Archiv der Kategorie: UWE MÜLLER ERZÄHLT

Der Autor erzählt über den Alltag – in Form von Essays, Kolumnen, Interviews, Geschichten.

TAGEBUCH IST DER ANFANG FÜR ERNSTHAFTE VERÄNDERUNGEN

Ich lese gern in Ratgeberbüchern, was ich so alles tun kann, um mein Leben zu verbessern, glücklicher und gesünder durch den Alltag zu kommen.

„Fünf Tipps, die dein Leben reicher machen“, steht da zum Beispiel auf dem Cover eines Buches.

Ich kaufe mir oft solche Literatur und berücksichtige auch manche der dort erteilten Ratschläge. Und dann komme ich wieder darauf zurück, dass ich es selbst in der Hand habe, vieles besser zu machen, herauszufinden, was mir als nützlich erscheint.

Du kommst in dem Fall nicht um ein Tagebuch herum, um ein paar schriftliche Gedanken, in denen du selbst, mit eigener Hand deinen Weg zu mehr Freude im Alltag festhältst.
Ich höre schon die Stimmen, die mir entgegenschallen.

„Du kannst leicht reden. Steh mal morgens auf, versorg‘ die Kinder, hetze zur Arbeit und mach‘ abends noch den Haushalt!“
Das stimmt schon. Doch es gibt keinen Weg daran vorbei, etwas aufzuschreiben, wenn man wirklich etwas nachhaltig verändern will.

Was sollte man also tun?
Ich würde ganz klein anfangen. Und wenn es ein Satz ist, den ich am Tag aufschreibe, möglichst in das gleiche Heft.

Ich schreibe inzwischen alles ins iPhone. Das hat nur einen Grund: Ich trage es stets bei mir.

Beim Schreiben wird dir erst einmal bewusst, was du so alles leistest, was du schon geschafft hast, und wo du weiter dranbleiben solltest.

ABENTEUER AUF DEM PARKPLATZ VOR DEM EINKAUSMARKT

Das Handy klingelte. Klara war dran.
„Können wir noch mal zum Einkaufsmarkt fahren, wenn ich ankomme?“

„Können wir“, sagte ich, obwohl ich keinerlei Lust verspürte, noch durch die Gegend zu fahren, nachdem ich Klara vom Bahnhof abgeholt hatte.

„Und kannst du vorher schon Kontoauszüge holen.“
„Hm“, brummte ich.

„Und dann kannst du ja gleich deinen Gesundheitssaft abholen“, sagte sie noch.

„Dann muss ich ja jetzt gleich los.“
„Ja, ist das schlimm?“

Natürlich war es schlimm. Ich war gerade in der Arbeit, plante meine Aufgaben, die ich am nächsten Tag erledigen wollte.

„Nö, nö!“, sagte ich stattdessen laut.
„Ich mach‘ mich auf den Weg“, sagte ich und legte auf.

Ich zwängte mich in meine Jeans. War die Hose eingelaufen? Wozu machte ich eigentlich so viel Sport, wenn dabei nichts herauskam?
Ich musste an einen Nachbarn denken, den ich in der vorigen Woche getroffen hatte und der mich fragte, wie es mir ginge.

„Prima“, sagte ich. „Ich fahre jetzt jeden Morgen ins Fitness-Studio.“
Er musterte mich und blieb an meinem Bauch hängen.

„Der kommt auch noch dran“, sagte ich und haute wie zur Bestätigung auf meinen ‚Vorbau‘, der es mir mit einem stechenden Schmerz dankte.

Der Nachbar schaute mich weiter an.
„Das ist ja toll, dass Sie sich jeden Tag aufraffen“, hätte er vielleicht sagen können.

Oder: „Das hätte ich nicht gedacht, dass Sie das hinkriegen.“
Stattdessen kam: „70 Prozent hängen vom Essen ab und nur 30 Prozent vom Sport“, sagte er, ohne den Blick von meinem Bauch zu lösen, der ja im Laufe des Jahres weg sein würde. Das war jedenfalls der Plan.

„Na bitte, dann passt es ja: Ich esse zu 70 Prozent und lediglich zu 30 Prozent mache ich Sport. Und ich dachte, ich würde schon was falsch machen“, sagte ich und wendete mich gleichzeitig mit einem knappen Gruß von ihm ab.

„Ich meinte es anders“, rief der Nachbar mir hinterher.
„Ich dachte auch, dass Sie was Anderes sagen würden“, entgegnete ich, ohne mich noch einmal zu ihm umzudrehen.

Zurück zur Jeans. Die zwackte genau dort, wo noch Potenzial zum Abnehmen war.
Egal, ich musste los.
Ich sauste zur Sparkasse, und anschließend holte ich meinen Gesundheitssaft.

Klara hielt nicht viel von dem Getränk. Für sie war er zu teuer und außerdem zweifelte sie die Zauberwirkung des Saftes an, die ich ihr stets in den höchsten Tönen präsentierte.

Als ich wieder im Auto saß und mich in Richtung Bahnhof begab, um Klara abzuholen, klingelte bereits das Telefon wieder.

„Wo bist du?“, fragte sie.
„Ich bin hier“, antwortete ich.
„Und wo ist hier?“
„Hier ist in meinem Auto, im Stau, bei Rot an der Ampel“, antwortete ich kurz angebunden.
„Ich bin gleich da“, sagte ich noch.

Als ich bei Klara am Bahnhof ankam und sie ins Auto gestiegen war, fragte sie mich erneut, ob wir fahren noch in den Einkaufsmarkt fahren könnten.

„Wir können nicht reinfahren, nur bis fast vor die Tür“, sagte ich.
Klara ging darauf nicht ein.

„Wollen wir nach Schönwalde?“
„Können wir machen“, antwortete ich. Mir war es egal, wo ich im Auto saß, am Handy herumspielte und darauf wartete, bis Klara wieder herauskam.

Ich ging ungern mit in den Laden. Lieber half ich Klara anschließend, wenn sie mit dem Einkaufswagen wieder herauskam und die Sachen im Kofferraum verstaut werden mussten.

Klara hatte im Werbeprospekt des Einkaufsmarktes eine kleine Uhr entdeckt, die sie Krümel schenken wollte, wenn wir sie am Freitag abholten.

Ich war natürlich dafür, weil ich mich schon auf das Gesicht der Kleinen freute.

Ich stoppte kurz vor dem Einkaufsmarkt, ließ Klara aussteigen, um anschließend einen ruhigen Parkplatz zu suchen. Ich mochte es nicht, wenn direkt neben mir Autos standen, es sei denn, ich hatte keine andere Wahl.

Ich schaute mich um und fand einen passablen Stellplatz, gar nicht so weit weg vom Aldi.

Rechts neben mir, da war die gesamte Reihe an Parkplätzen noch frei, sodass ich keine Sorge hatte, dass sich direkt neben mir jemand mit seinem Auto hinstellen würde.

Ich las meine Notizen durch, die ich noch schnell am Schreibtisch gemacht hatte, um danach schnell weiterarbeiten zu können.
Zwischendurch hob ich den Kopf, weil ich gern die Leute beobachtete, die an mir vorbeikamen.

Ein Vater mit seinem kleinen Sohn kam direkt auf uns zu.
„Papa, ein Wartburg, guck‘ mal“, rief der Knirps.
Ich hatte nichts gegen einen Wartburg. Schließlich war ich ja selbst mal Trabbi gefahren.

„Das ist ein Jeep“, sagte der Vater leise zu seinem Sohn. Ich konnte es trotzdem hören, weil ich das Fenster an meiner Seite heruntergelassen hatte.

„Jeep, Jeep, Jeep“, rief der Kleine nun unentwegt und zeigte mit seinem Zeigefinger auf mich.

Er hörte erst auf, als sie an ihrem Auto angekommen waren und der Vater per Knopfdruck auf seinen Autoschlüssel die Kofferhaube öffnete, die sich elektrisch nach oben bewegte.

„Das kann nun unser nicht“, dachte ich. Aber dafür liebte Krümel unser kleines rotes Auto über alles. Ich vertiefte mich wieder in mein Handy.

Vor mir bremste geräuschvoll ein SUV, die Rückwärtslichter gingen an und er bewegte sich mit dem Heck direkt auf mich zu.
„Der wird ja wohl nicht unmittelbar neben mir auf dem Stellplatz halten. Der Fahrer müsste sich ja aus dem Auto herausquetschen“, dachte ich und blickte in mein Handy.

Der SUV stieß wieder nach vorn. Am Lenkrad saß eine Frau. Sie lenkte ein und bugsierte das Auto direkt neben die rechte Seite des Jeeps. Sie fuhr noch einmal nach vorn. Nicht, um ein wenig weiter von mir wegzufahren, einen größeren Abstand zwischen zu uns bekommen.

Nein. Sie fuhr noch dichter an mich ran.
„Wie will die da rauskommen?“, fragte ich mich. Ich war sauer.

Die junge Frau machte die Tür auf, quetschte sich heraus und drückte mit einer Hand gegen die Fensterscheibe ihrer Fahrertür.
Sie schabte mit ihrer Jacke an meiner Wagenseite lang, sodass ich ein leichtes quietschendes Geräusch vernahm.

Mein Blutdruck schnellte nach oben. Ich schoss förmlich aus dem Auto. Gut, dass Klara das nicht sah, denn wenn sie mit dem Einkaufswagen auftauchte, quälte ich mich wesentlich langsamer aus dem Auto.

„Sie hätten aber ruhig noch ein wenig näher an mein Auto herankommen können“, sagte ich, während ich die rechte Seite auf vermutliche Kratzer überprüfte.

Die junge Frau sagte gar nichts. Sie ging ungerührt in Richtung Einkaufsmarkt.

Ich bebte innerlich vor Wut und hätte es am liebsten rausgeschrien.
Zum Glück besann ich mich auf das, was ich im Neuen Testament erst am Morgen gelesen hatte: „Gott gebe euch viel Barmherzigkeit und Frieden und Liebe!“ (Judas, 1,2)

Ich beruhigte mich also und versuchte Erklärungen für das Handeln der Fahrerin zu finden.

„Sie steht ja auf einem freien Stellplatz eines riesigen Parkplatzes. Auf einem der vielen freien Plätze hier, nur eben sehr eng an meinen geliebten Jeep ‚gekuschelt‘. Aber was ging sie das an? Sie konnte dort stehen, wird sie bei sich gedacht haben.

Vielleicht hatte sie kleine Kinder, die Zuhause auf sie warteten, und sie wollte deshalb möglichst dicht an den Markt heranfahren, um schnell wieder nach dem Einkauf wegzukommen.

Außerdem war sie ja viel schlanker. Ich wäre jedenfalls nicht aus der Tür meines Autos bei diesem geringen Abstand herausgekommen.“
Ich war versöhnt mit ihr, stieg wieder ins Auto und wartete, bis Klara kam.

