WARUM DIE BIBEL?

Bibel

BIBEL-2021.10.31

Alles begann damit, dass meine Frau mir vor zwei Jahren die Stuttgarter Erklärungsbibel 
zum Geburtstag schenkte.
Seitdem haben mich die Texte und Bibelinhalte nicht mehr losgelassen.
Warum das so ist, darüber habe ich in den vergangenen Wochen und Monaten immer mal wieder geschrieben.

Das war eine riesige Überraschung für mich, die Bibel in den Händen zu halten, die Seiten aufzuschlagen und zu schauen, was mich an spannenden Inhalten und Worten erwartete.

Ich bin nicht mit der Bibel groß geworden. Nur meine Oma aus Schwerin ging in die Kirche, und das auch noch sehr unregelmäßig.

Die Bibel als etwas ganz Wertvolles für mich und mein Leben zu entdecken, das passierte nicht über Nacht, nicht in einem Ruck, sondern viel mehr fast unmerklich für mich, aber merklich für meinen mentalen Zustand im Alltag.

Ich fand beim Durchblättern stärkende, motivierende, heilende Worte, und sie alle brachten mir mehr Lebensqualität für meinen Alltag.

Keine Sorge: Ich bin nicht jemand, der wie ein scheinbarer Prophet durch die Gegend läuft und suggeriert, wie toll das Leben ist. Dafür ist die Realität, der Alltag, den wir spüren, viel zu unerbittlich, wenn es um die Wahrheit geht.

Du kannst hier nur Ansätze finden, die du aber auch noch selbst begreifen und verinnerlichen musst.

Und dann kommt noch das schwierigste von allem. Die Frage nämlich, wie du die Erkenntnisse, die Weisheiten so in dein Leben einbaust, dass es für dich wirklich einen Mehrwert bringt.

Das geht nicht von außen. Nein, das kannst und musst du selber tun.
Vor kurzem habe ich zum Bleistift gegriffen und die Titel aller Bücher der Reihe nach abgeschrieben.

Es mag merkwürdig klingen, wenn ich sage: Ich habe die 66 Bücher von den Titeln her mit der Hand notiert.

Ich denke mit der Hand. Und wenn mir etwas besonders wichtig ist, dann mache ich anfangs handschriftliche Notizen.

In diesem Fall ging es um genau 39 Bücher aus dem Alten Testament und 27 aus dem Neuen Testament.

Kenne ich jetzt alle Bücher? Naja, die Frage kann nur rhetorisch angelegt sein.
Natürlich nicht. Und ich glaube, dass ich sie auch nicht mehr alle lesen werde, jedenfalls nicht mehr in diesem Leben.

Als Quelle dient mir in diesem Zusammenhang eben die erwähnte Stuttgarter Erklärungsbibel.
Dort sind die Inhalte der Bibeltexte nicht nur erläutert, sondern auch alle Bücher des Alten und Neuen Testaments enthalten. Hinzukommen noch die sogenannten Apokryphen. (1)

Kürzlich habe ich mich damit befasst, wie eigentlich aus der Bibel heraus richtig zitiert wird.
Als erstes nennt man das Buch, dann das Kapitel und anschließend kommen die Versziffern.

Ich habe geschwitzt, bevor ich es herausbekam. Wenn du es weißt, dann scheint es leicht.

Aber alles ist leicht, wenn man es erst einmal weiß.
Was mich außerdem magisch anzieht, das sind die Worte, wie sie geschrieben sind, wie die kurzen Sätze gebildet sind. Klar, so manches liest sich heutzutage altbacken. Aber du kannst hier schon viel lernen, wenn du deine Botschaften auf den Punkt bringen willst.

Ein Beispiel: Die Beschreibung der Schöpfung im Ersten Buch.
(Vgl. Schöpfung und Urgeschichte, Kapitel 1-11)

Ich lese die ersten Zeilen darin: „Am Anfang schuf Gott Himmel und Erde. Und die Erde war wüst und leer und es war finster auf der Tiefe; und der Geist Gottes schwebte auf dem Wasser. (V.2)
Und Gott sprach: Es werde Licht! Und es ward Licht. (V.3)

Das ist schon ausdrucksstark. Die Bibel hat mich in ihren Bann geschlagen, und zwar unwiderruflich.
Ich freu‘ mich schon, wenn ich sie wieder zur Hand nehme.

 

(1)
Stuttgarter Erklärungsbibel mit Apokryphen,
DIE HEILIGE SCHRIFT NACH DER ÜBERSETZUNG MARTIN LUTHERS,
MIT EINFÜHRUNGEN UND ERKLÄRUNGEN; DEUTSCHE BIBELGESELLSCHAFT.
ISBN 978-3-438-01123-7
Neuausgabe mit Apokryphen
© 2005 Deutsche Bibelgesellschaft
Zweite, verbesserte Auflage 2007
10.2016, S. 795

 

Mehr lesen:

 2021: https://uwemuellererzaehlt.de/mein-freund-der-alltag/alltaegliches-2021/  

2020: https://uwemuellererzaehlt.de/mein-freund-der-alltag/alltaegliches-2020/  

2019: https://uwemuellererzaehlt.de/mein-freund-der-alltag/alltaegliches-2019/  

2018: https://uwemuellererzaehlt.de/mein-freund-der-alltag/alltaegliches/

MEIN FAHRER ENTWICKELT VIELE AKTIVITÄTEN – MEISTENS ABER DIE FALSCHEN

JEEPY-2021.10.30

MEIN FAHRER HAT KEINE AHNUNG VON TASTATUREN

Hallo Krümel, hier ist Jeepy. Jetzt ist die Woche schon fast wieder rum und ich hoffe, dir geht es gut im Kindergarten und Zuhause, bei Mama.

Naja, einmal hat mein Fahrer dich ja gesehen, über Skype. Da hast du den Computer umarmt, weil du dachtest, dahinter ist dein Opa, mein Fahrer, versteckt.

Das hat meinen Fahrer sehr amüsiert und er hat danach richtig viel Schwung bei der Arbeit gehabt.

Aber ich wollte dir doch noch zu Ende erzählen, wie es weiterging, nachdem wir zurück in den Prenzlauer Berg mussten. Erinnerst du dich?

Mein Fahrer wollte dort die Tastatur austauschen, weil sie ja nicht funktionstüchtig war. Mein Fahrer ließ mich in der Tiefgarage zurück und eilte in das Einkaufscenter.

„Ich möchte diese Tastatur umtauschen. Die funktioniert nicht“, sagte mein Fahrer zu dem Verkäufer.

„Sie haben mich doch auch vor zwei Stunden beraten, richtig?“, hakte mein Fahrer noch nach.

„Hm“, brummte er und verzog sein Gesicht, als hätte er gerade in eine Zitrone gebissen.

„Was haben Sie denn mit der Tastatur angestellt, die ist doch ganz einfach zu bedienen?“, fragte der Verkäufer meinen Fahrer.

Der pumpte sich gerade hoch. Also sendete ich aus der Tiefgarage meine Signale: „Bleib ruhig, denk an deinen Blutdruck, es geht hier nur um eine Tastatur und nicht um Menschenleben.“

Aber der hörte das zwar, ignorierte das jedoch komplett.
„Ich bin jetzt richtig neugierig, was sie mit der Tastatur anstellen, um mir zu zeigen, was für ein Fachmann Sie sind“, sagte mein Fahrer.

„Ach, das haben wir gleich. Geben Sie mal her.“
Mein Fahrer reichte das Paket mit der Tastatur rüber und wartete gespannt, wie es nun weiterging.

„Bedienungsanleitung?“, fragte der Verkäufer.
„Drinnen“, antwortete mein Fahrer ebenso knapp.
„Brauchen Sie aber gar nicht zu schauen.“

„Warum nicht?“
„Weil kein Deutsch draufsteht.“
„Gibt es auch in Deutsch“, sagte der Verkäufer.
„Gibt es nicht.“
„Doch.“
„Nein.“
„Wollen wir wetten, dass kein Deutsch draufsteht?“, fragte mein Fahrer.

„Wenn die Anleitung auch in Deutsch ist, dann nehme ich die Tastatur ungesehen wieder mit, egal, ob sie geht oder eben auch nicht.“
„Gut“, sagte der Verkäufer. Er machte den Karton auf, holte die Anleitung raus und zeigte mit dem Finger auf die rechte Seite des Blattes.

Dort standen tatsächlich ein paar deutsche Sätze.
„Das gibt’s doch nicht.“ Mein Fahrer war verblüfft. Der Verkäufer schmunzelte.

„Sie müssen hier auf die Taste ‚Fn‘ gehen und oben auf die Taste eins. Dann halten Sie das Ganze drei Sekunden gedrückt und schon gibt es eine Verbindung.“

„Können Sie mir das mal vorführen?“
„Kann ich.“

In wenigen Handgriffen brachte der Verkäufer die Tastatur zum Laufen und schrieb munter darauf herum. Mein Fahrer muss so blöd geschaut haben, dass der Verkäufer anfing zu lachen.

Dann lachten sie beide.
„Soll ich die Tastatur in den Karton zurückschieben, das geht immer so verdammt schwer“, fragte der Verkäufer meinen Fahrer.

„Nein, lassen Sie mal. Die nehme ich jetzt gleich so mit.“
Mein Fahrer bedankte sich noch einmal und verließ leichten Schrittes den Media- Markt.

Für ihn war klar, selbst wenn die Tastatur Zuhause nicht funktionierte, noch einmal zurück würde er nicht fahren. Die Strassen waren jetzt verstopft.

In Berlin hatte der Feierabendverkehr eingesetzt. Nach zwei Stunden ‚Stop and go‘ hatten wir es geschafft.

Ich stand im Carport, als ich von oben den Jubelschrei hörte. Die Tastatur funktionierte.

Bis zum nächsten Abenteuer mit deinem Fahrer und mir, lieber Krümel, sage ich Tschüss,
Dein Jeepy.

MEIN FAHRER WISCHT DIE TREPPE FEUCHT AB – SOLL ER ABER NICHT

Hallo Krümel, ich stehe hier unter dem Carport und keiner denkt an mich.

„Mir ist langweilig“, hat deine Mama in solchen Fällen zu meinem Fahrer gesagt. Der lässt sich gar nicht blicken. Er arbeitet, angeblich. Dabei stöhnt er schon den ganzen Tag rum, weil er die Zimmer saubermachen will.

Seine Frau, also deine Oma, ist ja zur Kur.
Und da hat er vorige Woche einfach mal das Saubermachen ausfallen lassen. Aber jetzt sieht er überall die kleinen Fussel.

Die Tage zuvor hat er sie einfach aufgehoben und in die Hosentasche gesteckt. Doch nun ist es einfach zu viel für ihn.

Also hat er den Staubsauger herausgeholt und angefangen zu saugen. Danach ist er gleich vor Erschöpfung in den Sessel gesunken, und keiner war da, der ihn bemitleidet hat. Nun kommt der Knaller.

Mein Fahrer hat freiwillig noch die Treppen gewischt. Das macht er sonst nie, sondern überlässt es deiner Oma.

Er hat ihr gleich ein Foto geschickt. Da war er mit dem Eimer und dem Wischlappen drauf zu sehen. „Schnau…. voll“, stand in der Bildunterschrift.

Das sagt man eigentlich nicht, lieber Krümel, deshalb schreibe ich das Wort auch gar nicht erst aus, was mein Fahrer hier gesagt hat. Später rief deine Oma an und mein Fahrer wollte ihr stolz berichten, was er alles getan hatte.

Und was war die Reaktion?
„Du hast doch nicht etwa die Treppen feucht abgewischt?“, fragte sie ihn. Mein Fahrer war sauer.

„Wie denn sonst?“
„Naja, ich wische sie immer trocken ab“, sagte sie.
„Das ist jetzt egal, ich habe sie jedenfalls feucht abgewischt.“

Mein Fahrer war enttäuscht. Er dachte nämlich, er bekäme ein dickes Lob von deiner Oma. Dabei hatte er ihr noch gar nicht erzählt, wie lange er gebraucht hatte, um zu verstehen, wie der Wischlappen aufgezogen wird.

In den Wischeimer hatte er einfach Spülmittel und Fettlöser aus der Küche genommen. Er hatte die richtigen Reinigungsmittel nicht gefunden.

Die standen so in der Ecke, dass man hätte alles ausräumen müssen. Mein Fahrer hat es versucht. Aber da flogen ihm gleich die ersten Sachen entgegen.

„Wir gehen heute ein Eis essen“, sagte deine Oma zu ihm am Telefon.
„Eis essen, während der Kur?“, fragte mein Fahrer.

„Ja, denn heute ist ja Frauentag.“
„Ach du Sch….“, stöhnte mein Fahrer auf. Jetzt muss ich schon wieder Punkte machen, Krümel.

Dein Opa hat sich nicht im Griff. Er ärgerte sich einfach, dass er den Feiertag vergessen hatte.
Wie konnte er das wieder gutmachen? Er wusste das nicht.

„Bist du für Morgen gut vorbereitet, für deine Lesung zum Frauentag?“, fragte deine Oma nun versöhnlich.
„Ja, wie gut, dass wissen wir erst nach der Lesung.“
„Ich drück‘ die Daumen“, sagte Oma.

Mein Fahrer bedankte sich. Er würde am Sonntag einen Blumenstrauß mit in die Reha-Klinik nehmen. Ach Krümel, ich freue mich auf Morgen, denn da fahren wir endlich wieder ein Stück. Nach Altlandsberg.

Da gibt es einen Verein, der heißt „Helfen hilft“. Mein Fahrer findet den klasse.
Dort arbeiten Menschen, die nicht viel fragen, sondern anderen Menschen helfen, mit Lebensmitteln, Sachen zum Anziehen und noch vielen anderen Dingen.

Deshalb gibt sich mein Fahrer sicher Mühe, denn er will ebenfalls für diesen Verein etwas tun, mit seiner Kraft und seinen Möglichkeiten eben. Morgen, da ist dort eine kleine Feier, zum Frauentag, und mein Fahrer liest ein paar kleinere Geschichten vor.

Ich warte natürlich draußen. Ich bin zwar nur ein kleiner Jeep, aber die Treppen komme ich ja trotzdem nicht hoch. Aber ich krieg schon raus, wie es war. So lieber Krümel, davon erzähle ich dir das nächste Mal.
Dein Jeepy.

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DAS GESICHT IM SPIEGEL SAH WEINERLICH UND ZERKNITTERT AUS

ALLTÄGLICHES-2021.10.29

Von den Niederlagen, morgens für die Fitness frühzeitig aufzustehen

Der Wecker klingelte wie immer eine Viertelstunde vor vier Uhr.
Mir war, als würde jemand mit einem Holzhammer direkt auf meinen Kopf hauen.

Ich hatte Klara am Abend gesagt, dass ich früh zum Sport fahren würde, auch wenn sie nicht mit zur Arbeitsstelle fuhr.

Sie hatte sich entschlossen, am nächsten Tag im Homeoffice zu arbeiten, weil sie noch stark erkältet sei.

„Dann fahre ich morgen früh allein los“, hatte ich todesmutig erklärt.
Der Zeitpunkt war herangekommen.

Ich quälte mich hoch, ließ die Beine aus dem Bett hängen und verfluchte mich, dass ich so eine Ansage gemacht hatte.
Ich stand langsam auf und schlurfte ins Bad.

„Leg‘ dich wieder hin!“, sagte meine innere Stimme.
Du kannst auch noch am nächsten Tag dorthin fahren. Jeden Tag!“
Was sollte ich tun? Meiner inneren Eingebung nachgeben?

Oder den Harten spielen?
„Du bist eine Lusche“, sagte ich zu dem Gesicht, das mich im Spiegel zerknittert und weinerlich anschaute.

„Komm‘, sei ein Held. Geh‘ da raus und mach‘ deinen Sport. In zwei Stunden bist du wieder zurück, gut gelaunt und hochmotiviert“, sagte meine andere Stimme.

Ich ging aus dem Bad in Richtung Schlafzimmer zurück.
„Sei kein Schwächling, raff dich auf!“, rief meine andere innere Stimme.

Der Kopf kämpfte noch, doch die Beine trugen mich direkt vor das Bett.

Ich plumpste hinein, drehte mich um und versuchte weiterzuschlafen.

Ich verfiel in einen Albtraum, indem ich als letzter auf einer 5000 Meter Strecke lief.

‚Jetzt reiss dich doch mal zusammen. Warum hast du in den Trainingsstunden
gefehlt?‘

Ich wachte schweissgebadet auf.
„Du bist ja doch nicht ins Fitness-Studio gefahren“, sagte Klara zu mir.

„Nein, ich habe noch mit meiner Erkältung zu kämpfen“, antwortete ich.

„Komisch, und ich dachte, du hättest das überstanden.“
Ich sagte nichts darauf.

„Dann kannst du ja das Frühstück machen“, schob Klara nach.
Jetzt war meine Laune auf dem Tiefpunkt angekommen.

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DAS REIZVOLLE DES ALLTAGS VERSTECKT SICH HINTER BANALITÄTEN

MENSCHEN-2021.10.28

Warum du schreiben solltest, um deinen Alltag noch intensiver zu erleben.

Das Faszinierende am Schreiben ist für mich: Ich kann Menschen in alltäglichen Situationen beobachten, ich bin an wechselnden Schauplätzen, es gibt stets neue Ausgangssituationen, und ich schreibe zu vielfältigen, sich abwechselnden Themen.

