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FÜR MEHR LEBENSQUALITÄT – TROTZ MUSKELERKRANKUNG PFLEGEDIENST GEGRÜNDET

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INTERVIEW MIT DIKR BÖHLENDORF

12.05.2017

Dirk Böhlendorf ist der Geschäftsführer und Inhaber des Fachpflegedienstes ITS Home.

Herr Böhlendorf, können Sie ein paar Abschnitte Ihrer beruflichen Entwicklung schildern, bevor Sie Ihren eigenen Pflegedienst gegründet haben?
Ich habe 1988 mein Abitur in Birkenwerder gemacht. Danach habe ich Betriebswirtschaft studiert.

Wie lange?
Von 1988 bis 1992. Das war übrigens ein Fernstudium an der Fachschule für Betriebswirtschaft Rodewig, in der Außenstelle Berlin.

Wo haben Sie in dieser Zeit gearbeitet?
In einer kommunalen Wohnungsverwaltung im EDV-Bereich.
Später war ich dann für 6 Jahre Softwareentwwickler in einer Unternehmensberatung.

Warum haben Sie dort aufgehört?
Die Projekte wurden immer größer und ich musste viel unterwegs sein. Das wollte ich nicht mehr.

Herr Böhlendorf, Sie sitzen vor mir in einem Rollstuhl, sind in Ihrer Bewegung mit den Händen eingeschränkt. Darf ich Sie fragen, wie es dazu gekommen ist?
Ich leide seit meiner Kindheit an einer Muskelerkrankung und war deshalb schon früh an den Rollstuhl gefesselt. Das war übrigens die entscheidende Inspiration dafür, einen eigenen Pflegedienst zu gründen.

Können Sie das näher erläutern?
Nun, ich war gezwungen, mir über meine eigene Vorsorge in den kommenden Jahren Gedanken zu machen.

Außerdem: Es kamen Leute auf mich zu, die fragten, ob ich nicht auch für sie die Vorsorge organisieren könnte.

Ich dachte darüber nach und kam zu dem Schluss, dass der Aufwand, also die Quantität, in so einem Fall natürlich zunehmen,
jedoch die Ansprüche an die Qualität gleichbleiben würden.

Und deswegen hatten mich die Menschen ja eigentlich auch angesprochen – nämlich auf höchstem Niveau versorgt zu werden.

Herr Böhlendorf, kann man das als Initialgedanken dafür verstehen, dass Sie Ihren eigenen Pflegedienst gründeten?
Ja, definitiv. Die Besonderheit gegenüber anderen Pflegediensten bestand darin, dass ich selbst versorgt und betreut werden musste.

Ich hatte sozusagen die Innenansicht davon, wie Pflege und Betreuung ankommt.

Dem Alltag mehr positive Energie abringen - darüber schreibt der Autor Max Krone in seinem Buch 'Positive Psychologie für ein glückliches Leben' 

Wann haben Sie den Pflegedienst ITS-Home gegründet?
Das war vor 5 Jahren, 2012.

Wenn Sie zurückdenken, was ist Ihnen besonders schwer gefallen, als Sie ITS-Home gründeten?
Eigentlich alles.
Wie gesagt, ich hatte ja die andere Perspektive.

Ich wollte ein Maximum an Lebensqualität.
Die Angebote dazu haben nicht meinen Vorstellungen entsprochen.
Es war nicht das Standardgeschäftsmodell, was mir vorschwebte.

Sondern?
Wir wollten möglichst viele Leistungen für unsere Kunden erbringen. Das sind aber eben auch hohe Kosten, die dadurch entstehen.

Diesen Mehraufwand bezahlen natürlich die Leistungsträger nicht. Und: Die Anforderungen an die Mitarbeiter sind deutlich höher.

Welche meinen Sie?
Die Anforderungen an die Integrität, die Bereitschaft, Verantwortung zu übernehmen und natürlich die fachlichen Anforderungen, die sind sehr hoch.

Können Sie das an einem Beispiel erläutern?
Ich will das noch deutlicher sagen: Wir stellen fachlich hohe Anforderungen. Zugleich muss der Mitarbeiter aber auch Verantwortung übernehmen wollen.

Im Krankenhaus haben Sie bei schwierigen Situationen immer jemanden, den Sie fragen können.

Bei uns hingegen treten Situationen ein, in denen schnell gehandelt werden muss und der Mitarbeiter ist zudem auf sich allein gestellt.

Dann brauchen wir Menschen mit Sachverstand, Herz und einem ausgeprägten Willen zum Handeln – immer zum Wohle des Patienten.

Oder: Nehmen Sie die Tatsache, dass der Patient mal in den Urlaub fahren will, vielleicht für 2-3 Tage.

Dafür ist ein enormer Aufwand nötig – logistisch, personell. Die Mitarbeiter, die den Patienten ansonsten im Alltag versorgen – die müssen ja auch mit. Das ist für sie nicht nur ein physischer Aufwand, psychisch ist das ebenfalls nicht einfach.

In der Familie des Mitarbeiters ist vielleicht ein kleines Kind. Sie können in dieser Zeit zum Beispiel abends nicht nach Hause,
sich um ihre eigene Familie kümmern, sich mit dem Kind beschäftigen.

Grundsätzlich muss man für alles gerüstet sein.
Das schüttelt man nicht „aus dem Ärmel“.

Ist das denn nötig, eine solche Reise zu unternehmen?
Sehen Sie, das ist es, was wir meinen, wenn wir von maximaler Lebensqualität sprechen.

Da gehört das eben mit dazu.
Ein weiteres Beispiel dafür, wie wir uns um hohe Lebensqualität für unsere Patienten bemühen:

Im Ludwigspark betreuen wir in einer Wohngemeinschaft sechs Bewohner.

