Alle Beiträge von Uwe Müller

Dipl.-Ing. (FH), Dr. rer. pol.; Autor

RÜCKBLICK VOR DREI JAHREN: KOTELETT – DAS IST JA WOHL DAS LETZTE (1+2)

ANNA-2021.07.19

Peter schlug Anna vor, sich zum zweiten Frühstück ein Kotelett zuzubereiten und erntete von ihr nur Unverständnis:

„Wie geht es dir?“, fragte Peter, nachdem sich Anna am Telefon gemeldet hatte.

Stille. Nach einer Weile: „Och, weißt du, es geht so.“

„Na, du bist wohl heute nicht so gut drauf?“, fragte Peter.
„Nö!“, sagte Anna.
„Was ist denn?“
„Ich bin so allein.“

„Ja, allein. Warum gehst du denn nicht mal raus, vor die Tür. Danach ist alles anders.“
„Keine Lust.“

Peter stutzte. Der Ton gefiel ihm nicht. Er ließ sich nichts anmerken.

„Hast du denn schon dein zweites Frühstück gehabt.“
„Mach‘ ich gleich.“
„Was gibt’s denn?“
„Was soll’s schon geben? Immer dasselbe.“

„Was ist dasselbe?“
„Na, ein halbes Brötchen. Isst du denn etwas Anderes?“
„Ich esse gar nichts. Ich muss arbeiten und habe nur mal eine kleine Pause eingeschoben, um mich zu erkundigen, wie es dir geht.“

Peter merkte, wie seine Schilddrüse anschlug. Ein sicheres Zeichen dafür, dass er langsam sauer wurde.

„Aber, dass du mich danach fragst, was ich esse. Das versteh‘ ich nicht. Es gibt doch immer das gleiche.“

„Naja, du könntest doch ein gebratenes Kotelett zum 2. Frühstück essen. So wie im Hotel.“

Das sollte ein kleiner Scherz von Peter sein. Aber Anna kam immer weniger mit Humor klar, seitdem ihre Demenz langsam fortschritt. Überhaupt war sie viel übellauniger geworden.

„Das ist ja wohl das letzte, dass du so etwas fragst. Kotelett. Unmöglich ist das!“ Anna schnauzte Peter regelgerecht an.

„Bei allem Respekt Anna. Dein Ton gefällt mir nicht. Wir rufen dich an, weil wir uns um dich sorgen.“
Peter musste sich beherrschen. Er musste diese Situation einfach bewältigen.

Was sollte Peter jetzt antworten? Und vor allem: Wie sollte er reagieren? Barsch? Brutal, laut?

Oder eher ruhig, besonnen, vielleicht sogar sanftmütig? Jetzt konnte er Anna ja endlich mal sagen, wie es ihm auf die Nerven ging, wenn sie sich für nichts interessierte – als für die Blumen auf ihrem Balkon.

Sonst war Klara meist dabei, wenn Peter sich anschickte, den rhetorisch Schwächeren in die Zange zu nehmen.

Sie hatte deshalb ein Herz für die, die nicht so redegewandt wie Peter reagieren konnten. Sie half darum nicht Peter, sondern denen, die mit Peter einen Disput begannen, die ihn oft überhaupt erst provozierten.

Sie kannte Peter. Sie wusste, dass der sich zwar schon seine Antwort zurechtgelegt hatte, dass seine rhetorischen Truppen längst zum Angriff bereit waren.

Doch sie wusste eben auch, dass er sich zunächst zurückhielt, zum Schein zurückzog. Er senkte in solchen Momenten seine Stimme, ’stopfte sich Kreide in den Mund‘, damit der Feind eingeschläfert wurde.

Er lullte quasi sein Gegenüber ein, damit der noch leichtfertiger wurde und nicht darüber nachdachte, was er noch so alles sagte, was noch an leichtfertigen Gedanken über dessen Lippen kamen.

Der Zeitpunkt für den Gegenangriff war aber nun gekommen.
Peter hielt den Hörer in der Hand, am anderen Ende faselte Anna etwas von ‚so einsam‘ und er versank in einen Traum, in eine unwirklich anmutende Geschichte.

Einer Geschichte, die sich vor Jahrhunderten hätte so abspielen können.
Geben wir Peter in dieser unwirklichen Geschichte den Zusatz ‚Peter, der Entschlossene‘. Dieser war hoch oben auf seinem Pferd vor der Schlachtordnung.

Hinter ihm seine Getreuen, auf die er sich verlassen konnte. Seine Generäle, seine Soldaten. Und dann war da noch seine Frau, die mit ritt in die Schlacht. Sie saß auf einem Pferd, abseits von Peter.

Nennen wir sie einfach ‚Sieglinde‘.
Und plötzlich passierte das Unfassbare. Sieglinde löste sich mit ihrem Pferd aus der Schlachtordnung und ritt in Richtung des Gegenübers, des Feindes. Deren Anführer soll der ‚Eiserne Gustav‘ heißen.

Sieglinde ritt also auf den Eisernen Gustav zu und winkte ihm fröhlich entgegen, mit einem Tuch, das sie auch noch selbst bestickt hatte. Der gegnerische Feldherr argwöhnte: „Was wollte Sieglinde, die Angetraute von Peter, dem Entschlossenen?“

Doch den Eisernen Gustav überkam die Neugier. Er übergab das Kommando seiner Truppen an seinen Marschall und ritt Sieglinde entgegen.

„Was willst du? Wir werden euch zermalmen, mit unseren mächtigen Reiterscharen!“, brüllte er schon von weitem.

„Gewiss doch, lieber Eiserne Gustav.“
„Aber ihr müsst euch nicht auf dem Schlachtfeld fetzen, du und mein Peter.“

„Warum nicht?“ Eiserner Gustav war verwirrt.
„Weißt du, mein Mann, der meint das nicht so. Im Gegenteil. Der mag dich sogar. Ein bisschen jedenfalls.“
Sieglinde fährt fortzureden, während ihr der Eiserne Gustav zuhört.

„Peter weiß, dass du der Klügere und der Stärkere bist. Kehrt einfach nach Hause zurück, zu euren Weibern und Kindern und besauft euch nach Herzenslust.“

Eiserner Gustav schaute verdutzt. Dann drehte er sich um und rief seinen Generälen entgegen: „Wir greifen nicht an. Wir drehen um.

Wir haben schon gesiegt. Sieglinde hat gesagt, Peter, der Entschlossene hat sich in die Hosen gepullert und ist indisponiert.“

Die Truppen vom Eisernen Gustav und seine Pferde wieherten vor Lachen und stoben auseinander, trotteten nach Hause.
Peter, der Entschlossene schäumte vor Wut, als Sieglinde zurückkam.

„Was erlaubst du dir, Weib?“
„Ärgere dich doch nicht Peter. Ich habe Gustav gesagt, dass du ihn zermalmen wirst, und dass nichts übrigbleibt von ihm und seinem Volk.

Da hat er es mit der Angst gekriegt und ist lieber geflohen. Wir haben jetzt kein Blut vergossen, unsere Kräfte geschont und können weiter unsere Ziele verfolgen.“

„Welche Ziele?“, fragte Peter, der jetzt Schwankende.
„Na, die Ernte einbringen, Geld verdienen.“
„Und dann?“

„Dann gut leben, Gustav in seinem Glauben belassen, er sei in Wahrheit der Stärkere und mit gutem Sold mehr Soldaten anlocken, damit wir für den Fall der Fälle gut gerüstet sind.“

„Wir sollten überlegen, ob Sieglinde nicht mehr zu sagen bekommt, in unserem Kriegsrat“, flüsterte Peter seinem treuesten General zu.“

„Noch mehr, mein König“, erwiderte der, „sie beherrscht doch faktisch schon immer unser Reich.“
Peter wachte auf aus seinem Traum.

„Bist du noch da?“, fragte ihn Anna.
„Ja, ja. Ich bin noch da. Weißt du, Anna, du hast Recht. Was für ein Quatsch mit dem Kotelett! Aber sag‘ mal, wie ist eigentlich das Wetter bei euch?“

„Und, wie war es heute mit Anna am Telefon?“, fragte abends Klara.
„Du wunderbar, ich hatte alles im Griff. Du weißt ja, sie erzählt manchmal schon wirres Zeug. Und ihr Charakter verändert sich auch durch die Demenz.“

„Gott sei Dank, dass du da nicht mit der Faust draufhaust und unnötiges Porzellan zerschlägst“, erwiderte Klara

„Das traust du mir zu?“, fragte Peter.

Klara seufzte nur und Peter ging in sein Zimmer, zufrieden mit dem, wie das Telefonat mit Anna gelaufen war.

„Morgen, da werde ich Anna sagen, dass es zum zweiten Frühstück auf See immer Steaks gab, mit Bratkartoffeln. Ja, das war gut“, dachte Peter.

Er konnte nicht aus seiner Haut. Jedenfalls nicht ganz. Aber er konnte ja noch eine Nacht drüber schlafen. Morgen, da würde das Spiel von vorn beginnen.

„Du, wir können Anna gar nichts mehr vorwerfen. Wir sind die Klügeren“, sagte Peter beim Zähneputzen zu Klara.
Klara schwieg. Sie traute ihm intellektuell so einiges zu. Nur seiner Rauflust, der traute sie nicht.

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DAS ZIMMER VON ANNA IM BETREUTEN WOHNEN

ANNA-2021.07.16

Klara besichtigte gemeinsam mit Lukas Annas künftiges Zimmer im Heim.
Peter war dazu auch noch extra angereist.
Das Zimmer war sehr klein. Klara begann schon in Gedanken die Möbel zu stellen.
Pfleger Olaf und Klara lernten sich besser kennen und Olaf freute sich allmählich auf die neue Heimbewohnerin. Die Bürokratie in Vorbereitung auf die Heimunterkunft fraß die Energie von allen auf.

Klara spürte ihr Herz bis in den Hals hineinschlagen. Sie standen vor der Tür, hinter der sich Annas Zimmer befand, das Zimmer, in dem sie ihre restliche Lebenszeit verbringen sollte.

„So, da wären wir“, sagte Schwester Ulrike, als sie die Türklinke herunterdrückte und sich zu Klara, Peter und Lukas umdrehte.

Ein wenig entfernt von der Tür hatte sich Olaf hingestellt, der Pfleger, der Anna in den nächsten Monaten, wahrscheinlich Jahren betreuen würde.

Lukas spürte einen dicken Klos im Hals und seufzte hörbar auf.
„Ich kann sie gut verstehen, sehr gut sogar“, flüsterte Olaf hinter ihm.

Er war ein wenig weiter zur Tür herangekommen und stand jetzt direkt hinter Lukas.

Der drehte sich zu ihm um und nickte dankbar.
„Schau ‘n Sie mal, was das für eine phantastische Aussicht ist, direkt auf den Strelasund“, sagte Schwester Ulrike und blickte Zustimmung erheischend in die schweigende Runde.

„Bitte verstehen Sie uns nicht falsch, aber wir sind in der jetzigen Situation weniger auf die Aussicht aus, als vielmehr auf den Ausblick, darauf, wie Anna auf all das hier reagieren wird. Sie wird kaum auf den Strelasund schauen wollen, als vielmehr darauf, wo ihre ganzen Möbel geblieben sind“, sagte Peter.
Peter traf Klara‘s missbilligender Blick.

„Ja, das ist alles sehr schön, aber wir sollten jetzt sehen, was wir an Möbeln aus Muttis Wohnung mitnehmen können“, sagte nun Klara und zog einen Block hervor und kramte in ihrer Tasche nach einem Stift.

„Gerade hatte ich den doch noch in der Hand!“
Plötzlich stand Olaf neben ihr und reichte ihr seinen Kugelschreiber, den er stets mit sich trug.

„Oh, das ist aber nett“, freute sich Klara.
„Wissen Sie was, ich werde Ihnen mal das Feld überlassen. Messen Sie in Ruhe alles aus und wenn Sie noch Fragen haben, dann kommen Sie doch noch gern bei mir vorbei“, sagte Schwester Ulrike und ging aus dem Zimmer.

Lukas hatte sich hingekniet und einen Zollstock aus dem linken Hosenbein seiner Handwerkerkleidung gezogen. Olaf ging an das andere Ende des Zimmers und half Lukas, den Raum so genau wie möglich auszuräumen.

