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Ich weiß nur wenig über diese japanische Kampfkunst. Ich weiß aber, dass sie für meine siebenjährige Enkelin eine wunderbare Begleitung ist – um sich körperlich fit und beweglich zu halten, Werte, wie Toleranz und Respekt zu erlernen, und: zu erleben. David Fuerst, 1. Dan, ist der Trainer der Gruppe, in der auch Krümel freitags lernt, oft trainiert, zuhört, meistens jedenfalls. Ich habe ihn bisher erst zweimal erlebt, und doch ist in dieser kurzen Zeit ein Stück Wertschätzung in mir aufgekeimt – vor allem für sein Engagement, seine wertvolle Arbeit, die er mit den Kindern leistet. Solche Worte wähle ich nicht leichtfertig. Sie sind ganz bewusst von mir gesagt und basieren auf meinem Fundament von über 70 Lebensjahren und fünf Jahrzehnten Berufserfahrung, immer noch freiberuflich als Redner tätig. Dieser kleine Bericht soll nur ein kleiner subjektiver Ausschnitt sein; vor allem um zeigen, wie dieses Training auch mich, den passiven Beobachter vom Mattenrand begeisterte. Das hier ist mein kleiner Bericht vom vergangenen Freitag.
Es war gegen fünf Uhr nachmittags.
„Kann ich mir mal wieder das Training von Krümel mitansehen?“, hatte ich ihre Mama am Telefon gefragt.
Sie stimmte sofort zu und so hatte ich sie von ihrer Arbeitsstelle abgeholt, in der sich Krümel zu der Zeit ebenfalls aufhielt.
Ich war nun das zweite Mal dabei und war gespannt, wie das Training ablief.
Krümel hatte sich bereits umgezogen und drehte sich ganz stolz in ihrem Aikido-Anzug vor mir.
Krümels Mama war noch einmal in den nahegelegenen Discounter gestürmt, um ein Gummiband für Krümel zu kaufen, damit sie sich einen Zopf binden konnte.
„Opa, wann kommt Mama denn endlich?“, fragte mich Krümel ganz aufgeregt, denn sie wollte auf keinen Fall den Beginn verpassen.
Endlich. Krümels Mama war vom Einkaufen zurückgekehrt.
Noch rechtzeitig?
Auf jeden Fall versuchte sie in Windeseile, noch das Gummiband in den Haaren ihrer Tochter festzumachen, aber Krümel hielt es nicht mehr und sie lief in den Saal, um den Beginn nicht zu verpassen.
Das war für ihre Mama nicht akzeptabel.
Sie wollte, dass Krümel auf sie hörte und nicht so einfach weglief, selbst wenn es schon sehr spät war.
Ich saß bereits im Raum, besser, ich hockte auf dem Boden.
‚Hoffentlich kommst du mit deinen 72 Jahren hier wieder so hoch, wie du runtergekommen bist‘, dachte ich noch bei mir.
„Krümel, komm‘ zu uns, wir brauchen dich hier“, sagte nun der Trainer David und entspannte damit die Situation.
Mir fiel ein Stein vom Herzen.
Eindrücke von einer Trainingsstunde bei Kokoro Aikido – Wartenberg.
Krümel saß in der Runde, warf mir einen Handkuss zu, lächelte und ihr kleine, von Lücken durchsetzte Zahnreihe blitzte auf.
Ich winkte und wusste, dass ich mich lieber zurückhalten sollte, damit die Kleine aufmerksam folgen konnte.
Aber wenn du deiner Enkelin zuschaust, den anderen Kindern, ja dann geht dir schon das Herz auf.
Die Trainingsstunde war angefüllt mit kleinen Prüfungen, an deren Ende alle eine Urkunde erhielten.
Darauf stand, dass Krümel an der Einstufungswoche teilgenommen und ihre kleine Prüfung zum roten Streifen erfolgreich abgelegt hatte.
Die Zeremonie, mit der der Trainer das Ganze vornahm, die beeindruckte mich sehr.
Die Trainingsteilnehmer rutschten einzeln auf den Knie nach vorn, bis zu einem bestimmten Punkt, an dem sie Trainer David dann gegenübersaßen.
Der Fachbegriff hierfür lautet wohl ‚Shikko‘.
Die Situation hatte etwas von Respektvollem, beide Seiten Würdigenden, sehr Feierlichen.
Die Art und Weise, wie der Trainer die Urkunden überreichte, vorher ein paar Worte sagte, mit klarer Stimme und dennoch einfühlsam, letztlich sehr motivierend – das begeisterte uns als Elternteile oder in meinem Fall als Großvater schon sehr.
Krümel wird noch viel lernen müssen – sich mehr konzentrieren, weniger mit anderen Kindern herumalbern, mehr üben.
Aber das war es nicht, was für mich in dem Moment wichtig war.
Wichtig war, wie der Trainer mit den kleinen Teilnehmerinnen und Teilnehmern sprach, wie er nicht nur etwas demonstrierte, sondern sie zum Mitmachen anregte, zum Mitdenken, zum Mitlernen.
„Was gehört alles zur Disziplin, welche Werte wollen wir leben“, so stellte er zum Beispiel zwischendurch sinngemäß seine Fragen.
Dieses ganzheitliche Herangehen, das methodisch durchdachte Zeigen, Trainieren, Wiederholen, das war es, was mir gefiel.
Ich musste zwischendurch an mein eigenes kleines Training denken und innerlich schmunzeln.
Würde ich wohl über die Matte rollen können?
Wahrscheinlich eher nicht.
Und dennoch: Ich hatte mir vorgenommen, mein Gewicht zu reduzieren, beweglicher zu werden, einfach mehr Sport zu treiben.
