Archiv der Kategorie: UWE MÜLLER ERZÄHLT

Der Autor erzählt über den Alltag – in Form von Essays, Kolumnen, Interviews, Geschichten.

ICH HAB‘ HIER SO EINE SCHÖNE DOSE!

ANNA IST DEMENT (66)

Anna war gut drauf, als Klara sie anrief.
„Wie geht’s dir Mutti?“, fragte Klara sie. Es war eine ihrer Standardfragen, die sie ihrer Mutter oft zu Beginn des Telefonats stellte.

„Mir? Wie soll es mir gehen?“, fragte Anna zurück.
„Das weiß ich nicht Mutti, wie es dir gehen soll. Deshalb frage ich ja nach“, sagte Klara.

„Ach, mir geht es mal eben so hin“, antwortete Anna.
„Ist irgendetwas?“, hakte Klara nach.
„Nein, es ist alles so wie immer.“

Klara hörte auf, sie weiter zu fragen.
„Weißt du eigentlich, was ich hier für eine schöne Dose habe“, fing Anna nun an.

„Was denn für eine Dose, Mutti?“
„Eine Keksdose, groß, viereckig. Und sie ist blau, bunt und mit Mosaikmustern, wunderschön.“

„Was sind denn da für Kekse drin, Mutti?“
„Ja, es sind zwei Lagen mit Keksen. Und die schmecken vielleicht“, sagte Anna zu Klara.

„Na Mutti, nicht dass du zu viel davon isst, denk‘ an deinen Zucker.“

„Nein, ich esse jeden Nachmittag vier Kekse. Und dazu trinke ich einen schönen Kaffee und sitze auf dem Balkon.“

„Das freut mich aber, dass du es dir so gut gehen lässt“, sagte Klara.

„Weißt du denn, von wem du die Keksdose hast?“, fragte Klara.
„Nein, das weiß ich nicht mehr.“

„Ich hab‘ sie dir mitgebracht, als ich das letzte Mal bei dir in Stralsund war und dich besucht habe.“

„Ach wirklich?“, fragte Anna ganz erstaunt.
Dann war sie eine ganze Weile ruhig.

Schließlich sagte sie: „So eine schöne Keksdose. Die kannst auch nur du mitbringen!“

„Mutti, das freut mich ja, dass sie dir so gut gefällt“.
„Oh ja, ich freu‘ mich jeden Tag wieder aufs Neue dazu.“

Klara und Anna verabschiedeten sich.

Klara war zwar traurig, dass ihre Mutter nicht behalten hatte, wer ihr die Keksdose mitgebracht hatte, aber sie freute sich umso mehr, dass Anna sie derart gut gefiel und ihr jeden Tag Freude bereitete, für den Moment jedenfalls.

LUSTLOS

STENOGRAMM – FITNESS-STUDIO

05.48 Uhr - Ticket im Parkhaus gezogen, nach oben geschleppt, lustlos, ohne Motivation.
Drinnen: laute Musik, so wie in einem angesagten Club, also da, wo ich nie hingehe.

 

Die Rhythmen treiben mich an, mit den Übungen zu beginnen.
Ich fange mit der Bizepsmaschine an – ich schaffe ziemlich zügig dreimal hintereinander 15 Übungseinheiten; ich gehe zur Bauchbank rüber, vorher wische ich noch mit einem Lappen, durchtränkt mit Desinfektionsmittel, die Bizepsmaschine ab.

Ich gehe vor der Übung mit dem Lappen über das Trainingsgerät und hinterher noch einmal. Die könnten mich hier einstellen – als flinken, dicken Putzteufel.

An der Bauchbank: Was bei den Übungen im Weg ist, das ist der Bauch.

Ich greife zum Telefon, denn Krümel hat mir mit leiser Stimme was draufgesprochen: „Hallo Opa, ich bin’s, …Krümel, ‚t…nier‘ schön, Opa“.

Meine Laune steigt um 100 Prozent; jetzt bin ich drin, schnaufe, und ich steigere mich in der Intensität.

Zum Schluss, gegen halb acht: Ich nehme meine Sportasche auf, und: Ich winkle sie an und gehe etwas breitbeinig aus dem Studio, so wie ‚Meister Propper‘ vielleicht.

Draußen brettert eine junge Frau auf einem Roller mit hoher Geschwindigkeit und sie selbst mit ziemlichem Übergewicht an mir vorbei.

Ich mache mir Sorgen um den E-Roller, auf dem sie steht.

‚Die sollte hier auch mal halten und reingehen‘, denke ich bei mir.

Aber meine inneren Stimmen schreien gleich auf: ‚Jetzt werd‘ mal nicht gleich wieder überheblich, Dicker, nur, weil du ein paar Mal ein paar Eisen bewegt hast.“

Ja, ja, stimmt schon; aber ich bin trotzdem glücklich, dass ich mich überwunden habe.

Morgen früh? Das gleiche Spiel, na klar.

WIE EIN TIGER IN DEN WOCHENANFANG GESTÜRZT

STENOGRAMM FITNESS-STUDIO

04.00 Uhr aufgestanden, 05.00 Uhr ins Zeitungsviertel in Berlin-Mitte gefahren, Klara abgesetzt;

zurück zum Prenzlauer Berg, ins Fitness-Studio; anschließend zum Liepnitzsee und 50 Minuten gelaufen;

Hund George, den Boxer, unterwegs gegrüßt, zurückgefahren, geduscht, mit Power an den Schreibtisch gesetzt.

Und jetzt?

Ich bin müde, ich mag keine Sätze schreiben, ich mach‘ Pause und esse Rührei zum zweiten Frühstück.

Jetzt bin ich richtig müde.

Ich glaub‘, ich verschieb‘ die richtige Arbeit auf Morgen.

Heute plane ich nur, denn das gibt ein gutes Gefühl.

INTERVIEW MIT MARGARITA STASIULEVICIENE

MENSCHEN IM ALLTAG

Margarita Stasiuleviciene ist als Seelentrainerin und Yogalehrerin tätig.
Sie lebt und arbeitet im nördlichen Berliner Umland. 

Margarita, du bist 1967 in Nowgorod (Russland) geboren, und dort liegen auch deine schamanischen Wurzeln. Kannst du das etwas näher erläutern?
Naja, eigentlich komme ich aus Litauen, habe aber russische Wurzeln.

Meine Mutter ist mit 20 Jahren aus dem Haus gegangen und ist zu ihrer Oma und ihrer Großtante nach Staraja Russia, in der Nähe von Nowgorod gezogen.

Dort hat sie dann auch meinen Vater kennengelernt.
Der war gerade von der Armee zurückgekommen. Meine Uroma war sehr streng, und so durften meine Eltern nur bei ihr wohnen, wenn sie sich beide bereiterklärten zu heirateten.

Ist das nicht ein glücklicher Zufall, dass sich deine Mutter und dein Vater in Russland gefunden haben?

Ja, stimmt, das war eine Vorherbestimmung.
Sie stammten beide aus Litauen und sind in Russland ein glückliches Paar geworden.

Zuerst ist meine Mutter zu ihrer Oma nach Staraja Russia gereist. Ein paar Wochen später ergab es sich, dass mein Vater sein Elternhaus verlassen wollte, und so ist er dann ebenfalls nach Russland gegangen, nach Nowgorod.

Wie kam es, dass dein Vater ebenfalls von seiner Familie wegzog?
Mein Vater war zuhause sehr aufsässig gewesen und so schmiss ihn mein Opa raus.

Also beide, sowohl meine Mutter als auch mein Vater mussten ja irgendwo wohnen, und sie wollten auch zusammenbleiben.

Das ist ja wirklich einer der großen Zufälle im Leben, oder?
Ich nenne es Schicksal. Mein Vater hatte sich bereits in Litauen in meine Mutter verliebt.

Sie haben sich dort einige Male getroffen. Und als meine Mutter nach Russland ging, da begann mein Vater, meine Mutter fieberhaft zu suchen. Sie war ja plötzlich verschwunden, ohne ihm etwas zu sagen.

Aber für meinen Vater war klar: Er wollte meine Mutter finden, und er wollte sie unbedingt wiedersehen. Da kamen ihm die Auseinandersetzungen mit seinem Vater, meinem Opa, eigentlich zur rechten Zeit, denn nun hielt ihn im Elternhaus gar nichts mehr.

Warum sind dir diese Begebenheiten so wichtig?
Ich denke als Seelentrainerin mit schamanischen Wurzeln sehr oft darüber nach, warum manche Menschen etwas tun, und was dann die Folge daraus ist.

Nachdem sich meine Eltern in Russland wiedergefunden hatten, kam ich ja einige Zeit später zur Welt.
Ich denke, es war meine Bestimmung, dass ich in Russland geboren wurde, meine Uroma so geliebt habe.

Woher rührte deine innige Beziehung zu deiner Uroma?
Als ich 1967 geboren wurde, da konnte meine Mutter mich nicht auf dem Arm halten, weil ich ununterbrochen schrie.

Meine Uroma hat mich in solchen Momenten in ihren Arm genommen und ein paar magische Worte gesprochen. Sie war eine russische Zauberfrau.

Ich denke, da liegen meine schamanischen Wurzeln. Meine Uroma war eine sehr starke Frau, sie ging nicht in die Kirche, sondern sie lebte nach ihren eigenen Vorstellungen

Sie sprach Weisheiten aus, die keiner kannte und wo keiner wusste, woher meine Uroma sie hatte. Ich war in dieser Zeit von meiner Wurzel abgeschnitten.

Wie meinst du das?
Meine Beziehungen zu meiner Uroma waren stärker als die zu meinen Eltern. Und so fühlte ich mich von meinen eigenen Wurzeln irgendwie isoliert. Das geschah vor allem auf der Ebene des Unterbewusstseins.

Meine Uroma war eher die Mutter für mich, und das galt auch für deren Schwester, meine Großtante. Ich habe beide sehr geliebt.
Dreieinhalb Jahre nach meiner Geburt gingen wir zurück nach Litauen, nach Kaunas.

Das ist ein kleines Städtchen, das in der damaligen Zeit aus militärischen Gründen geschlossen war. Aber ich habe mich dort sehr wohl gefühlt.

Was waren deine Eltern von Beruf?
Sie haben beide als Schweißer in der Fabrik gearbeitet.
Mein Vater hat sich später noch einen Traum erfüllt.

Welchen?
Er wollte unbedingt zur See fahren.

Und, hat er seinen Traum verwirklicht?
Ja, er ist Politoffizier auf einem großen Fischtrawler geworden.

Wie sah deine berufliche Entwicklung aus?
Würde ich auf alles eingehen, so sprächen wir wahrscheinlich noch Morgen darüber.

In Kürze: Ich bin zehn Jahre zur Schule gegangen und habe danach in einer Fabrik für Radioelektronik gearbeitet.
Parallel habe ich ein Technikum im gleichen Fach besucht. Das war eine harte Zeit für mich.

Warum wolltest du in dieser Spezialisierung nicht weitermachen?
Der Funke ist irgendwie nicht übergesprungen.

Warum nicht?
Ich wollte mit Menschen arbeiten.

Wie bist du dahingekommen?
Das war ein langer Weg, aber ein Weg, der gleichzeitig zu mir selbst führte.

Ich habe vieles, was ich heute als russischen Schamanismus bezeichne, von meiner Uroma mitbekommen.
Und viele Jahre später traf ich dann einen Schamanen in Deutschland.
Das war eine faszinierende Begegnung für mich.

Was hat dich begeistert?
Der Schamane trommelte und sang und in mir kamen Bilder hoch, die ich längst als verlorengegangen glaubte.
Ich konnte wieder intensiver fühlen, mehr erfahren über mich.

Das klingt interessant.
Ja, darüber kann ich heute schon ein Buch schreiben. Im Kern geht es darum, dass du zu dir selbst findest, hin zu deiner eigentlichen Bestimmung im Leben.

Margarita, hast du Familie?
Ja, ich habe zwei Töchter, 31 und 27 Jahre alt. Eine lebt in Berlin und die andere in Litauen, als schwedische Staatsbürgerin.

Bist du heute glücklich?
Ja, sehr. Ich habe wieder einen ganz anderen Zugang zu meinen Gefühlen, kann heute Menschen helfen, ihre eigenen Ziele, ihre Bestimmung im Leben zu finden.

Und ich begleite sie dabei auf diesem Weg.

Margarita, vielen Dank für das Gespräch.

KONTAKT:
MARGARITA STASIULEVICIENE
Seelentrainerin mit Wurzeln aus dem russischen Schamanismus
Telefon: 033397-209729
Mobil:    0177-742 66 53
E-Mail: info@seelen-schamanismus.de
Web-Site: https://seelen-schamanismus.de

 

 

 

EIN KLEINER FRISEURLADEN IN SASSNITZ GANZ GROSS (2)

MENSCHEN IM ALLTAG (4)

Willst du wissen, was Menschen wirklich ausmacht, dann solltest du nicht nur auf die großen Dinge schauen, auf die, die vielleicht in der Zeitung stehen, über die in Talkshows gesprochen wird.
Im Alltag, im scheinbar gleichförmigen Leben nimmst du oftmals Geschichten mit, die von Begegnungen und Erlebnissen erzählen, die dich berühren, ja in dir ein Gefühl der Dankbarkeit dafür hervorrufen, dass es diese Menschen gibt.

