Alle Beiträge von Uwe Müller

Dipl.-Ing. (FH), Dr. rer. pol.; Autor

IANA SALENKO IM TELEFONINTERVIEW

MENSCHEN IM ALLTAG-2020.12.12

Freitag, 11.00 Uhr. Iana Salenko antwortet auf meine Fragen, die ich ihr am Telefon stelle. Obwohl es ihr selbst noch nicht wieder hundertprozentig gutgeht, schafft sie es, gute Laune zu verbreiten. Ich stelle immer wieder fest – Iana ist ein Profi, vor allem aber ein wunderbarer Mensch.

Iana, wie geht es Euch in dieser Zeit, in der alles und alle unter Covid-19 zu leiden hat?
Uns geht es heute schon wieder viel besser. Vor vierzehn Tagen habe ich erfahren, dass ich mich mit dem Virus infiziert habe.

Hast Du Dich testen lassen?
Ja, und wenig später bekam ich die Nachricht, dass der Test positiv war.

Was hast Du in dem Moment gedacht, als Du von dem Ergebnis erfahren hast?
Naja, du erschrickst dich schon, bekommst Angst, weil du ja nicht weißt, wie der Verlauf deiner Krankheit sein wird.

Welche Symptome sind bei Dir aufgetreten?
Ich war vor zwei Wochen, noch bei den Proben und fühlte mich danach nicht so gut.

Ich hatte Muskelkater, der ganze Körper schmerzte und am nächsten Tag spürte ich, dass mir mal kalt und dann wieder heiß wurde.

Was hast Du dagegen unternommen?
Zunächst war mir noch nicht bewusst, dass ich überhaupt krank bin.
Ich dachte, es sei eine leichte Erkältung.

Ich bin ja sogar noch in die Sauna gegangen, um den Schnupfen und den Husten wieder loszuwerden.

Und, hat die Sauna geholfen?
Nein, natürlich nicht. Die Symptome wurde sogar noch stärker.
In der Nacht darauf hatte ich eine erhöhte Temperatur – 37,5 Grad zwar nur, aber es fühlte sich an, als hätte ich 39 Grad Fieber.

Gab es dafür einen besonderen Grund?
Ich glaube, dass das mit meinen starken Schmerzen im Rücken zu tun hat, die ich stets bekomme, wenn ich Fieber habe.

Wie ging es weiter?
Ich bin Zuhause geblieben, habe viel geschlafen, mich ausgeruht. Ich wollte keine Tabletten nehmen und gedacht, ich bekäme es so in den Griff.
Aber dann wurde der Husten stärker, ich hatte teilweise keinen Geschmack mehr, fühlte mich einfach schlapp.

In der Staatsoper wurden wir zweimal in der Woche getestet. Ich habe mich also auch nach einer Probe entsprechend vorsorglich testen lassen. Als ich das Ergebnis mitgeteilt bekam, da bin ich sofort in die Quarantäne gegangen.

Hat Marian diese Symptome auch gehabt?
Ja, er hatte tagelang Kopf- und Rückenschmerzen, seine Augen brannten und er war auch ständig müde.
Des Weiteren hatte er einen starken Husten und auch ein Brennen in der Nase.

Wie geht es Euch heute, 14 Tage, nachdem Du positiv getestet wurdest?
Es geht uns beiden schon sehr viel besser. Wir fühlen uns noch nicht wieder zu 100 Prozent fit, aber es geht merklich aufwärts.

Iana, ich weiß, dass Du mental ein sehr starker Mensch bist und Dich immer wieder selbst motivieren kannst. Gelingt Dir das in dieser Zeit ebenfalls?
Ja, schon.
Es gibt sogar etwas Positives, dass ich gar nicht missen möchte.
Nämlich, dass ich William ganz anders aufwachsen sehe.

Bei Marley war ich gleich nach der Geburt schon wieder sehr schnell in Auftritte eingebunden. Heute kann ich Zuhause bleiben und mich intensiver mit den Kindern beschäftigen.

Wie kommt Ihr beide miteinander klar. Gibt es Phasen, wo Ihr Euch wünschen würdet, dass Ihr nicht beide die ganze Zeit im Haus zusammen seid?
Uns geht es wie allen Menschen in dieser Situation.

Also gibt es auch mal Zeiten, wo wir uns lieber mal für eine Zeit aus dem Weg gehen oder eben eine Meinungsverschiedenheit austragen.
Aber überwiegend stärkt uns der Zusammenhalt in der Familie, weil wir viel miteinander reden und einfach Spaß haben.

Marian ist es ja gar nicht gewohnt, dass ich so viel Zuhause bin. Für ihn ist das eher ungewohnt. Er denkt manchmal, ich sei genervt von ihm, weil er nun so oft um mich herum ist.

Und ist das so?
Nein, überhaupt nicht. Ich genieße das richtig, auch mit den Kindern zusammen zu sein.

Ich sitze manchmal nur auf der Couch und beobachte William, wie er auf dem Fußboden herumkrabbelt. Das sind einfach schöne Momente.

Wie hältst Du Dich fit in dieser Zeit, und unter diesen ungewöhnlichen Bedingungen?
Ich trainiere sehr viel an der Sprossenwand im Arbeitszimmer, oder ich mache Bodenübungen. Yoga – und Pilatis Übungen kommen hinzu.

Manchmal laufe ich mit William die Treppe hoch. Er mag das so sehr. Wir können ihn in seinem Alter nicht allein hochlaufen lassen und müssen schauen, dass ihm beim Klettern auf der Treppe nichts passiert.

Also machen wir das beste daraus und treiben gleich ein bisschen Sport. Das muss ja alles auch ein wenig Spaß machen.

Wie ist die Hausarbeit zwischen Euch aufgeteilt?
Marian kocht sehr gern. Er liebt das. Ich wasche meistens ab.
Ich stehe meistens sehr früh auf.

Dafür bereitet Marian wiederum die Flasche Milch für die Nacht für William vor. Morgens, da bekommt der Kleine Haferflocken und Marian kann weiterschlafen. Er rührt sich auch nicht.

Wie kommt Dein Mann insgesamt mit der Situation klar?
Marian versucht vor allem die positiven Seiten im jetzigen Alltag zu sehen.

Er beschäftigt sich viel mit den Kindern, genießt unser Zusammensein.

Iana, vielen Dank für das Telefoninterview

https://uwemuellererzaehlt.de/ueber-menschen-erzaehlen/iana-salenko-primaballerina/

HOMEOFFICE IN STAINWOTZ

Was bisher war:
Klara war wieder Zuhause, in Stainwotz. Sie konnte in ihrem eigenen Bett schlafen und Anna stand tagsüber nicht hinter ihr, um sie zu fragen, was sie gerade in der Küche machte und warum sie es tat. Sie dachte an den nächsten Tag, Montag, denn da hatte sie die Alltagsmühle wieder

Klara kam kaum dazu durchzuatmen.
Sie war sonntags aus Stralsund gekommen und musste sich am Montag wieder in ihren Arbeitsalltag reinfinden. Sie hatte Glück, denn montags und donnerstags waren die Tage, an denen sie im Homeoffice arbeiten konnte.

„Kommst du klar?“, fragte Peter sie, als er gegen sechs Uhr bei ihr ins Zimmer schaute.

„Ja“, sagte sie knapp, ohne aufzuschauen.
„Kannst du mal die Tür ranmachen?“, fragte Klara ihn noch.

„Von mir aus“; antwortete Peter und zog die Tür beleidigt ran.
Als würde er so einen Lärm machen.

‚Das hab‘ ich nun davon, wenn ich mal fürsorglich geben will‘, dachte er, ging in sein eigenes Arbeitszimmer, entfernte mit dem linken Fuß schwungvoll den Türstopper am Boden und machte die Tür ebenfalls zu.

‚Jetzt soll sie mal bloß nicht kommen und fragen, ob ich mal rüberkommen kann, um ihr wieder zu zeigen, wie sie sich anmelden müsste.

Noch dazu mit einem Gesicht, als würde der Laptop in Flammen aufgegangen sein und Peter sollte in dem Moment sofort aufspringen und hinübereilen, nein, das fällt aus‘, dachte er noch, während er schaute, was er als erstes erledigen wollte.

Peter hatte sich in seine Arbeit vertieft, als es plötzlich leise klopfte.
„Ja bitte“, brummte er.

„Kannst du mal rüberkommen, es ist was passiert?“, fragte Klara vorsichtig.

„Was ist denn passiert? Sitzt unter deinem Tisch ein Waschbär und hat deine Stromleitung angenagt?“, fragte Peter, ohne Anstalten zu machen, den Sessel auch nur einen Millimeter nach hinten zu rücken.

„Jetzt hab‘ dich doch nicht so“, versuchte Klara es mit einschmeichelnder Stimme.

„Eben noch hast du gesagt, ich soll dich nicht stören, und dich und den Waschbären in Ruhe lassen.“

„Nun hör doch mal mit dem Quatsch auf, ich brauch‘ deine Hilfe, ich weiß nicht, warum ich mich nicht anmelden kann“, sagte Klara nun in einem recht ungeduldigen Tonfall.“

Peter erhob sich, widerwillig zwar, aber er konnte ja Klara nicht einfach hängen lassen.

Wenn sie mit der Arbeit im Homeoffice begann, war sie wie ausgewechselt. Sie fing pünktlich morgens um sechs Uhr an, und wenn Peter reinschaute, so hatte er das Gefühl, dass er gerade die Vorstandsvorsitzende bei einem wichtigen Meeting störte.

„Siehst du das? Ich versteh das nicht“, jammerte Klara nun.
„Du verstehst also nicht, was du gerade siehst“, fing Peter an, sie zu schulmeistern.

„Ja, genau. Es ist, als würdest du vor der Waschmaschine stehen und sie nicht angeschaltet bekommen. Da schaust auch drauf und willst es einfach nicht verstehen.“

„Du kannst gern deinen Fehler allein beheben“, sagte Peter und wandte sich schon wieder zur Tür.

„Nun lass dich doch nicht so lange bitten“, sagte Klara.
„Dann musst du deinen Platz räumen. Ich muss direkt davorsitzen, um zu wissen, worum es sich handelt.“

Klara verdrehte die Augen, stand auf und Peter setzte sich auf ihren Stuhl.

„So, was haben wir denn da? Oh, oh.“

„Was oh, oh?“, Klaras Stimme klang ängstlich.
Peter antwortete nicht. Er hatte ja gar keine Antwort. Im Gegenteil, er fischte genauso im Trüben wie Klara, nur dass er es sich nicht anmerken ließ.

Stattdessen klickte er mal auf den einen Button, dann auf einen Link und plötzlich war alles verschwunden.

„Was hast du denn nun gemacht?“
„Wir müssen den Laptop ausschalten“, sagte Peter. Das war seine nächste Geheimwaffe, erst mal alles ausschalten und dann weitersehen.

Und tatsächlich, als die Startseite wiedererschien, das wusste er auch, auf welchen Button er klicken musste.

„So, jetzt kannst du dich wieder anmelden“, sagte Peter.
„Ach, das ist aber schön. Steh‘ schnell auf, damit nicht wieder alles verschwindet.“

Klara drängelte ihn fast vom Stuhl herunter, so aufgeregt war sie.
„Hab‘ ich sehr gern gemacht!“ Peter ging enttäuscht darüber, dass nicht einmal ein Zeichen der Anerkennung von Klara kam, schnell zur Tür.

„Wie hast du das eigentlich angestellt?“, fragte Klara ihn nun doch.
„Der Laptop merkt einfach, dass ich ihn morgens um diese Zeit noch nicht drängeln will“, antwortete Peter, ohne sich noch einmal umzudrehen.

„Ich drängle‘ doch nicht.“
„Nein, du setzt nur alle um dich herum unter Strom. Wahrscheinlich kann ich heute Nachmittag als kleines Dankeschön zum Discounter fahren, und ich darf draußen warten.“

„Das stimmt doch gar nicht, du kannst ja mit reinkommen“, antwortete Klara.

„Das wird ja immer schlimmer.“ Peter saß schon wieder in seinem Sessel.

„Kannst du mal deine Tür zumachen?“, fragte Klara.
„Ja, und ich schließ‘ sie von innen ab und steck‘ mir Ohrenstöpsel rein“, sagte Peter.

„Das ist aber nicht nötig, denn du brauchst ohnehin bald ein Hörgerät.“

Peter entgegnete nichts mehr. Auf jeden Fall war er nun munter.

PFLEGEDIENST MARTINA LIPPERT – CORONA SCHWEISST UNS NOCH MEHR ZUSAMMEN

Martina Lippert gehört zu den Menschen in der Pflege, über die ich gern berichte. ‚Ja klar‘, wird mancher Leser jetzt denken, ‚Storytelling ist doch dein Metier, also warum erwähnst du das überhaupt?‘

Das stimmt, aber glaubwürdig im PR-Bereich zu bleiben, das heißt vor allem eines: authentisch bleiben, und das wiederum ist möglich, wenn ich über den Pflegedienst Martina Lippert schreibe.

 

Man könnte denken, Martina Lippert ist mit ihren 63 Jahren vielleicht ein wenig müde und langsamer geworden in dem, was sie tut.

Immerhin existiert ihr Unternehmen bereits 25 Jahre, und sie hat es in schwierigen Zeiten aufgebaut und auf die Erfolgsspur gebracht.
Aber von Müdigkeit will sie nichts wissen. Im Gegenteil.

„Wir wollen alles dafür tun, dass die in Corona-Zeiten vulnerablen Gruppen besonders geschützt, gepflegt und betreut werden.

Nicht nur, weil dies inzwischen die Politik zu einer ihrer Kernaufgaben erklärt hat, sondern weil es für uns zu einer Herzensangelegenheit geworden ist, zu der wir uns bekennen“, sagt sie mit Blick auf die aktuellen Herausforderungen.

„Wir müssen alle ins Boot holen, die Pflegebedürftigen und die pflegenden Angehörigen.
Vereinzelt verstehen die Angehörigen von Pflege- Hilfsbedürftigen erst dann die Botschaft, wenn man Klartext mit ihnen spricht, höflich und stets mit der gebührenden Wertschätzung, aber unmissverständlich.

Es reicht nicht aus zu glauben, dass der zu pflegende Angehörige in dieser Zeit vielleicht nur einmal in der Woche gewaschen werden müsste. Das klingt nach einer Selbstverständlichkeit, ist es aber nicht.

Denn in Einzelfällen kommt das aufgrund von Corona erlassene Kontaktverbot dem einen oder anderen Angehörigen mitunter sogar gelegen – müssen sie doch ihre Besuche stark einschränken oder ganz darauf verzichten und sind so der Verpflichtung enthoben, moralisch und faktisch, sich intensiv um ihre Pflege- und Hilfsbedürftigen zu kümmern“, sagt Martina Lippert.“

Die Inhaberin des Pflegedienstes versteht natürlich, dass es zu Kontaktbeschränkungen kommen muss und trotzdem die Schwächsten in der Gesellschaft nicht allein gelassen werden dürfen.

Konsequente Einhaltung der Hygiene- und Abstandsregeln und gleichzeitig das Nötige für die zu Pflegenden tun, so kann man das Herangehen des Pflegedienstes zusammenfassen.

„Ich habe auch schon Informationsblätter verfasst, in denen die für uns wichtigen Regeln und Inhalte festgehalten werden“, sagt sie, wohlwissend, dass es hier keine Atempause geben kann.

Martina Lippert empfiehlt ihrem Team darauf zu achten, dass die Zimmer bei den zu Pflegenden gelüftet werden, bevor die Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen die Pflege und Betreuung durchführen.

„Corona hängt wie ein Damoklesschwert über uns. Wichtig ist, dass wir auf die Masken achten“, sagt Martina Lippert.
Sie weist darauf hin, dass es aktuell für die Pflege- und Hilfsbedürftigen nicht gut bestellt ist, da sie nur noch wenig aus der Wohnung herauskommen.

„Früher sind sie noch regelmäßig einkaufen gefahren. Das ist jetzt stark eingeschränkt.
Oder die Teilnahme an Selbsthilfegruppen kann ebenfalls nicht stattfinden. Man muss also aufpassen, dass man nicht ‚kopflastig‘ wird.“

KONTINUITÄT UND ERNEUERUNG – KEINE GEGENSÄTZE IM TEAM DER GESCHÄFTSFÜHRUNG
Martina Lippert überlässt mehr und mehr in der Geschäftsführung das Feld ihrer Tochter, Anne-Christine Lippert.

„Sie ist ohnehin die fachlich und organisatorisch versiertere Fachkraft.

Das hat was damit zu tun, dass sie sich in den letzten Jahren sehr gut in die Funktion der Geschäftsführung eingearbeitet und fachlich sehr viel für ihre Weiterbildung getan hat“, sagt Martina Lippert.

„Und seit einigen Monaten ist sie ebenfalls voll für die Pflegedienstleitung zuständig“, ergänzt sie.
Bei allen Anstrengungen hat es Anne-Christine Lippert noch geschafft, ca. 400 Masken gegen das Corona-Virus zu nähen.

„Das macht ihr Spaß, aber sie freut sich vor allem, wenn sie damit helfen kann“, sagt ihre Mutter.

Man merkt Martina Lippert an, dass es ihr trotz alledem nicht leichtfällt, loszulassen. Immerhin ist der Pflegedienst ja ‚ihr Baby‘, den sie quasi mit der ‚Flasche hochgepäppelt‘ hat.

JUNG UND ALT – KEINER KANN AUF DEN ANDEREN VERZICHTEN
Blickt man in die Zukunft, so will keiner so recht in die Vergangenheit zurückblicken.

Das sei ‚vergossene Milch‘, so hört man es zum Teil, wenn es darum, die aktuellen Herausforderungen und die der Zukunft zu bewältigen.

Und doch lohnt ein Innehalten.
Künftige Aufgaben bewältigt man dann am besten, am effizientesten, wenn man bei Gelegenheit auf die Erfahrungen zurückgreift, die bereits von Menschen zwanzig, dreißig Jahre zurück gemacht wurden.

Nicht nur, weil dadurch klar wird, wie schwierig manches zu bewältigen war, wieviel Hürden es gab, um zu einer Position zu gelangen, die heute als selbstverständlich vorausgesetzt wird.

Es gibt noch einen weitaus wichtigeren Aspekt. Indem mutige und kreative Menschen ihren beruflichen Weg selbst in die Hand genommen und gestaltet haben, konnten sie sich ein ganzes Netzwerk aus Erfahrungen, Wissen und Können aneignen, das als Ausgangsposition bei jeder neuen Situation auf der ‚Haben-Seite‘ verbucht werden kann.