„Hier passen drei Teile aus Muttis Anbauwand hin und da kann der Fernseher stehen.“
Klara war in ihrem Element.
„Wollen wir den großen oder den kleinen runden Tisch hier hinstellen?“

„Den kleinen Tisch“, antwortete Peter.
„Das sieht gemütlicher aus.“
„Ach und ich hatte jetzt gedacht, dass du es wegen des Tragens gesagt hast.“

„Was du wieder von mir denkst“, antwortete Peter gekränkt. Er fühlte sich aber auch ertappt.

Olaf stand mitten im Raum mit Klara, Peter und Lukas, hörte zu, sprach mit, begann sich wohlfühlen im Kreise der Angehörigen seiner zukünftigen Heimbewohnerin Anna.

„Frau Gerber, was trinkt Ihre Mutter morgens zum Frühstück, Tee oder Kaffee?“
„Kaffee“, sagte Klara bestimmt, so als wäre etwas Anderes nicht von diesem Planeten.

„Ja, dann weiß ich ja schon mal Bescheid“, sagte Olaf.
„Ich glaube, meine Mutter wird sie mögen“, antwortete Klara stattdessen.

„Danke, dass freut mich, dass Sie das sagen“, antwortete Olaf und wurde ein wenig rot.
„Was haben wir denn sonst noch an Papieren zu erledigen?“, fragte Peter.

„Das Pflegebett unten im Sanitätshaus bestellen, den Mietvertrag lesen und unterschreiben, den Pflege -und Betreuungsantrag an die Kasse schicken“, kam es von Klara wie aus der Pistole geschossen.

„Na, dann ist das Wochenende ja gerettet und wir sterben nicht vor Langeweile.“
Klara antwortete nicht darauf. Sie konnte in diesen für sie angespannten Situationen wenig mit Peters Humor anfangen.

„Dafür haben wir ja dich“, mischte sich Lukas ein und lachte Peter zu.
„Das kriegen wir schon“, sagte Peter nun knapp.

„Im Team arbeiten ist jetzt alles“, setzte er hinzu, aber keiner antwortete darauf, auch wenn Peter es gut meinte, mit seinen aufmunternden Sprüchen.

„Lukas, hier sind die Abmaße und die Aufstellung der Möbel für dieses Zimmer, die brauchst du doch, wenn du mit der Umzugsfirma sprichst, was alles aus Muttis Wohnung rausgetragen werden muss.“
Lukas nickte und ließ den Zettel in einer seiner vielen Taschen seines Handwerkeranzuges verschwinden.

„So, dann wären wir wohl hier fertig“, sagte Klara.

„Vielen Dank für Ihre Hilfe. Ich freue mich, dass wir uns heute schon einmal kurz kennenlernen durften.“

„Gerne“, sagte Olaf und war froh, dass das Eis gebrochen war.

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STENOGRAMM FITNESSSTUDIO – SEIT LANGEM MAL WIEDER

ALLTÄGLICHES-2021.07.15

Mit dem morgendlichen Training im Fitness-Studio kannst du deinen Alltag nicht wirklich verändern, die Sicht darauf aber schon.

Es ist wieder anstrengend geworden, im JR-Studio im Prenzlauer Berg.
Ich habe ja erst in der vergangenen Woche erneut mit dem Training begonnen, nach dem Lockdown.
Klar, ich merke, dass ich lange nichts gemacht habe.

Alle guten Vorsätze, nämlich täglich im Homeoffice Übungen durchzuführen, die habe ich im Kalender immer wieder auf den nächsten Tag verschoben.

Vorausschauend planen, so nannte ich das.
Aber jetzt kann ich mich nicht mehr rausreden. Meine Frau arbeitet heute im Homeoffice.

Ich bin also allein aufgestanden, eine Viertelstunde vor vier Uhr morgens, wie sonst auch.

Halb fünf Uhr war ich auf der Piste und eine halbe Stunde später im Prenzlauer Berg.

05.20 Uhr war die erste Übung dran – Beine auf der Bauchbank heben und senken.

Das hört sich leicht an, ist es wahrscheinlich auch, nur nicht für mich. Ich habe gekeucht und zum Schluss darum gekämpft, dass die Beine einigermaßen gerade wieder nach unten kamen.

Dann ging es alles Schlag auf Schlag – Rücken strecken, Bizepsmaschine, Trizepsmaschine, Bauchmaschine.

Zehn Minuten nach sieben Uhr war ich heute Morgen fertig.
Anderthalb Stunden Training, stellt euch das mal vor. Aber erzählen kann ich darüber nicht groß, denn ich ernte stets misstrauische Blicke.

„Na Dicker, wieder mal davon geträumt, dass du dort warst?“, oder so ähnlich.

Aber ich war da und ich habe fünfzehn Trainingsstationen absolviert.
Die Arme tun weh, im Rücken spüre ich Muskelkater.
Kurzum, wozu das Ganze?

Ich könnte jetzt von ‚gesünder leben‘ schwadronieren, vom Abnehmen und meinen zerbrochenen Träumen erzählen.
Heute nicht.

Ich weiß nur eines: Ich bin unmutig hineingegangen, aber voller Power, vor allem mental, wieder herausgekommen.

Als ich nach insgesamt zwei Stunden draußen auf den Treppenstufen stand und meine Maske in der Tasche verstaut habe, da fühlte ich mich wie ein Held.

Doch als ich hochblickte, da war dieses Gefühl erst einmal vorbei.
Auf der auf dem gegenüberliegenden Fußweg, da machte ein relativ jung aussehender Mann auf dem Gehweg Liegestütze, mit hoher Taktzahl.

Ich traute meinen Augen nicht. Als die Ampel auf grün schaltete, da schnappte er sich den vor ihm stehenden Kinderwagen und joggte auch noch über die Straße.

Irgendwie nötigte mir das alles Respekt ab. Ob ich wohl auf dem Weg mit Krümel zur Kita noch zwischendurch auf die Hände fallen würde, um ein paar Liegestütze zu machen?

Eher unwahrscheinlich; wahrscheinlicher wäre, ich würde bei meinem Gewicht nach der ersten Übung zusammenbrechen und Krümel würde wohl fragen: ‚Opa, alles ‚dut‘?‘

Also Hut ab, Fremder, du hast mit Sicherheit mehr Stress und schaffst es trotzdem noch, dich zwischendurch zu bewegen, dich fit zu halten.

Ich stieg in mein Auto und fuhr trotzdem stolz nach Hause.
Klara hatte Frühstück gemacht. Ich hatte einen Bärenhunger.

„Wieso kriege ich nur zwei Brötchen?“, habe ich sie gefragt.
„Du willst abnehmen, also tu‘ etwas dafür“, kam die trockene Antwort.

Ich habe nichts darauf geantwortet.

„Und wie war ich heute Morgen?“, fragte ich stattdessen.
Ich wollte so etwas hören, wie: „Ach toll, dass du dich so früh aufraffen konntest, dass du was für deinen Körper tust, einfach deine Ziele verfolgst.“

„Du warst ziemlich laut heute Morgen. Und wieso hat es so lange gedauert, bis du endlich losgefahren bist?“

Ich habe nicht geantwortet, aber ich habe den Käsesalat einfach mit dem Löffel aufgegessen, wenn ich schon kein weiteres Brötchen bekam.

Klara war da ja schon wieder nach oben gegangen.
Sie sagte, sie müsse arbeiten, sie können nicht die ganze Zeit bei mir sitzen.

Ich habe auf dem iPad die App für „Die Zeit“ geöffnet.
‚Die Macht des Bauchgefühls‘, stand da. Naja, darüber könnte ich ja eine Menge berichten.

Aber ich ging dann wenig später doch an meinen Schreibtisch.
„Rufst du heute Kunden an?“, hörte ich aus dem Nebenzimmer Klara fragen.

‚Jetzt werde ich da auch noch kontrolliert‘, dachte ich.
„Ich mach mal die Tür zu, damit du in Ruhe arbeiten kannst“, habe ich geantwortet.

Trainieren im Studio macht Spaß, weil du im Team bist, und dich doch keiner fragt, wie viel du eigentlich schaffen willst.

Naja, Klara meint es nur gut, mit der Haushaltskasse und damit irgendwie auch mit mir.

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VERA TOMASCHEWSKI-VERSICHERUNGSFACHFRAU (BWV) IN BAD FREIENWALDE

FIRMENPORTRÄT-2021.07.14

Vera Tomaschewski bringt über zweieinhalb Jahrzehnte Erfahrung im Versicherungsbereich mit.

Sie berät ihre Kunden von einer soliden fachlichen Basis als Versicherungsfachfrau (BVW) aus.

Den Ausschlag aber dafür, warum man sich für eine Beratung bei ihr entscheiden sollte, ist ihr authentisches Denken und Handeln.

INTRO ZUM INTERVIEW MIT VERA TOMASCHEWSKI: 

Vera Tomaschewski ist Versicherungsfachfrau (BWV). Der Sitz ihrer Hauptvertretung – AXA-Versicherung AG - ist Bad Freienwalde, dort, wo sie auch mit ihrer Familie Zuhause ist.
Ich habe sie am 22.06.2021 interviewt.

Es hat ausgesprochen Spaß gemacht, mit Vera Tomaschewski zu reden, und nicht nur das, sondern auch ihr zuzuhören, was sie zu sagen hat.
Sie hat viel zu erzählen – von ihrem Beruf, den sie liebt, von ihrem Werdegang, der nicht ohne Rückschläge und Konflikte verlief.

Vera Tomaschewski machte auf mich am Telefon einen sympathischen und in sich ruhenden Eindruck.
Doch sie hat durchaus Humor, kann selber gut zuhören, darauf achten, was den anderen bewegt.

Du spürst, dass du dich öffnen kannst, ihr einfach sagen solltest, was dich im Leben umtreibt.

Und wenn du eine Frage zu Versicherungen hast, dann ist sie in der Beratung die erste Wahl.
Weil sie so viel Fachkompetenz mitbringt? Sicher.
Entscheidend aber ist, dass sie authentisch ist, nicht drumherum redet, die Dinge einfach lässt, so dass du folgen kannst.

Meine Lebenserfahrung hat mich mal wieder in einem zentralen Punkt bestätigt:
Vertraue dem, dem es ernst ist mit dem ethischen Handeln, der es zu seinem wichtigsten betriebswirtschaftlichen Kriterium erhebt.

27 Jahre übt Vera Tomaschewski nun schon ihren Beruf aus.
Sie kam vom Lehrerstudium, wurde über Umwege Erzieherin und fand schließlich ihre Bestimmung, nämlich Versicherungskauffrau zu sein.

Natürlich, vor über zwei Jahrzehnten hätte sie es wohl nicht für möglich gehalten, dass sie mal sagen würde, dass gerade dieser Beruf ihre eigentliche Berufung ist.

Sie hat es geschafft, weil sie mit Leidenschaft, mit viel Herz, und einem Rucksack an Fachwissen diesen steilen Berg hinaufgeklettert ist.

Zum Interview mit Vera Tomaschewski: https://uwemuellererzaehlt.de/2021/07/14/menschen-im-alltag-2021-07-14/
Kontakt:
Vera Tomaschewski
Versicherungsfachfrau (BWV)
Hauptvertretung der AXA Versicherung AG
Frankfurter Str. 40
16259 Bad Freienwalde
Telefon: 03344-31233
Mobil: 0171-87 038 05
E-Mail: vera.tomaschewski@axa.de
Web-Site:  www.axa.de/Vera_Tomaschewski

Öffnungszeiten
Montag:
09:00 - 12:00 Uhr
Dienstag:
14:00 - 17:00 Uhr
Mittwoch:
09:00 - 12:00 Uhr
Donnerstag:
14:00 - 17:00 Uhr
sowie nach Vereinbarung

VERA TOMASCHEWSKI – EIN MENSCH, DEM MAN IM ALLTAG GERN BEGEGNET

MENSCHEN IM ALLTAG – 2021.07.14

INTERVIEW MIT VERA TOMASCHEWSKI

INTRO:
Vera Tomaschewski ist Versicherungsfachfrau (BWV). Der Sitz ihrer Hauptvertretung – AXA-Versicherung AG – ist Bad Freienwalde, dort, wo sie auch mit ihrer Familie Zuhause ist.
Ich habe sie am 22.06.2021 interviewt.