Diese Protagonisten, diese stillen Helden wollen oft gar nicht, dass du über sie sprichst oder sie erwähnst.

„Das ist doch selbstverständlich“, sagen sie oft entschuldigend.

Ist es eben nicht. Nichts ist einfach und selbstverständlich. Für all das Normale, das Selbstverständliche bist du sehr häufig auf Menschen angewiesen, die sich engagieren. Das ist eine weitere Geschichte über einen Friseurladen auf Rügen, in Sassnitz, in der Hauptstrasse.

Ein Laden, der nicht auffällt im Alltagsgewühl, es sei denn, du schaust näher hin.
MUTTI MUSS WIEDER ZUM FRISEUR

„Mutti geht heute zum Friseur“, sagte meine Frau am Montag zu mir.
Sie war gerade für ein paar Tage in Sassnitz gewesen, aber mit dem Friseurtermin, das wollte ihr Bruder regeln.

Klara hatte noch einen Tag freigenommen, nachdem sie wieder hier in Basdorf war. Und so konnten wir endlich das erledigen, worüber ich schon seit Jahren sprach, nämlich für mich eine neue Brille anfertigen lassen.

Also waren wir auf dem Weg in den Wedding, in Klaras Lieblings-Einkaufscenter. Klara traute mir nicht zu, dass ich mir allein die richtige Brille aussuchte, vor allem nicht vom Design her.

„Ich will eine Brille mit runden Gläsern, wo ich gut durchschielen kann“, meinte ich zu ihr. Doch sie war in diesen Angelegenheiten nicht zu Scherzen aufgelegt, sondern behielt lieber die Kontrolle über alles.

Trotzdem kreisten ihre Gedanken auf unserem Weg ins Einkaufscenter erst einmal um ihre Mutter und den Friseurtermin.
„Hoffentlich geht das alles gut“, hakte Klara noch einmal nach und seufzte dabei.

„Wenn nicht, dann können wir trotzdem nicht nach Sassnitz, wir sind hier im dicksten Verkehr in Berlin“, sagte ich.
Klara schwieg.

„Ilka macht das schon, die kann gut mit deiner Mutter“, versuchte ich weiter beruhigend auf sie einzureden.

Seit ihre Mutter an Demenz erkrankt war, da konnten sich die kleinsten Hürden im Alltag zu riesigen Bergen auftürmen.

„Wieso muss ich zum Friseur? Ich will da nicht hin, ich weiß gar nicht, was ich da soll, und wieso muss das gerade heute sein?“

Das waren nur einige der wiederkehrenden Fragen, die ihre Mutter immer wieder stellte, und die abliefen, als hätte man eine alte Schallplatte aufgelegt, die inzwischen einen Sprung hatte und sich dadurch in der Endlosschleife bewegte. Das zerrte an den Nerven, vor allem an Klaras und an denen ihres Bruders.

„Wir können deiner Mutter keine Vorwürfe machen, wir können nur professionell damit umgehen – mit ihr und den wiederkehrenden Sätzen deiner Mutter“, sagte ich im Auto zu Klara.

„Ja, du hast gut reden, du erlebst das ja meist nicht hautnah mit, wie sie reagiert“, antwortete Klara. Sie wusste, dass ich Recht hatte, aber ich nervte sie zusätzlich mit den Sätzen aus der ‚liegengebliebenen Schatulle eines Oberlehrers‘.

Klara liebte ihre Mutter und sie wollte, dass es ihr gutging, sie noch gepflegt aussah, selbst wenn sie kaum noch auf die Straße ging.
„Ich weiß ja, dass sie gut im Friseursalon in der Hauptstrasse aufgehoben ist“, sagte Klara nun.

„Mein‘ ich doch“, antwortete ich knapp. Ich steuerte auf das riesige Parkdeck im Wedding zu.

Wir mussten uns nun auf unseren Termin, den beim Optiker, konzentrieren.

Abends, als ich erschöpft auf der Couch saß, besser hing, schaute ich auf das Handy, ob es noch irgendwelche Nachrichten für uns gab.

„Du, Ilka hat Bilder von Mutti geschickt. Sie sieht toll aus mit ihrer neuen Frisur. Was das ausmacht!“, sagte ich.

„Zeig‘ mal!“, sagte Klara in einem Ton, der keinen Widerspruch duldete.

„Nö“, antwortete ich.
„Ach bitte, ich möchte doch auch sehen, wie Mutti mit der Frisur ausschaut“, sagte sie nun.
„Geht doch“, antwortete ich und leitete die Fotos an ihr Handy weiter.

„Mutti sieht ja wie ausgewechselt aus“, strahlte Klara.
„Eben, sag‘ ich doch, die sind Profis, und machen es noch mit Freude“, antwortete ich.

„Naja, hoffentlich ist alles drumherum gutgegangen.“
„Wie meinst du das?“, fragte ich Klara.
„Du weißt schon… was Mutti eben so alles von sich gibt.“

„Ach, wenn ich Ilka richtig verstanden habe, ging alles gut. Im Gegenteil, deine Mutter hat sich noch darum gesorgt, dass Ilka den ganzen Tag den Mundschutz tragen müsse. Das sei nicht gesund.“
Klara musste schmunzeln.

„Aber denk‘ mal dran, wie der Optiker heute hinter seinem Mundschutz geschwitzt hat, als er meine Augen ausgemessen hat“, sagte ich zu Klara.

„Und immer wenn der Optiker mich fragte, ob ich was sehen würde, hab‘ ich ihm geantwortet: ‚Ich seh‘ nichts, weil durch meinen Mundschutz laufend die Brille beschlägt‘“, ergänzte ich noch.

„Aber wir sind gesund, Ilka und dem Team im Friseurladen geht es offensichtlich ebenfalls gut und deine Mutter kann mit der Frisur zum Wiener Opernball gehen“, sagte ich.

„Du nun wieder“, meinte Klara und schaute sich noch einmal die Fotos von ihrer Mutter mit der neuen Frisur auf dem Handy an.
Ein kleines Lächeln huschte über ihr Gesicht.

„Hast du dich auch ordentlich bei Ilka bedankt?“, fragte Klara.
„Wofür?“, fragte ich.
„Dafür, dass sie sich immer so gut um Mutti kümmert und nicht nur eine schöne Frisur zaubert.“

„Nö“, meinte ich.
Ich konnte nicht anders, ich musste Klara erst einmal ein bisschen ärgern.
„Na klar, habe ich das gemacht. Was denkst du von mir?“, sagte ich zu Klara.

Die schaute mich von der Seite an, und dachte wohl darüber nach, ob sie mir trauen konnte. Doch sie wusste schon, dass mir die Sache ebenso wichtig war.

Hätten wir früher so viel über einen normalen Friseur-Termin geredet?
Wohl kaum.

Aber in diesem kleinen Laden in der Hauptstrasse arbeiten nicht nur Menschen, die ihr Handwerk verstanden. Das konnte man zweifellos den Fotos mit Klara’s Mutter drauf entnehmen.

Nein, es war mehr. Sie muntern mit jeder kleinen Geste, jedem freundlich gesprochenen Wort Menschen auf, die das gerade in sich hineinsaugen, Menschen, weil sie sich aufgrund ihrer Demenzerkrankung nicht mehr so verständlich machen können und trotzdem am gesellschaftlichen Leben teilhaben wollen.

Und deshalb sind diese kleinen Alltagsbegebenheiten keine Nebensächlichkeiten, im Gegenteil. Man muss sie herausnehmen aus dem scheinbar Nebensächlichen, muss sie bewusst würdigen, stets aufs Neue.

Sie machen unser Zusammenleben aus, das nämlich, was manchmal in einer Millionenmetropole unterzugehen scheint.

Danke Ilka, danke liebes Team aus dem kleinen Friseurladen in Sassnitz.

 

MEIN ERSTES MAL MIT ANGERMÜNDE

MAL SCHNELL ERZÄHLT
ALLTÄGLICHES (46-4)

Dienstagmorgen, 06.00 Uhr, der Wecker klingelte.
Klara war bereits wach, sie hatte die ganze Nacht unruhig geschlafen.

Sie musste an ihre Mutter denken, die sie besuchen wollte, und sie dachte daran, was sie alles erwartete, wenn sie in Sassnitz ankam. Ihre Mutter litt an Demenz, lebte aber in ihrer Wohnung. Noch ging es mit allem so einigermaßen, kam allein zurecht, noch.

Trotzdem befiel Klara nach einigen Wochen eine innere Unruhe, auch wenn sie wusste, dass ihr Bruder nach Kräften vor Ort ihrer Mutter zur Seite stand.

„Du kannst noch liegenbleiben, der Zug fährt erst 08.54 Uhr von Bernau ab und es reicht, wenn wir kurz nach acht Uhr von hier aus losfahren“, sagte Klara zu mir.

„Jetzt bin ich wach“, antwortete ich, während ich mich aus dem Bett hievte.
Normalerweise standen wir morgens gegen vier Uhr auf.
Aber heute war ja ein besonderer Tag, denn Klara wollte in dieser Woche ihrer Mutter helfen, die Wäsche zu waschen, die Wohnung sauberzumachen und unerledigte Papiere zu sortieren und das

Nötige zu tun, damit alles wieder in seinen normalen Bahnen lief.
Wir fuhren pünktlich von Basdorf ab. Klara hatte eine Tasche mit, die ich hinten ins Auto verfrachtet hatte. Und dann war da noch dieser unförmige Beutel.

Klara hatte dort einen Eimer verstaut, mit allerlei Sachen, die sie ihrer Mutter mitbringen wollte.

Der Beutel ließ sich schlecht tragen, weil die Schlaufen kaum mit einer Hand zu greifen waren. Klara hatte einen Eimer darin verstaut, mit verschiedenen Sachen. Sie konnte nicht anders, sie dachte stets daran, worüber sich andere Leute freuen könnte, wenn sie ihnen etwas mitbrachte. Und diesmal war mal wieder ihre Mutter dran.

„Muss das sein?“, fragte ich sie.
„Ja!“, antwortete sie in einem Ton, der keinen Widerspruch duldete.
Wir fuhren los und stiegen in Bernau am Bahnhof aus und begaben uns ins Bahnhofsgebäude.

Als wir auf die Tafel schauten stand dort, dass der Zug nach Stralsund nicht durchfahren würde. Von Eberswalde bis nach Angermünde war ein Schienenersatzverkehr eingerichtet worden.
„Lass uns einen Ausflug nach Angermünde machen“, sagte ich spontan zu Klara.

„Ach, warum willst du das auf dich nehmen?“, fragte Klara.
„Lass uns hier warten, bis der Zug kommt“, sagte sie noch.
In der Zwischenzeit näherte sich uns ein junger Mann. Er schwankte und wir hatten Angst, dass er vom Bahnsteig kippte.

„Habt‘ ihr mal ‚nen‘ Euro oder ‚einsfuffzig‘, ich fahre immer zwischen Bernau und Eberswalde hin- und her, und jetzt habe ich furchtbaren Durst“, sagte er zu mir.

„Was wolltest du denn damit kaufen?“, fragte ich ihn.
„Wasser“, antwortete der schlagfertig. Da klappten offensichtlich die Reflexe noch.
Denn Wasser sagen und an Alkohol denken, das war ja gar nicht so einfach, da würde sogar ich durcheinanderkommen.

„Meine Frau hat nur 50 Euro dabei und wir können nicht wechseln.“
Der junge Mann schaute mich an, blickte zu Klara hinüber, die wiederum mir finstere Blicke zuwarf.

Schließlich drehte er sich um, ging eine Bank weiter, streckte sich darauf aus und schlief sofort ein.
„Bist du nicht ganz bei Trost? Wie kannst du sagen, dass ich 50 Euro in der Tasche habe?“

„Ich wollte nur ehrlich sein, und ihm sagen, wie es ist“, meinte ich zu ihr.
Sie seufzte nur und sagte nichts mehr.
Wir eilten die Treppen vom Bahnsteig hinunter, liefen über den Vorplatz des Bahnhofs, stiegen ins Auto und machten uns auf den Weg in Richtung Angermünde.

„Wann kommt die Abfahrt nach Angermünde?“, fragte mich Klara ungeduldig während der Fahrt auf der A11.
„Keine Sorge, die kommt bald“, antwortete ich knapp.
„Wenn ich dich zum Zug gebracht habe, dann werde ich mal eine kleine Stadtrundfahrt machen, vielleicht ziehen wir ja hierher, wenn du auch in Rente bist“, sagte ich noch.