Dieses ‚Pfund‘ wird vor allem dann effizient nutzbar, wenn junge und alte Menschen, ausgereifte Konzepte, bewährte Strategien mit neuen frischen Ideen zusammengebracht werden.

Jede Mitarbeiterin, jeder Mitarbeiter braucht heute unabdingbar die Wertschätzung für seine Arbeit, und zwar jetzt, wenn sie jung sind, und auch dann, wenn sie älter geworden sind und jüngere nachrücken.

Dieses einander verstehen, sich austauschen, das sich darauf verständigen, dass das, was zu bewahren ist, auch als etwas zu Bewahrendes anzuerkennen, und nicht auf den Müll zu kippen, nur weil es alt ist, und umgekehrt, nicht Altes mitzuschleppen, was nicht mehr in die Zeit passt – das ist der ‚Code‘, der Schlüssel für einen Erfolg, der dauerhaft ist, weil er ständig bewahrt, verändert und neu erkämpft werden muss.

Das ist ein Grund, warum man sich für die Biographie von interessanten Menschen begeistern sollte. Nicht, um demjenigen zu huldigen, nein, um selbst für sich, für die eigene Zukunft zu lernen.

Wer wissen will, warum es so schwer war, vor über zwanzig Jahren eine Festanstellung als Krankenschwester zu bekommen, wen es interessiert, was es als Frau bedeutete, den Anforderungen im Beruf, in der Familie, bei den Kindern zu entsprechen und sich dann noch ein Stück selbst zu verwirklichen, der sollte einen Blick auf die Interviews mit Martina Lippert werfen, die ich mit ihr geführt habe.

https://uwemuellererzaehlt.de/2017/08/21/interview-mit-martina-lippert/

https://uwemuellererzaehlt.de/2017/09/01/interview-mit-martina-lippert-im-august-2017/

https://uwemuellererzaehlt.de/2019/03/29/interview-mit-martina-lippert-2/

Oft wird die moralische Kategorie der Dankbarkeit ins Spiel gebracht, die doch vor allem die jüngere Generation haben müsse, wenn es um die Leistungen der älteren Generationen ginge.

Ich glaube, dass diese Kategorie zwar ehrenwert ist und durchaus zum Leben dazugehört, vor allem, wenn es um den zwischenmenschlichen Bereich geht, sowohl privat als auch im geschäftlich.

Aber sie trifft nur unzureichend auf das zu, was wirklich notwendig ist. Einzusehen ist vielleicht folgende Erkenntnis: Für die Jüngeren gibt es einen leichteren Zugang zu Wissen, Können, zu Erfahrungen, wenn man die Älteren um Rat fragt.

Und für die Älteren ist es eine ungeheure Motivation, etwas weiterzugeben, was sie selbst mit viel Energie und oft auch unter Schmerzen erworben haben.

Sie geben in diesem Kommunikationsprozess nicht nur Erfahrungen weiter, nein, sie lernen in dem Moment auch neu hinzu.

Dieser Austausch, gleichberechtigt, ohne Vorurteile – das ist die größte Energie- und Wissensquelle für die Bewältigung der gegenwärtigen Herausforderungen auf höchstem Niveau.

LOSLASSEN LÄSST NEUEN SOG ENTSTEHEN – FÜR ALLE SEITEN
Martina Lippert gehört nicht zu denen, die sich an etwas klammern müssen.

Sie findet andere Felder, die ihr ebenfalls Spaß machen und die es ihr erlauben, eine andere Sicht auf die aktuellen Probleme und Herausforderungen einzunehmen.

„Ich fotografiere sehr gern Heimathäuser in Lingen. Das macht mir Spaß. Vor allem dann, wenn diese sehr gepflegt sind und die Häuser ebenfalls für ein reges kulturelles Leben genutzt werden.“
Martina Lippert hat Freude daran, anderen Menschen eine Freude zu machen.

Sie versteht es, leckeres Rotwein Gelee herzustellen.
„Die Idee dazu ist mal am Rande einer Klausurtagung entstanden und zur Verkostung mitgenommen habe ich den Rotwein Gelee dann zur nächsten Fraktionssitzung.
Mit einem Toast, Butter und anschließend Rotweingelee darauf, schmeckt das hervorragend.“

Martina Lippert kam damit gut an, auch wenn es manch einer lieber trockener in einer Klausurtagung mag.

Aber wer erfährt, dass sich die Fraktion der SPD in der Stadt Lingen auch mal so etwas leistet, und damit irgendwie auch bürgernah agiert, nicht verklemmt an Themen herumnagt, nur den erzieherischen Finger hebt, der zieht Bürger an, Wähler, Menschen, denen das gefällt und die dann auch mehr über Inhalte wissen wollen.

„Man muss nicht gleich eine Maß Bier wie in Bayern trinken, aber eine bisschen lockere Atmosphäre bringt uns alle weiter, menschlich, mental, emotional, inhaltlich“, sagt sie in diesem Zusammenhang.

Martina Lippert will sich weiter für die Verbesserung der Pflegebedingungen einsetzen, daran mitwirken, dass die Leistungen stärker wertgeschätzt werden, nicht nur im ethischen, sondern auch im monetären Bereich.

Die Räume im Pflegedienst sind bereits weihnachtlich geschmückt – in braun und weiß von Anne-Christine Lippert in Szene gesetzt.
„Jetzt kommen noch die traditionellen Farben rot und grün, sowie Gegenstände aus dem Erzgebirge hinzu“, sagt Martina Lippert.

 

 

 

 

STAINWOTZ – KLARA KOMMT ZUHAUSE AN

Was bisher war:
Klara kam auf dem Bahnhof in Bernau an. Sie war froh, wieder in ihr kleines Dorf fahren zu können. Peter stand auf dem Bahnsteig. Der ICE aus Stralsund sollte auf Gleis 4 einfahren. Er hatte extra die Jeans aus dem Kleiderschrank gekramt, obwohl er am liebsten in Trainingshosen umherging.

Der Zug lief pünktlich in den Bahnhof ein. Die Bremsen der ankommenden Waggons quietschten und aus dem Lautsprecher ertönte die Stimme, die die Ankunft des ICE aus Stralsund ansagte und zugleich die Weiterfahrt nach Berlin-Hauptbahnhof in wenigen Minuten bekanntgab.

Peter hatte in den Jahren einen guten Blick dafür entwickelt, aus welchem Waggon Klara aussteigen würde.
Er stand ziemlich genau auf der Höhe des Bahnsteigs, auf der Klaras Waggon einlaufen würde. Als der Zug hielt und die Tür aufging, stand Klara unmittelbar vor ihm.

Peter ging einen Schritt auf Klara zu, als sie aus dem Zug stieg. Klara strahlte und Peter drückte ihr einen Kuss auf die Wange. Er war ein wenig verlegen, denn er war es auch nach Jahrzehnten nicht gewohnt, sie in der Öffentlichkeit zu küssen, weil er seine Gefühle nicht so offen zeigen wollte.

„Oh, du hast dich ja so herausgeputzt“, sagte Klara als erstes und zeigte auf Peters Jeans und seine Winterjacke. Sie hatte sich längst daran gewöhnt, dass er am Alltag in Jogginghosen umherspazierte und eine Trainingsjacke überwarf, sodass nie so richtig klar war, ob er zum Nordic Walking oder in die Post gehen wollte.

„Wie war’s?“, fragte Peter, während er Klaras dicken Koffer hinter sich herzog.
„Ach, es ist schön, wieder hier zu sein“, seufzte sie ausweichend.

Dabei war es Klara gar nicht leichtgefallen, als Peter sie vor knapp 30 Jahren in den kleinen Ort Stainwotz gelockt hatte.
Sie wäre lieber in Stralsund geblieben, aber Peter hatte ein kleines Haus gekauft, besser eine Doppelhaushälfte und wollte dann auch seine Familie nachholen.
Aber jetzt, nach so vielen Jahren, da hatte sich Klara an das Dorf gewöhnt.

Inzwischen sprachen Peter und Klara aber immer mal wieder davon, aus Stainwotz wegzuziehen, zurück nach Stralsund. Aber was würde dann aus Laura und Krümel werden? Sie könnten sie nicht mehr so oft sehen.

Das kam für sie deshalb nicht wirklich in Frage. Sie wollten sehen, wie ihre Enkelin aufwuchs und es genießen, wenn sie am Wochenende ab und zu bei ihnen war.

Peter hatte das Auto auf dem Bahnhofsvorplatz geparkt. Er verstaute Klaras Koffer, beide stiegen ein und Peter steuerte das Auto in Richtung Stainwotz.

„Mutti hat mich jeden Tag gefragt, ob du auch genug zu essen hast“, sagte Klara, während Peter durch Bernau fuhr.
Peter mochte Anna und Anna mochte ihn. Sie hatten nie ein böses Wort miteinander gewechselt, obwohl Peter mit seinem schrägen Humor oftmals bitterböse Blicke von Klara erntete, während er mit Anna sprach.

„Das ist doch schön, deine Mutter weiß, wie schnell ich an Gewicht verliere“, antwortete Peter, ohne es selbst tatsächlich ernst zu meinen.
„Aber das nervt, denn sie fragt das nicht nur einmal, sondern mehrfach am Tag.“

„Ach, ich find‘ das schön“, sagte Peter und wusste, dass Klara darauf gar nicht eingehen würde.

„Und, hast du was geschafft?“, fragte Klara, während sie am Kreisverkehr Richtung Stainwotz angekommen waren.

„Ja, ein bisschen“, antwortete Peter einsilbig.
Was sollte er ihr auch sagen? Dass er gar keine so richtige Lust hatte zu arbeiten, während er Zuhause alleine war, und stattdessen lieber vor dem Fernseher saß, um durchgeknallte Thriller zu sehen oder die unzähligen Diskussionen und Berichte um die Präsidentschaftswahl in den USA verfolgte?

Es war tatsächlich ein Phänomen für ihn, dass er eigentlich weniger schaffte, wenn Klara nicht da war.
Und dass er jammerte, dass er nie richtig Zeit hätte, alles zu schaffen, wenn Klara Zuhause war.

„Ich denke, nächstes Jahr wird ein gutes Umsatzjahr“, versuchte er abzulenken.
„Was hast du denn an neuen Kunden in den letzten Tagen akquiriert“, ließ Klara nicht locker.
Sie war wie die Piranhas, diese räuberische Fische aus den tropischen Gewässern in Südamerika, die sich mit ihren scharfen Zähnen an einem festbissen und nicht losließen, bis sie genügend Fleischstücke vom Opfer für sich gekapert hatten.

So stellte sich es Peter jedenfalls vor, wenn Klara nachfragte.
„Ich habe die ganze Sache erst einmal neu strukturiert. Ich muss inhaltlich schauen, wo die Sache hingeht“, sagte Peter ausweichend.

„Ich denke, du weißt, wo die Reise hingeht. Also konntest du doch mit ganzer Kraft in den letzten Tagen akquirieren, oder nicht“, setzte Klara erneut nach.

„Weißt du, du kannst einen schon nerven mit deinen Fragen“, sagte Peter nun.

„Ich frage dich doch auch nicht ununterbrochen, wie es um deine Arbeit steht“, sagte Peter in etwas schärferem Ton.

„Ich bekomme jeden Monat mein Gehalt. Und du sagst, dass du noch so unendlich viel verdienen willst“, entgegnete Klara ungerührt.
„Unendlich viel? Das soll ich gesagt haben? Niemals!“, versuchte Peter sich zu wehren.

„Du musst jetzt mal einen Augenblick still sein, denn ich muss mich jetzt konzentrieren“, sagte Peter nun knapp.
Beide sagten kein Wort mehr, bis sie den Carport erreicht hatten und Klara ausstieg.

INTERVIEW MIT KERSTEN STEINIGER

Kersten Steiniger ist der 1. Vorsitzende des Tanzclubs Schwarz Silber Wandlitz e.V.
Ich habe ihn vor fast einem Monat im ‚Ballhaus Wandlitz‘ in Stolzenhagen getroffen.
Wenn man von Kersten Steiniger etwas lernen will, dann das, nämlich nie aufzuhören, an seinen Traum zu glauben und ihn mit Beharrlichkeit zu verfolgen. Wer das nachfolgende Interview mit ihm bis zum Schluss liest, der merkt, dass es hier nicht um einen Menschen geht, der eine ‚glattgebügelte Biographie‘ vorzuweisen hat.
Vielmehr ist er ein Mensch – so wie ‚du und ich‘, der hingefallen ist, sich die ‚Knie aufgeschlagen hat, aufgestanden ist‘, und der trotz alledem immer weitergemacht hat.
Was ich aus dem Gespräch mitnehme ist, dass das Tanzen nicht nur Spaß machen kann. Nein, es übt einen Sog auf Menschen aus, im Moment glücklich zu sein, sich mit anderen zusammenzutun, um daraus wiederum genügend Energie für das eigene Leben zu schöpfen - in der heutigen Zeit im Grunde nahezu alternativlos.
Das ‚Ballhaus Wandlitz‘ zieht nach Schönwalde um, neben Bambus Dreams.
Der Verein hat das Potenzial in Wandlitz zu einem sozio-kulturellen Zentrum zu werden, das seinen Sog entfaltet – für mehr Lebensfreude, ein gesünderes Leben, einfach für den Spaß am Tanzen.
Davon hat mich das Gespräch mit Kersten Steiniger überzeugt.
Hier das Interview mit ihm:

 

BERUFLICHER WERDEGANG

Herr Steiniger, können Sie uns etwas zu Ihrem beruflichen Werdegang sagen?

Ich bin ein gelernter Bankkaufmann und habe lange Zeit in der Berliner Bank gearbeitet, bis 2001.

Womit haben Sie sich beschäftigt?
Ich habe hauptsächlich Finanzierungen gemacht.
Baufinanzierungen, Firmenkredite, alle Fragen in der Vermögensberatung – das war mein Metier.
Das war damals in Tegel. Durch eine Umstrukturierung bin ich dann zum Baufinanzierer Schwäbisch Hall gegangen, weil ich dort eine Chance sah, mich als selbstständiger Finanzierungsberater zu verwirklichen. In dieser Funktion habe ich die Filialen der Volksbank betreut. Das lief bis zum Jahr 2006 ganz gut.

Warum nur bis 2006?
Ja, danach begann die Baufinanzierungsparte Schwäbisch Hall ebenfalls umzustrukturieren und so brachen 75 % meines bisherigen Geschäftes weg.
Ich sah mich also genötigt zu überlegen, wie meine eigene berufliche Entwicklung weitergehen sollte.

Wie sahen diese Überlegungen für einen beruflichen Werdegang aus?
Nun, man legte mir nahe, in die Schiene der Altersvorsorge zu wechseln. Das war aber ‚nicht meins‘.
Also war die Zeit gekommen, einen radikalen Schnitt zu machen. Ich habe mich zunächst arbeitslos gemeldet.

Ich musste in mich gehen und überlegen, was ich in meinem Leben noch erreichen wollte. Ich war inzwischen 40 Jahre alt.
Ich habe etwa zwei Jahre gebraucht, um zu wissen, was ich wollte.
Die ersten Überlegungen liefen stets auf das Gleiche hinaus.

Worauf?
Darauf, dass ich etwas mit Zahlen machen wollte.
Aber ich habe dann doch wieder weiterüberlegt und zunächst erst einmal bei REWE Regale eingeräumt. Ich bin dann sogar zum Teamleiter aufgestiegen. Das habe ich von 2006 bis 2008 gemacht.
In dieser Zeit habe ich auch mit dem Tanzen angefangen.

LEIDENSCHAFT TANZEN

Sie sprechen mit viel Leidenschaft vom Tanzen. Wie kamen Sie überhaupt dazu?
Meine Tochter Josephine hat 1999 mit dem Tanzen begonnen und ich habe sie zu den Kursen begleitet, weil sie ja zu dem Zeitpunkt noch klein war.

Sie hat richtigen Tanzsport betrieben. Leider macht sie es heute nicht mehr, weil der Tanzpartner damals aufgehört hatte.
Sie fand danach keinen neuen Tanzpartner mehr, der auf dem Niveau ihres Vorgängers getanzt hätte.

Ich habe stets zugeschaut und je länger man das tut, umso mehr versteht und lernt man natürlich auch
Deshalb habe ich bei mir gedacht: „Verdammt noch mal, jetzt musst du das selbst mal probieren.“

Wie ging das los?
Ich absolvierte einen richtigen Anfängerkurs.
Das Ganze fand in Tegel statt. Mein Trainer hatte zuvor auch meine Tochter trainiert.

Ich war sehr ehrgeizig, wollte immer mehr lernen. Aber meine damalige Tanzpartnerin hatte nach dem Kurs keine Lust mehr, weiterzumachen.

Ich hatte danach eine Tänzerin, die mir aber für mich zu jung erschien. Sie war Anfang zwanzig und ich Anfang vierzig. Das passte irgendwie nicht, so jedenfalls sagte mir das mein Gefühl. Hinzukam, dass ich in der Zwischenzeit von Tegel nach Bernau gezogen bin.

Der zeitliche Aufwand nach Tegel zum Tanzkurs zu fahren war ziemlich hoch. Es hat sich für mich einfach nicht mehr gelohnt, weiter in Tegel an den Tanzkursen teilzunehmen.

Was haben Sie dann gemacht?
Ich bin nach Bernau in eine neue Tanzschule gegangen und habe dort eine neue Partnerin gesucht. Ich war in der Einrichtung, die sich direkt am Bahnhof befindet und habe dort im Büro nachgefragt, ob sie eine neue Tanzpartnerin für mich hätten. Sie sollte schon über ein wenig Erfahrung verfügen.

Eine Woche später kam ein Anruf, dass sie eine Partnerin für mich gefunden hätten.
Als ich in die Tanzschule kam, stand sie vor mir. Ich war sofort fasziniert von ihr.

Ich werde nie vergessen, wie Jana During das erste Mal vor mir stand. Das war am 27.01.2008.
Vorher hoffte noch ich im Stillen, dass meine Tanzpartnerin wenigstens ein bisschen nett sei.

Meine Erwartungen wurden übertroffen, in allem. Meine Tanzpartnerin war nicht nur nett, sie war sehr attraktiv und konnte auch noch gut tanzen.

Es passte alles, das spürten wir beide von Anfang.
Meine Partnerin wollte tanzen und ich wollte es auch. Irgendwann spürten wir, dass da mehr war, als nur die Liebe zum Tanzen.

Ich habe mich deshalb fair mit meiner Freundin ausgesprochen und wir haben uns getrennt.

Haben Sie diesen Schritt jemals bereut?
Nein, ganz im Gegenteil, ich bin sehr glücklich, die Frau für ein gemeinsames Leben gefunden zu haben.