Es hat ausgesprochen Spaß gemacht, mit Vera Tomaschewski zu reden, und nicht nur das, sondern auch ihr zuzuhören, was sie zu sagen hat.
Sie hat viel zu erzählen – von ihrem Beruf, den sie liebt, von ihrem Werdegang, der nicht ohne Rückschläge und Konflikte verlief.

Vera Tomaschewski machte auf mich am Telefon einen sympathischen und in sich ruhenden Eindruck.
Doch sie hat durchaus Humor, kann selber gut zuhören, darauf achten, was den anderen bewegt.

Du spürst, dass du dich öffnen kannst, ihr einfach sagen solltest, was dich im Leben umtreibt.

Und wenn du eine Frage zu Versicherungen hast, dann ist sie in der Beratung die erste Wahl.
Weil sie so viel Fachkompetenz mitbringt? Sicher.
Entscheidend aber ist, dass sie authentisch ist, nicht drumherum redet, die Dinge einfach lässt, so dass du folgen kannst.

Meine Lebenserfahrung hat mich mal wieder in einem zentralen Punkt bestätigt:
Vertraue dem, dem es ernst ist mit dem ethischen Handeln, der es zu seinem wichtigsten betriebswirtschaftlichen Kriterium erhebt.

27 Jahre übt Vera Tomaschewski nun schon ihren Beruf aus.
Sie kam vom Lehrerstudium, wurde über Umwege Erzieherin und fand schließlich ihre Bestimmung, nämlich Versicherungskauffrau zu sein.

Natürlich, vor über zwei Jahrzehnten hätte sie es wohl nicht für möglich gehalten, dass sie mal sagen würde, dass gerade dieser Beruf ihre eigentliche Berufung ist.

Sie hat es geschafft, weil sie mit Leidenschaft, mit viel Herz, und einem Rucksack an Fachwissen diesen steilen Berg hinaufgeklettert ist.

Das ist das Interview mit Vera Tomaschewski:

Frau Tomaschewski, was glauben Sie, was bringen Ihre Kunden mit Ihrer Person in Verbindung?
Ich behandle meine Kunden so,  wie auch ich behandelt werden möchte. Das ist übrigens mein Credo, dem ich von Anfang an treu geblieben bin.
Deshalb bin ich davon überzeugt, ja ich weiß es, dass sie sich von mir gut betreut fühlen.

Warum ist es Ihnen so wichtig, dass Ihre Kunden von Anbeginn zu Ihnen Vertrauen fassen?
Nun, zum einen ist mir dieses ethische Anliegen einfach menschlich wichtig.
Zum anderen gibt es noch einen weiteren Aspekt: Nach der Wende kamen in die damals neuen Bundesländer sehr viele Versicherungsvertreter, überwiegend aus dem Westen, denen es nicht um eine nachhaltige Beratung ging.

Sie waren darauf aus, schnelle Abschlüsse zu generieren. Da haben sich viele Ostdeutsche über den Tisch gezogen gefühlt, wie man das so umgangssprachlich formuliert.

Diesem Trend wollte ich etwas entgegensetzen. Also habe ich stets versucht, versicherungstechnisch die optimalen Bedingungen für meine Kunden herauszuholen.

Hinzukam, dass ich stets darauf geachtet habe, dass wir eine gute Gesprächsatmosphäre haben. Der Kunde sollte sich wohlfühlen, sich nicht gedrückt fühlen, sondern wissen, dass ich ihn verstehe und daran anknüpfend die auf ihn maßgeschneiderten Konditionen und vertraglichen Bedingungen heraushole.

Was war der Grund, warum Sie in die Versicherungsbranche gegangen sind?
Ein Motiv war, dass ich thematisch bereits angerissen habe. Wir bekamen nach der Wende von Beratern Versicherungsverträge rhetorisch ‚aufs Auge gedrückt‘, die wir gar nicht wollten und die wir auch nicht brauchten.

Zunächst habe ich noch gedacht: ‚Oh, das hört sich ja toll an.‘ Aber später, im Nachgang, da merkten wir, wie schwierig es war, wieder aus den Verträgen herauszukommen.

Irgendwann hatte ich einfach keine Lust mehr, so unwissend dazustehen, sondern ich machte mich kundig, wollte selbst wissen, was ich da abgeschlossen hatte.

Es kam noch ein weiteres Motiv hinzu. Mein Mann arbeitete in dieser Zeit bei der Wasserschutzpolizei.
Er wurde nach der Wende verbeamtet.

In seiner Behörde wurden Mitarbeiter gesucht, die nebenberuflich als Versicherungsverkäufer arbeiten wollten.

Mein Mann konnte so einer Tätigkeit nichts abgewinnen. Er war in dieser Zeit beruflich selbst viel unterwegs, nahm vor allem an zahlreichen eigenen Weiterbildungsmaßnahmen teil.

Ich hingegen interessierte mich für diese Tätigkeit, obwohl ich ja einen eigenen Beruf hatte und in meiner Tätigkeit voll ausgelastet war.

Dennoch, ich fragte nach, ob sich auch Frauen dafür bewerben konnten. Denn eigentlich war der Versicherungsmarkt nach der Wende mehr oder weniger eine Männerdomäne.

Also fragte ich denjenigen, der die sogenannten ‚Nebenberufler‘ betreute, ob ich mich ebenfalls bewerben konnte.

Die Idee für mich bestand zudem darin, die Weiterbildung zu nutzen, damit man selbst nicht so dumm dastand, wenn jemand kam, der einem etwas über Versicherungen erzählen wollte.

Und so begann meine Karriere in der Versicherungswirtschaft, neben meinem eigentlichen Beruf.

Wie ging es weiter?
Aus dem Rand von Berlin kam regelmäßig ein Mitarbeiter der Versicherung, der mit uns eine Produktschulung durchführte, in der Regel monatlich.

Das hat uns Teilnehmern allen sehr gut gefallen.
Es war ein kleiner Kreis, die Räume waren in einer Gaststätte und so saßen wir nach der Schulung zusammen und haben unsere Erfahrungen, unser Wissen ausgetauscht.

Nachdem die Schulungen zu Ende waren, wurde ich registriert und konnte so nebenberuflich meiner Tätigkeit nachgehen.

Haben Sie denn viele Verträge geschrieben?
Nein, das war anfangs sehr überschaubar. Meine Abschlüsse machte ich vor allem im Kollegenkreis, das waren für mich schon Erfolge, doch darüber hinaus ging es zunächst nicht, zumindest nicht in der Zeit von 1991 bis 1994.

1994 trat der damalige Chef der Versicherungsgesellschaft an mich heran und fragte, ob ich nicht hauptberuflich weitermachen wollte.

Die Fluktuation von Mitarbeitern war damals sehr groß. Ich entschied mich, ganz für die Versicherung zu arbeiten und gab meine frühere Tätigkeit auf.

Können Sie mal Ihren beruflichen Werdegang in den wichtigsten Abschnitten schildern?
Ich wurde 1968 eingeschult und habe die Allgemeinbildende Polytechnische Oberschule besucht.

Anschließend bin ich in die Erweiterte Oberschule gewechselt, dem heutigen Gymnasium.

Mein Abitur habe ich 1980 gemacht. Ich wollte immer Lehrer werden, schon von der ersten Klasse an.

Ich hatte nie einen anderen Berufswunsch, und ich habe alles darangesetzt, diesen Beruf auch zu erlernen.

Ich ging 1980 folgerichtig an die Ernst-Moritz-Arndt-Universität in Greifswald und habe dort in den Fächern Geografie und Mathematik studiert.

Geografie war mein Hauptfach, Mathematik das Nebenfach. Insgesamt hat mir das Studium einen riesigen Spaß gemacht.
Und trotzdem musste ich im dritten Studienjahr aufhören.

Wie kam es dazu?
Ich will es mal so ausdrücken: Wir hatten einen Professor, der etwas kompliziert war.

Der hat mir mein Studium regelgerecht verleidet. Im Ergebnis schaffte ich eine Prüfung in Mathematik nach dem zweiten Jahr nicht, obwohl ich mich sehr intensiv vorbereitet hatte.

Dieser Professor musste zwar ein Jahr nach mir ebenfalls die Universität verlassen, doch das half mir dann auch nicht mehr weiter.

Obwohl ich also bereits nachfolgende Prüfungen bestanden hatte, musste ich nach dem 5. Semester gehen. Das war bitter für mich, denn ein Lebenstraum von mir zerplatzte in dem Moment.

Gab es denn keine anderen Möglichkeiten als die Kombination von Geografie und Mathematik?
Geografie wollte ich unbedingt studieren. Es gab noch Geografie und Sport.
Aber im Sport hätten die Leistungen nicht ausgereicht. Es blieb nur die Alternative von Geografie und Mathematik.

Und das Kuriose an der Geschichte war, dass wir ja bereits vor Klassen gestanden und unterrichtet haben. Aber die Prüfungen in Mathe haben mir das Genick gebrochen.

Was haben Sie dann gemacht?
Ich musste andere Wege gehen, daran führte nichts vorbei. Hinzukam, dass ich in der Zwischenzeit schwanger geworden war. Ich hatte deshalb auch schon ein Zimmer für ‚Mutter und Kind‘.

Haben Sie Ihren Mann in Greifswald kennengelernt?
Nein, ich bin ja am Wochenende meistens nach Hause gefahren. Wir hatten eine sehr gute Zugverbindung von Bad Freienwalde nach Greifswald.
Mein Papa hat mich oft nach Eberswalde gefahren. Von da aus ging es direkt bis nach Greifswald durch.

Wann wurde Ihr Sohn geboren?
Im März 1983.

Also war es ja auch irgendwie schön, dass Sie ab 1983 wieder Zuhause waren, oder?

Ja, natürlich, aber ich musste überlegen, wie es weiterging.
Mein damaliger Direktor von der Erweiterten Oberschule wollte mir helfen. Er war inzwischen im Bereich Bildung in der Kreisverwaltung tätig.

Und so kamen wir auf die Idee, dass ich als Lehrerin in der Unterstufe in Frankfurt/Oder beginne, weil ich unbedingt etwas mit Kindern machen wollte.

Hat das geklappt?
Nein. Da waren genügend Bewerber, die zu Ende studiert hatten und so kam ich als Studienabbrecherin für eine Anstellung als Unterstufenlehrerin nicht infrage.

Also war wieder das große Fragezeichen, wie es weiterging.
Der ehemalige Direktor vermittelte mich dann in eine Kita in Bad Freienwalde.

Ich habe dort als Hilfskraft angefangen, denn das, was ich vorher studiert hatte, wurde nicht anerkannt.

Im ersten Jahr habe ich neben meiner Tätigkeit eine Ausbildung zur Erziehungshelferin gemacht.

Daran schloss sich eine Ausbildung zur Kindergärtnerin an, anderthalb Jahre im Fernstudium.

Insgesamt war ich dort elf Jahre, von 1983 bis 1994, eine wirklich schöne Zeit, auf die ich gern zurückblicke.

Das heißt, in diese Zeit fiel auch der Beginn Ihrer nebenberuflichen Tätigkeit in der Versicherung?
Ja, von 1991 bis 1994 habe ich noch hauptberuflich in der Kita als Erzieherin gearbeitet und nebenher mit der Tätigkeit in der Versicherung begonnen.

Was hat sie bewogen, den Beruf der Kita-Erzieherin an den Nagel zu hängen?
Ganz offen gesagt, ich hatte Angst, dass ich nach 30 Jahren in ein mentales Loch falle, irgendwie eine Macke bekommen würde.

Dass Sie mich nicht falsch verstehen: Ich habe meinen Beruf geliebt. Aber die Tätigkeit der Kita-Erzieherin hinterlässt Spuren.

Es sind ja nicht nur die Kinder, die gut betreut werden sollen. Nein, es sind ebenso die Eltern, deren Vorstellungen man gleichermaßen entsprechen will.

Liegt das nicht in der Natur der Sache, dass sich Eltern sorgen?
Schon, doch wenn es überhandnimmt und in Einzelfällen der Bezug zur Realität verlorengeht, dann schaden die Eltern nicht nur den eigenen Kindern, sondern sie beeinträchtigen auch das Erziehungspotenzial, das es in so einer Einrichtung gibt.

Das zerrt dann schon mal an den eigenen Nerven.
Ich habe in jener Zeit viel autogenes Training betrieben, zusammen mit anderen Kollegen.

