Schlagwort-Archive: UWE MUELLER ERZAEHLT

AM STRAND ZWISCHEN PRORA UND BINZ

DAS LEBEN NICHT IRGENDWANN GENIESSEN, SONDERN SOFORT, IM MOMENT

Die Sonne gleisst unbarmerzig vom Himmel herunter und brennt sich in Rücken und Nacken ein.

Der Wind bläst vom Meer herüber und macht alles ein wenig erträglicher.

Die Wellen rollen auf den Strand zu und obenauf schäumt das Wasser, bevor es krachend auf den Strand aufschlägt.

Möwen kreischen, Kinder schreien, Menschen neben mir unterhalten sich, aber es ist, als wären sie weit weg.

Am Rettungsturm ist eine gelbe Flagge hochgezogen. Ich weiss nicht, was sie bedeutet, aber ich spüre die Kraft der Wellen, wenn ich bade.

Es fällt dir schwer, dich wieder in Richtung Strand zu bewegen, denn das Wasser saugt förmlich an dir, in Richtung offener See.

In jedem Fall:

Du spürst das Leben, mit seiner ganzen Kraft und in seiner vollen Schönheit.

Es sind diese Momente, von denen ich denke, dass man sie künftig als die kleinen Augenblicke noch bewusster aufnehmen kann, sich gerade zu den kleinen Dingen im Alltag freuen muss und eben nicht ausschließlich auf den grossen Glückswurf hoffen sollte, der mit großer Wahrscheinlichkeit ohnehin nie eintreten wird.

MEIN FREUND, DER ALLTAG

DAS LEBEN SYMPATHISCH FINDEN, SO WIE ES GERADE IST

DAS LEBEN RUHIG MAL VOM ENDE HER DENKEN

 

VOM WERT IM LEBEN, MIT DEN KLEINEN DINGEN GLÜCKLICH ZU SEIN

Es ist kurz vor halb fünf Uhr morgens und ich sitze auf der Bank vor dem Haus.

Wäre ich nicht vom Schreibtisch aufgestanden, um ein wenig frische Luft zu schnappen, ich wäre wohl wieder eingeschlafen.

Also bin ich hier draußen, friere ein wenig und schaue in den Himmel. Er ist mit Wolken zugedeckt und die Sonne kann auch noch nicht mit ihren Strahlen durch die Wolkendecke hindurchdringen.

Wenn morgens noch alles ruhig ist, du nur ein paar Vögel zwitschern hörst, den Wind, der durch die Äste der Bäume fegt und die Blätter rauschen, dann kommst du ins Grübeln.

Du überlegst, wieso du eigentlich immer wieder neu lernen musst, was in deinem Leben wichtig sein könnte.

Das Leben loslassen, es anzunehmen und es so zu verändern, dass es für dich ein sympathisches Aussehen kriegt – ja, all das gehört dazu.

Wie oft strebst du danach, mehr Geld zu bekommen, noch erfolgreicher zu werden, Immobilien zu besitzen und zu denken, dass genau das der Beweis für ein glückliches Leben ist?

Bis du dahinter kommst, dass es gerade das nicht ist, was dich in Wahrheit glücklich macht.

Leider ist es oft erst dann, dass du dich rückbesinnst, wenn du nichts mehr ändern kannst.

Mir fällt Krümel ein, meine vierjährige Enkelin. Ich muss ihr unbedingt weiter von der Scheune erzählen, vom Esel Ia, dem Hund Bobby und der Katze Penni. Sie alle gibt es nicht, nur in der Phantasie.

Die Scheune besitze ich auch nicht. Aber Krümel ist glücklich, und ich bin es auch, wenn wir darüber sprechen.

Ich stehe von der Bank auf und gehe wieder an meinen Schreibtisch. Ich werde nachher Krümel anrufen. Das wird ein schöner Tag.

MEIN FREUND, DER ALLTAG

 

 

 

‚THURE‘ MUSS WARTEN

ALLTÄGLICHES-2022.05.25

Geschäftliche Aufträge, Business-Texte schreiben, Broschüren lektorieren, all das bindet aktuell meine Kraft.

Ich muss meine Energie bündeln, um meine Ziele zu erreichen.

Aber irgendwann taucht ‚Thure‘ wieder auf, versprochen.

Für alle Leserinnen und Leser einen schönen Vatertag, Herrentag, ‚Christi Himmelfahrt‘ oder einfach ein paar Stunden, um die Füße hochzulegen.

MEIN FREUND, DER ALLTAG

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THURE – SCHREIBSKIZZEN (6)

THURE-22.04.29

JAKUB ZLOBINSKI
Was bisher war:
Thure sah vom Küchenfenster aus, wie die Wiesen noch von einem Nebelschleier bedeckt wurden und das Gras noch feucht vom Morgentau war.
In der Ferne beobachtete er einen roten Streifen am Himmel.
Es würde wohl schön werden, an diesem Tag, und so beschloss Thure, nach dem Frühstück einen Spaziergang durch das Dorf zu machen, vielleicht Jakub Zlobinski, dem Besitzer des Gasthofes vorbeizuschauen.

Jakub Zlobinski hievte seine Beine ächzend aus dem Bett, fuhr mit der Hand schlaftrunken über sein kurzes Haar und ließ sie wieder müde sinken.

Er stand schließlich auf, schlurfte ins Bad und schaute im Spiegel in das zerknirschte Gesicht eines Mannes, der noch nicht so richtig wusste, warum er überhaupt aufgestanden war.

Aber er musste sich fertigmachen und in die Gaststube hinuntergehen, um alles für die Öffnung vorzubereiten.

Jakub war der Pächter des Gasthofes ‚Zur dicken Kuh‘. Er wohnte mit seiner Familie direkt über dem Gastraum.

Früher, als er noch zugelassen hatte, dass die Gäste rauchten, da vermischte sich der Tabakqualm mit dem Geruch von Wein, Bier und Schnaps und kroch in alle Ritzen des Hauses.

„Der Gestank ist noch überall und geht gar nicht mehr weg“, schimpfte seine Frau Iga, mit der er gemeinsam den Gasthof bewirtschaftete.

Iga machte den Ausschank, bediente die Gäste und Jakub kochte. Das hatte er gelernt und seine Gäste mochten sein Essen.

Thure liebte besonders das polnische Frühstück, das ihm Jakub zubereitete, wenn er morgens in die Gaststube kam.
Maria sah das gar nicht gern, weil Thure dann länger blieb, als er sollte.

Er sollte eigentlich dort gar nicht hineingehen, sondern seine Runde drehen und danach sofort zurückkommen.

Aber wenn ihm der Geruch von gegrillten Würstchen, gekochten Eiern, Tomaten und Gurken und Roggenbrot in die Nase stieg, dann konnte er meist nicht widerstehen.

Anfangs wollte Jakub ihm dazu traditionell einen Tee mit Zucker servieren, aber da hatte Thure stets abgewinkt.

„Lass mal, ich habe ja schon einmal etwas gegessen und Kaffee dazu getrunken. Jetzt nehm‘ ich ein Bier.“

Thure musste nur danach einen ‚Pfeffi‘ einschmeißen, damit seine Frau nichts davon merkte.

Jakub hatte sich angekleidet und im Stehen einen Schluck Kaffee genommen.

Er ging mit der Tasse aus der Küche heraus und betrachtete sich im großen Wandspiegel im Flur.

Er war nicht groß, nur 1,74 cm, zu seinem Kummer. Er drehte sich zur Seite und sofort fiel ihm der leichte Bauchansatz auf, den seine Frau Iga oft kritisierte.

„Trink nicht so viel Bier mit den Gästen“, schimpfte sie, wenn Jakub aus der Küche kam, um ein wenig zu verschnaufen und den neuesten Dorfklatsch zu erfahren.

Jakub lachte gern und sein pausbäckiges Gesicht zeigte dann seine vielen Lachfältchen, die in dem Moment noch größer erschienen, als sie es ohnehin schon waren. Im Gasthof war er stets mit Schürze zu sehen, darunter trug er Jeans und bequeme Shirts.

Thure sprach gern mit Jakub, denn sie ähnelten sich in ihrem Charakter und in ihrem Verhalten. Sie waren beide laut, gutmütig und meistens auch noch gut gelaunt.

Überhaupt hatte Jakub mit seiner Art schnell die Sympathie der meisten Dorfbewohner gewonnen.

Er sprach gut Deutsch und seinen unverkennbaren Akzent hörte man selbst im größten Stimmengewirr heraus.

Seine Frau, Iga Zlobinska, eine geborene Wojcieck, hatte er vor zehn Jahren in einer Diskothek kennengelernt. Damals träumten sie davon, einmal einen Gasthof auf dem Land zu erwerben und so ein unabhängiges Leben zu führen.

Aber es kam anders. Igar bekam zwei Kinder, ein Mädchen – Pola, sieben Jahre alt, und Maksymilian, 5 Jahre alt.

Von deutschen Freunden erfuhren sie, dass in Schebsand ein Gasthof leer stand, dessen Eigentümer einen neuen Pächter suchte.
Sie überlegten nicht lange und bewarben sich darum, das Haus mit der Gasstube zu mieten.

Es war nicht ohne Risiko, denn die vorhergehenden Pächter waren pleite gegangen.
Davor hatten Iga und Jakub am meisten Angst.

Es dauerte lange, bis sie alle Genehmigungen in der Tasche hatten und von der Weltmetropole Warschau aus in das kleine Dorf Schebsand in Brandenburg gingen.

Jakub schlurfte die Treppe nach unten, schaltete in der Gaststube das Licht an und stieß mit dem Fu gegen die Schwingtür, die in die Küche führte.

Er tippte mit seiner Hand auf den Lichtschalter und Sekunden später gleißte das helle Licht von der Küchendecke direkt auf ihn herunter, so dass er erst einmal die Augen zusammenkniff.
Jakub war nun endgültig munter geworden.

