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freitags.... Es ist kurz nach sechs Uhr und ich sitze am Schreibtisch, um mich auf die große Rede heute am Mittag vorzubereiten. Der Text ist fertiggestellt, redaktionell überarbeitet und auch von Klara geprüft. Ich lese ihr einen Abend vorher die gesamte Rede vor. Sie hat ein gutes Gespür dafür, was geht und was man lieber weglassen sollte. Die Rede auf einer Trauerfeier ist einzigartig - die emotionale Situation lässt keine Fehler zu. Es muss alles sitzen. Ich bin da schon ein Perfektionist, ist es doch meine Art der Wertschätzung für diejenigen, die wir würdigen wollen, und es ist auch mein Respekt vor der Trauer der Hinterbliebenen. Ich liebe es nicht, nur allgemeine Worthülsen zu verkünden. Nein, ich will den Weg der Verstorbenen nachzeichnen, sagen, was sie für ein Mensch war, was ihr wichtig war, und warum sie den Hinterbliebenen so sehr am Herzen lag. Das erfordert zunächst vor allem, sich in den Menschen hineinzuversetzen, zu hören, was die Angehörigen erzählen. Dann geht es darum, einen möglichst guten Text zu erarbeiten. Der Erfolg einer Rede liegt für mich in der Erarbeitung der Sätze, der Wortwahl, dem sich Quälen mit Formulierungen. Schreiben ist nunmal strukturiertes Denken, und da muss und da will ich auch durch. Jetzt trainiere die Rede im Wortlaut. Ich tue das meistens, indem ich einen Korken in den Mund nehme und dann die Sätze sage. Das klingt lächerlich. Es sieht auch so aus. Aber: Danach sind die Muskeln locker und ich kann die Rede so betonen, dass ich die Emotionen in die Rede bringe, die mir wichtig sind. Auf geht's....
donnerstags... 10.47 Uhr Ich sitze im Café vom REWE-Markt. Klara kauft ein und ich schreibe ein wenig. Schreiben ist für mich eine Sache, die mir das Gefühl gibt, dass ich lebe, beobachten kann, einfach den Alltag bewusster wahrnehme. Von den Kassen dringen zu mir Tippgeräusche rüber, wenn die Kassiererin die gekauften Waren eingibt. Obwohl die Geräuschkulisse recht laut ist, mag ich die Atmosphäre hier. Ich kann am Fenster sitzen, einen kleinen Kaffee trinken und nebenher ein wenig tippen. Früher habe ich immer nicht verstanden, warum ein Schriftsteller in eine Kneipe gegangen ist, um dort zu schreiben. Langsam bekomme ich ein Gefühl dafür, warum das so ist. Es regt schon die Kreativität an und es macht mehr Spaß, als nur im ‚stillen Kämmerlein‘ zu sitzen. Der Bäcker an der Theke grüßt zu mir herüber. Seitdem er eine Trauerrede von mir gehört hat, begegnet er mir mit viel Respekt, kommt rüber und begrüßt mich. „Wie geht’s?“, fragt er mich. „Danke gut“, antworte ich und schreibe weiter. Die Sonne kommt raus. Der Tag ist schön.
mittwochs.... Ich habe mich wieder überwinden können und bin gelaufen. Ich denke jedesmal, dass es leichter wird, aber es gehört schon viel Energie und mentale Kraft dazu, aufzustehen und loszulaufen. Aber: ich habe es geschafft! Jetzt sitze ich am Schreibtisch und habe viel Power für die anstehenden Aufgaben.