Sie musste sofort loslachen, als sie sah, wie dicht die andere Frau ihr Auto an unseres herangefahren hatte.
„Was hast du nur an dir, dass sich die Leute stets direkt neben dich stellen?“, fragte sie.

„Und dass in Corona-Zeiten“, sagte ich.
„Schau‘ mal, das ist die Uhr für Krümel“, sagte Klara zu mir.

„Die ist aber niedlich.“
Ich freu‘ mich schon, wenn sie am Freitag die Uhr sieht.“

„Komm‘, lass uns schnell von hier wegfahren“, sagte ich zu Klara und ließ den Motor an und steuerte den Jeep auf freies Gelände mit freier Sicht.

 

 

 

DER FLUCH VOM WOCHENBEGINN

STENOGRAMM FITNESS-STUDIO

Dreiviertel Vier klingelte der Wecker.
„Verdammt!“, fluchte ich und hievte mich ächzend aus dem Bett.
Ich setzte einen starken Kaffee an, um überhaupt munter zu werden, an diesem Montagmorgen.

Kurz vor sechs Uhr, Tiefgarage Fitness-Center.
Ich stieg aus dem Auto aus, setzte die Schutzmaske auf, nahm die Tasche mit den Trainingssachen in die Hand und begab mich zu den Treppen, die hinauf zum Ausgang führten.

Ich schnaufte und keuchte, als ich schließlich aus der Tür des Parkhauses herauskam.

Wenig später hockte ich auf dem Sitz des ersten Trainingsgerätes.
Ich mochte nicht anfangen.

„Du musst heute nur fünf Einheiten schaffen“, dachte ich bei mir. Ich ging mit mir sehr verständnisvoll um, in dieser Situation.

Als ich die fünf Geräte gepackt hatte, da sagte ich zu mir: „Los komm‘, eine Einheit schaffst du noch.“

Ich schaffte alle siebzehn geplanten Stationen, und ich ging im Anschluss aus dem Studio hinaus.

Die Sonne brach gerade durch die Wolken hindurch.
Ich spürte die Sonnenstrahlen im Gesicht und blinzelte mit zugekniffenen Augen in den Himmel.

„Geht doch“, dachte ich bei mir und begab mich auf den Rückweg.

AUDIO-BEITRAG
https://uwemuellererzaehlt.de/2020/09/08/stenogramm-2020-09-09/

 

 

 

DIE PFLANZE AUF DER TERRASSE

Sonntagnachmittag.
Ich sitze im Wohnzimmer, und ich schaue in den Garten.

Ich sehe, wie sich die Pflanzen im Wind hin- und herbewegen.
Es scheint, als würden sie sich ein letztes Mal aufbäumen gegen den Herbst, der unerbittlich näherkommt.

Eine Pflanze direkt vor mir, auf der Terrasse, schaut mich traurig an.
Ich nenne sie den ‚Saufaus‘, weil sie so viel Wasser braucht. Sie wird nur noch wenige Zeit zu leben haben, aber noch will sie nicht aufgeben und ich will ihr helfen, uns noch ein bisschen ihre schönen Blüten zu zeigen.  Also darf ich das Giessen am Abend nicht vergessen.

Ich mag den Herbst, vor allem in seinen Anfängen, wenn es tagsüber nicht mehr so heiß wird.

Und trotzdem brennt manchmal die Sonne noch sehr intensiv, es ist weiterhin alles grün, aber es ist eben ein wenig mehr Ruhe eingekehrt.

Am liebsten bin ich zu dieser Jahreszeit auf Rügen, gehe zum Strand, freue mich, dass es nicht mehr so voll ist.
Aber dieses Jahr wird daraus nichts – die Ketten am Schreibtisch klirren.

Ich schaue wieder zur Pflanze rüber und freue mich an ihr, selbst wenn es nicht mehr lange so sein wird.

Der Sonntagnachmittag ist schön. Klara macht Kaffee.

DU BRAUCHST KEINE ANGST HABEN, OPA

MAL SCHNELL ERZÄHLT (7)

August, Rügen. Wir waren auf dem Weg nach Putbus.
Wir lieben diese Stadt mit ihren klassizistischen Bauwerken und dem wunderschönen Schlosspark.

Das alles wollten wir uns ansehen und vor allem im Park ein wenig mit Krümel und Laura umherlaufen.
Ich war fast auf der Zielgeraden, besser gesagt, im Bereich des Kreisverkehrs in Putbus.

Die Häuser am Rande der Straße blinkten in strahlendem Weiß in die Sonne und davor blühten Rosenstöcke. Das alles sah faszinierend aus und ich war einen Augenblick abgelenkt.

„Wie muss ich jetzt fahren? Geradeaus?“, fragte ich Klara.
„Nein, geradeaus kommen wir wieder in Richtung Prora. Du musst einfach den Kreisverkehr weiterfahren und dich links halten“, sagte Klara zu mir.

Ich nickte und zog das Lenkrad nach links. Ich wollte gleich auf der richtigen Spur sein, wenn ich wieder aus dem Kreisverkehr herauskam.

Hinten saß Krümel und plapperte fröhlich.
Plötzlich kam uns ein LKW entgegen. Er schien riesig, im Vergleich zu unserem kleinen Jeep, in dem wir zu viert saßen.

„Ach du Schande!“, rief ich.
Ich befand mich auf der falschen Seite und lenkte schnell nach rechts herüber.

„Oh Gott, das ist ja noch einmal gut gegangen“, seufzte ich erleichtert.

„Du brauchst keine Angst zu haben“ , erklang da von hinten Krümels tröstende Stimme.

„Wirklich nicht?“, fragte ich.
„Nein, Opa, ich bin da“, sagte Krümel noch. Und Krümel war da für mich.

Einige Wochen später, der Urlaub war vorbei, da fuhren wir aus Berlin raus, um zu uns nach Hause zu kommen. Wir hatten Krümel abgeholt, denn sie sollte bei uns übernachten.

„Du musst aufpassen, Opa“, sagte Krümel zu mir von ihrem hinteren Kindersitz aus.
Neben ihr saß Klara.

„Muss ich wirklich aufpassen?“, fragte ich zurück.
„Ja, Opa, du darfst nicht auf der Erde fahren“, meinte Krümel.

Ich stutzte und überlegte.
„Was meinst?“, fragte ich Krümel, ohne den Blick von der Straße zu lassen.

„Da darfst du nicht fahren, nein“, rief Krümel und zeigte mit ihrem kleinen rechten Zeigefinger auf den Acker neben unserer Straße.

„Warum nicht?“, fragte ich Krümel.

„Jeepi kaputt“, sagte sie.

„Gut, dass du mit im Auto sitzt und aufpasst“, sagte ich zu Krümel.

„Ja, Opa“, antwortete Krümel.

 

DIE BIBEL FÜR SICH NUTZEN – JEDEN TAG EIN BISSCHEN

FASZINATION BIBEL

Ich habe die Bibel als etwas ganz Wertvolles für mich entdeckt. Ich finde dort stärkende, motivierende, heilende Worte, und sie alle bringen mir mehr Lebensqualität für meinen Alltag.
Das ist Grund genug für mich, darin zu blättern, zu lesen, meinen Horizont zu erweitern.

Die Bibel übt eine magische Anziehungskraft auf mich aus.
Das passiert nicht in einem Ruck, sondern viel mehr fast unmerklich für mich, aber merklich für meinen mentalen Zustand im Alltag.
Anfangs habe ich darüber berichtet, wie sehr ich mich zu der ‚Stuttgarter Erklärungsbibel‘ gefreut habe, die mir meine Frau zum Geburtstag geschenkt hat.

Das war eine riesige Überraschung für mich, dieses Buch in den Händen zu halten, die Seiten aufzuschlagen und zu schauen, was mich an spannenden Inhalten und Worten in den nächsten Wochen und Monaten, wahrscheinlich sogar Jahren, erwartet.

In einem anderen Beitrag habe ich darüber nachgedacht, ob die Worte aus der Bibel überhaupt etwas bewirken in mir, etwas auslösen, dass mein Leben zum Positiven verändert.

Es ist zu früh, um hier etwas Eindeutiges zu sagen. Ich glaube aber, dass ich mich jedes Mal erneut den Inhalten nähern muss, sie begreifen, überdenken und auch immer wieder von einer anderen Seite neu denken sollte.

Vor kurzem habe ich zum Bleistift gegriffen und die Titel aller Bücher der Reihe nach abgeschrieben.
Es mag merkwürdig klingen, wenn ich sage: Ich habe die 66 Bücher von den Titeln her mit der Hand notiert.

Aber es ist bei mir so. Ich denke mit der Hand. Und wenn mir etwas besonders wichtig ist, dann mache ich anfangs handschriftliche Notizen.
In diesem Fall ging es um genau 39 Bücher aus dem Alten Testament und 27 aus dem Neuen Testament.

Kenne ich jetzt alle Bücher? Naja, die Frage kann nur rhetorisch angelegt sein.
Natürlich nicht. Und ich glaube, dass ich sie auch nicht mehr alle lesen werde, jedenfalls nicht mehr in diesem Leben.

Als Quelle dient mir in diesem Zusammenhang eben die Stuttgarter Erklärungsbibel. Dort sind die Inhalte der Bibeltexte nicht nur erläutert, sondern auch alle Bücher des Alten und Neuen Testaments enthalten.

Hinzukommen noch die sogenannten Apokryphen.
In der Stuttgarter Erklärungsbibel heißt es dazu: „Luther kennzeichnete die Apokryphen in seiner berühmt gewordenen Formulierung als Bücher, so der Heiligen Schrift nicht gleichgeachtet und doch nützlich und gut zu lesen (sind).“

(Vgl. Stuttgarter Erklärungsbibel, ISBN 978-3-438-01 123 – 7, Neuausgabe mit Apokryphen, © 2005, Deutsche Bibelgesellschaft Stuttgart, Zweite, verbesserte Auflage 2007, 10. 2016, ‚HINWEISE ZUM GEBRAUCH DIESER BIBELAUSGABE, Die Apokryphen.‘)

Erst jetzt, im Alter, beginne ich zu erahnen, über welchen Reichtum die Bibel verfügt.
Auf dem Weg dahin stolpere ich noch über viele kleinere und größere Steine.

Kürzlich habe ich mich damit befasst, wie eigentlich aus der Bibel heraus richtig zitiert wird.
Als erstes nennt man das Buch, dann das Kapitel und anschließend kommen die Versziffern.

Ich habe geschwitzt, bevor ich es herausbekam. Wenn du es weißt, dann scheint es leicht.