Ich war dazu in den letzten 14 Tagen jeden Morgen gegen fünf Uhr früh aufgestanden und gegen sechs lief ich in Nordic – Walking-Manier auf dem Laufband im Fitness-Center.
Danach waren 10 Stationen dran, vor allem die, die helfen sollten, meinen Bauch wegzukriegen.
Es war eine wahnsinnige Quälerei, aber ich war trotzdem ein wenig stolz auf mich, dass ich nun nicht nur bei Krümel saß und zuschaute, sondern selbst schon etwas getan hatte, um auch in dieser Hinsicht wieder ein Vorbild für sie zu sein.
„Das Glück ist mit Müdigkeit und Muskelkater billig erkauft“.
Das steht zum Schluss auf der Web-Site des Trainers David Fuerst.
Ein toller Spruch, eine Motivation auch für mich, weiterzumachen.
„Ich bin begeistert von dem Unterricht“, sagte ich dem Trainer nach der Stunde.
Der lief an mir vorbei, schon auf dem Sprung zum nächsten Training.
Sein Blick sagte mir, dass er es mir wohl nicht so richtig abgenommen hatte, es wohl mehr als gutgemeinte Worthülsen registrierte
Ich sage es vor allem aus meiner eigenen Berufs – und Lebenserfahrung heraus:
Ich kann mir für meine Enkelin, keine bessere Schule fürs Leben vorstellen – von der physischen, aber auch mentalen Ausbildung her.
Und: Die spielerische Art, in der die Trainingseinheiten aufgebaut waren und trotzdem gleichzeitig sehr strukturiert, gut durchdacht abliefen – das war es, was mich faszinierte.
Wir bezahlen das Training für Krümel und wir tun das gar nicht zuerst, weil wir die Eltern entlasten wollen.
Nein, wir wollen es, weil durch unsere Investition ein Reichtum zu uns selbst zurückkommt, den wir monetär gar nicht messen wollen.
Danke dafür, auch im Namen von Krümel, die wollte, dass ich diese Zeilen schreibe, aber es wohl nie so sagen würde und hoffentlich künftig noch aufmerksamer ist.
Uwe Müller
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ERKENNTNISSE FÜR DAS LEBEN – GEWONNEN AUS MEINER ARBEIT ALS TRAUERREDNER
DAS VORGESPRÄCH – HERZSTÜCK IM PROZESS DER ERARBEITUNG EINER TRAUERREDE
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Krümel war gerade mal vier Jahre alt. Wir spielten Löwe und Hase. Der dicke Löwe war ich, natürlich. Krümel hatte mächtige Angst, dass ich ihren Stoffhasen fressen würde. Und so bot sie mir als Ersatz einen anderen Hasen an. Ein Kissen musste als Darstellung für diesen kleinen Hasen reichen. Aber auch dieser Hase tat mir, dem Löwen irgendwie leid und so mutierte ich mal ganz einfach zum Pflanzenfresser. Eine komische Geschichte, aber was war nicht komisch im Lockdown? Aufgeschrieben habe ich den Text im Rahmen der Familienerzählung ‚Anna ist dement.‘
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SÄTZE VON DEN GROSSEN – SPARSAM IN DER WORTWAHL, WIRKSAM FÜR GELEBTEN ALLTAGSSINN (6)
SÄTZE VON DEN GROSSEN – SPARSAM IN DER WORTWAHL, WIRKSAM FÜR GELEBTEN ALLTAGSSINN (7)
SÄTZE VON DEN GROSSEN – SPARSAM IN DER WORTWAHL, WIRKSAM FÜR GELEBTEN ALLTAGSSINN (8)
SÄTZE VON DEN GROSSEN – SPARSAM IN DER WORTWAHL, WIRKSAM FÜR GELEBTEN ALLTAGSSINN (9)
SÄTZE VON DEN GROSSEN – SPARSAM IN DER WORTWAHL, WIRKSAM FÜR GELEBTEN ALLTAGSSINN (10)
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Anna lebt nicht mehr.
Es ist schwer, sich mit dieser Tatsache abzufinden.
Klara kann es noch nicht fassen, Laura nicht und ich auch nicht.
Aber es ist eine Wahrheit, die bitter und zugleich unumkehrbar ist.
Wir können also nur eine Brücke bauen, über die wir weiterhin zu ihr gelangen, sie bei uns bleibt– in unseren Herzen und in der Erinnerung.
Immer wieder habe ich über Anna geschrieben, kleine Geschichten, humorvolle Begebenheiten und auch bittere Erfahrungen.
All das gehörte zu Annas Leben und zum Leben unserer gesamten Familie.
Einige dieser Begebenheiten habe ich noch einmal durchgesehen, ein bisschen bearbeitet.
Aber im Grunde genommen sind die Erzählungen so geblieben, wie ich sie auch vor sieben Jahren begonnen habe aufzuschreiben.
Hier sind einige davon.
Sonntagabend.
Laura ist zu Besuch.
Peter versucht Laura zu erklären, warum Anna nicht mehr alles versteht.
Klara hatte noch einmal bei Anna angerufen. Sie wollte nicht, dass ihre Mutter nun vielleicht durcheinander war, weil Laura ihr am Telefon nicht richtig erklärt hatte, dass sie unverhofft aus Berlin zu Besuch gekommen war.
Es war für keinen leicht, mit der Demenz von Anna umzugehen. Nicht für Klara, für Peter nicht und auch nicht für Laura.
„Du musst mit Oma gehirngerecht kommunizieren.“
„Papa, was ist das für ein Quatsch?“, protestierte Laura.
„Ja, wahrscheinlich hast du Recht. Was ich damit sagen will: Oma kann nicht mehrere Informationen gleichzeitig verarbeiten. Das verwirrt sie.“
„Was meinst du?“, fragte Laura.