dienstags… Früher bin ich im Dunkeln losgehetzt, um zum Meeting pünktlich zu sein, heute bin ich nach Berlin reingefahren, im Eiltempo, um meiner sechsjährigen Enkelin die Federtasche für die Schule mitzubringen Ich bin ganz früh aufgestanden, um zu Krümel nach Berlin zu fahren. Sie hat ihre Federtasche bei uns zu Hause am Wochenende vergessen, und nun war sie ganz traurig. Sie ist ja jetzt die zweite Woche ein Schulkind, aber gestern war sie ohne Federtasche. Als ich an der Wohnungstür bei ihr kurz nach sechs Uhr klingelte und Laura die Tür öffnete, da schauten mich vier schlaftrunkene Augen an – Lauras und hinter hier, Krümels. Sie hatte sich am Bein ihrer Mama festgeklammert und lugte dahinter hervor. Als sie mich erkannte, da gellte ein Freudenschrei auf, der im Flur widerhallte. „Du bist der beste Opa der Welt“, sagte sie zu mir und drückte sich an mich. Ich hob sie hoch, gab ihr einen dicken Kuss und wünschte ihr den schönsten Schultag, den sie jemals haben würde. Ich winkte beiden noch zu und machte mich wieder auf den Weg. Ich war den ganzen Tag müde, weil ich so früh aufgestanden war und durch die halbe Stadt gedüst bin. Früher, da ging es um Termine, Umsatz, Meetings – ganz wichtig. Gestern, ja das war der wichtigste Termin für mich im Leben. Ich habe Krümel ihre Federmappe für die Schule gebracht. Sie war glücklich, und ich war es auch.
montags.... NORDIC WALKING GANZ FRÜH BETREIBEN, SICH AUF EINE REDE SEHR GUT VORBEREITEN, DEN SAMSTAG BEIM APFELPFLÜCKEN GENIESSEN, ENERGIE UND GUTE LAUNE FÜR DEN WOCHENANFANG SCHÖPFEN Die neue Woche beginnt und ich schaue auf das Wochenende zurück, um nicht gleich in schlechte Montagslaune zu verfallen. Ich denke an den Freitagmorgen in der vergangenen Woche: Ich habe mich kurz nach halb fünf Uhr aus dem Bett gequält. Die innere Stimme sagte mir zwar. „Dicker, bleib liegen, du musst das nicht tun“, aber ich habe mich davon nicht beirren lassen. Ich bin aufgestanden, habe das Sportzeug angezogen, und ich habe das erste Mal die Lampe auf den Kopf gesetzt. Ich wollte im Dunkeln gesehen werden und selbst wollte ich natürlich auch etwas erkennen. Ehrlich gesagt, es ist mir schwergefallen, sehr schwer. Aber als ich zurückgekehrt war, da ging es mir gut, und ich war stolz auf mich, dass ich eine knappe Stunde lang durch den dunklen Park gelaufen bin. Das will ich fortsetzen, in dieser Woche – na mal sehen. Freitagmittag hatte ich eine große Rede – ich habe mich nach dem Nordic Walking sofort hingesetzt und den Text trainiert – mit einem Korken im Mund. Das ist sehr anstrengend, aber danach waren die Muskeln total locker. Freitagnachmittag, nach der Rede – ich habe ein sehr gutes Feedback bekommen: „Sie haben meinen Vater wunderbar gewürdigt“, schreibt die Kundin. Ich freue mich und sehe, dass es lohnt, sich in das Leben eines anderen Menschen hineinzuversetzen, zu schildern, was ihn als Persönlichkeit ausgemacht hat. Samstag: Wir sind zum Apfelpflücken nach Wesendahl gefahren. Es war warm und wir konnten von den Bäumen dicke rote Äpfel herunternehmen. Es war phantastisch. Krümel hat sich vor dem Hofladen noch das Gesicht anmalen lassen und war glücklich. Ich habe auf einer Holzbank nach dem Pflücken gesessen. Es ist schön für mich, die Leute zu beobachten, zu sehen, wie sie das Wochenende genießen. Sonntagvormittag: Wir sind an den Strehlesee gefahren, haben nach Pilzen gesucht, aber es ist noch zu früh. Der Blick auf das Wasser ist unglaublich beruhigend. Mir wird klar, wie schön das Leben sein kann, wenn du die Kraft findest, dich an den kleinen Dingen zu erfreuen, daraus Energie zu ziehen. Die nächste Woche kann kommen, mit neuen Herausforderungen, aber auch neuen Eindrücken. Das Leben ist schön, meistens jedenfalls.
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