Wir kaufen dort persönlich ein, kochen täglich frisch.
Wir wollten nicht auf das Essen auf Rädern zurückgreifen – wir wollten es geschmacklich noch individueller, frischer, einfach hochwertiger.

Das bedeutete aber zusätzlich mehr Betreuungskräfte zu beschäftigen.

Was haben Sie in dem Fall konkret unternommen?
Wir haben zusätzlich eine Wirtschaftskraft eingestellt – für 6 Stunden am Tag.

Das sind aber Kosten, die wir oft nicht gegenfinanziert bekommen, zumindest nicht zu 100 Prozent.
Also bezahlen wir das sozusagen aus der „eigenen Tasche“.

Wie würden Sie die Zusammenarbeit im Team beschreiben?
Wir ergänzen uns gut. In der Wohngemeinschaft finden wir zum Beispiel unterschiedliche Mentalitäten und Charaktere unter den Bewohnern vor.

Und für jeden dieser Bewohner haben wir den richtigen Ansprechpartner von unserer Seite aus. Wir nehmen uns viel Zeit, um über die Bedürfnisse, Fragen, auftretenden Problem der Bewohner zu sprechen, tauschen uns untereinander intensiv darüber aus.

Was passiert eigentlich mit den Bewohnern, deren Gesundheitszustand sich verbessert hat?
Grundsätzlich ist das ein Ausdruck dafür, dass wir im Team aller an der Betreuung und Versorgung Beteiligten eine gute Arbeit für den Patienten geleistet haben. Es gibt dennoch dabei eine Kehrseite.

Was meinen Sie damit?
In dem Moment, indem sich der Gesundheitszustand des Patienten verbessert hat, enden bestimmte Leistungen.
Sie werden dann nicht mehr von der Pflegekasse bezahlt.

Das sind die Grenzen für unsere Philosophie, nämlich für die Maximierung der Lebensqualität zu sorgen.

In der Wohngemeinschaft haben wir ein ungeheuer hohes Maß an Versorgung und Betreuung. Im Schnitt kümmert sich ein Mitarbeiter um drei Patienten. In der häuslichen Betreuung ist das Verhältnis sogar 1:1.

Verbessert sich nun der Zustand, dann geht die 24-Stunden Versorgung auf die dann vom Standard infrage kommenden Leistungen der Pflegeversicherung über.

Hier arbeiten wir an einer Modellvariante, die so etwas auffängt und entsprechend weiterführt. Das steckt jedoch noch in den Anfängen der Konzeption und wir müssen ja auch die entsprechenden Leistungsträger dafür gewinnen und überzeugen.

Wo sehen Sie außerdem Entwicklungspotenzial für die Zukunft?
Wir wollen die Wege zu unseren Patienten optimieren. Das heißt, wir konzentrieren uns auf Berlin, da wo unsere Kunden sind – in der Mehrzahl in Berlin – Buch.

Des Weiteren: Ich glaube, wir können künftig mehr im Bereich der Assistenzpflege tun – also für noch mehr Entlastung bei den Angehörigen sorgen.

Das bedeutet, mehr Pflegefachkräfte und Pflegehelfer einzusetzen, stets abgestimmt auf die individuellen Bedürfnisse der Kunden.

Herr Böhlendorf, ich danke Ihnen für das Gespräch.

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VON DER TECHNISCHEN ASSISTENTIN ZUR LEITERIN EINER SENIORENWOHNGEMEINSCHAFT

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Interview mit Viola Lehmann - Inhaberin der Seniorenbetreuung in Potsdam.

Frau Lehmann, wie verlief Ihr beruflicher Werdegang vor der Gründung der Seniorenwohngemeinschaft?
Ich war chemisch- technische Assistentin im Ernährungsinstitut in Potsdam – Rehbrücke.

Nach der Wende musste ich mich – wie viele in Ostdeutschland- umorientieren. Ich bin in ein Seniorenheim nach Lietzensee als Pflegehelferin gegangen.

Das war 1991. Dort habe ich bis 1999 gearbeitet.  In dieser Zeit habe ich auch eine Altenpflegeausbildung absolviert – in Hermanns – Werder in der Hofbauerstiftung. Das gehört zu Potsdam.

Als ich examinierte Altenpflegerin war, fiel mir auf, dass die Ausbildung wenig mit dem zu tun hatte, was in der Praxis ablief.

Wie meinen Sie das?
Damals war es noch so, dass es vor allem darum ging, die Leute zu waschen, zu pflegen, ihnen Essen zu geben. Von individueller Betreuung konnte da keine Rede sein. In der Zeit lief im Verlaufe einer Weiterbildung ein Film.

Es ging um eine Seniorenwohngemeinschaft. Ich vergesse das nicht: Da saßen zwei ältere Damen am Tisch. Sie waren beide dement. Die Dame bot der anderen an, ihr Kaffee einzugießen.

Sie vergaß aber,  den Deckel der Kaffeekanne aufzuschrauben. Und so konnte sie auch keinen Kaffee eingießen. Also stellte sie die Kanne auf den Tisch zurück.

Normalerweise hätte jetzt die Betreuerin eingegriffen und den Deckel der Kaffeekanne aufgeschraubt. Hier war es anders.
Die ältere Dame überlegte und plötzlich griff sie erneut zur Kanne und schraubte den Deckel auf.

Sie hatte also die Zeit gehabt, zu überlegen. Eine einfache Geschichte. Aber wirkungsvoll aus Sicht der Aktivierung und der Möglichkeit, den Bewohnern die Zeit zu lassen, die sie brauchen. Das hat mich sehr beeindruckt.

Dr. Lucy Pollock"Das Buch über das Älterwerden"  

War das die Initialzündung dafür, als selbstständige Unternehmerin in die Pflege zu gehen?
Ich denke schon. Im Heim war es ja unmöglich, so etwas umzusetzen.