Aber alles ist leicht, wenn man es erst einmal weiß.
Ich bin neugierig geworden und beginne in der Bibel zu blättern.
Ich bleibe im Kapitel Schöpfung im Ersten Buch, hängen.
(Vgl. Schöpfung und Urgeschichte, Kapitel 1-11)

Ich lese die ersten Zeilen darin: „Am Anfang schuf Gott Himmel und Erde. Und die Erde war wüst und leer und es war finster auf der Tiefe; und der Geist Gottes schwebte auf dem Wasser. (V.2)
Und Gott sprach: Es werde Licht! Und es ward Licht. (V.3)

Das ist schon ausdrucksstark. Die Bibel hat mich in ihren Bann geschlagen, und zwar unwiderruflich.
Ich freu‘ mich schon, wenn ich sie wieder zur Hand nehme.

LINK ZUR HÖRFASSUNG:

https://uwemuellererzaehlt.de/2020/09/05/faszination-bibel-2020-09-05/

AUDIO: DIE BIBEL FÜR SICH NUTZEN – JEDEN TAG EIN BISSCHEN

FASZINATION BIBEL

Ich habe die Bibel als etwas ganz Wertvolles für mich entdeckt. 
Ich finde dort stärkende, motivierende, heilende Worte, und sie alle bringen mir mehr Lebensqualität für meinen Alltag.
Das ist Grund genug für mich, darin zu blättern, zu lesen, meinen Horizont zu erweitern.

 

 

 

DER ERSTE TAG NACH KNAPP VIER WOCHEN URLAUB

50 KILO ABNEHMEN-2020.09.01

STENOGRAMM FITNESS-STUDIO

Gestern habe ich mich noch morgens gedrückt und bin nicht mit nach Berlin reingefahren.

Aber heute hatte ich keine Ausreden mehr. Es war anstrengend, und ich musste in den Gewichten heruntergehen, zum Beispiel am ‚Überzieher‘ von 45 kg auf 35 kg.

Von Station zu Station habe ich mir gut zugeredet: ‚Komm, du hast doch nur noch 16 Einheiten vor dir. Und guck‘ mal, da an der Trizepsmaschine, da sitzt jemand, die Station kannst du auslassen. Kannst du ja nix dafür.‘

Ich habe die einzelnen Geräte im Erinnerungstool des Handys aufgeschrieben. Der schönste Moment ist, wenn ich auf den Button ‚erledigt‘ tippen kann.

‚Also aufs Laufband, da brauchst du heute nicht‘, habe ich selbst zu mir gesagt.

Warum eigentlich nicht? Nur so, und: weil es der erste Tag nach dem Urlaub ist.

Der schönste Moment war, als ich wieder aus dem Studio herauskam, die Sonne schien und ich zur Tiefgarage ging.
‚Ein schöner Tag. Gut, dass du ihn so begonnen hast‘, dachte ich noch bei mir und klopfte mir innerlich auf die Schulter.

Mir fiel Krümel ein, die am Wochenende zu mir sagte: „Opa, ich ‚pomme‘ gleich zu dir, ich will nur noch das (Schoko) Ei essen.“
Ach, da geht mir doch das Herz auf, und den wichtigsten Teil am Tag habe ich auch schon geschafft. Jetzt muss‘ ich nur noch ein paar Kunden anrufen. Kriegen wir hin.

OMA MARTHA HAT HEUTE GEBURTSTAG


OMA MARTHA

WAS DIR WICHTIG IST, DAS ZÄHLT

Heute Morgen habe ich Geburtstagsglückwünsche an eine gute Freundin verschickt. Sie wird 80 Jahre alt.

‚Das gibt’s doch nicht, wie die Zeit vergeht‘, habe ich gedacht, als ich die Zeilen geschrieben habe.

Dann fiel mir meine Oma ein. Sie hat heute auch Geburtstag – geboren am 26. August 1906 in Schwerin.

Sie ist schon lange tot. Und trotzdem: Ich denke noch oft an sie.
Wenn mich jemand fragt, an wen ich denke, wenn ich einen Menschen nennen soll, der wirklich von Herzen gut war, dann fällt mir sofort Oma Martha ein.

Sie lebte in Schwerin und wir Kinder damals auch.
Wir konnten uns nicht vorstellen, außerhalb von Schwerin zu leben.
Und es kam uns schon gar nicht in den Sinn, dass wir eines Tages ohne Oma Martha sein sollten.

Sie brachte uns morgens Streuselschnecken mit, die in einer Papiertüte verstaut waren, am oberen Ende eingerollt, sodass wir stets mit viel Neugier die Tüte aufmachten – jeden Tag aufs Neue.
Oma Martha ließ uns alles durchgehen, so ziemlich alles.

Wenn wir auf dem Hof spielten, um die Teppichstange rasten und ich mit dem Roller dagegen prallte, mir eine Beule an der Stirn holte, dann lief ich schreiend und heulend zu meiner Oma.

Die holte ein Messer aus der Schublade, hielt es mir an die Stirn und sagte: „Geheilt, nu ga wedder nach buten‘!“ Und ich ging wieder nach draußen, tobte weiter mit den anderen.

Ich könnte noch viele Geschichten von Oma Martha erzählen, davon, dass ich sie nie vergessen werde, solange ich lebe.
Später habe ich die Oma meiner Frau kennengelernt. Wir verstanden uns sofort. Sie mochte mich und ich mochte sie.
Sie ist ebenfalls schon lange tot.

Heute sprechen meine Frau und ich manchmal von Oma Martha und von ihrer Oma. Und manchmal von beiden gleichzeitig.

Das hat nur einen Grund: Beide waren einzigartige Persönlichkeiten – bescheiden, lebten und arbeiteten für die Familie und hatten einfach einen umwerfenden Humor, und sie konnten beide ‚Platt‘.

Aber das alles Entscheidende war: Sie waren herzensgute Menschen, die zuerst an uns dachten und danach an sich.

Morgen holen wir Krümel ab – sie soll bei uns übernachten.
Als ich es ihr gestern mitteilte, da sagte sie spontan: „Opa, kommst du gleich?“

Was willst du mehr von dieser Welt?
Wir denken an Oma Martha, an Oma meiner Frau und wir geben unsere Erinnerungen weiter, indem wir uns an manche Tugend von ihnen erinnern und vor allem, indem wir mit Krümel Spaß haben.

DURCHHALTEN

MAL SCHNELL ERZÄHLT
Erster Arbeitstag: Der Schreck fährt dir doppelt in die Glieder - Montag und dann noch Urlaubsende.

Ich kann nur an ein Wort denken: grauenvoll.

Klara hat noch eine Woche Urlaub. Aber ich darf nicht mehr warten, weil ich Aufträge fertigstellen muss, die schon vor Urlaubsbeginn fällig waren.

Ich klicke im Blog umher, schaue die Dateien durch, ziehe lustlos ein Blatt Papier aus der Schublade.

Ich kritzle‘ mit dem Bleistift darauf rum.
„Warum wird das ein gigantischer Tag für mich?“, steht jetzt in der ersten Zeile.

Ich knülle das Blatt zusammen und schmeiße es in den Papierkorb.
Motivationssprüche verfangen bei mir heute nicht.

Ich denke an Krümel, die heute wieder das erste Mal in die Kita muss.
Wie wird es ihr wohl ergehen?

„Ihre Kindergärtnerin muss sie wohl in der Erziehung auf ‚Werkseinstellungen‘ zurückbeamen“, hat Laura noch gescherzt, weil wir Krümel im Urlaub zu sehr verwöhnt haben.

Also Krümel, du schaffst das heute am ersten Tag in der Kita und ich schaffe es auch, an meinem Schreibtisch.

DER BLICK NACH DRAUSSEN IST SCHÖN – DER NACH INNEN IST WICHTIGER

WAS DIR WICHTIG IST, DAS ZÄHLT

Es ist 07.00 Uhr und ich sitze schon wieder auf der Veranda der Ferienwohnung, lasse den Blick über die Dächer von Altsassnitz schweifen und schaue auf das Meer.

Ein phantastischer Anblick. Es ist das letzte Mal, dass ich hier so sitze, bevor wir in wenigen Stunden von hier abreisen.

Und wenn dieser Beitrag am Freitag erscheint, dann sitze ich längst wieder an meinem Schreibtisch.

Ich könnte deshalb traurig sein, aber bin ich nicht.

Alles hat mal sein Ende. Das muss man einfach akzeptieren. Und wirklich glücklich bin ich nur dann, wenn ich auch arbeiten kann, meiner kreativen Tätigkeit nachgehe.

Würde ich das lieber tun, mit diesem Blick auf das Wasser?

Na klar!

Aber noch schöner ist zum Beispiel, dass ich in Berlin bald wieder Krümel sehen kann.

Wir haben gestern Abend noch gegrillt. Und ich habe ein kleines Video an Laura geschickt. Die hat dann über WhatsApp einen Audio-Beitrag geschickt. Darauf ist zu hören, wie Laura alle begrüßt.

Krümel spricht das nach. Sie hält bis zum dritten Namen durch.

Dann sagt sie kurzerhand: „Mama, ich will auch was essen!“

Das vermisse ich noch mehr, als vielleicht den Blick auf das Wasser.

Die Arbeit, die Familie – sie sind und bleiben die stärksten Anker.

Und das macht mich wirklich glücklich.

WAS VOM URLAUB BLEIBT

WAS DIR WICHTIG IST, DAS ZÄHLT

Der Alltag streckt schnell wieder seine Klauen nach dir aus und drückt fest zu, wenn er dich hat.

Ich denke zurück an den letzten Tag am Strand.

Der Blick auf die Ostsee, auf das blaue Meer bringt dir innere Gelassenheit. Das Rauschen der Wellen lässt dich zur Ruhe kommen und obwohl du Stimmengewirr um dich herum wahrnimmst, kannst du dabei einschlafen.

Wie kann ich diese Erinnerungen speichern und sie am Tag wieder hervorholen, wenn ich mal wieder so gar keine Lust auf Arbeit habe?

Ich setze mich in meinen Lieblingssessel, schließe die Augen und stellen mir vor, wie die Wellen rauschen.

Wenn ich beim Nordic Walking bin, dann nehme ich das Rauschen der Kiefern wahr.

Das könnte ein Ersatz sein für das Wellenrauschen .  Ich werde das ausprobieren.

Den Blick auf das Meer kann ich nicht nach Hause holen – den inneren Blick darauf aber schon.

Ich denke, wenn ich für ein paar Augenblicke, möglicherweise für nur ein paar Sekunden, diese inneren Bilder ins Gedächtnis rufe, dann hat sich der Urlaub noch mehr gelohnt und ich habe ihn sogar ein wenig mit in den Alltag geholt.