THURE – SCHREIBSKIZZEN (6)

THURE LIEBTE SEIN DORF UND ERINNERTE SICH TROTZDEM GERN AN SCHWERIN – DEN ORT SEINER KINDHEIT
Was bisher war:

Schebsand befand sich am Rand von Berlin, im Norden von Brandenburg.
Im Osten grenzte Schebsand an riesige Flächen von Weideland, die der ehemaligen LPG gehörten, die sich nach der Wende in eine Genossenschaft umgewandelt hatte.
Thures Haus lag im Süden von Schebsand.
Er war früh aufgestanden, saß auf der Holzbank in der Küche und schien zufrieden mit sich und der Welt.

Thure sah vom Küchenfenster aus, wie die Wiesen noch von einem Nebelschleier bedeckt wurden und das Gras noch feucht vom Morgentau war.

In der Ferne beobachtete er einen roten Streifen am Himmel.
Es würde wohl schön werden, an diesem Tag, und so beschloss Thure, nach dem Frühstück einen Spaziergang durch das Dorf zu machen, vielleicht Jakub Zlobinski, dem Besitzer des Gasthofes vorbeizuschauen.

Thure war in Schwerin geboren und er war nun bereits im siebzigsten Lebensjahr.

„Wenn ich mit 70 einmal so aussehen sollte, wie Sie, dann freue ich mich“, sagte ein Bestatter zu ihm, mit dem er etwas über das Marketing besprach.

„Das ist sehr nett“, hatte Thure geantwortet.
„Aber über kurz oder lang kriegen Sie mich trotzdem in ihre Hände“, schob Thure noch nach.

In Thure schossen Erinnerungen aus der Kindheit hoch

Thure erinnerte sich gern an seine Kindheit. Wie er im Schweriner Schloss herumgetobt war, da, wo heute das Parlament saß.
„Woran denkst du?“, fragte Maria ihn, die gerade das Frühstück zubereitete.

Thure drehte sich zu Maria um und setzte sich auf die Holzbank am Fenster, Emma war nicht da und so konnte er ein Bein ausgestreckt auf die Bank legen, das Kissen hinter sich im Rücken verkeilen und die Gedanken schweifen lassen.

„Ach weißt du, ich denk‘ gerade zurück“, wie glücklich wir in Schwerin als Kinder waren.
Vor allem, dass wir uns um nichts kümmern mussten“.

„Ja“, seufzte Maria, „das stimmt.“
Thure war nun in Fahrt gekommen.
„Eines Tages lief meine Mutter mit einem griesgrämigen Gesicht umher, und wir durften sie nicht ansprechen, weil sie nach der Arbeit ihre Ruhe wollte“, erzählte Thure.

Er kam ins Schwelgen: „Wir haben Oma Mathilde gefragt, warum Mama so schlecht Laune habe.“

„Und, was hat sie geantwortet?“, fragte Maria nach, obwohl sie die Antwort kannte.

„Oma Mathilde hat gesagt, dass unsere Mama so viele Sorgen hätte.
Irgendwie wollten wir Kinder dann auch Sorgen haben“, erinnerte sich Thure weiter.

Oma Mathilde war für die Kinder immer da, für Thure, seinen Bruder Thorben und seine Schwester Gabriella.

Sie kam jeden Morgen bereits kurz nach sechs Uhr aus ihrer Wohnung auf dem Obotriten Ring in die ‚Straße der Nationalen Einheit‘, wie sie in den 50 er und 60 Jahren noch hieß.

Im Winter kniete sie sich als erstes vor den Ofen im Kinderzimmer und spaltete mit dem Küchenmesser Holzscheite, knüllte die Zeitung ‚Neues Deutschland‘ zusammen und stopfte sie in den Ofen.

Dann zündete sie das Papier an und allmählich war das Knacken der Holzscheite zu hören und es roch ein wenig nach dem Rauch, der im Ofen aufstieg.

Maria unterbrach Thures Kindheitserinnerungen abrupt

„Wir wollten nicht aufstehen, aber daran führte kein Weg vorbei“, schwelgte Thure weiter in Erinnerung.

„Das Frühstück ist fertig und steht vor dir“, unterbrach ihn Maria.
Sie wollte in der Küche weiterkommen, schnell nach dem Frühstück das Geschirr abräumen und später im Dorf Einkaufen fahren.

Nur widerwillig hörte Thure auf, in seinen Erinnerungen zu kramen. Er biss in ein Brötchen und schwieg.

Er dachte an Emma, seine Enkelin. Würde sie ebenfalls eines Tages so gern an ihren Opa denken, wie er sich an seine Oma zurückerinnerte?

Das war nicht klar, aber er hatte in ihr bereits in seinen Tagen einen guten und aufmerksamen Zuhörer in ihr.

„Opa, erzähl über die Scheune“, sagte sie zu ihm. Dann durfte Thure auch sein Bein weiter bei ihr auf der Bank über ihre kleinen Beinchen legen.

Emma liebte es, wenn Thure dabei stets die gleichen Figuren agieren ließ.

Da waren die Katze Benni, der Hund Bobby, der Spatz Pipeva, und Emma halbe Kita, die mit am Tisch saßen- Bauzu, Viki, Piatessa.
Ganz hinten im Stall war der Esel la der an einer Möhre kaute.

Thure hatte schon überlegt, ob er nicht Esel anschaffen sollte.
„Ein Esel reicht in der Familie“, hatte Maria das aber trocken abgeschmettert.

Thure drückte sich vor der Hausarbeit

Thure erhob sich von der Holzbank und wollte sich aus der Küche verdrücken.

„Du kannst auch ruhig mal das Geschirr in den Spüler räumen“, sagte Maria zu ihm.
„Da ist es zu eng für zwei“, sagte Thure trocken und verschwand im Flur.

„Ich dreh‘ mal ne Runde im Dorf“, sagte er.

Thure zog sich die Jacke über und ging aus der Tür. Es roch nach frischem Gras. In der Ferne strebte der glutrote Ball der Sonne dem Himmel entgegen.

Thure streckte die Arme und entschloss sich, einen Blick in die Gaststube von Jakub Zlobinski zu werfen.
„Wo willst du hin?“, fragte Maria ihn, die plötzlich in der Haustür stand.

„Ach nur mal ein paar Schritte auf der Straße entlanggehen, Richtung Gaststube“, antwortete Thure knapp.

„Aber nicht, dass du da zu Jakub reingehst und einen Kaffee trinkst. Du weißt, dass dies nicht gut ist für deinen Blutdruck“, sagte Maria zu ihm.
„Nö, nö“, brummte Thure und machte sich von dannen.

THURE AUS SCHEBSAND

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14. KALENDERWOCHE – DAS WAREN DIE BEITRÄGE

MEIN FREUND, DER ALLTAG
ALLTÄGLICHES-22.04.09
BIBEL IM ALLTAG

DIE BIBEL ÜBER DIE MACHT DES WORTES UND DIE MÖGLICHKEITEN DER SPRACHE

SCHREIBEN HEISST NICHT, SICH VON DEN BANALITÄTEN DES ALLTAGS ZURÜCKZUZIEHEN

NIETZSCHE ÜBER DIE SCHWELGEREI DER RACHE

SCHREIB ÜBER DICH

THURE – SCHREIBSKIZZEN (5)

ANNA IST DEMENT

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SCHREIB-ALLTAG

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THURE – SCHREIBSKIZZEN (5)

THURE-22.04.08

DAS DORF SCHEBSAND

Was bisher war:
Thure wachte aus seinem schrecklichen Albtraum auf. Er saß auf den Schienen, mitten auf einer freien Zugstrecke und war an Händen und Füssen an die Gleise gefesselt.
Seine Frau Maria erlöste ihn aus seinem Traum.
Thure erinnerte sich daran, wie er kürzlich mit Emma von der Couch aus ‚Angeln‘ gespielt hatte.
„Los Opa, noch mal, feuerte sie Thure an, der die in seiner Hand vermeintlich befindliche Angel drehte.
Thure hatte zu seinem Dorf eine ‚Hass-Liebe‘ entwickelt.
Er lebte nun schon fast dreißig Jahre dort, fühlte sich einerseits zu Hause und andererseits wiederum fremd.

 

Schebsand befand sich am Rand von Berlin, im Norden von Brandenburg.

Es war ein Katzensprung nach Buch und auch bis Berlin-Mitte waren es lediglich 20 Minuten.

„Da kannst du auch mit dem Lastenfahrrad hinfahren“, meinte Thure oft im Scherz.

Thure hasste es inzwischen, in den Prenzlauer Berg hineinzufahren, weil ihm der Stadtteil inzwischen zu gekünstelt vorkam.

Manchmal musste er dorthin, um sich beim Frisör die Haare schneiden zu lassen.

Aber anschließend freute er sich umso mehr, wenn er wieder in sein Dorf flüchten konnte, das er in solchen Momenten besonders liebte.

Thure hatte herausgefunden, dass es sich bei Schebsand um ein Platzkerndorf handelte, das sogar den Dreißigjährigen Krieg überstanden hatte

„Das sind eben Ossis aus Stahl und mit Herz“, sagte Thure.
„Die Ossis gab es doch damals noch gar nicht“, wendete dann seine

Tochter Jette ein, was Thure aber nicht gelten ließ.
„Schebsand lag schon immer im Osten“, brachte er das Totschlagargument an.

Aber viel wichtiger war ihm, dass es im Dorf einen Dorfteich gab, wo er sich auf eine Bank setzen konnte und von wo aus er auch das Geschrei der Kinder vom Spielplatz aus der Kita hörte.

„Du darfst jetzt aber nicht ‚oh, oh‘ sagen, wenn ich hier meine Übungen mache“, drang manchmal das dünne, aber energische Stimmchen von Emma zu ihm herüber.

Dann war für Thure die Welt in Ordnung.
Im Osten grenzte Schebsand an riesige Flächen von Weideland, die der ehemaligen LPG gehörten, die sich nach der Wende in eine Genossenschaft umgewandelt hatte.

