Sandra Naber ist die Inhaberin des Pflegedienstes „Schwester Andrea Berkner“ in Templin
Frau Naber, was bedeutet Ihnen die Heimat, in der Sie aufgewachsen und jetzt auch beruflich tätig sind?
Es bedeutet mir sehr viel, dass ich in Templin geboren und aufgewachsen bin. Ich habe meine Ausbildung zur Krankenschwester in einer medizinischen Fachschule in Templin absolviert, und ich habe im Krankenhaus in Templin begonnen zu arbeiten.
Meine DNA ist sozusagen auf Templin programmiert. Ich bin hier Zuhause, fühle mich hier wohl, kenne die Menschen und das hilft natürlich auch in der Arbeit.
Inwiefern?
Naja, viele Menschen kennen mich halt von früher. Es ist gar nicht so selten, dass zum Beispiel ehemalige Klassenkameraden anrufen und mich fragen, ob ich etwas für deren Mütter oder Väter in Sachen Pflege und Betreuung tun kann.
Gibt es da auch die andere Seite?
Naja, es erhöht natürlich den Druck im Wissen darum, alles richtig machen zu wollen.
Was überwiegt dabei?
Auf alle Fälle die Tatsache, dass ich die Menschen hier mag, dass ich zu ihnen gehöre und sie zu mir. Das ist das Besondere. Eben das, was mich einfach glücklich macht, wenn sich die Leute bei meinem Team und mir gut aufgehoben fühlen.
Sind Sie stolz darauf, eine Ostdeutsche zu sein?
Ich bin stolz darauf, dass ich hier geboren bin, hier meine Familie habe und: Dass ich gerade in meiner Heimat Pflege- und Hilfsbedürftigen zur Seite stehen kann.
Das war nie leicht, am Anfang nicht und jetzt auch nicht.
Aber wenn Sie das alles so zusammenfassen, dann kann ich mit Fug und Recht sagen, dass ich meine Heimat liebe, die Menschen hier mag, stolz auf all das bin und darauf, dass ich eine Ostdeutsche bin.
Sie haben 1991 bis 1994 eine Ausbildung zur Krankenschwester absolviert, haben 1996 begonnen, in einem ambulanten Pflegedienst zu arbeiten.
2001 haben Sie eine Ausbildung zur PDL absolviert und waren im Pflegedienst „Schwester Andrea Berkner“ als PDL tätig.
Was waren für Sie im Jahr 2007 die größten Herausforderungen, als Sie sich entschlossen, den Pflegedienst zu erwerben?
Welche Ängste trieben Sie um, und was hat Sie bewogen, den Schritt zu wagen?
Die größten Ängste rührten daher, dass ich manchmal glaubte, den Anforderungen nicht gewachsen zu sein.
Ich hatte schon einen kleinen Schritt gemacht, weil ich bereits als Pflegedienstleitung in dem Unternehmen tätig war. Aber Inhaberin eines Pflegedienstes zu sein, das war für mich noch eine andere, eine größere Hausnummer.
Ich musste ja in allen Fragen fit sein, nicht nur in meiner eigentlichen fachlichen Arbeit, sondern auch in steuerlichen, kaufmännischen Fragen und in der Führung meines Teams.
Daraus erwächst ja auch eine Verantwortung, denn die Mitarbeiter vertrauen dir und wollen, dass du den Pflegedienst erfolgreich führst. Das ist ja eine existenzielle Frage für alle.
Würden Sie den Schritt heute noch einmal genauso gehen, wenn Sie erneut vor dieser Wahl stünden?
Ja und Nein.
Warum Nein?
Weil ich im Leben nicht geahnt hätte, mit wieviel Bürokratieaufwand das alles hier verbunden ist. Und der Aufwand ist nicht geringer geworden, sondern stetig gewachsen.
Was stört Sie in dem Zusammenhang am meisten?
Wissen Sie, bei den jährlichen Qualitätsprüfungen ist es wichtiger, ob ein Haken auf dem Papier richtig gesetzt ist. Das sagt ja noch nichts über die eigentliche Qualität in der täglichen Pflege aus.
Ich mache den Prüfern keinen Vorwurf. Sie müssen sich an ihre vorgegebenen Kriterien halten.
Aber ich würde mir wünschen, dass die praktischen inhaltlichen Pflege- und Betreuungsaspekte stärker in das Prüfergebnis eingehen. Ich glaube, das täte dem Qualitätsanspruch gut, den wir alle ohne Zweifel haben.
Was macht Ihr Team aus, was schätzen die Kunden an Ihnen und Ihren Mitarbeiterinnen in der täglichen Betreuung und Pflege?
Ich habe mal in einem früheren Interview gesagt, dass ich nichts auf ‚meine Mädels‘ kommen lasse. Und das sehe ich heute auch noch so.
Es ist mir unglaublich wichtig, dass wir uns in unserem Team alle zusammen sehr wohlfühlen, denn nur so können wir die Aufgaben schaffen.