Das Schreiben hat auf mich eine ungeheure Anziehungskraft, es frisst dich mit ‚Haut und Haaren.“

Natürlich fahre ich beispielsweise nicht zuerst ins Fitness-Center, um Menschen beim Training zuzusehen und anschließend darüber zu schreiben, sondern um selber Sport zu treiben, fit zu bleiben, vorausgesetzt, das Center bleibt nicht mehr lange wegen Corona geschlossen.

Ich beobachte gern, was um mich herum passiert.
Was könnte nun ein Leser daran interessant finden? Ich kenne natürlich nicht die genauen Motive jedes Lesers.

Jedoch glaube ich fest daran, dass jeder von uns bestimmte eigene Erlebnisse in Alltagssituationen wiedererkennt und sich freut, dass es anderen genauso ergangen ist.

Manch einer will vielleicht auch nur unterhalten werden, für einen Moment aus seiner Realität aussteigen und in den Alltag des Erzählers eintauchen.

Für mich als Autor ist es eine spannende Sache, wenn ich mich in meine Gedankenwelt begebe und sie abgleiche mit dem, was ich gerade erlebt und gesehen habe.

Ich denke, wir alle können mehr glücksbringende Momente in alltäglichen Situationen entdecken, als wir es für möglich halten.
Mark Twain war es wohl, der sinngemäß formulierte, dass es vor allem zwei Tage im Leben eines Menschen sind, die für ihn eine Bedeutung haben – nämlich der Tag der Geburt und der Tag, an dem er weiß, warum er auf der Welt ist.

Jeder wird diese Frage anders beantworten. Ich denke, dass dies die wirklichen mentalen Anker im Leben sind.

Ich habe lange Zeit gedacht, dass ich einiges vollbracht habe, weil ich intensiv studiert habe, um mir möglichst viel Wissen anzueignen.

Dann kam die Wende und wieder versuchte ich, meinem Leben einen neuen Sinn zu geben, Anerkennung durch Leistungen in einer neuen, anderen Welt zu bekommen.

Wirklich glücklich bin ich aber erst, seitdem ich erkannt habe, dass ich mich selbst so nehmen muss, wie ich bin und ich Kraft aus meiner neuen Gelassenheit ziehe.

Hat das was mit dem Alter zu tun?
Vielleicht.

Und mit dieser inneren Ruhe ziehe ich in meine neuen Abenteuer, dem Schreiben über das Alltägliche, über Menschen im Alltag.

DIE BELLETRISTISCHE ERZÄHLWEISE ZWINGT DICH, IM ALLTAG GENAUER HINZUSCHAUEN, MENSCHEN ZU BEOBACHTEN

Ich schreibe schon lange, eigentlich schon mein ganzes Leben.
Aber zum Geschichtenerzählen komme ich erst so richtig in letzter Zeit, und da bin ich auch noch ganz am Anfang.

Ich schreibe vor allem Geschichten, die mit dem Alltag zu tun haben.
Bin ich deshalb ein Schriftsteller?
Nein, sicher nicht.

Aber ich muss mich natürlich trotzdem an die Regeln des Schreibens halten, und deshalb muss ich sie mir auch aneignen. Auf jeden Fall ist das ein stetiger Prozess des Lernens, des Übens und des Schreibens.

Mehr und mehr stelle ich mich dabei den Anforderungen an das belletristische Schreiben. Das ist für mich wie ein Abenteuer, eine Reise in ein unbekanntes Land.

Ich schreibe in dieser Rubrik darüber, was mir am Alltag ‚über den Weg läuft‘, wie ich es verarbeite, und, wie ich das Handwerk des Schreiben trainiere und was es mir bringt.

Ich will dem Leser Menschen aus dem Alltag näherzubringen, ihre Konflikte, ihre Hoffnungen, Sehnsüchte und die Schwierigkeiten zeigen, mit denen sie in ihrem Umfeld zu tun haben.

Mich reizt das Banale, das, was wir am Tag erleben, eben das, was wir oftmals nicht aufmerksam genug hinterfragen.

Dabei gibt es viel mehr schöne Dinge als hässliche Erlebnisse im Alltag, humorvolle Episoden, die es lohnt, festzuhalten.

Sicher ist es ja auch interessant, quasi den Weg des Schreibens zu dokumentieren – mein handwerkliches Verständnis davon, die Erfolge und Niederlagen, die Fehler und vor allem die Motive, warum ich weitermache.

Schreiben und verwerfen, wieder schreiben, lesen und dann wieder schreiben. Eintönig?

Ja, irgendwie schon. Anstrengend? Und wie.
Trotzdem: Es bleibt faszinierend.

SCHREIB-ALLTAG



Mehr lesen:
2021: https://uwemuellererzaehlt.de/ueber-menschen-erzaehlen/menschen-im-alltag-2021/

2020:https://uwemuellererzaehlt.de/ueber-menschen-erzaehlen/menschen-im-alltag-2020/

2019: https://uwemuellererzaehlt.de/ueber-menschen-erzaehlen/menschen-im-alltag-2019/

2017: https://uwemuellererzaehlt.de/ueber-menschen-erzaehlen/menschen-im-alltag-2017/

 

SCHREIBEN ÜBER MENSCHEN IM ALLTAG – WAS KANN ES SCHÖNERES GEBEN?

MENSCHEN IM ALLTAG-2021.10.27

VON DEN GANZ GROSSEN LERNEN, ÜBER ALLTÄGLICHES MEISTERHAFT ZU SCHREIBEN
Diesen Text habe ich im Sommer dieses Jahres geschrieben, zum 90. Geburtstag der kanadischen Schriftstellerin und Literaturnobelpreisträgerin Alice Munro.
Wenn du lernen willst, wie du großartig über Alltägliches schreibst, über Menschen im Alltag, dann musst du die Kurzgeschichten dieser phantastischen Autorin lesen.

Ich habe seit einigen Jahren ein Ritual entwickelt, mit dem ich den Tag beginne, nachdem ich vom Fitness-Studio zurück bin.
Ich nehme das Buch von Alice Munro „Ferne Verabredungen“ zur Hand.

Dann klebe ich ein weißes Blatt Papier auf einen Pappdeckel, den ich aus einem Ordner auf A4 -Größe zurechtgeschnitten habe.

Ich schlage das Buch auf, suche mir eine Textstelle und schreibe ein paar Sätze daraus ab. Anschließend formuliere ich sie um.
Es ist eine Methode, meine handwerklichen Fertigkeiten im Schreiben zu trainieren.

Und erst dann, wenn ich einen Satz umformulieren will, merke ich wirklich, wie meisterhaft er von Alice Munro formuliert und von Heide Zerning, der Übersetzerin, ins Deutsche gebracht wurde.

Ich verzichte in diesen Momenten ganz bewusst darauf, die Tastatur zur Hand zu nehmen, in den Computer zu starren.
Diese ‚blanke‘, vielleicht auch antiquierte Arbeitsweise, zählt zu dem Besten, was ich so am Tag anstelle.

Bereits im Klappentext steht über Alice Munro, was für mich mit zu einem Leitsatz für diesen Blog geworden ist: „Alice Munro erzählt zugewandt und genau vom Allerschwersten, von dem, was zwischen Menschen passiert, was in ihnen vorgeht.“ (1)

Und diese ‚Meisterin des Alltäglichen‘ ist gerade 90 Jahre alt geworden. Ich habe das in der Berliner Zeitung in der Feuilletonseite entdeckt. (2)

Was mich an dieser Schriftstellerin fasziniert ist, wie unaufgeregt sie über Menschen im Alltag, über das Alltägliche schreibt.

Dass sie inzwischen eine kanadische Literaturnobelpreisträgerin ist, das nötigt mir natürlich Respekt ab.

Was in mir jedoch eine wirkliche Begeisterung hervorruft ist die Tatsache, dass sie mit scheinbarer Leichtigkeit über eher langweilige Dinge des Alltags schreibt.

„Sie (Alice Munro) zeigt, dass ein Schreiben über Windeln, den Besuch in einem Pflegeheim oder Einkäufe von Zahnpasta und Handcremen von bestechender Prägnanz und Aussagekraft sein kann.

Besonders ihre späteren Texte bringen die Schilderungen des Unspektakulären, man könnte auch sagen, den genauen Blick auf Menschen als Menschen zur Perfektion.“ (3)

Alice Munro war dabei immer Mutter von vier Töchtern, Hausfrau.
„Sie kochte und putzte, sagte sie in einem Interview mit der Literaturzeitschrift Paris Review, seitdem sie ein Teenager war und ihre Mutter an Parkinson erkrankte: ‚die Uni war also die einzige Zeit in meinem Leben, in der ich keine Hausarbeit verrichten musste.“ (4)

Als ich das gestern beim Frühstück las, da dachte ich bei mir:
‚Worüber jammerst du eigentlich?

Du musst so viel tun – Firmenporträts schreiben, freitags zuhause Staubsaugen, ins Fitness-Studio fahren, du kommst eigentlich zu gar nichts, schon gar nicht dazu, kurze Alltagsgeschichten für den Blog zu schreiben.‘

Da kann ich nur verstummen, angesichts des großartigen Schaffens dieser Schriftstellerin, und dass in vielen Jahren am Küchentisch, weil sie kein Arbeitszimmer hatte.

Manchmal, wenn ich meine Enkelin besuche und mit ihr in Berlin auf einen Spielplatz gehe, dann sehe ich Mütter, die auf dem Boden sitzen und reden, Kartoffelsalat ausgepackt haben und jeden, der von außen dazukommt aus einer Mischung von Ablehnung und Neugier betrachten.

Ich nenne sie seit vielen Jahren die ‚Monicas‘.
‚Die Monicas sind wieder da‘, sage ich dann zu Krümel, die sich aber nicht dafür interessiert, sondern für die Rutsche, auf der die Kinder der ‚Monicas‘ heruntersausen.

Inspiriert zu dieser durchaus liebevoll gemeinten Bezeichnung wurde ich durch die Geschichte ‚Jakarta‘:
„Kath und Sonje haben einen eigenen Platz am Strand, hinter großen Baumstämmen.

Den haben sie sich ausgesucht, weil er ihnen Schutz bietet, nicht nur vor dem gelegentlich stark auffrischenden Wind – sie haben Kaths Baby dabei -, sondern auch vor den Blicken einer Gruppe von Frauen, die jeden Tag den Strand bevölkern. Sie nennen diese Frauen die Monicas.

Die Monicas haben zwei oder drei oder vier Kinder pro Nase.
Angeführt werden sie von der richtigen Monica, die über den Strand gelaufen kam und sich vorstellte, sobald sie Kath und Sonje und das Baby entdeckt hatte.

Sie lud sie ein, sich dem Rudel anzuschließen.
Sie folgten ihr und schleppten die Babytasche mit.
Was blieb ihnen anderes übrig?

Aber seitdem verschanzen sie sich hinter den Baumstämmen.

Das Feldlager der Monicas besteht aus Sonnenschirmen, Badelaken, Windeltaschen, Picknickkörben, aufblasbaren Flößen und Walfischen, Spielsachen, Sonnenschutzmitteln, Kleidungsstücken, Sonnenhüten, Thermoflaschen mit Kaffee, Plastikbechern und -tellern und Kühlboxen, die hausgemachte Eislutscher aus Fruchtsaft enthalten.“ (5)

Ich habe in meinem Leben viel studiert, Diplomarbeiten geschrieben, Diplomarbeiten bewertet, Studenten unterrichtet. Das war eine schöne Zeit.

Der beste Teil kommt tatsächlich zum Schluss, nämlich von einer ‚Meisterin des Alltäglichen‘ zu lernen, die kleinen Dinge im Leben zu sehen, sie nicht geringzuschätzen, Menschen nicht in ihren großen Gesten zu bewundern, sondern darin, wie sie den Alltag meistern, wie sie sich zueinander verhalten.

Das Schwierige besteht darin, nicht nur das Banale zu beschreiben, sondern die Beschreibung auch noch banal aussehen zu lassen. Darin bewundere ich die große Schriftstellerin Alice Munro.

(1)
Manuela Reichart, Nachwort für Alice Munro, Ferne Verabredungen, Die schönsten Erzählungen;
aus dem Englischen von Heidi Zerning;
© 2016 S. Fischer Verlag GmbH, Hedderichstr. 114, 60596 Frankfurt am Main
(2)
Berliner Zeitung, Nr. 156, Freitag, 09.Juli 2021, S. 13; Feuilleton
„Meisterin des Alltäglichen“
(3)
Sabine Rohlf, ebenda
(4)
Ebenda
(5)
Alice Munro „Ferne Verabredungen“, Jarkarta, Fischer Verlag GmbH, 2016, S.9


Mehr lesen:
2021: https://uwemuellererzaehlt.de/ueber-menschen-erzaehlen/menschen-im-alltag-2021/

2020:https://uwemuellererzaehlt.de/ueber-menschen-erzaehlen/menschen-im-alltag-2020/

2019: https://uwemuellererzaehlt.de/ueber-menschen-erzaehlen/menschen-im-alltag-2019/

2017: https://uwemuellererzaehlt.de/ueber-menschen-erzaehlen/menschen-im-alltag-2017/


VIOLA LEHMANN MIT HERZ UND VERSTAND FÜR DIE PFLEGE UND BETREUUNG VON MENSCHEN

MENSCHEN-2021.10.26

Viola Lehmann hat es geschafft. Sie hat eine Einrichtung in nahezu 20 Jahren aufgebaut und geführt, die Menschen ein Zuhause bietet, die sonst in einem Pflegeheim leben müssten. Die Betreuung erfolgt über 24 Stunden, wochentags und an den Sonn- und Feiertagen.

Den Bericht habe ich vor zwei Jahren geschrieben.
Was bleibt aktuell daran?
Die Leidenschaft, mit der sich Menschen in der Pflege engagieren.

Viola Lehmann hat es geschafft. Sie hat eine Einrichtung in nahezu 20 Jahren aufgebaut und geführt, die Menschen ein Zuhause bietet, die sonst in einem Pflegeheim leben müssten. Die Betreuung erfolgt über 24 Stunden, wochentags und an den Sonn- und Feiertagen.

„Der Umgang mit den Menschen, die gute Unterstützung durch mein Team – das sind die wichtigsten Gründe dafür, warum mir dieser Beruf immer noch Spaß macht“, sagt Viola Lehmann.

Sie hat sich ihren Traum erfüllt- selbstständig als Unternehmerin zu arbeiten, in einer Branche, die immer wichtiger wird.

Und sie ist erfüllt von dem Gedanken, eine häusliche Atmosphäre für die Bewohner zu erhalten und sie gleichzeitig in den Dingen zu unterstützen, ohne die sie nicht mehr allein wohnen und leben könnten, sondern in einem Heim untergebracht werden müssten.

Sich kümmern – als gehörten sie zur eigenen Familie
Viola Lehmann hat treffend formuliert, was sie unter individueller Betreuung versteht – sich so für ihn einzusetzen, als ginge es um das eigene Familienmitglied: „Individuell pflegen und betreuen heißt für mich zu wissen, was der einzelne Bewohner für Wünsche hat, ihn im Alltag zu unterstützen, aber auch ihn zu motivieren, mitzumachen, damit er sich eingebunden fühlt, fit bleibt“, so Viola Lehmann.

Es lebt sich gut in der Seniorenwohngemeinschaft
Die Bewohner sind zufrieden mit ihrer Situation. Sechs bis acht von ihnen leben in einer Wohngemeinschaft. Jeder hat ein eigenes Zimmer, das auch mit einigen privaten Möbeln, Bildern oder anderen Erinnerungsstücken ausgestattet ist, je nach den Bedürfnissen und Wünschen der Bewohner.

Die Küche und das Wohnzimmer werden von den Bewohnern gemeinsam genutzt. „Was mir in dem Zusammenhang wichtig ist: Wir sind nicht irgendwo abgeschottet, am Rande der Stadt zuhause, sondern leben inmitten eines Wohngebietes“, sagt Viola Lehmann. Das stärkt das Gefühl, nicht allein zu sein, sondern in einer großen Gemeinschaft zu leben.

Nichts geht ohne mein Team
„Ohne mein Team könnte ich das ja nicht stemmen“, sagt Viola Lehmann. Sie schätzt an ihren Mitarbeitern, dass diese sich engagieren, nicht gleich vor Problemen kapitulieren, sondern sich gegenseitig bei deren Lösung helfen.“

Und weiter sagt sie: „Eine gute Atmosphäre ist wichtig unter uns im Team, denn das strahlt auf die gesamte Wohngemeinschaft aus.“
Eine angemessene Entlohnung, Dienstpläne – die private Interessen der Mitarbeiter berücksichtigen -, all das gehört dazu.

Der weite Weg der Viola Lehmann

Viola Lehmann war chemisch-technische Assistentin in Potsdam-Rehbrücke. Nach der Wende wollte sie neu durchstarten, den Umbruch für eine berufliche Umorientierung nutzen. Sie fing an, in einem Seniorenheim in Lietzensee zu arbeiten, und zwar zunächst als Pflegehelferin.

Viola Lehmann wollte es richtig machen und nahm an einer Ausbildung zur examinierten Altenpflegerin teil, in Hermannswerder in der Hoffbauerstiftung – parallel zu ihrer Tätigkeit als Pflegehelferin.

Sie erwarb eine Menge an theoretischem Wissen in der für sie zunächst völlig neuen Pflegethematik. Sie machte aber auch eigene Erfahrungen während ihrer Arbeit als Pflegehelferin in den Jahren 1991 bis 1999.

Die hauptsächlichen Tätigkeiten richteten sich zum Beispiel auf das Waschen, Essen oder das Säubern der Zimmer der Heimbewohner. An eine individuelle Betreuung war da noch nicht zu denken. Also machte sich Viola Lehmann ihre eigenen Gedanken, wie so etwas aussehen konnte.