Ich habe danach ziemlich schnell mein eigenes Konzept geschrieben, wie ich eine Seniorenwohngemeinschaft gründen kann.
Den meisten Banken war mein Konzept aber nicht interessant genug.

Hätte ich eine Million gewollt, ich glaube, ich hätte sie eher bekommen als die Finanzierungsbewilligung für ein kleines Projekt der Seniorenwohngemeinschaft.

Ich war sogar in der Zeit zu einer Fernsehsendung eingeladen, in der der Politiker Elmar Pieroth mitdiskutierte. Es ging um Unternehmertum.

Die Berliner Volksbank war ebenfalls in der Sendung mit anwesend. Der Vertreter der Bank sprach davon, wie sie selbstständige Unternehmer bei ihren Vorhaben unterstützen.

Die gleiche Bank also, die mich abgelehnt hatte, sprach hier von großzügiger Unterstützung. Das habe ich dem Vertreter auch nach der Sendung direkt gesagt.

Und hat es geholfen?
Ja. Ich bekam die Gelegenheit, mein Konzept noch einmal einzureichen und erhielt eine Zusage.

Wie ging es weiter?
Dann habe ich sofort losgelegt. Ich habe eine entsprechende Wohnung gesucht, in der vier Bewohner untergebracht werden konnten.

Das war im November 2001. Es ging ja um eine24 – Stunden – Betreuung.  Ich habe mit einer Mitarbeiterin angefangen. Und zwar montags bis freitags hat meine Mitarbeiterin von 08.00 – 16.00 gearbeitet und die restliche Zeit ich.

Später kam die nächste Wohngemeinschaft. Zurzeit haben wir zwei Demenzgruppen mit insgesamt 14 Bewohnern und 14 Mitarbeiter.

Was ist Ihnen am Anfang leicht gefallen und wo hatten Sie Schwierigkeiten?
Es war anfangs schwer, Kunden zu finden. In meinem Haus wohnte eine Dame, die alleine nicht mehr klar kam.

Ihre Betreuerin hatte sich entschieden, mich mit der Versorgung und Pflege zu beauftragen. Das positive Feedback aus dieser Betreuung hat sich herumgesprochen.

Leicht gefallen ist mir die Pflege, die Freude daran, mit alten Menschen umzugehen. Und die Tatsache, dass ich keinen Zeitdruck mehr hatte, wirkte sich positiv auf die Qualität der Arbeit aus.

Was macht Ihrer Meinung nach ein starkes Team aus?
Die Mitarbeiter müssen sich nicht lieben und sie sollen  untereinander auch nicht heiraten.

Sie müssen aber miteinander klarkommen und die Probleme möglichst gemeinsam und nicht gegeneinander klären.  Das ist ein wichtiger Punkt, der ein starkes Team ausmacht.

Wo sehen Sie Gründe für den mitunter schlechten Ruf von Pflegediensten in der Öffentlichkeit?
Es  wird meines Erachtens noch zu wenig Positives berichtet und eher das Negative hervorgehoben – medial.

Was hat sich für Sie seit der Gründung Ihrer Seniorenwohngemeinschaft geändert?
Ich war vor 15 Jahren noch blauäugiger. Im Moment drückt die bürokratischen Auflagen, die sehr aufwändige Dokumentation.

Was macht für Sie individuelle Betreuung aus?
Sich um die Menschen kümmern heißt, sich individuell für sie zu interessieren, für sie persönlich zu sorgen.

Es darf keine Uhr dahinter sein, wenn wir unsere Bewohner betreuen. Zu mir kommen heute Interessenten, denen wir empfohlen wurden.

Das passiert nur bei einer sehr persönlichen Betreuung und Pflege – da sind Bewohner und die Angehörigen sehr zufrieden.

Was sagen Sie zur Generalistik in der Pflegeausbildung?
Ich glaube, das ist der falsche Weg. Wir sollten die Ausbildung getrennt lassen.

Warum?
Weil wir sonst gar keine Mitarbeiter mehr für die Altenpflege finden.

Was ist für Sie persönlich Glück?
Wenn es meinen Mitarbeitern gut geht.

Frau Lehmann, vielen Dank für das Gespräch.

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INTERVIEW MIT BARBARA WENDERS

MENSCHEN IM ALLTAG-2017.03.16

Barbara Wenders ist Mitinhaberin und Pflegedienstleiterin des ambulanten Pflegedienstes EPIS in Duisburg.

Frau Wenders, Sie gehen in das zwanzigste Jahr des Bestehens Ihres Pflegedienstes. Wann wurde der Pflegedienst genau gegründet?
Am 01.10.1996. Er wird also im Oktober (2016 der Autor) 20 Jahre alt.

Was ist Ihnen am Anfang leicht gefallen und wo hatten Sie Schwierigkeiten, hineinzuwachsen?
Am schwierigsten war es, die betriebswirtschaftlichen Abläufe zu beherrschen – mit den Steuern und Abrechnungen klarzukommen.
Überhaupt war die ganze Verwaltungssache etwas, wo ich noch recht unerfahren war.

Ich habe mich da autodidaktisch hineinbegeben müssen.
Das alles bekam für mich später einen strukturierten Hintergrund, nämlich als ich eine Ausbildung zur Pflegedienstleitung für ambulante Dienste absolvierte.

Da waren diese fachlichen Inhalte im Lehrprogramm mitenthalten.
Erschwerend kam damals hinzu, dass wir mit dem ersten Steuerberater erhebliche Probleme hatten.

Er kannte die Materie nicht. Wir haben dann zu einer anderen Steuerberatung gewechselt. Danach lief es gut und wir bekamen den kaufmännischen Part in den Griff.