Thures Haus lag im Süden von Schebsand. Er hatte damals eine Scheune miterworben, in der sich besonders gern Emma aufhielt und spielte.

Einige hundert Meter entfernt von Thures Grundstück war ein See zu sehen, von dem stets eine frische Prise herüberwehte.

Thures Kummer war, dass vor seinem Haus noch zwei weitere Häuser standen, sodass er keinen freien Blick auf den See hatte.

Dafür liebte er sein Haus umso mehr. Es war über 100 Jahre alt, und so manches war überholungsbedürftig, wenn man es mit modernen Standards der heutigen Zeit verglich.

Der Fußboden im Flur bestand immer noch aus den alten braunen Fliesen, über die ein Teppich gelegt war und die nur noch an den Seiten zu sehen waren. Am Ende des Flurs stand eine alte Bauerntruhe, auf der ein weißes Fell lag.

Die Küche befand sich auf der rechten Seite des Hauses. Sie war geräumig und bildete den Mittelpunkt des Familienlebens. An der Fensterseite stand ein langer Holztisch, den Thure extra für die Küche hatte anfertigen lassen.

Auf beiden Seiten des Tisches waren Sitzgelegenheiten vorhanden. Am Fenster konnte man auf einer Holzbank sitzen, die ebenfalls der Länge des Tisches angepasst war.

Auf der gegenüberliegenden Seite standen Korbstühle, die mit blau-weißen Sitzkissen ausgestattet waren.
An den Fenstern hingen Übergardinen, ebenfalls in den Farben blau-weiß.

An der Stirnseite der Küche war noch ein alter Kohleherd zu sehen. Er wurde nicht mehr benutzt und Maria hatte ihn mit vielen kleineren Gegenständen dekoriert.

Zur Zeit standen dort bereits die ersten Osterhasen und eine Vase mit einem Strauch, an dem Ostereier hingen.

Das alles verlieh dem Ganzen eine gemütliche Atmosphäre, sodass sich die Familie oft länger in der Küche aufhielten und Maria beim Zubereiten des Essens zusahen.

Thure und Emma saßen oft auf der Holzbank zusammen. Thure legte manchmal sein Bein auf die Bank und über die Knie von Emma.
„Opa, nimm den Fuß runter“, sagte die Vierjährige dann.

„Das ist mein Erzählfuß, und der muss oben bleiben, sonst kann ich dir keine Geschichten erzählen“, sagte Thure in solchen Momenten zu ihr.

Emma überlegte kurz und sagte dann: „Komm Opa, leg deinen Fuß ruhig hier drauf.“

„Erzähl von der Scheune“, sagte sie weiter und Thure begann sich eine Geschichte von der Scheune auszudenken, in der der Esel ‚Ia‘ lebte, die Katze ‚Benny‘, der Spatz ‚Pipeva‘ und Emmas Kita-freundinnen.

Thure war wie so oft früh aufgestanden. Er wollte weiterkommen mit dem Schreiben und auch einige seiner Kunden anrufen, um zu fragen, ob die Firmenporträts auf dem Blog verlängert werden sollten.

Er hatte einen guten Draht zu seinen Kunden. Es war mehr freundschaftlich, als geschäftlich, was sicher daherkam, dass er so über so manche Firma und Unternehmer schon viele Jahre schrieb.

Thure fand es immer noch spannend, dass er auf einem Hof saß und trotzdem mit der Welt da draußen kommunizierte.

Unvorstellbar zu DDR-Zeiten, in der es nicht mal in jedem Haushalt ein Telefon gab.

Und nicht auszudenken, wie sein Vater reagierte.
„Du kannst doch nicht in diesem Kuhdorf dein Leben wegwerfen“, hatte er oft zu ihm gesagt.

Aber für Thure war es genau andersherum. In Schebsand, so fand er, hatte sein wahres Leben erst begonnen.

Er saß auf der Holzbank in der Küche, hatte seinen Tee vor sich. Es war kurz nach halb fünf Uhr früh.

THURE AUS SCHEBSAND

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SCHREIB ÜBER DICH

SCHREIB-ALLTAG

SCHREIB-ALLTAG-22.04.07

SCHREIB-ALLTAG IM TELEGRAMMSTIL (2)
DAS HANDWERK DES ERZÄHLENS AUS MEINER PERSPEKTIVE: 
Warum überhaupt den Stift zur Hand nehmen, die Tastatur des Computers quälen, 
Stunde um Stunde mit Sätzen und Worten ringen?
Ist Schreiben eine Krankheit, weil du nicht aufhören kannst, oder ist sie auch so etwas wie Medizin?
Techniken – Erfahrungen und Lücken; im Rhythmus bleiben – schreiben, lernen, üben, schreiben und wieder schreiben; 
Ergebnisse – Geschriebenes und Verworfenes; Emotionen- ‚himmelhochjauchzend und zu Tode betrübt‘; 
von der Unvernunft, mehr von der Leidenschaft zu zehren als von den Einnahmen.
Ich sehe meine Aufgabe als Autor dieses Blogs nicht darin, andere Menschen an meinem Wissen teilhaben zu lassen.
Das wäre von mir vermessen, denn jeder von uns hat etwas zu dieser Welt, zu seinem Leben zu sagen.
Vielmehr versuche ich meine eigene Welt, mein eigenes Leben besser zu verstehen.
Wenn also überhaupt, so würde ich jedem empfehlen:
Schreib über dich, dein Leben, was es ausmacht, was dich bedrückt und woran du Freude hast.

 

 

SCHREIB-ALLTAG

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NIETZSCHE ÜBER DIE SCHWELGEREI DER RACHE

MEIN FREUND, DER ALLTAG

ALLTÄGLICHES-2022.04.06

Man muss nicht alles mögen und teilen, was Friedrich Nietzsche gesagt und geschrieben hat.
Seine Ideen zu lesen und zu kennen allerdings schärft deinen Blick für den Alltag, bringt dich zum Nachdenken über eigene Positionen, Einstellungen und Handlungen. Und das allein ist schon ein Wert an sich. 

NIETZSCHE ÜBER DIE SCHWELGEREI DER RACHE

„Grobe Menschen, welche sich beleidigt fühlen, pflegen den Grad der Beleidigung so hoch als möglich zu nehmen und erzählen die Ursache mit stark übertreibenden Worten, um nur in dem einmal erweckten Hass- und Rachegefühl sich recht ausschwelgen zu können.“ (1)

(1)
Friedrich Nietzsche, Gesammelte Werke, Anaconda Verlag GmbH Köln, ISBN 978-3-86 647-755-1, S.163, (62)

 

 

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SCHREIB-ALLTAG

SCHREIB-ALLTAG-22.04.05

SCHREIB-ALLTAG IM TELEGRAMMSTIL (1)

DAS HANDWERK DES ERZÄHLENS AUS MEINER PERSPEKTIVE: 
Techniken – Erfahrungen und Lücken; 
im Rhythmus bleiben – schreiben, lernen, üben, schreiben und wieder schreiben; 
Ergebnisse – Geschriebenes und Verworfenes; 
Emotionen- ‚himmelhochjauchzend und zu Tode betrübt‘; 
Von der Unvernunft, mehr von der Leidenschaft zu zehren als von den Einnahmen; 
warum man weitermacht, obwohl der Job wenig Früchte einbringt. 
Schreiben, erzählen muss leicht aussehen und gerade deshalb treibt es dir ja so sehr den Schweiß in den Nacken, und du knirscht mit den Zähnen, stöhnst, weil dir nach Stunden zähen Ringens der Rücken wehtut.
Deshalb musst du dir immer wieder sagen, dass du dich nicht vom Alltag ausschließen kannst, dich nicht in einen selbsterbauten Elfenbeinturm zurückziehen solltest.
Vielmehr musst du alles Banale im Alltäglichen an dich heranlassen, es faktisch aufsaugen, um dadurch wiederum neue Impulse zu bekommen.

 

SCHREIB-ALLTAG

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DIE BIBEL ÜBER DIE MACHT DES WORTES UND DIE MÖGLICHKEITEN DER SPRACHE

BIBEL

BIBEL-22.04.04

Tod und Leben stehen in der Zunge Gewalt; wer sie liebt, wird ihre Frucht essen.

Spr 18,21

 

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IANA SALENKO FÜR IHRE HEIMAT – DIE UKRAINE

IANA SALENKO

Ich kenne Iana Salenko, 1. Solistin am  Staatsballett in Berlin, nun schon so viele Jahre.
Sie ist ein äußerst bescheidener und sehr warmherziger Mensch.
Iana  möchte helfen.
Sie leidet darunter, dass ihre Familienangehörigen in Kiew dem Krieg ausgesetzt sind und viele ihrer Landsleute ebenso.
Deshalb tut sie das, was sie am besten kann – sie organisiert eine Gala, gemeinsam mit ihrem Tanzpartner Oleksandr Shpak vom Staatsballett Berlin.
Zum Link „Ballet for Life“ by Iana Salenko for Ukraine
https://gofund.me/eba7cafd

IANA-1 a

 

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IANA SALENKO – KIEW IST MEINE GELIEBTE HEIMATSTADT

MÄRZ 2022 – DAS WAREN DIE BEITRÄGE

MEIN FREUND, DER ALLTAG

ALLTÄGLICHES-22.04.03

09. KALENDERWOCHE – DAS WAREN DIE BEITRÄGE

10. KW – DAS WAREN DIE BEITRÄGE

11. KALENDERWOCHE – DAS WAREN DIE BEITRÄGE

12. KW – DAS WAREN DIE BEITRÄGE

13. KALENDERWOCHE – DAS WAREN DIE BEITRÄGE

ANNA IST DEMENT

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SCHREIB-ALLTAG

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13. KALENDERWOCHE – DAS WAREN DIE BEITRÄGE

MEIN FREUND, DER ALLTAG
ALLTÄGLICHES-22.04.02
BIBEL IM ALLTAG

DIE BIBEL ÜBER DEN GEWINN VON GUTEM REDEN

IANA SALENKO – KIEW IST MEINE GELIEBTE HEIMATSTADT

NIETZSCHE ÜBER INTELLEKT UND MORAL

ALLTÄGLICHES-PUR UND PROMPT

JEEPYS FAHRER WEISS MAL WIEDER ALLES BESSER, DENKT ER JEDENFALLS

THURE – SCHREIBSKIZZEN (4)

IANA SALENKO FÜR IHRE HEIMAT – DIE UKRAINE

ANNA IST DEMENT

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THURE – SCHREIBSKIZZEN (4)

THURE-22.04.01

DER ALBTRAUM

Thure Hansen saß auf den Schienen, mitten auf einer freien Zugstrecke. Er war an Händen und Füssen mit Eisenketten an die Gleise gefesselt und konnte sich kaum bewegen.