Sie sah in dieser Zeit einen Film, den sie als ein Schlüsselerlebnis dafür beschrieb, wie man demenzkranke Menschen in täglichen Lebenssituationen unterstützt. Nämlich: auf den Bewohner eingehen, ihn aktivieren und mobilisieren und unterstützen, wo es allein gar nicht mehr geht.

In dieser Zeit entstand bei ihr der Gedanke, eine eigene Pflegeeinrichtung zu gründen, in der sie ihre Vorstellungen von einer ganzheitlichen Pflege und Betreuung verwirklichen konnte. Bis die Konzeption erarbeitet war und die Bank einer Finanzierung für ihr Projekt zugestimmt hatte, verging noch einige Zeit.

Schließlich musste eine Wohnung gefunden werden, in der Menschen leben konnten, die ohne Hilfe nicht mehr in den eigenen vier Wänden zurechtkamen. Als die gefunden war, kostete es noch einmal viel Zeit und Kraft, sie herzurichten, gemäß der geltenden Pflegestandards und so, dass sich Bewohner darin wohlfühlten. Im November 2001 war es soweit.

„Ich fing mit einer Mitarbeiterin an, die von 08.00 bis 16.00 Uhr arbeitete, montags bis freitags und ich füllte die restliche Zeit aus, ich übernahm also die Betreuung – in Nachtschichten, an Sonn- und Feiertagen, rund um die Uhr“, sagt Viola Lehmann.

„Die erste Bewohnerin in der betreuten Einrichtung war übrigens eine ältere Dame, die aus dem Haus kam, in dem ich auch wohnte.

Die Dame konnte nicht mehr allein leben. Und so kam ich an meinen ersten Auftrag. Ich erarbeitete mir so Stück für Stück einen guten Ruf, und der sprach sich natürlich rum“, erinnert sie sich.

„Ich würde es noch einmal so machen. Natürlich, hätte ich die Erfahrungen von heute, dann würde ich einiges anders angehen. Aber generell spüre ich eine Zufriedenheit, ja ich bin glücklich, weil ich mich verwirklicht habe.

Und heute kann ich mein Wissen an die nächste Generation weitergeben“, beschließt Viola Lehmann das Gespräch.

 



Mehr lesen:
2021: https://uwemuellererzaehlt.de/ueber-menschen-erzaehlen/menschen-im-alltag-2021/

2020:https://uwemuellererzaehlt.de/ueber-menschen-erzaehlen/menschen-im-alltag-2020/

2019: https://uwemuellererzaehlt.de/ueber-menschen-erzaehlen/menschen-im-alltag-2019/

2017: https://uwemuellererzaehlt.de/ueber-menschen-erzaehlen/menschen-im-alltag-2017/

 

KLEINE GLÜCKSMOMENTE FINDEN – IM ALLTAG

ALLTÄGLICHES-2021.10.25

Ich will hinter den Sinn des Lebens kommen - der oft gut versteckt ist, nicht etwa in großen Ereignissen; zu finden ist er vielmehr in den kleinen Alltagsdingen. Schreiben kann dabei sehr helfen, ist kein Selbstzweck, sondern ein guter Wegbegleiter.

 

Es ist trüb, die dunkle Jahreszeit beginnt. Der Sturm bläst, rüttelt an den Rollläden im Haus und im Garten fliegen die Blätter umher.
Ich versuche, mich nicht von dieser Stimmung herunterdrücken zu lassen, sondern ich will lieber aufschreiben, was meinen Schreib-Alltag ausmacht.

Kürzlich hatte ich eine Frau am Telefon, die mir erzählte, wie sehr sie mich beneiden würde, dass ich mein Geld mit dieser Art von Arbeit verdienen könnte.

„Ich bekomme mein Geld, weil ich es verdiene und weil ich hart dafür arbeiten muss“, sagte ich zu ihr.

Sie schien mir das nicht so recht zu glauben.

Sie meinte, ihr fehle einfach die Zeit dafür, diesem schönen Hobby nachzugehen. Sie war in der Modebranche tätig.

Ist das ‚Hobby‘ wirklich so schön und macht es so unendlich viel Spaß, zu schreiben?
Ich kann sagen, dass mich diese Gefühle bisher nur selten erreicht haben.

Klar, ich schreibe irgendwie schon gern, aber noch lieber lese ich das Ganze, wenn alles fertig ist und wenn dann noch jemand sagt, dass es ihm gefällt, ja dann bin ich natürlich auch glücklich.

Und trotzdem, es ist bis dahin stets ein weiter, ein holpriger Weg, steinig und mit vielen kleinen Stolperfallen gepflastert.
Die Frage, die ich mir immer wieder stelle, ist die: Was schreibe ich und wie schreibe ich es?

Die Voraussetzung dafür, dass du überhaupt deine Leser unterhalten kannst, ist ja, dass dir irgendetwas einfällt.

Ich glaube, die Fähigkeit, etwas Sinnvolles zu Papier zu bringen hängt sehr vom Willen ab, etwas für sich zu entdecken, was man notieren kann.

Ich zwinge mich dazu, in verschiedenen Situationen Menschen zu beobachten, zu überlegen, ob sich daraus eine Geschichte entwickeln lässt.

Was mich antreibt ist, mit Worten zu untersetzen, dass es nicht lohnt, auf den großen Tag zu warten, der alle Glückseligkeit mit sich bringt.

Entscheidend ist, ob du bereit bist, das was vor dir ist als etwas zu begreifen, was deinen Alltag bereichert.
Kürzlich saß ich im Auto und beobachtete die Menschen, die zwischen den geparkten Autos hin- und herliefen.

Es war auf dem Parkplatz eines großen Supermarktes. Ich sah einen Mann, der zwei Taschen schleppte. Hinter ihm gingen zwei kleine Mädchen, die mehr hüpften und tanzten, als dass sie schnurgerade gingen.

Der Vater ging gebeugt, die Last der Einkaufstaschen schien ihn runterzuziehen. Als er an seinem Auto ankam und in seinen Taschen kramte, vermutlich seine Autoschlüssel suchte, da war seinen Gesichtszügen anzumerken, wie schlecht gelaunt er war.

Seine beiden Töchter hingegen sprangen durch die Pfützen, die sich nach dem Regen gebildet hatten.

Ich hörte ihr fröhliches Schnattern und Kreischen bis zu mir herüber.
Sie bereiteten sogar mir gute Laune, obwohl ich ein wenig weiter weg war. Ja, ich musste sofort an meine Enkelin denken, die mit Sicherheit ebenfalls in den Wasserpfützen umhergesprungen wäre.

Der Vater schien gestresst, schnauzte seine Kinder an, die urplötzlich aufhörten, lustig zu sein und mit gesenkten Häuptern dem Vater entgegenstrebten.

Ich konnte den Vater verstehen. Oft genug hatte ich mich ja selbst in solchen Situationen befunden.

Aber mit einigem Abstand weiß ich heute, dass der Vater genügend Gründe hätte, ebenfalls fröhlich zu sein, vorausgesetzt, er war nicht krank, hatte keine größeren Sorgen, die nur er kennen konnte.
Was ich meine ist, mit dem Schreiben zu zeigen, dass der Tag nicht besser wird.

Sondern dass der Alltag aus vielen solchen kleinen Momenten besteht, die wir nicht achten, weil wir sagen, es gäbe in der Situation etwas Wichtigeres.

Aber was sollte bedeutungsvoller sein als die Tatsache, dass die Kinder glücklich waren, den Tag liebten, und es mochten, mit ihrem Vater einzukaufen?

Diese kleinen Situationen festzuhalten, das ist wichtig.
Wie viele Bücher sind schon über den Sinn des Lebens geschrieben worden?

Wie oft verweigern sich Menschen dem Glück im Alltag?
Dabei meine ich nicht, mit künstlich verzogenem Mund den Tag zu loben.

Keiner kann sagen, dass er im Alltag nur Positives erfährt. Aber weil es so ist, ist es wichtig, über die guten Alltagsgefühle zu schreiben. Dabei geht es nicht darum, formvollendete Texte zu schreiben.
Oft reicht das Tagebuch, in das man etwas hineinschreibt, sich vergewissert, was einem am Tag wichtig war.

Das bedeutet aber auch, sich ständig aufs Neue zu motivieren, zum Federhalter zu greifen oder auf der Tastatur zu tippen.

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DIE BIBEL AM SONNTAG FÜR DEINEN ALLTAG

Bibel

BIBEL-2021.10.24

WARUM DIE BIBEL LESEN?
Es ist nicht so einfach, im ‚Buch der Bücher‘ die richtigen Stellen für sich zu finden.

Die Worte herauszunehmen, die mich auch überzeugen, und die ich auch verstehe.

Aber ich bin in diesen Dingen sehr zäh. Selbst wenn alle um mich herum lachen, dass ich mir die Bibel vornehme, hält mich das nicht ab, sondern spornt mich an.

Du brauchst eben die Ausdauer, die Inhalte zu finden, sie richtig zu deuten, sie auch richtig wiederzugeben.

Ich halte nichts davon, nur das Zitat selbst zu nehmen und es einfach vor mir herzutragen, so wie eine Trophäe: ‚Seht her, wie durchgeistigt und klug ich bin‘. Das würde mir nicht helfen.

Ich will mir ein gutes Fundament an Argumenten aufbauen – für alle Lebensbereiche.
Also kann ich nicht nur den ‚Ozean vom Ufer aus betrachten‘. Nein, ich muss mir ein ‚Schiff bauen‘, ein Gerüst, dass mich über ‚das Wasser bringt‘.

Kurzum, ich muss mir zu jedem Satz eine eigene Meinung bilden, darüber nachdenken, was die Worte mir sagen. Nur dann werde ich sie als Motivation im Alltag verwenden können.

Im Buch Josua habe ich etwas gefunden, was mir Mut machen kann:
‚Und lass das Buch dieses Gesetzes nicht von deinem Munde kommen, sondern betrachte es Tag und Nacht, dass du hältst und tust in allen Dingen nach dem, was darin geschrieben steht. Dann wird es dir auf deinen Wegen gelingen und du wirst es recht ausrichten.‘
(Jos 1, 8-9).

Was entnehme ich dieser Botschaft?
Dranbleiben an dem, was man sich vorgenommen hat, nicht vom Weg abweichen, sich einen Plan machen, an den man sich halten kann.

Und: Die Bibel für sich als Richtschnur des eigenen Handelns im Blick behalten.

Bibel

DEN TAG BEWUSST WAHRNEHMEN UND AUF DEINEN NEBENMANN ACHTEN
Im Brief an die Hebräer heißt es: „…und lasst uns aufeinander Acht haben und uns anreizen zur Liebe und zu guten Werken und nicht verlassen unsere Versammlungen, wie einige zu tun pflegen, sondern einander ermahnen, und das umso mehr, als ihr seht, dass sich der Tag naht.“ (Brief an die Hebräer, Bekenntnis der Hoffnung, Hebr 10.24-25)

Man könnte hier viel zu schreiben, zum Beispiel, nicht einfach den Tag an sich vorbeiziehen zu lassen, sondern bewusst den Moment wahrzunehmen und zu genießen, auf den Menschen neben dir zu achten, sich für ihn zu interessieren, ehrlich und einfühlsam.

DIE SPRÜCHE SALOMOS
‚Ein Wort, geredet zu rechter Zeit, ist wie goldene Äpfel auf silbernen Schalen.
Ein Weiser, der mahnt, und ein Ohr, das auf ihn hört, das ist wie ein goldener Ring und ein goldenes Halsband.‘ (Spr 25, 11-12)

In der Stuttgarter Erklärungsbibel heißt es dazu:
„Freundliche Worte brechen den härtesten Widerstand oder ‚Steter Tropfen höhlt den Stein‘.“ (1)

(1)
Stuttgarter Erklärungsbibel mit Apokryphen,
DIE HEILIGE SCHRIFT NACH DER ÜBERSETZUNG MARTIN LUTHERS,MIT EINFÜHRUNGEN UND ERKLÄRUNGEN; DEUTSCHE BIBELGESELLSCHAFT.ISBN 978-3-438-01123-7
Neuausgabe mit Apokryphen © 2005 Deutsche Bibelgesellschaft,  Zweite, verbesserte Auflage 2007, 10.2016, S. 795

Bibel

DIE BIBEL KANN HELFEN GESÜNDER ZU LEBEN – TUN MUSST DU ES ABER IMMER NOCH SELBST
Das Grauen bekam wieder ein Gesicht, nachdem ich am Sonntagvormittag auf die Waage stieg. Ich habe über die Feiertage ein paar Kilo zugenommen.

Die bittere Ironie: Ich habe es nicht geschafft, mein Gewicht auf dem Niveau zu halten, das ich aufgrund eines harten Trainings im Herbst erreicht hatte. Ich habe schon gar nicht weiter an Gewicht verloren. Nein. Das Gegenteil ist also der Fall.

Ich kann mich jetzt in Ausflüchten ergehen – der Lockdown ist schuld, die Feiertage haben mich runtergezogen und dafür ist das Gewicht nach oben gegangen.

Aber was bringt mir das?
Im Zweifelsfall nur weitere schlechte Laune.

Ich habe überlegt: Ich muss zurück zu meiner Ursprungsmotivation, zu den geistigen Wurzeln, die bewirkt haben, dass ich mich von selbst morgens um 05.00 Uhr ins Fitness-Studio aufgemacht habe.
Ich will mit der Bibel versuchen, einen geistigen Neustart hinzubekommen, der nicht nur für ein paar Wochen hält.

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KRÜMEL KOMMT AUF DIE WELT UND IHR OPA BEGINNT ÜBER GESCHICHTEN FÜR SIE NACHZUDENKEN

JEEPY-2021.10.22

Der Opa von Krümel erinnerte sich daran, wie er vor vier Jahren mit ‚Bobby‘, dem Mercedes, nach Buch gedüst war, weil Laura schwanger war. Wenig später kam Krümel zur Welt.

Er begann darüber nachzudenken, kleinere Abenteuer aufzuschreiben, die er mit dem neuen Auto, dem kleinen Jeep, erlebt hatte - mit ‚Jeepy‘.
Jeepy war viel kleiner als sein Vorgänger, der Umwelt zuliebe.

Krümel sollte ein bisschen Spaß daran haben, wenn sie später einmal die kleinen Geschichten lesen würde, die ‚Jeepy‘ erzählte.
Krümel war vor einigen Tagen vier Jahre alt geworden. 

Da kramte ihr Opa den Brief wieder hervor, den er ihr geschrieben hatte.

Lieber Krümel, während ich hier an dich einen Brief schreibe, da tobst du noch im Kindergarten herum.
Vielleicht schläfst du ja auch noch. Es ist gerade Mittag. Oder bist du schon wach? Bald holt deine Mama dich ab, und du wirst juchzen vor Glück, wenn du sie siehst.

Weißt du noch, als ich dich abgeholt habe? Wie wir mit dem falschen Kinderwagen losgefahren sind und ich deine Hose und deine Schuhe, mit denen vom Nachbarkind verwechselt habe?

Aber du hast in der Situation gemächlich an deinem Kuchen herumgekaut und ich musste vor lauter Verzweiflung die kleinen Stücke, die du gleichmäßig auf dem Boden verstreut hast, aufheben und schnell in meine Hosentasche stopfen.

Manchmal finde ich noch heute ein paar Krümel davon. Aber das macht nichts. Ich denke dann sofort an dich und wie du mich umarmt hast, in dem Moment, wo ich dich auf die Wickelkommode gehievt habe, um dir deine Hose besser anzuziehen.

Jetzt ist mir wieder etwas eingefallen, was ich längst tun wollte. Nämlich kleinere Geschichten zu erzählen, die wir mit „Jeepy“ erlebt haben und noch erleben werden.

‚Jeepy‘ ist unser kleiner Geländewagen, der hier draußen unter dem Carport steht und friert. Den Namen hat er von deiner Mama bekommen.

Weißt du früher, da habe ich immer für deine Mama, Laura, kleinere Geschichten über unsere Autos geschrieben. Die hatten ja alle Namen.

Nur der Trabbi nicht. Wir dachten damals, das müsste nicht sein, denn wir würden ohnehin bis ans Lebensende nur diesen einen Wagen fahren.
Dafür habe ich ihn von innen mit schöner Latexfarbe gestrichen, also nur den Kofferraum. Denn am nächsten Tag fuhren wir in den Urlaub nach Thüringen. Da sollte alles frisch renoviert sein.

Ich kann mich noch erinnern, wie deine Oma aufschrie und dann schrill kreischte. „Das kann doch nicht wahr sein!“ Doch, war es aber.

Gut, die Farbe war nicht ganz trocken geworden und so blieb etwas davon an den Koffern kleben, als sie diese im Kofferraum verstauen wollte.

Oma sah mich an, als wollte sie mich auf der Stelle umbringen. Aber du siehst, ich lebe noch und kann dir davon erzählen.

Später kam dann ‚Flippi‘, der Lada. Danach war ‚Orli‘ an der Reihe, der lange BMW. Davon berichte ich dir später noch. Da war in der Mitte ein Telefon eingebaut.

Und ich habe mich hinten rechts hingesetzt, um wie ein Generaldirektor zu fahren und währenddessen zu telefonieren. Das klappte aber nur, wenn ich auf dem Parkplatz stand. Ich hatte ja keinen Chauffeur.

Schließlich war ‚Bobby‘ dran. Mit dem sind wir 15 Jahre gefahren. Das war ein großer Geländewagen, sehr gemütlich und robust. Damit bin ich sogar noch nach Berlin-Buch gefahren, um dich nach deiner Geburt zu begrüßen.