Sie strahlt heute nicht nur mit ihrer Schönheit und mit ihrer Anmut für mich. Sie ist zugleich zu einer tollen Lebenspartnerin und Beraterin an meiner Seite geworden.

Was hat Ihre Tanzpartnerin damals gedacht?
Sie fand mich auch sympathisch. Sie glaubte, dass sie viel von mir lernen könne, weil ich ja die Theorie kannte und schon eine gewisse Praxis hatte.

Ich konnte also direkt die Führung beim Tanzen übernehmen. Und der Rest hat sich mit der Zeit ergeben.

Wie waren Ihre weiteren Pläne?
Mein Ziel war damals noch der Turniersport. Ich dachte: wenn schon, dann gleich richtig. Meine Tanzpartnerin wollte das aber zu dem Zeitpunkt noch gar nicht.

Sie wollte gut tanzen und sich in einer Gesellschaft entsprechend bewegen können, einfach Spaß an der Sache haben. Tanzen hat viel mit Kommunikation zu tun – damit, sich auszutauschen, soziale Kontakte zu pflegen.

Kurzum, der Kurs vermittelt viel mehr, als nur Tanzschritte, nämlich die Fähigkeit, das Leben im Moment zu genießen, selbstbewusster zu werden, sich und andere Menschen im Alltag zu motivieren. Und es galt, beruflich neue Entscheidungen zu treffen.

Welche?
Nun, das Job-Center kam auf mich zu und fragte mich, ob ich an einem bundesweiten Programm teilnehmen wollte, das auf Leute im Alter um die 50 zugeschnitten war.

Es ging um eine Qualifizierung, bei der ich auch hätte reisen müssen.
Ich wollte das nicht. Also überlegte ich, was ich tun könnte.
Und da kam mir die Idee, meine Tanzlehrerin zu fragen, ob ich bei ihr ein Praktikum absolvieren könnte.

Sie war ja gleichzeitig die Inhaberin der Tanzschule.
Ich durfte das Praktikum machen und habe auch einen Schein dafür bekommen.

Sogar ein kleines Entgelt war mich drin.
Vor allem: Ich war damit aus dem Programm des Job-Centers raus.
Außerdem habe ich bei REWE Regale eingeräumt. Ich konnte also davon leben und zudem noch meinen Traum leben.

Wie lief es denn für Sie als Tanzlehrer am Anfang?
Mich hat überrascht, wie gut ich als Tanzlehrer klarkam, wie souverän ich auf dem Tanzboden stand und mein Wissen weitergeben konnte.

Das Handwerk beherrschen ist ja nur die eine Seite, es zu vermitteln, eine noch ganz andere.
Man muss nicht nur die Herrenschritte beherrschen, sondern auch noch geistig auf die Damenschritte umschalten.

Und das dann auch noch den Leuten so nahebringen, dass sie es ebenfalls verstehen – das ist schon eine besondere Herausforderung. Das hat aber alles sofort funktioniert. Für mich war das ein riesiges Geschenk.

Es gehört ja doch eine Menge Mut dazu, dass zu tun, was man mag.
Ich habe das bis 2010 durchgezogen, habe die Ausbildung bei der Tanzlehrerin absolviert, sodass ich unterrichten konnte. Jetzt bin ich freier Tanzlehrer.

Was war danach?
Ich habe dann an der Tanzschule in Bernau unterrichtet.
Einige Zeit später sprach mich ein Freund an, ob ich nicht für ihn arbeiten wolle.

Er hatte vor, eine Tanzschule zu eröffnen und wollte mich als Tanzlehrer engagieren. Der Freund versprach mir ein gutes Gehalt, sodass ich davon auch hätte leben können.

Ich sah in dieser Aufgabe, nämlich das neue Tanzstudio mit Leben zu füllen, eine große Chance und auch eine Möglichkeit, mich in dem Bereich zu etablieren.

Ich habe im Grunde genommen von Null angefangen. Ich war damals Anfang 40 und habe mich sehr intensiv mit all den Anforderungen beschäftigen müssen.

DER EIGENE WEG

Was für ein monatliches Salär hat Ihnen denn Ihr künftiger Geschäftspartner angeboten?
Ca. 1600,00 Euro. Das war für mich in meiner Situation eine ansprechende Summe.

Außerdem: Ich überlegte, dass ich ja zusätzlich noch ein paar private Stunden geben könnte – als selbstständiger Tanzlehrer

Sie sind also auf das Angebot eingegangen?
Ja, es war lukrativ für mich. Wir haben, nachdem wir uns einig waren, voller Tatendrang das Gebäude in Wandlitz hergerichtet, in der die Tanzkurse stattfinden sollten.

Mein Freund war Malermeister und ich habe mich als ‚Handlanger‘ betätigt.
2011 haben wir das Tanzstudio dann eröffnet.

Das hörte sich gut an, oder?
Naja, wenn alles so gekommen wäre, dann schon.

Was kam anders?
Mein Freund zögerte plötzlich mit meiner Honorarzahlung in voller Höhe.
Er zahlte mir tatsächlich lediglich ein Gehalt auf dem Niveau eines Minijobs, anstelle der zugesagten 1600,00 Euro.
Das war natürlich hart für mich, eine herbe Enttäuschung, die einen tiefen Riss in unserer Freundschaft hinterließ.

Wie sind Sie im Weiteren damit umgegangen?
Ich habe zunächst weitergemacht, was blieb mir auch übrig?
Die Tanzstunden an sich, die machten schon Spaß, der Austausch mit meinen Kursteilnehmerinnen und Kursteilnehmern.

Schließlich bekam ich von den Tanzschülern ein positives Feedback und das hat mich gestärkt, weiter an meinem Vorhaben dranzubleiben.

Zugleich gab mir das Schicksal einen ‚kleinen Schubs‘ in die richtige Richtung, einfach weiter nach meinem eigenen Weg zu suchen.

Was meinen Sie?
Wissen Sie, auf der einen Seite war ich glücklich damit, mit dem Tanzen meinen Lebensunterhalt zu verdienen. Auf der anderen Seite blieben da stets die Existenzängste, die Sorge darum, wie es weitergehen würde. In dieser Situation kam mein Geschäftspartner erneut auf mich zu.

Was wollte er?
Anfang 2013 lief der Mietvertrag für unser Tanzstudio aus. Mein Freund musste sich also rechtzeitig vorher entscheiden, ob er weitermachen wollte oder doch lieber kündigen sollte.

Er fragte mich deshalb, ob ich nicht das Tanzstudio übernehmen wollte.
Was haben Sie gedacht, als er Ihnen dieses Angebot machte?
Naja, ich habe schon überlegt. Aber die Frage war ja, warum er so plötzlich alles an mich übergeben wollte, wo er doch auf ein gutes Geschäft gehofft hatte.

Zum Glück bin ich ja gelernter Bankkaufmann und habe in diesem Beruf auch ein paar Jahre gearbeitet. Ich konnte also durchaus die Wirtschaftlichkeit des Geschäftes einschätzen.
Mein Partner war ja der Meinung, dass die Kunden ihm ‚die Bude einrennen‘ würden und er davon gut leben könne. Die Zahlen sagten allerdings etwas anderes aus.

Ich konnte sehen, dass die Einnahmen mal gerade so die Ausgaben deckten. Ich habe meinen Geschäftspartner danach gefragt, wovon ich leben sollte, wenn ich die gesamte kaufmännische Verantwortung allein tragen sollte.

Darauf konnte er mir natürlich keine Antwort geben, die mich zufriedengestellt hätte.
Mir war ohnehin schon klargeworden, dass sich dieses Geschäft nur langsam entwickeln würde, gepaart mit viel Herzblut und in einem adäquaten wirtschaftlichen Rahmen.

Die Übernahme des Tanzstudio in der Form kam für Sie also nicht in Frage?
Nein. Aber als ich über alles das nachdachte kam mir die Idee, etwas Eigenes aufzumachen, etwas, was ich selbst steuern konnte und wo meine eigene Philosophie auch einer künftigen Entwicklung zugrunde lag. Meine Partnerin unterstützte mich in diesem Gedanken.

„Die Leute hängen an dir und nicht am Geschäftsführer“, stärkte sie mich in meinem Vorhaben. Also habe ich überlegt, wie ich an die Sache herangehen konnte.

Sie wollten demnach einen eigenen Verein gründen?
Ja, genau – das habe ich überlegt.
Ich wusste, dass ich für die Gründung des Vereins 7 Leute brauchte.
Die hatte ich schnell zusammen, Freunde, Teilnehmer aus den Tanzkursen, Geschäftsleute, die an die Idee glaubten.

Es ist erstaunlich, wieviel Knowhow in so einer Tanzgruppe steckt.
Am 01.11.2012 wurde aus der Idee Wirklichkeit – wir hatten unseren Verein.

Wir haben die Vereinsgründung beim Notar beim Amtsgericht eingereicht und haben danach auch die Gemeinde informiert.

Was hat Ihr Geschäftspartner dazu gesagt?
Ich habe ihm ganz offen kundgetan, dass ich ab 01.11.2012 nicht mehr für ihn arbeiten würde.

Er war entsetzt.
„Du bist schuld, wenn das hier alles untergeht“, sagte er zu mir.
Vielleicht hätte ich mich anders entschieden, wenn er von Anfang an mit mir fair umgegangen wäre.

Und jetzt wollte ich das alles nur noch hinter mir lassen, nach vorn schauen und meinen eigenen Weg gehen.

Was war, nachdem Sie den Verein gegründet hatten?
Danach habe ich bei der Gemeinde angefragt, ob sie uns bei der Suche nach einem geeigneten Raum unterstützen würden.
Die Gemeinde verwies uns an den Kreissportbund.

Die haben uns wiederum angeboten, zu bestimmten Zeiten die Turnhalle in Wandlitz zu nutzen. Wir waren von 2012 – 2014 in der Sporthalle im Gymnasium in Wandlitz.

Von der Größe war die Halle für uns zunächst völlig ausreichend. Wir waren damals ca. 50 Mitglieder. Für den Start war das alles hervorragend.

Wie sind Sie eigentlich an Ihre ersten eigenen Kursteilnehmer gekommen?
Nachdem ich den Verein gegründet hatte, gemeinsam mit meinen Freunden, da musste ich nur noch organisieren, dass meine ehemaligen Tanzschüler vielleicht ebenfalls mit mir weiter trainieren wollten.

Und, wollten Sie?
Ja, fast alle ehemaligen Tanzschüler sind zum ersten Training in die Turnhalle gekommen.

Die Bindung an den Geschäftsführer war ja nicht so stark, wie die an mich, denn ich war ja derjenige, mit dem sie bei den Trainings zusammen waren und da war natürlich eine ganz wunderbare feste Bindung zwischen uns entstanden.

Die Kosten für den Verein waren noch nicht so hoch und so konnten wir zunächst gut davon leben und uns entwickeln.

Wie kam es dazu, dass Sie wieder nach Stolzenhagen gegangen sind, dorthin, wo Sie mit Ihrem ehemaligen Geschäftspartner begonnen hatten?
Es wurde zunehmend schwieriger, die Tanzstunden in der Turnhalle zu organisieren.

Zum Beispiel machte die Turnhalle sechs Wochen im Sommer zu. Vorher war es so, dass die alte Reinigungsfirma die Turnhalle sauber gehalten hat. Da konnte ich mich noch an die Planung anpassen und habe für zwei Wochen Urlaub genommen.

Aber als die Reinigungsfirma wechselte und die Halle sechs Wochen geschlossen wurde, da bekam ich das mit meinen Planungen nicht mehr hin. Wir waren inzwischen von 50 Mitgliedern auf 100 gewachsen.

Damit hatten wir auch ein entsprechendes Einkommen für den Verein. Meine Frau kam auf die Idee, die alte Einrichtung zu nutzen.
Wir haben also einen neuen Mietvertrag abgeschlossen und alles erneut renoviert.

Alle haben geholfen. Das schöne ist, dass man die Location rund um die Uhr nutzen kann, wenn man selber den Pachtvertrag hat.

Damit konnten wir viel mehr Veranstaltungen machen – freie Workshops, Tanzabende, Bälle.

Ab da rechnete es sich für uns als Verein auch.
Ab dem 01.08.2014 hieß unser Verein dann „Tanzclub Schwarz Silber Wandlitz.“

DIE IDEE VOM UMZUG NACH SCHÖNWALDE NIMMT GESTALT AN

Jetzt wollen Sie den nächsten Schritt gehen und mit dem Ballhaus Wandlitz nach Schönwalde, neben ‚Bambus Dreams‘, umziehen?

Ja, darauf freuen wir uns sehr.
Der neue Vermieter in Schönwalde kommt uns entgegen.
Die Investitionskosten, die wir brauchen für die Renovierung, die können wir stemmen, weil wir über die Sparkasse Barnim finanzieren, über Vereinsmitglieder und der Vermieter erlässt uns für die nächsten drei Jahre die Miete.

Die Investitionskosten werden für uns mit der Miete verrechnet, sodass wir drei Jahre mietfrei sind.

Was sagt Ihr Vermieter dazu, wie Sie Ihr Projekt angehen?
Der Vermieter sieht was Niveauvolles und was Langfristiges und das ist auch unser Plan.

Wir wissen, dass das kein Selbstläufer ist. Man muss sich bewegen.
Neue Ideen haben, zum Beispiel Tanzfahrten organisieren.

Wir sind inzwischen auf 150 Leute angewachsen.
Aufgrund der Raumverhältnisse waren wir in Wandlitz vor Corona immer mehr gezwungen, uns zeitlich genau einzugrenzen.

Also brauchten wir ohnehin Alternativen und die haben wir in Schönwalde gefunden. Hinzukommt, dass die Lage dort unmittelbar an der B 109 für sich spricht.
In der Nähe befinden sich zum Beispiel zwei Discounter, eine Apotheke, ein Getränkemarkt, also genügend Ansatzpunkte, um auf uns aufmerksam zu machen.
Außerdem: Ich kann als ehemaliger Bankkaufmann ganz gut einschätzen, ob sich das letztlich rechnen wird. Hier kommt auch enorm vieles an Potenzial und Netzwerk zusammen.

Was macht für Sie Glück im Leben aus?
Wenn ich morgens aufwache, dann weiß ich, dass ich die Arbeit, die ich jetzt tue, mit Liebe und voller Hingabe tue. Es macht mir einfach Spaß. Man kann in diesem Beruf unheimlich viele Menschen glücklich machen. Und, man kann sogar davon leben.

Natürlich gehört zu meinem persönlichen Glück ganz entscheidend das Leben mit meiner Partnerin dazu. Sie hat großen Anteil daran, dass wir uns so gut entwickeln konnten – privat und geschäftlich.

Die Freiheit, zu leben, und nicht schauen zu müssen, wann der nächste Urlaub ist, um der ungeliebten Arbeit zu entfliehen, das ist doch das, was die meisten Leute umtreibt.

Und ich kenne nur noch das Gefühl, dass ich meine Arbeit wirklich gern tue. Heute interessiert es mich nicht einmal mehr, ob Wochenende ist. Ich stehe hier sonntags und mache Workshops.

Jeder Tag ist für mich im übertragenen Sinne ein Wochenende.
Sieht das Ihre Frau genauso?
Inzwischen ja. Sie ist sehr auf Sicherheit bedacht. Sie wollte früher noch, dass ich das nebenbei mache und ansonsten tagsüber festangestellt bin.

Können Sie das Sicherheitsbedürfnis Ihrer Frau nachvollziehen?
Absolut. Ich habe ja zwischendurch auch wieder im Büro gearbeitet und war in Bernau dafür zuständig, die Hundesteuer ordnungsgemäß zu verwalten.

Wie lange haben Sie das gemacht?
Das habe ich ein halbes Jahr durchgehalten. Aber nach der Probezeit bin ich da wieder ausgestiegen und habe mich dann mit Feuereifer auf das Tanzen gestürzt.

Meine Frau hat gesehen, dass das, was ich mache, was bringt, auch für sie. Sie ist im Verein angestellt, weil sie als gelernte Verwaltungsangestellte viel für den Verein tun kann.

Man sollte trotzdem das Sicherheitsbedürfnis, das Bedürfnis nach finanzieller Stabilität, einer berechenbaren Perspektive nicht ablegen.

Wie meinen Sie das?
Man hebt dadurch nicht ab, wird nicht übermütig, sondern überprüft ständig das Machbare und stellt die möglichen Risiken dagegen.

Generell bin ich allerdings der Meinung, dass man die größte Sicherheit aus sich selbst heraus generiert.

Ist Ihre Frau glücklich damit, so wie es jetzt läuft?
Ja, ich denke schon.
Wir sind viel zusammen während des Unterrichts, können uns austauschen.
Und dann hat jeder von uns auch seine eigenen Verpflichtungen, Begegnungen, Freundschaften.

Nehmen Sie an Turnieren teil?
Ja, das machen wir.
Wir tanzen, trainieren und nahmen auch an Turnieren teil.
Die Turniere werden deutschlandweit ausgeschrieben.

Es gibt Vereine, die so etwas veranstalten.
Wenn offene Termine deklariert werden und wir Lust und Zeit haben, dann nehmen wir teil.

Außerdem gib es wie im Sport Meisterschaften.
In Berlin gibt es zum Beispiel ein großes Turnier – das ‚Blaue Band der Spree‘, international besetzt.

Haben Sie schon was gewonnen?
Ja, wir haben zweimal den ersten Platz beim ‚Blauen Band der Spree‘ gemacht und zudem bei weiteren Turnieren vordere Plätze belegt.
Solange es Spaß macht und die Gesundheit es zulässt, solange wollen wir das auch weitermachen.

Beim Turniersport sollte man nicht nur die Leistung sehen, sondern auch den Spaß am Tanzen. Wenn man so herangeht, dann ist man auch erfolgreich.

Anfänglich waren wir jedes Wochenende unterwegs. Heute gehen wir da anders ran.
Es ist besser, wenn wir ein bis zweimal in einem halben Jahr an einer Sache teilnehmen, denn dann ist es schöner.
Der Sog entsteht ja nun mal von innen heraus und da ist ein zu großer Ehrgeiz fehl am Platze.
Gibt es Leistungsklassen im Tanzsport?
Ja. Es die Klassen D, C, B und A.
Und es gibt die Sonderklasse ‚S‘. Wir sind kurz vor der Sonderklasse.

Wie geht es weiter mit dem neuen Objekt in Schönwalde?
Ich bin dem Vermieter zunächst dankbar, dass wir genügend Überlegungen anstellen konnten, was es noch so für Potenzial bei der Nutzung der Räume gibt.