„Nun, du gehst an unser Telefon. Für Oma müsste jetzt Mama am Hörer sein. Stattdessen hört sie deine Stimme. Für sie wohnst du in Berlin.
Wir wiederum sind für sie gerade dort, wo sie jetzt auch anruft – im Dorf in der Nähe von Berlin. Also solltest du erst einmal sagen, dass du bei uns spontan zu Besuch bist, in Brandenburg.“
„Spontan zu Besuch?“, fragte Laura dazwischen.
„Das versteht sie doch erst recht nicht.“
„Aber stell dir vor, du würdest die Informationen per Rohrpost versenden – ein Satz folgt auf den anderen, und sie gehen alle in die gleiche Richtung.
Da kannst du ja auch nicht mit dem letzten Satz anfangen, sondern du schiebst den ersten Satz zuerst durch.“
„Na gut Papa, das ist mir zu blöd.“
Peter schwieg. Laura lag vermutlich richtig.
Er war eben auch nicht trainiert auf die Kommunikation mit demenzkranken Menschen.
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Krümel, meine kleine Enkelin, sieben Jahre alt, hat mir eine Lektion erteilt, in Sachen Kommunikation.
Was war passiert?
Wir waren kurz davor, Krümel wieder zu ihrer Mama zu bringen.
Während Klara und ich bereits am Auto standen, war Krümel noch einmal auf den Spielplatz gestürmt und auf die Rutsche geklettert.
Eine Frau trat an sie heran und fragte sie, ob sie daran beteiligt gewesen wäre, ihre Kürbisse zu zerstören, die auf der Terrasse aufgestellt waren.
Klara hatte noch Tage zuvor zu mir gesagt: „Schau mal, wie schön!“
Wir konnten uns dazu freuen, wenn Menschen sich mit Hingabe, Leidenschaft und Kreativität daran machten, die Umgebung zu verschönern.
Nie im Leben kämen wir darauf, dass jemand so etwas mutwillig zerstören würde.
„Nein, das war ich nicht“, hatte Krümel also leise auf die Frage geantwortet, leise zwar, aber deutlich genug.
Ich sprach die Frau an und wollte wissen, warum sie sich an unsere Enkelin gewandt hatte.
„Ihre Enkelin wurde gesehen, dass sie die Kürbisse kaputtgemacht hat, die wir aufgestellt haben“, antwortete die Frau dem Sinn nach.
Ich war entsetzt.
Krümel sollte mutwillig Kürbisse zerstört haben?
Es konnte gar nicht so sein.
Warum nicht?
Nun, weil wir an dem benannten Donnerstag vormittags zum Pilze sammeln im Wald waren.
Nachmittags dann war ich am Schreibtisch, Krümel hat neben mir Blätter Papier aus dem Drucker genommen, sie bemalt und dabei vor sich hingesungen.
Später ist sie zu Klara gegangen, hat beim Kuchen backen mitgeholfen und versucht, für Klara Rezepte auf kleine Zettel zu kritzeln. Danach hat sie sich einen Trickfilm angeschaut.
Sie war also gar nicht mehr unten, zumal wir sie ohnehin nicht allein auf den Spielplatz lassen würden.
Dafür kannte sie hier niemanden und unsere Angst war viel zu groß, dass etwas passierte.
Nun mischte sich der Partner der Frau ein.
Er nickte und bestätigte, dass Krümel beobachtet worden sei.
Nachbarn hätten sie gesehen. Von einem gut sichtbaren Platz aus.
Auf meine Frage hin, wer das sei, und ob diese Nachbarn sich nicht bei uns melden könnten, bekam ich keine Antwort.
Es blieb im Verborgenen, anonym.
Ich war darüber noch mehr empört, mein Herz schlug bis zum Hals.
Meine Stimme wurde lauter, und dass, obwohl ich ohnehin schon laut sprach.
„Seien Sie doch nicht so aggressiv“, entgegnete mir der Partner der Frau.
Er hatte recht mit seinem Vorwurf, dass ich zu laut wäre.
Ich meinte es sein zu dürfen, weil ich mich ungerecht behandelt fühlte.
Zum Schluss aber, habe ich mich noch für meine Lautstärke entschuldigt, und er hat das akzeptiert.
Was blieb im Raum?
Uns wurde vorgeworfen, dass unsere Enkelin an einer Tat beteiligt gewesen wäre, die wir selbst verurteilen würden, ja es einfach widerwärtig fanden, dass so etwas überhaupt geschehen war.
Auch wenn es vielleicht als kleiner ‚Dummen-Jungen-Streich‘ oder in diesem Fall ‚Mädchen-Streich‘ abgetan worden wäre – das wollte ich nicht auf mir sitzen lassen.
Ich hätte das schon alles gern aufgeklärt.
Unsere Enkelin konnte es nicht gewesen sein, einfach, weil sie nicht unten war.
Doch – wer war es dann?
Und wieso konnte jemand behaupten, dass es unser Krümel war, die siebenjährige, die lieber im Hintergrund blieb?
Ich war traurig und es fiel mir schwer, mich in den Griff zu bekommen.
Das war meine Achillesferse in dem Moment.
Denn auf den ersten Blick, da hat derjenige, der lauter wird, nicht Recht, im Gegenteil.
Aber wie sah nun der zweite Blick aus?
War es redlich und fair, dass Nachbarn einfach behaupten konnten, dass Krümel mit beteiligt war, ohne dass sie einen Beleg vorlegten?
War es nicht vielmehr so, dass sie sich geirrt und Krümel ganz sicher mit jemand anderem verwechselt hatten?
In dem hitzigen Disput, als die Frau schließlich sagte: „Das bringt doch hier alles nichts“, da entstand bei mir der latente Eindruck von dem, was sie dachten.