Doch zuvor, in der Nacht, da sind wir über die menschenleeren Straßen gesaust – deine Mama, Oma und ich.

Du warst noch im Bauch deiner Mama. Am nächsten Morgen hörten wir die ersten Schreie von dir und nachmittags haben wir dich dann in der großen Wiege gesehen.

Das Bett war eigentlich nur ein kleines ‚Bettchen‘. Aber du warst noch kleiner. Das hat Bobby alles miterlebt. Er stand immer in deiner Nähe, auf dem Parkplatz in Buch.

Jetzt fährt er wahrscheinlich in Afrika umher, auf unbefestigten Straßen und verflucht mich. Wenigstens wird ihn keiner mehr anpöbeln.

Manchmal bekam er verachtende Blicke, weil er ein Diesel war und die Menschen, nur vereinzelt, natürlich, ihn deshalb beschimpften.

Naja besser gesagt, mich. Aber ich habe meine Ohren zugeklappt.
Und nun also ‚Jeepy‘. Wieder ein Geländewagen. Ein Benziner. Nur kleiner eben. Damit sind wir schon gemeinsam bis zur Ostsee in den Urlaub gefahren.

Das weißt du nicht mehr. Du hast meist geschlafen, während ich über die Autobahn gedüst bin. Irgendwie muss ich deine Mama noch davon überzeugen, dass sie mir mal ein schönes Bild von ‚Jeepy‘ macht. Naja, das kriegen wir schon alles hin.

Später, wenn du größer bist und lesen kannst, dann liest du die Geschichten hoffentlich. Und vorher lese ich sie dir eben vor, oder Mama macht das.

Wenn es gut läuft, dann machst du vielleicht die Sirenen von deinem Feuerwehrauto an, und außerdem das Heulen dazu, von der Dampflokomotive.

Glaub‘ mir, in dem Moment ist es wirklich egal, was wir sagen. Es hört ja doch keiner mehr etwas.

JEEPY ERZÄHLT VON ORLI UND BERLINGA
Orli, der frühere BMW des Fahrers von Jeepy und Berlinga, der kleine Renault, freunden sich bei einer Panne an, als nämlich Berlinga einen Reifen auf der Autobahn geplatzt war.

Hallo Krümel, hier ist wieder Jeepy, dein Freund.
Ich erzähle schon jetzt mal ein paar Geschichten für dich, die du später lesen kannst, oder deine Mama liest sie dir vor.

Sie macht das wohl jetzt schon und du lachst sie manchmal dazu an. Das ist doch schon was. Die Zeit rennt und ehe wir uns umgesehen haben, da sitzt du bei deinem Opa auf der Schreibtischplatte im Arbeitszimmer und er liest dir eine Geschichte vor.

Er hat früher deiner Mama immer Geschichten von den Autos erzählt, die sie gefahren sind.

Plötzlich nahmen sie menschliche Gestalt an und dein Opa, mein heutiger Fahrer, konnte mit ihnen gemeinsam herrliche Abenteuer erleben. Er war viel unterwegs, sehr viel sogar.

Dein Opa hatte schon mehrere Autos, bis ich kam, wie du ja schon aus meinen Erzählungen weisst.

Da waren der kleine Trabbi, den er mit Latexfarbe innen gestrichen hat, dann war es Flippi, der weiße Lada, mit dem alle sehr gern gefahren sind.

Nach der Wende dann kam Orli, ein großer BMW. Den hatte dein Opa, weil er sehr viele Kilometer fahren musste.

Schließlich trat Bobby, der dicke Geländewagen in das Leben deiner Mama, deiner Oma und deinem Opa.

Dein Opa hat mir erzählt, wie Orli in einer Tiefgarage in Bad Hersfeld stand und den kleinen Renault, Berlinga sah.
Orli wollte unbedingt ihr Freund werden.

Berlinga aber war anfangs hochnäsig, bis zu dem Tag, an dem ihr der hintere rechte Reifen auf der Autobahn platzte und Orli vorbeikam.
Von weitem näherte sich der gelbe Abschleppwagen und alle atmeten auf.

„Das kriegen wir schnell hin“, sagte der Monteur und hatte in Windeseile die Muttern von Berlingas hinterem Reifen gelockert.
Nach ein paar Minuten konnte Berlinga wieder richtig stehen und hatte keine Schmerzen mehr.

„Weißt du eigentlich, dass du es dem langen BMW zu verdanken hast, dass dir so schnell geholfen wurde?“, fragte der Fahrer von Berlinga sie.
„Ja, weiß ich. Ich kenn den.“
„Woher kennst du ihn?“
„Wir standen manchmal beieinander, in der Tiefgarage. Da ist er mir auf die Nerven gegangen, weil er so viel erzählt hat.“

„Ach, das ist ja interessant“, staunte Berlingas Fahrer nicht schlecht.
„Und, willst du dich nicht wenigstens bei ihm bedanken?“, hakte Berlingas Fahrer weiter nach.

„Ja, mach‘ ich“, sagte Berlinga leise und schämte sich jetzt.
„Du, danke, dass du angehalten hast und du deinen Fahrer dazu gebracht hast, dass der den Abschleppdienst holt.“

„Schon gut“, antwortete Orli verlegen.
„Kommst du mit mir am Samstag mit zur Autoschau in Bad Hersfeld?“, fragte Berlinga.

„Würde ich ja gern. Aber mein Fahrer will am Wochenende nach Hause. Der fährt nachts auf der A2 immer wie eine besengte Sau und ich komme ganz außer Puste.“

„Schade, dass du nicht mitkommen kannst. Na, dann bis nächsten Montag in der Tiefgarage an der gleichen Stelle“, sagte Berlinga noch.

„Ja, an der gleichen Stelle“, erwiderte Orli, bevor sein Fahrer sich ins Auto wuchtete, den Motor anließ und Orli davonbrauste.

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PUR UND PROMPT

ALLTÄGLICHES-2021.10.20

‚pur‘ - ungefiltert notiert, ohne groß nachzudenken;
‚prompt‘ - in dem Moment geschrieben, in dem ich es erlebe, zum Beispiel heute Morgen im
Fitness-Studio im Stehen geschrieben, zwischen den Übungen versteht sich.

Mittwoch, kurz nach sechs Uhr:
Ich komme ins Fitness-Studio und werde von lauter Musik empfangen. Ich weiss noch nicht, ob sie mich mehr stört oder ob ich dadurch endgültig munter werde.

An den Rückenstreckern sind zwei junge Leute, die unheimlichen Krach verursachen. Sie sprechen laut und lassen die Gewichte nach den Übungen krachend auf das Parkett poltern. Sie müssen es ja nicht pflegen, also was soll’s? Wozu vorsichtig und rücksichtsvoll sein?

Ich überlege, ob ich ihnen etwas sage, doch sie sehen so aus, als würden sie antworten, „was geht’s dich an, Alter?“
Also lass ich es sein. Früher wäre ich sofort hingegangen und hätte etwas gesagt.

Bin ich feiger geworden? Wahrscheinlich. Aber ich schätze auch die Folgen ab und unterlasse heute viel mehr, als ich es früher getan habe.

Eigentlich eine schlechte Einstellung und nicht gut für die allgemeingesellschaftliche Atmosphäre.
Aber so ist die neue Wirklichkeit, die ich wahrnehme.

Zur Wahrheit gehört aber auch, dass die Mehrheit derer, die ins Studio kommen, sehr ruhig und rücksichtsvoll agieren. Jeder will irgendwie seine Ruhe haben und das Trainingsprogramm durchziehen, was er sich vorgenommen hat.

Bauchbank ist dran. Neben mir auf der Bank trainiert ein sportlicher Typ. Das motiviert mich nicht, im Gegenteil. Na gut, ich fang mal an.
Bauchbank liegt hinter mir, Rückenstrecker auch.

Beim Rückenstrecker wird mir immer schwindlig, weil ich mich so weit vorbeuge.

Jetzt sitze ich aber und schreibe schon wieder.
Wieso notiere ich eigentlich so viel im Studio? Keine Ahnung.

Vielleicht, weil die Pause zwischen den einzelnen Trainingspausen grösser wird.
Aber vielleicht auch, weil mir morgens mehr auffällt und einfällt. Die Wahrheit liegt wohl in der Mitte.

Ich bin an der Brustpresse, meiner letzten Übung für heute. Danach freue ich mich auf die Parkbank im Innenhof vom Backhaus im Prenzlauer Berg, Wasserflasche leertrinken, Leuten zuschauen, die zur Arbeit gehen, auf den eigenen Schreibtisch freuen.

Mehr lesen:

2021: https://uwemuellererzaehlt.de/mein-freund-der-alltag/alltaegliches-2021/

2020: https://uwemuellererzaehlt.de/mein-freund-der-alltag/alltaegliches-2020/

2019: https://uwemuellererzaehlt.de/mein-freund-der-alltag/alltaegliches-2019/

2018: https://uwemuellererzaehlt.de/mein-freund-der-alltag/alltaegliches/

DIENSTAGS – PUR UND PROMPT

ALLTÄGLICHES-2021.10.19

‚pur‘ - ungefiltert notiert, ohne groß nachzudenken;

‚prompt‘ - in dem Moment geschrieben, in dem ich es erlebe, zum Beispiel heute Morgen im Fitness-Studio im Stehen geschrieben, zwischen den Übungen versteht sich.

Sonntagnachmittag:
Ich sitze auf der Couch. Wir schauen einen Film auf 3 Sat, eine Komödie.

Meine innere Stimme sagt mir: „Sei nicht so faul, tu‘ etwas, du liegst schon den halben Nachmittag hier rum, ohne auch nur irgendetwas getan zu haben.

Ich denke an Freitagabend zurück. Laura und Krümel waren zu Besuch.

Krümel war noch wach, weil sie lange Mittagsschlaf gemacht hatte.
Und einen Nuckel bekam sie auch nicht von ihrer Mama.

Laura holte sie schließlich aus dem Bett, runter zu uns ins Wohnzimmer, und so saß sie gegen halb neun Uhr abends zwischen Klara und Laura auf der kleinen Couch, grell und putzmunter.

Eigentlich hätten wir ein schlechtes Gewissen haben müssen, eine Vierjährige so spät noch wach. Aber wie sie so sass, zwischen ihrer Mutter und ihrer Oma, da ging mir einfach das Herz auf.

„Die haben sich nicht vertragen“, sagte plötzlich Krümel und zeigte mit ihren kleinen Fingern auf ein Liebespaar im Fernsehen.
Zum Glück war die Altersfreigabe mit null Jahren angegeben.

Fitness-Studio heute kurz vor sechs Uhr:
Ich sitze auf der Bauchbank und glaube gar nicht, dass ich es geschafft habe.

Ich war über zwei Wochen stark erkältet und fühlte mich schlapp, so ganz ohne Antrieb.

Jetzt muss ich wieder von vorn anfangen. Die Bizepsmaschine ist mir schwergefallen. Ich bin in den Gewichten runtergegangen, von 25 auf 20 kg.

Bauchbank: Ich hatte Mühe, die Beine zu heben und zu senken. Nach jeweils 15 Hebe-und Senken- Übungen fielen sie auf den Boden, als würde auf ihnen ein Mehlsack lasten.

Inzwischen habe ich 45 Beugen am Rückenstrecker hinter mich gebracht. Für die letzten 15 Beugen habe ich eine 15 Kiloscheibe mit vor die Brust genommen.

Die Übungen sind mir wichtig, weil ich ansonsten den ganzen Tag am Tisch sitze und mich kaum bewege. Rücken- und Nackenschmerzen sind die Folge.

Es mag nicht viel sein, was ich dagegen tue, aber wenigstens beruhige ich mein Gewissen damit.
Jetzt sitze ich auf der Bauchmaschine. Es geht vorwärts.

Es ist nun schon wieder kurz vor halb acht und ich bin gerade aus der Tür des Studios herausgegangen.

Nun kommt der schönste Teil, nämlich auf dem Hof auf einer Bank sitzen, das restliche Wasser aus der Flasche gießen und sich freuen, dass man es geschafft hat.

Es ist kalt, aber trocken. In der Ferne sind die Autos zu hören, die in Richtung Alex die Straße hinunterdonnern.

Dagegen wirkt der Platz geradezu friedlich. Im hinteren Teil leert der Hausmeister die Papierkörbe aus.

Ich sitze vielleicht für fünf Minuten auf der Parkbank. Aber es sind die schönsten Minuten des Tages, denn ich habe das Gefühl, dass ich glücklich bin, für diesen kleinen Moment jedenfalls.

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ALLTÄGLICHES – PUR UND PROMPT

ALLTÄGLICHES-2021.10.18

Warum schreibe ich ununterbrochen? Ist das nicht bescheuert?
Mag sein. Aber ich komme so besser hinter den Sinn des Alltagslebens. Und das kannst du nur, wenn du notiert hast, was du so an Alltäglichem erlebst, womit du dich gerade befasst hast.

Manches wird belanglos sein, anderes langweilig, für mich ist alles spannend, denn es ist nun mal das eine Leben, was du hast, und du kannst dir erst einmal nichts neues ‚stricken‘.

Bestimmt erkennst du auf diese Weise auch, was du verändern kannst.

Ich habe immer wieder gelesen, dass es keinen Schriftsteller gibt und sei er noch so berühmt, der nicht die Figuren, die Ereignisse an seine persönlichen Erlebnisse angelehnt hat, der nicht aus der Vielfalt der zahlreichen Augenblicke Inspirationen für seine Werke gezogen hat.

‚Pur‘ heißt, dass ich nahezu ungefiltert veröffentliche, was ich vorher aufgeschrieben habe. 

Das geschieht, indem ich das iPhone benutze, oder ich schreibe mit Bleistift auf einem weißen Blatt und tippe es hinterher ab, was natürlich nervt.
Der Vorteil dabei, wenn du etwas mit der Hand schreibst, ist, dass du fasst keinen Schreibwiderstand spürst.

Prompt bedeutet, dass ich es in dem Moment aufschreibe, indem ich es erlebe.

Manchmal geht mir durch den Kopf: „Oh Gott, was werden die anderen denken, wenn sie dies lesen?
Sie werden sich lustig machen - na der hat vielleicht Sorgen“, oder so ähnlich werden manche urteilen.

Kann sein, aber du musst dich immer ein wenig ‚nackig‘ machen, wenn du etwas zu Papier bringst.
Wichtig ist auch nicht, dass es andere lesen, wichtig ist, dass du eine Form findest, in der du durch das Schreiben besser hinter den Sinn deines Alltags kommst.

Hier nun die ersten Notizen, Gedankenfetzen, was weiß ich, wie ich es bezeichnen soll - einfach pur und prompt aufgeschrieben, was mir durch den Kopf ging. 

Samstagvormittag
Ich stehe auf dem Parkplatz vor dem Drogeriemarkt im Dorf. Laura ist hineingegangen.

Wir wollen für Krümel Schnuller holen, weil sie es gewohnt ist, dass sie abends einen Schnuller bekommt, wenn sie bei Oma und Opa schläft. Ihre Mama sieht das nicht so gern, aber sie nimmt es hin.

Später:
Krümel sitzt vor mir und schaut eine Serie, die sie ‚Die Hunde‘ nennt.
Wir haben ein schlechtes Gewissen, wenn wir sie das zwischendurch sehen lassen.

Aber ich habe mit ihr fast eine Stunde auf dem Fußboden gesessen und mit den Autos gespielt. Der Rücken tat mir weh, der Nacken auch und ich kam kaum noch vom Fussboden hoch.

Also musste ich zwischendurch mal sitzen und so hänge ich nun im Sessel ab, die Füsse hochgelegt und schreibe ins iPhone.

Krümel sitzt mir gegenüber und blickt gebannt in den Fernseher, wen ihre ‚Hunde‘ jetzt wieder retten wollen.

Ist Krümel hier, dann wirkt die Wohnung wie auf den Kopf gestellt, so als würden alle Sachen einmal durchgeschüttelt werden.
Auf dem Tisch steht ein kleiner Dinosaurier, den wir ihr zum Geburtstag geschenkt haben.

Auf dem Fussboden liegen zahlreiche Spielzeuge herum, Autos, ein Karton, den wir als Krankenhaus nutzen, ein Hubschrauber mit einem kleinen Piloten.

Dazwischen Papier von ausgewickelter Schokolade. Eine dicke Holzkiste steht so, dass du sie umlaufen musst, wenn du aufstehst und rausgehen willst.

Ich habe sie schon ein paar Mal beiseitegeschoben, aber ich habe es jetzt aufgegeben, denn sie steht auf wundersame Weise wieder an der gleichen Stelle.

Nachmittags
Wir sind mit Krümel auf dem Spielplatz.
Sie hat erst eine ‚Strassensperre‘ aus Hölzern gebaut und jetzt krabbelt sie an einem Stein hoch, der für sie allein nicht zu bewältigen ist. Sie ist fast oben, rutscht wieder runter, stampft mit dem Fuss auf, kreischt, weint.

Und dann versucht sie es wieder. Jetzt hat ihre Mama nachgeholfen. Sie ist oben.
Geschafft.
Ich staune auf jeden Fall, wie hartnäckig Krümel geblieben ist, um den Stein zu erklimmen.

Sonntagvormittag
Ich fahre Krümel und ihre Mama zurück nach Berlin.
Krümel sitzt im Auto hinten und fragt mich, warum die Blätter vom Baum fallen. Sie ist traurig darüber.