Was haben Sie für Ideen?
Wir wollen den Kindertanz ausbauen. Wir haben da eine junge Trainerin, die das sehr engagiert angehen will.
Yoga, Pilatis sind weitere Aktivitäten, die wir anbieten wollen.
Es soll ein richtiges Zentrum für Tanz – und Bewegungsfreudige werden.

Wie wird der Name der Einrichtung sein?
‚Ballhaus Wandlitz‘. Den Namen habe ich mir sichern lassen.
Ich bin selber schon ein bisschen aufgeregt, wenn ich daran denke, was wir alles vorhaben.

Woher nehmen Sie den Mut, die Energie, diese Herausforderungen zu bewältigen?
Meine Frau unterstützt mich in all meinen Vorhaben sehr.
Sie ist an meiner Seite und sie ist überhaupt mein Sonnenschein.
Zusammen sind wie eine perfekte Einheit.
Alle Mitglieder im Verein ziehen an einem Strang, unterstützen mich.

Eine große Motivation ist das Tanzen selbst.
Was gibt es Schöneres, als das die Leute sagen: „Hey, ich freue mich auf heute Abend, auf den Tanzkurs.

Dieser Teamspirit, das Kommunikative, das Soziale, all das, was durch das Zusammensein entsteht, das ist ein unschätzbarer Wert an sich.
Tanzen schweißt zusammen, gibt den Teilnehmern ein Gefühl von Glück. Und dafür lohnt es sich, sich anzustrengen.

Herr Steiniger, vielen Dank für das Gespräch.
MEIN FREUND, DER ALLTAG

 

TANZCLUB SCHWARZ SILBER WANDLITZ e.V.

TANZCLUB SCHWARZ SILBER WANDLITZ e.V.
Das ‚Ballhaus Wandlitz‘ hat seinen Sitz in der Dorfstrasse 45 in 16348 Wandlitz, Stolzenhagen.
Der 1. Vorsitzende des Vereins ‚Tanzclub Schwarz Silber Wandlitze e.V. ist Kersten Steiniger.
Im nächsten Jahr wird das Ballhaus Wandlitz in Schönwalde, neben Bambus Dreams zu finden sein.
Einen ersten Überblick über das vielfältige Angebot liefert der nachfolgende Flyer.
FLYER © TANZCLUB SCHWARZ SILBER WANDLITZ e.V.

 

Text Flyer - © Tanzclub Schwarz Silber Wandlitz e.V.
"Das Ballhaus Wandlitz zieht um!
Nach erfolgreich abgeschlossenem Umbau möchten wir Sie Anfang des Jahres 2021 
in unseren neuen Räumlichkeiten in Schönwalde begrüßen.
Es wird ein breites Angebot an Tanz-und Sportmöglichkeiten geben.
Für Jeden ist etwas dabei, egal ob Jung oder Alt, Anfänger oder Fortgeschrittener.
Kommen Sie einfach vorbei und wir finden gemeinsam das für Sie passende Angebot..."

... Gesellschaftstanz, Kindertanz, Streetdance, Hip Hop, 
Seniorentanz, Zumba fitness, Tango Argentino
Rückenfit, Bauch-Beine-Po u.m.
Turniertanz - Latein und Standard."

„Unsere geplanten Angebote für Sie:
– Gesellschaftstanz
– Kindertanz
-Seniorentanz
– Hip Hop/Streetdance
-Tango Argentino
-Salsa
Discofox
-Zumba Fitness
-Tanzveranstaltungen.“

Informationen unter:
Ballhaus Wandlitz, Dorfstr. 45
16348 Wandlitz
Telefon: 033397-6038 36
Mobil: 0152 28 78 67 56
Web: www.tc-wandlitz.de

 

Zum Interview mit Kersten Steiniger, 1. Vorsitzender des Tanzclubs Schwarz Silber e.V.:
https://uwemuellererzaehlt.de/2020/12/04/menschen-im-alltag-15/

 

https://uwemuellererzaehlt.de/ueber-menschen-erzaehlen/menschen-im-alltag-2021/

 

https://uwemuellererzaehlt.de/mein-freund-der-alltag/

KLARA FREUTE SICH WIEDER AUF ZUHAUSE

Was bisher war:
Klara hatte den Kleiderschrank aufgeräumt, gegen Annas energischen Widerstand, sie hatte für Anna die Unterwäsche gewaschen, die Fenster geputzt und ihre Haare geschnitten, gefärbt und trockengeföhnt. Anna sah danach zufrieden aus. Der Tag der Abreise war herangerückt. Klara war schwer ums Herz, ihre Mutter wieder für einige Zeit alleinzulassen. Wer weiß, wann sie wieder aufgrund der strengen Kontaktbeschränkungen nach Stralsund fahren konnte.

Klara saß im Zug und war auf der Rückfahrt von Stralsund nach Hause. Sie war erleichtert, dass sie bald wieder in ihrem eigenen Bett schlafen konnte.

Ihr fehlte, dass Peter neben ihr lag und sie ihn anstoßen musste, weil er mal wieder im Schlaf sprach oder entsetzlich laut schnarchte. Sie hätte nie geglaubt, dass ihr das mal fehlen würde.

Aber jetzt, wo sie drei Tage mit Anna zusammen gewesen war, da sehnte sie sich zurück nach ihren eigenen vier Wänden, nach ihren Problemen und sie freute sich darauf, Krümel wiederzusehen.
Sie bedrückte die Tatsache, dass Lukas sich nun wieder allein um Anna kümmern musste.

Klara blieb nur, am Tag vormittags anzurufen und ihre Mutter dazu zu bringen, von der Couch aufzustehen und sich etwas essen zu machen.

Der Zug fuhr in den Bahnhof von Greifswald ein. Klara schaute gedankenverloren auf den faßt menschenleeren Bahnsteig. Nur eine Frau mühte sich mit einem Koffer ab, den sie hinter sich herzog und mit gehetztem Blick auf die Nummern der Waggons schaute.

Es war trüb an diesem Tag. Genauso trüb wie die Gedanken, die Klara beschlichen. Sie musste sich eigentlich keine allzu großen Sorgen machen, denn es war alles klar geregelt.

Lukas kümmerte sich vor Ort um Anna, Klara hielt die Verbindung zu Lukas und Peter erledigte im Hintergrund den gesamten schriftlichen Kram, der für Anna anfiel.

Und trotzdem: Die Corona-Pandemie, das November-Wetter und die Sorgen um ihre Mutter, all das führte dazu, dass es Klara schwer ums Herz war.

„Mensch, freu‘ dich doch, dass du jetzt im Homeoffice für zwei Tage in der Woche arbeiten kannst“, versuchte Peter sie stets aufzumuntern. Dabei hatte er selbst nie daran geglaubt, dass Klara das alles in den Griff bekam.

Aber Klara hatte sich den Laptop besorgt, einen weiteren Monitor, damit sie besser auf ihre abgelegten Dokumente schauen konnte. Und sie hatten gerade einen neuen Schreibtischstuhl zusammengeschraubt, damit Klara besser sitzen konnte.
Wenn Klara daran dachte, musste sie schmunzeln.

Peter lobte sie zwar für ihre Disziplin während ihrer Arbeit, aber der konnte sich nicht mehr so frei bewegen, einfach mal für eine Stunde am Fernseher sitzen und Zeit vertrödeln, um abends umso mehr zu stöhnen, dass er zu nichts kam.

„Das alles ist Leben, und es gibt kein anderes“, sagte Peter zu ihr.
Es stimmte, was er sagte, aber das Gefühl von Hilflosigkeit, das blieb trotzdem.
Der Zug hatte Eberswalde erreicht.

‚Peter wird wohl jetzt schon auf dem Bahnsteig stehen und das tun, was er am liebsten tat, nämlich die Leute beobachten‘, dachte Klara jetzt.

‚Ob er wohl diesmal nicht in der Trainingshose auf dem Bahnsteig stand und sich stattdessen eine Jeans übergezogen hatte?‘, fragte sie sich.

Immerhin war ja Sonntag.
Aber sicher war sie sich bei Peter da nicht.

 

ICH HAB‘ KEINE KIRSCHRINGE

Was bisher war:
Klara will Anna dabei zu helfen, ihren Kleiderschrank aufzuräumen. Aber die hält davon gar nichts. Klara versucht deshalb Anna dazu zu bewegen, Kaffee aufzusetzen, damit sie den Rücken frei hat, um in der Zeit die Kleider und die Unterwäsche von Anna zu ordnen – die Sommersachen in die linke Hälfte des Schrankes zu bugsieren, um die rechte Seite für die aktuellen Wintersachen freizubekommen.

Anna fährt mit den Händen ununterbrochen an ihrem Rock herunter, so als gelte es, ihn unentwegt glatt zu streichen. Ihre Augen wandern unruhig von Klara zum Kleiderschrank und von da aus zum Bett, wo die Sommerkleider liegen.

„Wo kommen die denn jetzt alle auf einmal her?“
„Aus dem Schrank, Mutti. Aus dem Schrank!“

Klara presste die Worte durch die fast geschlossenen Lippen und warf den Wintermantel auf das Bett, direkt auf die Sommerkleider.

Als sie den Fehler bemerkte, riss sie den Mantel wieder hoch und knallte ihn mitsamt Bügel in die rechte Seite des Schrankes. Sie verfehlte die Kleiderstange und der Mantel rutschte mitsamt Kleid polternd auf den Boden des Schrankes.

Klara kämpfte mit den Tränen und drehte sich abrupt von Anna weg, ging an ihr vorbei in die Küche und fing an, die Kaffeemaschine mit Wasser aufzufüllen.

„Was machst du jetzt?“, fragte Anna.
„Mutti, ich nehm‘ ein Wasserbad in der Kaffeemaschine.“

Anna schaute sie an und ihre Augen blickten wirr auf Klara, auf die Kaffeemaschine und wieder auf Klara.

„Aber das kann ich doch machen. Du hättest doch nur ein Wort sagen müssen.“

„Hab‘ ich, Mutti, hab‘ ich.“
Klara ärgerte sich, dass sie sich nicht besser im Griff hatte.
Sie wusste, dass sie nicht die Beherrschung verlieren durfte, auch wenn es noch so schwer war.

Doch ihr Herz quoll über von Traurigkeit, wenn sie sah, wie Anna allmählich den geistigen Halt verlor, selbst in den kleinsten Dingen nicht mehr folgen konnte.

„Mutti, du kannst ja schon mal die Kirschringe auspacken, die sind in meiner Tasche.

„Kirschringe? Wieso hab‘ ich Kirschringe? Ich hab‘ keine Kirschringe.“

Klara nahm wortlos das Kuchenpaket aus ihrer Tasche, packte den Kuchen aus, holte die Kuchenteller aus dem Schrank und legte für jeden ein Stück darauf.

Anna schaute Klara zu.

„Das ist aber ein schöner Kuchen. Die hab‘ ich wohl vom Bäcker geholt.“
Anna entgegnete darauf nichts.

WAS WILLST DU AN MEINEM KLEIDERSCHRANK?

Was bisher war:
Klara war kaum in Stralsund bei Anna angekommen, da würde sie am liebsten wieder nach Hause fahren.

Klara war zum Weinen zumute. Sie wäre am liebsten gleich mit dem Gepäck die Treppen hinuntergelaufen, ohne sich auch nur einmal umzuschauen.

Aber das konnte sie nicht tun, und sie wollte es auch nicht. Doch sie konnte auch nichts gegen ihre Gefühlsregungen tun, gegen ihre Verzweiflung, ihre Niedergeschlagenheit.

Lukas war bereits wieder gegangen. Er war froh, dass Klara ihn für ein paar Tage entlastete und er sich nicht permanent um Anna kümmern musste, so wie er es sonst täglich tat.

Klara gab sich einen Ruck, stand mit Schwung auf und ging geradewegs ins Schlafzimmer, wo sich Annas Kleiderschrank befand, vollgestopft mit Sachen, die dringend aufgeräumt und sortiert werden mussten.

„Was willst du da?“, fragte Anna und stand direkt hinter Klara, sodass sie sich kaum bewegen konnte, ohne nicht gleich aufs dahinterstehende Bett zu fallen.

„Mutti, wir werden jetzt mal deinen gesamten Kleiderschrank durchschauen und vor allem die Sommerbekleidung aussortieren. Die hängen wir dann nach nebenan, damit wir besser an deine Winterkleider herankönnen.“

„Dazu brauch‘ ich dich doch nicht“, empörte sich Anna. Aber Klara antwortete nicht mehr, sondern schmiss in hohem Schwung die Sommerkleider, die sie aus dem Schrank genommen hatte, auf das Bett.

„Wo kommen die denn auf einmal her?“, fragte Anna.
„Die suche ich schon sehr lange“, fügte sie noch an.
„Mutti, die hingen hier ganz friedlich in deinem Kleiderschrank. Verstehst du jetzt, dass es gut ist, dass ich hier einmal alles durchschaue?“

„Aber wieso hast du jetzt die Kleider aus dem Schrank genommen?“
„Weil wir sie jetzt hier auf der linken Seite des Schrankes unterbringen.

Siehst du hier?“, fragte Klara und schob die linke Tür des Kleiderschrankes auf.

„Hm“, machte Anna und schaute immer noch misstrauisch darauf, was Klara tat.
„Ach und hier ist ja deine Unterwäsche“, sagte Klara jetzt zu ihrer Mutter.

Lukas hatte Klara gefragt, ob sie nicht mal schauen könnte, wo die Slips alle hingekommen waren.

„Mutti jammert mir die Ohren voll, dass sie nicht mehr ihre Unterwäsche finden würde, und ich möchte da nicht in ihren Sachen herumwühlen und auf ihre Slips stoßen“, hatte er zu Klara noch im Auto gesagt.

Klara hatte nur genickt und nun, wo sie den Schrank durchsah, da fiel ihr wieder ein, worum Lukas sie gebeten hatte.
Sie nahm das Bündel, das unten im Schrank versteckt war, heraus.

„Die müssen alle gewaschen werden“, sagte Klara.
„Ja, das mach‘ ich mal“, antwortete Anna.

„Wir machen das zusammen, und zwar gleich“, sagte Klara. Ihre Stimme klang schärfer, als sie es selber wollte.

Klara ging ins Bad, um die Waschmaschine für die Wäsche vorzubereiten.

Anna eilte hinter ihr und brummte etwas, was Klara nicht verstand.
„Mutti, es jetzt halb drei, was hältst du davon, wenn du uns Kaffee machst und wir gleich erst einmal gemütlich zusammensitzen können?“

„Aber ich habe doch gar keinen Kuchen“, sagte Anna in einem Tonfall, der verzweifelt klang.

„Ich habe Kirschringe vom Bäcker mitgebracht, die essen wir zum Kaffee.“

„Wo kommen die denn auf einmal her?“
„Mitgebracht, Mutti!“, Klara hatte nicht mehr die Kraft, in einem ganzen Satz zu antworten.

SCHWESTER ERIKA WAR NOCH NICHT HIER

Was bisher war:
Anna war völlig davon überrascht, dass ihre Tochter unverhofft vor ihrer Tür stand.
Sie konnte sich nicht sofort freuen, weil sie es erst einmal geistig verarbeiten musste.
Überhaupt litt Annas Gefühlswelt stark unter ihrer Demenz.
Klara war voller Tatendrang, doch sie spürte, dass es nicht einfach werden würde mit Anna, für ein paar Tage auf engstem Raum zu sein.

„Jetzt sag‘ mir doch mal, warum ich nichts davon weiß, dass du hier in der Tür stehst“, sagte Anna mit einem vorwurfsvollen Unterton zu Klara.

„Mutti, wenn ich dir vorher auch nur ein Wort gesagt hätte, du hättest mich mit Fragen gelöchert, immer und immer wieder.“

„Ich?“

„Also, das gibt’s doch nicht, dass du das zu mir sagst“, erwiderte Anna. Sie schien tatsächlich gekränkt zu sein.

„Mutti, freu‘ dich doch, dass ich jetzt hier bin und lass uns ein paar schöne Tage zusammen haben“, schlug Klara in versöhnlichem Ton vor.

„Ja, ich freu‘ mich ja.“

„Wie lange bleibst du überhaupt?“, fragte Anna.

„Bis Sonntag. Mittags fahre ich wieder, Mutti.“

„Aha. Dann muss ich ja die Betten beziehen, damit du in frischer Wäsche schlafen kannst, sagte Anna und lief geschäftig ins Schlafzimmer.

„Nein, Mutti, das brauchst du nicht.“
„Warum nicht?“
„Weil ich bei Lukas schlafe“, antwortete Klara knapp.
„Bei Lukas? Wieso bei dem?“

Annas Stimme bekam einen leicht abfälligen Ton, obwohl sie von ihrem Sohn sprach.

„Weil du deine Ruhe nachts brauchst, und ich auch“, meinte Klara jetzt.

„Und wieso haben wir die nicht?“, ließ Anna nicht locker.
„Weil du nachts vor dich hinsprichst, laut bist und einfach vor dich hin brabbelst, Mutti.“
„Das ist ja wohl die Höhe.“ Anna wurde nun böse. Früher hätte sie das gar nicht gekonnt, jemandem böse zu sein. Das war einfach nicht ihre Art. Aber Annas Wesen hatte sich verändert.

„Mutti, ich möchte nicht mit dir darüber streiten. Lukas und ich haben das so besprochen. Und so machen wir das auch.“

Klara klang energisch.
„Und wie lange bleibst du?“
„Das habe ich dir gerade gesagt, Mutti. Bis Sonntag.“
„Wieso hast du mir das gerade gesagt? Das stimmt doch gar nicht.“
„Wann fährst du denn jetzt wieder ab?“

Klara antwortete darauf nicht, sondern ging in die Küche, um nach dem Rechten zu sehen.
Sie öffnete den Kühlschrank und sah auf den ersten Blick, dass einige Lebensmittel abgelaufen waren.

„Die Wurst hier, die muss weggeschmissen werden!“
„Weggeschmissen? Nein. Die will ich noch essen.“
Anna reagierte störrisch.

„Wieso schaust du überhaupt in meinen Kühlschrank?“
Anna stand direkt hinter Klara, sodass sie die Tür vom Kühlschrank nur mit Mühe wieder zubekam. Sie würde sich das alles später vornehmen, alle Lebensmittel herausräumen, sie kontrollieren und sämtliche Fächer auswischen.

„Was hast du denn heute zu Mittag gegessen?“, fragte Klara Anna und schaute sie an.

„Gegessen, heute Mittag?“
„Das weiß ich nicht mehr.“
„Mutti, das kann doch jetzt erst vor einer Stunde gewesen sein“, sagte Klara.