Und trotzdem, manchmal spürte ich, dass ich abends nicht mehr die Kraft hatte, meinen eigenen Kindern die nötige Aufmerksamkeit zu schenken, die die anderen Kinder am Tag von mir bekommen haben.
Natürlich war ich die liebe Mama, aber mitunter habe ich auch geschimpft, weil ich ausgelaugt war, davon, dass ich tagsüber die Kinder anderer Eltern zu betreuen hatte.

Es war ein Traumberuf, aber ich begann darüber nachzudenken, wie es in den kommenden Jahren werden würde, ob ich es schaffen könnte – mental und physisch.

Aus vielen Mosaiksteinen ist das Bild bei mir entstanden und daraus wieder die Erkenntnis, dass ich nicht über Jahrzehnte als Erzieherin arbeiten wollte.

Sie sprechen von Ihren Kindern, gibt es noch mehr als Ihren Sohn?
Ja, 1985 wurde meine Tochter geboren.

In welche Versicherung sind Sie 1991 gegangen?
Das war die Deutsche Beamtenversicherung DBV. Die DBV ist dann in der AXA aufgegangen.

In den neunziger Jahren ging die DBV zunächst in der Winterthur auf, sodass wir ‚DBV-Winterthur‘ hießen. Danach hat die AXA die Winterthur übernommen.

Faktisch übernahm das eine weltweit agierende Unternehmen das andere.
Ich selbst bin aber all die Jahre im gleichen Unternehmen geblieben.

Waren Sie Anbeginn an in der Selbstständigkeit?
Nein, ich war anfangs angestellt und bin erst anderthalb Jahre später in die Selbstständigkeit gewechselt.

Ich habe jedoch schon immer in der Ausschließlichkeit für das Unternehmen AXA gearbeitet. Das heißt, ich arbeite auf selbstständiger Basis, aber nur für eine Versicherungsgesellschaft und deren dort integrierte Partner.

Was haben Sie für eine Ausbildung in der Versicherung durchlaufen?
Unsere Ausbildung lief über das Bildungswerk der deutschen Versicherungswirtschaft.

Wir sind dazu alle zwei Wochen in die Pfalz gefahren, in das wunderschöne Bad Dürkheim.
Am 09. Mai 1996 wurde mir dann die Abschlussurkunde überreicht und von da an durfte ich mich Versicherungsfachfrau nennen.

Wie war das bei Ihnen, haben Sie sogenannte Bestandskunden bekommen, damit der Start für Sie ein wenig leichter war?
Das war damals nicht üblich, leider.

Ich hatte einige wenige Kunden in meinem Bestand, die noch aus Verträgen in dem alten Kollektiv entstanden waren. Das waren vor allem Kollegen von meinem Mann – aus der Wasserschutzpolizei.

Aber wie sind Sie denn an Kunden gekommen, Sie mussten ja von irgendetwas leben?
Ja, natürlich. Ich kann nur sagen, dass ich nie ‚Klinken geputzt‘ habe. Das habe ich gehasst.

Was haben Sie stattdessen getan?
Ich habe versucht, persönliche Kontakte zu knüpfen, durch Bekannte das Feld zu erweitern.

Des Weiteren habe ich Flyer verteilt, persönlich und in Zeitungen. Ich erinnere mich noch gut, wie ich die Flyer in einem Nachbarort verteilt habe, bei gefühlten 60 Grad Celsius.

Kurzum, ich habe selber die Trommel gerührt. Die Leute sollten wissen, dass ich da bin für sie, wenn es um Versicherungsfragen ging.
Prinzipiell habe ich niemals aus der eigenen Verwandtschaft jemanden angesprochen.

Denn irgendwann hat sich das erledigt.
Erst viel später, nach zehn Jahren kamen auch mal Kontakte aus dem eigenen Verwandtenkreis zustande, auf Initiative meiner Verwandten.

Nach und nach kamen auch Empfehlungen aus dem allmählich anwachsenden Kundenstamm.

Können Sie von den Erträgen, die Sie erwirtschaften, leben?
Ja, inzwischen kann ich das.
Wichtig ist mir in diesem Zusammenhang eine Sache: Für mich galt stets, dass der Beruf und die damit eng verknüpfte Berufung zusammengehören.

Das war in meiner Zeit als Erzieherin in der Kita so und jetzt genauso.
Im September werden es bereits 27 Jahre, wo ich den Beruf des Versicherungsberaters ausübe.

Sind Sie ein selbstbewusster Mensch?
Es ist schlecht, sich selbst einzuschätzen, aber ich denke schon, dass ich selbstbewusst bin.
Das Selbstbewusstsein wächst ja mit den Lebensjahren.

Was bedeutet es für Sie, individuelle Kundenbeziehungen zu entwickeln?
Individuelle, maßgeschneiderte Konzepte zu entwickeln, den Kunden so zu beraten, dass er wirklich das bekommt, was er braucht und auf der anderen Seite auch wegzulassen, was er nicht braucht, das verstehe ich unter individuellen, persönlichen Kundenbeziehungen.

Das hat sich bei mir über die Jahre entwickelt.
Klar, ich wollte nicht Versicherungsverträge verkaufen, die eigentlich keiner braucht, so wie es oft nach der Wende geschehen ist.

Das heißt deshalb, sich für den Menschen interessieren, seine Bedürfnisse kennen und von da aus die Lösung für ihn zuzuschneiden.

Das hieß auch, so manchen Kampf im Kundensinne mit der Zentrale zu führen, sich zu engagieren, damit es am Ende für alle passt.

Und wenn dann ein Kunde zu einem Feiertag einen Gruß schickt, zum Beispiel über WhatsApp, ja dann weiß ich, dass ich nicht alles falsch gemacht habe.

Über die Jahre haben sich so Freundschaften entwickelt, die bis heute halten.

Wie gehen Sie mit negativen Meinungen von Kunden um?
Ich gehe den Dingen stets auf den Grund. Ist was dran an einer Kritik, dann setze ich mich dafür ein, dass die Probleme gelöst werden, zur Zufriedenheit der Kunden.

Bei pauschalen geringschätzenden Bemerkungen nehme ich das alles mit Humor, versuche drüberzustehen. Wichtig ist für mich: Der Ruf der Versicherung steht und fällt mit demjenigen, der sie vertritt. Ich bin jemand, der sich kümmert, der so lange arbeitet, bis der Kunde zufrieden ist.

Das gibt mir die nötige Selbstsicherheit und das ist es auch, was die Kunden zum Schluss mit ihrer Wertschätzung mir gegenüber danken.

Wie sind Sie in der Anfangszeit finanziell klargekommen?
Anfangs war es wirklich nicht leicht, vor allem, weil nebenher noch meine Ausbildung lief.

Dadurch hinkte ich hinterher, was die Zielvorgaben für mich anbetraf. Ich war im Minus. Die Versicherungsgesellschaft bot mir in dieser Situation an, von der Festanstellung in die Selbstständigkeit zu wechseln, ohne dass ich Garantiebezüge erhielt.

Was haben Sie in der Zeit bekommen?
Nur den Gegenwert für das, was ich an Verträgen produziert habe.
Das diszipliniert ja, also strengst du dich mehr an.

Ich war zum Beispiel viel mehr im Außendienst, als das heute der Fall ist.

Auf der anderen Seite: Wo Schatten ist, da gibt es irgendwann auch wieder Licht.
Ich hatte zwar schwere Zeiten, doch dadurch, dass ich keine Garantiebezüge hatte, war ich nicht abhängig und nicht unter Druck.

Wie viel Spaß macht Ihnen Ihre Arbeit?
Sehr viel Spaß.
Bad Freienwalde ist eine Kleinstadt, und ich wollte nicht unbedingt die Straße wechseln, wenn mir ein Kunde entgegenkam. Da wollte ich mich schon von jenen Vertretern unterscheiden, die nach der Wende vor allem auf schnelle Abschlüsse aus waren.

Das ganze Drumherum, das macht mir wirklich einen riesigen Spaß.
Es ist ein Beruf, in dem man anderen Menschen zuhören muss.
Viele Kunden kommen und berichten von ihren Alltagssorgen.
Du bist dann schon fast ein Psychologe, gibst diesen oder jenen Ratschlag.

Und du erzählst selbst von dir, davon, was dich bewegt. So wächst man zusammen, fasst Vertrauen zueinander, weiß, dass man sich aufeinander verlassen kann.

Sind Sie ein glücklicher Mensch?
Ich bin zufrieden. Es gibt immer Sachen, wo man sagt, dass es noch anders laufen könnte.
Aber insgesamt: Ich bin gesund, wir wohnen auf dem Grundstück meiner Mutti.

Mein Papa ist leider schon verstorben.
Ich mach‘ es mir schön, soweit ich es mir schön machen kann.
Dazu zählt beispielsweise die Gartengestaltung, das ist für mich ein wirklich toller Ausgleich zu meiner Arbeit.

Warum verwenden Sie eher die Vokabel ‚zufrieden‘ als das Wort ‚glücklich‘?
Glücklich sein, dazu gehört für mich noch eine Nuance mehr.
Es gibt ja stets Dinge, die nicht so gut laufen.

Was meinen Sie?
Jeder hat sein Päckchen zu tragen. Da musste zum Beispiel eine Kurzzeitpflege organisiert werden, ein Heimplatz für meine Tante – das alles sind Dinge, die einen erschöpfen, die Kraft rauben.
Insgesamt jedoch bin ich ein sehr positiver Mensch.

Woran haben Sie besonders Freude?
Ach, da gibt es so einiges. Ich bin gern am Meer, inhaliere die Seeluft, schaue zu, wie die Wellen am Strand aufschlagen und sich wieder zurückziehen – das bringt mich auf andere Gedanken, lässt mich Energie tanken.

Oder eben die Gartenarbeit, bei der ich alles um mich herum vergessen kann und mich einfach an den Blumen freue, daran, wie ich den Garten gestaltet habe.

Würden Sie alles wieder so machen, wenn Sie erneut vor der Wahl stünden?

Ja, ich denke schon. Die Arbeit mit den Kunden gibt mir viel an Positivem zurück. Hinzukommt, dass ich so Manches hätte ich gar nicht bewerkstelligen können, wenn ich in einer Festanstellung gewesen wäre.

Ich denke da nur daran, wie ich meine Tochter als Kind zur Orchesterprobe gefahren habe.

Klar, ist man festangestellt, so bekommt man ein dreizehntes Gehalt, hat andere Sicherheiten.

Aber ich bin insgesamt sehr zufrieden mit meinem Leben. Der Beruf ist zu einer wirklichen Berufung für mich geworden, und das macht mich auch ein klein wenig stolz.

Frau Tomaschewski, ich danke Ihnen für das Gespräch.

Zum Firmenporträt: https://uwemuellererzaehlt.de/2021/07/14/firmenportraet-2021-07-14/

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

IN STRALSUND KAUF ICH MIR VOR DEM UMSTEIGEN EIN BRÖTCHEN

ALLTÄGLICHES-2021.07.13

Von Zugausfällen, die keiner eingeplant hatte

Klara hatte drei Tage hinter sich, die sie lieber vergessen würde. Sie war am vergangenen Donnerstag früh aufgestanden, ich hatte sie zum Zug nach Bernau gebracht und gegen elf Uhr war sie bereits an ihrem Bestimmungsort in Sassnitz angelangt.

Sie hetzte zur Besichtigung eines Zimmers in einer Betreuungseinrichtung, in dem ihre Mutter in Kürze untergebracht werden sollte.

Am nächsten Tag unterschrieb sie die entsprechenden Pflege- und Betreuungsverträge für das Heim.

„Was machst du denn hier?“, fragte ihre Mutter sie, als sie danach bei ihr klingelte.

Es war bereits am späten Vormittag, als ihre Mutter ihr die Tür im Schlafanzug öffnete.

„Ich wollte mal schauen, wie es dir geht“, sagte Klara zu ihr, ohne groß weitere Erklärungen abzugeben.

„Mutti, wir müssen dich fertigmachen, denn du bekommst die zweite Impfung gegen Corona“.

„Zweite Impfung? Warum?“
„Das erklären wir dir unterwegs, denn du wirst gleich abgeholt.“
„Von wem?“
„Von deinem Sohn, Mutti.“
„Von meinem Sohn?“
Ihre Mutter schaute sie staunend an.