 

 

ANNA TANZT

ANNA IST FÜR EINEN MOMENT GLÜCKLICH

Anna hat ihre Lieblingsbluse aus dem Schrank geholt und sie übergestreift. „Kann ich so gehen?“, fragt sie Klara, die ihr beim Anziehen behilflich ist.

Es klingelt in der Zwischenzeit an der Tür. Anna öffnet sie. Es ist die Pflegedienstmitarbeiterin, die jeden Abend kommt, um Anna die Spritzen zu verabreichen.

„Oh, Sie sehen aber schick aus!“, sagt die Schwester.

„Ach, wir wollen zum Grillen“, antwortet Anna.

„Na, das ist doch wunderbar!“, entgegnet die Schwester und macht sich daran, die Spritzen aus dem Kasten zu holen.

Als alles fertig ist, machen sich Anna, Klara und Peter auf den Weg.

„Ich komme hier nicht rein“, sagt Anna, als sie hinten in den Jeep einsteigen soll.

„Mutti, da ist doch so viel Platz“, sagt Klara leicht genervt. Sie hat schon den ganzen  Tag mit ihrer Mutter verbracht und war irgendwie am Ende – seelisch und körperlich.

„Wir fahren doch nur ein  Stück in Richtung des Stralsunder Hafens“,  mischt sich nun Peter ein.

„In den Stralsunder Hafen, was wollen wir denn da?“

„Mutti, wir wollen doch gemeinsam mit Lukas grillen und ein bisschen zusammensitzen“, sagt Klara.

„Ich versteh‘ das alles nicht. Und warum muss ich da mit?“

„Da sind Laura und Krümel, Lukas, und noch ein paar Freunde“, sagt Peter.

„Freunde? Was  für Freunde? Da will ich nicht hin!“

Annas Stimme klang immer gereizter.

Schließlich steigt sie doch ins Auto.

Als sie am Haus von Lukas ankommen, ertönt laute Musik. Schlager aus den fünfziger und sechziger Jahren.

Krümel und Lukas drehen sich aus Spaß zu der Melodie im Kreis.

Anna schmeißt ihre Tasche auf den Stuhl und fängt mit an zu tanzen.

Ihre Gesichtszüge verlieren den gereizten und gespannten Ausdruck und um  ihre Lippen ist ein kleines Lächeln zu sehen.

„Na, ist es schön hier?“, fragt Peter sie.

„Ach Peter, das weißt du doch: Mit euch macht es mir immer Spaß.“

Anna bewegt sich weiter zu der Melodie „Seemann, deine Heimat…“

Peter schaut zu Lukas und sie müssen beide schmunzeln.

 

TSCHÜSS OSTSEE

MAL SCHNELL ERZÄHLT

Heute ist Abreise. Ein tränendes Auge und ein lachendes, das aber vom Sonnenbrand brennt, wenn die Tränen herunterlaufen.

So ein Wetter! Du glaubst ja gar nicht, dass du in Sassnitz warst und am Strand von Prora. Also mit Mallorca konnten wir dicke mithalten.

Mach’s gut, Heimat, wir werden dich vermissen und deshalb kommen wir im Oktober schon wieder, mit Krümel.

Sie hat die Stadt ebenfalls in ihr Herz geschlossen.

WIRKEN DIE BIBELWORTE?

FASZINATION BIBEL
OB DIE BIBELWORTE WOHL ETWAS BEI MIR BEWIRKEN KÖNNEN?

Ich sitze wieder einmal auf der Veranda unseres Feriendomizils. Ich habe die Füsse ausgestreckt und die Sonnenstrahlen wärmen meine Zehen. Wenn du das Wasser beobachtest, dann überkommt dich eine leichte Müdigkeit und  du fängst gleichzeitig an, dir Gedanken über dein Leben zu machen.

Das klingt theatralisch, soll es gar nicht. Aber im Urlaubsalltag denkst du anders, unbeschwerter, leichter und auch tiefgründiger.

Und nur deshalb komme ich auf die Bibel zu sprechen. War das eine Laune, sich noch einmal dieses riesige Werk reinziehen zu wollen?

Nein, eigentlich nicht. Es war schon eine sehr bewusste Entscheidung, sich mit den Bibelworten zu befassen.

Aber was werden  sie mir tatsächlich bringen? Strahlen sie so auf mich aus, dass ich sogar eine heilende Wirkung verspüre?

Ich bin da skeptisch. Ich weiß nur, dass mich die Sätze ansprechen – so wie sie formuliert sind, das ist schon klasse.

Diejenigen, die sich bereits mehr mit der Bibel beschäftigt haben, die raten mir alle das gleiche: „Lass die Worte auf dich wirken.“

Also werde ich das tun, ohne groß darüber nachzudenken, ob ich nun als Gläubiger mehr hätte damit anfangen können, als so jemand, der eben erst jetzt bewusst auf das Bibelwort trifft.

Ich bin gespannt und darauf freue ich  mich auch, wenn ich aus dem Urlaub zurück bin – die Bibel aufzuschlagen und weiter in das unbekannte Abenteuer vorzustoßen.

Aber jetzt, ja da beobachte ich die beiden Segelboote auf dem Wasser, wie sie in der Ferne dahingleiten und ich mich einfach freue, dass ich von der Veranda aus das Meer sehen kann.

Irgendwo in der Bibel steht das bestimmt auch, dass ich mich fallen sollte, mich auf den Moment einlassen kann, ohne es zu bereuen.

Wenn nicht, dann wäre ich schon enttäuscht. Aber ich bin mir sicher, dass es irgendwo in einer der vielen Bücher,  die zur Bibel gehören, steht.

Ich freue mich darauf, diese Sätze oder besser diese Botschaft zu  entdecken.

 

 

 

KRÜMEL REIST AB

MAL SCHNELL ERZÄHLT

In einer Stunde reist Krümel mit ihrer Mama wieder aus dem Urlaubsort ab. Wir wissen noch gar nicht, wie wir den Abschied am Bahnhof überstehen sollen.

Aber das Leben geht weiter – für Krümel, Laura und auch für uns.

Wir werden erst einmal danach einkaufen fahren, einfach etwas tun, was uns ablenkt. Später gehen wir  vielleicht an den Strand.

Aber da werden wir sofort sehnsüchtig an Krümel denken, wie sie quietschend vor Lebensfreude gestern mit uns durch die Wellen gesprungen ist, wie sie uns mitgezogen hat, mit ihrer Energie.

Das schönste an den Kleinen ist, dass sie noch unverstellt reagieren. Sie freuen sich unvermittelt und sie sind auch sauer, wenn es nicht nach ihrem Kopf geht, und: Sie zeigen es auch sofort.

Gestern zum Beispiel, da hatte Krümels Mama ihr verboten, auf die heiße Herdplatte zu fassen.

Krümel kam zu mir und sagte: „Mama hat mich geärgert.“

Ich habe sie auf den Arm genommen, sie getröstet und ihr an einem Holzbrett gezeigt, warum sie es nicht anfassen sollte.

„Das ist jetzt die Herdplatte, und die ist sehr heiß“, sagte ich zu ihr, während ich die Hand auf das Holz legte und sie gleich wieder wegzog, um ihr zu zeigen, wie heiß die vermeintliche Platte sei.

Krümel sah sich das Ganze an und legte kurz entschlossen ebenfalls ihre Hand auf die ‚Herdplatte‘.

Ihr Blick danach schien zu sagen: „Geht doch. Ich weiß nicht, was ihr alle habt.“

Du wirst uns fehlen, Krümel. Aber wir sehen dich bald in Berlin wieder und dann gehen wir in den Tierpark und du zeigst mir,  wer deine Eisbärmama ist.

ICH HATTE KEINEN BESUCH

In Stralsund gewannen die Sonnenstrahlen immer mehr an Kraft und auf dem Wasser glitzerten die Wellen, die sich gemächlich in Richtung Altefähr bewegten. Auf dem Sund waren kleinere Segelschiffe zu sehen.

Peter kamen die Erinnerungen hoch, als er hier noch mit Klara gewohnt hatte. Sie waren nach der Wende dort hingezogen, hatten eine sehr schöne Wohnung, unmittelbar am Wasser gelegen und fühlten sich ausgesprochen wohl in der Stadt, die ja auch Klaras Heimat war. Klara wollte darauf keinen Gedanken verschwenden, denn sie dachte nun an ihre Mutter, die sie alle gleich besuchen wollten.

Wie würde es Anna wohl gehen, wie sah die Wohnung aus und was würde sie sagen, wenn sie alle zur Tür hereinkämen – Peter, Klara, Laura und Krümel?

Als Laura auf den Klingelknopf drückte, rührte sich zunächst gar nichts. Es war gerade mal 09.00 Uhr und Klara wollte ihrer Mutter einen Besuch abstatten, bevor sie alle an den Strand nach Prora auf Rügen fuhren.

„Ja?“, erklang jetzt eine verschlafene Stimme und gleichzeitig ertönte der Summer, damit sich die Tür öffnete.

Krümel stürmte als erste die Treppe hoch, brabbelte fröhlich und hinter ihr ging Laura, ihre Mama.

„Wo kommt ihr denn jetzt her?“, erklang es aus Annas Mund.

Leicht erstaunt und ein bisschen freudig hörte sich das von ihr an.

Krümel hielt sich nicht lange auf und stürmte in die Wohnung, um sie  für sich zu erobern.

„Ach, das ist ja eine Überraschung!“, sagte Anna jetzt zu Peter, als der schnaufend die oberste Treppenstufe zur Wohnungstür genommen hatte.

„Wir kommen direkt von Berlin“, sagte Klara, obwohl sie schon einen Tag in Stralsund waren.

Anna schaute Klara an.

„Und wieso weiß ich nichts davon, dass ihr kommen wolltet“, fragte Anna nun.

„Weil wir dich nur verwirrt hätten, Mutti“, antwortete Klara trocken.

Annas Lippen wurden schmal. „Ach, weil ich verwirrt bin!“, presste sie beleidigt hervor.

„Nein, du bist nicht verwirrt. Nur ein bisschen vergesslich“, griff Peter in das Gespräch ein.

Anna nickte und schwieg.

Krümel ließ ihr keine Zeit zu überlegen. Sie lachte sie an und sagte: „Oma Lilo,  ich bin Krümel.“

Jetzt musste auch Anna schmunzeln. Was Peter und Klara kaum noch gelang, das schaffte Krümel, nämlich ihr ein befreiendes Lachen abzuringen.

„Wo kommt ihr denn jetzt her?“, fragte Anna erneut.

„Von Berlin!“, sagte Klara wieder knapp.

„Kommt ihr von Polchow?“, fragte Anna erneut.

Polchow war bei Anna der Ort, an dem Klara und Peter über viele Jahre einen Bungalow hatten. Das war lange her, aber Anna hatte es tief in ihrem Gedächtnis abgespeichert.