Es regnete und es schien, als würden sich Bäche von herabstürzendem Wasser auf ihm ergießen.

Aus der Ferne ertöntes ein schrilles Signal, das Thure zusätzlich erschaudern ließ.

Die Lichtkegel der herannahenden Lokomotive stachen durch die Dunkelheit hindurch und nahmen eine gespenstische Größe an, je näher sie kamen.

„Hilfe, bitte helft mir“, schrie Thure. Aber niemand hörte ihn.
Und so kam, was kommen musste. Der Zug kam näher und Thure fügte sich in sein unausweichliches Schicksal.

Als die Waggons mit unbarmherziger Härte heranratterten, da bewegten sich hinter ihm die Weichen mit einem knackenden und quietschenden Geräusch und schoben den herandonnernden Zug auf die parallel verlaufenden Gleise.

Die Waggons schossen an Thure mit einem ohrenbetäubenden Lärm vorbei, wie von einer unsichtbaren Kraft geleitet.
Thure spürte plötzlich eine Hand, die auf ihm lag.

„Warum schreist du so?“, fragte Maria ihn, nachdem er schweißgebadet aufgewacht war.

„Ach nichts!“, murmelte Thure.
„Die Drogenmafia hat mich auf den Gleisen angekettet. Es gab kein Entrinnen.“

„Du guckst zu viele brutale Filme“, sagte Maria zu ihm, drehte sich um und versuchte weiterzuschlafen.

Thure war froh, dass seine Frau ihn aus diesem Albtraum erlöst hatte.

Er stand auf und schlurfte ins Bad, um sein Gesicht ein wenig zu benetzen.
Obwohl es erst kurz nach drei Uhr war, wollte er aufbleiben.

Bei Thure, im Grunde genommen froh, dem vermeintlichen Unglück entronnen zu sein, stellte sich dennoch keine wirkliche Freude ein.

Ihm kam der Krieg in der Ukraine wieder ins Bewusstsein.
War die Realität etwa noch schlimmer als das, was er gerade geträumt hatte?

Er versuchte an etwas Schönes zu denken.
Gestern hatte er mit Emma, seiner vierjährigen Enkelin auf dem Sofa gesessen und sie hatten Angeln gespielt.

Thure sollte für Emma mit der Angel eine Krone aus dem Wasser fischen, die sie dort verloren hatte.

„Opa, du musst an der Kurbel drehen“, rief Emma. Sie war mit Energie und Phantasie bei dem Spiel.

‚Was für ein glücklicher Moment‘, dachte Thure.
Er hatte für die Kleine einen Strand aus Worten gemalt, mitten auf seiner Lieblingsinsel Rügen, und sie tauchten die Angel in das Wasser, um die Krone zu finden und vielleicht sogar eine Kiste mit Gold.

„Oh, das wird ja immer schwerer. Schau mal, wie sich die Angelschnur biegt. Hoffentlich reißt sie nicht“, schnaufte Thure.
„Mach schnell, Opa!“

Emma hielt es nicht mehr auf der Couch. Sie kroch vom Sitz herunter und kletterte auf die Seitenwand, um sich nach vorn zu beugen, so, als würde sie an der Angelschnur mitziehen können.

„Ach du lieber Gott“, fluchte Thure.
„Es ist ein alter, dreckiger und stinkender Teppich. Wer hat denn den da reingeschmissen?“

Thure spielte seine Enttäuschung so echt, dass Emma in glucksendes Lachen ausbrach.
Ihre Zähne blitzen, ihre Augen funkelten und sie klatschte vor Begeisterung in die Hände.

„Los Opa, noch mal“, feuerte sie Thure an, der die vermeintliche Angel in der Hand drehte und mit noch größerem Schwung und unter großem Beifall von Emma wieder in das Wasser warf.

„So Emma, wir müssen nach Hause fahren“, sagte Emmas Mama, die unbemerkt ins Wohnzimmer gekommen war.

„Ich bleib’ bei Opa. Wir müssen noch die Krone finden“, sagte Emma und spornte Thure an.
„Machen wir weiter, Opa.“

Thure musste nun schmunzeln, als er sich an die schönen Momente mit Emma erinnerte und gleich wieder traurig wurde. Es könnte alles so schön sein. Wäre da nur nicht dieser furchtbare Gedanke an den Krieg in der Ukraine.

Schon ein wenig munterer befeuchtete Thure weiter seine Lippen und die Augen mit ein paar Spritzern Wassern.

‚Warum stand er so früh auf, war es etwa senile Bettflucht?‘, schoss es ihm durch den Kopf, als er sein zerknittertes Gesicht im Spiegel betrachtete.

Nein, das war es wohl nicht. Er fühlte sich von etwas Unsichtbarem getrieben, etwas, das ihn sein ganzes Leben in Trab gehalten hatte – der ungläubige Wille, noch etwas Sinnvolles zu schaffen.

„Ich muss um vier Uhr aufstehen, sonst schaffe ich mein Pensum nicht“, sagte er zu seiner Frau, die nur die Augen verdrehte.

„Du bist Rentner“, versuchte sie ihn auf den Boden der Tatsachen zu holen, aber davon wollte Thure nichts wissen, und so prallten die Worte an ihm ab.

Thure machte Sport. Fast jeden Tag lief er früh durchs Dorf, genau dann, wenn die anderen Bewohner noch schliefen und nicht sehen konnten, wenn er seine Stöcke in den Boden rammte und dabei schnaufte, als würde er eine Lokomotive hinter sich her schleifen.

Morgens war es für ihn am schönsten. Er konnte in die Wiesen schauen, auf denen noch der Nebel lag und nur langsam aufstieg, und er lief an den Häusern vorbei, in denen nur selten bereits Licht brannte.

Thure liebte sein Dorf und manchmal hasste er es auch, obwohl er nun schon fast dreißig Jahre dort wohnte.

Es war so ein Gefühl, dass er nicht wirklich dazugehörte, sich woanders hinsehnte, nach Schwerin zum Beispiel oder nach Rügen, seine geliebte Insel.

Aber nun war er in Brandenburg, wurde dort wahrscheinlich begraben und die Dorfbewohner würden auf der Beerdigungsfeier wahrscheinlich sagen, dass er eigentlich gar nicht von hier war, ein Fremder eben.

THURE AUS SCHEBSAND

JEEPYS FAHRER WEISS MAL WIEDER ALLES BESSER, DENKT ER JEDENFALLS

JEEPY-22.03.31

Jeepy, so heißt ein kleiner Jeep, um den sich die Geschichten drehen und der manchmal auch selbst erzählt, welche Abenteurer er täglichen Leben bestehen muss.
Der Fahrer von Jeepy ist Krümels Opa. Und Krümel wiederum ist Jeepys beste Freundin.
Also erzählt Jeepy seiner Freundin darüber, wie ihn sein Fahrer nervt, was der alles anstellt und wie sie sich manchmal gehörig blamieren, allen voran Jeepys Fahrer.
Hier berichtet Jeepy Krümel davon, wie er mit seinem Fahrer in den Prenzlauer Berg gefahren ist und dieser eine Tastatur umtauschen wollte, die er erst kurz zuvor dort gekauft hatte.

 

JEEPYS FAHRER WEISS MAL WIEDER ALLES BESSER, DENKT ER JEDENFALLS

 

 

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NORDIC WALKING – MORGENS UM FÜNF UHR ODER STOLPERN IM DUNKELN

ALLTÄGLICHES

ALLTÄGLICHES-22.03.30

Ich habe ein paar Tage mit dem Laufen ausgesetzt.
Am Montag, ja da wollte ich wieder anfangen, aber ich hatte abends zu lange vor dem Fernseher gesessen, eigentlich schon gelegen – vor dem kleineren Apparat, auf der Ersatzbank eben, im Schlafzimmer.

Also hatte ich keine Lust, am nächsten Tag gegen vier Uhr aufzustehen und loszulaufen.

Aber am Dienstag, ja da war ich bereit für den Start in das dunkle Dickicht am Liepnitzsee.

Als ich auf dem Parkplatz angekommen war, konnte ich kaum etwas erkennen.

Ich stülpte mir die Lampe fürs Laufen über den Kopf, schnallte meine Stöcke um und lief todesmutig los. In der Ferne schrie ununterbrochen eine Eule.

Oder war das vielleicht doch ein ‚verkappter Wolf’?
Naja, wer weiß das schon, morgens im dunklen Wald. Wenn es rings herum um dich duster ist und du den Lichtkegel auf den Boden richtest, damit du nicht über eine Wurzel stolperst.

Dann kriegst du schon mal Angst. Ich jedenfalls war auf alles gefasst.
Aber würden die Wölfe sich einen fetten Happen, wie ich einer war, entgehen lassen?

Ich musste der Wahrheit ins Auge blicken- höchstwahrscheinlich nicht.

Im Ernstfall hatte ich ja meine Stöcke.
Außerdem kannte ich bis jetzt Wölfe nur aus dem Wildpark Schorfheide.