„Was hat der damit zu tun?“
„Mutti, das ist der Einzige, der uns zum Arzt fahren kann, oder wolltest du eine Stunde zu Fuß unterwegs sein?“

Klara war erschöpft, müde und mochte nichts mehr erklären.
Endlich. Es klingelte an der Tür und Klaras Bruder wartete danach unten am Auto auf seine Mutter.

Als beide losgefahren waren, ging für Klara die Arbeit in der Wohnung ihrer Mutter los.
Bettwäsche im Schlafzimmer wechseln, die dreckige in die Waschmaschine tun, saubere aufziehen,
in den Wäschebeutel schauen, Unterwäsche, Blusen und Hosen heraussuchen und ebenfalls waschen, den Staubsauger herausholen und saugen, danach wischen, Kaffee aufsetzen und den Tisch für ihre Mutter decken.

„Ach, was machst du in meiner Wohnung?“, begrüßte ihre Mutter sie, und das mit einem Gesicht, als hätte sich Klara unangemeldet bei ihr aufgehalten.

Samstagabend. Klara stieg in den Zug nach Stralsund.
Sie hatte alles durchgeplant und war nun froh, dass alles so abgelaufen war, wie sie es vorhatte.
Sie war zwar unendlich müde und hatte kaum noch Kraft.
Klara ließ sich erschöpft in den Sitz im Zug fallen und schaute einfach aus dem Fenster.

Sie war gern auf Rügen, liebte die Straßen, den Blick auf das Wasser in Lietzow. Es stellte sich schnell wieder ein Gefühl von Heimat ein. Es roch nach Seeluft, man spürte den frischen Wind.

„Hier kannst du alles vergessen“, hatte sie am Telefon zu mir gesagt.
Ich verstand das sofort, weil es mir genauso ging, wenn ich dort oben war.
Hier in Brandenburg, da war es auch schön, ich liebte die Schorfheide, den Liepnitzsee.
Aber das Meer war doch noch etwas ganz Anderes.

„Was nützt dir das alles, wenn du gar keine Zeit für das Schöne hast“, habe ich entgegnet.

Klara bekam Hunger. Sie hatte es in Sassnitz nicht mehr geschafft, etwas vor der Abfahrt zu essen.

‚Ich kauf‘ mir ein Brötchen in Stralsund‘, dachte sie.

Plötzlich ertönte ein Signal und eine Stimme sagte: „Der Zug von Stralsund nach Berlin, Abfahrt 19.13 Uhr von Stralsund fällt aus.“
‚Der Zug fährt nicht, einfach so?‘
Klara glaubte, nicht richtig zu hören.

„Wieso fällt der Zug aus?“, fragte Klara den Schaffner, der an ihr vorbeilief.

Der Schaffner drehte sich um und zuckte mit den Schultern.
„Das kann ich Ihnen auch nicht sagen.“

Klara wusste nicht, was sie machen sollte.
Über Gesundbrunnen fahren? Aber das wäre ein ziemlicher Umweg.

„Sie können den Zug nach Baruth nehmen, der ist 21.44 in Oranienburg“, sagte der Schaffner noch zu Klara und schaute sie ein wenig schuldbewusst an.

Doch der konnte ja am wenigsten dafür.
Dass der Zug sich mal verspätet, das hatte Klara schon des Öfteren mal erlebt, aber gleich ganz ausfallen?

Sie konnte es vergessen, sich in Stralsund vor dem Umsteigen noch ein Brötchen zu kaufen.

Die neue Zugverbindung über Neubrandenburg ließ das nicht zu. Der Zug fuhr bereits 19.02 Uhr ab.

Klara hetzte nach ihrer Ankunft zum anderen Bahnsteig, von dem aus der Zug nach Berlin abfuhr.

Als sie im Zug saß, rief sie mich an und sagte, dass sich der Plan geändert hätte und ich sie von Oranienburg abholen sollte.

„Ich kenne den Bahnhof von Oranienburg nicht“, sagte ich zu ihr.
Ich hatte am Samstagabend keine Lust, noch groß den Weg dorthin zu erkunden.

Im Fernsehen lief die Sendung mit Gottschalk – ‚50 Jahre Hitparade, Zugabe‘.

Ich mochte die coolen Sprüche von Gottschalk immer noch und hätte die Sendung gern gesehen. Außerdem liebte ich Schlager. Schweren Herzens erhob ich mich aus dem Sessel, um mich auf den Weg zu machen.

Klara hatte sich damit abgefunden, dass ihr Plan nicht aufging und sie einen anderen Zug nehmen musste.

Sie wollte einfach ihre Ruhe haben. Aber daraus wurde nichts. Ein junges Pärchen hatte sich neben sie gesetzt.

Die junge Frau gegenüber, der junge Mann neben Klara.
Die Frau packte große Schachteln aus. In der einen waren Bouletten, in der anderen Kartoffelsalat.

Es roch gut. Erst jetzt merkte Klara, dass sie noch gar nichts gegessen hatte.

Sie spürte wieder den Hunger in sich hochsteigen. Aber das mit Snack in Stralsund, das hatte nicht ja nun nicht geklappt.

‚Gut, dass ich die Maske vor dem Gesicht habe, sonst würde sich mir der Magen vor Hunger umdrehen‘, dachte Klara und schaute aus dem Fenster, um sich abzulenken.

Endlich, die Frau packte die beiden Plastikbehälter wieder ein.
Doch im nächsten Moment holte sie auch schon eine neue heraus. Darin war Nachtisch – Tiramisu.

„Das schmeckt cremig und lecker“, sagte der Mann neben Klara und leckte zur Bestätigung gründlich den Löffel ab.

Klara schaute auf ihre Uhr, noch eine halbe Stunde bis Oranienburg.
Ich saß im Auto. Die Fahrt nach Oranienburg war entspannt. Landschaftlich reizvoller als in die andere Richtung, nach Bernau.

Vor dem Bahnhof tummelten sich eine Reihe von Betrunkenen, die sich angeregt unterhielten.

Ich wich ihnen aus und ging hinter dem Auto der Bundespolizei, das vor dem Hauptportal parkte, in Richtung Eingang.

Der Zug kam pünktlich.
Klara stieg glücklich aus dem Auto und ich fuhr gemächlich zurück.
Hinter mir drängelte ein schwarzer Audi, der dann mit hoher Geschwindigkeit vorbeifuhr.

Wir sahen ihn wieder, als er vor der nächsten Baustelle warten musste, fliegen konnte er offensichtlich auch nicht.

„Du kannst planen, wie du willst, wenn die Bahn nicht mitspielt, dann nützt das alles nichts.

Und da sollen die Leute mehr auf die Bahn umsteigen? Ja, auf welche denn, wenn die, die im Fahrplan steht, einfach per Durchsage ausfällt?

Der nächste Tag war Sonntag, Gott sei Dank. Jetzt ließen wir alles ausfallen.

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ANNA – RÜCKBLICK IN VERGANGENE WOCHE UND AUSBLICK AUF DIESE WOCHE

ANNA-2021.07.12

SIE KÖNNEN DIE VERMIETERBESCHEINIGUNG NICHT KRIEGEN

Klara und Peter benötigten die Bescheinigung von Annas Vermieter. Sie sollten sie an die Wohnungsverwaltung schicken, die für die Anmietung des Zimmers im ‚Betreuten Wohnen Sörensen‘ zuständig waren. Der Verwaltungsmitarbeiter Brummer von Annas Wohnungsgesellschaft aber gab sich störrisch.

„Ja, wir können Ihnen die Vermieterbescheinigung von Anna Sturm nicht schicken!“

„Wer sind Sie denn?“, fragte Peter, obwohl ihm klar war, woher der Anruf kam.

„Brummer“, ertönte die Stimme am anderen Ende.
Er betonte das ‚r‘ und dehnte gleichzeitig dabei noch das ‚e‘, sodass Peter den Namen ‚Brrummeer‘ verstand.

„Ach Herr Brummer“, ja schön, dass Sie sich melden!“
„Wie gesagt, Sie kriegen die Vermieterbescheinigung nicht!“

Herr Brummer ließ sich auf keinen Small-Talk ein.
Peter merkte, wie bei ihm der Blutdruck stieg und seine Schilddrüse anfing, heftig in seinem Hals zu klopfen.

Es war, als würde in einer Feuerwache schriller Alarm ausgelöst und die Feuerwehrmänner würden eine Stange herunterrutschen, um sich sofort ins Auto zu schwingen.

„Warum können wir die Bescheinigung nicht kriegen?“
Peter bemühte sich, mit ruhiger Stimme zu fragen.

„Weil wir nichts hinter dem Rücken Ihrer Schwiegermutter machen!“

„Wollen Sie uns unterstellen, dass wir etwas hinter dem Rücken von Anna Sturm machen, ohne dass wir nicht ihre Vollmacht und ihr Einverständnis hätten?“

„Das weiß ich nicht.“
„Wenn Sie es nicht wissen, warum sagen Sie es dann?“
„Das habe ich nicht gesagt!“

„Das haben Sie sehr wohl gesagt!“ Peter war in den Angriffsmodus übergegangen. Seine Stimme wurde lauter, klang schärfer.

„Jetzt hören Sie mir mal gut zu“, pumpte Peter sich weiter auf, „wenn Sie glauben, Sie könnten in dieser schnoddrigen und arroganten Art mit mir reden, dann haben Sie sich jetzt den absolut Falschen ausgesucht.“

Peters Stimme dröhnte, dass Klara ganz bleich im Gesicht geworden war.

„Sie haben es gesagt und meine Frau hat es auch gehört.“
Klara war von ihrem Stuhl aufgesprungen und kam zu Peter herübergelaufen. Sie bewegte angstvoll ihre Arme nach unten, um Peter zu beschwichtigen.

Doch das brachte ihn erst recht in Rage. Er hasste es, wenn Klara sich einmischte. Das Signal war stets das gleiche: ‚Mein Mann ist ein Raufbold und Polterkopf, aber er meint es nicht so‘.

Aber das war genau das Streichholz, das man nur noch an das Spritfass halten musste, damit alles in die Luft flog.
„Jetzt passen Sie mal gut auf, lieber Brummer“, Peter lies in seiner Wut die Anrede ‚Herr‘ weg.

„Sie sollten ganz schnell die Vermieterbescheinigung schicken, dann vergesse ich ihre ungehobelte, unfreundliche und dem Kunden wenig zugeneigte Art, und ich vergesse auch, was Sie gesagt haben, ohne dass Sie es gründlich durchdacht haben. Ich warte genau dreißig Minuten, bis die E-Mail bei mir angekommen ist. Auf Wiederhören“.

Peter drückte mit seinem Zeigefinger mit solcher Energie auf den roten Button des Handys, dass ihm der Finger hinterher wehtat.

„Musste das sein?“, fragte Klara nun mit vorwurfsvoller Stimme.

„Du lässt mich hier die Drecksarbeit machen und willst auch noch, dass ich den anderen aufs herzlichste begrüße, wenn der mit einem Beil auf mich zustürmt“, schnaubte Peter.

„Du bist doch der Klügere!“, sagte Klara.

„Ich will nicht der Klügere sein, ich will dem in den Arsch treten, wenn der mir so kommt.“

„Du mit deinem kulturellen Hintergrund!“, klagte ihn Klara vorwurfsvoll an.

Peter wollte nicht in solchen Momenten derjenige sein, der auf die allergrößten Grobheiten seines Gegenübers am Telefon mit feiner und rhetorisch ausgefeilter Stimme antwortete. Nein, er wollte ebenfalls zum Schwert greifen und auf den anderen zustürmen, Auge um Auge, Zahn um Zahn.

Er wusste, dass es falsch war, aber das verdrängte er in diesem Moment.

„Ich muss arbeiten“, unterbrach Peter Klara und zog die Tür zum Arbeitszimmer hinter sich.

Ein paar Augenblicke später trudelte aus Stralsund die Mail mit der Vermieterbescheinigung im Anhang ein.

‚Geht doch‘, brummte Peter.

„Sehr geehrte Frau Gerber“, stand in der Anschrift. Peter wurde gar nicht erwähnt.
Doch er sollte trotzdem eine Lesebestätigung geben.

„Da können die lange warten!“, dachte Peter.
„Ist schon was gekommen?“, fragte Klara. Sie hatte die Tür zu seinem Zimmer leise aufgemacht.

„Kann ich dir nicht sagen, ich muss jetzt erst einmal meine Arbeit zu Ende bringen.