„Was willst du in Angermünde?“, fragte Klara spöttisch.
„Du, ich glaube, das ist ein niedliches Städtchen, freundliche Menschen und Berlin ist auch nicht weit“, sagte ich zu ihr.

„Ja, da hast du recht, dann mach‘ mal einen Spaziergang durch den Ort“, sagte sie.

„Vielleicht kannst du ja darüber einen kleinen Artikel auf deinem Blog schreiben“, meinte sie noch.

„Gute Idee!“, sagte ich und freute mich schon auf den Spaziergang vom Bahnhof aus in Richtung Stadtmitte.
Wir kamen in Angermünde an, ich steuerte eilig auf den Parkplatz vor dem Bahnhofsgebäude, stellte den Motor aus und eilte nach hinten, um die Tasche und den Beutel herauszuholen.

„Lass‘ uns schnell machen, dann erreichen wir vielleicht noch den nächsten Zug“, sagte ich.
Wir hasteten mit dem Koffer in Richtung Vorhalle.
„Ach, ich habe meine Schutzmaske vergessen“, sagte ich.
„Warte, ich laufe schnell zurück.“

Ich sah zu meinem Auto und entdeckte schon von Weitem einen weißen Zettel, der hinter dem rechten Scheibenwischer klemmte.
‚Verwarnung‘, stand auf dem Zettel, und weiter: ‚KFZ: PKW Jeep, Rot,
Wann: von 02.06.2020 09.37 Uhr bis 02.06.2020, 09.40 Uhr in Angermünde, Bahnhofsplatz Parkplatz“, stand darauf.
„Sie parkten bei Zeichen …. ohne die durch Zusatzzeichen vorgeschriebene Parkscheibe (Bild…)“, las ich weiter.
20, 00 Euro Verwarngeld sollte ich zahlen, würde ich auch.

Was sollte ich sonst tun?
Dabei achtete ich darauf immer, wirklich immer, dass ich einen Parkschein löste oder die Parkscheibe sichtbar im Auto hinlegte.
Diese Regel, die ich stets einhielt, wurde an dem Tag durch die Ausnahme bestätigt, die ich machte.

Wie kam das zustande? Es war Schienenersatzverkehr geplant, ich fuhr deshalb Klara selbst nach Angermünde, damit sie den Zug schaffte.

In dieser Hektik habe ich nicht mehr an die Parkscheibe gedacht.
Weiter unten auf dem Zettel stand eine Telefonnummer.
Ich wählte sie auf meinem Handy an. Ich wollte wenigstens erklären, warum ich die Parkscheibe nicht hinterlegt hatte.

Es meldete sich keiner.
Aber würde das die Mitarbeiterin oder den Mitarbeiter überhaupt am Telefon interessieren?
Wohl kaum. Die fühlten sich wahrscheinlich sogar noch von mir belästigt.

Also drückte ich auf die Taste und beendete das Telefonat, bevor es überhaupt begonnen hatte.

Ich lief mit Schutzmaske bewaffnet zurück in den Bahnhof.
„Was ist los?“, fragte Klara.
„Ach nichts“, sagte ich zu ihr. Ich muss 20 Euro zahlen.“

„Wofür?“, fragte sie mich.
„Parkscheibe vergessen“, sagte ich knapp.
„Tja“, meinte Klara nur. „Aber 20 Euro schon nach der kurzen Zeit?“, fragte sie dann doch.
„Was soll’s, der Tag ist jetzt versaut“, sagte ich.

Wir verabschiedeten uns, Klara wollte auf dem Bahnsteig bleiben, bis der Zug 11.33 Uhr nach Stralsund abfuhr.

„Ich rief sie noch einmal aus dem Auto an.“
„Ich bin auf dem Rückweg“, sagte ich zu ihr.
„Ach, ich denke, du wolltest noch durch Angermünde lustwandeln und dann darüber schreiben?“

„Na, die Lust ist mir gründlich vergangen“, sagte ich zu ihr und ich glaube auch nicht, dass wir hier wieder jemals herfahren“, meinte ich.

„Aber der rote Klatschmohn sieht auf den Feldern so prächtig aus, und das kannst du dir ohne Bußgeld anschauen“, sagte ich weiter zu ihr.

Klara lachte und ich bekam allmählich auch wieder gute Laune.

 

 

 

VOM GLÜCK DES SCHEINBAR BANALEN, NICHTERWÄHNENSWERTEN IM ALLTAG

MAL SCHNELL ERZÄHLT

ALLTÄGLICHES (48-11)

Wir sind zu Krümel gefahren. Sie empfing uns am Fahrstuhl, sie hüpfte uns entgegen und schrie freudig, „Oma, Opa!“, und wollte gleich auf den Arm von Klara.

Ich hatte mir extra im Fahrstuhl die Mütze noch so aufgesetzt, dass der Schirm nach hinten zeigte und Krümel sich nicht gleich die Stirn daran stieß, wenn ich sie mit den Armen hochheben sollte.

Aber das war ja nun gar nicht nötig gewesen.
Sie war nun im Arm von Klara.
Trotzdem, ich freute mich natürlich wie ich sah, dass Klara und Krümel strahlten.

Laura war eigentlich gerade dabei, Krümel anzuziehen.
Aber nun sauste sie aufgeregt auf dem Flur hin- und her.

Wir gingen zu Laura in die Wohnung hinein und Krümel rannte weiter vom Wohnzimmer ins Schlafzimmer, den langen Flur entlang und kreischte laut vor Glück.

Schließlich gelang es mir, sie zu fassen, was ihr noch mehr Spaß bereitete.
Ich zog ihr die Hose an und ein kleines Nicki-Shirt. Was einfacher gesagt war, als ich es auch faktisch hinbekam.

Krümel zappelte und wollte unbedingt an die Tüte mit den Schokoladeneiern, die wir ihr mitgebracht hatten. Ich holte die Tüte mit den Schokoladen-Eiern und einem Behälter mit kleinen Schokoladen-Plätzchen. Ich ließ Krümel selbst auswählen, was sie essen wollte.

Sie ließ sich Zeit, jetzt hatte sie ja den vollen Zugriff drauf. Krümel wählte die Smilies. Sie versuchte den Verschluss zu öffnen und kippte die ganze dünne Plastikflasche auf die Seite, sodass sie gleichzeitig zwischen 10 und 12 Plätzchen auf einmal in die Hand bekam.

Die restlichen hatte ich aufgefangen. Krümel führte die Hand zum Mund und wollte alle Plätzchen auf einmal in den Mund stecken. Nur mit Mühe konnte ich sie davon abhalten.

Das gelang mir auch, doch für vier Plätzchen kam jede Hilfe zu spät. Sie steckten im Mund von Krümel und wurden von ihr zermalmt, während sie mich mit ihren leuchtenden Augen anstrahlte.

Früher, bei Laura, da hätte ich geschimpft und den Finger erhoben, jetzt konnte ich nur noch versuchen, dass Krümel mein Lachen nicht mitbekam.

Laura kam ins Zimmer, sah, dass Krümel den Mund vollgestopft hatte, und sie war nicht begeistert.

Naja, wir sind eben die Großeltern. Da kann man doch mal eine Ausnahme machen, oder?

Ich überlegte: Brauchte ich noch mehr, um glücklich zu sein? Naja, ein bisschen vielleicht. Aber irgendwie auch nicht.

DEN KLEINSTEN AUGENBLICK ZUM SCHREIBEN NUTZEN

SCHREIB-ALLTAG (4)

Ich stehe vor der Waschanlage in meinem Dorf und habe mich in den Schatten gestellt, direkt unter einen Baum. Hinter mir ist der Friedhof, vielleicht deshalb diese Ruhe.

Ich verstehe es immer besser, die Momente der Ruhe, die sich mir bieten, für das Schreiben zu nutzen. Wenn du immer auf den perfekten Moment für dich wartest, dann wirst du ihn wahrscheinlich nie bekommen.

Und ich habe gelernt, überall zu schreiben. Jetzt zum Beispiel habe ich keinen Tisch, keinen Zettel, keinen Stift. Nein, ich schreibe im Stehen. Ich habe lange gebraucht, damit ich das hinbekomme. Ich schreibe auf einem iPhone 6S, ein Handy, das noch dazu nicht allzu groß ist.

Also nehme ich das Handy quer, halte es zwischen den den beiden Händen, tippe mit den Daumen auf die Buchstaben der Tastatur. Das geht gut.

Aber nur deshalb, weil ich unendlich viele Übungen absolviert habe, mich bis zum Erbrechen vertippt und allmählich weniger und weniger Fehler gemacht habe.

Ich beobachte, was um mich herum so passiert. Da stehen zwei Monteure, die zu mir herüberschauen, rauchen und erzählen.
Oder da kommt ein LKW an und der Fahrer steigt aus, sieht sich um, geht in die Tankstelle hinein.

Ich trainiere auf diese Weise von unterwegs aus meine Beobachtungen und Erlebnisse schriftlich festzuhalten, um sie später zu verwenden – für eine kleine Geschichte vielleicht.

Das Tor zur Waschanlage geht hoch, es quietscht fürchterlich.

Ich bin der nächste, der in die Anlage reinfahren kann, also setze ich drei Punkte und klappe den Lederdeckel vom iPhone zu.

Banal? Ja, sicher, aber mir macht es Spaß, selbst so kleine Nebensächlichkeiten festzuhalten.
Ich schreibe morgen weiter.

DER WEG BLEIBT FÜR LANGE ZEIT MEIN ZIEL

INTERVALLFASTEN

50 KILO ABNEHMEN (28-6)

Zum Ergebnis: Ich habe 1,4 kg abgenommen, in der Zeit von Freitag, den 22.05.2020 bis Freitag, den 29.05.2020.

Bei 121,9 kg habe ich begonnen und am letzten Freitag vor Pfingsten wog ich 120,5 kg.

Aber ich habe es übertrieben. Ich habe nämlich 36 Stunden gar nichts gegessen und wäre beim Rasenmähen bald umgekippt.

Außerdem bekam ich starke Gallenbeschwerden, sodass ich abends, einen Tag vor Pfingsten, in die Notaufnahme musste.

Der Weg ist richtig, das Ziel stimmt.

Jetzt muss ich nur noch daran arbeiten, dass der Weg auch für sehr lange mein eigentliches Ziel sein wird, und darauf muss ich mich einstellen.

Also nicht übertreiben mit dem Fasten und dennoch dranbleiben.

SO HABE ICH NEB-MITARBEITER*INNEN ERLEBT – HILFSBEREIT, HERZLICH

Ich schreibe seit geraumer Zeit auf diesem Blog über den Alltag, die Menschen im Alltag, ihre Träume, Sehnsüchte, Konflikte und Erlebnisse, und ich werde oft gefragt, warum ich mich ausgerechnet solchen banalen Erzählungen widme.

Der Reiz einer Geschichte liegt für mich im Alltag, weil wir hier die überwiegende Zeit unseres Lebens verbringen, hier die auf den ersten Blick unscheinbaren, und deshalb scheinbar nicht erwähnenswerten Dinge stattfinden.

Beschäftigst du dich aber mit diesem Banalen, dann siehst du, mit welcher stillen Herzlichkeit Menschen handeln, sie oft nicht darüber reden, gar nicht auf diesen Gedanken kämen, sondern einfach ihrer Arbeit nachgehen.

Was wären wir ohne unsere Hilfsbereitschaft, ohne unsere Ehrlichkeit und ohne unser Mitgefühl für andere?
Ich berichte seit Jahren darüber, wie aufopferungsvoll sich Mitarbeiter von Pflegeeinrichtungen um pflege- und hilfsbedürftige Menschen kümmern.

Die meisten von ihnen machen darum keine großen Worte.
Ein weiterer Grund für mich, es an ihrer Stelle, für sie zu tun.
Dieses Mal erzähle ich von einer Begebenheit, die ich kürzlich selbst erlebt habe.
Der Kern der Geschichte ist schnell erzählt:
Ein Mitarbeiter der Niederbarnimer Eisenbahn findet die Tasche meiner Frau. Sie hat sie auf dem Weg zur Arbeit im Zug liegengelassen, mit einem wichtigen Notizbuch und Geschäftspost von mir.
Der Mitarbeiter meldete sich bei uns und gab später die Tasche in der NEB-Stelle in Basdorf ab.
Normal? Ja, sagen die meisten.
Banal? Auf den ersten Blick, oberflächlich betrachtet.
Aber wenn du näher hinschaust, dann erkennst du hier einen Menschen, der hilfsbereit und ehrlich gehandelt hat.
Das ist Service, den man voraussetzen kann, würde manch einer an dieser Stelle sagen.
So einfach sind die Dinge aber nicht. Nichts ist einfach im Leben, in der Arbeit. Nur, wenn du Menschen hast, die gewillt sind, anderen zu helfen, die ihnen im Alltag etwas Gutes tun wollen, für sie da sein möchten, einfach so, ohne große Worte, fast unbemerkt – ja dann kriegt der oftmals zur Worthülse verkommene Begriff ‚Service‘ einen tieferen Sinn, eine ethische Komponente.
Das ist meine Geschichte.