‚Wieso also sollten sie gerade hier auftauchen?‘, versuchte ich mich zu beruhigen.

Ich lief weiter und versuchte die durchdringenden ‚Uhu-Schreie‘ zu ignorieren.

Der Wind strich durch das dürre Geäst der Bäume, das zu beängstigend knarrte.

Ein Stück weiter lag ein Baum vor mir, mitten auf dem Weg.

‚Wieso liegt der hier? Und war ich von der Strecke abgekommen?‘
Vorsichtshalber lief ich ein paar Meter zurück.

Hier irgendwo musste doch das Loch sein, in das ich regelmäßig hineinstolperte und mir fast schon den Knöchel gebrochen hatte.

Dieses Loch war für mich schon vor Jahren ein Fluch. Als ich es jetzt tastend wiederfand und einen der Nordic-Walking-Stöcke hineinstoßen konnte, da erfasste mich so etwas wie ein verhaltenes Glücksgefühl. Ich war nicht vom Weg abgekommen.

Ich suchte eine Möglichkeit, durch das Gestrüpp hindurchzukommen, um den Baumstamm zu umgehen.
Ansonsten hätte ich beim Klettern die Stöcke abschnallen müssen, weil der Stamm zu hoch lag.

Ein Zweig peitschte mir ins Gesicht. Ich hatte ihn nicht auf mich zukommen sehen. Ich war zu sehr damit beschäftigt, den riesigen Baum zu betrachten, der einfach nur so umgeknickt war. In der Mitte schien er durchgebrochen zu sein.

Die Enden hingen noch aneinander, so wie ein Streichholz, das man knickte, aber nicht glatt durchgebrochen bekam.

Ein riesiger Wurzelverbund hing am Ende des Baumes in der Luft, bedeckt von Erde.

‚Was, wenn der Baum gerade dann umgeknickt wäre, wenn ich an der Stelle hätte vorbeilaufen wollen?‘

Umgestürzte Bäume, die Schreckensschreie des Uhus, das Knarren der Bäume – dieser Wald wurde mir unheimlich, zumal ich lediglich seine Umrisse erkennen konnte.

Das Band der Lampe schnürte mir den Kopf zusammen. Ich hatte es wohl etwas zu eng gestellt.

Dann kam der nächste Baum und dann noch einer.
„Wieso waren die alle umgestürzt?“

Ich hasste es, wenn nicht alles an seinem Platz war. Wieder musste ich durch das Gebüsch hindurch, auf Wurzeln treten und Zweige aus dem Gesicht nehmen.

Ich blieb stehen und schaute auf die Uhr. Das war nicht so einfach. Ich hatte noch Handschuhe an, damit die Riemen von den Stöcken nicht so auf den Händen scheuerten.

Ich hob den rechten Stock an, der nun in der Luft hing und versuchte gleichzeitig mit der vom Handschuh eingesperrten Hand die beiden dicken Pulloverenden vorn am Arm zurückzuziehen.

Als ich das geschafft hatte, sah ich nichts und musste den Lichtkegel auf das Ziffernblatt lenken.

„Wie viel Helden gab es eigentlich in der Republik, die kurz nach fünf Uhr Hindernislauf im Wald übten?“, fragte ich mich.
„Nur einen, und zwar dich. Aber du bist kein Held, sondern irgendwie nicht richtig verdrahtet“, würde Klara sagen.

Ich lief weiter und stoppte. War ich noch auf der richtigen Strecke? Wieso führte der Weg jetzt eigentlich in eine Senke?
Und wann wurde es endlich etwas heller?

Ich fluchte auf die Sommerzeit.
Ich lief immer tiefer in einen Waldweg hinein, der mir zunehmend unheimlich wurde.

Plötzlich stand ich auf dem asphaltierten Weg, der direkt zum See hinunterführte.

Jetzt war es klar: Ich hatte mich völlig verlaufen.
Sollte ich zurückgehen, wieder über die vielen Wurzeln stolpern oder auf dem sicheren Weg weiterlaufen und dafür den harten Asphalt in Kauf nehmen?

Ich mochte es nicht, auf diesen befestigten Wegen zu laufen. Und meine Knie schon überhaupt nicht.

Ich bewunderte die Schauspieler in den amerikanischen Filmen, die morgens durch New York joggten, einen Stöpsel im Ohr hatten, an den zur Arbeit hastenden Menschen vorbeiliefen, stets locker und leichtfüßig in der Bewegung.

Anschließend sah man diese Protagonisten meist in einer durchgestylten Küche stehen und sich einen Saft zusammenmixen, mit der neuesten Maschine natürlich.

Damit konnte ich mich nicht messen. Ich stampfte durch den Wald, schnaufte, tastete die Gegend nach bekannten Merkmalen ab und hörte auf mögliche herannahende heulende Wölfe.

Nach einer Stunde hatte ich das Auto wieder auf dem Parkplatz erreicht.

Ich schnallte die Stöcke ab und versuchte die Handschuhe abzustreifen. Die Befestigung für den rechten Walking-Stock rutschte dabei aus der Halterung. Ich blieb stehen und fummelte es an Ort und Stelle wieder ein.

Auf der Rückfahrt bedrängten mich zur Arbeit rasende Autos mit ihren schlecht gelaunten Fahrern am Steuer, während ich den morgendlichen Walking-Tripp wenigstens ruhig ausklingen lassen wollte.

Zuhause angekommen, stieg ich aus dem Auto, setzte mich auf die Bank und hörte den Vögeln zu, die in Scharen in den Bäumen Krach machten.

Ich überlegte, ob ich Krümel per Audio erzählen sollte, dass ich gerade ‚Piepeva‘, den kleinen Spatz, gesehen hatte.

Ich griff zum Handy und macht die App für die Sprachmemos an.
‚Nein Opa, Piepeva ist doch bei mir‘, wird Krümel wahrscheinlich sagen, wenn ihre Mama es ihr später vorspielt.
Jetzt war ich glücklich.

Und Morgen? Ja, da würde alles wieder von vorn beginnen. Ich kannte jetzt wenigstens schon die drei dicken Baumstämme, die auf dem Laufweg herumlungerten.

 

NIETZSCHE ÜBER INTELLEKT UND MORAL

MEIN FREUND, DER ALLTAG

ALLTÄGLICHES-2022.03.30

Man muss nicht alles mögen und teilen, was Friedrich Nietzsche gesagt und geschrieben hat.
Seine Ideen zu lesen und zu kennen allerdings schärft deinen Blick für den Alltag, bringt dich zum Nachdenken über eigene Positionen, Einstellungen und Handlungen. Und das allein ist schon ein Wert an sich. 

 

„Man muss ein gutes Gedächtnis haben, um gegebene Versprechen halten zu können.

Man muss eine starke Kraft der Einbindung haben, um Mitleid haben zu können. So eng ist die Moral an die Güte des Intellekts gebunden.“ (1)

 

 

(1)
Friedrich Nietzsche, Gesammelte Werke, Anaconda Verlag GmbH Köln, ISBN 978-3-86 647-755-1, S.162, (59)

 

IANA SALENKO – KIEW IST MEINE GELIEBTE HEIMATSTADT

IANA SALENKO

IANA-22.03.29

 Iana Salenko ist in Kiew geboren und hat dort eine wohlbehütete sowie glückliche Kindheit verbracht.

Ich habe sie 2008 in Berlin kennengelernt.

Wir haben seitdem viele Gespräche und Interviews geführt.

Keiner von uns hätte gedacht, dass ihre Heimat aktuell so unter einem Krieg zu leiden hat.

„Ich bange jeden Tag, dass mein Vater in Kiew ans Telefon geht und ich so weiß, dass er noch lebt“, sagt sie mir im Gespräch.

Sie will etwas tun – gegen den Krieg in ihrer Heimat und plant deshalb eine Gala.

„Ich denke, dass ich durch meine künstlerische Ausdrucksform am besten mein Herz sprechen lassen kann und vor allem so die Herzen der anderen Menschen erreiche“, erklärt sie weiter.

Hier einige ausgewählte Texte und ein E-Book über das Leben und das Denken der Prima Ballerina und ihrer Familie.

DER KLEINE EMILIAN IST DA

IANA - 2

IANA SALENKO IM TELEFONINTERVIEW

IANA-1 a

GESPRÄCHE MIT EINER PRIMA BALLERINA

IANA ERZÄHLT

 

https://uwemuellererzaehlt.de/ueber-menschen-erzaehlen/iana-salenko-primaballerina/

DIE BIBEL ÜBER DEN GEWINN VON GUTEM REDEN

BIBEL

BIBEL-22.03.28

Einem Mann wird vergolten, was sein Mund geredet hat, und er wird gesättigt mit dem, was seine Lippen einbringen.
Spr 18,20

 

MEIN FREUND, DER ALLTAG

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https://uwemuellererzaehlt.de/mein-freund-der-alltag/alltaeglcihes-2022/

12. KW – DAS WAREN DIE BEITRÄGE

MEIN FREUND, DER ALLTAG

ALLTÄGLICHES-22.03.26

BIBEL IM ALLTAG

DIE BIBEL ÜBER UNÜBERLEGTES REDEN

WENN MEIN FREUND, DER ALLTAG DOCH ANTWORTEN KÖNNTE (1-3)

WENN MEIN FREUND, DER ALLTAG DOCH ANTWORTEN KÖNNTE (4)

 

 

 

 

SCHREIBEN, ERZÄHLEN – DAS IST ZUALLERST HANDWERK

THURE – SCHREIBSKIZZEN (3)

THURE – SCHREIBSKIZZEN (3)

THURE-22.03.25

DIE PRÄMISSE DER ERZÄHLUNG VON ‚THURE AUS SCHEBSAND‘

Zusammenfassung (1) + (2):
‚Thure aus Schebsand‘ ist eine Erzählung, die ihre Themen im Alltag findet.
Thure erzählt von sich und den Menschen, die er liebt, denen er begegnet – mit all ihren Hoffnungen, Träumen, ihrem Glück und auch Leid.
Autobiographische Züge vermischen sich mit fiktionalen Erzählungen, mit fiktiven Figuren, über die der Hauptprotagonist erzählt.
Das Dorf Schebsand ist ebenfalls fiktiv.
Der Autor wählt die ‚Er-Perspektive‘ der personalen Erzählweise.
Der Vorteil: Man kann ein Ereignis schildern und gleichzeitig von außen auf das Geschehen schauen.
Der letzte Teil der Einführung fasst die wichtigsten Motive und Vorgehensweise noch einmal zusammen. Daraus entsteht die Prämisse der Geschichte.