Wie verlief Ihr beruflicher Werdegang vor der Gründung des Pflegedienstes?
Ich habe mit 16 Jahren die Schule verlassen, nach dem Abschluss der zehnten Klasse.

Danach war ich in einem katholischen Krankenhaus in Berlin –  Friedrichshagen.

Dort begann ich ein praktisches Jahr. Das musste sein, da ich sonst keine Ausbildung an einer staatlichen Schule für Krankenschwestern hätte absolvieren können.

Nach drei Jahren habe ich die Schule abgeschlossen.
Kurz danach wurde ich schwanger. Ich ging nach Neustrelitz und habe dort in dem städtischen Krankenhaus gearbeitet.

1982 wurde meine erste Tochter geboren. Wiederum später bin ich in ein städtisches Krankenhaus nach Berlin – Mitte gegangen.

Ich hatte inzwischen zwei Kinder und konnte nicht mehr im Schichtsystem als Krankenschwester arbeiten und bin in die Verwaltung eines Betriebsgesundheitswesens gewechselt.

Zur gleichen Zeit begann ich eine Fortbildung zum Ökonomen des Gesundheits- und Sozialwesens.

Wie ging es weiter?
Im Oktober 1989 bin ich aus der damaligen DDR in die Bundesrepublik geflohen – über die grüne Grenze.

Wir sind in Duisburg gelandet. Dort lebte eine Freundin von mir.
Zunächst begann ich  in einer Sozialstation zu arbeiten.

Dort war ich anderthalb Jahre. Die Arbeit hat mich einiges gelehrt.
Aber die Bedingungen waren schlecht.

Können Sie das erklären?
Ja. Wir haben faktisch im Akkord gearbeitet – 25 Patienten, die auf einer Tour zu versorgen waren. Deshalb gab es  auch eine hohe Fluktuation.

Es war immer jemand krank gemeldet. Der Stress war einfach zu groß. Und  jeder hat nur gewartet, bis ein anderer Kollege wieder da war und, um sich anschließend selbst krank zu melden.

Für mich waren das keine Zustände – weder für die Patienten noch für uns als Mitarbeiter. Schließlich habe ich gekündigt.

Und dann?
Ich ging zurück ins Krankenhaus und habe knapp zwei Jahre Nachtschichten gemacht.

Das war sehr hart für mich. Ich kam schwer damit klar. Deshalb wechselte ich wieder in einen ambulanten Pflegedienst. Dort lernte ich übrigens meinen zweiten Mann kennen.

Was war das ausschlaggebende Motiv, selbst einen Pflegedienst zu eröffnen?
Na ja, mein Mann und ich haben uns überlegt: Das können wir auch selbst organisieren. Also haben wir den Schritt im Oktober 1996 gewagt.

Wir begannen damit Patienten zu betreuen, die künstlich ernährt werden mussten. Das waren zum Beispiel Menschen mit einer HIV- Infektion, oder Krebspatienten.

Mit der Entwicklung unseres Pflegedienstes kamen andere Bereiche hinzu. Wir haben nach und nach alle wichtigen Leistungsbereiche in der Pflege angeboten,  waren sozusagen mit der Zeit ganzheitlich im Portfolio aufgestellt.

Was hat sich geändert gegenüber 1996, wenn Sie heute die Pflege und Betreuung ansehen?
Wenn ich noch an die Sozialstation denke, wo ich vor über zwanzig Jahren begonnen habe – und jetzt unsere Art zu pflegen und zu betreuen sehe, dann weiß ich – da liegen einfach Welten dazwischen.

Wir haben einen Familienbetrieb aufgebaut. Das macht schon stolz. Unsere beiden Töchter arbeiten hier.

Und wir haben eine sehr geringe Mitarbeiterfluktuation bei uns. Ich denke, das liegt daran, dass sich in den vergangenen Jahren ein sehr gutes Team zusammengefunden hat.

Mitarbeiter, die wie wir engagiert sind. Wir haben zum Beispiel eine Pflegedienstleiterin, Frau Thyssen – Fett: Sie ist echt eine Perle.

Wir haben schon manchmal scherzhaft gesagt: Wenn sie aufhört, dann machen wir unsere Einrichtung zu.Oder: Es gibt eine Mitarbeiterin, die bereits 19 Jahre mit uns zusammenarbeitet.

Andere sind ebenfalls bereits über 10 Jahre oder eben sehr lange bei uns. Das bekommen Sie doch nur hin, wenn das Klima stimmt, die Leute sich einfach wohlfühlen.

Die Firma ist heute der älteren Tochter überschrieben – Maria Spellier. Sie  hat inzwischen zusätzlich eine Ausbildung zur Qualitätsmanagerin gemacht.

Die jüngere Tochter Stefanie ist Altenpflegerin und macht gegenwärtig eine Ausbildung zur Praxisanleiterin.

Wie war die Zusammenarbeit mit Ihrem Mann?
Die Zusammenarbeit war sehr gut. Er war der Praktiker. Ihn hat nie die Verwaltung interessiert, sondern nur die Pflege und Betreuung.
Ich musste mich also darum allein kümmern.

Und es war nicht leicht am Anfang alles unter einen Hut zu bekommen – die Pflege, die Verwaltung, die Mitarbeiterführung und die Erziehung der Kinder.

Aber mein Mann war ein Fachexperte, ging einfach in seinem Beruf auf und hat mir auf seine Weise viel Kraft gespendet und den Rücken gestärkt. Heute ist er in Rente.

Was ist  aus Ihrer Sicht der Grund, dass es in anderen Einrichtungen und Pflegediensten nicht so klappt, der Ruf mitunter eher schlecht ist?
Wissen Sie, es gibt immer schwarze Schafe. Oft kann der einzelne Mitarbeiter dafür ja gar nichts.