Und zwar: „Wir wissen schon, dass Ihre Enkelin mitbeteiligt war, wir können es nur nicht nachweisen!“.
Da zeigte ich als Erwiderung nicht wirklich Größe.
Nein, es war Krümel, die das an meiner Stelle tat.
Sie hob ihr Ärmchen, meldete sich, so, als sei sie in der Schule.
Die Frau erteilte ihr durch ein kurzes Nicken das Wort.
Mein Gefühl war, sie dachte, Krümel würde es nun nicht mehr aushalten und zugeben, dass sie mitbeteiligt war.
Doch Krümel sagte mit leiser Stimme und etwas stockend:
„Aber wenn ich es nicht war, und ein anderer sagt, dass ich es war, dann hat der ja gelogen, oder?“
Die Frau nickte kaum merklich, so jedenfalls meine Wahrnehmung.
Wir sind danach gegangen, ins Auto gestiegen und sind losgefahren.
Auf der Fahrt hat Krümel mich zur Rechenschaft gezogen:
„Opa, du warst viel zu laut! Die Frau hat mich nur gefragt, ob ich daran beteiligt war.
Und als ich ‚nein‘ gesagt habe, da hat sie nichts mehr gesagt.“
Ich schwieg und klammerte mich verbissen ans Lenkrad.
Ich war noch zu aufgewühlt – einmal, weil jemand behauptete, Krümel hätte etwas getan, was sie doch zweifelsfrei nicht getan hatte.
Ich kam mir vor, als hätte mich jemand mental aus dem Hinterhalt angegriffen, ohne selbst aus der Deckung kommen zu müssen.
Aber Krümel sagte: „Opa, du kannst nicht so laut sein, du bist nicht der Anführer der Welt!“
Ich war verblüfft, zunächst.
Doch dann musste ich schmunzeln.
Sie hatte wirkliche Größe bewiesen.
Krümel war nämlich ruhig geblieben, hatte klar gesagt, was sie dachte.
Sie hatte mehr Mut, mehr Gelassenheit bewiesen, mit einer schwierigen Situation umzugehen, als ich, ihr 65 Jahre älterer Opa. .
Über fünf Jahrzehnte hatte ich an Hochschulen studiert und gelehrt, war Manager und Coach in mittelständischen Unternehmen gewesen.
Meine siebenjährige Enkelin jedoch, die hatte mir gezeigt, wie wirklich gute und respektvolle Kommunikation aussehen kann, obwohl gegen sie solch ein Vorwurf erhoben wurde, den ich nur schwer ertragen konnte.
Krümel – bitte entschuldige, dass ich in der Situation kein Vorbild für dich war.
Aber du warst es für mich.
Ich werde künftig von dir lernen, ruhig zu bleiben, das Für und Wider sachlich auszutauschen und so der Wahrheit ein Stückchen näher zu kommen.
Krümel, ich bin unendlich stolz auf dich, Opa.
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Die neue Woche hat begonnen und es ist wieder Ruhe eingezogen.
Am Samstag hatten wir Krümel bei uns und es ging turbulent zu – wie immer eben.
Bevor ich Laura und die Kleine abholen konnte, musste ich noch in die Werkstatt, um die Räder von ‚Sommer auf Winter‘ umstellen zu lassen.
Wir sind Samstagmorgen ungewöhnlich früh aufgestanden und ich bin gegen 07.00 Uhr in Richtung Autohaus gefahren.
Es war ein Reinfall: Die Winterräder waren nicht aus dem Lager geholt worden und so musste ich wieder unverrichteter Dinge abfahren.
Von da aus ging es direkt zu Krümel.
„Opa, du bist so ruhig“, sagte die Kleine, als sie bei mir hinten im Auto saß.
„Ja, ich bin traurig“, antwortete ich.
„Warum Opa?“.
Krümel gab nicht nach.
„Ach weißt du, ‚Jeepy‘ sollte neue Schuhe bekommen und die waren nicht fertig“, sagte ich und hatte nicht daran gedacht, dass Krümel ja schon ein Schulkind war, immerhin.
„Opa, ‚Jeepy‘ hat keine Schuhe. Wir haben Schuhe an.“
Und um es zu demonstrieren, hob sie ein Bein an, damit ich sah, was sie unter Schuhen verstand.
Ich nickte und sagte: „Du hast recht, Opa, der Dussel hat die Winterreifen mit den Schuhen von Menschen verwechselt.“
„Hm, das hast du“.
„Aber Opa, du musst nicht traurig sein, ich weiß das und du kannst mich immer fragen, ja Opa?“
„Ach, Krümel, du glaubst nicht, wie froh ich bin, dass du da bist und jeden Tag etwas mehr von der Welt weißt.“
Krümel war zufrieden, nickte und fragte: „Können wir Musik anmachen?“
Wenig später ertönte der Titel: ‚Dein Casanova liebt dich nicht‘.
Es war der Lieblingstitel von Krümel und sie sang nun mit ihrer leisen Stimme mit.
Ich sah in den Rückspiegel und erkannte, dass Krümel in dem Moment glücklich war.
Sie musste sich nicht überwinden, wegen etwas glücklich zu sein.
Sie war es einfach, wenn sich die Gelegenheit in ihren Augen dazu ergab.
‚Unsere Kleinen sind die besten Alltagsphilosophen‘, und ich war auch wieder mit meiner Welt im Einklang, selbst, wenn ich in der nächsten Woche erneut in die Werkstatt muss, um die Reifen wechseln zu lassen.
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mittwochs…
So langsam finde ich mich wieder in meine ‚Alltagsrolle‘ rein.