Die Prämisse, die sich hinter der Geschichte von ‚Thure aus Schebsand` verbirgt, ist die Botschaft, das Leben im ‚Hier und Jetzt‘ zu leben.

Thure hat Jahre und Jahrzehnte damit verbracht, zu studieren, zu promovieren, die Karriereleiter zu erklimmen.

Bis die Wende kam und er sich neu orientieren musste. Vieles von dem, was er gelernt hatte, war nichts mehr Wert, wurde nicht mehr nachgefragt.

Wieder begann für ihn eine Jagd nach Jobs, Einkommen und Ansehen.
Thure erkämpfte sich vieles neu, verlor wiederum viel und schließlich saß er morgens auf der Holzbank vor seinem Haus, sah in die Wiesen seines Dorfes und fragte sich, worauf es im Leben überhaupt ankam.

Er war immer wieder verblüfft, wenn er feststellte, dass es die winzigsten Momente waren, die ihm das größte Glück bescherten. Da war Emme, seine kleine Enkelin, über die Maßen frech, die zu ihm sagte: „Komm‘ Opa, gehen wir spielen!“, und nur dieser kleine Satz erfüllte ihn mit einem großen Glücksgefühl, obwohl er sich oft gar nicht von seinem Sessel erheben mochte.

Oder die Gespräche mit dem Bäcker Hennes Hurnchen, den er gern ‚Hörnchen‘ nannte.

Der Wechsel aus Beobachtungen, Erlebnissen, Erinnerungen von Thure, gepaart mit Konflikten und humorvollen Dialogen – das ist der Kern, der Geschichte ‚Thure aus Schebsand‘

Thure ist dabei der Hauptprotagonist, die Erzählstimme.
Die Figur ist fiktional. Sie ist von mir, dem Autor, geschaffen worden.

Es gibt sie nicht im wahren Leben.
Schön und gut, wird mancher sagen, der den Erzähler kennt.

Aber hast du nicht auch im wahren Leben, dir deinen Hintern plattgedrückt auf den Schulbänken, hast jahrelang in Hörsälen herumgelungert, drei Diplome hinter dich gebracht, um schließlich wieder vor dem ‚Nichts‘ zu stehen?

Ja, das stimmt schon. Insofern gibt es Parallelen, Erfahrungen, die aus dem ‚echten Leben‘ mit hineinspielen.

Keiner, der schreibt, sei es nun der große Schriftsteller oder der gegen die Großen der Literatur schmächtig und blass wirkende Autor eines Blogs, der auf der Tastatur herumstochert, um den richtigen Buchstaben zu finden oder verzweifelt draufhaut, weil ihm nichts einfällt – sie alle haben eines gemeinsam: Jeder von ihnen stützt sich auf das, was er kennt, was er erlebt hat.

Insofern geht es immer auch um Autobiographisches. Der Unterschied zur sachlichen Erzählung, dem Begründen und Erklären besteht vor allem darin, dass der Autor in der belletristischen Erzählweise eher auf die Emotionen setzt, etwas beschreibt, bevor er nur nüchtern die Fakten darlegt.

Im Amerikanischen gibt es dafür einen Satz: „Show it, don’t tell it.“
Etwas zu zeigen und nicht nur darüber zu reden, ich denke, das ist der größte Unterschied, vielleicht auch die schwierigste Seite des Erzählens.

„Ich ging in den Garten und fand es schön, was ich sah“, das ist schnell geschrieben.

„Thure atmete die klare Luft am Morgen ein, während er auf der Holzbank saß und beobachtete, wie sich der Tau noch in den Blättern hielt und die Katze von nebenan ihn im Vorbeilaufen ansah und zu fragen schien: ‚Was machst du eigentlich hier draußen um diese Zeit?“, das erfordert schon vom Erzähler, sich intensiver in die Details hineinzubegeben.

Die Beweggründe hinter bestimmten Erlebnissen und Ereignissen zu beschreiben, die Figuren in ihren Dialogen lebendig werden zu lassen und so die Leserinnen, den Leser mit auf die Reise zu nehmen, das treibt mich als den Autor an.

Wird das alles gelingen? Das ist schwer zu sagen. Wird es harte Arbeit werden? Wahrscheinlich.

Trägt es dazu dabei, Geschichte und Geschichten von Menschen ein Stück lebendig werden zu lassen?
Ich glaube schon. Und das ist Motivation genug, nun mit den kleinen Geschichten zu beginnen.

 

THURE AUS SCHEBSAND

SCHREIBEN, ERZÄHLEN – DAS IST ZUALLERST HANDWERK

SCHREIB-ALLTAG

SCHREIB-ALLTAG-22.03.24

BEITRÄGE AUS DEN JAHREN 2021 UND 2020

IM SCHREIB-ALLTAG SEIN HANDWERK BEHERRSCHEN

2020

SCHREIBEN IN ZEITEN VON CORONA

SCHREIB-ALLTAG

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https://uwemuellererzaehlt.de/schreiballtag/

WENN MEIN FREUND, DER ALLTAG DOCH ANTWORTEN KÖNNTE (4)

MEIN FREUND, DER ALLTAG

ALLTÄGLICHES-22.03.23

VOM NORDIC WALKING IN NEUEN LAUFSCHUHEN

„Ich habe es geschafft, lieber Alltag, ich konnte mich wieder aufraffen und eine halbe Stunde Nordic Walking machen“, sagte ich freudig und energiegeladen, nachdem ich frisch geduscht am Schreibtisch saß.

„Donnerwetter, dass du dich überwinden konntest, da staune ich. Wann bist du denn aufgestanden?“, fragte mich der Alltag.

„Kurz vor fünf Uhr. Danach habe ich mir die kleine Lampe über die Mütze gezogen – du weißt schon, damit ich wenigstens ein bisschen was sehe, ja und dann bin ich losgelaufen.“

„Wie, du bist, ohne dich umzuziehen, nur mit einer Lampe und den Stöcken losgelaufen?“

„Alltag, frag‘ doch nicht so blöd. Natürlich habe ich mich angezogen. Anschließend musste ich mich noch in die neuen Laufschuhe quälen.
Klara hatte mir welche gekauft.“

„Und, hast du dich gefreut?“
„Also, wenn ich ehrlich bin, dann muss ich ‚nein‘ sagen.
„Warum?“, fragte der Alltag erstaunt.

„Naja, erst einmal liebe ich meine ausgelatschten Schuhe, die oben leicht eingerissen sind. Aber genau darum kann ich ja besser in die Schuhe reinrutschen, weil sie schon so kaputt sind.“

„Und nun?“
„Jetzt musste ich mich mit dem Schuhanzieher quälen. Als ich die Schuhe endlich anhatte, da drückte eine Seite am linken Fuß. Aber ich war zu faul, sie aufzumachen und alles von vorn zu schnüren.“

„Hat dich der Schuh stark gedrückt?“
„Und wie!“

„Außerdem, lieber Alltag, hat Klara gleich zwei Paar Schuhe gekauft.“
„Das ist doch schön. Ich hoffe, du hast dich bedankt.“

„Ja, schon. Ich habe ihr aber auch gesagt, dass sie lieber ein paar Schuhe hätte kaufen sollen und dafür Bessere, so richtig gute.“

„Was hat Klara gesagt?“

„Das nächste Mal, da kaufst du dir deine dämlichen Schuhe alleine.“
„Und, machst du das?“
„Nö, ich hab‘ ja jetzt erst einmal welche, sogar zwei.“

 

WENN MEIN FREUND, DER ALLTAG DOCH ANTWORTEN KÖNNTE (1-3)

MEIN FREUND, DER ALLTAG

ALLTÄGLICHES-22.03.22

WENN MEIN FREUND, DER ALLTAG ANTWORTEN KÖNNTE (1)

WENN MEIN FREUND, DER ALLTAG ANTWORTEN KÖNNTE (2)

WENN MEIN FREUND, DER ALLTAG ANTWORTEN KÖNNTE (3)

 

DIE BIBEL ÜBER UNÜBERLEGTES REDEN

BIBEL

BIBEL- KOMPAKTE WEISHEIT FÜR DEN ALLTAG

BIBEL-2022.03.21

„Der Mund des Toren bringt ihm sein Verderben, und seine Lippen bringen ihn zu Fall.“

Spr 18, 7

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11. KALENDERWOCHE – DAS WAREN DIE BEITRÄGE

MEIN FREUND, DER ALLTAG

ALLTÄGLICHES-22.03.19

BIBEL IM ALLTAG

DIE BIBEL ÜBER ERWORBENE KLUGHEIT, DIE VOR FEHLERN BEWAHRT

NIETZSCHE ÜBER DIE ÖKONOMIE DER GÜTE

WENN MEIN FREUND, DER ALLTAG ANTWORTEN KÖNNTE (2)

WENN MEIN FREUND, DER ALLTAG ANTWORTEN KÖNNTE (3)

THURE – SCHREIBSKIZZEN (2)

THURE – SCHREIBSKIZZEN (2)

THURE-22.03.18

Ich bin in der Phase, in der ich mir konkreter Gedanken darüber mache, auf welche Art ich ‚Thure aus Schebsand‘ erzählen soll.
Lieber aus der Perspektive des sogenannten ‚Ich-Erzählers‘ oder doch eher aus einer distanzierteren Perspektive, nämlich der des personalen oder auch ‚Er‘-Erzählers?