„Nein, wir kommen nicht von Polchow. Den Bungalow in Polchow haben wir aufgegeben“, sagte Peter.

„Ach wie schade“, antwortete Anna enttäuscht.

Mit der Zeit lebte Anna immer mehr auf. Sie freute sich an Krümel, die sie anlachte und die gute Laune in ihrer Wohnung verbreitete.

Anna bekam das Gefühl, selbst wieder zu leben und bei etwas dabei zu sein.

Später verabschiedeten sie sich alle von Anna.

In der Küche hing eine Tafel. Peter schrieb dort mit Kreide und in großen  Buchstaben drauf: „Wir sind im Hotel ‚Baltic‘ – Klara, Peter, Laura und Krümel.“

Als sie die Treppen hinuntergingen, da war allen schwer ums Herz. Keiner mochte reden. Nur Krümel plapperte  fröhlich vor sich her.

Nachmittags war Lukas bei Anna.

„Na, hast du dich denn über den Besuch gefreut?“, fragte er.

„Über welchen Besuch?“, fragte Anna.

„Na guck doch mal hier auf die Tafel. Dort steht, dass Peter, Klara, Laura und Krümel hier sind und im Hotel ‚Baltic‘ wohnen.“

„Wieso sind die hier und warum wohnen sie im Hotel. Ich verstehe das alles nicht.“

Lukas seufzte, legte ihr die Zeitung hin, die er aus dem Briefkasten genommen hatte, brachte den Mülleimer runter und als er  davon wieder hochkam, da verabschiedete er sich von Anna.

Es war ein Abschied auf Raten, bei dem Lukas dachte, wie lange es wohl noch so gehen konnte. Und das hatten auch Klara, Peter und Laura gedacht, als sie die Treppen am Vormittag hinuntergestiegen waren.

VOM WILLEN, DAS GUTE ZU SEHEN

MAL SCHNELL ERZÄHLT
Vom Willen, sich morgens über den Beginn des Tages zu freuen.

Es ist noch ruhig. Nur das Rauschen des Meeres dringt herüber, bis zu der Terrasse, auf die ich mich schon jetzt gesetzt habe.

Obwohl es erst 6 Uhr morgens ist. Ich kann nicht mehr schlafen und freue mich deshalb, dass ich den Tag erwachen sehe.

Das klingt poetisch. „Der kann gut schwadronieren, ich muss zur Arbeit hetzen“, wird manch einer sagen, der diese Zeilen irgendwann liest.

Es stimmt natürlich: Stehst du am Alltag auf, dann kämpfst du mit dir,  dich wieder hinzulegen.

Klingelt bei mir alltags um 4 Uhr der Wecker, dann sage ich nur: „Ach du Scheiße!“

Sorry, aber das ist es, was ich sage. Da ist nichts Romantisches, Verklärtes dabei.

Jetzt im Urlaub, da habe ich mehr Muße darüber nachzudenken, ob man den Tag nicht mit mehr Freude beginnen kann.

Die Sonne beginnt durch die Verandaglasscheiben hindurch zu scheinen und auf den Wellen glitzern die ersten Strahlen.

Der Tag wirkt frisch, obwohl sich abzeichnet, dass es wieder heiß wird um die Mittagszeit.

Warum können wir uns eigentlich morgens nicht mehr so freuen, wie zum Beispiel Krümel, die uns anlacht, wenn sie munter wird?

Ist es, weil uns sofort einfällt, was alles an diesem Tag an Unangenehmen auf uns zukommt, was wir alles zu erledigen haben?

Wahrscheinlich ist es das.

Aber können wir den Tag nicht trotzdem positiv beginnen, obwohl wir manchmal nicht mehr diese echte Lebensfreude spüren, die ein kleines Kind ausstrahlt, wenn es fröhlich in den Tag geht und losplappert?

Loszulassen, entspannter zu sein, dazu gehört Energie, Kraft, der wirkliche Wille, es auch zu tun.

Wir sollten diese Energie aufbringen, weil wir nur dadurch dem Stress von Innen heraus begegnen können, der ohnehin auf uns am Tag gnadenlos zusteuert.

LUST AUF DAS HABEN, WAS VOR DIR IST

MAL SCHNELL ERZÄHLT

Mir ist es mehr als ein halbes Leben so gegangen, dass ich nie mit dem zufrieden war, was ich gerade erreicht hatte.

Ich war Marine-Leutnant, Schiffsmaschinenoffizier und wollte weiter. Ich wurde Hochschullehrer und strebte danach, zu promovieren. Ich hatte das erreicht und befand mich inmitten der Wende.

Es ging wieder von vorn los – Lehrer in einer Umschuleinrichtung, Immobilienmanager in einem Essener Wohnungsbauunternehmen, Bereichsleiter in einem international agierenden Konzern.

Stets ausser Atem, nie zufrieden, ständig auf der Suche nach der Erfüllung.

Die wirklichken Erkenntnisse darüber, was mir etwas im Leben bedeutete, die kamen ausgerechnet dann, als es mir schlecht ging – finanziell, auf der Suche nach einer neuen Arbeit, einer neuen Herausforderung.

Es hat Jahre gedauert, bis ich wieder aus dem Loch ‚herausgekrabbelt‘ bin, und ich hatte tatsächlich nur einen wirklichen Freund, der mir immer zur Seite stand – Klara, meine Frau.

Es war auch die Zeit, in der ich erkannte, dass ich selbst mein bester Freund, mein bester Ratgeber sein muss.

Warum?

Weil mich keiner so kennt, wie ich mich selbst kenne. Das ist eine banale Erkenntnis. Sie ist aber enorm wichtig. Das jedenfalls sagt mir meine Lebenserfahrung heute.

Jeder, der dir von aussen einen Ratschlag gibt, der kennt nie ganz deine inneren Sehnsüchte, deine seelischen  Leiden oder deine Träume, von denen du vielleicht noch einige verwirklichen willst.

Ich schreibe das hier, weil ich gerade auf das Meer schaue, den Wind spüre. Die Wellen, die sich gleichmäßig vor sich hinbewegen, sie werden das auch noch tun, wenn wir alle schon nicht mehr da sind. Sie werden auf den Strand prallen, ihre Kronen werden schäumen und sie werden sich wieder zurückziehen.

Irgendwie bringt mich dieser Gedanke dazu, mich zurückzunehmen, nicht zu glauben, dass sich alles um mich dreht, meine Leiden die größten sind, meine Freuden kein anderer erlebt.

„Bullshit“ würde gleich meine innere Stimme rufen.

Vielleicht.

Aber das Ganze führt mich zu einem anderen Gedanken, nämlich:

Sich zurückzunehmen, sich nicht so wichtig nehmen im Alltag, das Glück in dem finden, was gerade vor dir ist.

Das muss man annehmen, man muss es wollen, dann kann man damit glücklich sein, im Moment jedenfalls.

DER ERSTE TAG AM MEER

Glück braucht nicht viel
MAL SCHNELL ERZÄHLT

Während ich hier schreibe, sitze ich auf der Veranda unserer Ferienwohnung und schaue über die Dächer der Altstadt von Sassnitz hinweg  – direkt aufs Meer.

Es ist stürmisch auf dem Wasser, denn die Schiffe, die vorbeituckern, die tauchen immer wieder mit dem Bug ins Wasser und kommen erst nach ein paar Sekunden wieder hoch.

Auf den Wellen sind weisse Schaumkronen zu sehen und es weht ein frischer Wind bis hierher,  auf unsere Terrasse.

Heute Vormittag waren wir am Strand. Krümel hat sich frei gefühlt, sie ist hin – und hergelaufen, hat gekreischt vor Freude, ist ins Wasser gestürmt und gleich wieder raus.

Wir konnten nicht weit reingehen, denn die Wellen brachen über uns wie Ungetüme herein.

Es roch gut, das Wasser war warm, und wir waren glücklich. Was braucht man weiter?

Wir brauchen gar nichts weiter. Krümel hat mir anschließend Sand ins Gesicht gestreut und gerufen: „Opa, alles gut!“

Naja, wenn sie es sagt.

DIE REISE IN DIE BIBELWELT BEGINNT

FASZINATION BIBEL
DAS ERSTE KONSPEKT ZUR STUTTGARTER ERKLÄRUNGSBIBEL

Gestern war mein erster Urlaubstag und ich habe ihn damit begonnen, dass ich mich in die Bibel vertieft habe; besser in die ‚Stuttgarter Erklärungsbibel‘, die Luthers Bibelübersetzungen und Erläuterungen dazu enthält.

Es wird wohl mein letztes großes Projekt sein, dass ich auf diesem Erdball beginne, besser auf meiner kleinen Scholle, auf der ich mich befinde. Ich will mich geistig nicht einengen, nicht abhängig sein von irgendwelchen Glaubenssätzen.

Und genau deshalb glaube ich daran, dass ich die Bibel lesen muss. Werde ich dadurch gläubig? Wohl kaum. Kann ich danach an Gott glauben? Wohl kaum. Kann ich glauben, dass Gott in mir ist. Naja, schon eher. Ich weiß nicht, wohin mich die Reise führen wird, aber ich finde sie enorm spannend.

Ich werde es ohne Hilfe nicht schaffen. Mein schönstes Geburtstagsgeschenk in der vergangenen Woche war die ‚Stuttgarter Erklärungsbibel‘. Sie soll mir helfen, die oft schwierigen Zusammenhänge zu verstehen, damit ich so nah wie möglich an das Bibelwort herankomme.

Ich schreibe mit Tinte und Papier, besser, ich konspektiere mit der Hand, wenn es schwierig wird. Ich weiß noch, wie ich das ‚Kapital‘ studiert habe. Die meisten, die darüber reden, haben es nie gelesen. Auch im Osten nicht.

Ich habe mich da durch die vier Bände gequält. Ich weiß als, welches Werk da geschaffen hat, und wo er geirrt hat. Das ist etwas ganz anderes, als nur aus irgendeiner ideologischen Ecke seinen ‚Senf‘ dazuzugeben, ohne wirklich zu wissen, worüber man spricht.

Ich will das Wort der Bibel auf mich wirken lassen und sehen, was ich damit anfangen kann. Später kann ich es immer noch einordnen, ablehnen oder endgültig für mich zu lassen.

Klar, ich werde es nicht schaffen, alles zu verstehen, die geschichtlichen Zusammenhänge begreifen, die vor über 1000 Jahren aufgeschrieben wurden. Aber ehrlich, das macht es doch so interessant.