„War denn schon die Schwester zum Spritzen hier?“, fragte sie Anna nun.
„Hier kommt keiner“, sagte Anna sofort.
„Hier kommt nie einer!“ wiederholte Anna jetzt ihre Aussage, um das alles zu untermauern.
„Das kann aber nicht sein, Mutti. Schau‘ mal hier in das kleine Buch, das direkt vor dir auf dem Tisch liegt. Da steht drin, dass die Schwester dich heute, 12.30 Uhr, gespritzt hat.

„Das kann nicht sein.“
„Wer soll das denn gewesen sein?“
Anna verzog trotzig den Mund.

„Schwester Erika, du brauchst doch nur hier hineinzuschauen.“
„Schwester Erika? Die kenne ich nicht. Die war noch nie hier!“.

Klara ließ sich erschöpft auf den Stuhl am kleinen Küchentisch fallen.

Sie war nervlich am Ende, so erschütterte sie die Reaktionen von Anna.
Und dabei hatte sie noch drei Tage vor sich.

WIESO KLARA AUF EINMAL IN STRALSUND VOR IHR STEHT – DAS WILL ANNA NICHT IN DEN KOPF

Was bisher war:
Peter war Zuhause geblieben und kämpfte mit den kleinen und größeren Widrigkeiten des Alltags. Währenddessen war Klara bei ihrer Mutter in Stralsund angekommen.

Klara stand vor Annas Haus und drückt auf das Klingelschild von Anna und Wilhelm Sturm.

Das Haus war über sechzig Jahre alt und es war im schlichten Stil erbaut worden, in Plattenbauweise.

Nach der Wende wurde es saniert. Die Farben sind inzwischen wieder eingetrübt, an den Wänden laufen schwarzen Striemen an der Hauswand entlang, genau da, wo die Dachrinne durchlässig ist.
Anna war mit ihrem Mann, Wilhelm Sturm, damals Anfang der sechziger Jahre in das Haus eingezogen.

Sie waren glücklich, dass sie die Wohnung im obersten Stockwerk bekommen hatten, mit einem Balkon, von dem aus sie weit über den Stralsunder Hafen hinweg in Richtung Rügendammbrücke schauen konnten.

Damals gab es die moderne Brücke noch nicht. Aber der herrliche Blick, hinaus auf den Strelasund, den hatten beide stets genossen.
Klara hatte ihre Kindheit in dem Haus verbracht und Lukas ebenfalls.

Sie hingen beide daran und umso schwerer wurde es ihnen ums Herz, wenn sie sahen, wie Annas Demenz immer weiterfortschritt und sie weniger und weniger von dem genießen konnte, was ihre Wohnung ausmachte.

Auf der gegenüberliegenden Seite stehen bis heute Garagen, noch aus DDR-Zeiten. Peter konnte nie verstehen, warum die Eigentümer oder die Pächter nicht einmal die Ausfahrten vom Unkraut befreiten.

„Die liegen wie die Aasgeier hinter ihren Fenstern und schauen, ob sich nicht einer in die Ausfahrt stellt, aber eine Harke und einen Eimer zu nehmen, um das Unkraut zu beseitigen, nein, da sind sie sich zu schade.“

Klara antwortete darauf nie. Sie erinnerte sich in solchen Momenten an ihren Opa, der stets missmutig brabbelte, wenn er über ein Schlagloch auf dem Sandweg zum Garten fuhr.

Peter wurde eben älter und damit griesgrämiger, nahm Klara an.
Aber Peter sah das völlig anders. Ihn regte es auf, dass jeder nur noch an seine kleine Scholle dachte.

„Ja, wer ist da?“, ertönte jetzt die Stimme von Anna, während gleichzeitig schon der Türöffner summte.
Klara stapfte die Treppe hoch. Sie rang nach Luft. Lukas ging hinter ihr.

Es machte ihm weniger aus, weil er durch sein tägliches Saubermachprogramm in den Ferienobjekten im Training war. Und dabei trug er noch Klaras schwere Tasche, in die sie allerhand Mitbringsel für Anna hineingestopft hatte.

Als Klara auf dem letzten Treppenabsatz angekommen war, musste sie sich erst einmal auf den Stuhl setzen, der vor Annas Tür stand.
Anna wartete bereits auf sie.

„Wo kommst du denn her?“, fragte Anna mit aufgerissenen Augen. Sie sah zwar Lukas auf der Treppe stehen, aber den beachtete sie erst einmal nicht. Der war ja immer da.

„Ja, wir wollten dich überraschen.“
„Überraschen?“ Anna schaute Klara mit weit aufgerissenen Augen an, sagte aber nichts.

„Ich versteh‘ das nicht“, gab sie dann doch von sich.

„Ja, freust du dich denn nicht ein bisschen?“, fragte Klara, ein wenig enttäuscht über die Reaktion ihrer Mutter.

„Jaja, ich freu‘ mich“, sagte Anna, und es klang, als würde sie eine Floskel von tief unten aus ihrem Gedächtnispalast holen.

Klara antwortete darauf nicht, zog sich die Schuhe aus, ging auf ihre Mutter zu und drückte ihr wortlos einen Kuss auf Annas Wange.

Sie fühlte, wie schwer es in den nächsten Tagen mit Anna sein würde, die Wohnung auf Vordermann zu bringen und sie zu einem Spaziergang zu bewegen.

 

 

 

 

PETER KANN BEIM BEZAHLEN AN DER KASSE SEINE GELDKARTE NICHT FINDEN UND KRÜMEL BRICHT BEIM NÄCHSTEN BESUCH EINEN FLÜGEL VOM GERADE ERST GEKAUFTEN HUBSCHRAUBER AB

Was bisher war:
Peter stand endlich an der Kasse des Discounters und freute sich darauf, möglichst schnell nach Hause zu fahren, um Klara all die schönen eingekauften Sachen zu zeigen.
„Haben Sie etwas zu mir gesagt?“, fragte jetzt eine junge Frau, die hinter ihm stand.
„Nein, nein, ich habe mit mir selbst gesprochen“, sagte Peter schnell…. Die junge Frau nickte ihm freundlich lächelnd zu.“

Die Frau seufzte leise: „Ja, Rentner müsste man sein!“
Hatte sie mit diesem Stoßseufzer etwa Peter gemeint?

Sollte er ihr sagen, dass er zwar im Rentenalter wäre, aber immer noch hart arbeitete, Geld verdiente, Sport machte, früh aufstand und rein gar nichts an sich hatte, was auf ein beschauliche Seniorenleben hinwies?

Ganz im Gegensatz zu dem Herrn, der gerade an der Kasse stand und alles ‚gaaanz in Ruhe‘ auf das Band legte, was er vorher in den Korb getan hatte, und zwar in der atemberaubenden Geschwindigkeit einer Schnecke, die plante, irgendwann über die Straße gekrochen zu sein, aber: ohne einen Herzinfarkt zu bekommen.

Doch was sollten jetzt Erklärungen. Die junge Frau würde wahrscheinlich nur wieder freundlich nicken und denken: „Ne‘ alles klar, würde ich auch an deiner Stelle erzählen.“

Endlich war Peter an der Reihe. Er suchte seine Geschäftskarte, mit der er bezahlen wollte.

Aber die war nicht im Portemonnaie. Hatte er sie etwa verloren?

„Bitte entschuldigen Sie, aber eben war meine Geldkarte noch hier.“ Die Verkäuferin schaute ihn verständnisvoll an und sagte zu ihm:

„Lassen Sie sich Zeit, wir sind hier ganz allein“, und zwinkerte dabei der jungen Frau hinter ihm zu.
‚Verdammt, wie war nur die PIN der anderen Karte?‘, dachte Peter.
Er tippte in seinem iPad wild herum, bis er schließlich die Zahlen gefunden hatte.

Nie wieder würde er sich nur ausschließlich auf die Technik verlassen. Lieber einen zerknautschten Zettel in der Hosentasche, auf der die PIN stand.

Noch besser, er merkte sich die Zahlenkombination. Aber nun war es auch schon egal.

Er bezahlte, bedankte sich hastig und schob eilig den Einkaufswagen zum Auto. Von dort rief er sofort Klara an.

„Hast du meine Geldkarte gesehen?“, fragte er, ohne auf Klaras Frage einzugehen, ob er alles bekommen hätte.

„Das weißt du doch, dass ich die am Samstag mit zum Alex hatte, um einen Laptop zu kaufen“, antwortete sie in leicht gereiztem Ton.

Peter war restlos sauer. Wieso konnte Klara ihm nie gleich die Sachen wiedergeben, die sie sich auslieh?

Es hatte also seinen Grund, wenn Peter stets den roten kleinen Chip für den Einkaufswagen von ihr unmittelbar zurückverlangte, wenn Klara damit einkaufen war.

Peter war wieder zuhause und steuerte das Auto rückwärts in den Carport. Danach packte er die mitgebrachten Sachen aus.

„Hier, der Hubschrauber für Krümel“, zeigte Peter voller Stolz das Spielzeugpaket hoch.

„Das ist der falsche“, sagte Klara trocken.
„Hast du nicht richtig in dein iPad gesehen?“

Peter war schockiert und beleidigt.

Er sagte kein Wort, holte die Kopfkissenbezüge aus dem Auto und die Decke, schmiss alles auf den Fußboden im Wohnzimmer und stapfte wütend in sein Arbeitszimmer.

Er schloss die Tür hinter sich und ließ sich bis zum Mittag nicht mehr blicken.

Als Klara am nächsten Tag erneut im Aldi war, brachte sie den richtigen Hubschrauber mit.

„Das ist er!“, sagte sie triumphierend zu Peter.

„Ich werde nie wieder meine teure Arbeitszeit dafür verwenden, für euch etwas einzukaufen.

„Teuer ist die Einkaufszeit schon“, sagte Klara nun.
„Bei der Zeit, die du am Schreibtisch verbringst und dem kleinen Entgelt, was du dafür bekommst, da kann man nur von teuer sprechen.“

Peter antwortete nicht.
Dann sagte er doch noch was.

„Wir können übrigens jetzt nicht mehr so viel in der Woche zum Einkauf fahren. Dafür habe ich einfach die Zeit nicht. Vielleicht holst du dein Fahrrad mal wieder raus“, sagte Peter zu Klara.

Die antwortete nicht, sondern schaute sich den Hubschrauber an, den sie Krümel zu Weihnachten schenken wollte.

Peters im Discounter in harter Abwehrschlacht erstandener Hubschrauber wurde Krümel sofort überreicht, als sie beim nächsten Mal zu Besuch war. Sie spielte damit eine Stunde und kam dann mit ihm in die Küche gerannt.

„Oma, hier kaputt“, sagte sie und zeigte Klara den abgebrochenen Flügel.

„Ach, das ist nicht so schlimm, der ist nicht ganz so gut, Krümel. Wir warten mal bis Weihnachten.“

Peter kam gerade die Treppe herunter. Hatte er richtig gehört?

‚Der Hubschrauber, den Peter nur mit äußerster psychologischer und ja, auch mit physischer Kraftanstrengung gekauft hatte, der taugte sowie so nichts und ist, wie von Klara erwartet, schnell in die Brüche gegangen?‘ Peter stockte der Atem.

‚Das nächste Mal geh‘ ich wieder in den Schreibwarenladen und kauf‘ den leer, aber nur für mich‘, murmelte Peter vor sich hin und ging zu Krümel ins Wohnzimmer.

„Opa komm‘ spielen‘“, rief die Kleine fröhlich und hielt den einarmigen Hubschrauber in die Luft.

„Der ist aber ganz was Besonderes“, sagte Peter und kniete sich vor Krümel hin, um mit ihr und dem lädierten, inzwischen einarmigen Hubschrauber, zu spielen.

 

 

 

 

SENIORENHILFE GOTHA BEWÄHRT SICH GERADE IN SCHWIERIGEN ZEITEN

Die aktuellen Herausforderungen sind geprägt durch die Pandemie und die damit verbundenen Einschränkungen in der Gesellschaft.
Pflege- und Hilfsbedürftige gehören zu der Risikogruppe, die in dieser Zeit einem ganz besonderen Schutz bedürfen.
Dabei schnellt die Nachfrage nach Pflege- und Betreuungsleistungen ohnehin schon in die Höhe, selbst ohne diese besonderen Ansprüche in einer besonders schwierigen Zeit.
Pflegedienste und vor allem Pflegekräfte sind dabei längst an die Grenze ihrer Belastbarkeit gestoßen.

„Wir arbeiten rund um die Uhr und versuchen, das Unmögliche trotzdem möglich zu machen, nämlich nicht nur die gestiegenen Anfragen von Klienten zu bewältigen, sondern auch noch auf die Qualität, die individuelle Herangehensweise an unsere Aufgaben nicht aus dem Auge zu verlieren“, sagt Kathrin Dölle, Inhaberin des Pflegedienstes Seniorenhilfe in Gotha.

PFLEGE- UND HILFSBEDÜRFTIGE NIE AUS DEM FOKUS VERLIEREN – AUCH NICHT IN SCHWEREN ZEITEN – DAS PASSIERT NICHT IM SELBSTLAUF
Wenn es um die Sorgen und Nöte der Pflegedienste geht, dann wird vor allem über den Mangel an Pflegefachkräften gestritten.

Schließlich sind sie es, die den Betrieb am Laufen halten, sich vor Ort um die zu Pflegenden kümmern.

Das bestreitet natürlich niemand, aber mit der bloßen Anzahl von mehr Fachkräften ist es auch nicht getan.

Die Einstellung, ja der Wille, wirklich alles zu geben für das Wohl derer, um die es geht, nämlich die Pflege- und Hilfsbedürftigen, sie ist und bleibt neben der fachlichen Komponente eine der wichtigsten Hebel, um die Qualität im Pflege- und Betreuungsprozess voranzubringen.

Einer der Slogan, der in diesem Kontext häufig benutzt wird, ist der, dass der Mensch im Mittelpunkt des Geschehens stehen solle.
Nun könnte man fragen, wo sonst sollte der Mensch denn stehen, wenn nicht im Brennpunkt der Aufmerksamkeit der Pflegenden?
Etwa am Rande?

Das würde niemand schreiben oder behaupten, wenn er in der Pflege- und Betreuungsbranche ernst genommen werden will.
Und trotzdem ist mit dem einfachen Postulieren dieses marketingtechnischen bereits ausgehöhlten Begriffes nichts gesagt.

Vielmehr muss man einen Blick auf diejenigen werfen, deren Handeln auf das Wohl der zu pflegenden Menschen ausgerichtet ist – die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter in den Pflegediensten.

Hier kommen Kathrin Dölle, Pflegedienstinhaberin, und ihr Team ins Spiel, die sich auch im 22. Jahr ihres Bestehens der individuellen Pflege und Betreuung verschrieben haben und sich den damit verbundenen Rahmenbedingungen immer wieder stellen.

„Natürlich ist es nicht einfach, das alles im Blick zu behalten, wenn die Pandemie uns an den Rand des menschlich Machbaren drückt. Wir glauben aber, dass wir selbst in diesen Zeiten nicht nachlassen sollten, die Standards zu überprüfen und an deren Weiterentwicklung zu feilen“, sagt sie.

Vernetzt denken und handeln, Netzwerke für eine gute Zusammenarbeit nutzen, das sind Erfahrungen, über die sie bereits vor drei Jahren in ihrem Interview für diesen Blog gesprochen hat.
Sie machte dort deutlich, was für sie individuelle Pflege und Betreuung wirklich heißt, nämlich unter anderen kurzfristig besondere Wünsche von Pflege- und Hilfsbedürftigen und deren Angehörigen zu realisieren.

Mehr: https://uwemuellererzaehlt.de/2017/06/23/kathrin-doelle-im-interview/

RECHTZEITIG UM DEN NACHWUCHS KÜMMERN
Kathrin Dölle geht regelmäßig in Schulen, und hier vor allem in die 7. und 8. Klassen, um diejenigen für den Beruf der Altenpflegerin oder des Altenpflegers zu begeistern, die dabei sind, die Weichen in Richtung Ausbildung zu stellen.

„Selbst wenn wir einen riesigen Bedarf in den nächsten Jahren und Jahrzehnten im Bereich der Pflege und Betreuung haben, so dürfen wir in unseren Gesprächen mit den Jugendlichen nicht verschweigen, wie anstrengend dieser Beruf ist, körperlich und mental“, sagt sie in diesem Zusammenhang.

„Wir brauchen auch nicht irgendjemanden, der vielleicht woanders keine Lehrstelle bekommen würde. Nein, wir brauchen möglichst die Besten, die sich dem Beruf verschreiben, sich das Fachwissen mit Begeisterung aneignen, und die auch nicht vor den schwierigen, eher nicht so schönen Seiten in der Pflegepraxis fürchten“, ergänzt sie.

Sie weiß, wovon sie spricht. Sie hat nach der Wende faktisch von Null wieder angefangen, nachdem sie vorher ihr Abitur gemacht hat, den Beruf der Gärtnerin erlernte und später noch Gartenbau studierte.

„Alles ist machbar und erlernbar, wenn man den Willen und das Interesse dafür aufbringt“, sagt sie heute.

Und Kathrin Dölle interessierte sich dafür, wie sie älteren Menschen helfen konnte.

Sie sieht darin eine ihrer tiefergehenden Motivation, wenn sie darüber nachdenkt, warum sie den Beruf noch heute gern ausübt.

Kontakt
Kathrin Dölle – Seniorenhilfe Ambulanter Pflegedienst
Lutherstraße 8, 99867 Gotha
Telefon: 03621 / 21 96 40
Telefax: 03621 / 21 96 39
E-Mail: info@seniorenhilfe-gotha.de
http://www.seniorenhilfe-gotha.de

PETER FINDET MITHILFE DER VERKÄUFERIN ENDLICH DIE VON IHM BEGEHRTEN WAREN

Was bisher war:
Peter hatte sich nicht von der Verkäuferin abwimmeln lassen und dazu gebracht, dass sie mit ihm tatsächlich in die Richtung des Wühltisches zu gehen, um alles zu finden, was er sich umständlich auf seinem iPad notiert hatte.

„Und offensichtlich finden Sie das ja ganz leicht, also wäre es schön, wenn Sie mir kurz helfen würden.“

Peter log, als er ‚kurz‘ meinte, denn er war der festen Überzeugung, dass sich das alles in die Länge ziehen würde.

Aber die Wahrscheinlichkeit, dass sie gemeinsam etwas finden würden, die war um ein Vielfaches größer, als wenn Peter es weiter allein versuchen wollte.

„Was suchen Sie denn?“, fragte die Verkäuferin nun schon versöhnlicher und beugte sich über das iPad. Dessen Oberfläche war inzwischen wieder schwarz geworden. Peter verfluchte das Gerät.