Ich habe schon meine Frau genervt, eine Meinung bei meiner Tochter eingeholt.

Aber wirklich weiter bin ich nicht gekommen. Außerdem sind jetzt beide von mir extrem genervt.

Aber egal, wie ich mich letztlich entscheide, es muss emotional sein, die Details müssen stimmen und vor allem muss ich mit meiner ‚Schreibstimme‘ zum Leser durchdringen.

Wird mir das gelingen?
Ich bin mir nicht sicher.
Was kann ich tun?

Naja versuchen, dass durch die Zeilen mein „Ich“ durchdringt.
Was ist wichtig in diesem Zusammenhang?

Es geht nicht darum, dass der Mensch Uwe Müller zu 100 Prozent mit dem Erzähler übereinstimme.

Der Mensch Uwe Müller hat seine Schwächen und Stärken im Alltag.
Manchmal habe ich zum Beispiel keine Lust, etwas aufs Papier zu bringen.

Ich habe ‚einfach keinen Bock‘ an bestimmten Tagen.
Als Erzähler hingegen bin ich quasi in einer vorteilhafteren Position.

Der personale Erzähler Uwe Müller blendet vieles aus, hebt anderes wieder hervor, erfindet Situationen hinzu, denkt über die Handlungsweisen von fiktionalen Figuren nach.

Wem gebe ich nun den Vorrang – dem ‚Ich-Erzähler` oder dem personalen ‚Er-Erzähler‘?

Zunächst zum ‚Ich-Erzähler‘:

Diese Erzählperspektive ermöglicht mir eine besondere Nähe zum Thema, zu dem, was in der Geschichte geschieht.
Ich bin sozusagen in doppelter Mission unterwegs: Zum einen bin ich der, der etwas erlebt hat und andererseits erzähle ich in Personalunion das Erlebte.

Der ‚Ich-Erzähler ist die Figur, die auch selber spricht.
Das ist natürlich sehr persönlich und eignet sich gut, um den Leser an der Geschichte und der erzählenden Geschichte besonders nahe dran zu sein.

Ein Beispiel für eine Einführung bei ‚Thure‘
„Der Tag verhieß nichts Gutes. Regentropfen trommelten ans Fenster, auf der gegenüberliegenden Seite des Hauses bogen sich die Kiefern und Tannen vom Sturm, der schon die ganze Nacht tobte.

Ich war schon ein paar Tage nicht mehr vor die Tür gegangen und mir fehlte der Spaziergang, besser das Nordic Walking an der frischen Luft.

Ich lebte nun schon über zweieinhalb Jahrzehnte in Schebsand und fühlte mich manchmal immer noch fremd, wenn ich durch das Dorf lief, vorbei am Dorfteich und an der Kirche…“

Es gibt Grenzen für diese Erzählweise: Der Blickwinkel ist stark eingeschränkt. Der ‚Ich-Erzähler‘ kann sich nicht in andere Figuren hineinversetzen. Außerdem kann ich nicht aus dieser Erzählperspektive heraus größere Zusammenhänge schildern, Ereignisse analysieren. Ich kann also nur wissen, was um mich herum unmittelbar passiert.

In die Köpfe der anderen kann ich schlecht hineinschauen, es sei denn, ich würde unglaubwürdig beim Erzählen.

Anders bei der ‚Er-Perspektive‘:

In diesem Fall kann ich ein Ereignis sowohl von innen her schildern und gleichzeitig auch von außen auf das Geschehen schauen.

Es bleibt trotzdem persönlich, denn ich kann ja in die Köpfe der Hauptfiguren ‚hineinschauen‘, wie zum Beispiel bei Thure. Ich habe also den Vorzug, den ich ebenfalls beim Erzählen aus ‚Ich-Perspektive‘ nutze und zusätzlich gewinne ich einen gewissen Abstand als Außenstehender.

Ich arbeite hier also auch vielmehr mit den Mitteln des Dialogs und der direkten Rede.

Dadurch schaffe ich es die Realität mit den inneren Gedankenvorgängen der Figur zu verbinden.

Ich entscheide mich für den personalen ‚Er-Erzähler‘, weil ich vor allem die Hauptfigur Thure von außen charakterisieren kann und gleichzeitig in ihre Gedankenwelt eintauche.

Zum Abschluss das erste Beispiel aus der Perspektive des personalen ‚Er-Erzählers‘:

„Der Tag verhieß nichts Gutes. Regentropfen trommelten ans Fenster, auf der gegenüberliegenden Seite des Hauses bogen sich die Kiefern und Tannen vom Sturm, der schon die ganze Nacht tobte.

Thure war schon ein paar Tage nicht mehr vor die Tür gegangen und ihm fehlte der Spaziergang, besser das Nordic Walking an der frischen Luft.

Er lebte nun schon über zweieinhalb Jahrzehnte in Schebsand und fühlte sich manchmal immer noch fremd, wenn er durch das Dorf lief, vorbei am Dorfteich und an der Kirche…“

 

 

WENN MEIN FREUND, DER ALLTAG ANTWORTEN KÖNNTE (3)

MEIN FREUND, DER ALLTAG

ALLTÄGLICHES-2022.03.17

„Guten Morgen, Alltag, heute melde ich mich mal bei dir zuerst und erzähle, wie es in Buch gelaufen ist.“
„Warum denkst du, dass es mich interessieren könnte, was du dort erlebt hast?“, fragte mich der Alltag.
„Naja, weil es Stück von dir ist, vom Alltag eben – nichts Sensationelles, Aufregendes, eher Alltägliches“, antwortete ich.
„Gut, dann erzähl mal“, sagte der Alltag. Er schien wirklich nicht sonderlich interessiert zu sein.
Und trotzdem: Ich begann, ihm meine Beobachtungen und Erlebnisse zu erzählen.
Ich nannte meinen Erlebnisbericht den

‚AUSFLUG INS KLINIKUM NACH BUCH‘

Ich hasste diesen Tag. Ich musste nach Buch fahren, um ein Belastungs-EKG zu absolvieren. Lieber würde ich am Schreibtisch sitzen. Selbst die Korrektur einer Augenoptik-Broschüre kam mir in diesem Augenblick als etwas sehr Erstrebenswertes vor, wenn ich mich dadurch vor dem Untersuchungstermin drücken konnte.

Ich kam in Buch an und fuhr problemlos ins Parkhaus.
Ich nahm die schwarze Tasche aus dem Auto und strebte dem Ausgang zu.

Das Parkhaus hatte einen Fahrstuhl.
Obwohl ich auf der zweiten Parkebene war, wollte ich nicht die Treppen laufen.

Warum sollte ich laufen, wenn ich bequem runterfahren konnte?
Der Fahrstuhl kam schnell, die Tür ging auf und ich begab mich ins Innere.

Obwohl das Parkhaus noch nicht einmal drei Jahre alt war, alles noch neu schien, machte der Fahrstuhl einen sehr dreckigen Eindruck. Der Spiegel war an mehreren Stellen mit spitzen Gegenständen bearbeitet worden.

An die Wände war weiße Farbe geschmiert worden. Auf dem Fussboden lag verkohltes Papier und unter meinen Füssen knirschte das Glas einer zertrümmerten Bierflasche.

Ich war froh, als ich unten angekommen war.
Ich musste über einen weiteren grossen Parkplatz laufen, um zum Hauptgebäude zu gelangen. Der Wind blies mir ins Gesicht und ich machte im Gehen den Mantel zu.

Als ich vor der Drehtür des Klinikums am Eingang stand, da wartete ich, bis die offene Seite der Tür bei mir angekommen war. Ich ließ noch einer Frau, die hinter mir lief, den Vortritt.

Sie dankte es mir, indem sie betont langsam reinging. Ich wäre danach fast nicht mehr reingekommen.
Ich hatte allerdings bereits einen Schritt in das Rondell gemacht, war quasi mit einem Bein im ‚Boot‘ und mit dem anderen noch auf dem ‚Steg‘.

Das Dilemma: Die Frau vor mir ging nun gar nicht mehr weiter und sagte stattdessen mürrisch: „Wir kommen alle an!“
‚Da wolltest du mal ein Gentleman sein und schon geht es schief‘, dachte ich bei mir.

„Wenn Sie weiter stehenbleiben, während sich die Drehtür bewegt, dann werden wir einfach nur kurz ins Foyer geschleift und dann wahrscheinlich wieder in Richtung Ausgang zurückgedrückt“, sagte ich leicht genervt zu ihr.

Ich wollte mich nicht aufregen und nun tat ich es doch. Aber irgendwann stand ich dann doch im Eingangsbereich des Klinikums.
Und schließlich saß ich in der Empfangshalle zur Kardiologie und wartete, bis meine Nummer aufgerufen wurde.

An der Leuchttafel erschien die 102. Auf meinem Ticket stand die Zahl 106.
Es konnte also nicht mehr so lange dauern. Ich schaute mich um.
Der Raum, in dem ich sass, war hell.

Das Dach war gewölbt und aus Glas, durch das die Sonne gleisste.
Ob es hier im Sommer warm wurde und man es dann nicht aushalten konnte?

Ich wollte es nicht ausprobieren, aber ich fürchtete, dass ich nicht das letzte Mal zur Untersuchung im Klinikum war.
Die Schwester am Tresen war freundlich.

„Gehen Sie einfach geradeaus, nehmen Sie Platz, Sie werden aufgerufen“, sagte sie zu mir.

‚Ergometrie‘ stand an der Tür auf einem Schild, vor dem ich wartete.
Ich war irgendwie froh, dass ich meine Beschäftigung hatte. Ich saß auf einem Holzstuhl und schrieb auf meinem iPhone.