 

ALDELHEID ALDINGER – EIN AUSSERGEWÖHNLICHER MENSCH

ADELHEID ALDINGER FEIERT HEUTE IHREN 60. GEBURTSTAG - EIN BESONDERER TAG FÜR EINEN BESONDEREN MENSCHEN

Ich bin Adeldheid Aldinger vor sechs Jahren begegnet. Da war ich auf der Suche nach einer guten Geschichte für ein Stadtmagazin in Altlandsberg. Und die fand, als ich mich nämlich mit Lutz Wagner und Adelheid Aldinger traf, beide sehr engagiert für den Verein „Helfen hilft e.V.“ in Altlandsberg.

Der Verein kümmert sich um Bedürftige, die auf Lebensmittel, Obst, Gemüse oder Kleidung angewiesen sind. Ich habe damals schon gestaunt, mit wie viel Herzblut sich die beiden für Menschen engagieren, die nicht gerade auf der Sonnenseite des Lebens stehen.

Später habe ich Adelheid noch einmal getroffen, als sie eine Frauentagsfeier ausrichtete und ich ein paar kleinere Geschichten vorgelesen habe. Adelheid hatte keine leichte Kindheit, und sie hat es trotzdem geschafft, ihre schlechten Erfahrungen zu verarbeiten und positiv in die Welt zu schauen.

Adelheid ist ein kluger Mensch, und sie tut vor allem eines: Sie denkt mit dem Herzen. Im April 2018 erhielt sie die Medaille des Brandenburger Landtages „…zur Anerkennung von Verdiensten für das Gemeinwesen.“

Die hat sie sich hart erarbeitet und verdient, im Team mit denen, die sie täglich unterstützen. Ich schreibe schon eine Weile über Menschen im Alltag, über diejenigen, die nicht viel Aufhebens machen, um ihre Person, die einfach helfen.

Das fasziniert mich an ihr. Sie hat eine große Familie, verschenkt Liebe, erteilt Ratschläge, wenn sie gefragt wird und kann herzlich lachen über die Dinge des Alltags.

Sie liest meine Beiträge fast täglich, und ehrlich: Das erfüllt mich mit Stolz. Herzlichen Glückwunsch, liebe Adelheid zu deinem 60. Geburtstag, auch wenn du zwanzig Jahre jünger wirkst.

Mach‘ einfach so weiter, und hoffentlich noch lange, bleib‘ stark. Deine Freunde mögen dich, deine Familie liebt dich und ich ziehe meinen Hut vor dir.

Herzlichen Glückwunsch, liebe Adelheid zu deinem 60. Geburtstag!
Uwe

DIE KLEINEN ALLTAGSDINGE WAHRNEHMEN

WAS DIR WICHTIG IST, DAS ZÄHLT

Nimm‘ die kleinen Alltagsdinge wahr, und selbst wenn du dich dabei anstrengen musst: finde heraus, warum sie schön sind.

Ich bin heute ganz früh aufgestanden, nicht ganz so früh, als wenn wir nach Berlin reinfahren würden. Es ist ja unser erster Urlaubstag, und es ist schön, zumindest das Gefühl zu haben, man könne ausschlafen. Jetzt kommt der andere Stress, die Vorbereitungen vor der Abfahrt an die Ostsee.

Also habe ich schon mal im Garten die Sonnenschirme aufgemacht, Tische und Stühle abgewischt, damit wir vor dem ganzen Packen in Ruhe im Garten frühstücken können.

Ich habe die Pflanzen gegossen, weil sie sich jetzt noch gut mit Wasser vollsaugen können und die Tropfen nicht schon an der Oberfläche verdampfen.

Wenn du morgens so stehst, den Schlauch an die Wurzel einer Pflanze vor dir hältst, du hörst, wie die Vögel im Vorbeifliegen mit den Flügeln heftig schlagen, dann wirst du zum Philosophen. Und du fragst dich, was für dich eigentlich wichtig ist im Leben? PR-Texte schreiben und Anzeigen verkaufen?

Ist wichtig. Noch mehr Geld verdienen? Ja, ich würde lügen, würde ich so einen Gedanken bestreiten.

Aber was ist für dich wirklich das, was dich von innen her antreibt? Na ja, das hier: die morgendliche Stille geniessen, das Gras riechen, den Blumenduft einsaugen, spüren, wie du den Pflanzen was Gutes tust, wenn du sie wässerst – eben diese ganzen Kleinigkeiten, die scheinbar ganz unwichtigen Dinge im Weltgetriebe.

Mehr nicht? Schon, du kannst noch eine Menge mehr aufzählen.

Doch jetzt ist es eigentlich das, der Moment, in dem du lebst. Banal? Ja, das macht es ja so schwierig, es als etwas ganz Wertvolles anzusehen.

Also wichtig, es sich vor Augen zu führen?
Unbedingt!

FITNESS-STUDIO – IM ALLTAG MACHT MICH DAS SCHON GLÜCKLICH

67 Jahre bin ich ohne Fitness-Studio ausgekommen. Aber heute, an meinem 68. Geburtstag, da bin ich nun schon über ein Jahr im JR-Studio im Prenzlauer Berg, trainiere täglich, meist ganz früh, wenn noch nicht so viel los ist.

Auch heute Morgen war ich da, allerdings nicht lange, ich hatte noch zu viel zu tun, so kurz vor meinem Urlaub.
Es war mir wichtig, meinen Geburtstag genauso zu beginnen, wie ich es jeden Tag tue, nämlich mit dem Muskeltraining an der Bizepsmaschine.

Wenn ich daran zurückdenke, wie ich angefangen habe, es muss im Juli vergangenen Jahres gewesen sein, dann bin ich doch ein bisschen stolz auf mich, dass ich durchgehalten habe.

Nur mit dem Abnehmen, da hapert es noch. 11 kg sind zwar runter, aber ich wiege immer noch zu viel, viel zu viel. Ich sehe, dass ich an dieser Ecke noch viel Energie und Willen aufbringen muss.

Doch wenn ich mich zurückerinnere, wie ich zum Beispiel vor gut einem Jahr mit schmerzverzerrtem Gesicht versucht habe, 15 kg an der Bizepsmaschine zu bewegen, und wenn ich dagegen heute sehe, wie ich bereits mit 25 kg beginne und mit 35 kg im dritten Durchgang aufhöre, dann sehe ich schon eine Entwicklung.

„Sieh mal, wie leicht ich jetzt den Einkaufskorb hochhebe, ohne zu keuchen“, sage ich zu meiner Frau und die schmunzelt und fragt: „Und wieso hast du nicht schon mehr Muskeln?“

Ich glaub‘, ich muss mir wohl ab und an ein paar Eiweiß-Shakes aus dem Automaten holen, aber da weiß ich wieder nicht so richtig, wie das geht. Doch das kriege ich auch noch in den Griff.

Was hat sich verändert, seit ich morgens ins Fitness-Studio fahre, nachdem ich meine Frau im Zeitungsviertel abgesetzt habe?
Du kannst mit noch so schlechter Laune durch die Tür gehen, du bekommst gute Laune, nachdem du anderthalb Stunden an den Geräten warst und danach vielleicht noch auf das Laufband steigst.
Die Musik, die spielt, die Tatsache, dass du dich anstrengst, während andere das auch tun und sich so unmerklich ein imaginärer Teamspirit entwickelt, das macht es aus.

Die Rhythmen, die aus dem Lautsprecher kommen, die mochte ich anfangs gar nicht, aber jetzt, da pushen sie mich.
Als ich heute Morgen den Gang entlanglief, um zur Umkleidekabine zu gelangen, da traf ich auf Kalle, den Allrounder.
Er grüßte mich fröhlich, winkte und wir haben einen kurzen ‚Schwatz‘ gemacht.

Ich finde ihn klasse. Er ackert, läuft wie ein Bienchen hin- und her und hat trotzdem noch Zeit für ein Späßchen, ein nettes Wort.

Im Stillen denke ich oft: „Gott sei Dank musst du hier nicht wischen, die Desinfektionsmittel nachfüllen, ständig auf Achse sein!“
Da sitze ich doch lieber an einem Gerät und quäle mich dort im überschaubaren Rahmen.

Überhaupt finde ich, dass das Team der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, die das JR-Studio sauber halten, einen verflucht guten Job machen. Ich grüße jede Mitarbeiterin oder jeden Mitarbeiter, wenn ich morgens an ihnen vorbeigehe.

Weil ich Aufmerksamkeit haben will? Nein, ich will auch meine Ruhe, wenn ich trainiere. Aber es ist meine Art, Danke schön zu sagen, ihnen gegenüber meine Wertschätzung zu zeigen – für ihre tolle Arbeit, die sie leisten, gerade in der schweren Zeit von Corona.

Vielleicht denkt mancher, der das liest: „Na, nun übertreib‘ mal nicht, schließlich bezahlen wir für diese Leistung, und die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiterinnen bekommen es ja auch entlohnt.“
Das ist schon richtig. Aber man kann ja seine Arbeit so oder so verrichten.

Du kannst mal eben lustlos aufwischen, die Geräte putzen, die Fenster saubermachen, saugen und du kannst es wiederum mit viel Engagement tun.
Ich glaube, diejenigen, die ich bisher gesehen habe, die ackern richtig für ihr Geld.

Ich fühle mich jedenfalls sehr gut aufgehoben in diesem Studio, weil die Hygieneregeln stimmen, es sehr sauber ist.

Ich bin ja nicht gerade der typische athletische Sportsmann, der dort morgens aufschlägt – mit Bauch, hängenden Schultern, und überhaupt bin ich schon eher der Prototyp des „alten Sacks“.
Das klingt vielleicht hart, trifft wohl aber den Kern der Beschreibung, wenn ich mich selbst einschätzen müsste.

Aber das Training im JR-Studio im Prenzlauer Berg macht mich reich, mental und körperlich.

Ich rufe morgens meine Frau aus dem Auto an, nachdem ich wieder aus der Tiefgarage herausgefahren bin und ich ihr sage, dass ich mit viel Power dem Schreibtisch entgegenstrebe.

Sie staunt jedes Mal, wie ich als Morgenmuffel um vier Uhr starte und ein paar Stunden später als Energiepaket aus dem Studio komme, gut gelaunt, mit vielen Ideen, und der Gewissheit, dass ich die wichtigste Tagesaufgabe bereits erledigt habe.

Ich fahre jetzt an die Ostsee, aber in vierzehn Tagen, ja da steige ich wieder in der Tiefgarage aus dem Auto, bin schlecht gelaunt, mental am Boden, und dann gehe ich durch die Eingangstür, sehe Kalle winken, erkenne, wie fleißig vielleicht eine Mitarbeiterin am Saubermachen ist, erkenne die ersten verschwitzten Gesichter von Teilnehmern an den Trainingsgeräten, höre die Klänge aus dem Lautsprecher, ja und dann tauche ich ein in die Welt von John Reed.