Mittwochfrüh, 5.00 Uhr.
Ich brachte meine Frau K. zum Bahnhof, wie jeden Tag eben.
K. hatte meist zwei Taschen bei sich, von denen sie eine stets umgehängt trug.

Und dorthinein steckte sie ihr Frühstück, ihre persönlichen Utensilien, wie zum Beispiel den roten kleinen Kalender mit persönlichen Notizen und wichtigen Telefonnummern.

K. hatte auch noch einen geschäftlichen Brief von mir in diese Tasche gepackt. Ich hatte sie gebeten, ihn mit Rückschein nachmittags bei der Post aufgeben.

Wir unterhielten uns noch einen Augenblick und dann stieg K. aus, um ihren Zug zu erreichen.

„Vergiss deine Tasche nicht“, sagte ich zu ihr, als sie die Autotür auf ihrer Seite schließen wollte.

„Ja“, sagte sie. Ihre Stimme klang genervt und gequält.
Sie beugte sich nach vorn und nahm den Beutel an sich.
„Ich mein‘ ja nur“, sagte ich zu ihr, um nicht den ‚Oberlehrer‘ herauszukehren.

Schließlich vergaß ich ja selbst oft genug etwas. Kleine Dinge, die ich danach schmerzlich vermisste.

Ich fuhr zurück und setzte mich wenig später an meinen Schreibtisch, um meinen Tagesaufgaben nachzugehen.

Gegen 06.00 Uhr klingelte das Telefon. Eine Handynummer. Ich stutzte und überlegte, ob ich rangehen sollte.

Zu oft wurde ich in der Arbeit unterbrochen und hatte es mit Werbeanrufen zu tun. Aber gegen sechs Uhr ein Werbeanruf? Wohl kaum. Also nahm ich den Hörer ab.

„Hier ist die Niederbarnimer Eisenbahn, mein Name ist P.“, erklang eine ruhige und freundliche Stimme am Telefon.
„Ihre Frau hat ihre Tasche bei uns im Zug liegenlassen“, sagte er weiter.

„Oh, das ist aber sehr nett, dass Sie die Tasche mitgenommen haben und sich gleich melden“, antwortete ich und freute mich, dass der Mitarbeiter gleich bei mir angerufen hatte.

„Ich kann Ihre Frau nicht erreichen“, setzte Herr P. nach.
„Das kriegen wir hin. Ich werde sie anrufen und sie bitten, dass sie sich bei Ihnen meldet“, antwortete ich.

Herr P. gab mir noch die Telefonnummer vom Kundendienst durch, ich bedankte mich und legte auf.

Erst jetzt bekam ich einen richtigen Schreck.
Ich wollte natürlich nicht, dass persönliche Notizen und Briefe von uns verloren gingen.

„Du hast die Tasche vergessen“, sagte ich K., als ich sie anrief.
„Was hab‘ ich?“, fragte K. mich.
„Du ‚haaast‘ deine Tasche vergessen!“

Die Verbindung war schlecht, K. saß gerade in der S-Bahn.
‚Das kann nicht wahr sein, sie vermisst noch nicht mal ihre Tasche‘, dachte ich.

„Ruf‘ mich bitte vom Festnetz an, wenn du auf Arbeit bist“, versuchte ich ihr mit deutlicher Stimme zu sagen.

„Ja, mach‘ ich“, sagte sie und beendete das Gespräch.
Eine halbe Stunde später rief K. wieder an, diesmal von ihrer Arbeit.

„Hast du gar nicht mitbekommen, dass du nicht mehr zwei Taschen bei dir hast“, fragte ich sie vorwurfsvoll und ärgerte mich gleich über meinen belehrenden Ton.

„Ach Gott, das fehlt mir noch“, rief sie.
„Na mir auch“, konnte ich mir nicht verkneifen.

„Und was nun, wo ist die Tasche jetzt?“
„Gute Frage“, erwiderte ich trocken. Ich wollte sie wenigstens für einen Augenblick zappeln lassen.

„Sag‘ schon“, meinte K.
„Keine Sorge, ich hatte einen Anruf von Herrn P. von der NEB, der hat deine Tasche gesichert und du kannst sie abholen, wenn du heute Abend ankommst“, sagte ich.
K. atmete hörbar auf.

Wir legten die Hörer auf und K. rief danach sofort Herrn P. zurück.
Nachmittags erhielt ich einmal einen Anruf aus der Zweigstelle der NEB in Basdorf.

„Ich wollte Sie nur informieren, dass die Tasche Ihrer Frau hier bei uns angekommen ist“, sagte eine freundliche Mitarbeiterin.
„Wenn Sie einverstanden sind, dann kann ich auch die Tasche abholen“, bot ich ihr an.

Sie war einverstanden. Ich setzte mich ins Auto und fuhr zum Bahnhof in Basdorf.
‚Wie schön doch jetzt das Gebäude aussieht, in dem früher eine Gaststätte war‘, dachte ich bei mir.

Ich klingelte zunächst an dem neuen Gebäude.
Dort meldete sich aber keiner, ich musste eine Tür weitergehen, so wie die Mitarbeiterin es mir gesagt hatte. Aber sie konnte nicht wissen, dass ich mich grundsätzlich im Eingang vertat.

An der richtigen Tür angekommen, öffnete die Mitarbeiterin die Tür und schaute mich an.
„Wir hatten gerade telefoniert und sie sagten, ich könnte die Tasche abholen“, meinte ich zu ihr.
„Ja gern, bitte hier ist sie“, sagte die Mitarbeiterin und übergab mir den Beutel.
„Herzlichen Dank“, antwortete ich.

Wieder zuhause angekommen, sah ich nach, ob alles noch in der Tasche war. Es war alles da. Ich fischte noch ein Brötchen heraus und ließ es mir schmecken.
Abends, als K. von der Arbeit zurück war, sagte ich zu ihr: „Du, Strafe muss sein. Ich habe dein Frühstücksbrötchen aufgegessen.“

„Ich denke, du machst Intervallfasten?“, antwortete sie.
„Ja, aber jetzt ist das Intervall, wo ich was essen kann“, legte ich einfach fest.

„Na dann hättest du auch das zweite Brötchen essen können, was in der Tasche außerdem ist“, sagte K. zu mir.

„Mist, und ich hatte gerade zu der Zeit so einen Hunger.“
K. lachte und wir waren beide froh, dass die Sache für uns so gut ausgegangen war.

Hatten die Mitarbeiter ‚nur‘ ihren Job gemacht?
Dann wäre es wirklich zu einfach.

Aber es gibt nichts, was einfach ist, im Vorbeigehen geschieht.
Hätte Herr P. nicht auch an der Tasche vorbeigehen können?

Na klar. Später hätte er vielleicht gesagt, dass er nichts gesehen hat, dann wenn sich meine Frau gemeldet hätte.
Aber Herr P. dachte anders, handelte anders. Er wollte helfen.

Danke.

GUTE WORTE UND GUTE GEDANKEN HELFEN – FÜR DEN MOMENT

ANNA IST DEMENT (65)

Anna fröstelte, obwohl es ein warmer Maiabend war. Sie stand auf dem Balkon und konnte so das Treiben im Stralsunder Hafen und auf dem Wasser beobachten.

Es war einer jener Momente, in denen sie alles klar sah, sogar Zusammenhänge gedanklich herstellen konnte.

Sie grübelte. Warum musste Wilhelm nur so früh sterben und sie allein zurücklassen?

Anna fühlte sich einsam, wurde depressiv und fand nichts Schönes mehr an dieser Welt.

An jenem Abend dachte sie an ihre Kinder und es wurde ihr warm ums Herz, so wohlig, dass sie schon weniger fror.

„Ach, es ist schön, dass Lukas mich so oft besucht und fragt, wie es mir geht“, dachte sie.

„Wie gut hatte sich der Junge nur entwickelt, so fleißig und zuverlässig, wie er jetzt war, einfach schön.

Und dann hat er ja noch diese ‚Scheißarbeit‘ mit den vielen Ferienwohnungen in Stralsund und auf Rügen.“

Anna seufzte, als sie im Stillen an ihn dachte.

Ja, Anna hatte Glück gehabt mit ihren Kindern und die auch mit ihrer Mutter.

Das machte es für Klara und Lukas so schwer, die richtigen Worte ihr gegenüber zu finden, und manchmal auch etwas energischer aufzutreten.

Anna fühlte es, dass Klara und Lukas ihr halfen. Nur was sie taten, das vergaß sie regelmäßig.

„Lukas kommt ja so gern zu mir und er mag es, für mich einzukaufen“, erzählte sie Klara kürzlich am Telefon.

Anfangs hatte Klara noch etwas darauf entgegnet, wie schwierig es war, von ihr einen Einkaufszettel zu bekommen.

Es klingelte und Anna ging vom Balkon ins Wohnzimmer.

Klara war am Telefon: „Hallo Mutti, wie geht es dir?“

„Naja, wie soll’s mir schon gehen“, sagte Anna mit einem traurigen Unterton in der Stimme.

„Warst du nicht auf dem Balkon? Es ist doch so schön heute gewesen“, versuchte Klara sie aufzumuntern.

„Ach, es ist war ja so herrlich, ich komme doch gerade vom Balkon. Du glaubst ja nicht, wie schön es hier bei mir ist.“

Klara glaubte es ihr aufs Wort, denn Lukas hatte vor ein paar Tagen Blumen für ihren Balkon besorgt, alles aufgeräumt und die Stühle hingestellt.

„Mutti, was siehst du denn heute von deinem Balkon?“

Anna begann mit Eifer zu erzählen, Klara hatte sie dazu gebracht, dass sie aufstand, während sie erläuterte, wie toll doch alles aussah. Und die Aussicht erst.

Morgen würde wieder Lukas kommen, nach ihr schauen, etwas zu trinken hochholen, den Einkaufszettel durchgehen und abends, da war Klara wieder am Telefon.

 

 

 

 

SCHREIBEN GEHÖRT ZUM LEBEN

ALLTÄGLICHES (48-9)

Schreiben ist nichts Elitäres, nein, es hilft dir im Alltag, dich besser zu fühlen, fokussierter zu werden.

Schreiben ist nicht nur auf eine kleine Gruppe von Menschen beschränkt, die vielleicht damit auch noch ihr Geld verdienen, mal mehr oder meist weniger.

Nein, Schreiben gehört zum Leben, wie das Essen, Trinken oder die Arbeit. Ich beginne oft morgens damit, auf einem Blatt Papier loszuschreiben und komme so in den Tag, weiß danach, wo ich die Schwerpunkte in der Arbeit setzen will.

Außerdem trainiert es mich, lebendiger zu schreiben.
Und: Lebendig zu schreiben, das ist nicht nur was für andere Menschen, zum Beispiel, diejenigen, die den Text gerade lesen.
Es ist vielmehr: Wenn ich schreibe, spreche ich nämlich mit mir selbst.

Man könnte das als Tagebuch ansehen. Ich glaube, dass es wichtig für das eigene Verständnis ist, weil ich ansonsten keine Botschaften aussenden kann, an mich selbst und an andere mir wichtige Menschen.

Im Laufe meines Lebens habe ich erfahren, wie wichtig es ist, sich über seine Gedanken und Gefühle klar zu werden. Und das geht am besten, wenn du die Dinge aufschreibst.

Du kannst am See sitzen, über das Wasser schauen und über deinen Alltag nachdenken. Das ist eine gute Sache.

Willst du aber tatsächlich etwas verändern, so musst du es konkret machen. Das kriegst du aber nur hin, wenn du schreibst, deine Gedanken ordnest, Vereinbarungen mit dir selber triffst.

STELLENANZEIGE – PFLEGEDIENST MARTINA LIPPERT

Wir suchen Pflegefachkräfte - examinierte Krankenschwestern und Krankenpfleger, Altenpflegerinnen und Altenpfleger.
Des Weiteren suchen wir Pflegehelferinnen und Pflegehelfer,
Hauswirtschaftskräfte, Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter für die Betreuung.

Wir sind ein Unternehmen, das familienfreundlich ausgerichtet ist.
Wir setzen auf Menschen, die Spaß daran haben, anderen Menschen zu helfen, die sich weiterentwickeln wollen und gern in einem Team arbeiten, in dem sie sich selbst verwirklichen können und gleichzeitig Verantwortung übernehmen.

Die Vergütung ist an die Tarife des öffentlichen Dienstes angelehnt.
Wir zahlen leistungsabhängige Zulagen.
Nehmen Sie Kontakt mit uns auf, sprechen Sie mit uns oder schreiben Sie uns – wir melden uns in jedem Fall bei Ihnen zurück.

