht eben mein Motor nicht an“, dachte Orli und schaute, was seine Freundin Berlinga machte. Die stand immer noch schief. Berlingas hinterer Reifen war ja platt.

Plötzlich sah Orli ein gelbes Auto, das sich von hinten annäherte. Sein Gesicht hellte sich auf und er rief: „Berlinga, deine Hilfe kommt gleich. Halte durch.“
Berlinga lächelte gequält, denn ihr taten die Hacken, ich meine die hinteren Reifen, weh.