Ich tröste sie und sage ihr, dass wir im nächsten Frühjahr die Bäume und Sträucher betrachten, wenn die ersten Blätter wieder sprießen.
„Opa, wer ist unser Anführer, fragt mich die Vierjährige?“
„Von Deutschland?“

„Ja“, sagt sie, obwohl ich mir nicht sicher bin, dass sie wirklich weiß, wozu sie ja gesagt hat.
„Die sitzen noch im Zelt um ein Feuer herum und streiten sich, wer das ‚Sagen‘ haben soll.“

Krümel gibt sich mit der Antwort zufrieden.
„Opa kannst du mir eine Geschichte erzählen?“, fragt Krümel weiter.
Ich erzähle ihr von der Ostsee und den kreischenden Möwen. Ich mache das Geschrei nach, sodass Laura sich neben mir die Ohren zuhält, wenn Krümel begeistert ruft: „Mach‘ weiter, Opa.“

Also mach‘ ich weiter und die Zeit vergeht wie im Flug.
Wir sind in Berlin an Krümels Wohnung angekommen.
Ich hebe sie draußen noch einmal hoch und mir wird schwer ums Herz.

„Tschüss Opa“, ruft sie noch einmal, bevor sie an der Haustür an einer Zeitung zieht, die aus einem der zahlreichen Briefkästen heraushängt.

Ich bin traurig. Im Auto ist es still, als ich wieder losfahre. Ich stecke den Stick von Roland Kaiser in der Radioanlage rein.

Laura hat mir 150 Lieder aufgespielt. „Santa Maria…“ ertönt es aus dem Lautsprecher und ich summ‘ leise mit.

Zuhause angekommen, steht der Staubsauger auf dem Flur herum, während Klara die Treppen wischt.
Das ist das letzte, was ich am Sonntag will. Aber wann sollte es sonst passieren?

Wenn Krümel zu Besuch war, dann wollten wir die Zeit nicht damit vertun.
„Oh, das ist ja schon alles schön sauber hier“, sage ich laut.
„Kannst du die Papierkörbe mal mit nach oben nehmen und vorher deinen Lüfter in den Keller stellen?“, fragte Klara mich, ohne auf mein Lob einzugehen.

Ich hasste es, jetzt auch noch Anweisungen zu erhalten, obwohl ich eigentlich nur in mein Arbeitszimmer an meinen Schreibtisch wollte.
Also stapfte ich mit dem sperrigen Lüfter die Treppen zum Keller hinunter, passte auf, dass ich nicht auf die schmutzigen Sachen trat, die auf den einzelnen Stufen herumlagen, um später für die Waschmaschine eingesammelt zu werden.

Ich sag nicht, wer das macht, obwohl es ja nur eine geben konnte, die die Sachen aufhob, wenn ich es nicht tat – Klara.

Ich warf in der Regel nur die Kleidung von oben herunter und später stieß ich sie noch durch die Stufen im Flur weiter runter, in Richtung Keller. Das machte mir Spaß, aber weiter kümmerte ich mich nicht mehr darum.

„Du musst die Bürste am Staubsauger mitbenutzen, wenn du im Schlafzimmer saugst, sonst wird das nicht richtig sauber“, hörte ich im Hintergrund Klara rufen.

Erst hatte sie oben an der Verlängerung mit Pflaster die Öffnungen zugeklebt, damit angeblich der Saugdruck erhöht wurde. Ich konnte dann schieben, bis der Schweiß auf der Stirn stand.

Jetzt sollte ich auch noch die Bürste benutzen.
Na, dann würde ich oben wieder das Pflaster abmachen.
„Ich möchte mal wissen, wer hier laufend das Pflaster locker macht?“, sagte Klara in solchen Momenten und schaute mich an.

„Du musst es mir beweisen, dass ich es bin“, dachte ich dann.
Ich hatte es in einer amerikanischen Serie gesehen, in der es darum ging, mit einem Mord vor Gericht davonzukommen, mit einer guten Anwältin eben.

Gut, dass mit dem Mord, das war wohl ein bisschen zu viel. Aber mit dem Pflaster, ja, da konnte ich schon mal die Aussage verweigern. Also drehte ich mich in diesen Situationen um und tat so, als ob ich nichts gehört hätte.

„Wieso klebt schon wieder an deinem Pullover Zahnpasta?“, ruft Klara von unten.

Ja, das war schon wieder eine andere Geschichte, eine, in der ich mit Krümel um die Wette die Tube, angefüllt mit Zahnpasta ausgedrückt hatte. Nicht alles landete auf der Zahnputzbürste, naja, aber das meiste.

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VERZEIHEN BRAUCHT MEHR KRAFT ALS HASSEN

 

BIBEL-2021.10.18

#FASZINATION BIBEL
„Denn wenn ihr den Menschen ihre Verfehlungen vergebt, so wird euch euer himmlischer Vater auch vergeben.
Wenn ihr aber den Menschen nicht vergebt, so wird euch euer Vater eure Verfehlungen auch nicht vergeben.“
Matthäus 6, 14-15

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BIBELSPRUCH AM SONNTAG FÜR DEN ALLTAG

Bibel

BIBEL-2021.10.17

„Wer Klugheit erwirbt, liebt sein Leben; und der Verständige findet Gutes.“
Sprüche, 19,8

Meine Sicht:
Das Leben annehmen, wie es ist und in ihm das Schöne sehen.

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WER SEID IHR UND WAS WOLLT IHR HIER?

MEIN FREUND, DER ALLTAG-2021.10.15

VON DEM WILLEN UND DER LUST, BIS ZUM SCHLUSS SEINES LEBENS KREATIV ZU SEIN

Donnerstagabend. Wir mochten nicht die üblichen Fernsehberichte anschauen, die immer wiederkehrenden Bilder von den Sondierungsgesprächen sehen, durchsetzt von Statements, wie es nun mit der CDU weitergehen würde.

„Ich habe im Programm einen Bericht über eine Seniorenresidenz in Los Angelas entdeckt, in der wohl ausschließlich Filmschaffende und Autoren leben.

„Wollen wir uns das mal anschauen?“, fragte ich meine Frau.

„Ja gut, können wir machen“, antwortete sie, was lustloser nicht klingen konnte.

„Wir können sie uns schon aus der Mediathek holen“, sagte ich noch.

Klara nickte und ich begab mich mit der Fernbedienung auf die Suche.

Als ich den Beitrag gefunden hatte, da klickte ich darauf und sofort konnten wir in die sonnige Residenz eintauchen.

Überall Blumen, gepflegte Beete, gemähte Rasenflächen, ein Gärtner, der morgens die Pflanzen goss.

Auf dem Weg kam ein Senior im Rollator entlanggefahren und winkte.

„Wow, da möchte ich meine Rente auch verbringen!“, staunte ich.

„Hm“, kam es von Klara.

Sie schien weniger begeistert.

„Wir müssen das nicht bis zum Schluss gucken“, sagte ich zu ihr.

Sie nickte. Als klar war, dass ich jederzeit auf den Knopf drücken durfte, blieben wir weiter an dem Beitrag dran.

In einem Raum, in dem ein Flipchart stand, und auf dem ein Dozent etwas niederschrieb, saßen Frauen und Männer, die ihm dabei gebannt zuschauten und zuhörten.

Es war ein Seminar über das kreative Schreiben oder das ‚Creative Writing‘, wie es im Original hieß.

Jetzt wurde ich munter und setzte mich gerade auf die Couch, auf der ich noch kurz zuvor lustlos abgehangen hatte.

Alle Seniorinnen und Senioren waren wohl nicht jünger als 80 Jahre, und das waren die schon die jüngeren Semester unter ihnen.

Eine ehemalige Schauspielerin sprach vor der Kamera, die bereits über 100 Jahre alt war.

„Ich kriege hier so viel Inspirationen, warum das Leben immer noch schön ist, weshalb es sich lohnt, über das zu schreiben, was mich hier umgibt“, sagte sie.

Und ein Mann aus der gleichen Runde: „„Ich werde wohl über meiner Tastatur sterben.“

Er hatte ebenfalls die einhundert Jahre Lebensalter überschritten.

Im Szenenwechsel sah man ihn an seinem Computer sitzen, sah ihn beim Schreiben kämpfen – mit sich und mit seinen zwei Fingern, die über die Buchstaben auf der Tastatur zitternd hin- und her huschten.

„Verflucht, warum gehen hier jetzt schon wieder Fenster im Computer auf, wo ich doch noch nur hier draufgedrückt habe“, hörte man ihn sagen.

Zurück zum Seminar.

„Warum schreibst du noch?“, fragte der Dozent einen der Teilnehmer.

„Solange ich schreibe, lebe ich. Und wenn ich lebe, dann schreibe ich auf, was um mich herum passiert. Es ist herrlich, durch das Schreiben sein eigenes Leben noch lebenswert zu finden.“

„Donnerwetter, das hätte ich nicht gedacht, dass ich so etwas Spannendes sehe. Ich dachte, die zeigen uns nur, wie luxuriös die alle dort in der Residenz wohnen“, sagte ich zu Klara.

„Ich bin mit meiner Frau dabei, ein Buch darüber zu schreiben, wie man über 60 Jahre miteinander verheiratet sein kann, ohne sich umzubringen“, sagte ein weiterer Teilnehmer.

Seine Frau war fast blind. Und trotzdem sprach sie auf ein Band, was danach in den Computer getippt werden sollte. Die Buchstaben auf dem Bildschirm waren riesengroß, aber das schien alles nur Nebensache zu sein. Hauptsache war, man konnte schreiben, diskutieren, lachen.

Was in den Berichten und den gezeigten Interviews auffiel: Alle hatten einen guten Humor, obwohl es keinen gab, der nicht mit seinem körperlichen Zerfall zu tun hatte.

„Willst du uns etwas zu Beginn sagen?“, fragte einer der Dozenten einen Regisseur, der sich kaum auf den Beinen halten konnte.

„Wer seid ihr und was wollt ihr hier?“, fragte der wiederum scherzhaft in die Runde, nachdem er sich mühsam von seinem Platz erhoben hatte.

Er schien mit einem Augenzwinkern den Eindruck vermitteln zu wollen, als sei er bereits dement und würde keinen erkennen.

Dabei hatte er gerade einen Film fertiggestellt, gemeinsam mit einigen Bewohnern, und wollte den nun zur Premiere vor dem Publikum vorführen.

Nach knapp 90 Minuten war die Dokumentation vorüber.

Ich war begeistert, von einem derartigen Lebensmut, einer Kreativität und dem Willen, das Leben bis zum Schluss zu genießen.

Und noch etwas war für mich wichtig zu sehen. Obwohl es sich in dem Beitrag offensichtlich vor allem um betuchte Seniorinnen und Senioren handelte, schien es nicht das zu sein, was sie strahlen ließ.

Ihr eigentlicher Reichtum kam von innen – von der Lust auf das Schreiben, auf den Austausch mit anderen im Seminar, einfach davon, weiter das Leben aktiv zu beobachten, daran teilzuhaben.

 

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‚LEINEN LOS‘ – ANNAS NEUES ZUHAUSE IM BETREUTEN WOHNEN

ANNA-2021.10.15

Rückblick: 
Peter und Klara haben Anna in der Kurzzeitpflege für einige Tage untergebracht.
Sie waren erleichtert, dass alles reibungslos und ohne größeren Widerstand von Anna geklappt hatte.

Peter und Klara waren wieder in Annas Wohnung angekommen. Es war komisch, dass Anna nicht mehr da war.

Aber Lukas ließ ihnen keine Zeit, groß darüber nachzudenken.
Die Schränke warteten darauf, auseinander gebaut zu werden. Ein Teil der Anbauwand sollte wieder in Annas Zimmer im ‚Betreuten Wohnen‘ aufgestellt werden.

„Ich werde verrückt“, sagte Klara, nachdem sie alle Kleidungsstücke auf das Bett geworfen hatte.

Blusen, Röcke, Kleider, Hosenanzüge, Kostüme stapelten sich auf dem Bett.

„Ich könnte heulen, wie soll ich hier zwischendurch finden?“, beklagte sie sich.

„Wir machen es so, wie auf dem Londoner Flughafen, als es zu einem Chaos wegen des Gepäcks kam. Da wurde alles nach Italien geflogen, dort sortiert und anschließend geordnet zurücktransportiert“, schlug Peter vor.

„Auf so eine blöde Idee kannst auch nur du kommen“, antwortete Klara.
Peter reagierte nicht, sondern schnappte sich einen Packen von den Kleidern und schleppte sie einfach ins Wohnzimmer. Nach und nach wurde der Haufen auf Annas Bett im Schlafzimmer kleiner und gleichzeitig wuchs er im Wohnzimmer an.

Peter trug nun die Sachen, einzeln und schon vorsortiert nach Hosenanzügen oder Kleidern zu Klara ins Schlafzimmer zurück.
Sie hatte eingesehen, dass Peters Idee doch nicht so schlecht war.
Montagfrüh.

Die Umzugsfirma kam und transportierte die ersten Möbel aus der Wohnung, um sie anschließend wieder im ‚Betreuten Wohnen‘ auszuladen.

Lukas und Peter schwitzten den ganzen Tag, bis sie alles an ihrem Platz hatten- ein Teil der Anbauwand stand links von der Tür. An der hinteren Wand hatten sie den Schlafzimmerschrank aufgebaut, wieder nur einen Teil, den aber mit Türen aus Spiegelglas versehen.

Es sah gut aus, und als Klara noch die Bilder an die Wand hängte und die Anbauwand mit Annas Sachen dekorierte, da kam Gemütlichkeit im Zimmer auf.

Ein paar Tage später war es so weit. Klara und Peter holten Anna aus der Kurzzeitpflege ab.
„Ach, ich freue mich so, dass ich wieder nach Hause komme“, sagte Anna.

Klara und Peter schwiegen.
Was würde wohl Anna sagen, wenn sie nicht vor ihrem Haus hielten, sondern in der Einrichtung am Strelasund?

„Du fährst in die falsche Richtung“, riss Klara Peter aus seinen Gedanken.

„Wieso? Hier geht’s doch zu Annas Wohnung“, sagte Peter.
Und im selben Moment fiel ihm ein, dass es genau in die entgegengesetzte Fahrtrichtung gehen musste.

Er wendete das Auto und sagte zu Klara: „Sorry, meine Schuld.“
„Was ist deine Schuld?“, fragte Anna.
„Ach nichts, ich habe nur nicht daran gedacht, dass wir einen Umweg fahren müssen.“

Peter lag dabei nicht einmal falsch, denn Annas neues Zuhause befand sich ja tatsächlich ein Stückchen weiter vom Stadtinneren entfernt.

Sie näherten sich dem Tor, das nur mit einem Code geöffnet werden konnte. Es stand offen, weil gerade ein Auto der Tagespflege durchgefahren war.

Klara und Peter schwiegen, sie waren angespannt.
„Wie geht es der Kleinen?“, fragte Anna nun.

„Ach, die ist so niedlich“, sagte Peter erleichtert und erzählte ihr, wie gern er mit Krümel auf dem Fußboden im Wohnzimmer saß und mit ihr gemeinsam mit den Autos spielte.

Anna war angetan, lachte und hörte gespannt zu, was Peter ihr erzählte.

So sehr es Klara nervte, wenn er ihr morgens die neuesten Wertungen der Politik versuchte nahezubringen. In dem Moment war sie ihm dankbar, dass er Anna mit seinen Worten fesseln konnte.

Sie hatten das Haus ‚Sörensen‘ endgültig erreicht.
Sie stiegen in den Fahrstuhl, fuhren in den 5. Stock und wurden von der Schwester freundlich begrüsst.

Anna war still und ließ alles über sich ergehen.
„Wir wollen uns erst einmal das Zimmer ansehen“, sagte Klara.
„Welches Zimmer?“, fragte Anna sofort nach.
„Mutti, du musst mal ein paar Tage hier zur Beobachtung bleiben“, sagte Klara zu ihr.

„Wer sagt das?“
„Dr. Silberfisch.“
„Der spinnt ja wohl!“, entgegnete Anna entrüstet.
„Sollen wir ihm das so übermitteln?“, fragte Peter und Klara stieß ihm von hinten ihre Hand in seinen Rücken.
„Na, das muss man ja wohl nicht machen“, sagte Anna.

„Und wer hat hier eigentlich meine Möbel reingebracht?“, fragte Anna.
„Das waren wir. Und wir haben auch deine Fotoalben mitgebracht“, sagte Peter weiter.
„Wollen wir uns die mal anschauen?“
„Die kenn‘ ich ja“, antwortete Anna trotzig.

„Guck mal hier. Was steht denn da?“
Anna schaute auf die Fotos in der ersten Seite und auf das, was sie danebengeschrieben hatte.

Das machte Anna vor Jahren mit großer Leidenschaft, die Bilder einkleben und notieren, wo sie gerade waren, ob der Kapitän des Schiffes einen Empfang gegeben hatte oder wie weit Petersburg von Rostock entfernt war.

„Leinen los“, rief Anna plötzlich mit einer fröhlichen Energie, dass Peter das Album vor Schreck fast von seinem Knie rutschte.
Anna und Peter waren beide in das Album vertieft.

Sie steuerten in ihrer Phantasie die offene See an, eine neue Welt, die Anna nun kennenlernen würde, während Klara Annas Taschen mit den Sachen auspackte und in den Schränken verstaute.

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SCHREIB‘ UND DU KOMMST BESSER HINTER DEN SINN IN DEINEM ALLTAGSLEBEN

ALLTÄGLICHES-2021.10.13

Schreiben kostet Überwindung, Energie, um durchzuhalten und ans Ziel zu gelangen - aber es lohnt sich für dich.
Schreiben strukturiert nicht nur deinen Alltag. Nein. Es bringt dich zugleich dorthin, wo du ganz persönlich den Sinn in deinem Leben siehst.