Klara seufzte und wusste, dass sie jetzt nicht mit Peter reden konnte.

Als sie wieder draußen war, druckte Peter die Vermieterbescheinigung aus dem Anhang der Mail aus, legte sie in seinen Ablagekorb und stülpte ein paar Rechnungen darüber.

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ULRIKE UND BERITT TREFFEN SICH AM EISCAFÉ – SEIT LANGEM MAL WIEDER
ANNA-2021.07.07

Ulrike und Beritt sind Freundinnen. Sie kennen sich noch von der Schwesternschule in Stralsund her. 
Ulrike arbeitet als Pflegedienstleiterin im ‚Betreuten Wohnen Sörensen‘, Beritt ist Krankenschwester im Stralsunder Sund-Krankenhaus.
Beritt ist mit Olaf verheiratet, der als Pfleger im ‚Betreuten Wohnen‘ arbeitet.
Ulrike ist Olafs Vorgesetzte.
Ulrike schlägt Beritt vor, mal wieder gemeinsam ein Eis essen zu gehen. 
Sie will herauskriegen, warum Olaf auf Arbeit so antriebslos ist.

„Wie läufts mit Olaf?“

„Ist er noch so fürsorglich wie früher?“
Beritt ließ sich Zeit mit ihrer Antwort.

„Ich weiß nicht, aber irgendwas ist anders. Olaf ist schweigsamer geworden, redet mit mir nicht mehr so viel.

Zum Beispiel die Sache mit Frieda Möller, die hat er mir gegenüber verschwiegen.“

Ulrike überlegte, ob sie Beritt etwas zu Saskia sagen sollte, aber sie entschied sich anders.

„Weißt du, die Arbeit in der Pflegeeinrichtung, die schlaucht alle, insbesondere jetzt in der Corona-Zeit.

Jeder arbeitet bis zum Anschlag, erholt sich nicht mehr so richtig während des Urlaubs, im Gegenteil, er nimmt die Probleme mit in seine Freizeit.“

„Das stimmt, das geht mir genauso. Wir kommen im Sund-Krankenhaus ebenfalls nicht vor Arbeit aus den Augen gucken.

Und wahrscheinlich zerrt das an den Nerven, macht uns reizbarer, wenn wir zusammen sind“, sagte Beritt mehr zu sich als zu Ulrike.
Ulrike schaute Beritt an.

Sie sah nicht gut aus im Gesicht, wirkte angespannt, trotz des Urlaubs, der erst ein paar Tage her war.

Sie beschloss nichts zu sagen, schon gar nicht darüber, dass sie das Gefühl hatte, dass sich Saskia und Olaf immer näherkamen, über das normale Arbeitsverhältnis hinaus.

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DIE EINFAHRT VOM HEIM IST DOCH GANZ LEICHT ZU FINDEN

ANNA-2021.07.09

Klara ist nach Stralsund gefahren, um sich vor Ort ein Bild von der Pflegeeinrichtung ‚Betreutes Wohnen Sörensen‘ zu machen.
Lukas begleitet sie zum Heim. Er kann sich nur schwer mit dem Gedanken abfinden, dass Anna nicht mehr in ihrer Wohnung bleiben kann.
Klara und Lukas finden nur schwer den Eingang zum Gebäude ‚Betreuten Wohnen Sörensen‘.

„Hier sollte doch eine Schranke sein und wo steht jetzt der Name der Einrichtung?“, fluchte Lukas und kurvte nun schon das zweite Mal um die Häuserblocks, die in der angegebenen Straße standen.
„Betreutes Wohnen Sörensen, Olaf Knaspe, was kann ich für Sie tun?“, ertönte eine dunkle Stimme, nachdem Klara die Telefonnummer gewählt hatte, die auf ihrem Zettel stand.

„Ja, Herr Knaspe, Klara Gerber hier, wir haben heute einen Besichtigungstermin für das Zimmer, in das meine Mutter einziehen soll“, sagte Klara.

„Wie ist denn der Name Ihrer Mutter?“, fragte Olaf, ohne sich groß zu bemühen. Er hätte es wissen müssen, dass es Anna Sturm war.

„Wieso fragen Sie denn? Wir beide haben doch den Termin miteinander für heute ausgemacht!“

„Ach so ja.“

„Ja, bis gleich“, antwortete Olaf wieder.

„Moment, wir finden den Eingang zum Gebäude nicht“, sagte Klara. Ihre Stimme überschlug sich nun schon fast, denn in ihr stieg allmählich der Ärger über so viel Gleichgültigkeit hoch.

„Das ist doch ganz einfach zu finden“, antwortete Pfleger Olaf.
„Wissen Sie, wenn Sie dort jeden Tag mehrfach ein- und ausgehen, dann ist es einfach. Ja. Aber wir kommen heute das erste Mal zu Ihnen.“

„Warten Sie, ich drücke mal einen Knopf, dann geht ein Tor auf und Sie können dort durchfahren.“
Olaf drückte auf den Summer.

„Da!“, rief Lukas, „siehst du die Flügeltüren, die sich gerade öffnen?“
„Fahr bloß schnell durch, bevor sie wieder zugehen“, sagte Klara, die sich noch immer über die halb schnoddrige Art des Pflegers ärgerte.
Lukas parkte das Auto auf dem dafür vorgesehenen Platz, stieg aus und streckte sich.

„Hallo, was macht ihr denn hier“, rief aus dem Fenster Berta Hoffmann.

„Das ist doch jetzt nicht wahr“, sagte Lukas.
Charly und Berta Hoffmann waren Freunde von Anna und Wilhelm Sturm.

Sie hatten sich am Strelasund eine Wohnung gesucht, in der sie auch bleiben konnten, wenn sie mal Pflege und Betreuung in Anspruch nehmen wollten.

„Ach, wir schauen hier nur mal, ob das was für Mutti ist“, antwortete Klara, immer noch verdattert, dass ausgerechnet in dem Moment Berta aus dem Fenster sah.

Wahrscheinlich tat sie das sehr oft am Tag.
„Kommt doch mal hoch zu uns“, rief jetzt Charly, der hinter seiner Frau stand.

„Wir haben leider ganz wenig Zeit“, sagte nun Lukas.
„Komm‘ lass uns verschwinden, sonst kommen wir hier nicht wieder weg“, flüsterte er Klara zu.

Die nickte stumm. Sie winkten beide nach oben und ging schnurstracks auf eine andere Eingangstür zu.

Im Flur erwartete sie Schwester Ulrike. Olaf hatte ihr Bescheid gesagt. Er selbst stand hinter Ulrike und schien ein schlechtes Gewissen zu haben.

„Herzlich willkommen, Familie Gerber“, sagte Ulrike.

„Ich bin Klara Gerber, geborene Sturm, und das hier ist mein Bruder, Lukas Sturm. Mein Mann konnte heute nicht mitkommen“, sagte Klara ein wenig verlegen.

„Aha, sehr angenehm. Wollen wir gleich zum Zimmer gehen?“
Ulrike sah die beiden erwartungsvoll an.

„Ja, gern“, sagte Klara.

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AUSBLICK 
ANNA – 2021.07.16
Klara besichtigt gemeinsam mit Lukas Annas künftiges Zimmer im Heim.
Es ist sehr klein. Klara beginnt schon in Gedanken die Möbel zu stellen.
Pfleger Olaf und Klara lernen sich besser kennen und Olaf beginnt sich auf die neue Heimbewohnerin einzustellen.
Die Bürokratie in Vorbereitung auf die Heimunterkunft frisst die Energie von allen auf.

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EIN BLICK IN DIE BIBEL MACHT DEINEN ALLTAG NICHT ÄRMER

Bibel

BIBEL-2021.07.11

‚Vom Guten und vom Besseren im Leben des Menschen‘
„Einem Freund und einem Gefährten begegnet man gern, aber lieber hat man die Frau, mit der man lebt.“
SIR 40, 23

Was kann ich mitnehmen?
Was soll ich dazu noch sagen? Die Bibel kennt mich.

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ALICE MUNRO – SCHREIBEN AM KÜCHENTISCH ÜBER MENSCHEN IM ALLTAG

Zum 90. Geburtstag von Alice Munro

Ich habe seit einigen Jahren ein Ritual entwickelt, mit dem ich den Tag beginne, nachdem ich vom Fitness-Studio zurück bin.

Ich nehme das Buch von Alice Munro „Ferne Verabredungen“ zur Hand.

Dann klebe ich ein weißes Blatt Papier auf einen Pappdeckel, den ich aus einem Ordner auf A4 -Größe zurechtgeschnitten habe.

Ich schlage das Buch auf, suche mir eine Textstelle und schreibe ein paar Sätze daraus ab. Anschließend formuliere ich sie um.

Es ist eine Methode, meine handwerklichen Fertigkeiten im Schreiben zu trainieren.

Und erst dann, wenn ich einen Satz umformulieren will, merke ich wirklich, wie meisterhaft er von Alice Munro formuliert und von Heide Zerning, der Übersetzerin, ins Deutsche gebracht wurde.

Ich verzichte in diesen Momenten ganz bewusst darauf, die Tastatur zur Hand zu nehmen, in den Computer zu starren.

Diese ‚blanke‘, vielleicht auch antiquierte Arbeitsweise, zählt zu dem Besten, was ich so am Tag anstelle.

Bereits im Klappentext steht über Alice Munro, was für mich mit zu einem Leitsatz für diesen Blog geworden ist: „Alice Munro erzählt zugewandt und genau vom Allerschwersten, von dem, was zwischen Menschen passiert, was in ihnen vorgeht.“ (1)

Und diese ‚Meisterin des Alltäglichen‘ ist gerade 90 Jahre alt geworden. Ich habe das in der Berliner Zeitung in der Feuilletonseite entdeckt. (2)

Was mich an dieser Schriftstellerin fasziniert ist, wie unaufgeregt sie über Menschen im Alltag, über das Alltägliche schreibt.

Dass sie inzwischen eine kanadische Literaturnobelpreisträgerin ist, das nötigt mir natürlich Respekt ab.

Was in mir jedoch eine wirkliche Begeisterung hervorruft ist die Tatsache, dass sie mit scheinbarer Leichtigkeit über eher langweilige Dinge des Alltags schreibt.

„Sie (Alice Munro) zeigt, dass ein Schreiben über Windeln, den Besuch in einem Pflegeheim oder Einkäufe von Zahnpasta und Handcremen von bestechender Prägnanz und Aussagekraft sein kann. Besonders ihre späteren Texte bringen die Schilderungen des Unspektakulären, man könnte auch sagen, den genauen Blick auf Menschen als Menschen zur Perfektion.“ (3)

Alice Munro war dabei immer Mutter von vier Töchtern, Hausfrau.

„Sie kochte und putzte, sagte sie in einem Interview mit der Literaturzeitschrift Paris Review, seitdem sie ein Teenager war und ihre Mutter an Parkinson erkrankte: ‚die Uni war also die einzige Zeit in meinem Leben, in der ich keine Hausarbeit verrichten musste.“ (4)

Als ich das gestern beim Frühstück las, da dachte ich bei mir:
‚Worüber jammerst du eigentlich? Du musst so viel tun – Firmenporträts schreiben, freitags zuhause Staubsaugen, ins Fitness-Studio fahren, du kommst eigentlich zu gar nichts, schon gar nicht dazu, kurze Alltagsgeschichten für den Blog zu schreiben.‘

Da kann ich nur verstummen, angesichts des großartigen Schaffens dieser Schriftstellerin, und dass in vielen Jahren am Küchentisch, weil sie kein Arbeitszimmer hatte.

Manchmal, wenn ich meine Enkelin besuche und mit ihr in Berlin auf einen Spielplatz gehe, dann sehe ich Mütter, die auf dem Boden sitzen und reden, Kartoffelsalat ausgepackt haben und jeden, der von außen dazukommt aus einer Mischung von Ablehnung und Neugier betrachten.

Ich nenne sie seit vielen Jahren die ‚Monicas‘.

‚Die Monicas sind wieder da‘, sage ich dann zu Krümel, die sich aber nicht dafür interessiert, sondern für die Rutsche, auf der die Kinder der ‚Monicas‘ heruntersausen.

Inspiriert zu dieser durchaus liebevoll gemeinten Bezeichnung wurde ich durch die Geschichte ‚Jakarta‘:

„Kath und Sonje haben einen eigenen Platz am Strand, hinter großen Baumstämmen.