Wenn zum Beispiel zu einem Kunden stets andere Mitarbeiter kommen.  Oder: Die Zeiten sind stets unterschiedlich, zu denen die Pflegebedürftigen besucht werden.

Dann bekommen die Pflegebedürftigen natürlich einen schlechten Eindruck von dem Pflegedienst, der dafür zuständig ist.

Was sagen Sie dazu, die Ausbildung jetzt generalistisch zu organisieren?
Es gibt Aspekte, die dafür sprechen und Argumente dagegen.

Welche?
Dafür spricht sicherlich, die Ausbildung in Gesundheit und Pflege weiter zu vereinheitlichen, sie stärker in der Gesellschaft aufzuwerten, junge Leute für den Beruf zu gewinnen.

Und dagegen?
Weiter diskutieren sollte man: Was ist zum Beispiel, wenn ein kleiner ambulanter Pflegedienst einem Auszubildenden die Pflege und Betreuung im Alltag nahe bringen will, der jedoch zum Praktikum ins Krankenhaus geht?

Wie ausgewogen wird das zum Beispiel organisiert? Müssen wir eventuell eine junge Fachkraft später nachqualifizieren,
weil die praktischen Fähigkeiten und Fertigkeiten für die Pflege nicht ausreichen?

Das ist ja auch eine wirtschaftliche Frage.
Ich denke, hier brauchen wir noch mehr Klarheit.

Was macht für Sie individuelle Pflege und Betreuung aus?
Wichtig ist für uns die Bezugspflege – jeder Kunde soll wissen, wer für ihn zuständig ist. Das schafft Vertrauen.

Individuell pflegen und betreuen heißt für uns, die wirklichen Wünsche und Bedürfnisse der Menschen zu respektieren,
also das, was er an Hilfebedarf benötigt. Es sind ja nun auch zusätzliche Beratungsbesuche bei Veränderungen der Pflegesituation möglich.  Das war früher nicht so.

Es gibt mit der Einführung der neuen Begutachtungsrichtlinien ab nächstes Jahr ganz andere Möglichkeiten, die Situation der einzelnen Pflege-  und Hilfsbedürftigen spezifisch zu erfassen.

Allein die Eingangsfragen, die hier gestellt werden führen zielgenauer dorthin, wo die wirklichen Probleme der einzelnen Menschen liegen – zum Beispiel:  Was ist das Hauptproblem der Pflegesituation? Was würden Sie sofort ändern, wenn Sie es könnten? Welche Informationen könnten helfen?

Das sind nur einige wenige Beispiele. Wir werden das alles sehr genau in den nächsten Wochen und Monaten mitverfolgen
und in unserem Bereich umsetzen – für die weitere Verbesserung der Pflegequalität für unsere Kunden.

Frau Wenders, ich danke Ihnen für das Gespräch.

INTERVIEW MIT EVA HILLEBRECHT

MENSCHEN IM ALLTAG-2017.03.01

Eva Hillebrecht, Inhaberin des Pflegedienstes
Danz Consult in Kassel

Das Interview wurde am 24.02.2016 geführt

Frau Hillebrecht, Sie haben über zweieinhalb Jahrzehnte im medizinischen Dienst gearbeitet, bevor Sie in die Pflege gewechselt sind.
Welche Erfahrungen aus diesem Bereich haben Ihnen später in der Pflege besonders genutzt?

Ich habe im Laufe der Jahre auf verschiedenen Stationen gearbeitet – Allgemeinchirurgie, Unfallchirurgie, HNO, Augen, Urologie und Orthopädie. Meine Erfahrung war, dass der Patient nicht wirklich im Mittelpunkt des Interesses stand. Das klingt hart, war aber so.

Können Sie das mal näher erläutern?

Ja. Ich erinnere mich an einen Fall, da ging es um einen Patienten, der Krebs hatte.

Er wollte sehr gern nach Hause, um die letzte Zeit im Kreise seiner Lieben zu verbringen. Da es sich um ein urologisches Leiden handelte, musste täglich gespült werden.

Angeblich ging das nur im Krankenhaus auf der Station. Doch ich erkundigte mich und fand heraus, dass es einen 5- Liter Beutel für diese Zwecke gab.

Die Spülung für den Patienten hätte also auch von Zuhause aus bewerkstelligt werden können. Als ich dies dem Chefarzt vortrug, fuhr dieser mir über den Mund: „Sie verstehen als Schwester davon nichts!“

Hier sprachen „Götter in Weiß“ und ich hatte keine Chance, dagegen anzugehen. Es ging ja gar nicht um mich: Auf der Strecke blieb der sehnlichste Wunsch des Patienten, nämlich die ihm verbleibende Zeit im häuslichen Umfeld zu verleben.

Und ein weiteres Beispiel:  Ein betagter Patient, um die 90 Jahre, sollte operiert werden. Das bedeutete aber eine relativ intensive Nachbehandlung, die eine Selbstbeobachtung durch den Patienten einschloss.

Bei einem Menschen in diesem Alter war das insgesamt aus meiner Sicht ein sehr riskantes Unterfangen.  Also ging ich zum Chefarzt und machte ihn auf mögliche Komplikationen aufmerksam. Das alles brachte nichts.

Denn: In der Operation sollte eine neue OP- Technik zum Einsatz kommen. Eine Methode, die sich in der Praxis bewähren sollte. Das ist soweit in Ordnung.

Nur: Ich hätte mir gewünscht, dass die individuelle Situation des Patienten mehr ins Kalkül gezogen worden wäre.

Sie haben in einer Übergangszeit sowohl im Krankenhaus gearbeitet und ebenfalls in einem ambulanten Pflegedienst, ist das richtig?

Ja, 1989 gab es eine Zeit, wo wir ein Haus zu finanzieren hatten. Da brauchte ich das Geld.