Es vergeht kaum ein Tag, an dem ich nicht darüber nachdenke, warum ich schreibe und worüber ich schreibe.

‚Klar, ist doch dein Beruf‘, wird jemand sagen, der mich kennt.
‚Tu‘ doch nicht so, es ist doch auch etwas, was du sehr gern magst, das Schreiben nämlich.‘

Das stimmt irgendwie und es stimmt irgendwie doch nicht.
Du musst dich ja trotzdem überwinden, enorme Energie aufbringen, um anzufangen und vor allem die Kraft entfachen, die dich bis zum Schluss durchhalten lässt.

Das klingt alles ein wenig nach jammern und ist es sicher auch.
Aber die interessantere Frage, die dahintersteckt, ist die: ‚Warum glaube ich an das, was ich tue, warum macht es mir trotzdem Spass, selbst wenn ich dafür enorme Anstrengungen unternehme, um zum Ziel zu gelangen?‘

Zunächst: Nur das, was dich Überwindung kostet, wozu du deine ganzen physischen und geistigen Fähigkeiten benötigst, um am Ziel anzukommem, das bleibt dir im Gedächtnis und im Herzen. Und es ist letztlich der Treibstoff, den du brauchst, um wieder von vorn zu beginnen.

Vom Selbstgespräch zum Aufschreiben

Schreiben hat für mich zur gleichen Zeit einen Selbstzweck, eine innere Funktion, die im Grunde noch bedeutender ist als die, die nach aussen sichtbar wird.

Es ist doch so: Wir führen jeden Tag unzählige Selbstgespräche. Manchmal rede ich sogar laut und meine Frau fragt dann, was ich gesagt hätte.

„Ach nichts!“, antworte ich in so einem Fall, weil ich nicht erklären will, aus welcher Motivation heraus ich etwas zu mir selbst gesagt habe.

„Du wirst alt“, sagt meine Frau in solchen Momenten. Und ich? Ja, ich sehe mich vor meinem geistigen Auge sabbernd und brabbelnd durch die Wohnung laufen. Der Gedanke lässt mich so erschaudern, dass ich die Selbstgespräche einstelle.

Aber können wir das überhaupt, die Gespräche mit uns selbst einstellen? Natürlich nicht. Wir würden nicht mehr leben.
Wir reden ununterbrochen mit uns selbst.

„Mist, du musst noch den Termin für den Reifenwechsel machen. Heute will ich unbedingt die E-Mail schreiben, die ich bereits in der vergangenen Woche rausschicken wollte.“

Oder du wachst morgens auf und weißt nicht, wo du bist, was für ein Tag auf dich zukommt.

Du hoffst, dass es der Sonntag ist. Aber Sonntag war, du fühlst dich nur, als wärst du noch im Sonntagsrausch, mit dem Liegenbleiben und dem Umdrehen im Bett, das Kissen zurechtknüllen und wieder sanft weiterschlafen.

Aber nein: „Verflucht, es ist Montag, die ganze verdammte Woche ist noch vor dir. Wie sollst du den Tag überstehen“, kommt dir in den Sinn.

Am liebsten würdest du den gesamten Denk- und Sprechapparat abstellen und gar nichts mehr fühlen.
Wäre das so, dann wärst du wahrscheinlich schon tot.

Also doch lieber aufstehen, den Automatismus der Tagesroutine abspulen.

Das Schreiben hilft mir dabei, dem Leben im Alltag einen Sinn zu geben.

Indem ich aufschreibe, was mir am Tag bevorsteht, wirkt das Ganze schon nicht mehr so grau und ich kann vor allem festlegen, was ich alles auf den nächsten Tag verschieben kann.

Das macht schon mal einen riesigen Spaß. Aber dazu musst du wenigstens einen Zettel und einen Bleistift zur Hand nehmen.
Schreiben ist nun mal zuallererst strukturiertes Denken.

Klingt ein wenig abstrakt. Ist es auch. Aber im positiven Sinne. Du abstrahierst nämlich ein Stück weit von den Zufällen des Tages, die dich also sprichwörtlich überfallen, ohne dass du sie vorhersiehst.

Manchmal sagt mir jemand: „Ich kann meinen Tag nicht schriftlich planen, weil es ohnehin anders kommt.“

Das ist sicher wahr und jeder von uns kennt das. Aber musst du deshalb nicht erst recht deinen Tag fest im Blick haben, um wenigstens die allerwichtigsten Dinge zu erledigen?
Wie dem auch sei.

Schreiben vermittelt dir das Gefühl zu leben, deinem Alltag einen Sinn zu geben.

Mir geht es weniger um den Sinn des Lebens. Dahinter werde ich wohl nicht mehr kommen. Nein, mir geht es darum, einen Sinn in meinen ganz konkreten Alltag zu bringen.

Diesen Alltagssinn zu finden, das gelingt dir am besten, indem du schreibst, was dir ganz persönlich in deinen Sinn kommt.

Ich schreibe manchmal mit dem Füllhalter morgens auf ein Blatt Papier, das schon von einer Seite beschrieben ist. Das gibt mir das Gefühl, dass ich nicht ganz von vorn anfangen muss.

Oder ich tippe mit zwei Fingern auf dem Tableau des iPads herum, so wie jetzt. Ganz selten tippe ich auf der Tastatur, und dass, obwohl ich blind mit zehn Fingern schreiben kann.

Das ist bei jedem anders und darauf kommt es auch nicht an. Wichtig ist, dass du schreibst, weil du lebst, weil du einfach mehr Sinn in dein Alltagsleben bringen kannst.

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2021: https://uwemuellererzaehlt.de/mein-freund-der-alltag/alltaegliches-2021/

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FASZINATION BIBEL FÜR DEINEN ALLTAG

MENSCHEN IM ALLTAG-2021.10.10

Sir 13, 30 
Reichtum ist nur dann gut, wenn keine Sünde an ihm klebt, und allein der Gottlose nennt die Armen böse. 

Bibel

WAS MAN NOCH DARAUS LESEN KANN:
Reichtum kann viel Gutes bewirken – sozial, mental, wirtschaftlich, persönlich.
Vorausgesetzt: Er ist die Folge von harter, ehrlicher Arbeit – auf einer sauberen ethischen Grundlage menschlichen Handelns

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2021: https://uwemuellererzaehlt.de/ueber-menschen-erzaehlen/menschen-im-alltag-2021/

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ANNA GEHT IN DIE KURZZEITPFLEGE

ANNA-2021.10.08

Klara und Peter wachten im Gasthof ‚Soljanka‘ auf.
Sie checkten im Gasthof aus, und wollten abends in Annas Wohnung übernachten.
Vorher aber mussten sie Anna in die Kurzzeitpflege bringen. Der Arzt Dr. Silberfisch hatte ihnen dazu geraten.
Nur wusste keiner, wie sie es schaffen sollten, Anna dazu zu bewegen, aus ihrer Wohnung zu gehen.

Klara und Peter hatten die zweite Nacht besser geschlafen. Die Autos, die auf der Strasse vor dem Hotel vorbeiratterten, nahmen sie nicht mehr so deutlich wahr, wie es in der ersten Nacht der Fall gewesen war.

„Mir ist nicht wohl dabei, wenn ich an den heutigen Tag denke.“
„Geht mir genauso“, sagte Peter, während er in sein iPad schaute.
„Aber wir müssen da jetzt durch, wir haben keine Wahl.“

Beide schwiegen, während sie im Auto sassen und zu Annas Wohnung fuhren.

Als sie angekommen waren und vor Annas Tür standen, drückte Klara auf den Klingelknopf und holte vorsichtshalber schon mal den Wohnungsschlüssel aus aus ihrer Handtasche.

Die Tür ging auf und Anna schaute Klara und Peter mit weit aufgerissenen Augen an.

„Was wollt ihr denn hier?“, schleuderte sie den beiden entgegen.
„Guten Morgen, schön dich zu sehen“, sagte Peter übergangslos.
„Wir wollen dich abholen, damit wir eine kleine Fahrt durch Stralsund machen können“, entgegnete Peter.
„Hast du Lust dazu?“, fragte er gleich noch hinterher.
„Ja“, sagte Anna.

„Na bitte, dann freuen wir uns auf einen schönen Tag“, meinte Peter, während er Klara zuzwinkerte.
Anna antwortete nicht.

„Warum seid ihr hier?“, fragte sie stattdessen erneut.
„Wir wollen mit dir einen schönen Ausflug machen“, wiederholte Peter, ohne darauf einzugehen, dass Anna die Frage schon einmal gestellt hatte, ein paar Minuten zuvor.

Peter ging ins Wohnzimmer, schlug die Ostseezeitung auf und überflog flüchtig die Schlagzeilen. Aus dem Schlafzimmer hörte er, wie Anna sich sträubte, auch nur irgendein Kleidungstück anzuziehen.

„Mutti, wir können doch nicht so mit dir auf die Straße gehen“, sagte Klara zu ihr.

„Wieso auf die Straße, was soll ich da?“, fragte jetzt Anna erneut.
„Ich geh‘ schon mal zum Auto runter und warte dort auf euch“, sagte Peter.

Klara fragte ihn noch leise, ob er die Taschen vom Dachboden mit hinunternehmen würde.

Peter nickte und ging zur Tür hinaus. Er holte die Taschen vom Dachboden und begab sich zum Auto.

Klara hatte sie einen Tag zuvor dort deponiert, damit Anna sie nicht fand und wieder auspackte.

Es verging noch eine weitere Stunde, bevor Anna in der Hauseingangstür auftauchte.

Peter war sichtlich erleichtert. Der erste Schritt war getan.
„So, jetzt machen wir eine schöne Hafenrundfahrt und anschließend fahren wir in Richtung Sund-Krankenhaus“, sagte Peter, als Anna endlich im Auto saß.

Anna sagte nichts.
Sie fuhren durch die Stadt und Peter hielt in der Nähe des Hafens an.
„Kommen hier Erinnerungen an deine Kindheit hoch?“, fragte Peter.
„Ja, und wie“, sagte Anna.

„Guck mal, da lagen früher viel mehr Fischerboote und wir haben dort sehr gern als Kinder gespielt und beobachtet, wie die Fischer ihre Ware auf die Pier hievten“, erklärte Anna und lebte dabei zusehends auf.

Klara und Peter waren sichtlich erleichtert, dass Anna gute Laune zu haben schien.

Peter fuhr wortlos in Richtung Sund-Krankenhaus weiter und suchte einen geeigneten Parkplatz.
Klara war ihrer Mutter beim Aussteigen behilflich.

„Es ist besser, ich hole das Gepäck später aus dem Auto“, sagte Peter leise zu Klara.

In der Anmeldung zur Kurzzeitpflege wartete Peter gemeinsam mit Anna auf Klara, die in der Information fragen wollte, wo sie sich melden sollten.

„Was macht Klara da?“, fragte Anna.
„Du, ich habe keine Ahnung“, sagte Peter ausweichend.
Es war ihm unangenehm, dass er nicht die Wahrheit mit Anna besprechen konnte.

Dass es für sie besser wäre, nicht mehr Zuhause allein zu wohnen, und dass sie übergangsweise für ein paar Tage in der Kurzzeitpflege sein müsste.

Doch das hätte alles gefährdet. Der Arzt und das Pflegepersonal hatten ihnen abgeraten, alles zu erklären, sondern lieber eine Wahrheit zu sagen, die Anna auch akzeptieren könnte.

Ein schwieriger Akt, den man erst vollends begriff, wenn man selbst die Verantwortung dafür tragen musste.
Klara kam schnell wieder. Sie fuhren in die dritte Etage.

„Ach das ist ja wunderbar, Frau Sturm, dass Sie so pünktlich kommen“, sagte die Schwester.

„Was will die von mir?“, fragte Anna ihre Tochter, ohne auf die Begrüßungsworte der Schwester einzugehen.

„Ich bin Schwester Erika. Frau Sturm, kommen Sie doch gleich mal mit. Es gibt jetzt Mittagessen“, sagte die zu Anna.

„Was gibt’s denn?“, fragte Anna.
„Rouladen mit Rotkohl.“

Es war eines der Lieblingsgerichte von Anna.
Sie hakte sich wortlos bei Schwester Erika ein und ging, ohne sich noch einmal umzudrehen, in Richtung Speisesaal mit.

Klara und Peter waren verblüfft, aber vor allem froh, dass alles so reibungslos geklappt hatte.

Peter hastete zum Auto und holte Annas Gepäck.
Klara sortierte Annas Sachen aus dem Koffer gleich in den Schrank im Zimmer von Anna ein.

Es war ein Einzelzimmer, modern eingerichtet, mit eigener Toilette und Duschtrakt.

„Hättest du gedacht, dass wir das so gut hinbekommen?“, fragte Peter auf der Rückfahrt.

„Nie im Leben“, sagte Klara. Man merkte ihr an, wie erleichtert sie war.

In Annas Wohnung angekommen, blieb ihnen nicht viel Zeit, zu verschnaufen.

Die Schränke mussten ausgeräumt und die Sachen aussortiert werden, die Anna mit ins ‚Betreute Wohnen‘ mitnehmen sollte.

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SALOMOS SPRÜCHE – WEISHEITEN FÜR DEN ALLTAG

BIBEL-2021.10.07

 Sich immer und gegen jeden Ratschlag wehren, das ist nicht sinnvoll im Leben
 „Wer sich absondert, der sucht, was ihn gelüstet, und gegen alles, was gut ist, geht er an.“
Salomos Sprüche, 18,1

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VON DER MACHT DES AUFSCHREIBENS

SCHREIB-ALLTAG-2021.10.07

Schreiben ist effizienteste die Art, strukturiert zu denken

Ich stelle oft fest, dass ich mir zu einem Thema erst dann einen strukturierten Überblick verschaffen kann, wenn ich die wichtigsten Stichpunkte schriftlich festgehalten habe.

Meist tue ich das mit Füllfederhalter, also auf die ‚old school‘ – Art.
Dazu passt ein deutsches Sprichwort, das ich kürzlich gelesen habe:

‚Einmal geschrieben ist so gut wie zehnmal gelesen.‘

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DIE DEMENZ VON ANNA SCHRITT FORT – JEDER WUSSTE ES UND KEINER WOLLTE ES WIRKLICH WAHRHABEN

2. überarbeitete Auflage
ANNA-2021.10.07

Oktober 2021. Anna ist seit einem Monat im Betreuten Wohnen „Sörensen“ am Strelasund untergebracht.
Es scheint noch, als wäre das alles noch nicht passiert und Anna würde noch in ihrer Wohnung leben. Das war ein langer Prozess, bis alle begriffen, dass es nicht mehr lange so weitergehen konnte, dass Anna einfach allein weiterlebte.
Vor einem Jahr schienen es alle zu ahnen, aber handeln mochte da noch keiner.

 

KLARA WOLLTE IHRER MUTTER BEIM PUTZEN HELFEN
Klara klingelte an der Tür ihrer Mutter.
Es dauerte eine Weile, bis Anna die Tür öffnete.
Sie hatte sich ein wenig auf die Couch gelegt, obwohl es erst gegen neun Uhr am Morgen war.

„Wieso bist du hier in Stralsund und nicht in Berlin?“, fragte sie ihre Tochter.

„Mutti, ich bin seit Sonntag in Stralsund, und Montag habe ich dir gesagt, dass ich am Mittwoch wiederkomme, um deine Fenster zu putzen“, sagte Klara zu ihr.

Klara und Peter hatten sich ein paar Tage freigenommen, um ein wenig auszuspannen, gemeinsam mit Laura und Krümel. Klara nutzte den Aufenthalt, um Lukas zu entlasten und in Annas Wohnung beim gründlicheren Saubermachen zu helfen.

„Mittwoch?“, fragte Anna.
„Ja, Mittwoch ist heute.“
„Aber wieso sagt mit das keiner?“
Klara entgegnete darauf nichts, denn sie hatte nicht mehr die seelische Kraft, auf alle Fragen ihrer Mutter zu antworten.

Der Vormittag verging wie im Flug, obwohl sich Anna nach Kräften dagegen wehrte, dass ihre Tochter in ihrer Wohnung das Zepter übernahm.

Doch Klara hatte es gelernt, sich gegen ihre Mutter durchzusetzen, denn nur so konnte sie ihr wirklich helfen.
Und als Anna sah, wie ihre Fenster nach und nach sauber in der Sonne blinkten, da war sie ruhig und fand das alles recht schön.

KLARA LUD ANNA ZUM KAFFEETRINKEN MIT DER FAMILIE EIN
Am Nachmittag wollte sich die Familie versammeln, um gemeinsam Kaffee zu trinken.

Anna wollte sich nicht umziehen, sie wollte gar nichts und sich am liebsten auf die Couch schmeißen, wie sie ununterbrochen zu Klara sagte.

„Warum soll ich das Kostüm anziehen, gehen wir zu einer Hochzeit?“
Anna konnte sehr spöttisch reagieren, wenn ihr irgendetwas nicht in den Kram passte.

Annas Charakter hatte sich in letzter Zeit ins Gegenteil von dem verkehrt, was sie einmal ausmachte, ihre Güte, ihr bescheidenes Wesen, aber all das schien die Demenz in ihr allmählich auszulöschen.

Klara hatte es schließlich geschafft, Anna davon zu überzeugen, dass sie sich umzog und mit ihr nach draußen kam.
Unten wartete bereits Peter im Auto auf Anna und Klara.

„Oh, du siehst wirklich gut aus“, rief Peter schon von weitem Anna entgegen.