Die Bilder vom Wochenende, der Trauerfeier für Anna, sie verblassen ein wenig.
Mir ist das recht, denn du kannst nicht arbeiten, wenn du ständig daran denken musst.
Gestern war ich bei einer Familie, die sehr liebevoll über ihre Mutter, Schwiegermutter, Oma, Uroma erzählt hat.
Es ist dann schön, wenn es nicht bei Worthülsen bleibt, sondern aus den Details kleine Geschichten geformt werden können.
Das ist meine Erfahrung – wenn du etwas erzählen kannst, was die Zuhörer fesselt, sie vielleicht selbst in die Zeit, über die gesprochen wird, zurückversetzt, ja dann hast du dein Ziel erreicht.
Erinnerung läuft nicht über Worthülsen, sondern nur darüber, dass du Situationen beschreibst, Verhaltensweisen, nicht vergisst, humorvoll zu erzählen.
Morgen hat Krümel Geburtstag. Sie wird sieben Jahre alt.
Ich kann es nicht fassen, wie die Zeit an uns vorbeigerauscht ist.
Am Samstag kommt sie zu uns, mischt die Wohnung auf, bringt vieles durcheinander, sodass wir danach erschöpft in unsere Sessel fallen.
Fertig mit der Welt, körperlich und mental, aber glücklich.
Auf geht’s, es gibt viel zu tun.
Der Mittwoch wird schön….
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So langsam komme ich wieder rein, in den Alltag.
Es ist doch bekloppt – ich bin 72 Jahre alt, Rentner also, und ich agiere und denke, als wäre ich voll in das Berufsleben integriert.
Irgendwie stimmt es ja auch.
Denn ich arbeite als Trauerredner, muss die Gespräche mit den Hinterbliebenen führen, die Reden ausarbeiten, trainieren, dass ich sie möglichst gut rhetorisch am Tag der Trauerfeier rüberbringen kann.
Das alles hält mich ja auch fit.
Klar, ich will noch ein bisschen Geld zur Rente hinzuverdienen.
So üppig ist die ja nun auch nicht.
Aber das ist längst nicht mehr der Hauptgrund, warum ich überhaupt noch arbeite.
Vielmehr ist es für mich wie ein Luxusgut, das ich pflege und hege.
Denn, du bleibst im Gespräch, du kommunizierst, diskutierst, schreibst, verwirfst wieder und setzt erneut an.
Am Tag der Rede schließlich musst du zu hundert Prozent bei der Sache sein, damit es für die Hinterbliebenen ein emotional und inhaltlich nachhaltiges Erlebnis wird und auch bleibt.
All das motiviert mich, spornt mich an und dann kann ich nicht darüber nachdenken, wie alt ich eigentlich bin.
Der Vorteil für mich besteht darin, dass ich mir die Aufträge schon ein wenig aussuchen kann, nicht auf das Geld angewiesen bin.
Das gibt dir das Gefühl, frei zu sein, einfach reich zu sein, auf deine Weise natürlich.
Nur mit dem Sport, dem sich fit halten, da muss ich noch eine Schippe drauflegen.
Aber das passiert auch noch.
Na dann, auf in den Dienstag, dem besten Tag – für heute jedenfalls.
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WAS VOM TAG HÄNGENBLEIBT (11)
montags…
Es ist kurz nach sechs Uhr.
Ich habe mich mehr hochgequält, als dass ich freudig aus dem Bett gesprungen wäre.
Ich fühle eine gewisse Leere in mir, weiß nicht so recht, was ich mit mir anfangen soll.
Und trotzdem: Ich bleibe auf, rasiere mich, versuche munter zu werden.
Wir sind seit Samstag zurück von Rügen und ich bin noch nicht wieder so richtig in meiner eigenen Welt angekommen.
Zu einschneidend war die Trauerfeier am Freitag für Anna, meine Schwiegermutter.
Ich hatte mich gut vorbereitet – hatte die Sprechmuskeln mit dem Korken trainiert, kannte die Stellen, wo ich eine Pause machen wollte, wusste, was ich rhetorisch ausbauen musste.
Dennoch: Gleich zu Beginn bekam ich einen kleinen ‚Heulkrampf‘, musste schluchzend anfangen.
Ich hätte mich verfluchen können, aber es kam irgendwie über mich.
Dann hatte ich mich im Griff und konnte sogar die humorvollen Stellen mit dem nötigen Sprachduktus rüberbringen.
Klara sagte, dass es gut gewesen sei. Sie war Annas Tochter, und nur sie konnte so etwas sagen.
Beruhigte mich das?
Naja, ein wenig.
Aber vielleicht hatte sie recht mit dem, was sie meinte, nämlich, dass alles andere ein wenig zu kalt rübergekommen wäre.
Laura hat die Rede aufgenommen und ein Video davon erstellt.
Wir haben es zwei Trauergästen geschickt, die aus gesundheitlichen Gründen nicht kommen konnten.
Ansonsten will ich nicht, dass die Rede verbreitet wird.
Das ist etwas sehr Familiäres, ja fast schon Intimes und so soll es auch bleiben.
Jetzt muss ich wieder in meinen Alltag reinkommen.
Ich habe heute extra keine Termine vereinbart.
Erst morgen muss ich wieder los, zu einem Vorgespräch für eine Rede.
Heute kann ich noch ein wenig herumplanen.
Klara sagt, es wäre nicht gut, selbst wenn ich nur für ein paar Tage weg wäre.
Ich würde dann zu lange brauchen, um wieder in den Alltag reinzukommen.
In jedem Fall: Ich sitze schon mal am Schreibtisch, die Gehirnzellen beginnen zu arbeiten und ich schaue aus dem Fenster, sehe, wie der Morgen graut.