Nicht schlecht, finde ich. Wenn ich so darüber nachdenke: Eigentlich ist es das, was mich am Alltag glücklich macht.

Kalle, mach‘ weiter so, du bist ein guter Typ. Danke, liebes John Reed-Team vom Prenzlauer Berg.

FREIE ALTEN – UND KRANKENPFLEGE – ANSPRUCHSVOLLE PROJEKTE UND EIN TEAM, IN DEM ES SPASS MACHT, ZU ARBEITEN

Pflege und Betreuung von kranken und hilfsbedürftigen Menschen haben in der aktuellen Zeit einen Stellenwert erlangt, wie sonst wohl kaum etwas an Relevantem in unserer Gesellschaft.

Dabei überschlagen sich manche in der Politik darin, die Anstrengungen der Pflegekräfte zu würdigen, andere wiederum finden nach wie vor, dass viel zu wenig passiert. Beides hat sicherlich seine Berechtigung, wenn man in die Tiefe der Argumentationen einsteigt.

„Euer Klatschen könnt ihr euch sonst wohin stecken“, so äußerte sich kürzlich eine Berliner Krankenschwester frustriert und verzweifelt über den andauernden Personalmangel an Pflegekräften und die nicht ausreichende Wertschätzung für diejenigen, die im medizinischen oder Pflegebereich arbeiten.

(Vgl. „Wut-Rede in Krisen-Zeiten. Die Berliner Krankenschwester beklagt ein System, das auf Profit setzt, Personalmangel – und Klatschen als Geste der Anerkennung. Berliner Zeitung, Nummer 169, Donnerstag, 23. Juli 2020, Seite 11).

Ich begleite mit meinen Gesprächen, Interviews und Berichten seit einigen Jahren die Freie Alten- und Krankenpflege e.V. in Essen, und ich weiß, dass sie genauso viel Grund hätten, Defizite und Mängel anzukreiden, die jeder kennt, der in der Pflege zuhause ist.

Doch die FAK e.V. zeichnet gerade in dieser Zeit eines aus: Sie klagen nicht, nein, sie handeln. So öffnet Anfang September 2020 das neue Wohngemeinschaftshaus „Op dem Berge“ in Essen-Bochold, in der es auch eine Tagespflegeeinrichtung geben wird. Im November folgt dann die neue Demenz-Wohngemeinschaft „Mittendrin“ in Essen-Frohnhausen.

Und schließlich bezieht die FAK das Wohngemeinschaftshaus „Emscherblick“ in Essen- Altenessen, in der es ebenfalls eine Tagespflegeeinrichtung, im FAK- Jargon „Emscherglück“ genannt, geben wird.

Das sind anspruchsvolle Projekte in dieser Zeit, zumal ja wiederum neue Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter für die einzelnen Einrichtungen gewonnen werden müssen.

Michael Jakubiak, einer der Geschäftsführer der Freien Alten – und Krankenpflege, zeigt sich gewohnt optimistisch: „Wir sind positiv überrascht von den zahlreichen Bewerbungen für unsere Vorhaben“, sagt er im Gespräch.

Mehr erfahren unter: http://www.fak.de

 

DAS TEAM – OPTIMISTISCH BLEIBEN, DINGE NACH VORN LÖSEN UND AUCH NOCH SPASS HABEN

Wer das Team und die Geschäftsführung kennt, der weiß, dass nichts im Selbstlauf passiert. Es gibt handfeste Gründe, warum die FAK e.V. solch einen Sog auf Bewerberinnen und Bewerber ausübt.

Da ist zum einen die Tatsache, dass die Gründer der Freien Alten- und Krankenpflege e.V., wie zum Beispiel Michael Jakubiak, seit nunmehr fast vier Jahrzehnten immer an einer Idee drangeblieben sind: Nämlich, dass alte und kranke Menschen selbstbestimmt und autonom in ihrem häuslichen Umfeld verbleiben können, obwohl sie auf Pflege und Betreuung angewiesen sind.

Und wenn das nicht mehr geht, in einer der Einrichtungen und Häuser der FAK e.V. leben und wohnen zu können, in der die Bewohner ihre Einsamkeit überwinden lernen, um neben der fachlichen Pflege und Betreuung eines zu finden: eine familienähnliche Atmosphäre.

Dieses ethische Verständnis ist nicht aus äußeren Worthülsen gebaut. Nein, es ist tief in der DNA des gesamten Teams der FAK e.V. verankert.

Das ‚schreit‘ sich natürlich nicht heraus, es schweigt sich eher in Essen und Umgebung herum. In der aktuellen Stellenanzeige der FAK e.V. steht: Wir brauchen keine Roboter. Wir brauchen Menschen. Wir brauchen Sie! Wer das Team kennt, der weiß, dass jedes Wort so gemeint ist. Die Wertschätzung beginnt dort, wo Menschen mit ihren Fähigkeiten und Stärken gebraucht werden und sie setzt sich darin fort, dass sich alle in der FAK e.V. wohlfühlen sollen – die Bewohner in den Wohngemeinschaften und die Pflegekräfte.

Nur so kann ein fundierter Rahmen geschaffen werden, wo das Wohnen, das Leben und das Pflegen und Betreuen Spaß machen, ja, sich das alles gegenseitig bedingt. Könnte ich noch einmal von vorn beginnen, so würde ich in der Pflege anfangen, und würde ich in Essen und Umgebung wohnen, ich wüsste, mit wem ich zusammenarbeiten wollte.

GERADE FERTIG MIT DEM TRAINING

STENOGRAMM FITNESS-STUDIO

Stenogramm von einem Tag vor dem Wochenende und dem Montag darauf, dem Wochenbeginn.

FREITAG, 31.07.2020
Ich bin gerade mit dem Training fertiggeworden und sitze auf einer Parkbank hinter dem Studio.
Piazza, Saarbrücker Straße;

In der Ferne dröhnt der Lärm von der Prenzlauer Allee herüber.
Ich will das schöne Wetter nutzen, um mir ein paar Eindrücke zu notieren.

Ich wollte heute nur eine Stunde trainieren, aber dann sind es doch fast zwei Stunden geworden; 16 Geräte habe ich absolviert; ich bin selbst beeindruckt; der Hinterhof hier hat so etwas Dörfliches; gerade hat eine Krähe geschrien, und auf der anderen Seite fährt ein Moped knatternd davon; ich habe heute einen Sportsmann beobachtet, der zwei Handtücher mithatte und damit gleich zwei Plätze belegte; sehr egoistisch; desinfiziert hat er die Geräte auch nicht, an denen er trainiert hat.

Naja, ich wollte mich nicht ärgern, schließlich steht das Wochenende vor der Tür.

Montag, 03.08.20
Wochenanfang.
Ich sitze in der Ecke des Sportstudios nach zwei Stunden und 15 Minuten Training, und ich bin total durchgeschwitzt.

Mir ist es heute früh besonders schwergefallen und ich wollte bereits nach jedem Gerät mit den Übungen ganz aufhören, aber wie von Geisterhand getrieben: Ich habe immer weiter gemacht.

‚Auf das Laufband gehst du heute auf keinen Fall, das kannst du schon mal am Montag auslassen‘, sagte ich zu mir.

Und siehe da, ich stand zum Schluss doch auf dem Laufband und habe die Geschwindigkeit sogar ziemlich nach oben getrieben, sodass ich dachte, ich würde gleich herunterfallen.

Ich habe mich damit motiviert, dass ich in den letzten fünf Minuten schön langsam laufen und so den Sauerstoff tief einatmen kann; konnte ich allerdings nicht, weil ich vor Erschöpfung fast vom Band gefallen wäre, so war ich außer Atem.

Jetzt habe ich die Füße von mir gestreckt und schreibe ein wenig auf dem iPhone und bin glücklich, dass ich durchgehalten habe.
Morgen – wieder der gleiche Kampf gegen meinen inneren Schweinehund. Mal sehen, wer gewinnt.

IM WARTERAUM DER ZAHNARZTPRAXIS

WAS DIR WICHTIG IST, DAS ZÄHLT

Du kannst Menschen in vielen täglichen Situationen beobachten, ihnen im Gespräch zuhören, deine Schlüsse ziehen.
Manches davon ist banal, ja langweilig, aber es ist dein Leben, das Leben der anderen, auf die du triffst. Du kannst es mögen oder auch nicht, aber du solltest selbst diese Augenblicke nicht geringschätzen.

Ich sitze im Warteraum in der Zahnarztpraxis. Ich bin etwas früher da. Komisch, das ist so tief in mir drin, das mit der Pünktlichkeit. Ich bin meistens 20 bis 30 Minuten früher da, als es eigentlich nötig wäre.

Woran liegt das? Ist es meine Zeit, in der ich zur See gefahren bin und wo das Schiff nicht auf dich gewartet hat, wenn du dich verspätet hast?

Oder ist es die Erziehung? Mein Vater war in diesen Dingen besonders streng. Vielleicht von jedem ein bisschen, dass dazu geführt hat, das ich jetzt hier sitze und warte, bis es losgeht.

Es ist ein gewöhnlicher Termin, indem die Zähne durchgesehen werden sollen. Und trotzdem, es bringt meine Routine durcheinander. Ich konnte heute Morgen nicht zum Sport fahren, Klara ist mit dem Zug gefahren, anstatt bei mir im Auto zu sitzen.

Das Gute daran: Wir sind nicht vier Uhr aufgestanden, sondern erst fünf Uhr.

Für manch einen immer noch zu früh, aber für uns am Alltag ist eine Stunde später aufstehen schon Luxus. Also fühle ich mich ausgeschlafen, während ich hier auf der Couch sitze und auf den Aufruf warte, ins Praxiszimmer zu gehen.

Während ich hier auf dem iPhone schreibe, muss ich den Mundschutz umhaben und durch den Atem beschlägt laufend die Brille.

Ich ziehe die Maske ein wenig nach unten, sodass ich besser durch die Nase atmen kann.

Mir gegenüber sitzt ein älterer Herr und zur Tür herein kommt in dem Moment ebenfalls ein älterer Mann, vielleicht Mitte 70.

„Was machst du denn hier?“, fragt der ältere Herr, der sitzt.

„Wat‘ soll ich hier denn machen?“, fragt der Mann, vielleicht Mitte 70, mit einem leicht schnoddrigen, vorwurfsvollen Unterton.

„Zahnarzt, ‚wa‘?“, sagt der Herr, der sitzt.

„Hm, für ‚de Kneipe isses‘ noch zu früh“, entgegnet der Mann, vielleicht Mitte 70.

„Gott bewahre!“, sagt der ältere Herr, der sitzt. Der Mann, vielleicht 70, antwortet darauf nicht.

„Und ‚de‘ Frau?“, lässt der ältere Herr, der sitzt, nicht nach.

„Hüfte“, antwortet der andere.