„So sind wir das gewohnt, wenn wir ausgehen“, antwortete Anna selbstbewusst, so als hätte sie sich nicht noch vor wenigen Augenblicken dagegengestemmt, das Kostüm auch nur aus dem Schrank zu holen.

KRÜMEL TURNT ZWISCHEN DEN STÜHLEN IM RESTAURANT UMHER
Sie fuhren zum größten Hotel in der Stadt.
In dem Saal, in dem die Plätze reserviert waren, saß kein Gast. Corona hatte auch Stralsund fest im Griff.

„Wozu haben wir überhaupt Plätze reserviert?“, fragte Peter.
Sie setzten sich trotzdem an den Tisch, der für sie vorgemerkt war. Krümel fand das alles herrlich.

Sie turnte zwischen den leeren Stühlen und Tischen hin- und her und juchzte vor Freude.

Inzwischen hatten am Tisch gegenüber zwei Gäste Platz genommen. Ausgerechnet in unmittelbarer Nachbarschaft des reservierten Tisches.

Es war ein Ehepaar, beide um die 70 Jahre herum. Der Mann sah brummig aus. Er schaute immer grimmiger, weil Krümel ausgelassen weiter umherlief und laut sang.

Peter erinnerte sich an seine eigene Kindheit, Er konnte sich nicht vorstellen, dass seine Eltern es auch nur im Ansatz zugelassen hätten, dass sie als Kinder so durch die Stuhlreihen eines Lokals hätten toben dürfen.

Aber Peter genoss gerade den Gedanken, dass seine Enkelin ausgelassen und fröhlich sein durfte, so ganz ohne Furcht.

Also blickte er zu dem Mann herüber, der Krümel mit finsterer Miene beobachtete. Peter fixierte ihn mit einem Blick, der keine Missverständnisse aufkommen ließ: ‚Sag‘ nur ein böses Wort zu der Kleinen und du wirst es bereuen.‘

Der Mann knickte ein, denn er schaute weg und seine Gesichtszüge lösten sich auf, fast hin zu einem gemütlichen Ausdruck.
Peter schaute nun seinerseits zu Krümel und lockte sie mit einem kleinen Spielzeughund, den er mitführte, an den Tisch zurück.

ANNA SCHIEN MIT IHREN GEDANKEN NICHT BEI DER SACHE ZU SEIN
Anna beobachtete das ganze Treiben ein wenig distanziert, so als würde sie gar nicht dazugehören.

Die Kellnerin kam an den Tisch und fragte, ob die Gäste schon Kuchen ausgesucht hätten.

„Ja, antwortete Klara. Meine Mutter und ich, wir wollen Frankfurter Kranz.“
„Ich auch“, sagte Peter.
„Ich auch“, rief Laura.
„Und was soll ich essen?“, fragte Anna in die Runde. Die Kellnerin schaute irritiert.
„Ihre Tochter hat für sie bereits mitbestellt“, sagte sie.

„Wieso bestellt sie einfach was für mich mit?“, tat Anna entrüstet.
„Weil wir dich eben gefragt haben, was du für einen Kuchen willst und du dich genau dafür entschieden hast, Mutti.“
Klara kochte innerlich, dass Anna so ein Theater vor der Kellnerin abzog.

„Ja gut, dann nehm‘ ich den auch“, sagte Anna.
Wenig später kamen der Kaffee und der Kuchen an den Tisch.
Krümel hing zwischen Peter und Klara und spielte mit dem Hund, während Klara versuchte, ihr zwischendurch ein Stück Kuchen in den Mund zu schieben.

„Da sind wir ja heute wieder auf der steilen Diätkurve“, sagte Peter.
Keiner antwortete ihm und Klara warf ihm einen Blick zu, der hieß: ‚Sei bloß still, oder ich platze vor Wut.‘

Peter wandte sich wieder Krümel zu und beide spielten mit dem kleinen Spielzeughund, bis die Tischdecke immer mehr verrutschte und Klara Peter einen warnenden Blick zuwarf, den Peter aber geflissentlich ignorierte.

ANNA WEISS NICHT MEHR, WIESO SIE GERADE DIESES STÜCK KUCHEN BESTELLT HATTE
„Wieso habe ich so ein Stück Kuchen?“, fragte nun Anna in die Runde mit vollem Mund.

Klara schien ihren Ohren nicht zu trauen.
„Weil wir ihn für dich bestellt haben und du ihn dir gewünscht hast“, sagte Peter schnell, bevor Lukas oder Klara etwas Unbedachtes antworteten.

„Schmeckt dir denn der Kuchen?“, fragte nun Lukas.
„Ja, sehr gut“, antwortete Anna.

Ein paar Minuten war es ruhig am Tisch. Nur Krümel war zu hören, die den Spielzeughund triezte.

„Wieso habe ich dieses Stück Kuchen bestellt?“, erklang erneut die Stimme von Anna.

„Weil er dir besonders gut schmeckt“, sagte Peter nun.
„Ja, das ist wahr, der schmeckt mir sehr gut“, antwortete Anna.

WIE SOLLTE ES NUR MIT ANNA WEITERGEHEN
Der Nachmittag war schön, Anna gehörte zur Familie, sie würde immer dazugehören, ganz besonders jetzt, wo die Krankheit fortschritt.

Nach dem Kaffee brachten Peter und Klara Anna gemeinsam nach Hause.
Anna stand noch auf dem Balkon und winkte zum Abschied.
Ein vertrautes Bild, aber auch ein trauriges Bild.

„Denk‘ nicht an das, was kommt, denk‘ an den schönen Moment, den wir Anna heute Nachmittag verschafft haben“, sagte Peter. Klara nickte kurz und blickte traurig aus dem Fenster des Autos.

„Ich weiß gar nicht, ob Mutti das alles noch so schön empfindet, wie wir denken. Oder ob es nicht viel mehr ihre ohnehin gedankliche Alltagsstruktur durcheinanderbringt“, setzte Peter noch nach.

Klara schwieg, denn sie wusste es auch nicht. Und sie wusste vor allem nicht, wie es in den nächsten Wochen und Monaten weitergehen sollte.

Mehr lesen: https://uwemuellererzaehlt.de/anna-ist-dement/

INTERVIEW MIT BARBARA WENDERS

MENSCHEN IM ALLTAG-2021.10.06

Dieses Interview habe ich vor fünf Jahren geführt. 
Wer sich dafür interessiert, welche beruflichen Hürden Menschen in der Pflege nehmen müssen und was faszinierend ist an dieser Tätigkeit ist - der sollte hier reinschauen.

Barbara Wenders war zum Zeitpunkt des Gespräches Mitinhaberin und Pflegedienstleiterin des ambulanten Pflegedienstes EPIS in Duisburg.

Frau Wenders, mit einem zeitlichen Abstand von über zwei Jahrzehnten: Was ist Ihnen am Anfang leichtgefallen und wo hatten Sie Schwierigkeiten, hineinzuwachsen?

Am schwierigsten war es, die betriebswirtschaftlichen Abläufe zu beherrschen – mit den Steuern und Abrechnungen klarzukommen.
Überhaupt war die ganze Verwaltungssache etwas, wo ich noch recht unerfahren war.

Ich habe mich da autodidaktisch hineinbegeben müssen.
Das alles bekam für mich später einen strukturierteren Hintergrund, nämlich als ich eine Ausbildung zur Pflegedienstleitung für ambulante Dienste absolvierte.

Da waren diese fachlichen Inhalte im Lehrprogramm mitenthalten.
Erschwerend kam damals hinzu, dass wir mit dem ersten Steuerberater erhebliche Probleme hatten.

Er kannte die Materie nicht. Wir haben dann zu einer anderen Steuerberatung gewechselt. Danach lief es gut und wir bekamen den kaufmännischen Part in den Griff.

Wie verlief Ihr beruflicher Werdegang vor der Gründung des Pflegedienstes?
Ich habe mit 16 Jahren die Schule verlassen, nach dem Abschluss der zehnten Klasse.
Danach war ich in einem katholischen Krankenhaus in Berlin – Friedrichshagen.

Dort begann ich ein praktisches Jahr. Das musste sein, da ich sonst keine Ausbildung an einer staatlichen Schule für Krankenschwestern hätte absolvieren können.

Nach drei Jahren habe ich die Schule abgeschlossen.
Kurz danach wurde ich schwanger. Ich ging nach Neustrelitz und habe dort in dem städtischen Krankenhaus gearbeitet.
1982 wurde meine erste Tochter geboren.

Wiederum später bin ich in ein städtisches Krankenhaus nach Berlin – Mitte gegangen.

Ich hatte inzwischen zwei Kinder und konnte nicht mehr im Schichtsystem als Krankenschwester arbeiten und bin in die Verwaltung eines Betriebsgesundheitswesens gewechselt.

Zur gleichen Zeit begann ich eine Fortbildung zum Ökonomen des Gesundheits- und Sozialwesens.

Wie ging es weiter?
Im Oktober 1989 bin ich aus der damaligen DDR in die Bundesrepublik geflohen – über die grüne Grenze.

Wir sind in Duisburg gelandet. Dort lebte eine Freundin von mir.
Zunächst begann ich in einer Sozialstation zu arbeiten.
Dort war ich anderthalb Jahre.

Die Arbeit hat mich einiges gelehrt.
Aber die Bedingungen waren schlecht.

Können Sie das erklären?
Ja. Wir haben faktisch im Akkord gearbeitet – 25 Patienten, die auf einer Tour zu versorgen waren. Deshalb gab es auch eine hohe Fluktuation.

Es war immer jemand krankgemeldet. Der Stress war einfach zu groß. Und jeder hat nur gewartet, bis ein anderer Kollege wieder da war und, um sich anschließend selbst krank zu melden.

Für mich waren das keine Zustände – weder für die Patienten noch für uns als Mitarbeiter. Schließlich habe ich gekündigt.

Und dann?
Ich ging zurück ins Krankenhaus und habe knapp zwei Jahre Nachtschichten gemacht.

Das war sehr hart für mich. Ich kam schwer damit klar. Deshalb wechselte ich wieder in einen ambulanten Pflegedienst. Dort lernte ich übrigens meinen zweiten Mann kennen.

Was war das ausschlaggebende Motiv, selbst einen Pflegedienst zu eröffnen?
Na ja, mein Mann und ich haben uns überlegt: Das alles können wir auch selbst organisieren. Also haben wir den Schritt im Oktober 1996 gewagt.

Wir begannen damit Patienten zu betreuen, die künstlich ernährt werden mussten. Das waren zum Beispiel Menschen mit einer HIV- Infektion, oder Krebspatienten.

Mit der Entwicklung unseres Pflegedienstes kamen andere Bereiche hinzu. Wir haben nach und nach alle wichtigen Leistungsbereiche in der Pflege angeboten, waren sozusagen mit der Zeit ganzheitlich im Portfolio aufgestellt.

Was hat sich geändert gegenüber 1996, wenn Sie heute die Pflege und Betreuung ansehen?
Wenn ich noch an die Sozialstation denke, wo ich vor über zwanzig Jahren begonnen habe – und jetzt unsere Art zu pflegen und zu betreuen sehe, dann weiß ich – da liegen einfach Welten dazwischen.

Wir haben einen Familienbetrieb aufgebaut. Das macht schon stolz. Unsere beiden Töchter arbeiten hier.

Und wir haben eine sehr geringe Mitarbeiterfluktuation bei uns. Ich denke, das liegt daran, dass sich in den vergangenen Jahren ein sehr gutes Team zusammengefunden hat.

Mitarbeiter, die wie wir engagiert sind. Wir haben zum Beispiel eine Pflegedienstleiterin, Frau Thyssen – Fett: Sie ist echt eine Perle.
Wir haben schon manchmal scherzhaft gesagt: Wenn sie aufhört, dann machen wir unsere Einrichtung zu.

Oder: Es gibt eine Mitarbeiterin, die bereits 19 Jahre mit uns zusammenarbeitet.
Andere sind ebenfalls bereits über 10 Jahre oder sehr lange bei uns. Das bekommen Sie doch nur hin, wenn das Klima stimmt, die Leute sich einfach wohlfühlen.

Die Firma ist heute der älteren Tochter überschrieben – Maria Spellier. Sie hat inzwischen zusätzlich eine Ausbildung zur Qualitätsmanagerin gemacht.

Die jüngere Tochter Stefanie ist Altenpflegerin und macht gegenwärtig eine Ausbildung zur Praxisanleiterin.

Wie war die Zusammenarbeit mit Ihrem Mann?
Die Zusammenarbeit war sehr gut. Er war der Praktiker. Ihn hat nie die Verwaltung interessiert, sondern nur die Pflege und Betreuung.
Ich musste mich also darum allein kümmern.

Und es war nicht leicht am Anfang alles unter einen Hut zu bekommen – die Pflege, die Verwaltung, die Mitarbeiterführung und die Erziehung der Kinder.

Aber mein Mann war ein Fachexperte, ging einfach in seinem Beruf auf und hat mir auf seine Weise viel Kraft gespendet und den Rücken gestärkt. Heute ist er in Rente.

Was ist aus Ihrer Sicht der Grund, dass es in anderen Einrichtungen und Pflegediensten nicht so klappt, der Ruf mitunter eher schlecht ist?
Wissen Sie, es gibt immer schwarze Schafe. Oft kann der einzelne Mitarbeiter dafür ja gar nichts.

Wenn zum Beispiel zu einem Kunden stets andere Mitarbeiter kommen. Oder: Die Zeiten sind stets unterschiedlich, zu denen die Pflegebedürftigen besucht werden.

Dann bekommen die Pflegebedürftigen natürlich einen schlechten Eindruck von dem Pflegedienst, der dafür zuständig ist.

Was sagen Sie dazu, die Ausbildung jetzt generalistisch zu organisieren?
Es gibt Aspekte, die dafür sprechen und Argumente dagegen.

Welche?
Dafür spricht sicherlich, die Ausbildung in Gesundheit und Pflege weiter zu vereinheitlichen, sie stärker in der Gesellschaft aufzuwerten, junge Leute für den Beruf zu gewinnen.

Und dagegen?
Weiter diskutieren sollte man: Was ist zum Beispiel, wenn ein kleiner ambulanter Pflegedienst einem Auszubildenden die Pflege und Betreuung im Alltag nahebringen will, der jedoch zum Praktikum ins Krankenhaus geht?

Wie ausgewogen wird das zum Beispiel organisiert? Müssen wir eventuell eine junge Fachkraft später nachqualifizieren, weil die praktischen Fähigkeiten und Fertigkeiten für die Pflege nicht ausreichen?

Das ist ja auch eine wirtschaftliche Frage.
Ich denke, hier brauchen wir noch mehr Klarheit.

Was macht für Sie individuelle Pflege und Betreuung aus?
Wichtig ist für uns die Bezugspflege – jeder Kunde soll wissen, wer für ihn zuständig ist. Das schafft Vertrauen.

Individuell pflegen und betreuen heißt für uns, die wirklichen Wünsche und Bedürfnisse der Menschen zu respektieren, also das, was er an Hilfebedarf benötigt. Es sind ja nun auch zusätzliche Beratungsbesuche bei Veränderungen der Pflegesituation möglich. Das war früher nicht so.

Es gibt mit der Einführung der neuen Begutachtungsrichtlinien ab nächstes Jahr ganz andere Möglichkeiten, die Situation der einzelnen Pflege- und Hilfsbedürftigen spezifisch zu erfassen.

Allein die Eingangsfragen, die hier gestellt werden, führen zielgenauer dorthin, wo die wirklichen Probleme der einzelnen Menschen liegen – zum Beispiel: Was ist das Hauptproblem der Pflegesituation? Was würden Sie sofort ändern, wenn Sie es könnten? Welche Informationen könnten helfen?

Das sind nur einige wenige Beispiele. Wir werden das alles sehr genau in den nächsten Wochen und Monaten mitverfolgen und in unserem Bereich umsetzen – für die weitere Verbesserung der Pflegequalität für unsere Kunden.

Frau Wenders, ich danke Ihnen für das Gespräch.



Mehr lesen:
2021: https://uwemuellererzaehlt.de/ueber-menschen-erzaehlen/menschen-im-alltag-2021/

2020:https://uwemuellererzaehlt.de/ueber-menschen-erzaehlen/menschen-im-alltag-2020/

2019: https://uwemuellererzaehlt.de/ueber-menschen-erzaehlen/menschen-im-alltag-2019/

2017: https://uwemuellererzaehlt.de/ueber-menschen-erzaehlen/menschen-im-alltag-2017/

 

„DAS IST MEIN OPA, ABER ER IST JA SCHON EIN ALTER MANN“

ALLTÄGLICHES-2021.10.05

Vom Nachsinnen über dein Leben im gewöhnlichen Alltag

Krümel war am Wochenende bei uns gewesen.
Wir ließen uns dann ganz auf unsere Enkelin ein. Klara kochte und backte, versorgte sie mit Süßigkeiten, mehr als ihre Mama es zulassen würde.

Ich schmiss mich auf den Fußboden, holte die Spielzeugkiste hervor, in denen die kleinen Autos verstaut waren.

Und wir schauten mit Krümel die ‚Hunde‘, einen Zeichentrickfilm, in dem wir mittlerweile schon mitspielen können.

Ich hätte gern im Fernsehen etwas über die Sondierungsgespräche der Parteien erfahren, aber wir wollten Krümel natürlich nicht stören, wenn sie auf der Couch saß, ein Bein über meinen Arm legte und mit dem Kopf auf der anderen Seite lag.

Sie kaute an einer Banane und war ansonsten nicht ansprechbar, denn sie verfolgte ‚ihre Hunde‘ in der Zeichentrickserie hartnäckig.
Na klar, es war auch anstrengend mit Krümel.