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Geschäftsführende Gesellschafterin
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LEISTUNGEN DES PFLEGEDIENSTES MARTINA LIPPERT

Leistungen:
 - Grund- und medizinische Behandlungspflege,
- Verhinderungspflege,
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WOCHENBILANZ – FASTEN

50 KILO ABNEHMEN (5-28)

Zum Ergebnis: 
Ich habe 1,8 kg geschafft, gemessen von Freitag zu Freitag.
Am 15.05.2020 wog ich 123,7 kg und am 22.05.2020 121,9 kg.

Hätte ich noch mehr schaffen können?
Ja, hätte ich.

Woran lag’s?
Zum einen habe ich nicht immer konsequent die 16:8 Regel eingehalten, also 16 Stunden fasten und 8 Stunden etwas essen.

Und zum anderen habe ich dann, wenn ich essen durfte, zu viel auf einmal in mich hineingestopft – vorsorgen für die Zeit danach.

Insgesamt: Weniger Ausreden, mehr auf die Regeln achten, disziplinierter sein.

‚EMMA NICHT SCHULD, PAULINE SCHULD‘

MAL SCHNELL ERZÄHLT
Krümel war bei ihren Großeltern Klara und Peter auf dem Dorf zu Besuch, zusammen mit ihrer Mama Laura. Der richtige Name von Krümel war Emma Pauline, aber so nannte sie kaum jemand.

Peter sprach Emma Pauline fast ausschließlich mit Krümel an.
Das hatte sich in seinem Kopf festgesetzt, und die anderen Familienmitglieder nannten sie ebenfalls so, bis auf die Ausnahmen, wenn es etwas Ernsteres zu besprechen gab.

Aber so viel gab es mit Krümel nicht zu besprechen, noch nicht. Meistens reichte ein erhobener Finger oder ein ‚oh, oh‘ Emma, das darfst du nicht‘, oder etwa ein strenger Blick, der Emma davon abhielt, den Knopf von der Spülmaschine umzudrehen.

Krümel war mal wieder aus dem Zimmer in die Küche gelaufen, hatte den Stuhl an den Kühlschrank gestellt und versuchte, die Tür zu öffnen.

Sie wollte ein Eis essen und damit nicht bis nach dem Mittagsschlaf warten.
Deshalb beobachtete sie mit wachen Augen, wie Klara schon mal das Eis aus dem Gefrierschrank holte und von da aus in den Kühlschrank legte.

Klara nahm Krümel an die Hand und ging mit ihr ins Wohnzimmer, bevor Laura sie nach oben zum Schlafen brachte. Aber Krümel hatte anderes vor. Sie lief noch einmal von allen unbemerkt in die Küche und schaute wie gebannt am Kühlschrank hoch.

Jetzt musste sie also nur noch die Kühlschranktür aufbekommen. Sie schob ihren kleinen Hocker ran, sodass sie gerade so an den Griff der Tür gelangte.

Doch plötzlich verlor sie dabei ihr Gleichgewicht, der Stuhl begann zu wackeln und kippte schließlich nach hinten. Es polterte lautstark und ihre Oma und ihr Opa schossen wie elektrisiert aus ihren Sesseln hoch und hasteten in die Küche.

Krümel war zum Glück nicht auf dem Hinterkopf gelandet. Sie weinte nicht, hielt ihr Stangeneis in der Hand, dass sie noch greifen konnte, bevor sie stürzte. Sie schaute Klara und Peter schuldbewusst an.

Vor dem Kühlschrank lag die Butterdose auf dem Boden und aus einer heruntergefallenen Packung tropfte langsam Milch auf die Fliesen.

„Emma, bist du das gewesen?“, fragte ihr Opa sie mit strengem Blick, und war insgeheim froh, dass seinem geliebten Krümel nichts passiert war.

„Opa, nein, ‚ich nicht war'“, sagte Emma.
„Aber wer war es dann?“, hakte ihr Opa nach und versuchte weiter grimmig zu schauen.

Die Zweieinhalbjährige guckte ihn mit unschuldigen Augen an und wiederholte: „Emma nicht, ‚Pauline war‘“.

Ihr Opa schaute sie verdutzt an?
„Wer?“

„Papa, Pauline ist ihr zweiter Vorname! Hast du das vergessen?“
Jetzt brach es aus ihrem Opa heraus, er lachte und konnte sich nicht mehr halten.
„Jaha Opa, Pauline, mhm!“, Emma nickte zur Bekräftigung mit ernster Miene.

„Sprich du noch mal mit ihr“, sagte Peter zu Laura, ich kann jetzt nicht ernst bleiben“, meinte er.

Emma hatte inzwischen die Situation gut analysiert und wandte sich zielsicher an das mental schwächste Glied, ihre Oma.
„Eis, ja Oma?“, fragte sie Klara und hielt das leicht zerdrückte Stangeneis fragend nach oben.

Laura wollte gerade mit einer erzieherisch notwendigen Ansprache an Emma beginnen.

Da kam ihr Klara zuvor: „Hier hast du ein neues Eis, meine Süße.“
Emma nahm es, sagte höflich danke zu ihrer Oma und verschwand ruhigen Gewissens aus der Küche.

Pauline, ja, die konnte sich vielleicht was anhören, während Emma in Ruhe am Eis leckte.

ICH BIN EIN SCHÜLER DES SCHREIBENS

SCHREIB-ALLTAG (3)

Von den schwierigen Anfängen beim Schreiben eines Schulaufsatzes, vom Unterschied zwischen Reden und Schreiben, und von der Qual und zugleich der Sucht, immer wieder zum Bleistift, zur Tastatur zu greifen.

Ich glaube, wenn es um das Schreiben geht, so wird jeder bestätigen, dass jeder von uns irgendwas Vernünftiges zu Papier bringen kann.
Klar, die Fähigkeiten sind hier unterschiedlich ausgeprägt. Dem einen fließt es direkt aus der Feder aufs Papier, von der Tastatur auf den Bildschirm, andere quälen sich stärker.

DIE ANFÄNGE – AUFSATZ SCHREIBEN

Jeder kennt das, wenn du in der Schule einen Aufsatz schreiben solltest und gar nicht wolltest, egal, ob nun in Ost oder West sozialisiert – du hattest dabei den Bleistift angeknabbert, deine Hände mit Tinte beschmiert, und alles nur aus einem Grund: Du wusstest nicht, wie du beginnen solltest.

Später, als ich meine Diplom-Arbeit im Fach ‚Schiffsmaschinenbetrieb‘ schrieb, da konnte ich mich noch hinter Zahlen, Diagrammen und Kurven verstecken.

Im Fach Volkswirtschaft wurde es schon schwieriger, es ging ja nicht nur darum, komplexe Vorgänge zu beschreiben, sondern ebenfalls schon erste analytische Schlussfolgerungen aufs Papier zu bringen.

Die schwierigste Zeit des wissenschaftlichen Schreibens begann für mich in der Wendezeit. Ich schrieb zur Rolle der Menschenrechte im KSZE-Prozess und was sie in Bezug auf die Erhaltung des Friedens und einer stabilen Demokratieentwicklung für eine Rolle spielten.

DER UNTERSCHIED ZWISCHEN REDEN UND SCHREIBEN

Ich hatte gute Lehrer, die mir sagten: „Rede nicht, fang an zu schreiben!“
Und wenn du an dem Punkt selbst schon einmal warst, wird dir klar, worüber ich gerade rede, besser schreibe.

Es gibt diesen gewaltigen Unterschied zwischen dem Reden und der Fähigkeit, Worte aufs Papier zu bringen, schreibend einen Satz an den anderen zu reihen.

Ich war stets ein guter Redner, ein Dozent, der seine Zuhörer mitreißen konnte. Oft haben mir Freunde gesagt: „Schreib‘ doch mal auf, was du heute erzählt hast, das war so interessant.“

Willst du es dann tatsächlich umsetzen, dann starrst du aufs Papier oder auf deinen Computer.
Du redest dir ein, dass du erst einmal in deine E-Mail schauen musst, könnte ja sein, du verpasst etwas.

Schnell wird dir klar: Zwischen dem Schreiben wollen und dem Schreiben können klafft ein riesiges Loch, und wenn du nicht etwas dagegen unternimmst, dann fällst du genau da hinein.
Das hört sich nach ein bisschen jammern an. Zugegeben, ist es auch.

DU SIEHST BEIM SCHREIBEN DEINEN LESER NICHT

Mir geht in solchen Momenten durch den Kopf, woran es wohl liegt, dass es einem stets aufs Neue so schwerfällt, etwas zu Papier zu bringen.

Ein Grund ist, dass du nicht siehst, wie der, der deine Zeilen liest, reagiert.
Oder er sagt vielleicht: „So ein Schmarrn, langweil‘ mich nicht mit deinem Gelaber.“

An der Mimik desjenigen, dem du etwas erzählst erkennst du sofort, was er denkt, ob es ihn interessiert, oder ob er gerade nebenbei an sein leckeres Mittagessen vom Vortrag denkt.

Es muss dir also beim Schreiben gelingen, deinen ‚Zuhörer‘ zu motivieren, am Blatt zu bleiben, obwohl du nicht deine Mimik, deine Stimme miteinsetzen kannst.

Ich glaube, jeder der sich mit der Schreiberei herumplagt, steht jeden Tag erneut vor dieser Herausforderung.
Dabei sehe ich mich nicht einmal als Schriftsteller, der über genügend Erfahrung verfügt, um seinen Leser immer wieder neu an sich zu binden.

DER WEG DES SCHREIBENS – MEIN ZIEL UND MEIN STÄRKSTES MOTIV

Ich bin ein Schreiber, der Erlebnisse aus dem Alltag festhält, aus der Gegenwart oder aus der Vergangenheit.
Nur, da muss ich ja auch die Konflikte, die Emotionen von Menschen möglichst genau beschreiben.

Oder gestern, am Vatertag. Da saß ich auf der Terrasse, schrieb mit einem Bleistift auf Papier und fand es unglaublich schön, genau das zu tun.

Aber wie kann ich das ausdrücken? Dass die Vögel zwitscherten, im Hintergrund sich Nachbarn gedämpft unterhielten es nach frischen Blumen duftetet, die Klara gerade eingepflanzt hatte, und dass sich der große und schwere Sonnenschirm knarrend bewegte, so dass du dachtest, du wärst bei einer leichten Brise auf einem Segelboot unterwegs?

Da muss ich noch üben, weiterschreiben, wieder üben und wiederum: schreiben!
Das hört wohl nie auf. Aber es ist ja auch schön. Es muss was dran sein, am Spruch, dass der Weg gleichzeitig dein Ziel sein sollte.

WENN WIR TRAURIG SIND, WIRD’S AUCH NICHT BESSER

ANNA IST DEMENT (64)

Samstagmorgen.
„Endlich, die Woche ist geschafft.“

Peter atmete hörbar aus, als er das sagte. Klara war noch dabei, das Frühstück auf den Tisch zu stellen, während sich Peter bereits hingesetzt hatte und dabei war, die Füße auf den zweiten Korbstuhl hochzuhieven.

„Wovon bist du denn so kaputt?“, fragte Klara.
„Du bist doch nicht einmal mit der S-Bahn nach Berlin reingefahren“, setzte sie noch nach.

„Ja, das stimmt schon, aber ich habe doch hier am Schreibtisch gesessen und wie verrückt geplant.“

Klara sagte nichts darauf, denn sie fürchtete, dass Peter ihr sofort einen längeren Vortrag darüber halten wollte, wie schwer es sei, von Zuhause aus zu arbeiten.

„Ach, du arbeitest von Zuhause aus?“, hatte Anna ihn schon oft gefragt. Das klang für Peter immer so, als wäre das in ihren Augen keine richtige Arbeit.

Dabei war es oft intensiver am eigenen Schreibtisch zu sitzen und zu arbeiten, als es in einem Bürojob der Fall wäre. Die Ablenkungen sind Zuhause nicht so groß, weil keiner da war, der stören konnte.

Nur Peter selbst konnte das tun, was er auch mehr als einmal am Tag tat.
Peter hatte aber auch keine Lust, dieses Thema erneut zu diskutieren. Seit Corona hatte er ohnehin den Eindruck, dass die Leute der Arbeit im Homeoffice mehr Beachtung schenkten.

„Wie geht es eigentlich Anna?“, fragte Peter stattdessen.
„Ach, alles wie immer“, sagte Klara. Sie klang bedrückt.
„Ist wirklich alles in Ordnung oder ist irgendwas?“, hakte Peter noch einmal nach.

„Ja, es macht einen irgendwie traurig, wenn du erlebst, wie Anna zusehends verfällt, geistig und auch körperlich“, sagte Klara nun doch.

„Aber jetzt stell‘ dir mal vor, wie es Lukas ergeht. Er hat nahezu täglich mit Anna zu tun und es bleibt ja trotzdem seine Mutter. Wenn du es direkt im Gegenüber siehst, dann fühlst du dich ganz anders“, versuchte Peter Klara aufzumuntern.

„Das ist es ja, dass wir nicht viel tun können, eigentlich gar nichts, um die Krankheit aufzuhalten“, sagte Klara.