Besser, ich tippte mit meinen beiden Daumen auf die Buchstaben der Tastatur und wenn ich Glück hatte, dann traf ich den richtigen von ihnen.

Meine Daumen waren zu dick, sodass ich manchmal den Buchstaben rechts oder links erwischte und nicht den, den ich eigentlich treffen wollte.

Aber ich hatte mich schon recht gut eingefuchst
Ich tippte lediglich mit den Spitzen der Daumen auf die Zeichen und so blieb die Fehlerquote niedrig.

Ich hatte meine Tasche neben mir abgestellt, die Beine weit ausgestreckt und unten die Füsse übereinander gelegt. Auf meinem Bauch lag die schmale Seite des Handys, sodass ich das Gewicht des Handys nicht wo spürte und ich eine stabile Position beim Schreiben innehatte.

Die Tür zur Praxis ging auf und im Türrahmen stand eine Schwester, die mir Angst einflösste.

„Herr Müller“, hörte ich meinen Namen von ihr rufen. Ich blickte mich um, vielleicht war ja noch ein zweiter Müller im Warteraum, so unwahrscheinlich war das ja nicht, bei meinem Nachnamen. Aber es rührte sich keiner von denen, die auf den weiteren Stühlen Platz genommen hatten.

Alle waren wohl mit sich beschäftigt und warteten nur darauf, dass ihr Name aufgerufen wurde.
Ich ging in das Zimmer.

„Guten Tag“, sagte ich freundlich und mit einem beklemmenden Gefühl in der Brust.

„Sie können dort ihre Sachen hinlegen“, sagte die Schwester, ohne meinen Gruß zu erwidern.

Ich machte den Oberkörper frei, bis auf ein T-Shirt, dass ich extra unter den Pullover gezogen hatte, um nicht nackt dazustehen.
„Das Hemd müssen Sie auch ausziehen“, schnarrte die Schwester im Befehlston.

Ich war nicht begeistert. Mein Plan war nicht aufgegangen und abgenommen hatte ich auch nicht genügend.
„Sie haben ja täglich das Grauen vor Augen“, versuchte ich zu scherzen.
„Dann können Sie nicht in einem medizinischen Beruf arbeiten“, sagte sie, ohne sich umzudrehen.
Ich stand mit nacktem Oberkörper vor ihr und fühlte mich, als würde ich gleich auf den elektrischen Stuhl geführt werden.
„Setzen Sie sich auf das Fahrrad“, sagte sie.

Ich versuchte das Bein über die Stange in der Mitte zu heben und suchte nach einer Möglichkeit, mich abzustützen.
„Nicht auf das Messgerät fassen“, sagte die Schwester im belehrenden Ton.

„Ich bin nicht senil“, knurrte ich zurück.
Ich merkte, wie so langsam kalte Wut in mir aufstieg.
Die nächsten Minuten verliefen schweigend. Die Schwester schloss mich an eine Reihe von Drähten an.

„Jetzt fangen Sie an, in die Pedalen zu treten und alle zwei Minuten werde ich die Belastung steigern.“

Ich nickte und begann meine Beine zu bewegen, immer im Kreis und ohne, dass ich vorwärtskam.
Obwohl ich die Schutzmaske aufbehalten musste, lief es besser, als ich es selbst erwartet hätte.

„Das sieht ja gar nicht so schlecht aus“, sagte die Schwester nachdem ich aufgehört hatte.

„Muss ich sterben?“, fragte ich.
„Ja, aber nicht sofort“, antwortete sie trocken.
Ich hatte irgendwie den Eindruck, dass sie lockerer wurde.

„Sie haben promoviert?“, fragte sie nun.

„Ja, sagte ich“, aber das ist nicht mehr wichtig“, antwortete ich.
„Was ist Ihnen wichtig?“, fragte sie mich.

„Dem Alltag ein bisschen Freude abgewinnen.“
„Das ist leichter gesagt, als sie es hier umsetzen können“, sagte die Schwester.

Ich staunte, dass sie sich überhaupt auf einen Dialog mit mir einließ.
„Wissen Sie, Sie werden ja nicht den ganzen Tag vor Glück umherspringen müssen, aber Sie hätten schon Grund, um ein wenig glücklich zu sein.“

„Wie soll das gehen?“, fragte sie mich misstrauisch.
Ich hätte jetzt antworten können, dass ich nicht ihr Seelentröster bin, kein Coach und auch nicht ihr Clown, der für ihre gute Laune zu sorgen hatte.

Laut sagte ich etwas Anderes:
„Sie haben einen tollen Beruf. Sie helfen Menschen. Und ganz wichtig: Sie können mit den Patienten kommunizieren, Sie ermuntern, einfach für sie da sein.“

„Hm“, sagte sie und schaute mich ungläubig an.
„Es kostet ein wenig Kraft und Überwindung. Doch wenn Sie es schaffen, am Tag auch nur eine Sache gut zu finden, dann haben Sie gewonnen.

Sie schauen aus einem Fenster in einen Park hinein, sie arbeiten ganz allein in diesem Zimmer, sind sozusagen der ‚Kapitän‘ auf Ihrem Boot und sie lernen die unterschiedlichsten Menschen kennen“, schob ich noch hinterher.“

Jetzt war ein flüchtiges Lächeln auf Ihrem Gesicht zu sehen.
„Ich wünsche Ihnen noch einen wirklich schönen Tag“, sagte sie zu mir, als ich aus dem Zimmer ging.

‚Das hast du aber gut hingekriegt‘, flüsterte der Alltag mir ins Ohr.
‚Ich hab‘ dich auch lieb‘, brummte ich.

WENN MEIN FREUND, DER ALLTAG ANTWORTEN KÖNNTE (2)

MEIN FREUND, DER ALLTAG

ALLTÄGLICHES-2022.03.16

„Guten Morgen, mein Freund“, riss mich der Alltag aus meinen Gedanken.
„Hm.“
„Schlecht gelaunt?“
„Nein, nur keine Lust zu sprechen, Alltag.“

„Das Wetter ist schön, der Tag beginnt herrlich und du bist schlecht gelaunt?“
„Alltag, du kannst nerven!“
„Warum?“

„Weil ich aufwache und denke: ‚Warum kannst du dich nicht freuen?“
„Und warum kannst du dich nicht freuen?“
„Alltag, du lässt aber auch nicht locker.“

„Warum auch?“, blieb mir der Alltag auf den Fersen.
„Also gut, weil ich gleich wieder an den Krieg in der Ukraine denken musste. Aber ich habe ja versucht, mich abzulenken.“

„Und, wie hast du das gemacht?“
„Ich habe an meinen Termin heute in Buch gedacht.“
„Wie ging es dir bei diesem Gedanken?“
„Noch schlechter.“

„Warum?“
„Weil ich im Klinikum aufs Fahrrad steige, verdrahtet werde und strampeln muss.“
„Was ist schlimm daran?“, fragte der Alltag verwundert.

„Naja, weil ich wieder ein Kilo zugenommen habe.“
„Aber das ist doch nicht so schlimm“, versuchte der Alltag mich zu beruhigen.

„Doch, ist es. Vor allem schmeißt mein schlechtes Gewissen in solchen Situationen Sätze raus, wie:
‚Eigentlich treibe ich viel Sport, aber gegenwärtig haben mich die Ereignisse in der Ukraine aus der Bahn geworfen.“

Der Alltag wartete mit seiner Antwort, was schon nichts Gutes bedeutete.
Schließlich räusperte er sich und sagte mit leicht ironischer Stimme:
„Weißt du, wenn du schon den Satz mit ‚eigentlich‘ beginnst, dann hast du bereits zweimal gelogen.“

„Alltag, ich verbitte mir diese Unterstellung!“
„Oh, wir werden vornehm und unser Gewissen sendet Bestätigungssignale und deshalb werden wir leicht bockig“, amüsierte sich der Alltag.

„Nein, Alltag, aber ich war doch ehrlich zu dir.“
„Warst du nicht!“
„Wieso?“

„Als du ‚eigentlich‘ sagtest, da meintest du tatsächlich: ‚Mist, ich wollte doch schon länger wieder mit dem Sport angefangen haben, aber es kam was dazwischen.“

„Hm, da ist was dran, Alltag. Und die zweite Lüge?“
Die tischt du der Krankenschwester auf, die dich vor deinem ‚Fahrrad-Trip‘ verdrahtet.

Sie wird dich anschauen, nichts sagen und du denkst: ‚Oh Gott, was die wohl denkt?

‚Ist der dick‘ oder so ähnlich.
Und du wirst vorauseilend haspeln: ‚In letzter Zeit hapert es mit dem Sport und dem Abnehmen, aber bald, ja bald geht es wieder los.“

„Meinst du wirklich? Und was glaubst du, Alltag, was die Krankenschwester darauf sagt?“

Sie wird wahrscheinlich lächeln und das denken, was sie immer in solchen Momenten denkt.“

„Sag‘ schon, Alltag, was denkt sie in solchen Momenten?“
„Sie denkt: ‚Ja, mein Dicker, das alles haben wir vor dir schon von vielen Patienten gehört und nach dir werden noch viele Schwätzer kommen, die das gleiche sagen.“

„Meinst du wirklich? Alltag, was soll ich machen?“, fragte ich verzweifelt.
„Halt einfach deine Klappe, trete stattdessen in die Pedalen, stöhne nicht, jammere nicht, sei einfach ein Alltagsheld!“

„Ein Held, auch noch dein Held, Alltag?“
„Ja, nimm‘ den Tag wie er ist, versuch‘, dich an etwas zu erfreuen.“

„Na gut, Alltag, ich sehe schon, du lässt mich mal wieder allein mit meinen Ängsten.

Ich geh‘ mal rüber und wecke Klara. Ich finde, die könnte jetzt mal aufstehen und Frühstück machen.“

„Der lernt es nicht mehr“, seufzte der Alltag.
„Hast du was gesagt?“
„Nö.“