Also machte ich eine Frühschicht im Krankenhaus und eine Spätschicht in einem ambulanten Pflegedienst.

War das überhaupt zu schaffen für Sie?

Ja, das war es. Aber es war auch sehr anstrengend.

Sie hatten doch in dieser Zeit einen direkten Vergleich, oder?

Auf jeden Fall. Das hat auch meinen Entschluss gefördert, ganz in die Pflege zu gehen.

Ich konnte mich im unmittelbaren Vergleich davon überzeugen: Im Pflegedienst stand der Patient, der zu Pflegende viel stärker im Fokus des täglichen Handelns.

Wie beurteilen Sie die Tatsache, dass die Ausbildung zum Altenpfleger und Krankenpfleger generalistisch erfolgen soll?

Ich finde das gut. Ich glaube, die Spezialisierung wird ohnehin in den späteren Jahren eine immer währende Herausforderung sein.

Da wird wohl keiner in seinem Berufsleben drum herum kommen. Doch zunächst sollten die gleichen Grundlagen gelehrt werden.

Gibt es irgendwas, was mehr beachtet werden sollte in der Ausbildung?

Ich denke, die ethische Bildung sollte einen noch viel größeren Stellenwert einnehmen. Zu sehen, was ein Pflegebedürftiger für Wünsche und Bedürfnisse hat, das kann man nur, wenn man nicht wegschaut oder weghört.

Im Gegenteil: Sich in den anderen Menschen hineinversetzen, emphatisch sein – ich glaube, das muss in die Ausbildung miteinfließen.

Wie entspannen Sie sich?

Ich habe meinen Hund. Das ist ein Golden Retriever. Eine Hündin und ihr Name ist Nila.  Nila lenkt mich ab auf meinen Spaziergängen und macht mir auch so sehr viel Freude.

Des Weiteren: Ich fahre gern in Wellness – Urlaube und entspanne mich. Ich möchte in einen längeren Urlaub fahren, eine Fernreise machen. Ich glaube, das ist auch mal wieder wichtig.

Übrigens: Ich komme aus dem Roten Kreuz, war dort Krankenschwester. Meine damalige Oberin hat etwas gesagt, womit sie meine Frage nach einer Lohnerhöhung zu unterdrücken versuchte: „Der Lohn meiner Arbeit ist, dass ich arbeiten darf!“

Inzwischen sehe ich diesen Satz als etwas sehr Positives an:  Mein größtes Glück ist es tatsächlich,  für andere Menschen zu arbeiten und ihnen zu helfen. Das steht für mich im Vordergrund. Ich glaube, dass ich damit sicher einer aussterbenden Spezies angehöre.

Danz-Consult – da ist das Wort Beratung enthalten.  Worauf kommt es Ihnen in der Beratung an?

Die Patienten und die Angehörigen möchten viel Hintergrundwissen. Also, wie das alles zu finanzieren ist, was Sie im Detail für Leistungen bekommen.  Das liegt mir sehr am Herzen, nämlich das Optimale für den Einzelnen zu konzipieren.

Und läuft das stets problemlos?

Natürlich nicht. Gerade wenn es um die Finanzen geht.
Manchmal höre ich den versteckten Vorwurf: ‚Sie planen mit unserem Erbe‘

Und was sagen Sie dazu?

Naja, die Leistungsinhalte sind ja im Sozialgesetzbuch genau beschrieben.

Und wenn jemand privat darüber hinaus noch Betreuung möchte, ja dann sind das eben Privatleistungen. Und die müssen auch bezahlt werden. Ich muss ja meine Mitarbeiter ebenfalls dafür entlohnen. Doch sind das  Ausnahmen.

Da hilft das offene und ehrliche Gespräch. Und danach kann man ein Paket schnüren, mit dem dann alle leben können.

Außerdem: Inzwischen gibt es ja mit dem Pflegestärkungsgesetz I seit Januar 2015 die Möglichkeit,  weitere  Betreuungs- und Entlastungsleistungen anzubieten, die über die Pflegekasse abgerechnet werden können.

Alles redet über individuelle Pflege. Woran machen Sie das fest?

Das ist das Schwerste, hier die richtigen Antworten zu finden. Im neuen Pflegebedürftigkeitsbegriff ist ja einiges dazugesagt.

Für mich ragt ein Grundsatz heraus: Die Kunden haben ein Recht darauf, so zu sein wie sie sind.

Das ist ein gutes Schlußwort. Frau Hillebrecht, ich danke Ihnen für das Gespräch.

MENSCHEN IN DER PFLEGE

Mehr lesen:

https://uwemuellererzaehlt.de/2022/01/02/menschen-im-alltag-2017-2021/

WARUM ÜBER BETREUUNG VON MENSCHEN SCHREIBEN, DIE IN IHRER ALLTAGSKOMPETENZ EINGESCHRÄNKT SIND?

MENSCHEN IM ALLTAG-2017.02.28

Die Anzahl der Menschen, die an Demenz erkranken, von eingeschränkter Alltagskompetenz betroffen sind, wächst weiter rasant

Der Anteil älterer Menschen an der Bevölkerung insgesamt nimmt zu. Er wächst schneller, als dass wir es nur auf die gestiegene Lebenserwartung zurückführen können.

Der rasante Geburtenrückgang in den vergangenen Jahren und Jahrzehnten ist der zweite und nicht weniger wichtige Grund für diese Entwicklung.

Beide Entwicklungen stellen die Gesellschaft und vor allem die Pflegenden vor enorme neue Herausforderungen.

Der bislang kontinuierlich gewachsene Anstieg der durchschnittlichen Lebenserwartung und die damit verbundene Zunahme der Älteren und Hochbetagten geht einher mit der ebenfalls größer werdenden Zahl derjenigen unter ihnen, die an Demenz erkranken.