„Was bringt es uns, wenn wir die ganze Zeit traurig sind?“, fragte Peter.
Klara nickte stumm.

„Wir werden das alles nicht aufhalten, aber wir können etwas für den Moment tun, für Anna und auch für uns.“

Klara wusste, was Peter meinte. Sie fühlte, dass es besser war, selbst in diesen Zeiten glücklich zu sein, das Leben zu genießen und ein Stück dieses guten Gefühls an Anna weiterzugeben.

„Die Demenz ist da, Anna vergisst immer mehr, aber sie hat auch ihre lichten Augenblicke. Und dann sollten wir sie zum Lachen bringen, auch wenn es schwerfällt. Und wir können auch selbst über Annas kuriosen Antworten lachen, denn wir lachen sie ja nicht aus“, sagte Peter.

„Das stimmt, es ist besser, sich auf das Gute zu konzentrieren, denn die Krankheit bleibt so oder so. Und auf diese Weise können wir meine Mutter vielleicht ebenfalls ein wenig glücklicher machen, antwortete Klara.

„Das meine ich doch.“ Peter hatte die Füße vom Stuhl genommen.
„Lass uns den Tag genießen“, sagte Peter und goss Klara Kaffee in die Tasse.

Das Telefon klingelte.
Laura kündigte ihren Besuch an. Sie wollte in zehn Minuten mit Krümel gemeinsam am Bahnhof im Dorf ankommen. Peter biss in das Brötchen, nahm noch einen Schluck Kaffee, verbrannte sich dabei die Zunge und eilte zum Bahnhof.

Wenig später stiegen Krümel und Laura aus dem Zug aus.
Krümel hatte ihren Sturzhelm auf und auf dem Rücken ihren kleinen Rucksack.

„Opa, ich ‚pomme‘“, rief sie schon von Weitem.
‚Das wird ein schöner Tag‘, dachte Peter und fing Krümel auf, die auf ihn zustürzte.

 

DIE WOCHE BEGANN BEI MIR MIT EINEM FASTENTAG


50 KILO ABNEHMEN (28-4)
INTERVALLFASTEN (4)

Seitdem ich mit dem Intervallfasten begonnen habe, spüre ich immer mehr, dass ich wacher und aufmerksamer bin, mich insgesamt besser fühle, wenn ich mal mit dem Essen für eine geraume Zeit aussetze.

Montagfrüh gab es bei mir lediglich Tee zu trinken, und es gab nichts zu essen. Muss ich mich anstrengen, das bis dienstagfrüh durchzuhalten? Ja, schon, alles andere zu behaupten, das wäre unehrlich von mir.

Aber ich habe gute Gründe, das nach dem letzten Wochenende zu tun. Ich habe mal wieder über die Stränge gehauen, Kuchen mit Schlagsahne gegessen, mittags und abends kräftig zugelangt.

Krümel und Laura hatten uns unverhofft besucht und da sitzt man in gemütlicher Runde um den Tisch, ist weniger streng zu sich selbst. Deshalb bin ich am Montagmorgen gar nicht erst auf die Waage gestiegen, sondern ich habe mir sofort die Beschränkung im Essen für den gesamten Tag auferlegt.

Damit ich mich zusätzlich besser motivieren kann, habe ich mir das Kapitel ‚Die heilsame Wirkung des Fastens von der Antike bis heute‘ von Prof. Andreas Michalsen vorgenommen.
(Vgl. dazu: Prof. Dr. Michalsen: ‚Mit Ernährung heilen. Besser essen, einfach fasten, länger leben. Neuestes Wissen aus Forschung und Praxis‘, Inselverlag; Kapitel: ‚Die heilsame Wirkung des Fastens von der Antike bis heute‘, E-Book;)

Es ist unglaublich für mich, wie lange es alle diese Erkenntnisse schon gibt, und ich sie trotzdem ignoriert oder wenigstens nicht in genügendem Maße berücksichtigt habe. Mark Twain hat bereits darübergeschrieben, dass manchmal das Fasten die besten Arzneien und Ärzte ersetzen kann.
(Vgl. ebenda)

Andreas Michalsen erläutert für mich gut nachvollziehbar, dass die Methode des Fastens in der Geschichte der Menschheit weit zurückreicht.

Das Wechseln von Nahrungsaufnahme hin zum Verzicht auf Essen, das reicht über 100 000 Jahre zurück.

Erst mit dem sich entwickelnden Ackerbau und der Viehzucht vor ca. 12 000 Jahren wurde regelmäßiger Nahrung aufgenommen. Und trotzdem, der Stoffwechsel des Menschen hat sich ja kaum verändert, und das seit über Einhunderttausend Jahren.
(Vgl. ebenda)

Mit den aufstrebenden Industrieländern in der Mitte des letzten Jahrhunderts veränderten sich unsere Ernährungsgewohnheiten gravierend, und das nicht zum Besen, wie ich selbst am eigenen Leib verspüre.

Da bin ich ‚Täter und Opfer‘ in einer Person.
Warum? Nun, weil ich natürlich über Jahre und Jahrzehnte der verführerischen Seite des genussvollen Essens erlegen bin, und andererseits, weil sich die Gene und der Stoffwechsel des Menschen ja kaum verändert haben.
(Vgl. ebenda)

Das bringt natürlich die Krankheiten mit sich, die eine moderne Zivilisation aufzubieten hat – Übergewicht, Bluthochdruck zum Beispiel.

Fasten stärkt die Gesundheit. Darüber sind sich die Experten einig. Wie man es am besten anstellt, eine Weile zu hungern, nichts zu essen, zu welchen Zeiten man das tun sollte, und wie man Nahrungsverzicht auf der einen Seite mit gesunder Ernährung auf der anderen Seite verknüpft, das kann man meiner Meinung nach in der ‚Fasten- und Ernährungsfibel‘ von Prof. Michalsen sehr gut nachlesen.

Ich lese weiter darin, und ich arbeite daran, dass das Wissen bei mir nicht ‚totes Kapital‘ bleibt.

LERNE DICH SELBST BESSER KENNEN

ALLEIN MIT MEINEN INNEREN STIMMEN

‚Warum willst du uns eigentlich ständig bei dir haben?‘, fragen mich manchmal meine inneren Stimmen ‚Draufgänger‘, ‚Sensibler‘ und ‚Theoretiker‘.

‚Das ist gar nicht so leicht zu beantworten‘, sage ich dann.
Und weiter: ‚Ihr seid ja ohnehin bei mir, egal, was ich über euch denke‘.

‚Das stimmt schon‘, meint Theoretiker, ‚aber es muss doch einen Grund dafür geben.‘

‚Theoretiker‘ hat recht. Meine inneren Stimmen machen schon zu einem großen Teil auch meine Individualität aus.

Sind wir nicht ständig dabei, zu messen und zu vergleichen, unsere Normen an andere anzulegen?

Gibt es überhaupt eine objektive Beurteilungsmöglichkeit für andere Menschen?

Sicher, wenn man zum Beispiel die Werte und Normen, die die Gesellschaft vorgibt, zugrunde legt.

Und trotzdem: Ich beurteile einen Menschen, der mir etwas sagt, stets danach, wie ich die Dinge einordne, was ich fühle, und was ich glaube.

Ich denke, wenn wir andere Menschen kennenlernen wollen, so legen wir zuallererst unsere eigenen subjektiven Maßstäbe an. Wie auch können wir entscheiden, ob uns jemand sympathisch ist oder eben auch nicht?

Das kannst du nur aus der eigenen individuellen Natur heraustun.
Kennt man sich also selbst sehr gut, geht man sicherlich mit anderen Menschen in bestimmten Situationen nachsichtiger um.

Im Straßenverkehr werde ich oft wahnsinnig, wenn jemand vor mir mit 40 km/h fährt, anstatt dass er wenigstens auf die 50 km/h hochgeht. Das ist meine innere Stimme ‚Draufgänger‘, die mich dann nervt und nach vorn peitscht.

‚Sensibler‘ hingegen sagt zu mir: ‚Reg‘ dich doch nicht auf. Vielleicht hat der Fahrer vor dir ein persönliches Problem, das an ihm nagt, oder er ist generell nicht von der schnellsten Sorte. Gib‘ ihm den Freiraum, den er braucht, um sicher fahren zu können. Du hast auch was davon.“

Und nur weil ich weiß, wie ‚Sensibler‘ reagiert, kann ich an mir halten und verurteile den Menschen vor mir nicht vorschnell, fälle kein ungerechtes Vorurteil.

„Also, ‚Sensibler‘, ‚Theoretiker‘ und auch ‚Draufgänger‘, je besser ich euch kennenlerne, wie ihr reagiert, lerne ich, auch andere Menschen besser einzuschätzen, mit ihnen besser umzugehen.“

‚Na hoffentlich!‘, schallt es mir von allen drei Stimmen gemeinsam entgegen.

WAS MICH AM SCHREIBEN ÜBER DEN ALLTAG BEGEISTERT (TEIL 1)

SCHREIB – ALLTAG (1)

Ich schreibe schon lange, eigentlich schon mein ganzes Leben.

Aber zum Geschichtenerzählen komme ich erst so richtig in letzter Zeit, und da bin ich auch noch ganz am Anfang.

Ich schreibe vor allem Geschichten, die mit dem Alltag zu tun haben.

Bin ich deshalb ein Schriftsteller?
Nein, sicher nicht.

Aber ich muss mich natürlich trotzdem an die Regeln des Schreibens halten, und deshalb muss ich sie mir auch aneignen. Auf jeden Fall ist das ein stetiger Prozess des Lernens, Übens und Schreibens.

Mehr und mehr stelle ich mich dabei den Anforderungen an das belletristische Schreiben. Das ist für mich wie ein Abenteuer, eine Reise in ein unbekanntes Land.

Ich schreibe in dieser Rubrik darüber, was mir am Alltag ‚über den Weg läuft‘, wie ich es verarbeite, und , wie ich das Handwerk des Schreiben trainiere und was es mir bringt.

Ich will dem Leser Menschen aus dem Alltag  näherzubringen, ihre Konflikte, ihre Hoffnungen, Sehnsüchte und die Schwierigkeiten zeigen, mit denen sie in ihrem Umfeld zu tun haben.
Mich reizt das Banale, das, was wir am Tag erleben, eben das, was wir oftmals nicht aufmerksam genug hinterfragen.

Dabei gibt es viel mehr schöne Dinge als hässliche Erlebnisse im Alltag, humorvolle Episoden, die es lohnt, festzuhalten.

Sicher ist es ja auch interessant, quasi den Weg des Schreibens zu dokumentieren – mein handwerkliches Verständnis davon, die Erfolge und Niederlagen, die Fehler und vor allem die Motive, warum ich weitermache.

Schreiben und verwerfen, wieder schreiben, lesen und dann wieder schreiben. Eintönig?
Ja, irgendwie schon. Anstrengend? Und wie.
Trotzdem: Es bleibt faszinierend.

 

WAS MICH AM SCHREIBEN ÜBER DEN ALLTAG BEGEISTERT (TEIL 2)

SCHREIB – ALLTAG (2)

Das Faszinierende am Schreiben ist für mich: Ich kann Menschen in alltäglichen Situationen beobachten, ich bin an wechselnden Schauplätzen, es gibt stets neue Ausgangssituationen, und ich schreibe zu vielfältigen, sich abwechselnden Themen.

Manchmal fragt mich meine Frau, warum ich mir das alles antue. Eine richtige schlüssige Antwort kann ich ihr darauf nicht geben.

Das Schreiben hat auf mich eine ungeheure Anziehungskraft, es frisst dich mit ‚Haut und Haaren.“

Natürlich fahre ich beispielsweise nicht zuerst ins Fitness-Center, um Menschen beim Training zuzusehen und anschließend darüber zu schreiben, sondern um selber Sport zu treiben, fit zu bleiben, vorausgesetzt, das Center bleibt nicht mehr lange wegen Corona geschlossen.

Ich beobachte gern, was um mich herum passiert.

Was könnten nun ein Leser daran interessant finden? Ich kenne natürlich nicht die genauen Motive jedes Lesers.

Jedoch glaube ich fest daran, dass jeder von uns bestimmte eigene Erlebnisse in Alltagssituationen wiedererkennt und sich freut, dass es anderen genauso ergangen ist.

Manch einer will vielleicht auch nur unterhalten werden, für einen Moment aus seiner Realität aussteigen und in den Alltag des Erzählers eintauchen.

Für mich als Autor ist es eine spannende Sache, wenn ich mich in meine Gedankenwelt begebe und sie abgleiche mit dem, was ich gerade erlebt und gesehen habe.

Ich denke, wir alle können mehr glücksbringende Momente in alltäglichen Situationen entdecken, als wir es für möglich halten.

Mark Twain war es wohl, der sinngemäß formulierte, dass es vor allem zwei Tage im Leben eines Menschen sind, die für ihn eine Bedeutung haben – nämlich der Tag der Geburt und der Tag, an dem er weiß, warum er auf der Welt ist.