Er hatte es so eingestellt, dass er jedes Mal neu einen Code eintippen musste, damit die iPad-Oberfläche wieder aufleuchtete.

Bevor er also lange suchen musste, sagte er erst einmal, dass er einen Hubschrauber für seine Enkelin suche.

Die Verkäuferin ging schnurstracks auf die Leute zu, die sich vor den Wühltischen drängten.

„Darf ich mal hier durch?“, befahl sie mehr, als sie fragte.

„Schauen Sie mal, hier ist doch alles“, sagte sie jetzt an Peter gewandt, der direkt neben ihr stand.

„Ja, wo ist der Hubschrauber?“ Peter ließ nicht mehr locker.

Die Verkäuferin fuhr mit einem Arm zwischen die bunten Pakete und Schachteln und tastete sich so vorwärts, ohne den Hubschrauber zu finden. Jeden Karton, den sie triumphierend präsentierte, zeigte andere Spielzeuge, nur den Hubschrauber nicht.

Es war wohl doch nicht so einfach, stellte Peter mit Genugtuung fest.

„Hier sehen Sie mal“, sagte die Verkäuferin und hielt nach einem intensiven Durchwühlen des Tisches das Spielzeugpaket mit dem Hubschrauber auf dem Foto hoch.

„Na bitte, den nehmen wir“, sagte Peter.

„Und jetzt die Kopfkissenbezüge“, drängte Peter die Verkäuferin weiter.

„Die finden Sie nicht hier, sondern da drüben, in den großen Kartons, die noch nicht zu Ende ausgepackt sind“, antwortete sie.

„Ich muss nun zur Kasse“, sagte die Verkäuferin, winkte zum Abschied und eilte davon.

„Oh, vielen Dank, Sie haben mir sehr geholfen“, rief ihr Peter hinterher und stürzte zielstrebig in Richtung der Kartons, bevor es andere Kunden ebenfalls mit bekamen, wo sich die noch nicht gänzlich ausgepackten Waren befanden.

Die Kartons waren oben bereits offen und man konnte mit den Händen hineingreifen und die begehrten Kopfkissen herausziehen.

Die dicke Frau von den Wühltischen beobachtete Peter aus der Ferne argwöhnisch und näherte sich mit dem Instinkt eines immer noch hungrigen Schakals.

Peter zerrte das zweite Kopfkissen heraus, beugte sich über den Karton und griff mit dem Arm bis ganz nach unten durch.

Sein Bauch schnitt sich in die scharfe Kante am oberen Kartonrand ein.
Endlich bekam Peter eine Decke zu fassen, zerrte sie aus dem Karton, prüfte, ob es die richtige war und schmiss sie zufrieden in hohem Bogen in seinen Einkaufswagen.

„Darf ich mal vorbei?“, sagte Peter zu der dicken Frau, an der nun fröhlich vorbeiging. Die sah ihn wütend an, bevor sie ein Stück zur Seite ging.

„Vielen Dank. Da hinten gab es übrigens herrliche Kopfkissenbezüge. Aber die sind jetzt weg, ich habe die letzten mitgenommen“, flötete Peter in einem süßlich vergifteten Ton und hüpfte fast freudig in Richtung Kasse.

Die dicke Frau sah ihm erst misstrauisch nach und beugte sich anschließend selbst über den Karton, ja, sie hängte sich so tief mit dem Oberkörper hinein, dass sie fast das Gleichgewicht verlor.

Zu groß war ihre Neugier gewesen, was Peter da so angeblich Tolles herausgenommen hatte.

„Geschieht dir recht, du gieriges Monster“, murmelte Peter, während er mit Vergnügen das enttäuschte Gesicht der dicken Frau beobachtete, nachdem diese wieder aus der Tiefe des Kartons aufgetaucht war.

„Haben Sie etwas zu mir gesagt?“, fragte ihn jetzt eine junge Frau, die hinter ihm stand.

„Nein, nein, ich habe mit mir selbst gesprochen“, sagte Peter schnell.

„Ich meinte nur, dass die Kopfkissenbezüge wie kleine gemütliche Monster seien“, setzte er noch hinzu.

Die junge Frau nickte ihm freundlich lächelnd zu.

 

PETER ERGREIFT BEIM EINKAUFEN DIE INITIATIVE

Was bisher war:
Peter wurde an den Wühltischen im Discounter von einer dicken Frau barsch abgedrängt.
Er musste überlegen, wie er wieder in die erste Reihe kam, um zu sehen, wo sich die einzelnen Sachen, die er kaufen wollte, befanden.

Peter schaute sich hilfesuchend um, wen er ansprechen könnte, damit er so schnell wie möglich an die Kopfkissenbezüge, die Decke für das Bett und den Hubschrauber für Krümel kam.

Er dachte darüber nach, was jetzt wohl am sinnvollsten wäre und er entschied sich für einen vorläufigen Rückzug, um mit etwas Abstand im hinteren Bereich den Überblick für die nächsten Schritte zu bekommen.

Peter fasste den Einkaufskorb an und zog ihn hinter sich her, während er sich nach Hilfe umschaute. Sollte er die Frau da drüben ansprechen, die ebenfalls in den Sachen wühlte, nur dass sie es nicht so aggressiv tat, sondern mit Bedacht.

Entschlossen schob er den Einkaufswagen wieder nach vorn, so wie eine Ramme, die für den Sturm auf ein schier uneinnehmbares Burgtor eingesetzt werden sollte.

„Ja, passen Sie doch auf, wo Sie mit Ihrem Wagen hinfahren“, schnaubte jetzt ein älterer Herr, der von der Seite kam.

„Ich komme von rechts“, sagte Peter.
„Sind wir auf dem Ku’damm? Lächerlich!“, antwortete der Herr und drängelte sich in die erste Reihe am Wühltisch.

Peter schaute sich hilfesuchend um. Da entdeckte er die Verkäuferin, die gerade Lebensmittel in die seitlich stehenden Kühltruhen einfüllte.

Gerade als Peter sie ansprechen wollte, drehte sie ihm den Rücken zu und schob einen riesigen Wagen, angefüllt mit leeren Pappkartons in Richtung der Tür zum Wareneingang.

„Vorsicht bitte!“, rief sie laut und entfernte sich schneller, als es Peter recht war.

‚Wenn man die schon mal braucht“, brummte er.
Er spürte, wie in ihm das Blut allmählich hochkochte.
Peter ließ einfach den Einkaufswagen stehen und ging schnellen Schrittes auf die Verkäuferin zu, die an der Kasse saß.

„Bitte entschuldigen Sie, ich suche ein paar Kopfkissenbezüge und eine Decke, die ich nicht an den Wühltischen finden kann“, rief Peter der Kassiererin zu, die damit beschäftigt war, eine endlos scheinende Anzahl von Dosen, Wurstpaketen, Haushaltsartikeln und Getränken vom Band zu nehmen und die entsprechenden Preise in die Kasse einzugeben.

„Junger Mann seien Sie doch so nett und fragen meine Kollegin, die gerade den Gang entlang auf sie zukommt.“

„Oh, vielen Dank, mach‘ ich“, sagte Peter, drehte sich um und sah genau die gleiche Verkäuferin, die schon einmal vor ihm geflohen war, versteckt hinter einem Warenkorb auf Rädern.

Die Verkäuferin hatte Peter nun auch entdeckt und bog geschmeidig in einen anderen Gang ab. Jetzt war Peter hellwach. Er war endgültig auf der Jagd und so würde die Verkäuferin beim zweiten Mal keine Chance haben, ihm zu entkommen.

„Junge Frau!“, rief Peter mit lauter Stimme, sodass sich einige nach ihm umdrehten. Er war stehengeblieben. Er war überzeugt, sie würde es auch tun.

Die Verkäuferin hielt tatsächlich inne, drehte sich um und schaute Peter an, leicht verärgert, weil er sie in ihrem Tun unterbrach.

„Könnten Sie mir helfen, ein paar Dinge zu finden, die ich bis jetzt nicht entdecken konnte?“

„Was wollen Sie denn?“, fragte ihn die Verkäuferin mit einem Unterton in der Stimme, der an ihrer Botschaft keinen Zweifel ließ:

‚Wieso wagst du es überhaupt, mich anzusprechen, wo ich doch auf dem Weg zur Kasse bin, die ich aufmachen will, damit sich die Schlange der Wartenden an der Kasse nicht noch mehr in den Raum ergießt‘, schienen ihr Blick und ihre Stimme in völliger Eintracht miteinander ausdrücken zu wollen.

„Ich suche eine Decke und zwei Kopfkissenbezüger, hier, sehen Sie mal.

Peter wollte ihr auf dem iPad das Foto von dem Einkaufsprospekt zeigen, das er vorsorglich abfotografiert hatte.

„Das finden Sie alles da drüben“, unterbrach die junge Frau ihn und wedelte mit ihrer linken Hand in die Richtung des Ungewissen an den Wühltischen.

„Naja, da finde ich eben nichts“, entgegnete Peter fest entschlossen, sich nicht noch einmal abwimmeln zu lassen.

 

PETER AM WÜHLTISCH DES DISCOUNTERS

Was bisher war:
Peter könnte nach Herzenslust arbeiten, jetzt wo Klara in Stralsund bei Anna war.
Doch das Gegenteil von dem trat ein, Peter war unkonzentriert, lustlos, suchte Ablenkung, nur um nicht an seine vor ihm auf dem Schreibtisch liegenden Aufgaben gehen zu müssen.
Peter fiel wieder ein, wie er in der vergangenen Woche morgens selbstlos in den Discounter gefahren war, um für Klara und Laura etwas einzukaufen.

Peter war am Discounter angekommen. Es war kurz nach sieben Uhr morgens und er hasste es für gewöhnlich, solche Dinge zu erledigen, bevor er überhaupt etwas in seinen Augen Produktives getan hatte.

Er liebte es, gegen sechs Uhr schon die ersten Zeilen auf das am Abend zuvor bereitgelegte Arbeitspapier zu schreiben. Sonst war er um die Zeit schon im Fitness-Center, bevor Corona kam und alles durcheinanderwarf.

Nun aber saß er um die Zeit wieder zuhause und versuchte das Beste daraus zu machen.

Und das Beste war für ihn auf gar keinen Fall, schon morgens in den Discounter zu fahren und in den Regalen nach Kopfkissenbezügen zu suchen. Doch nun war er da und wollte es schnell hinter sich bringen.

Peter band die Schutzmaske um, kramte seinen Chip für den Einkaufswagen aus der Tasche und stapfte entschlossen in Richtung Einkaufshalle.

Er wurde rechts und links von Menschen überholt, die ebenfalls auf den Discounter zueilten. Es waren vor allem ältere Menschen, die zu dieser Zeit unterwegs waren.

‚Wieso liegen die nicht im Bett und schlafen aus und warum schlagen die hier stattdessen solche Wellen?‘, fragte sich Peter, während er den Chip in den Einkaufswagen steckte, den er sich gerade noch vor einem Rentner schnappen konnte.

Er merkte gar nicht, wie er sich von der künstlich erzeugten Hast der vorbeilaufenden Senioren anstecken ließ.

Er lief den Gang entlang, vorbei an den Regalen mit den vielen Köstlichkeiten, die nun mal zur Weihnachtszeit auslagen. Auch das lastete er Klara und Laura an, dass er wie im Spießrutenlauf daran vorbeimusste.

‚Soll ich vielleicht doch was zum Kaffee mitnehmen?‘, schoss es ihm durch den Kopf, während er an dem bunten Weihnachtsgebäck vorbeilief.

‚Jetzt halt‘ dich mal an das, was du dir selbst vorgenommen hast und fall‘ nicht gleich bei der erst besten Bewährungsprobe um‘, sagte seine innere Stimme zu ihm.

Peter bewegte sich deshalb mit hohem Tempo weg von diesen Verführungen, hin zu den Regalen, wo sich die Decken und Kopfkissenbezüge befinden sollten.

Vor den Wühltischen hatte sich schon eine kleine Menschentraube gebildet. Eine Frau schaute nahezu angewidert auf einen Pullover, den sie in den Händen hielt, und den sie aus dem bis dahin sorgfältig und ganz offensichtlich mit Liebe zusammengestellten Päckchen herausgezogen hatte.

Sie drehte ihn ein paar Mal in der Luft hin und her und warf ihn dann verächtlich auf den Stapel zurück, wie ein Stück Abfall, das man versehentlich unter die Sachen gemischt hatte.

Ihr missmutiger Blick hatte bereits ein neues Opfer entdeckt. Ein Hemd. Peter kannte sich nicht aus in Stoffen und überhaupt in der Kleidung, denn das überließ er aus gutem Grund Klara.

Aber dieses Hemd sah so aus, wie es die kanadischen Holzfäller trugen, so jedenfalls stellte Peter es sich vor.

Er sah sich schon in klirrender Kälte in den weiten Wäldern Kanadas stehen, die Axt in der Hand und hinter sich einen Schwarzbären, der sich unbemerkt an ihn von hinten herangeschlichen hatte.

„Nu‘ stehn‘ Se‘ mal nich‘ im Weg, junger Mann!“, schreckte ihn eine tiefe Frauenstimme aus seinem Tagraum ‚Abenteuer Kanada‘. Es war die gleiche Frau, die gerade wieder das Hemd auf den Stapel zurückgeworfen hatte, und jetzt an den Platz wollte, an dem Peter stand.

Der schaute sie verdutzt an und murmelte, ein ‚Tschuldigung‘ und ging ein Stück weiter.

Jetzt stand die füllige Frau da, wo er sich näher umschauen wollte und dort nun nicht mehr herankam, weil die Dicke ihm auch nicht einen Millimeter überlassen hatte und deren Hände sich weiter in die nicht mehr lange so ordentlich aussehenden Sachen schob, wie ein kalter, unbarmherziger Schaufelbagger.

 

KLARA IST WEG UND PETER KÖNNTE NACH HERZENSLUST ARBEITEN – WENN ER WIRKLICH WOLLTE

Was bisher war: 
Klara war bei ihrer Mutter zuhause angekommen und wollte gleich mit dem Saubermachen loslegen.
Peter war endlich nach zwei Stunden Mittagspause an seinen Schreibtisch zurückgekehrt und dachte über sein Leben nach, anstatt seine Arbeit fortzusetzen.

Es war so still im Haus. Peter hatte ‚sturmfreie Bude‘ und er könnte jetzt nach Herzenslust weiterschreiben, seine Vorhaben voranbringen.

Aber was wollte er eigentlich vorantreiben?
Mehr Artikel schreiben, mehr Geld verdienen, mehr Interviews führen oder lieber die Füße hochlegen und gar nichts tun?

Immer wenn Klara wegfuhr, wollte er etwas schaffen, die Abendzeit mehr für das Schreiben nutzen und weniger vor dem Fernseher hocken.

Doch es kam in der Regel ganz anders. Peter verbrachte weniger Zeit in seinem Arbeitszimmer, schaute mehr Talkshows und Filme.
Er aß noch ungesünder und verfluchte sich selbst dafür.

„Ich komm‘ hier zu gar nichts“, schimpfte er oft, wenn Klara mal wieder in den Discounter wollte, weil es dort irgendetwas zu kaufen gab, meistens für Krümel.

Peter lehnte sich im Sessel zurück und dachte an die vergangene Woche.

Klara saß an ihrem Laptop im Homeoffice. Zwei Tage hatte sie jetzt mit ihrer Firma vereinbart, wo sie von Zuhause aus arbeiten konnte.

„Ich fahr‘ schnell hin und hol‘ die Sachen“, hatte er noch ein paar Tage zuvor Klara versprochen. Peter wollte sich opfern und freiwillig ganz früh am Morgen in den Discounter fahren.

Klara legte ihm einen Prospekt hin, in dem alles abgebildet war – zwei Kopfkissenbezüge, eine Decke für Laura und ein Hubschrauber für seine Enkelin Emma zu Weihnachten.

Peter fotografierte alles mit dem iPad ab und versah es mit einer speziellen Nummer, sodass er es auch wiederfinden konnte, innerhalb seiner zahlreichen Dateien.

Laura und Klara kicherten nur und verdrehten dazu die Augen, als sie Peters Vorbereitungen mitbekamen.

Das Telefon klingelte und Peter wurde aus seinen Gedanken gerissen.

„Guten Tag, hier ist die Telefongesellschaft, Herr Gerber, wie zufrieden sind Sie mit unseren Leistungen?“, fragte ein junge männliche Stimme.

„Ich bin mit den Leistungen sehr zufrieden, aber höchst unzufrieden mit den laufenden Störungen, während ich hier angestrengt arbeite“, sagte Peter.

„Oh, das tut mir leid“, sagte die Stimme am Telefon.

„Und mir erst“, entgegnete Peter und beendete das Gespräch, indem er einfach auf die Taste drückte.

„Wo war ich eigentlich mit meinen Gedanken?“

Peter kam nicht drauf. Das wäre jetzt die perfekte Gelegenheit, mit der Arbeit zu beginnen.

Aber Peter strengte sich an, um den geistigen Faden wiederzufinden, den er mit der Telefonunterbrechung verloren hatte.

„Ah, beim Einkauf.“

Peter lehnte sich zurück und erinnerte sich weiter, was er nicht alles noch nebenher machen musste und wofür ihm keiner so richtig dankte.

AUF HOMO FICTUS ODER HOMO SAPIENS BEIM ERZÄHLEN ZURÜCKGREIFEN?

In Geschichten, die erzählt werden, sind die darin vorkommenden Figuren in der Regel fiktional angelegt.
Das heißt, sie sind nicht im Verhältnis 1:1 mit den real existierenden Menschen im tatsächlich stattfindenden Leben gleichzusetzen.

Na klar, es ist immer so, dass die Hauptfigur oft Züge von aus im realen Leben vorkommenden Menschen in sich vereint.

Wenn ich in „Anna ist dement“ über die Figur des Peter schreibe, dann finden sich dort zum Teil autobiographische Ereignisse wieder oder es sind Charakterzüge wiederzuerkennen, die auch mich auszeichnen.

Nur so kann ich authentisch und lebensnah schreiben.
Aber bin ich deshalb zu 100 Prozent der Peter? Nein, auf gar keinen Fall.

Der Reiz, künstliche Figuren zu erschaffen, homo fictus eben, besteht für mich darin, dass ich meine Phantasie und meine lebensechten Erfahrungen mit einfließen lassen kann.

Es gibt noch ein weiteres Motiv, warum ich nicht nur ‚Storytelling‘ betreibe, sondern auch fiktionale Geschichten erzähle.

Indem ich über einen Protagonisten erzähle, den ich fiktiv erschaffen habe, befasse ich mich sehr tiefgründig mit dem Wesen von Menschen, damit, warum sie sich in bestimmten Situationen so verhalten und nicht anders.