Sagen Sie eigentlich alle „du“ zueinander?
Ja. Das lockert die Atmosphäre auf und man kann ungezwungener auch über schwierige Themen reden.
Aber ist es manchmal für Sie nicht auch schwierig, eine Mitarbeiterin zu „duzen“ und ihr trotzdem die Meinung zu sagen?
Natürlich gibt es da schon gewisse Hemmungen.
Aber mir geht es eigentlich um etwas Anderes.
Nämlich?
Dass ich offen und ehrlich mit jedem reden kann.
Dabei überlege ich mir schon, was ich wem zu welchem Zeitpunkt in welcher Art sage.
Sie merken schon, das „du“ weicht hier keine Anforderungen auf, sondern es geht darum, dass wir den gegenseitigen Respekt und die Wertschätzung füreinander haben. Das muss beim „Sie“ oder aber beim „Du“ der Fall sein.
Ansonsten bringt uns das „Du“ eine gelöstere Atmosphäre und wir genießen es auch, vertraut miteinander umzugehen.
Haben Sie auch privaten Kontakt zu Ihren Mitarbeiterinnen?
Wissen Sie, dass bleibt in einer Kleinstadt gar nicht aus. Wir feiern gern, sitzen zusammen und sprechen über unsere Träume, Wünsche und Sorgen.
Dadurch entwickelt sich ein ganz anderes Verständnis füreinander.
Ich verstehe zum Beispiel viel besser, warum vielleicht jemand gerade nicht am Wochenende arbeiten kann oder wo ich einer Mitarbeiterin in einer schwierigen Situation helfen kann.
All das hat uns noch mehr zusammengeschweißt.
Am 12. Mai wird jährlich der internationale Tag der Pflege begangen. Das geht zurück auf die britische Krankenschwester Florence Nightingale, die für eine selbstständige Fachrichtung kämpfte – eine eigenständige Pflege und Betreuung.
Was brennt Ihnen aktuell unter den Nägeln, wenn wir über Ihre Anforderungen an eine moderne und zeitgemäße Pflege sprechen?
Den Abbau von Bürokratie in den Abläufen und in der Dokumentation habe ich ja schon genannt.
Was mir und meinem Team ebenfalls auf den Nägeln brennt ist die Tatsache, dass es nicht leichter geworden ist, motivierte junge Pflegekräfte zu finden.
Woran liegt das Ihrer Meinung nach?
Zum einen sollte das Ausbildungsprofil in der Pflege weiter geschärft werden. Mitunter haben wir zu ‚schwammige Begriffe‘, was die Berufsbezeichnungen anbetrifft. Hier sollte schon von Anfang klar sein, dass es um eine Tätigkeit in der Pflege geht, die ein bestimmtes Anforderungsprofil hat.
Die weitere Untergliederung zum Beispiel von Hilfskräften in den unterschiedlichen Bereichen ist eher verwirrend.
Wofür plädieren Sie?
Für eine Ausbildung zum Pflegehelfer, der einzelne Bereiche, zum Beispiel die Hauswirtschaft umfasst.
Oder: Eine fundierte Ausbildung zur Pflegefachkraft, mit der Maßgabe, sich zukünftig weiter zu spezialisieren.
Übrigens: Wir sind stolz darauf, dass wir nicht nur reden, sondern selbst ein Ausbildungsbetrieb sind.
Bilden Sie zurzeit jemanden aus?
Ja, wir haben einen jungen Mann bei uns, der eine Ausbildung zum staatliche anerkannten Pflegehelfer absolviert. Außerdem arbeitet hier gerade eine Praktikantin.
Was wünschen Sie sich am meisten, wenn wir über künftige Pflegekräfte sprechen?
Ein klares Bekenntnis zu dem, was sie später machen wollen. Leidenschaft für das, was man tut.
Das danken einem die Menschen, für die wir ja da sein wollen, am meisten. Die Medien sollten das Thema noch komplexer beleuchten.
Wie meinen Sie das?
Nicht nur die negativen Seiten aufzeigen. Auch nicht über den „grünen Klee“ loben.
Sondern einfach den Beruf der Pflegekraft in seiner Härte, Schönheit zeigen und in seinem Potenzial, dass Menschen darin ihre Berufung finden können.
Worauf sind Sie besonders stolz?
Dass ich die Herausforderungen bewältigt habe, unser Unternehmen erfolgreich führen konnte, und dass wir heute ein im Ort bekannter und anerkannter Pflegedienst sind.
Frau Naber, ich danke Ihnen für das Gespräch.
Kontakt:
Häuslicher Pflegedienst "Schwester Andrea Berkner"
Inhaberin: Schwester Sandra Naber
Otto - Lilienthal- Strasse 9
17268 Templin
Telefonnummer: (03987) 54830
Telefaxnummer: (03987) 54830
E-Mail: pflegedienst.templin@gmx.de