Jeder wird diese Frage anders beantworten. Ich denke, dass dies die wirklichen mentalen Anker im Leben sind.

Ich habe lange Zeit gedacht, dass ich einiges vollbracht habe, weil ich intensiv studiert habe, um mir möglichst viel Wissen anzueignen.

Dann kam die Wende und ich hatte das Gefühl, ich stünde beruflich vor dem Nichts.

Und wieder versuchte ich, meinem Leben einen neuen Sinn zu geben, Anerkennung durch Leistungen in einer neuen, anderen Welt zu bekommen.

Wirklich glücklich bin ich aber erst, seitdem ich erkannt habe, dass ich mich selbst so nehmen muss, wie ich bin und ich Kraft aus meiner neuen Gelassenheit ziehe.

Hat das was mit dem Alter zu tun?

Ich glaube schon.

Und mit dieser inneren Ruhe ziehe ich in meine neuen Abenteuer, dem Schreiben über das Alltägliche, über Menschen im Alltag.

 

ORLI UND BERLINGA (2)

2020.05.16

ORLI UND BERLINGA (2)

Hallo Krümel,

ich erzähle weiter über Orli und Berlinga. Orli, das ist ein BMW. Ich fuhr ihn vor vielen Jahren.

„Ein BMW kann doch nicht sprechen“, wirst du jetzt denken. Stimmt. Aber wir tun einfach mal so, als ob der 7er BMW es kann. Und dann ist da noch Berlinga, der kleine Renault. Orli hat sich ein bisschen in Berlinga verliebt, aber die will von Orli nichts wissen.

Bis zu dem Tag, wo Berlinga hinten ein Reifen platzte, sie halten mussten und Orli vorbeikam, anhielt und seinen Fahrer, in dem Fall mich, um Hilfe für Berlinga bat.

Was blieb Orlis Fahrer also übrig?
Orlis Fahrer ging zum Auto zurück und setzte sich auf den hinteren Sitz und nahm das Telefon aus der Mittelkonsole heraus. Du musst wissen, Krümel, vor fast 20 Jahren, da gab es noch nicht so schöne Handys, wie wir sie heute haben. Ich meine zum Beispiel das Smartphone von deiner Mama.

Das also, womit du versuchst immer abzuhauen, um durch die ganze Wohnung zu laufen, bis Mama dem schließlich ein Ende bereitet und du dich lautstark beschwerst. Naja, später wirst du das alles besser verstehen. Aber ich schreibe das schon jetzt mal für dich auf.
Zurück zu Orli.

Orlis Fahrer wählte eine Telefonnummer und hoffte darauf, den Abschleppdienst zu erwischen oder noch besser einen Service, der beim Reifenwechsel half.

„Der hat doch nur Angst, dass er sich schmutzig machen könnte“, dachte Orli bei sich.
„Warum machst du das eigentlich nicht selbst und hilfst dem Fahrer von Berlinga?“, fragte Orli seinen Fahrer.

Der schwieg. Er wusste, wenn er jetzt keine Hilfe heranholen konnte, dann musste er wohl selbst mit Hand anlegen. Und das, obwohl er im weißen Hemd und Schlips im Auto saß.
„Wir müssen weiterfahren, ich habe einen Termin“, sagte nun Orlis Fahrer.

„Das kommt gar nicht infrage“, antwortete Orli.
„Du machst, was ich dir sage, und wenn ich den Zündschlüssel umdrehe, dann springst du an und fährst los.“
„Warum?“, fragte Orli.
„Weil du das Auto bist, und ich bin der Fahrer!“

Orli antwortete nicht darauf.
„Dann geht eben mein Motor nicht an“, dachte Orli und schaute, was seine Freundin Berlinga machte. Die stand immer noch schief. Berlingas hinterer Reifen war ja platt.

Plötzlich sah Orli ein gelbes Auto, das sich von hinten annäherte. Sein Gesicht hellte sich auf und er rief: „Berlinga, deine Hilfe kommt gleich. Halte durch.“
Berlinga lächelte gequält, denn ihr taten die Hacken, ich meine die hinteren Reifen, weh.

ORLI UND BERLINGA

2020.05.16

ORLI UND BERLINGA (1)

Der Fahrer von Jeepy erzählt Krümel von seinen Abenteuern mit Orli, dem BMW.

Guten Morgen Krümel,

hier ist Jeepi, dein bester Freund. Naja, auf jeden Fall einer deiner besten Freunde. Ich steh‘ hier draußen, unter dem Carport, und ich friere mir die Reifen ab.

Damit ich mich aufwärme, erzähle ich dir ein bisschen von meinem großen Bruder, Orli.

Orli war ein großer Lulatsch. Seine richtige Bezeichnung war 7-er-BMW. Orli, der ist überall hingefahren, zum Beispiel nach Bad Hersfeld.

Da hat ihn sein Fahrer, dein Opa, immer in eine große Tiefgarage gestellt. Er musste manchmal stundenlang dort stehen. Und so hat er sich eine Freundin angelacht. Die hieß Berlinga und war eine Französin.

Orli hat morgens schon geschaut, wo Berlinga bleibt und dann hat er gehofft, dass sie genau neben ihm parkt.

Am Anfang hat Berlinga stets ein bisschen die Nase hochgetragen.

Sie wollte von Orli nichts wissen. Der war ihr zu lang und ihrer Meinung auch zu träge.

„Du bist viel zu langsam für mich“, sagte sie eines Tages zu ihm. Da war Orli ganz traurig. Bis er Berlinga auf der Autobahn wiedertraf.

Orli sah ganz weit vor ihnen die Heckscheibe von Berlinga.

„Jetzt erlaub‘ mir doch mal, die Reifen durchzudrehen“, sagte Orli zu seinem Fahrer. Aber der dachte gar nicht daran. Der wollte schön gemütlich fahren, leise Musik hören und vor sich hindösen.

Plötzlich blieb Berlinga auf dem rechten Seitenstreifen der Autobahn stehen. Ein Reifen war geplatzt.

Orli war ganz aufgeregt.

„Wir müssen halten und Berlinga helfen“, rief Orli zu seinem Fahrer.

Der aber reagierte nicht. Da hörte Orli einfach auf, seine Räder zu drehen.

„Orli, du wirst jetzt sofort wieder schneller laufen“, sagte der Fahrer.

„Werde ich nicht. Ich muss mal halten. Ich habe Durst. Ich brauche Wasser“, sagte Orli da störrisch.

„Also gut, wir halten auf dem nächsten Parkplatz“, sagte der Fahrer.

„Nein, ich kann nicht mehr. Bitte halte sofort.“

„Wo?“

„Na hier, wo der Renault steht.“

„Ok“, sagte der Fahrer.

Er bremste und fuhr auf die rechte Standspur.

„Eigentlich darf ich hier gar nicht halten“, sagte er noch.

Aber Orli war das egal, er hatte nur Augen für Berlinga, die hinten rechts ein wenig stief stand. Sie guckte gequält.

„Können wir helfen?“, fragte Orlis Fahrer, in der Hoffnung, dass Berlinga’s Fahrer ablehnte.

„Oh ja, Sie kommen wie gerufen“, antwortete jedoch der Fahrer von Berlinga.

„Was kann ich tun?“

„Könnten Sie den Pannendienst rufen, ich habe kein Telefon dabei.“

„Das kann ich machen“, sagte Orlis Fahrer und zwinkerte Berlinga zu.

Die lachte gequält zurück, denn ihr hinterer Fuß, äh Reifen, tat ihr weh.

„Wird schon“, sagte da Orli zu ihr. Jetzt schaute sie schon etwas freundlicher.

 

 

FASTEN BEGINNT MICH ZU FASZINIEREN

INTERVALLFASTEN
50 KILO ABNEHMEN (28-3)Fasten, Intervallfasten im Besonderen, zieht mich immer mehr in seinen Bann.
AKTUELLER STAND VON FREITAG, 15.05.2020: 
123,7 kg. 
Montag waren es noch 126,1 kg. Das sind also 2,4 kg weniger gegenüber dem Wochenanfang. Aber die große Bewährungsprobe kommt noch: das Wochenende. Doch jetzt bin ich erst einmal glücklich, dass ich durchgehalten habe.

Als ich in der vergangenen Woche damit erneut begann, war ich vorher auf der Waage. Ich hatte wieder zugenommen.
Das war schon ein Schock für mich, denn ich war ja bereits vor einem Jahr viel weiter gewesen.

Doch nun muss ich nach vorn schauen.
Ein Weg, mit dem ich mich selbst ‚überliste‘ ist, dass ich anfange, mich in Literatur zu diesem Thema ‚einzugraben‘. Es wird viel geschrieben, und es gibt eine Menge an Büchern dazu.

Das ist nicht erstaunlich, wenn du dich näher mit diesem Phänomen befasst, denn gefastet wird seit Jahrhunderten, noch dazu in allen Glaubensrichtungen.

Warum also beginne ich so spät damit, mich intensiver mit dieser hochinteressanten Thematik zu beschäftigen?

Ein wichtiger Grund ist, dass ich eben in der Zeit von Corona wieder enorm zugelegt habe. Ich sitze faktisch noch mehr am Schreibtisch als jemals zuvor, und ich fahre morgens nicht mehr ins Fitness-Center.

‚Du kannst noch weiter herumjammern oder du fängst endlich an, etwas zu tun‘, würde meine innere Stimme Draufgänger sagen.
Draufgänger hat recht. Und so habe ich einfach angefangen, ohne groß zu überlegen. Erst einmal halte ich die 8:16 Regel ein, also 8 Stunden etwas essen und 16 Stunden eben nichts.

Und so merke ich, dass ich mich schon schlanker fühle. Gut, dieses Gefühl ist sofort wieder verschwunden, wenn ich mich seitlich im Spiegel betrachte.

Aber ich merke, dass ich wacher bin, energiegeladener. Und irgendwie macht mich das Intervallfasten demütiger. Ich will noch so viel schaffen, schreiben, mit Krümel herumtoben.

Doch was nützen deine Vorhaben, wenn du vorher vom Stuhl fällst oder der unter deinem Gewicht zusammenbricht? Das muss ich verhindern. Ich bleib‘ dran.

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SCHNAPSTORTE HAT NICHTS MIT FASTEN ZU TUN

INTERVALLFASTEN
50 KILO ABNEHMEN (28-2)
Kurz vor dem Wochenende, sagte Klara zu mir, dass sie gern mal wieder ein Stück Schokoladentorte essen würde. „Oh ja, am liebsten Schnapstorte", sagte ich daraufhin. Als wir am Freitag vom Einkaufen kamen, da packte Klara zwei Tortenböden aus.

„Wofür sind die?“, fragte ich sie.
„Na ich denke, du willst Schnapstorte haben?“

Ja, wollte ich, wenn ich ehrlich war. Aber wie passte das in mein Abnahmeprogramm, wo ich doch ohnehin soweit hinterherhing?
Also gut, ich freute mich auf die Torte. Als Klara Schnaps auf den Tortenboden gießen wollte, fragte ich, ob ich das tun könnte.
Klara reichte mir die Flasche.

„Nur ganz wenig“, meinte sie noch. Zu spät, ich war schon dabei, den Tortenboden kräftig mit Schnaps zu tränken.

Als die Torte fertig und Klara sie am Samstag nachmittags zum Kaffee auf den Tisch stellte, da sah sie phantastisch aus. Und sie schmeckte genauso, wie sie aussah.

Am Montag stieg ich auf die Waage. Das Grauen bekam ein Gesicht – über ein Kilo an Gewicht zugelegt.

Was hatte das mit dem Heilfasten, das ich gerade so emsig im Buch eines Experten nachlas?

Naja, nicht viel. Aber hatte der Autor nicht irgendwo geschrieben, dass man am Wochenende ruhig ein Stück Kuchen essen könnte?

Ich musste diese Seite finden. Gut, dass ich natürlich vorher nach Kräften mich an das Fasten hätte halten müssen, das setzte der Autor natürlich voraus.

Irgendwie bestimmen ja doch die Ausnahmen die Regeln.
Aber nun musste Schluss sein, mit Schnapstorte und anderen Ausnahmen.

DACKEL HANNA WILL NICHT ZU KURT INS AUTO

ALLTÄGLICHES (50-2)

HERTA UND KURT (2)

Kurt hat zusammen mit Hanna das Auto erreicht. Ein Stück weiter ab standen Arthur und Sieglinde und winkten.

„Die können es nicht abwarten, bis sie dich los sind“, sagte Kurt, während der Dackel ihn immer noch anknurrte. Kurt hatte die beiden gebeten, nicht bis zum Auto mitzukommen, damit ihnen der Abschied nicht so schwerfiel.

Außerdem wollte Kurt den Hund als ‚warm-up‘ allein ins Auto bugsieren.