Das wiederum hilft mir bei meiner Arbeit, über reale Menschen im Alltag zu erzählen.

 

MENSCHEN AUS DEM ALLTAG – OHNE SIE FUNKTIONERT STORYTELLING NICHT

Menschen aus dem Alltag, Alltagshelden, sie sind die entscheidende Zutat, damit eine lebendige Geschichte erzählt werden kann.

Dabei spielt es für mich zunächst überhaupt keine Rolle, über wen ich schreiben will – ob über den selbstständigen Handwerker einer Bauschlosserei, die Inhaberin eines Küchenstudios oder den Protagonisten in einer fiktionalen Geschichte.

James N. Frey hat das in Hinsicht auf die Helden in einem Roman so zusammengefasst:
„Figuren sind für den Romancier was Holz für den Schreiner ist und was Ziegelsteine für den Maurer sind. Figuren sind der Stoff, aus dem der Roman gemacht wird.“
(James N. Frey: „Wie man einen verdammt guten Roman schreibt“ © 1993 Emons Verlag GmbH / © 1987 bei James N. Frey
ISBN 978-3-89705-32-1, Seite 17)

Sie sind für mich aber vor allem die Alltagshelden, für die ich mich interessiere, und wie ich weiß, meine Leser ebenfalls, und sie sind es, über die ich schreiben will.

Das ist das Hauptmotiv, warum ich mir immer wieder Anregungen, Tipps, Hinweise von den Großen im Metier des Schreibens hole – Tag für Tag, im Schreib-Alltag eben.

KLARA IST NICHT DA UND PETER DÜMPELT VOR SICH HIN

Was vorher war:
Klara war in Stralsund angekommen. Peter stand auf dem Bahnhof, um seine Schwester abzuholen. Beide fuhren in Richtung Hafen, zu Annas Wohnung.
Peter hatte es endlich geschafft, die Dose mit Aprikosen aufzumachen und saß nun im Wohnzimmer auf der Couch, um in Ruhe Nachrichten zu schauen und dabei das Obst zu essen. Das Telefon klingelte. Klara rief ihn aus Stralsund zurück.

„Na, bist du gut in Stralsund gelandet?“, fragte Peter sie, während er auf einem Aprikosenstück herumlutschte

„Was sagst du? Ich versteh‘ dich nicht. Ich bin im Auto von Lukas. Wir fahren gerade zu Mutti.“

„Viel Spaß“, sagte Peter und lachte. Er wusste, dass es Klara nicht leicht fiel zu sehen, wie Anna mehr und mehr unter ihrer Demenz litt.

„Ja, ich melde mich“, antwortete Klara.
Peter legte das Telefon weg und stellte den Fernseher wieder lauter.
„Make America great again“, las er auf eine der Mützen, die ein Trump-Anhänger während einer Demonstration für seinen Präsidenten trug.

Peter liebte es, politische Ereignisse zu verfolgen, Hintergründe zu erfahren. Er schaute sich oft Talkshows an und wusste oft vorher, was einzelne Gäste von den Botschaften her in Worte fassen würden.
„Eigentlich kannst du eine Rate-Sendung veranstalten, in der du das Thema vorgibst und vorher aufschreibst, was die einzelnen Gäste sagen werden und es dann mit dem vergleichst, was du selbst schriftlich niedergelegt hast“, sagte er zu Karsta.

„Du scheinst viel Zeit zu haben“, antwortete die.
„Was machen eigentlich deine Kunden“, schob sie meist in so einem Moment nach.

„Du kannst einem den Tag so richtig gründlich versauen“, sagte Peter dann und trollte sich in sein Arbeitszimmer.

Aber nun war ja Klara nicht da. Er schaltete auf eine Krimi-Serie um, in der ein genialer Ermittler mit seinem Ordnungswahn zu kämpfen hatte.

Peter schaute eine Weile zu, dann zog er die Füße ganz auf die Couch und legte seinen Kopf auf der linken Hand ab.

Der Fernseher drang nur noch leise an sein Ohr. Er hatte Mühe, den Kopf in der Haltung zu belassen, bevor er eingeschlafen war.
Plötzlich schrak er hoch, weil seine Hand abgerutscht war und sein Kopf nach vorn fiel.

In der linken Hand hatte sich das Blut gestaut, sodass Peter erst einmal den Arm hin- und her bewegte. Peter quälte sich langsam vom Sofa hoch. Es war kurz nach zwei Uhr mittags.

Er erschrak, weil er über zwei Stunden unten im Wohnzimmer gesessen hatte.

Peter brachte die Schüssel, in der die Aprikosen waren, nach draußen in die Küche und beeilte sich nach oben zu gehen.

Er tropfte sich ein wenig kaltes Wasser in die Augen und nahm schwungvoll die Tastatur in die Hand.
Das Telefon klingelte erneut.

„Hallo, ich bin bei Mutti“, sagte Klara.
„Und, wie ist es?“, fragte Peter. Er kam gleich zur Sache.

„Naja, ich melde mich später.“
„Ist gut, aber freut sich Anna denn, dass du so plötzlich vor der Tür gestanden hast?“

„Ja, schon, Mutti fragt nur, warum ich hier nicht schlafen will“, sagte Klara.
„Na, das ist ja auch nicht zu verstehen“, versuchte Peter sie aufzuziehen.

Doch die hatte keinen Nerv für seine Scherze.
„Ich leg‘ jetzt mal auf, denn wir wollen noch viel tun heute.“

 

WIE GUT UND INTERESSANT SCHREIBEN?


Geschichten, sei es im realen Leben oder im fiktionalen Bereich, sind dann interessant, wenn wenigstens über einen Menschen, einen Protagonisten, berichtet wird, der nicht einfach durchs Leben geht, ohne irgendwelche Widerstände überwinden zu müssen.

Vielmehr geht es dem Leser ja darum zu erfahren, mit welchen Hindernissen diejenige Figur zu kämpfen hat, über die berichtet wird.

Nichts ist unglaubwürdiger, als wenn ich nur über die Erfolge eines Menschen schreibe.

Manchmal höre ich im Interview, dass dies alles zu persönlich sei und keiner erfahren solle, mit welchen Schwierigkeiten der Interviewte auf seinem Weg zum Erfolg zu kämpfen hatte.

Es ist natürlich das gute Recht eines jeden, den ich frage, die Antwort darauf zu verweigern.
Aber mit jedem Detail, das weggelassen wird, mit jedem Konflikt, der unerwähnt bleibt, wird die Geschichte, das Interview blutleerer.

Zu lernen, wie man gute Geschichten schreibt, das ist wichtig.
Dabei ist es zunächst tatsächlich nicht von Belang, ob ich über eine wahre Begebenheit, eine Unternehmerpersönlichkeit schreibe oder eine fiktionale Geschichte erzähle.

James N. Frey hat in seinem Bestseller „Wie man einen verdammt guten Roman schreibt“ bereits in der Einleitung den Kern des interessanten und spannenden Schreibens auf den Punkt gebracht:

„Ein ‚verdammt guter Roman‘ ist eindringlich, und das kann er nur sein, wenn er spannend ist. Zu einem spannenden Roman gehören die folgenden Merkmale: im Mittelpunkt steht eine Hauptfigur, der Protagonist, der mit seinem Dilemma konfrontiert wird; das Dilemma weitete sich zu einem Konflikt aus; der Konflikt verdichtet sich aufgrund einer Reihe von Komplikationen zu einem Höhepunkt; auf dem Höhepunkt wird der Konflikt gelöst.“
(Vgl. James N. Frey: „Wie man einen verdammt guten Roman schreibt“, © 1993 Emons Verlag GmbH / © 1987 bei James N. Frey,
ISBN 978-3-89705-32-1, S. 15).

KLARA KOMMT IN STRALSUND AN UND PETER VERSUCHT EINE OBSTDOSE ZU ÖFFNEN

Was vorher war:
Das Handy surrte in Klaras Tasche, während sie bereits an der Tür des Eisenbahnwaggons stand. Peter hatte versucht Klara zu erreichen. Er war nicht mit nach Stralsund gekommen. Nachdem Klara nicht zurückgerufen hatte, war er in den Keller gegangen, um etwas zu finden, was sich schnell zum Mittag zubereiten ließ. Er stieß auf eine Dose mit Aprikosen und begab sich gut gelaunt ins Wohnzimmer.

Die Bremsen des Zuges quietschten, während er langsam in den Bahnhof von Stralsund einfuhr. Klara wartete, bis der Waggon stehenblieb, und erst dann betätigte sie den Türöffner.

Hinter ihr schniefte und röchelte es. Der ältere Mann hinter ihr wollte unbedingt so schnell wie möglich nach draußen.

„Meine Güte, warum muss der unbedingt hinter mir stehen, während der ganze Zug fast leer ist“, dachte Klara und hob ihren Koffer an. Sie bugsierte ihn nach draußen und stand schließlich selbst auf dem Bahnsteig.

Klara schaute sich um, denn Lukas hatte gesagt, dass er sie abholen wollte.
Sie erkannte ihn an seiner ‚Handwerkeruniform‘ und seiner Jacke, die er seit vielen Jahren trug. An den Füssen hat er Sandalen, aus denen die nackten Zehen hervorragten.

„Wie hältst du das bloß bei der Kälte aus“, sagte Klara anstelle einer Begrüßung zu ihrem Bruder.

„Jetzt komm‘ doch erst einmal an“, brummte der und schnappte sich das Gepäck.

Beide gingen nach draußen. Lukas hatte direkt vor dem Bahnhofsgebäude einen der wenigen Parkplätze ergattern können. Sein Van stand leicht schräg.

Lukas hatte ihn so geparkt, damit er von der Länge her besser auf den sehr kurzen Platz passte.
Lukas beförderte das Gepäck in den Raum hinter den Sitzen, indem noch diverse Schaufeln und ein Rasenmäher standen.

„Und wie sieht’s aus?“, fragte Klara, nachdem Lukas den Motor angeworfen hatte, zügig mit dem Auto nach hinten stieß und das Lenkrad in Richtung Straße drehte.

„Was meinst du?“, fragte Lukas zurück.
„Na mit Mutti?“
„Hör mir bloß auf.“ Lukas schnaufte.
„War schon wieder irgendwas?“, fragte Klara.

„Nein, das nicht, aber es wird jeden Tag schlimmer“, sagte Lukas, während er in die Strasse bog, die direkt zum Hafen und damit auch zu Annas Wohnhaus führte.

„Du kannst Mutti nichts mehr sagen. Sie wehrt sich gegen alles, will nicht mehr aus dem Haus, nicht zum Frisör, nicht zum Friedhof, sie will gar nichts, sondern liegt nur noch auf der Couch.“

Klara schwieg. Sie wusste, dass es für Lukas schwer war und sie graulte sich davor, die nächsten Tage bei ihrer Mutter zu sein. Nicht weil sie arbeiten musste. Nein, das machte sie gern.

Aber sie fürchtete die Widerworte, die Haltung von Anna, gegen alles zu sein, was im Grunde zu ihrem besten war, was sie aber auf keinen Fall einsehen wollte.

Klara erinnerte sich daran, wie sanftmütig ihre Mutter vor ihrer Krankheit war und wie sie alles toll fand, was Klara ihr vorschlug.
Klara seufzte und schwieg.

Peter hatte nach einer kurzen Quälerei endlich die Dose mit den Aprikosen geöffnet.

Er füllte das Obst in eine Keramikschüssel um, in die größte, die er fand.

Dann holte er noch einen Löffel aus der Schublade und begab sich ins Wohnzimmer.

Er stellte den Fernseher an, fuhr die Beinstütze am Ledersofa hoch, nahm sich die Schüssel vor die Brust und begann genüsslich den Löffel in die Schüssel zu tauchen.

Er hatte den Nachrichtensender an und wollte wissen, ob es was Neues von den Wahlen in den USA gab.

Das Telefon klingelte. Peter schaute unwillig auf den Hörer. Sollte er rangehen?
Er sah die Nummer auf dem Display. Klara rief ihn zurück.

 

 

 

 

 

PROFESSIONELLES SCHREIBEN GANZ OHNE HANDWERKLICHE KENNTNISSE IST SCHWIERIG



Ich schreibe nicht darüber, wie viel man wissen sollte, bevor man anfängt, einen Roman zu schreiben. Das ist nicht mein Thema und generell auch nicht mein Anliegen.
Ich bin eher im ‚Geschäft des Storytellings‘ unterwegs.

Aber auch da, oder ich sage, erst recht hier, sollte man sich Grundkenntnisse im Erzählen von Geschichten aneignen.

Ich bleibe da auf jeden Fall dran, mal mit mehr Energie, mal mit etwas weniger.

Es beruhigt mich, wenn ich erfahre, dass selbst die ganz Großen eine recht ausführliche Recherche betrieben, wie es ‚handwerklich‘ hinter einem Drama aussah, bevor sie selber an ihr Werk gingen.

Das ist gut zu wissen, denn man hat den manchmal den Eindruck, dass diese Menschen nur aus ihrem Genie heraus ihre Feder führten.

Im Vorwort zum Buch von James N. Frey „Wie man einen verdammt guten Roman schreibt“, heißt es dazu so treffend:

„In Deutschland herrscht noch immer ein Vorurteil, das in den großen Aufbruchjahren unserer Literatur in der früheren Goethezeit wurzelt: Dichtung entsteht ohne weitere Voraussetzungen, sobald die Muse das Genie küsst. Goethes Götz und sein Werther, Schillers Räuber, alle im Schaffensrausch hingeworfen, scheinen da unwiderlegbare Beweise zu sein. Dabei wird leicht übersehen, dass Goethe, als er den Götz in wirklich erstaunlich kurzer Zeit hinschrieb, voll mit der Dramentradition vertraut war, dank der französischen Besetzung Frankfurts während des Siebenjährigen Krieges sogar mit der Klassischen Französischen Bühnenpraxis, dass er beim Schreiben des Werthers über die Technik der Brieferzählung bestens informiert war…“ (Vgl.: James N. Frey: „Wie man einen verdammt guten Roman schreibt“, © 1993 Emons Verlag GmbH / © 1987 bei James N. Frey, ISBN 978-3-89705-32-1, Vorwort von Volker Neuhaus, S. 11).

Die gute Nachricht dabei: Wenn es die Großen nie verlernt haben, zu lernen, dann sollten wir es recht nicht tun.

Die weniger gute lautet: Du musst dranbleiben, ununterbrochen.

PETER ALLEIN ZUHAUS

RÜCKBLICK:
Klara stieg in Berlin am Gesundbrunnen in den Zug nach Stralsund.
Das Abteil war leer und sie konnte sich in Ruhe einen Platz aussuchen, das Gepäck verstauen und es sich bequem machen.
Es war schön für sie, dass sie sich nicht drängeln musste, keiner im Weg stand, als sie das Gepäck in das Netz hievte.
Aber irgendwie war es auch unheimlich, ja nahezu gespenstisch, dass keiner weiter in den Zug einstieg.
.....
Die Hallen der Volkswerft deuteten unwiderruflich die Ankunft in Stralsund an.

https://uwemuellererzaehlt.de/2020/11/17/anna-ist-dement-72/

Das Handy surrte in Klaras Tasche, während sie bereits an der Tür des Eisenbahnwaggons stand. Sie hielt sich mit einer Hand an der Stange fest, die unmittelbar vor der Waggontür angebracht war.

Sie hatte sich leicht nach vorn gebeugt und hielt mit der anderen Hand die beiden Ledergriffe des Koffers in der Hand, damit dieser nicht umkippte.

Klara hatte sich in eine ungünstige Position manövriert. Sie stand als erste an der Tür des Waggons, obwohl keiner weiter im Abteil gesessen hatte.

Nur der ältere Mann, der bereits im Gesundbrunnen mit ihr eingestiegen war, der wollte jetzt auch aussteigen. Er hatte sich ziemlich dicht hinter Klara gestellt und machte den Eindruck, als würde er sofort in Richtung Ausgang drängeln wollen, sobald der Zug hielt.

„Mein Gott, der sollte mal lieber den Mindestabstand einhalten“, dachte Klara, als sie hinter sich ein krächzendes Hustengeräusch vernahm.

Jetzt schniefte der ältere Herr auch noch, räusperte sich und brabbelte etwas in seinen Maskenschutz hinein, den er fast bis unter die Augenbrauen gezogen hatte.

„Ich kann jetzt nicht an das Telefon gehen. Das ist bestimmt Peter, der wissen will, wie weit ich gekommen bin“, dachte Klara, während sie mit Ungeduld die Einfahrt des Zuges in den Bahnhof Stralsund erwartete.

Peter drückte auf den roten Button auf seinem Handy, nachdem Klara nicht an das Telefon gegangen war.
Er fühlte sich allein, obwohl Klara ja gerade mal vor knapp fünf Stunden das Haus verlassen hatte, um zu Anna nach Stralsund zu fahren.

Er hasste diese Tage, obwohl er genügend zu tun gehabt hätte. Das eine Interview musste dringend fertig werden, das mit dem Fitness-Trainer.

Es lagen schon wieder zwei Wochen dazwischen und er hatte versprochen, sich mit dem Text zu beeilen.
Eigentlich hätte er nun genügend Zeit, um hintereinander zu arbeiten.

Aber gerade das Gegenteil passierte.
„Ich kann ja bis heute spät abends arbeiten“, dachte er sich, während er die Treppe ins Wohnzimmer hinunterschlurfte.

Und außerdem: Jetzt ist Mittagszeit, ‚Stunde der toten Augen‘, wie er stets zu Klara sagte.

Peter hatte sich vorgenommen, ein wenig abzunehmen, während Klara nicht da war.
Das fiel ihm leicht, weil keiner etwas zubereitete und Peter selbst keine Lust dazu hatte.

„Eigentlich könnte ich mir eine Dose mit Aprikosen aufmachen“, dachte Peter bei sich, während er in Richtung Wohnzimmer ging.

Er drehte sich um und polterte ziemlich laut mit seinen Latschen die Treppe zum Keller hinunter.

Peter wollte den Schalter der kleinen Lampe anstellen, die auf dem Tisch neben dem großen Kühlschrank stand.

Plötzlich schepperte es furchtbar und irgendetwas polterte mit lautem Getöse zu Boden.

„Verdammt“, dachte Peter.
Er knipste das Licht an und sah die Bescherung. Der Blechring der Kuchenform war von der Decke des Kühlschranks heruntergefallen.

„Wieso liegt die Kuchenform überhaupt hier obendrauf“, schnaubte Peter.

Er konnte es nicht verstehen, dass Klara die Dinge nicht gleich dahin räumte, wo sie hingehörten.
Aber Peter konnte nichts sagen. Zum einen, weil keiner da war und zum anderen, weil Klara alles zuhause machte. Gut, fast alles.