„Oh, ich habe ‚jerade‘ eine schwierige Operation hinter mir“.

„Du, ‚ick‘ muss meinen Termin neu vereinbaren“, sagt der Mann, vielleicht Mitte 70.

Ich bekomme nicht mehr mit, wie das Gespräch ausgeht, denn ich werde aufgerufen, und ehrlich: Ich bin froh darüber.

Hoffentlich geht mir nie der Gesprächsstoff aus, und es würden nur noch die Krankheiten als Thema übrigbleiben, denke ich noch, als ich die Zahnarzthelferin begrüße.

Wenn ich wieder hier raus bin, setze ich mich sofort an meinen Schreibtisch und fange an zu arbeiten, kreativ zu sein, das nehme ich mir zumindest vor.

WELCHE INNERE HALTUNG BEIM LESEN DER BIBEL EINNEHMEN?

FASZINATION BIBEL
Mich von meinen eigenen Gefühlen beim Lesen der Bibel leiten lassen, die Worte persönlich nehmen, sie an meinen Verstand und an mein Herz heranlassen.

Ich taste mich weiter vor, denke darüber nach, wie ich am besten mit dem Lesen dieses biblischen Stoffes anfangen soll.
„Lieber unvollkommen begonnen, als perfekt gezögert“, sagt ein altes Sprichwort.

Da ist was dran. Trotzdem will ich mich natürlich nicht reinstürzen in die unbekannte Materie, sondern mir einen Weg selbst bauen, einen Pfad, auf dem ich entlanggehen kann und wo an den Rändern vielleicht so etwas wie Leitplanken sind, die mich führen.

Ich lese, was Anselm Grün dazu schreibt. Der sollte es wissen, schließlich ist er nicht nur promovierter Theologe, sondern auch praktizierender Benediktinermönch. (Anselm Grün, Die Bibel verstehen, E-Book, ISBN – 978-3-451-33627-0, Verlag Herder GmbH, Freiburg im Breisgau 2010, Einladung).

Schon in seiner „Einladung“ zum Buch schreibt er, dass ich mich so fühlen soll, als würde Gott sich mit seinen Worten direkt an mich persönlich wenden.

Also, ich halte ja eine ganze Menge von mir, aber das ist wohl eine Hausnummer zu groß für mich, nämlich so zu tun, als würde Gott sich direkt an mich wenden.

Aber gibt es nicht auch das Gefühl, wo du dich unter tausenden von Leuten befindest, auf der Bühne vor dir jemand redet und du denkst: „Donnerwetter, der schaut nur mich an, und meint wahrscheinlich auch mich?“

Und schon fängst du an, ihm zustimmend zuzunicken, ihm Mut zu machen, dass er etwas ganz Wichtiges von dort oben sagen würde.
Oder ich lese gerade das Buch des Extremsportlers Jan Frodeno.

Wenn er davon berichtet, wie hart es ist, sich jeden Tag zu überwinden, die Härte des Trainings auf sich zu nehmen, dann antworte ich ihm im Stillen: „Du, ich kenn‘ das, wenn ich morgens an der Bizepsmaschine sitze und Null Bock habe, anzufangen, aber ich fange trotzdem an.“

Solche Sachen sage ich zu mir und denke hinterher: „Na mein kleiner Dicker, wenn der deinen Bauch sehen würde, der würde dir kein Wort glauben.“

Egal, so muss das funktionieren mit dem persönlichen Wort, das nur an dich gerichtet ist.
Jedenfalls ist das eine der drei Haltungen, die der Benediktinermönch empfiehlt beim Lesen der Bibel einzunehmen. (Vgl. ebenda).

Außerdem empfiehlt er, „die Worte oder Bilder für mein Leben und als Bilder für Gottes Wirken an mir zu verstehen.“ (Vgl. ebenda)

Damit kann ich mich gut anfreunden. Ich habe mal Jemandem gesagt, der mich gefragt hat, warum ich nicht an Gott glaube, dass ich vor allem an mich glauben würde.

In dem Fall wäre ja Gott in mir. Damit kann ich leben, das ergibt Sinn für mich. Gott ist nicht nur über, er ist vor allem in mir.

Also kann ich seine Worte direkt auf mein ganz praktisches Leben beziehen, Kraft daraus ziehen. Nicht schlecht. Gefällt mir.

Und eine dritte Haltung beschreibt Anselm Grün so: „Die Worte der Bibel sind Worte des Lebens. Die Worte wollen.. einladen, barmherzig und freundlich mit mir umzugehen.“ (Vgl. ebenda)

Da kann ich gar nicht anders, als zuzustimmen.
Mir zustimmen? Auf jeden Fall. Klara macht das viel zu wenig im Alltag.

Aber sie soll wahrscheinlich wieder sich zustimmen.
Und freundlich mit mir umgehen? Aber hallo, auf jeden Fall.

Je mehr ich mich an die unbekannten Texte herantaste, umso mehr üben sie einen Sog auf mich aus.

Mein Vater hat mich ein Leben lang anders erzogen, nämlich nicht an Gott zu glauben. Als ich einmal als in Dresden nach Hause kam und ihm berichtete, dass ich mit einem Pfarrer gesprochen hätte, und ihn gefragt hatte, ob ich auch mal auf der Kanzel stehen könnte, da ist er bald ausgerastet.

Ich bin dann noch einmal in die Kirche gegangen, habe mich umgeschaut, zugehört. Aber das war’s schon.

Im vergangenen Jahr, da war mein Vater schon todkrank, er lag quasi auf dem Sterbebett, ausgerechnet in einem katholischen Krankenhaus.

„Die sind hier so gut zu mir, so freundlich und entgegenkommend, das glaubst du nicht“, sagte er zu mir.

Das Wort „barmherzig“ hätte hier gepasst, aber das widerstrebte ihm, es in den Mund zu nehmen.

Aber er hatte erkannt, dass die Worte Gottes, festgehalten in der Bibel vielleicht doch nicht ‚Opium fürs Volk‘ sind, sondern über eine heilende Kraft verfügen.

Das treibt mich, es zu erforschen und für meine Lebensphilosophie anzuwenden.

DIE FORMELEMENTE DES SCHREIBENS

Schreiben heißt beschreiben, begründen, Motive für bestimmte Handlungen von Personen zu liefern.

Manchmal vergesse ich in der Hektik des Tages, meinen Text noch einmal gründlich durchzusehen.

Wer kennt das nicht, dass er keine Zeit mehr findet für die Dinge, die eigentlich das ‚Salz in der Suppe‘ sind?

Ein Beispiel: Es ist für mich natürlich viel einfacher zu schreiben, dass ich sauer bin.

Wenn ich noch eine weitere Zeile darauf verwende, dann schreibe ich: „Ich bin sauer, weil die Zahnarztpraxis meinen Termin verschoben hat.“

Jetzt ist wenigstens das Motiv klar, worüber und auch im Ansatz, warum ich mich geärgert habe.

Reicht das?
Ich glaube nicht. Der Leser will wahrscheinlich mehr wissen, er möchte eine Begründung geliefert bekommen, warum die Figur, ob nun real oder fiktional, sauer ist.

Also was ist es, warum ich wirklich sauer war?
Ich beschreibe und begründe also den Umstand:

„Können Sie am Dienstag kommen, gegen 13.30 Uhr?“, fragt mich die Helferin, als ich einen neuen Termin in der Praxis nach der Behandlung vereinbare.

„Naja, eigentlich habe ich da einen Termin“, sage ich zu ihr.

Sie schaut mich an, so unter dem Motto: Du bist doch schon im Rentenalter! Was kannst du noch für Termine haben, außer vielleicht, dass du zu uns kommen musst, um deine Zähne durchsehen zu lassen?
Also stell‘ dich gefälligst nicht so an, und sag‘ einfach ja“, wird sie gedacht haben.

„Ich habe da einen wichtigen Interviewtermin, den ich vor Wochen festgemacht habe. Der Kunde ist viel unterwegs und ich weiß nicht, ob ich das hinkriege. Aber ich werde mit ihm reden. Also gut, schreiben Sie es so ein“, sage ich zur Zahnarzthelferin.

„Ja, wunderbar, Herr Dr. Müller, dann halten wir das so fest.“
Eine Woche später ruft mich die gleiche Helferin an: „Wir haben leider ein kleines Problem mit unserem Labor. Könnten Sie nicht zwei Stunden später kommen, also erst 15.30 Uhr anstelle von 13.30 Uhr?“

„Zwei Stunden?“ Das geht nicht, ich habe jetzt den Interviewtermin um einen Tag verschoben. Wie stehe ich vor dem Kunden da?“, frage ich zurück.

„Ja, es tut uns so leid, Herr Dr. Müller“, sagt sie zu mir.
Wirklich? Tut es ihr leid? Ich glaube nicht, ihre Stimme sagt jedenfalls etwas anderes.

So in der Art wie: „Zier‘ dich nicht so lange, blas dich nicht so auf und sage einfach, dass es klar geht mit der Terminverschiebung. Ich habe noch andere Patienten, deren Termine ich verschieben muss.“

„Was soll ich machen? Zustimmen?“, geht mir durch den Kopf.
Dann muss ich alles wieder umschmeißen, den Kunden davon überzeugen, dass wir doch den ursprünglichen Termin nehmen.

„Und wir können da nichts machen?“, frage ich deshalb noch einmal vorsichtshalber nach.

„Nein, das Labor hat es uns so gesagt.“
„Was gibt denn das Labor für Gründe an?“, frage ich zurück.

Ich warte auf eine Antwort. Die kommt nicht. Stattdessen: „Das wissen wir auch nicht!“

Warum habe ich mich also so geärgert? Weil ich mehr Energie, mehr Engagement in mein eigenes Terminmanagement gelegt habe, als es das Praxisteam tat. Dabei habe ich vor einem Jahr unterschrieben, dass ich für einen nicht wahrgenommenen Termin in der Zahnarztpraxis 50,00 Euro bezahlen soll, weil ja in so einem Fall dafür kein anderer Patient an meiner Stelle behandelt werden konnte.

Was ich sagen will: Jetzt weiß der Leser Bescheid, warum ich mich aufrege.

Vielleicht sagt er: „Kann ich gut verstehen“, oder: „Reg‘ dich doch nicht über so eine ‚Pille Palle‘ auf.“

Wie auch immer, er kann sich eine Meinung bilden, weil ich nicht nur geschrieben, sondern die Situation auch beschrieben, begründet habe, und zudem die Motive klargeworden sind.

Ist das einfach? Scheint so.

Aber es macht schon ein wenig mehr Mühe, als nur einen Satz aufs Papier zu werfen, der lautet: „Ich habe mich geärgert.“
Also mehr abmühen, im Schreib-Alltag eben.