Den haben sie sich ausgesucht, weil er ihnen Schutz bietet, nicht nur vor dem gelegentlich stark auffrischenden Wind – sie haben Kaths Baby dabei -, sondern auch vor den Blicken einer Gruppe von Frauen, die jeden Tag den Strand bevölkern. Sie nennen diese Frauen die Monicas.

Die Monicas haben zwei oder drei oder vier Kinder pro Nase.
Angeführt werden sie von der richtigen Monica, die über den Strand gelaufen kam und sich vorstellte, sobald sie Kath und Sonje und das Baby entdeckt hatte.

Sie lud sie ein, sich dem Rudel anzuschließen.
Sie folgten ihr und schleppten die Babytasche mit.
Was blieb ihnen anderes übrig?

Aber seitdem verschanzen sie sich hinter den Baumstämmen.

Das Feldlager der Monicas besteht aus Sonnenschirmen, Badelaken, Windeltaschen, Picknickkörben, aufblasbaren Flößen und Walfischen, Spielsachen, Sonnenschutzmitteln, Kleidungsstücken, Sonnenhüten, Thermoflaschen mit Kaffee, Plastikbechern und -tellern und Kühlboxen, die hausgemachte Eislutscher aus Fruchtsaft enthalten.“ (5)

Ich habe in meinem Leben viel studiert, Diplomarbeiten geschrieben, Diplomarbeiten bewertet, Studenten unterrichtet. Das war eine schöne Zeit.

Der beste Teil kommt tatsächlich zum Schluss, nämlich von einer ‚Meisterin des Alltäglichen‘ zu lernen, die kleinen Dinge im Leben zu sehen, sie nicht geringzuschätzen, Menschen nicht in ihren großen Gesten zu bewundern, sondern darin, wie sie den Alltag meistern, wie sie sich zueinander verhalten.

Das Schwierige besteht darin, nicht nur das Banale zu beschreiben, sondern die Beschreibung auch noch banal aussehen zu lassen. Darin bewundere ich die große Schriftstellerin Alice Munro.

(1)
Manuela Reichart, Nachwort für Alice Munro, Ferne Verabredungen, Die schönsten Erzählungen;
aus dem Englischen von Heidi Zerning;
© 2016 S. Fischer Verlag GmbH, Hedderichstr. 114, 60596 Frankfurt am Main
(2)
Berliner Zeitung, Nr. 156, Freitag, 09.Juli 2021, S. 13; Feuilleton
„Meisterin des Alltäglichen“
(3)
Sabine Rohlf, ebenda
(4)
Ebenda
(5)
Alice Munro „Ferne Verabredungen“, Jarkarta, Fischer Verlag GmbH, 2016, S.9

DIE EINFAHRT VOM HEIM IST DOCH GANZ LEICHT ZU FINDEN

ANNA-2021.07.09

Was bisher war:
Peter hatte sich mit dem Verwaltungsmitarbeiter von Annas Vermietergesellschaft angelegt, weil der unnachgiebig und störrisch war und nicht die Bescheinigung zur Vorlage bei der neuen Einrichtung vorzeigen wollte.
Anna wohnte fast sechzig Jahre in ihrer Wohnung und die Vermieterbescheinigung diente dazu, der neuen Gesellschaft den Nachweis darüber zu erbringen, dass Anna stets ihre Miete bezahlt hatte.
Schwester Ulrike hatte sich mit Beritt in einem Eiscafé getroffen, aber nichts über Olaf und dessen Sympathie für Schwester Saskia im Pflegeheim gesagt.

Einführung:
Klara ist nach Stralsund gefahren und wollte sich vor Ort anschauen, wie das Zimmer im ‚Betreuten Wohnen Sörensen‘ am Strelasund aussah, in das Anna im Herbst einziehen sollte.

„Ich glaube, ich muss da selber hinfahren, um zu wissen, was auf Mutti zukommt“, sagte Klara zu Peter.

„Willst du mitkommen?“, fragte sie ihn noch.

„Ich würde gern mit dir zusammen nach Stralsund fahren, aber ich habe gar keine Zeit, weil so viele Interviews anstehen.

Ich könnte sie natürlich auch verschieben, aber du weißt, wie schwer das wieder neu zu terminieren ist.“

„Ich weiß, ich mach‘ das mit Lukas zusammen.“

„Was sagt Lukas eigentlich zur Situation?“

„Du weißt doch, dass es ihm sehr schwerfällt, sich mit dieser Situation anzufreunden.“

„Ja, ich weiß, und ich verstehe ihn sehr gut. Immerhin ist es seine Mutter, die ihn zwar ab und an nervt, wenn sie alles vergisst oder schlechte Laune hat.

Aber für ihn ist alles mit dieser Wohnung verbunden, aus der nun Anna raus soll, um in ein Heim zu ziehen.“

„Mir geht es genauso“, sagte Klara.
„Wir haben die ganze Kindheit dort verbracht. Anna hat dort ihre glücklichsten Jahre gehabt, und nun ist alles vorbei.“

„Wir müssen uns der Realität stellen. Wir helfen Anna nicht damit, dass wir sie vielleicht davor bewahren wollen, dass sie in ein Heim muss.

Wenn sie noch ein paar schöne und möglichst sorgenfreie Jahre verleben will, dann braucht sie Hilfe, und zwar rund um die Uhr.“
Klara seufzte nur.

Am nächsten Tag war Klara früh in den Zug nach Stralsund gestiegen. Sie hatte viel vor.

Lukas stand schon auf dem Bahnhof, als der Zug aus Berlin einfuhr.
„Na, wollen wir gleich zur Besichtigung fahren?“, fragte Lukas Klara ohne Umschweife.

„Ja, lass uns da sofort hinfahren. Weißt du, wie du da hinkommst?“
Lukas sah Klara an, so als hätte sie ihn gefragt, ob er aufrecht laufen könnte.

„Klaaara“, sagte er stattdessen und zog das ‚a‘ absichtlich lang.

„Schon gut, ich wollte nur sicher sein.“

Lukas und Klara fuhren sofort los und beide schwiegen, obwohl sie sich ein paar Wochen nicht gesehen hatten.

Auf beiden lastete das alles wie ein zentnerschweres Gewicht, das sie nicht mehr von der Brust bekamen.

„Hier sollte doch eine Schranke sein und wo steht jetzt der Name der Einrichtung?“, fluchte Lukas und kurvte nun schon das zweite Mal um die Häuserblocks, die in der angegebenen Straße standen.

„Betreutes Wohnen Sörensen, Olaf Knaspe, was kann ich für Sie tun?“, ertönte eine dunkle Stimme, nachdem Klara die Telefonnummer gewählt hatte, die auf ihrem Zettel stand.

„Ja, Herr Knaspe, Klara Gerber hier, wir haben heute einen Besichtigungstermin für das Zimmer, in das meine Mutter einziehen soll“, sagte Klara.

„Wie ist denn der Name Ihrer Mutter?“, fragte Olaf, ohne sich groß zu bemühen. Er hätte es wissen müssen, dass es Anna Sturm war.

„Wieso fragen Sie denn? Wir beide haben doch den Termin miteinander für heute ausgemacht!“

„Ach so ja.“

„Ja, bis gleich“, antwortete Olaf wieder.

„Moment, wir finden den Eingang zum Gebäude nicht“, sagte Klara. Ihre Stimme überschlug sich nun schon fast, denn in ihr stieg allmählich der Ärger über so viel Gleichgültigkeit hoch.

„Das ist doch ganz einfach zu finden“, antwortete Pfleger Olaf.

„Wissen Sie, wenn Sie dort jeden Tag mehrfach ein- und ausgehen, dann ist es einfach. Ja. Aber wir kommen heute das erste Mal zu Ihnen.“

„Warten Sie, ich drücke mal einen Knopf, dann geht ein Tor auf und Sie können dort durchfahren.“
Olaf drückte auf den Summer.

„Da!“, rief Lukas, „siehst du die Flügeltüren, die sich gerade öffnen?“

„Fahr bloß schnell durch, bevor sie wieder zugehen“, sagte Klara, die sich noch immer über die halb schnoddrige Art des Pflegers ärgerte.

Lukas parkte das Auto auf dem dafür vorgesehenen Platz, stieg aus und streckte sich.

„Hallo, was macht ihr denn hier“, rief aus dem Fenster Berta Hoffmann.

„Das ist doch jetzt nicht wahr“, sagte Lukas.
Charly und Berta Hoffmann waren Freunde von Anna und Wilhelm Sturm.

Sie hatten sich am Strelasund eine Wohnung gesucht, in der sie auch bleiben konnten, wenn sie mal Pflege und Betreuung in Anspruch nehmen wollten.

„Ach, wir schauen hier nur mal, ob das was für Mutti ist“, antwortete Klara, immer noch verdattert, dass ausgerechnet in dem Moment Berta aus dem Fenster sah.

Wahrscheinlich tat sie das sehr oft am Tag.
„Kommt doch mal hoch zu uns“, rief jetzt Charly, der hinter seiner Frau stand.

„Wir haben leider ganz wenig Zeit“, sagte nun Lukas.

„Komm‘ lass uns verschwinden, sonst kommen wir hier nicht wieder weg“, flüsterte er Klara zu.

Die nickte stumm. Sie winkten beide nach oben und ging schnurstracks auf eine andere Eingangstür zu.

Im Flur erwartete sie Schwester Ulrike. Olaf hatte ihr Bescheid gesagt. Er selbst stand hinter Ulrike und schien ein schlechtes Gewissen zu haben.

„Herzlich willkommen, Familie Gerber“, sagte Ulrike.

„Ich bin Klara Gerber, geborene Sturm, und das hier ist mein Bruder, Lukas Sturm. Mein Mann konnte heute nicht mitkommen“, sagte Klara ein wenig verlegen.

„Aha, sehr angenehm. Wollen wir gleich zum Zimmer gehen?“
Ulrike sah die beiden erwartungsvoll an.

„Ja, gern“, sagte Klara.

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ULRIKE UND BERITT TREFFEN SICH AM EISCAFÉ – SEIT LANGEM MAL WIEDER

ANNA-2021.07.07

Was bisher war:
Schwester Ulrike hatte mit ihrer Freundin Beritt telefoniert, aber nichts darüber gesagt, dass sich Olaf auf der Arbeit antriebslos verhielt.
Beide wollen sich in einem Café am Markt treffen.
Klara und Peter verzweifeln, weil sie unendlich viele Anträge für Anna stellen müssen, damit die Aufnahme im Heim rechtzeitig vonstattengehen konnte.
Peter legte sich mit einem Verwaltungsmitarbeiter an und bekam zum Schluss die Vermieterbescheinigung.

Einführung:
Ulrike und Beritt trafen sich am Eiscafé, um ein paar Momente gemeinsam zu genießen, wie früher.

Schwester Ulrike hatte sich ein paar Stunden freigenommen und war früher vom Heim losgefahren, um rechtzeitig zum Treff mit Beritt zu kommen.

Beritt saß bereits in dem Eiscafé am Markt, indem sie schon vor vielen Jahren mit Ulrike gewesen war.

Sie hatte vor dem Café einen Tisch gefunden. Sie liebte diesen Platz mit dem Blick auf die große Kirche gegenüber.

Touristen schlenderten an ihr vorbei, die Sonne schien und Beritt fühlte sich in ihre Jugendzeit zurückversetzt, in der vorbeilaufende junge Matrosen mit ihr geflirtet hatten.

So hatte sie auch Olaf kennengelernt, der damals seinen Bundeswehrdienst als Zivildienstleistender absolvierte und in dem Pflegedienst aushalf, in dem auch Beritt und Ulrike ihre Arbeit nach der Ausbildung begonnen hatten.

Beritt nippte an ihrem Glas Wasser, das sie sich zur Überbrückung bestellt hatte.

Obwohl sie trank, behielt sie die Umgebung im Blick und erkannte sofort, dass hinter der Kirche Ulrike mit straffem Schritt auf sie zusteuerte.

Beritt winkte und erhob sich von ihrem Platz. Sie küssten sich, als Ulrike vor ihr stand und sie freuten sich beide ehrlich, dass sie Zeit füreinander gefunden hatten.

„Ich hab‘ uns schon zwei Eisbecher mit Schlagsahne und Eierlikör bestellt. Du weißt schon, fast wie früher“, sagte Beritt.