Naja, ich hoffe, mir graut heute nicht, sondern es wird ein guter Wochenanfang.
Ich denke an Krümel, habe ihr eine kleine Sprachnachricht geschickt, damit sie mal wieder meine Stimme hört und sich freut.
Irgendwie freue ich mich wahrscheinlich mehr, denn ich habe Sehnsucht nach der Kleinen.
Sie fehlt mir. Ich muss mal wieder mit ihr herumtoben, singen, Quatsch machen, einfach wissen, dass das Leben schön ist.
Das wird schon….
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samstags... Wir sind wieder zu Hause angekommen. Es waren drei turbulente Tage und hochemotional dazu. Die Rede für meine Schwiegermutter ist gelungen, und dennoch: Am Anfang hatte ich Mühe, meine Tränen zu unterdrücken und die Stimme in den Griff zu bekommen. Aber ich habe es geschafft. Das war mir wichtig, sehr wichtig...
freitags.... Heute Mittag habe ich die große Rede, um Klaras Mutter ein letztes Mal zu würdigen und zu verabschieden. Ich bin darauf gut vorbereitet, Ich habe tagelang an den Sätzen gefeilt, überlegt, was ich aus dem Leben von Anna erzähle. Heute kommt es darauf an, die innere emotionale Spannung auszuhalten und gut zu sprechen. Das werde ich schaffen, weil es meine Art sein wird, Anna danke zu sagen.
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mittwochs…. Mein innerer Schweinehund leistet mal wieder erbitterten Widerstand Ich bin gegen fünf Uhr aufgewacht. ‚Wolltest du nicht aufstehen?‘, fragte meine innere Stimme. ‚Nein!‘, antwortete ich und drehte mich im Bett auf die andere Seite. Ich versuchte wieder einzuschlafen, drückte die Augen ganz fest zu, so als ob das helfen würde. ‚Ich denk‘, du wolltest dir jetzt die Männer und Frauen vom Ironman zum Vorbild nehmen und möglichst viel und regelmäßig Nordic Walking betreiben?‘ Ich konnte die innere Stimme nicht abschütteln. ‚Jetzt stell‘ dir vor, du bist unten im Park am Teich angelangt und Glücksgefühle kommen in dir hoch‘, schmeichelte die Stimme weiter. Ich sah mich nun tatsächlich am Teich. Regentropfen klatschten in mein Gesicht, ich trat in Pfützen und war nicht gut gelaunt, von Glücksgefühlen konnte ja nun schon gar keine Rede sein. Ich rollte mich noch fester in die Decke ein und versuchte an etwas Schönes zu denken. Es gelang nicht. ‚Wenn du jetzt wirklich aufstehst, dein Sportzeug anziehst und losläufst, ja dann bist du ganz weiter vorn in deiner mentalen Motivation für den Tag. Du kannst danach weiter an der Rede arbeiten, Klara zum Einkaufen fahren.‘ Ich schob meine Bettdecke beiseite, drehte die Beine heraus und stand urplötzlich. ‚Na bitte, geht doch!‘, lobte die Stimme. ‚Schnauze‘, murrte ich und lief schlechtgelaunt ins Bad. Dann ging alles von allein, fast von allein. Ich zog mich an, setzte die Kopfhörer auf, steckte das Handy an der Seite in die Tasche und begab mich nach unten, in den Keller. Dort standen meine Laufschuhe. Ich stellte zunächst den blauen Klappstuhl raus, setzte mich darauf und zog die Hausschuhe aus. Nun musste ich mich erheben, umdrehen, einen Fuß auf die Kante des Stuhls stellen, um die Schnürsenkel des Laufschuhs festzuzurren. Ich ächzte und verfluchte mich innerlich. Dann nahm ich die Stöcke in die Hand und marschierte zur Haustür hinaus. Es regnete stark, und so stülpte ich die Kapuze des Überziehers über den Kopf. Jetzt lief ich los und war nicht mehr aufzuhalten. Als ich unten am Teich angekommen war, da überkamen mich keine Glücksgefühle, nein. Aber ich musste innerlich schmunzeln – ich hatte meinen größten persönlichen Feind, den inneren Schweinehund mal wieder besiegt.
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dienstags… ‚HEUTE IST DER BLAUE MÜTZENBEZUG DRAN‘ Es ist kurz nach fünf Uhr. Mein erster Arbeitsschritt gilt dem Kalender. Ich muss ihn auf ‚Oktober‘ drehen. Schon wieder also ist ein Monat vorbei. ‚Morgen ist der blaue Mützenbezug dran‘, habe ich gestern Klara erklärt. Sie schmunzelt nur darüber, denn sie weiß, dass ich das jedes Jahr sage. Das ist so drin bei mir – wenn du viele Jahre bei der Marine gedient hast, ja dann legst du das nicht mehr ab. Und so weiß ich, dass ab dem ersten Dezember die blaue Mütze weggelegt wurde und die Pelzmütze kam. Im Frühjahr, im März, da kam wieder die Schirmmütze mit dem dicken goldenen Rand und dem blauen Mützenbezug und ab Mai wurde daraus der weiße Bezug. Naja, das alles ist lange her, aber die Erinnerungen bleiben. Vor einiger Zeit lief eine Fernsehsendung, in der es um die Gaststätte ‚Sundblick‘ ging. Ich war neugierig geworden und wollte wissen, wo sich dieses Restaurant in Stralsund befand. Es stellte sich heraus, dass es das ehemalige Gebäude der Offiziershochschule der Volksmarine war. Die Küche mit angeschlossenem Speisesaal – daraus wurde der ‚Sundblick‘. Er war verblüfft und hatte Mühe, die Räume wiederzuerkennen. Doch dann kam die Erinnerung wieder. „Siehst du die riesigen Stützbalken? Dahinter befand sich die Essensausgabe“, sagte ich zu Klara. Damals kam mir das alles viel düsterer vor. Lag es daran, dass wir dort unzählige Stunden den Boden schrubben mussten, tonnenweise Kartoffeln als Offiziersschüler geschält haben? Du behältst das dann nicht in so guter Erinnerung. Jetzt aber, da freute ich mich, dass daraus so ein hübsches Restaurant geworden war. Ich werde es besuchen, wenn ich mal wieder in Stralsund bin. montags, kurz vor sieben Uhr….