„Nun geh‘ doch schon rein“, brummte Kurt. Dabei lächelte und winkte er Sieglinde freundlich zurück. Die hatte inzwischen ein Taschentuch gezückt, das sie ständig zu ihren Augen führte.

„Jetzt sei mal für einen Augenblick eine ganz brave Hanna. Zeig‘ deinem Frauchen, wie lieb du in Wirklichkeit bist und lass dich von mir in das Auto heben“, sagte Kurt zum Dackel, während der ihn mit unvermindertem Hass anknurrte.

„So, jetzt rollen wir dich hier in die Decke ein und schon bist du auf dem Sitz von Jimmy.“

Hanna bellte nun noch lauter. „Sollen wir dir nicht doch helfen, wenigstens beim Einsteigen?“, riefen Arthur und Sieglinde.

‚Das fehlte noch‘, knurrte Kurt. Das hörte sich jetzt schon genauso wie Hannas Hassgebell an, nur eben leiser.

„Nein danke, alles gut“, rief Kurt laut zurück. Dann erinnerte er sich an die dunkelblaue Decke, die im Kofferraum lag. Sie war mal ein Gratisgeschenk, das Kurt in einer Tankstelle ergatterte. Herta hatte die Decke anschließend an den Seiten zusammengenäht, damit sie darin die Fahrräder im Kofferraum des Autos transportieren konnten.

Sie hatten mit den Jahren eine ausgefeilte Technik entwickelt, wie das jeweilige Fahrrad in die Öffnung der Decke zu bugsieren war. Morgens, um fünf Uhr, war Hertas Fahrrad dran und später dann das von Krimi, Hertas und Kurts Tochter.

Krimi hieß eigentlich Kriemhild, doch dass mochte keiner sagen. Es war Kurts Einfall, sie so zu nennen. Herta wollte ihre Tochter eigentlich Kalinka nennen, denn sie waren gerade von ihrem vierjährigen Aufenthalt aus Moskau zurückgekehrt.

Das fand Kurt auch gut, aber er wollte einen Namen, der ausgefallen war. Heute sagte keiner mehr Kriemhild zu ihr, sondern der Name stand nur noch im Personalausweis, und den würde sie am liebsten auch noch ändern lassen.

Aber jeder kannte sie ohnehin nur als Krimi. Krimis Tochter Emma, die Enkelin von Herta und Kurt,  rief ihre Mutter mit ihren zweieinhalb Jahren manchmal ‚Kiiimi‘, was aber wie ‚Kiwi‘ klang.

Kurt schreckte aus seinen Gedanken hoch, denn Hanna stand noch immer vor der geöffneten Autotür und bellte, was das Zeug hielt. Kurt eilte nun kurz entschlossen nach hinten, öffnete die Hecktür und holte die blaue Decke heraus.

Er machte sie auf, legte sie auf den Boden vor Hanna hin und griff mit beiden Händen nach dem Dackel, der von dem blitzartigen Überfall überrascht wurde.

Kurt kullerte Hanna in die Decke, hob sie mitsamt Decke  mit einem Schwung hoch, und endlich – Hanna landete auf dem Sitz. Sie war nicht mehr zu hören.

Als Kurt die Decke öffnete, um sie herauszuholen, schnappte sie sofort nach seiner Hand. Kurt riss seine Hand vor Schreck und Schmerzen zurück und schaute Hanna verdutzt an, und die blickte wiederum ihn mit ihren großen hübschen Augen an.

Sie hatte aufgehört zu bellen. Sie zuckte ängstlich, in der Erwartung, dass sie wohl einen Hieb bekam. Das musste tief in ihr drinsitzen. Kurt wusste von Arthur und Sieglinde, dass Hanna von ihren Vorbesitzern sehr stark misshandelt worden war und sich deshalb vor allem Männern gegenüber sehr misstrauisch zeigte.

„Also, das war jetzt aber nicht sehr lieb von dir, Hanna“, sagte Kurt, nachdem sie ihn immer noch anschaute, was nun passieren würde. „Wir sind jetzt quitt. Ich hab‘ dich mit der Decke in einem Schwung auf den Sitz befördert und du hast mir dafür deine Fleischerzähne in meine Schreibhand gehauen“, sagte Kurt und staunte selbst, dass er so ruhig blieb.

„Komm‘ Jimmy, lass uns los düsen, auf nach Basdorf“, sagte Kurt, so als würde Jimmy nicht starten, wenn Kurt nicht vorher mit ihm geredet hatte. Kurt kurbelte das Fenster runter, winkte noch einmal zu Arthur und Sieglinde und dann brauste er mit Jimmy davon.

Hanna lag zusammengerollt auf der Decke und von ihr war nur noch ein weinerliches Jaulen zu hören. Kurt drehte den Radioknopf an, ‚Radio B2, Schlagerradio‘.

‚Wir fahren gemeinsam ins Glück, komm‘ lass uns Freunde sein…‘ trällerte eine piepsige Stimme und Kurt summte die eingängige Melodie mit.

Doch Hanna kläffte dagegen sofort an.

„Ist ja gut, wir werden schon noch Freunde, die Frage ist nur, wann“, sagte Kurt zu ihr und schaute dabei in den Rückspiegel.

Hannas misstrauischer Hundeblick verriet, was sie von alledem hielt, was Kurt in ihre Richtung sagte.

DAS WOHL SPANNENDSTE ABENTEUER MEINES LEBENS BEGINNT JETZT

INTERVALLFASTEN
50 KILO ABNEHMEN (29-1)
Ich kann es nicht glauben, dass ich mich dazu durchgerungen habe, mein Gewicht um ganze 50 Kilo zu reduzieren.
Diesen ersten Satz habe ich vor ca. einem Jahr geschrieben. Inzwischen habe ich es geschafft, 7 Kilo von meinem Gewicht herunterzubekommen. Doch das reicht natürlich nicht. Ich will jetzt damit beginnen, mich mit der Verbindung von Ernährung und Heilfasten zu beschäftigen, und meine Erkenntnisse auch im Alltag zu berücksichtigen.

Kann ich das schaffen? Ja, kann ich. Ich hab’s bergauf geschafft und 50 Kilo auf mein Normalgewicht gepackt und nun muss ich den Weg eben umgekehrt gehen.

Das wird genauso funktionieren.
Wirklich? Man sagt ja, der Abwärtsstieg ist oftmals komplizierter und gefährlicher, als eben in der umgekehrten Richtung.
Den Entschluss abzunehmen, hatte ich bereits im Januar gefasst.
Also so, wie man es macht, zu Beginn des Jahres.

Da wog ich 131 Kilo bei einer Körpergrößer von 178 cm.
Es schaudert mich, wenn ich allein diese Zahlen aufschreibe. Und ehrlich: Ich schäme mich auch.

Der Schrecken bekommt hier ein konkretes Gesicht.
Meine Frau hat mich gefragt, warum ich das öffentlich machen will und mich dadurch freiwillig scheinbar unnötigem Druck aussetze?
Ich habe ihr anfangs zugestimmt und nicht damit begonnen, darüber zu schreiben.

Aber es ging danach nicht so wirklich vorwärts.
Das Gewicht schwankte zwischen 131 und 128 Kilo.
Dann entschied ich mich, ins Fitness-Center zu gehen.
Dort war ich zur Einweisung und anschließend auf der sogenannten Fett-Waage.

Auf dem Display erschien, dass ich vom Geburtsalter her 66 Jahre alt bin, vom biologischen Alter her aber 77 Jahre. Das hat mich umgehauen.

Viele haben mir gesagt, dass ich viel jünger aussehe, als es in meinem Ausweis steht.
Und nun biologisch nicht jünger, sondern 10 Jahre älter?
Das war eine rote Linie, unsichtbar bisher, aber brutal ans Tageslicht gezerrt.

Das war der letzte Anlass, mich selbst mehr unter Druck zu setzen, mich zu motivieren.
Ich bin danach runter von 128 auf 127 Kilo.
Dann war wieder ein bisschen ‚Funkstille an der Abnahmefront‘.
Heute wiege ich 123,7, von den ‚up‘ and ‚downs‘ zwischendurch mal abgesehen.

Es geht also. Ich merke es an meinem Bauch, der etwas dünner geworden ist.
Und nun will ich das alles systematisch forcieren.
Hab‘ ich vor, zu hungern? Nein.

Will ich mit Macht abnehmen? Auch nein.
Was dann?
Ich werde es kontinuierlich betreiben.

Ich werde keine Diäten befolgen, nur gesünder essen, weiter Sport treiben.
Und: Ich will es schaffen durch ein Mentaltraining, deren Inhalte ich mir selbst erarbeite.

Darüber schreibe ich hier auf dem Blog, und zwar ehrlich, humorvoll, immer mit einem kritischen Seitenblick auf mich selbst.

Das wird die spannendste Reise meines Lebens.
Ich habe ein wenig Angst davor und ich freue mich auf dieses Abenteuer.

Was macht mich so sicher, dass ich es schaffen werde?
Scherzhaft habe ich als Untertitel ‚probehalber‘ dazugeschrieben.
Aber es ist kein ‚Probealarm‘!

Nein, es ist mir bitterernst.
Den Ausschlag werden meine Gedanken geben, meine innere Stimme wird mich nach vorn treiben. Sie alle werden mir die Kraft verleihen, die ich auf dem Weg benötige.

Meine eigene Motivation wird mich tragen.
Diese, meine Motivation ist das, was macht, das ich, der ich kann, auch noch will und darum alles tu‘.

 

 

 

 

ICH WILL STERBEN

ANNA IST DEMENT (63)

Der Tag begann mit herrlichem Wetter, die Sonne fing an zu scheinen, die Baumwipfel bewegten sich leicht und verdeckt von den grünen Zweigen der Bäume und Büsche waren die Vögel mit ihrem fröhlichen Gezwitscher zu vernehmen.

Anna war auf den Balkon gegangen und schaute von da aus auf den Strelasund. Auf dem Wasser waren Boote zu sehen und Segelschiffe, die langsam über die Wellen glitten.

Anna sah das alles, doch sie nahm es nicht wirklich wahr.
Ihr Gesicht schien regungslos und die Mundwinkel zeigten nach unten, so als ob es ganz furchtbar sei, an diesem schönen Tag auf dem Balkon zu stehen.

Es klingelte und Anna ging vom Balkon zurück in das Wohnzimmer und von da aus steuerte sie im Flur auf die Wohnungstür zu. Sie drehte den Schlüssel um, und noch bevor sie die Türklinke heruntergedrückt hatte, ertönte die Klingel ein zweites Mal.

Es war Lukas, der nach Anna sehen wollte.
„Du hast ja solange gebraucht, um die Wohnzimmertür zu öffnen“, sagte er.

„Ach, ich war auf dem Balkon“, sagte Anna.
„Und, schön über das Wasser zu gucken?“, fragte er Anna.
„Was soll denn daran schön“, fragte Anna mürrisch zurück.
„Mutti, wie viele Einwohner von Stralsund haben eine so schöne Wohnung mit einem phantastischen Ausblick auf den Strelasund?“
Anna antwortete nicht.

„Geht es dir nicht gut, Mutti?“, fragte Lukas besorgt.
Weißt du, ich will sterben!“

Lukas erschrak, obwohl es nicht das erste Mal war, dass Anna diese Satz sagte.

Sie äußerte sich vor allem dann so, wenn sie in einer depressiven Phase war, und sie den Eindruck bekam, dass sie sich nichts mehr merken konnte und zum Teil sogar in der eigenen Wohnung die Orientierung verlor.

„Warum willst du denn sterben?“, fragte Lukas mit leiser Stimme nach.

„Mir macht nichts mehr richtig Spaß und ich vergesse ja sowieso alles“, antwortete Anna. Ihr Gesicht hatte einen weinerlichen Ausdruck angenommen.

„Aber Mutti, wir sind doch alle für dich da und ich will für dich ja heute auch noch einkaufen. Soll ich dir Eis mitbringen?“
Lukas schaute Anna fragend und zugleich erwartungsvoll an.

„Das wird doch wieder alles schlecht im Kühlschrank“, sagte Anna knapp und trotzig.

Lukas ging, kaufte für Anna ein, brachte ihr Eis mit und verabschiedete sich traurig von ihr.
Am nächsten Tag rief Klara bei Anna an.

„Hallo Mutti, wie geht es dir?“
„Mir geht es gut, ich sitze gerade auf dem Balkon und schaue auf das Wasser. Weißt du eigentlich, wie schön es hier ist?“, fragte Anna fröhlich.

„Ja Mutti, das weiß ich, denn du wohnst ja immerhin dort schon seit über 60 Jahren.“

„Da hast du recht, aber ich wollte es nur noch einmal sagen.“
„Mutti, das ist doch wunderbar, und ich freue mich, dass es du heute gut drauf bist“, sagte Klara.

„Wieso heute? Mir geht es immer gut“, sagte Anna.
Klara rief später Lukas an und erzählte ihr von diesem Telefonat. Sie mussten beide lachen, obwohl ihnen nicht so richtig danach zumute war.