Peter versuchte, die beiden Enden der Kuchenform wieder ineinander zu stecken und brauchte eine Weile, bis er es einigermaßen geschafft hatte.

Er legte sie wieder auf den Kühlschrank oben rauf, weil er ja nicht wusste, wo Klara sie endgültig hinlegen wollte.

Er drehte sich zum Regal um und suchte die Dose mit Aprikosen drin. Sie stand zwischen Gurkengläsern und Büchsen mit Rotkohl.

„Hier müsste auch mal wieder aufgeräumt werden“, sagte er sich und verwarf sofort diesen Gedanken wieder. Das hätte er ja über eine Stunde gedauert.

Und außerdem würde Klara das wieder ohnehin in kürzester Zeit durcheinanderbringen.

Seine Vorschläge für eine strukturierte und dokumentierte Ablage der Dosen war schon längst von Klara als Idee von einem, der ja sonst nichts zu tun hätte, abgetan worden.

„Das macht zwar am Anfang Arbeit, aber du könntest danach mit geschlossenen Augen ins Regal greifen und die richtige Dose in der Hand haben.

Selbst wenn du das Licht auslassen würdest, könntest du die Sachen noch problemlos finden“, versuchte er Klara von seinem Vorhaben zu begeistern.

„Wieso mit geschlossenen Augen und warum ohne Licht?“, hatte ihn Klara nur gefragt.

„Sorg‘ mal lieber dafür, dass hier am Tag nicht überall die Lampen an sind, so als wäre Festbeleuchtung angesagt“, entgegnete Klara in solchen Momenten nur noch trocken.

Peter hatte es mittlerweile aufgegeben. Nur jetzt, wo ihm die Kuchenform scheppernd vor die Füße fiel, da erinnerte er sich an seine Zeit bei der Marine.

Wenn die Alarmglocken angingen, alle aus der Koje sprangen und jeder wusste, wo er im Dunkeln seine Sachen fand, das war für ihn die perfekte Organisation.

„Spiel doch mit Krümel ein bisschen mit ihrem neuen Schiff Seefahrt und vor allem, bring‘ ihr gleich mal bei, dass sie nach dem Spielen wieder alles wegräumt“, meinte Klara zu ihm in solchen Augenblicken.

„Krümel aufräumen“, rief Peter oft nach dem Spielen, aber Krümel hatte längst das Weite gesucht und war dort, wo es für sie interessanter war, bei Oma in der Küche, wo sie auf den Stuhl steigen konnte und in irgendwelche Schüsseln greifen konnte.

Als Peter daran dachte, bekam er wieder gute Laune. Er nahm sich die dickste Dose mit Aprikosen und stapfte nun schon fröhlicher die Treppe zum Wohnzimmer hinauf.

KLARA FÄHRT TROTZ CORONA NACH STRALSUND

Klara stieg in Berlin am Gesundbrunnen in den Zug nach Stralsund.
Das Abteil war leer und sie konnte sich in Ruhe einen Platz aussuchen, das Gepäck verstauen und es sich bequem machen.

Es war schön für sie, dass sie sich nicht drängeln musste, keiner im Weg stand, als sie das Gepäck in das Netz hievte.
Aber irgendwie war es auch unheimlich, ja nahezu gespenstisch, dass keiner weiter in den Zug einstieg.

Nur ganz vorn im Abteil, da saß ein älterer Mann, der unentwegt etwas vor sich hin brabbelte, in ein Taschentuch schniefte und sich dann wieder die Maske gegen Corona über die Nase zog.

„Wer weiß, wann der die Maske zuletzt gewaschen hat“, dachte Klara, während der Zug anrollte und sich langsam aus dem Bahnhof herausbewegte.

Sie musste an ihre Mutter in Stralsund denken, die sie besuchen wollte, um mal wieder nach dem Rechten zu sehen.

„Ich finde das nicht so gut, dass du jetzt fährst“, sagte Peter noch in den vergangenen Tagen zu ihr.

„Jetzt mach‘ mir nicht noch ein schlechtes Gewissen“, sagte Klara zu ihm.

Sie war auch ohne Peters Bemerkungen hin – und hergerissen.
Zum einen wollte sie unbedingt ihrer Mutter helfen, wieder etwas Struktur in Annas Alltag zu bringen. Und andererseits wusste sie natürlich, dass sich dem Risiko einer Corona-Infektion aussetzte.

„Ich versteh‘ dich schon, dass du nach Stralsund willst“, versuchte Peter sie zu beruhigen und in ihrem Entschluss zu stärken, bei Anna für ein paar Tage reinzuschauen.

Lukas war froh, dass Klara kam und er ein wenig entlastet würde.
„Es ist gar nicht, dass ich Mutti helfen muss, oder dass ich für sie einkaufen gehe, sondern, dass sie immer mehr herumnörgelt, dich förmlich mit ihrer schlechten Laune nach unten zieht“, sagte er zu Klara am Telefon.

Der Zug hatte Eberswalde erreicht und nach einem kurzen Aufenthalt ging es weiter. Klara schaute aus dem Fenster. Sie mochte es, einfach die Weiden zu sehen, auf denen vereinzelt Kühe grasten, oder die halbverfallene Scheune, an der der im Moment Zug vorbeiratterte.

Klara wurde müde von den wiederkehrenden Geräuschen. Sie schloss die Augen und sah ihre Enkelin vor sich, die rief: „‘Büüst‘ du, Oma?“

Ein Schmunzeln umzog ihre Lippen und lenkte sie davon ab, daran zu denken, was sie erwartete, wenn sie erst mal an Annas Tür klingelte.
Klara machte die Augen auf, zog das Handy aus der Tasche und ging die Videos durch, die Laura ihr geschickt hatte.

In der Mehrzahl war Krümel darauf zu erkennen, wie sie draußen umhertollte und die Gegend erkundete.

„Mama, hier Holz für ‚Feuerlager'“.
Jetzt konnte die Kleine schon zusammengesetzte Worte sagen, nur an der Reihenfolge in der der Silben musste sie noch feilen.

Aber irgendwie war es ja jetzt doch viel schöner, wie sie das Wort aussprach.

Der Zug hatte Greifswald erreicht. Der Bahnsteig war leer.
So langsam konnte Klara die Sachen von oben wieder herunterholen.

Dabei bestand gar keine Eile, denn in Stralsund war Endstation und die ohnehin wenigen Leute konnten ohne Hast aussteigen.
Klara stand trotzdem schon auf und fiel gleich wieder auf den Sitz zurück, weil der Waggon plötzlich hielt.

Langsam fuhr der Zug wieder an. Klara erhob sich erneut, hievte die schwere Tasche aus der Gepäckablage über ihr. Die Tasche war so schwer, dass sie ihren Arm ungewollt verdrehte.

Einer der Trageriemen hatte sich fest um ihre rechte Hand geschlungen und je mehr sie versuchte, sich daraus zu befreien, umso tiefer schnitt er sich in den Handballen ein.

Klara ließ die Tasche einfach auf den Sitz sinken, befreite sich von dem Trageriemen und rieb‘ ihre Hand, in der sich das Blut angestaut hatte.

Lustlos nahm sie die Tasche vom Sitz hoch, ließ sie gleich wieder auf den Fußboden des Ganges fallen und schleifte sie langsam hinter sich her.

Die Hallen der Volkswerft deuteten unwiderruflich die Ankunft in Stralsund an.

 

STORYTELLING LEBT AUCH VON BESCHREIBUNGEN UND STIMMUNGSBILDERN

Wenn ich einen runden -Text über ein Unternehmen schreiben will, so komme ich gar nicht umhin, Elemente zu verwenden, die auch in belletristischen Erzählungen angewendet werden.

Ich will ja im Storytelling nicht nur ein paar Fakten schildern, die dem Firmenporträt einfach nur angeheftet werden.

Nein, mir geht es auch schon darum, die Stimmung einzufangen, in der ich Gespräche führe, oder, in der ich die zu Interviewenden antreffe.

Das ist nicht immer ganz so einfach, wie ich es hier aufschreibe – zum Beispiel die Atmosphäre mit Worten zu skizzieren, die ich wahrnehme, bevor mein eigentliches Interview überhaupt beginnt.

Kürzlich hatte ich einen Termin in einem kleinen Ort im Barnimer Landkreis.

Mir blieb noch ein wenig Zeit und so hielt ich auf einem Parkplatz an, mitten in der Schorfheide.

Es roch nach den Kiefernzweigen, die sich leicht im Wind bewegten.
Die Ruhe, die sie ausstrahlten, die ging auf mich über.

Und obwohl ab und an ein paar Meter entfernt von mir Autos auf der Straße vorbeirauschten, hatte ich das Gefühl, ich könnte den Stress des Tages hinter mir lassen.

Als ich wieder ins Auto stieg und auf den kleinen vor mir liegenden Ort zusteuerte, da kam Freude in mir hoch, dass ich in dieser schönen und etwas abgelegenen Gegend gleich auf einen interessanten Menschen treffen würde.

Am Ortseingang sah ich kleinere Einfamilienhäuser mit gepflegten Vorgärten.

Alles schien in Ruhe und Ausgeglichenheit gegossen. Ein paar Meter weiter standen Spaziergänger an einem Gartenzaun.

Sie unterhielten sich mit einem älteren Mann, der sich auf seine Harke gestützt hatte und trotzdem noch aus den Augenwinkeln die herannahenden Autos beobachten konnte.

„Wir sind hier ein ruhiger Ort, mit sehr ruhigen Menschen. Bei uns zählt, dass man einander vertrauen kann. Und das ist enorm wichtig für mein Geschäft. Ich selbst bin hier geboren, groß geworden und habe hier meine Familie gegründet“, begann die Unternehmerin zu erzählen.

Das Bild, das ich mir von dem Menschen machen wollte, bekam mehr und mehr Konturen.
Angefangen hatte das alles schon vorher – nämlich als ich in den Ort hineinfuhr.

ZUHÖREN IST HÄRTER ALS REDEN

Wie der Alltag mich manchmal erneut zu Einsichten bringt, die ich längst schon wieder vergessen hatte – nämlich ein besserer Gesprächspartner zu sein, indem ich viel mehr zuhöre und zum Ausgleich dafür weniger rede.

Der Tag begann trüb und ich hatte Mühe, mich an meinen festgelegten Arbeitsplan zu halten.
Ich schaute nach draußen, blickte runter in den Garten und sah, wie der Wind einzelne Blätter auf der Wiese verstreute.

‚Eigentlich müsstest du doch jetzt runtergehen und den Carport vom Laub befreien‘, dachte ich bei mir, während ich den wolkenverhangenen Himmel betrachtete.

Ich schwenkte den Bürosessel zurück an den Schreibtisch, seufzte, weil mir nichts mehr einfiel, was mich ablenken konnte und setzte meine Arbeit vor.

Zwei Stunden später wurde ich müde. Die Augen klappten zu, während ich weiterschrieb.

Schließlich saß ich ja bereits seit kurz nach 5 Uhr am Tisch und kämpfte mich durch meinen Tagesplan.
Ich gab mir einen Ruck, stand auf, zog mir alte Sachen an und ging nach draußen, um den herumliegenden Blättern den Kampf anzusagen.

‚Wieso müssen eigentlich die Blätter von dem Baum da drüben ausgerechnet auf unsere Seite fliegen‘, fluchte ich innerlich, während ich bereits den Besen in der Hand hielt.

Ich machte mich daran, die Straßenseite zu fegen und die Blätter vor mir herzuschieben.

„Hallo, wie geht’s?“, hörte ich hinter mir die vertraute Stimme meines Nachbarn.

„Ach danke, ganz gut. Offensichtlich haben wir ja den gleichen Gedanken“, sagte ich und zeigte auf den Blätterhaufen vor mir, den ich gerade aufgetürmt hatte.

„Ich musste mal raus. Ich arbeite ja jetzt für einen Tag im Homeoffice“, sagte mein Nachbar.

„Donnerwetter. Das ist ja ein Ding, meine Frau hat gestern ebenfalls begonnen von Zuhause aus zu arbeiten. Ebenfalls für einen Tag“, sagte ich zu ihm.

Er ging nicht darauf ein, sondern sprach weiter darüber, wie er seinen Homeoffice-Arbeitsplatz organisiert hatte.

„Mittags machen wir genau eine halbe Stunde Pause“, schob ich schnell einen Satz ein, mitten hinein in seinen Redeschwall.
Wieder keine Reaktion von ihm.

„Arbeitet denn deine Frau ab und zu auch vom Homeoffice aus?“, fragte ich ihn.

„Oh ja, was denkst du denn!“, antwortete er forsch.
„Wir haben alles gut organisiert, schreiben uns auf dem Handy an, wenn wir miteinanderkommunizieren.“

Mein Nachbar war in Plauderlaune. Er weihte mich in die kleinsten Details seines neuen virtuellen Arbeitstages ein.
„Schön, dass wir mal wieder miteinander gesprochen haben“, sagte er zum Schluss.

„Ja, finde ich auch“, entgegnete ich, obwohl ich kaum zu Wort gekommen war.

„Wieso interessiert sich mein Nachbar eigentlich nur für sich?“, fragte ich abends Klara.
„Na warum wohl?“, fragte sie.

„Weil du nie vergessen solltest, dass sich die meisten Menschen vor allem für sich interessieren und nicht für andere“, sagte sie weiter.

„Das stimmt“, antwortete ich.
Wenn ich ehrlich war, so fand ich es ja auch am spannendsten, was ich gerade tat.

Oft genug hämmerte ich mit Worten und vielen Gesten auf Klara morgens beim Frühstück ein, was ich nicht alles für ‚bedeutungsschwangere Projekte in der Pipeline‘ hatte.

Klara hörte sich das stets schweigend an.
Sie sprach nie von ihrer Arbeit, ganz wenig nur und ich fragte nicht danach, weil ich mich mehr für mich interessierte.
Also warum sollte der Nachbar anders sein?

„Weißt du, ich hatte aber den Eindruck, dass ihm unser Gespräch, besser sein Monolog gut gefallen hat“, sagte ich jetzt zu Klara.
„Ja, wenn du ihn für dich gewinnen willst, dann hör‘ ihm weiter mehr zu, viel mehr, als du selber preisgibst“, sagte Klara zu mir und musste sofort lachen.

Sie wusste, wie schwer es mir fiel, nur zuzuhören. Das gelang mir ganz gut, wenn ich zum Interview ging, aber bei privaten Gesprächen war ich auch ganz gern mal an der vorderen ‚Redefront‘.

Ich nahm mir vor, künftig noch mehr an mir zu arbeiten, auch wenn es manchmal hart war, nichts zu sagen, dem Nachbarn nicht ins Wort zu fallen und sich dann noch für seine Probleme zu interessieren, und zwar aufrichtig.

Doch ich wollte es weiter versuchen, ein guter Zuhörer zu sein, möglichst viele Fragen zu stellen und wieder zuzuhören.
Dann wird aus meinem Nachbarn ein noch besserer Freund, als er es ohnehin schon war.

IHR KÜCHENPARTNER – DIETLINDE HOKE

 

Das Küchenstudio wurde am 01.10.2003 in Wriezen unter dem Namen „Ihr Küchenpartner" eröffnet. Inhaberin ist Dietlinde Hoke.
Das Studio befindet sich direkt am Kreisverkehr von Wriezen.

WAS FINDEN SIE IN DEM KLEINEN UND DENNOCH FEINEN STUDIO AUF 50 qm?
– Verschiedene Küchenmodelle,
– Vorschläge zur Einrichtung sowie Ausstattung Ihrer Küche,
– viele Ideen für schönes Wohnen und gutes Kochen.

WAS IST DIETLINDE HOKE WICHTIG?
Kundenservice, der das Wort verdient:
Dietlinde Hoke plant Ihre Küche, und zwar nach Ihren persönlichen Wünschen, Ihren individuellen Vorstellungen, mit viel persönlichem Engagement.

Ein Tischler, mit dem die Inhaberin sehr eng zusammenarbeitet, nimmt die Anpassungen vor – maßgeschneidert.
Dietlinde Hoke vereinbart die Termine mit Ihnen so, dass sie mit Ihrem persönlichen Kalender kompatibel sind.

In den über anderthalb Jahrzehnten hat sie vor allem Kunden im Oderbruch geholfen, deren eigene Küchenträume Wirklichkeit werden zu lassen, in einem fairen Preis-Leistungsverhältnis, mit hochwertigen Materialien, die auch noch umweltverträglich sind.

Dietlinde Hoke kümmert sich um Sie – so lange, bis Sie als Kunde und Kundin zufrieden sind.

WAS SIND IHRE SCHWERPUNKTE IM KUNDENSERVICE?
– Küchen und Einbauküchen, die zu Ihnen passen;
– Küchen umbauen, Küchenumzug;
– Einbaugeräte und Arbeitsplatten austauschen,
– vor Ort das Aufmaß vornehmen, individuell planen, auch zu bei Ihnen zu Hause;
– Lieferung und Montage;
– das Küchenprogramm umfasst verschiedene Markenhersteller und

Modelle – Landhausküchen ebenso wie Fronten in Hochglanz und in Matt.
– die wesentlichen Lieferanten für das Küchenstudio sind Nobilia und Sachsenküchen; im Programm sind zudem auch weitere hochwertige Marken, zum Beispiel AEG, Siemens, Bosch, Oranier, Küppersbusch;
– die Inhaberin stellt Ihnen gern die Details vor – Produkt, Qualität, Materialien und deren Verarbeitung sowie Funktionsweise;
– zuverlässiger Kundendienst;
– Pflege- und Reinigungsmittel und weiteres Zubehör anbieten und liefern;
– Garantieleistungen,

Das Küchenstudio „Ihr Küchenpartner“ gehört zur Gemeinschaft ‚Gute Küchen‘.

WAS IST IHR VORTEIL DABEI?
• hohe Qualität, Preise, die sich am Markt nicht verstecken müssen.
Mehr lesen: www.kuechen-wriezen.de

Die Inhaberin besser kennenlernen: https://uwemuellererzaehlt.de/2020/11/12/menschen-im-alltag-13/

Kontakt:
Ihr Küchenpartner
Wilhelmstraße 57
16269 Wriezen
Telefon: 033 456- 70 902
Telefax: 033 456 – 72 11 45
E-Mail: ihrkuechenpartner@mail.de
Web-Site: www.kuechen-wriezen.de

http://www.kuechen-wriezen.de

Öffnungszeiten:
Di-Fr 10.00-18.00
Montag und Samstag sowie weitere Termine gerne nach Vereinbarung
0333456 – 70 90 2 oder 0160 – 91111 552