Meist sind wir nach ihrem Besuch so kaputt, dass wir hinterher irgendeinen Film anmachen und uns nur noch knapp unterhalten.

Diesmal habe ich Krümel erst am Montagmorgen zurückgebracht. Wir sind sofort in Richtung Kita gefahren. Krümels Mama hatte Frühdienst und so wollten wir nicht, dass unser kleiner Liebling so früh aufstehen musste.

„Ich schlafe in deinem Arbeitszimmer und Krümel kann in meinem Bett schlafen, damit wir sie früh nicht wecken und du trotzdem gleich den Laptop für dein Homeoffice um halb Sechs anschmeißen kannst“, habe ich zu Klara gesagt.

Die war sofort einverstanden, Krümel natürlich auch.
„Oma!“, rief sie nachts freudig, als sie noch einmal aufwachte, kerzengerade im Bett saß und sich dann gleich wieder in eine andere Richtung auf die Bettdecke schmiss.

Ich wachte früh auf, fühlte mich zerschlagen, war aber guter Dinge, weil wir so ein schönes Wochenende hinter uns hatten.

Auf dem Weg zur Kita kam ich nur langsam vorwärts, die B 2 nach Berlin rein war gesperrt und die Autos stauten sich.

„Geht weg, Autos, wir wollen in die Kita!“, rief Krümel laut. Es störte sie wenig, dass sie wohl keiner der Fahrer in den anderen Autos neben und vor uns hört.

Mit einer Stunde Verspätung kamen wir an und Krümel hüpfte fröhlich die Treppen zu ihrer Kita-Gruppe hoch.

„Hallo Krümel!“, riefen zwei Mädchen, die uns entgegenkamen.
„Das ist mein Opa“, sagte Krümel und zeigte auf mich.
„Aber er ist ja schon ein alter Mann“, sagte sie noch, und senkte dabei ihre Stimme.

Ich war geschockt, hielt inne, obwohl ich ebenfalls im hohen Tempo die Treppen mithochgestiegen war. Gerade hatte mir im Fitness-Studio jemand gesagt, dass ich noch jung aussehen würde.

Aber Krümel sprach unerbittlich die Wahrheit aus.
Ja, ich bin tatsächlich ein alter Mann.

Ich dachte kurz an meine Oma, die für mich schon mit 56 Jahren eine alte Frau war.

Ich kam ins Grübel, als ich auf der Rückfahrt von der Kita war.
‚Warum lebst du eigentlich so und nicht anders? Wieso arbeitest du noch im Alltag, obwohl du dich doch mit anderen Dingen beschäftigen könntest?

Machte es überhaupt noch Spaß, im Alltag Geschichten zu schreiben, Interviews mit interessanten Menschen zu führen, oder sollte ich mich zurückziehen, nur noch im Wald laufen, morgens ein bisschen Kraftsport im Fitness-Center machen?

Es ist komisch: Erst wenn du einen Impuls von außen erhältst, du vielleicht krank wirst, dann fängst du an, über den Sinn deines Lebens im Alltag nachzudenken.

So ging es mir mit der klaren Ansage von Krümel auf der Kita-Treppe.

Aber war es nicht das, was das Alltagsleben ausmachte – dass ich Krümel zur Kita brachte, mich danach an den Schreibtisch setzen und arbeiten würde?

Es ist schon wichtig, sich immer wieder bewusst zu machen, über wieviel Reichtum du gerade im Alltag verfügen kannst, wenn du den entsprechenden Blickwinkel wählst.

Am Wochenende wird Krümel vier, und ich, ich bin ja schon viel älter, einfach ein alter Mann eben.

Ich habe ihr die Jahre voraus, sie hat noch ihr ganzes Leben vor sich.
Ich weiß inzwischen, wie wertvoll die Momente sind, wo ich mit ihr auf dem Fußboden sitzen und die Spielzeugautos über den Teppich schieben kann.

Wir sind beide glücklich in dem Moment, trotz des großen Altersunterschiedes.
Und darauf kommt es an, wenn es um den Sinn im Alltagsleben geht.

 

 

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2021: https://uwemuellererzaehlt.de/mein-freund-der-alltag/alltaegliches-2021/

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SALOMOS SPRUCH – DEMUT KOMMT VOR DER ERLANGUNG VON EHREN

 

BIBEL-2021.10.04

„Wenn einer zugrunde gehen soll, wird sein Herz zuvor stolz; und ehe man zu Ehren kommt, muss man demütig sein.“ 
Salomo 18, 12

Was man daraus mitnehmen kann?
Selbst in Niederlagen steckt eine Chance.
Nur wer Herausforderungen ernst nimmt, sich nicht über andere Menschen erhebt, Energien im Team nutzt, bescheiden bleibt, der hat die größte Aussicht auf Erfolg.

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ANNA IST DEMENT – RÜCKBLICK UND VORSCHAU

ANNA-2021.10.02

DER TAG NACH DER ANREISE IM GASTHOF

Die Nacht im Dorfgasthaus war schnell vorüber. Klara und Peter hatten unruhig geschlafen.
Vor dem Hotel verlief die Straße abschüssig und die Autos donnerten darauf mit einem ohrenbetäubenden Lärme vorbei, auf Kopfsteinpflaster.

DAS FRÜHSTÜCK
Im Frühstücksraum kam ihnen eine ältere Mitarbeiterin entgegen, die sie freundlich mit einem ‚Guten Morgen‘ begrüßte.

„Hier am Büfett ist alles aufgebaut, den Kaffee bringe ich gleich.“
„Soljanka auch?“, fragte Peter. Klara stand hinter ihm und stieß ihm mit der Hand in den Rücken.

„Die können Sie sehr gern haben, hier gibt es aber auch frisch gepressten Orangensaft, ein wenig Haferkleie und Obst“, sagte die Mitarbeiterin und fixierte Peters Bauch.

‚Haferkleie, die esse ich zuhause‘, dachte Peter.
„Wunderbar, dann kann der Tag ja nur gut werden“, antwortete Peter laut und ging schnurstracks auf den Behälter mit dem Rührei zu.

KLARA FUHR ZU ANNA, PETER BLIEB IM HOTEL
Nach dem Frühstück fuhren beide nach Stralsund rein, zu Annas Wohnung.

Peter begab sich danach sofort zurück zum Hotel, holte seine Arbeitssachen heraus und begann sich auf dem kleinen Tisch einzurichten.

Zuerst musste der Fernseher beiseite gerückt werden, damit das iPad und die Tastatur Platz fanden.
Er hatte seine Sachen in der Tasche verstaut, die er täglich mit ins Fitness-Studio nahm.

Jetzt lagen dort Bleistifte, Papier, Klebestifte, Kabel für das iPad und Unterlagen für Annas Kurzzeitpflege drin. Sie rutschten von einer Seite auf die andere und Peter erfühlte mehr das, was er brauchte, als dass er es sah.
Endlich hatte er alles aufgebaut.

PETERS GEDANKEN SCHWEIFTEN AB
Er versuchte sich auf das Schreiben zu konzentrieren. Obwohl er mit zehn Fingern blind auf der Tastatur schreiben konnte, nützte ihm das wenig. Er starrte nämlich auf das weiße Display und versuchte einen Satz hinzubekommen.

Es nützte nichts, ihm fiel nichts ein. Seine Gedanken schweiften ab zu Klara. Wie mochte sie wohl Anna angetroffen haben? Peter war nicht mit hochgegangen.
Er wollte sich nicht Annas Fragen aussetzen, warum sie in Stralsund seien.

Der Regen tropfte ans Fenster und Peter kam allmählich zur Ruhe.
Eigentlich ging es ihm doch gar nicht so schlecht. Er saß in einem Hotelzimmer, wurde nicht nass, konnte ein wenig schreiben, die Akquise für die Werbeeinnahmen vorbereiten und zwischendurch gedanklich auch noch abschweifen.

DEN AUGENBLICK SCHÖN FINDEN
Und jetzt saugte er die Ruhe in sich auf. Die Autos ratterten immer noch vorbei, aber es war irgendwie wie aus einer weiten Ferne.
Auf der gegenüberliegenden Seite hastete eine Frau auf dem Fußweg vorbei, wahrscheinlich zur Arbeit.

Ihr Gesicht war verkrampft, nichts sah danach aus, dass sie Freude an dem hatte, was sie gerade tat.

Peter war Jahre, ja Jahrzehnte seinen Träumen nachgerannt, die spätestens mit der Wende platzen und er wieder ganz von vorn anfangen musste.

Also warum sollte er sich jetzt nicht freuen, dass er im Zimmer saß, trocken, und schreiben konnte?

Wer weiß, wie es ihm in zehn Jahren gehen würde. Vielleicht war er dann auch schon in einem Heim und musste sich ein Zimmer mit einem Nachbarn teilen.
Wie es wohl Klara bei Anna angetroffen hatte?

https://uwemuellererzaehlt.de/2021/09/30/anna-2021-09-30/

KLARA VERSTECKTE ANNAS GEPACKTE TASCHE AUF DEM DACHBODEN

Klara ging die fünf Treppen hoch, zu Annas Wohnung. Sie merkte, dass es ihr schwerer viel, schwungvoll bis nach oben zu kommen.

Dabei waren sie früher als Kinder die Stufen hochgestürmt, hatten oft genug zwei auf einmal genommen.
Aber die Zeiten waren vorbei.

„Wer ist da?“, hörte sie plötzlich Annas Stimme aus dem Schlafzimmer.

„Mutti, ich bin’s, guten Morgen.“
„Wieso kommst du mitten in der Nacht, ich habe mich gerade hingelegt“, sagte Anna mit einem vorwurfsvollen Unterton.

Klara dreht den Schlüssel im Schloss um, öffnete die Tür und stand kurze Zeit darauf im Schlafzimmer.

Auf ihrem Bett lagen Sachen, Kleider, Blusen und der Schlafanzug.
Anna blickte verwirrt.
„Wo bin ich?“
„Mutti, du bist in deiner Wohnung.“

ANNA MUSSTE PROFESSIONELL BETREUT WERDEN
Da half auch nicht, dass Lukas täglich kam, fast jeden Tag jedenfalls und Klara mindestens einmal im Monat aus Berlin anreiste, um wenigstens eine gewisse Struktur in den Alltag von Anna zu bekommen.

Klara half ihrer Mutter, sich anzuziehen, nachdem sich Anna gewaschen und die Zähne geputzt hatte.
Das dauerte eine gefühlte Ewigkeit für Klara.

KLARA VERSUCHTE ANNA ABZULENKEN, UM UNGESTÖRT IHRE TASCHE ZU PACKEN
Klara kochte Anna einen Tee und schmierte ihr ein halbes Brötchen mit Marmelade.

„Mutti, komm‘, setz dich hier in Ruhe hin und frühstücke“, sagte Klara.

Anna kam in die Küche, setzte sich schweigend auf den Stuhl und begann langsam zu kauen.

Das war die Chance für Klara, unbeobachtet von Anna die Sachen für die Kurzzeitpflege zu packen und auf den Dachboden zu stellen.

„Warum willst du die Tasche auf den Dachboden bringen?“, hatte Peter sie noch einen Tag zuvor gefragt.

„Mutti wieder alles ausräumen würde. Wir müssen uns hier wirklich an den Rat von Dr. Silberfisch halten“, entgegnete Klara.

ANNA MUSSTE AM NÄCHSTEN TAG UNBEDINGT INS AUTO STEIGEN
„Letztlich geht es um das Wohl deiner Mutter, dass sie rund um die Uhr betreut wird“, bestärkte Peter Klara. Er wusste, wie schwer es Klara fiel, dass alles durchzuziehen.

„Morgen kommt es darauf an. Da geht es um alles. Wir müssen es schaffen, Anna davon zu überzeugen, ins Auto zu steigen, damit wir überhaupt die Chance haben, mit ihr zur Kurzzeitpflege zu kommen“, sagte Peter noch.

Klara seufzte nur.
https://uwemuellererzaehlt.de/2021/10/01/anna-2021-10-01/

AUSBLICK:
Die vorerst letzten beiden Beiträge: 
ANNA GEHT IN DIE KURZZEITPFLEGE (08.10.2021)
ANNAS NEUES ZUHAUSE IM BETREUTEN WOHNEN (15.10.2021)

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KLARA VERSTECKT ANNAS GEPACKTE TASCHE AUF DEM DACHBODEN

ANNA-2021.10.01ANNA-2021.10.01

Rückblick:
Peter und Klara hatten im Gasthof die erste Nacht schlecht geschlafen.
Der Lärm der vorbeifahrenden Autos und die Gedanken daran, wie es jetzt mit Anna weiterging, liess sie nicht zur Ruhe kommen. Nachdem sie morgens im Gasthof gefrühstückt hatten, fuhren beide zu Annas Wohnung nach Stralsund. Peter begab sich danach sofort ins Hotelzimmer zurück, er wollte arbeiten.

Intro:
Klara räumt die Wohnung von Anna auf, badet sie und macht ihr anschliessend die Haare. Wenn Anna abgelenkt war, packte Klara die Sachen für Annas Aufenthalt in der Kurzzeitpflege.

Klara ging die fünf Treppen hoch, zu Annas Wohnung. Sie merkte, dass es ihr schwerer viel, schwungvoll bis nach oben zu kommen. Dabei waren sie früher als Kinder die Stufen hochgestürmt, hatten oft genug zwei auf einmal genommen.

Aber diese Zeiten waren vorbei.
Klara verschnaufte für einen kurzen Augenblick vor der Wohnungstür.

Sie setzte sich auf den Stuhl, der auf dem Flur stand und kramte in ihrer Tasche nach dem Schlüssel für Annas Wohnung. Sie stand vom Stuhl auf, nachdem sie ihn gefunden hatte und drückte auf die Klingel.

Klara horchte an der Tür, aber drinnen war nichts zu hören.
Sie klingelte noch einmal.

Als sich nichts rührte, da klopfte sie leise an die Tür und nahm gleichzeitig den Wohnungsschlüssel zur Hand, um aufzuschließen.

„Wer ist da?“, hörte sie plötzlich Annas Stimme aus dem Schlafzimmer.

„Mutti, ich bin’s, guten Morgen.“
„Wieso kommst du mitten in der Nacht, ich habe mich gerade hingelegt“, sagte Anna mit einem vorwurfsvollen Unterton. Klara dreht den Schlüssel im Schloss um, öffnete die Tür und stand kurze Zeit darauf im Schlafzimmer.

Auf ihrem Bett lagen Sachen, Kleider, Blusen und der Schlafanzug.
Anna blickte verwirrt.

„Wo bin ich?“
„Mutti, du bist in deiner Wohnung.“
„Und wieso bist du hier?“, fragte Anna und schaute sie mit einem leeren Blick an.

Klara hätte auf der Stelle losheulen können, aber sie musste sich zusammenreißen.

Sie konnte ihrer Mutter nur helfen, wenn sie jetzt stark war.
Ihr wurde immer mehr klar, dass es gar keine Alternative mehr dazu gab, Anna in einem Heim unterzubringen.

Da half auch nicht, dass Lukas täglich kam, fast jeden Tag jedenfalls und Klara mindestens einmal im Monat aus Berlin anreiste, um wenigstens eine gewisse Struktur in den Alltag von Anna zu bekommen.

Klara half ihrer Mutter, sich anzuziehen, nachdem sich Anna gewaschen und die Zähne geputzt hatte.

Das dauerte eine gefühlte Ewigkeit für Klara.
Aber sie zwang sich, nichts zu sagen.

„War denn die Schwester heute Morgen schon hier und hat dich gespritzt?“

„Hier war keiner“, sagte Anna.

„Mutti, das kann aber nicht sein, denn schau mal hier, die Schwester hat dir doch sogar das Frühstück zubereitet.“

„Das kann doch alles nicht wahr sein. Ich weiß gar nichts mehr!“, sagte Anna niedergeschlagen, verbunden mit dem Vorwurf, warum Klara sie überhaupt danach fragte.

Klara kochte Anna einen Tee und schmierte ihr ein halbes Brötchen mit Marmelade.

„Mutti, komm‘, setz dich hier in Ruhe hin und frühstücke“, sagte Klara.

Anna kam in die Küche, setzte sich schweigend auf den Stuhl und begann langsam zu kauen.

Das war die Chance für Klara, unbeobachtet von Anna die Sachen für die Kurzzeitpflege zu packen und auf den Dachboden zu stellen.

„Warum willst du die Tasche auf den Dachboden bringen?“, hatte Peter sie noch einen Tag zuvor gefragt.

„Mutti wieder alles ausräumen würde. Wir müssen uns hier wirklich an den Rat von Dr. Silberfisch halten“, entgegnete Klara.
Peter nickte. Sie hatte recht in dem, was sie tat.

Es war für ihn nur erstaunlich, wie sehr sich hier Klara entwickelt hatte. Vor einigen Monaten war es für Klara noch unvorstellbar gewesen, dass sie hinter dem Rücken ihrer Mutter das alles vorbereitet hätte.

Aber es ging nicht anders.
„Letztlich geht es um das Wohl deiner Mutter, dass sie rund um die Uhr betreut wird“, bestärkte Peter Klara. Er wusste, wie schwer es Klara fiel, dass alles durchzuziehen.

„Morgen kommt es darauf an. Da geht es um alles. Wir müssen es schaffen, Anna davon zu überzeugen, ins Auto zu steigen, damit wir überhaupt die Chance haben, mit ihr zur Kurzzeitpflege zu kommen“, sagte Peter noch.
Klara seufzte nur.

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