Ich habe heute Vormittag einen Termin beim Arzt – Auswertung meines 24-Stunden-Tests – Blutdruck und EKG. Ich habe deshalb schlechte Laune, weil ich weiß, dass ich nicht genügend getan habe, um mein Gewicht zu reduzieren. Das aber ist die Hauptursache dafür, dass die Werte vielleicht nicht so in Ordnung sind. Wie komme ich raus, aus diesem Stimmungstief? Ich muss mehr tun, was die Ernährung anbetrifft. Ich will mit dem Kalorienzählen beginnen. Das wird anstrengend, aber es ist unumgänglich. Des Weiteren: Ich werde weiter daran arbeiten, dass ich mehr Schritte am Tag laufe. Zurzeit schwankt die Zahl zwischen 4000 und 6000 Schritten. Die größte Anzahl schaffe ich dadurch, dass ich morgens laufe, besser gesagt, dass ich Nordic Walking betreibe. Naja, es gibt viel zu tun. Aber erst einmal muss ich heute morgen den Termin beim Arzt überstehen. Mal sehen, was er sagt. Mittags bin ich schlauer.![]()
Vergangenes Wochenende…sonntags…. Ich musste mich erst einmal von der großen Rede am vergangenen Freitag erholen. Das Feedback war sehr positiv – über 100 Menschen haben an der Trauerfeier teilgenommen. Der Anlass ist stets traurig, aber es war auch die Möglichkeit, noch einmal einen großartigen Menschen zu würdigen. Großartig nicht in dem Sinne, dass die Verstorbene etwas Überragendes geleistet hat, was im kollektiven Gedächtnis der Menschheitsgeschichte bleibt. Nein, vielmehr großartig in dem Sinne, dass die Verstorbene ein Mensch war, die für ihre Familie da war, bescheiden geblieben ist, und ihr Heimatdorf Wandlitz sehr geliebt hat. Am Samstag habe ich nun damit begonnen, die Rede für meine Schwiegermutter vorzubereiten. Die Trauerfeier wird an diesem Freitag in Sassnitz stattfinden. Sie hatte mich schon vor über zehn Jahren darum gebeten, dass ich die Rede halten sollte, wenn es einmal so weit wäre. Ich habe damals leichtfertig zugesagt, in dem Glauben, dass es noch lange hin sein würde, bis das eintreten würde. Nun ist es passiert, und ich komme aus der ‚Nummer‘ nicht mehr raus. Ich mochte meine Schwiegermutter sehr. Deshalb wird es mir sehr schwerfallen, die Rede mit dem emotionalen Abstand zu halten, der eigentlich dafür nötig wäre. Aber ich will ihr auch die letzte Ehre erweisen und deshalb werde ich alles daransetzen, dass es eine gute Rede wird, eine Rede, die sie als Menschen so charakterisiert, wie sie war.
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freitags.... Es ist kurz nach sechs Uhr und ich sitze am Schreibtisch, um mich auf die große Rede heute am Mittag vorzubereiten. Der Text ist fertiggestellt, redaktionell überarbeitet und auch von Klara geprüft. Ich lese ihr einen Abend vorher die gesamte Rede vor. Sie hat ein gutes Gespür dafür, was geht und was man lieber weglassen sollte. Die Rede auf einer Trauerfeier ist einzigartig - die emotionale Situation lässt keine Fehler zu. Es muss alles sitzen. Ich bin da schon ein Perfektionist, ist es doch meine Art der Wertschätzung für diejenigen, die wir würdigen wollen, und es ist auch mein Respekt vor der Trauer der Hinterbliebenen. Ich liebe es nicht, nur allgemeine Worthülsen zu verkünden. Nein, ich will den Weg der Verstorbenen nachzeichnen, sagen, was sie für ein Mensch war, was ihr wichtig war, und warum sie den Hinterbliebenen so sehr am Herzen lag. Das erfordert zunächst vor allem, sich in den Menschen hineinzuversetzen, zu hören, was die Angehörigen erzählen. Dann geht es darum, einen möglichst guten Text zu erarbeiten. Der Erfolg einer Rede liegt für mich in der Erarbeitung der Sätze, der Wortwahl, dem sich Quälen mit Formulierungen. Schreiben ist nunmal strukturiertes Denken, und da muss und da will ich auch durch. Jetzt trainiere die Rede im Wortlaut. Ich tue das meistens, indem ich einen Korken in den Mund nehme und dann die Sätze sage. Das klingt lächerlich. Es sieht auch so aus. Aber: Danach sind die Muskeln locker und ich kann die Rede so betonen, dass ich die Emotionen in die Rede bringe, die mir wichtig sind. Auf geht's....