Erkrankungsrisiko plus steigende Lebenserwartung – zwei Faktoren für mögliche Demenz oder eingeschränkte Alltagskompetenz

Menschen mit einer höheren Lebenserwartung sind ohnehin bereits stärker der Gefahr ausgesetzt, die sogenannte Alltagskompetenz einzubüßen – ein weiterer, nicht unerheblicher Faktor, der zum allgemeinen Erkrankungsrisiko noch hinzukommt.

Berechnungen, empirische Studien gehen von rund drei Millionen Menschen aus, die in 2050 in einer bestimmten Form davon betroffen sein werden.

(Vgl. dazu: http://www.bundesgesundheitsministerium.de/ministerium/meldungen/2016/sechster-pflegebericht.html – abgerufen – Donnerstag, 12. Januar 2017, 10.33 Uhr; Download PDF, S. 20-22)

Betreuungs- und Entlastungsleistungen, Tagespflege und Senioren-Wohngemeinschaften gewinnen in diesem Zusammenhang an Bedeutung.

 

MENSCHEN IN DER PFLEGE

RÜCKBLICK: INTERVIEW MIT SUSANNE ROSENBERGER

MENSCHEN IM ALLTAG-2017.02.28

Frau Rosenberger, bereuen Sie den Tag, an dem Sie den Entschluss gefasst haben, in die Pflege zu gehen?

Also ich bereue das auf keinen Fall. Natürlich gibt es immer Momente, die nicht so schön sind. Aber die gibt es überall.

Ich kann mit Bestimmtheit sagen: Die Pflege, das ist mein Leben.
Das Zusammenspiel mit allen im Team macht das Besondere aus. Es ist nicht ein einzelner Baustein.

Es ist das Puzzle, was jeden Tag aufs Neue zusammengesetzt werden muss – im Team, im Gespräch mit den Angehörigen und den Pflegebedürftigen.

Das Besondere an diesem Beruf ist: Wir gehen mit Menschen um, die unserer Hilfe bedürfen.

Und wenn ein dankbarer Blick kommt oder ein Lächeln des Pflegebedürftigen, ja dann ist das schon wahres Glück.

Wir schieben nicht nur die Papiere von links nach rechts. Das muss ich natürlich auch. Aber alles, was wir tun, das ist für die Menschen, die wir pflegen und betreuen. Ich bereue nichts und möchte auch nichts anderes machen.

Wo sind Sie aufgewachsen?

In Castrop Rauxel.

Welchen Bildungsweg haben Sie genommen?

Ich habe Abitur gemacht. Danach habe ich eine Ausbildung zur Krankenschwester durchlaufen.

Ich war dann anschließend im Augusta Krankenhaus in Bochum tätig – auf einer Intensivstation in der Chirurgie.

Wie lange waren Sie dort?

6 Jahre.

Wie sind Sie zur Pflege gekommen?

Durch meine Oma. Sie war Altenpflegerin in einem Altenheim und führte dort nebenbei eine Schneiderstube.

Später wurde meine Oma schwerkrank. Mein Vater und ich haben sie bis zum Schluss begleitet.

Danach kam meinem Vater und mir der Gedanke, einen Pflegedienst zu gründen. Mein Vater hat dafür noch einmal umgeschult und eine Ausbildung zum Altenpfleger absolviert.

2000 war es dann so weit und wir haben den heutigen Pflegedienst eröffnet.

Was belastet Sie, wenn Sie heute an die Pflege denken?

Beflügelndes und Bedrückendes – beide Momente liegen oft dicht beieinander. Mir liegt die Palliativpflege sehr am Herzen. Das gibt es natürlich sehr traurige Momente.

Was bedrückt Sie da ganz besonders?

Während der Palliativpflege werden wir ein Teil der Familie.
Und wenn Sie dann eine Mutter im Sterben begleiten, die erst 42 Jahre alt ist und Kinder hinterlässt, dann ist das sehr bitter – auch für uns als professionelle Begleiter. Aber es gibt auch viel Positives.

Was meinen Sie?

Nun, man sieht die eigenen Sorgen und Nöte in einem anderen Licht.
Sie erscheinen einem so unwichtig und klein angesichts dessen, was andere Menschen durchmachen.

Und: Es ist ein ungeheurer Reichtum, Menschen auf ihrem letzten Weg zu begleiten.

Manch einer spricht darüber, was er anders gemacht hätte.
Die überwiegende Mehrheit ist klar und ehrlich in der Betrachtung ihres zurückgelegten Lebensweges.

Der Tod lässt das Leben als das erscheinen, was es ist, nämlich ein Geschenk. Und das ist unwiederbringlich.

Vielen Dank für das Gespräch.

Mehr lesen:

https://uwemuellererzaehlt.de/2022/01/02/menschen-im-alltag-2017-2021/

 

 

 

 

INTERVIEW MIT UTE GRÜNER

2017.02.17

Ute Grüner ist die Inhaberin des Pflegedienstes Grüner. Im September 2016 ist aus dem Pflegedienst Grüner die Sozialstation Grüner GmbH geworden. Ute und Jens Grüner sind die Geschäftsführer.

Frau Grüner, wie verlief ihr beruflicher Werdegang vor der Gründung Ihres Pflegedienstes?
Von 1982 bis 1985 habe ich eine Fachschule zum Hygieneinspektor absolviert.

Das entspricht in etwa dem heutigen Berufsbild des Gesundheitsüberwachers. Danach war ich als Hauswirtschafterin bei der Volkssolidarität beschäftigt.

Anschließend ging es in ein Pflegeheim. Dort habe ich auch meine Ausbildung zur examinierten Altenpflegerin absolviert.