donnerstags... 10.47 Uhr Ich sitze im Café vom REWE-Markt. Klara kauft ein und ich schreibe ein wenig. Schreiben ist für mich eine Sache, die mir das Gefühl gibt, dass ich lebe, beobachten kann, einfach den Alltag bewusster wahrnehme. Von den Kassen dringen zu mir Tippgeräusche rüber, wenn die Kassiererin die gekauften Waren eingibt. Obwohl die Geräuschkulisse recht laut ist, mag ich die Atmosphäre hier. Ich kann am Fenster sitzen, einen kleinen Kaffee trinken und nebenher ein wenig tippen. Früher habe ich immer nicht verstanden, warum ein Schriftsteller in eine Kneipe gegangen ist, um dort zu schreiben. Langsam bekomme ich ein Gefühl dafür, warum das so ist. Es regt schon die Kreativität an und es macht mehr Spaß, als nur im ‚stillen Kämmerlein‘ zu sitzen. Der Bäcker an der Theke grüßt zu mir herüber. Seitdem er eine Trauerrede von mir gehört hat, begegnet er mir mit viel Respekt, kommt rüber und begrüßt mich. „Wie geht’s?“, fragt er mich. „Danke gut“, antworte ich und schreibe weiter. Die Sonne kommt raus. Der Tag ist schön.
mittwochs.... Ich habe mich wieder überwinden können und bin gelaufen. Ich denke jedesmal, dass es leichter wird, aber es gehört schon viel Energie und mentale Kraft dazu, aufzustehen und loszulaufen. Aber: ich habe es geschafft! Jetzt sitze ich am Schreibtisch und habe viel Power für die anstehenden Aufgaben.
dienstags… Früher bin ich im Dunkeln losgehetzt, um zum Meeting pünktlich zu sein, heute bin ich nach Berlin reingefahren, im Eiltempo, um meiner sechsjährigen Enkelin die Federtasche für die Schule mitzubringen Ich bin ganz früh aufgestanden, um zu Krümel nach Berlin zu fahren. Sie hat ihre Federtasche bei uns zu Hause am Wochenende vergessen, und nun war sie ganz traurig. Sie ist ja jetzt die zweite Woche ein Schulkind, aber gestern war sie ohne Federtasche. Als ich an der Wohnungstür bei ihr kurz nach sechs Uhr klingelte und Laura die Tür öffnete, da schauten mich vier schlaftrunkene Augen an – Lauras und hinter hier, Krümels. Sie hatte sich am Bein ihrer Mama festgeklammert und lugte dahinter hervor. Als sie mich erkannte, da gellte ein Freudenschrei auf, der im Flur widerhallte. „Du bist der beste Opa der Welt“, sagte sie zu mir und drückte sich an mich. Ich hob sie hoch, gab ihr einen dicken Kuss und wünschte ihr den schönsten Schultag, den sie jemals haben würde. Ich winkte beiden noch zu und machte mich wieder auf den Weg. Ich war den ganzen Tag müde, weil ich so früh aufgestanden war und durch die halbe Stadt gedüst bin. Früher, da ging es um Termine, Umsatz, Meetings – ganz wichtig. Gestern, ja das war der wichtigste Termin für mich im Leben. Ich habe Krümel ihre Federmappe für die Schule gebracht. Sie war glücklich, und ich war es auch.
montags.... NORDIC WALKING GANZ FRÜH BETREIBEN, SICH AUF EINE REDE SEHR GUT VORBEREITEN, DEN SAMSTAG BEIM APFELPFLÜCKEN GENIESSEN, ENERGIE UND GUTE LAUNE FÜR DEN WOCHENANFANG SCHÖPFEN Die neue Woche beginnt und ich schaue auf das Wochenende zurück, um nicht gleich in schlechte Montagslaune zu verfallen. Ich denke an den Freitagmorgen in der vergangenen Woche: Ich habe mich kurz nach halb fünf Uhr aus dem Bett gequält. Die innere Stimme sagte mir zwar. „Dicker, bleib liegen, du musst das nicht tun“, aber ich habe mich davon nicht beirren lassen. Ich bin aufgestanden, habe das Sportzeug angezogen, und ich habe das erste Mal die Lampe auf den Kopf gesetzt. Ich wollte im Dunkeln gesehen werden und selbst wollte ich natürlich auch etwas erkennen. Ehrlich gesagt, es ist mir schwergefallen, sehr schwer. Aber als ich zurückgekehrt war, da ging es mir gut, und ich war stolz auf mich, dass ich eine knappe Stunde lang durch den dunklen Park gelaufen bin. Das will ich fortsetzen, in dieser Woche – na mal sehen. Freitagmittag hatte ich eine große Rede – ich habe mich nach dem Nordic Walking sofort hingesetzt und den Text trainiert – mit einem Korken im Mund. Das ist sehr anstrengend, aber danach waren die Muskeln total locker. Freitagnachmittag, nach der Rede – ich habe ein sehr gutes Feedback bekommen: „Sie haben meinen Vater wunderbar gewürdigt“, schreibt die Kundin. Ich freue mich und sehe, dass es lohnt, sich in das Leben eines anderen Menschen hineinzuversetzen, zu schildern, was ihn als Persönlichkeit ausgemacht hat. Samstag: Wir sind zum Apfelpflücken nach Wesendahl gefahren. Es war warm und wir konnten von den Bäumen dicke rote Äpfel herunternehmen. Es war phantastisch. Krümel hat sich vor dem Hofladen noch das Gesicht anmalen lassen und war glücklich. Ich habe auf einer Holzbank nach dem Pflücken gesessen. Es ist schön für mich, die Leute zu beobachten, zu sehen, wie sie das Wochenende genießen. Sonntagvormittag: Wir sind an den Strehlesee gefahren, haben nach Pilzen gesucht, aber es ist noch zu früh. Der Blick auf das Wasser ist unglaublich beruhigend. Mir wird klar, wie schön das Leben sein kann, wenn du die Kraft findest, dich an den kleinen Dingen zu erfreuen, daraus Energie zu ziehen. Die nächste Woche kann kommen, mit neuen Herausforderungen, aber auch neuen Eindrücken. Das Leben ist schön, meistens jedenfalls.
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