Daran schloss sich eine Qualifizierung zur Pflegedienstleitung an. 2001 bin ich dann in die Selbstständigkeit gewechselt.

Was war die Initialzündung dafür, als Unternehmerin in die Pflege zu gehen?
Das Motiv war: Ich wollte einen eigenen ambulanten Pflegedienst gründen.

Warum?
Weil ich im Pflegeheim gesehen habe, wie die Bewohnerinnen und Bewohner zum Teil an der Tür ihr Leben abgegeben haben. Trotz alledem haben wir als Mitarbeiter alles getan, damit sich die Bewohner wohlfühlten.

Ich hätte gar nicht zufrieden nach Hause gehen können, wenn ich nicht alles in meiner Kraft Stehende unternommen hätte, um die Heimbewohner gut zu pflegen und zu betreuen.

Also war das schon ein wichtiger Antrieb für Sie, mit einem eigenen Pflegedienst noch mehr für die Pflege- und Hilfsbedürftigen zu tun?

Ja, uns ging es darum, pflegebedürftigen Menschen in unserer Umgebung möglichst lange zu ermöglichen, im eigenen häuslichen Umfeld zu verbleiben.

Sie sollten ihr eigenes Leben selbstbestimmt führen, solange jedenfalls, wie das geht. Das war für mich schon ein wichtiger Antrieb.
Später haben wir dann noch die Tagespflege gegründet, weil es uns wichtig war, dass Menschen am Tag die Möglichkeit hatten, betreut zu werden.

Was sind das für Gäste, die zu Ihnen in die Tagespflege kommen?
Zum einen sind das Menschen, die einfach eine neue und interessante Sicht auf den Tag bekommen wollen – durch Begegnungen mit anderen Gästen und indem sie an den Aktivitäten teilhaben können.

Das sind aber auch Gäste, die unter Demenz leiden – abends sind ja in dem Fall die Angehörigen wieder da und können sich kümmern.

Sie alle zusammen fühlen sich bei uns am Tag sehr wohl
Haben Sie das alles allein geschafft? Anfangs ja. Später, genauer 2006, ist mein Mann, Jens, mit in die Firma eingestiegen.

Als was?
Als Mitinhaber natürlich und verantwortlich für die Technik, die Verwaltung den Fuhrpark. Heute leitet er die ambulant betreute Wohngruppe.

Was ist Ihnen am Anfang leichtgefallen und wo hatten Sie Schwierigkeiten, hineinzuwachsen?
Die Akquise von Patienten ist mir leichtgefallen. Ich kannte viele im Dorf und man kannte mich. Ich hatte auch von Anfang an ein gutes Verhältnis zu den Ärzten.

In kürzester Zeit haben wir ca. 30 Patienten betreut. Schwer ist mir die gesamte Büroarbeit gefallen. Ich bin heute noch lieber beim Patienten, als die Dokumentation zu erstellen.

Aber: Das ist ja wichtig. Und so habe ich mich in vieles einarbeiten müssen – das ganze Vertragswesen, die kaufmännischen Angelegenheiten, die Planung und Organisation der Pflege und Betreuung.

Haben Sie heute noch Kontakt mit Patienten?
Auf jeden Fall, wo denken Sie hin? Ich kenne alle Patienten persönlich, spreche mit ihnen, wenn es Wünsche oder Probleme gibt.
Außerdem bei Dienstübergaben oder beim Erstaufnahmegespräch – da bin ich immer dabei.

Was macht Ihrer Meinung nach ein starkes Team aus?
Ein starkes Team? Im Notfall ist jeder für den anderen da – das macht meiner Meinung nach ein wirklich starkes Team aus.

Und zwar ohne große Worte. Das wissen auch die Patienten und vertrauen uns nicht zuletzt deshalb.

Welche Rolle spielt für Sie die Kommunikation mit den Pflegebedürftigen?
Die Kommunikation spielt für uns eine extrem wichtige Rolle.
Man kann bei jeder Maßnahme, zum Beispiel bei der Körperpflege, Kommunikation und Aktivität miteinander verbinden.

Also: erklären, was man gerade macht, was wichtig ist bei einer mobilisierenden Tätigkeit. Und außerdem: Auf dem Dorf wird immer gesprochen.

Wir sprechen viel über Ereignisse und Menschen, die für uns interessant und wichtig sind.

Das mögen die Pflegebedürftigen sehr gern. Sie nehmen ja dadurch weiter am Leben außerhalb der häuslichen Umgebung teil.

Ich denke: Mitunter ist ein Gespräch bei einer Tasse Kaffee wichtiger als die Pflegemaßnahme selbst.

Oder anders ausgedrückt: Ich habe mich nie von der Minutenpflege drücken lassen. Das geht immer auf die Qualität. Natürlich muss ich ebenfalls auf die Zeit schauen.

Aber im Fokus sind für mich die Menschen, die wir pflegen und betreuen. Und da muss man eben auch mal eine Minute hinten dranhängen.

Meine Mitarbeiter wissen ebenfalls, dass ich so denke.
Ich will gern in diesem Zusammenhang an unseren Leitspruch erinnern.

Nämlich?
Helfen ist unsere Berufung!

Frau Grüner zum Abschluss: Was ist für Sie persönlich Glück?

Glück ist für mich ein Zustand der inneren Zufriedenheit, zum Beispiel, wenn der Tag gut war.

Zu meinem Glück gehört meine Familie: Mein Mann, ohne den ich das hier gar nicht schaffen würde; meine Tochter Annett – sie ist 25 Jahre alt und studiert Journalismus.

Frau Grüner, vielen Dank für das Gespräch.

Sozialstation Grüner GmbH Pflegedienst
Lobensteiner Str. 9, 07924 Ziegenrück

MENSCHEN IN DER PFLEGE