„Ach Gott, ich muss doch ein bisschen auf meine Figur achten, sonst kriege ich ja gar keinen mehr ab“, scherzte Ulrike.

Sie war noch immer ledig und auch wieder ungebunden. Aber sie fühlte sich so wohl und konnte sich voll auf ihre Arbeit konzentrieren.

„Erinnerst du dich noch daran, wie wir manchmal bis Mitternacht gesessen haben, anschließend zurück zur Schwesternschule gelaufen sind und dann noch nackt im Sund baden waren und die Matrosen mit uns ins Wasser wollten?“

„Na klar erinnere ich mich daran“, sagte Beritt.

„Es war eine schöne Zeit, die kommt nie wieder“, stimmte Ulrike zu.

„Wie läufts mit Olaf?“

„Ist er noch so fürsorglich wie früher?“
Beritt ließ sich Zeit mit ihrer Antwort.

„Ich weiß nicht, aber irgendwas ist anders. Olaf ist schweigsamer geworden, redet mit mir nicht mehr so viel.

Zum Beispiel die Sache mit Frieda Möller, die hat er mir gegenüber verschwiegen.“

Ulrike überlegte, ob sie Beritt etwas zu Saskia sagen sollte, aber sie entschied sich anders.

„Weißt du, die Arbeit in der Pflegeeinrichtung, die schlaucht alle, insbesondere jetzt in der Corona-Zeit.

Jeder arbeitet bis zum Anschlag, erholt sich nicht mehr so richtig während des Urlaubs, im Gegenteil, er nimmt die Probleme mit in seine Freizeit.“

„Das stimmt, das geht mir genauso. Wir kommen im Sund-Krankenhaus ebenfalls nicht vor Arbeit aus den Augen gucken.

Und wahrscheinlich zerrt das an den Nerven, macht uns reizbarer, wenn wir zusammen sind“, sagte Beritt mehr zu sich als zu Ulrike.

Ulrike schaute Beritt an. Sie sah nicht gut aus im Gesicht, wirkte angespannt, trotz des Urlaubs, der erst ein paar Tage her war.

Sie beschloss nichts zu sagen, schon gar nicht darüber, dass sie das Gefühl hatte, dass sich Saskia und Olaf immer näherkamen, über das normale Arbeitsverhältnis hinaus.

„Wie geht es der Kleinen?“, fragte sie stattdessen.

„Ach, die ist köstlich. Sie ist unser Sonnenschein“, sagte Beritt und blühte gleich wieder auf.

„Wollen wir einen kleinen Sekt trinken?“, fragte Ulrike.

„Oh ja, lass uns anstoßen auf die alten Zeiten“, nickte Beritt freudig.

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SIE KÖNNEN DIE VERMIETERBESCHEINIGUNG NICHT KRIEGEN

ANNA-2021.07.05

Was bisher war?
Peter und Klara mussten schnell handeln. Ein Zimmer im ‚Betreuten Wohnen Sörensen‘ am Strelasund war freigeworden.
Olaf Knaspe war Pfleger im ‚Betreuten Wohnen‘ und traurig, dass Frieda Möller gestorben war.
Es fiel ihm deshalb schwer, das Zimmer von ihr auszuräumen.
Saskia, eine Kollegin von Olaf, bot ihm ihre Unterstützung an.
Sie mochte Olaf, obwohl der verheiratet war.
Schwester Ulrike fragte Olaf, ob zwischen ihnen etwas lief.
Es war ihr unangenehm so etwas als die unmittelbare Vorgesetzte von Olaf zu fragen, zumal sie mit Beritt, Olafs Ehefrau, befreundet war.

Einführung:
Schwester Ulrike telefonierte mit Beritt, ihrer Freundin, die auch Olafs Ehefrau war.
Klara wollte eine Bescheinigung von Annas Vermieter haben, zur Vorlage für die Anmietung des Zimmers im Heim ‚Betreutes Wohnen Sörensen‘ am Strelasund.
Peter legte sich mit dem Verwaltungsmitarbeiter von Annas Vermietergesellschaft an.
Herr Brummer gab sich unnachgiebig und störrisch. Er hatte aber nicht mit Peters Energie gerechnet.

Schwester Ulrike saß noch eine Zeit lang in ihrem Zimmer am Schreibtisch, nachdem Olaf gegangen war.

Sie dachte darüber nach, warum Olaf sich so antrieblos verhielt, obwohl er gerade aus dem Urlaub zurückgekehrt war.

Sie erinnerte sich an die Zeit in der Schwesternschule, in der sie mit Beritt Freundschaft geschlossen hatte, der späteren Ehefrau von Olaf.

Beritt und Ulrike waren gleichaltrig. Beritt war fünf Jahre älter als ihr heutiger Mann Olaf, wobei man ihr das nicht ansah.

Ulrike griff zum Hörer und wählte die Nummer ihrer Freundin.

„Knaspe“, ertönte eine Stimme im Hörer.
„Hallo Beritt, hier ist Ulrike.“

„Ulrike, das ist ja schön, dass du dich mal meldest. Ist irgendetwas mit Olaf?“
„Nein, nein, ich wollte nur mal deine Stimme hören“, wich Ulrike aus.

„Ach, und ich dachte schon, es wäre was passiert?“
„Wie kommst du darauf?“, fragte Ulrike und verschwieg, dass sie ja gerade wegen Olaf anrief.

„Ach, manchmal habe ich schon gedacht, dass er eine Freundin hat“, sagte sie.

„Er wirkt so abwesend.“
„Ich glaube Olaf bedrückt, dass eine seiner Heimbewohnerinnen verstorben ist“, antwortete Ulrike.

„Doch nicht etwa Frieda Möller?“
„Ja, leider. Frieda Möller ist tot und Olaf scheint das mehr mitzunehmen, als er sich selbst eingestehen will.“

Beritt schwieg, bevor sie antwortete: „Komisch, dass er mir das nicht erzählt hat, aber er kriegt ja ohnehin kaum noch den Mund auf.“

„Du, lass uns doch mal wieder einen Kaffee trinken gehen, im Cafè am Alten Markt, du weißt schon.“

„Ja gern, ich melde mich, ich muss jetzt zur Schicht“, gab Beritt zurück.

„Bis bald“, antwortete Ulrike und legte den Hörer auf.

Sie erhob sich vom Schreibtisch, ging auf den Flur und sah, wie Olaf und Saskia gemeinsam die Sachen von Frieda Möller aus dem Zimmer räumten.

Sie seufzte und lief in Richtung des Raumes, indem sich die Bewohner allmählich zum Mittagessen einfanden.

Klara saß seit sechs Uhr am Morgen im Zimmer nebenan von Peter und hatte gerade begonnen, sich für das Homeoffice anzumelden.

Sie hatte sich eingespielt mit der Technik, konnte alles gut bearbeiten und sparte sich so die Fahrt in die Berliner Innenstadt.

Ihre Gedanken schweiften manchmal ab, weil sie die ganze Situation zu erschlagen schien.

Bis Anfang September musste alles erledigt sein – Anna im Heim, das Zimmer vorher einrichten, Annas Wohnung ausräumen, die Pflegeverträge neu abschließen, alle Unterlagen für die Anmietung des Zimmers im ‚Betreuten Wohnen Sörensen‘ bereitstellen.

Sie wollte zu Wochenbeginn noch unbedingt in Stralsund anrufen, bei Annas Vermieter und ihn um eine Vermieterbescheinigung bitten.

Anna wohnte nun fast sechzig Jahre in dem Haus und hatte ihre Miete stets pünktlich bezahlt. Das interessierte aber niemanden.

„Wir brauchen von Ihnen diesen Zettel, damit wir ihn zu den Vermietungsunterlagen legen können, hatte ihr die Verwaltungsmitarbeiterin des Wohnungsbauunternehmens von Stralsund gesagt, die für die Vermietung der Zimmer im ‚Betreuten Wohnen Sörensen‘ zuständig waren.

Es war inzwischen gegen zehn Uhr am Vormittag.
„Wolltest du nicht Annas Vermieter anrufen?“, fragte Peter.

Er saß im Nebenzimmer, schrieb an einem Interview, das er mit einem Kunden am Telefon geführt hatte.

Er überlegte, ob er nicht erst eine Pause einlegen sollte. Er könnte ins Wohnzimmer gehen und sich ein bisschen durch das Fernsehprogramm zappen.

„Jetzt ist mir klar“, warum hier kein Geld reinkommt“, hatte Klara ihm erst wieder in der vergangenen Woche gesagt. Seitdem sie im Homeoffice arbeitete, stand Peter unter engmaschiger Beobachtung.

„Kein Geld stimmt nicht. Kleingeld stimmt“, antwortete Peter darauf.
„Hast du die Nummer von dem Mieter?“, unterbrach Klara ihn in seinen Gedanken.

„Hast du denn die Nummer schon wieder nicht notiert?“, fragte Peter zurück. Er verstand nicht, warum Klara ihn jedes Mal aufs Neue nach der Telefonnummer fragte.

Er hatte sie längst in seinem weitverzweigten System abgespeichert.
Er war stolz auf sein digitales Ablagesystem, nur dass es sich zwischendurch als zu kompliziert entpuppte und sich in ein Bermudadreieck verwandelte, indem auch Peter nichts mehr wiederfand.

„Willst du mir nun helfen?“, rief Klara aus dem Nebenzimmer.

Widerwillig zog er ein großes weißes Blatt aus dem Papierstapel hervor und schrieb in großen Zahlen die Telefonnummer der Wohnungsfirma darauf.

Lautlos erhob er sich und ging in das andere Zimmer.

„Hier“, sagte er knapp.
„Danke schön“, formulierte Klara mit spitzer Zunge.

Peter reagierte darauf nicht, sondern ging die Treppe hinunter ins Wohnzimmer, um sich eine Pause zu gönnen.

Als er die Treppe wieder Richtung Arbeitszimmer hochstieg, rief Klara ihm zu, dass sie mit einem Mitarbeiter von Annas Vermietergesellschaft gesprochen hatte und Peters Handynummer für Nachrichten hinterlassen hätte.

„In Ordnung“, brummte Peter und ließ sich missmutig auf seinen Schreibtischsessel fallen.

Er zog die Tastatur zu sich heran und tippte an der Stelle weiter, an der er eine halbe Stunde zuvor aufgehört hatte.

Das Handy kam dazwischen. Es klingelte und Peter sah eine Stralsunder Nummer.

„Gerber“, sagte er und wartete ab.
„Ja, wir können Ihnen die Vermieterbescheinigung von Anna Sturm nicht schicken!“

„Wer sind Sie denn?“, fragte Peter, obwohl ihm klar war, woher der Anruf kam.

„Brummer“, ertönte die Stimme am anderen Ende.
Er betonte das ‚r‘ und dehnte gleichzeitig dabei noch das ‚e‘, sodass Peter den Namen ‚Brrummeer‘ verstand.

„Ach Herr Brummer“, ja schön, dass Sie sich melden!“
„Wie gesagt, Sie kriegen die Vermieterbescheinigung nicht!“

Herr Brummer ließ sich auf keinen Small-Talk ein.

Peter merkte, wie bei ihm der Blutdruck stieg und seine Schilddrüse anfing, heftig in seinem Hals zu klopfen.

Es war, als würde in einer Feuerwache schriller Alarm ausgelöst und die Feuerwehrmänner würden eine Stange herunterrutschen, um sich sofort ins Auto zu schwingen.

„Warum können wir die Bescheinigung nicht kriegen?“
Peter bemühte sich, mit ruhiger Stimme zu fragen.

„Weil wir nichts hinter dem Rücken Ihrer Schwiegermutter machen!“

„Wollen Sie uns unterstellen, dass wir etwas hinter dem Rücken von Anna Sturm machen, ohne dass wir nicht ihre Vollmacht und ihr Einverständnis hätten?“

„Das weiß ich nicht.“

„Wenn Sie es nicht wissen, warum sagen Sie es dann?“
„Das habe ich nicht gesagt!“

„Das haben Sie sehr wohl gesagt!“ Peter war in den Angriffsmodus übergegangen. Seine Stimme wurde lauter, klang schärfer.

„Jetzt hören Sie mir mal gut zu“, pumpte Peter sich weiter auf, „wenn Sie glauben, Sie könnten in dieser schnoddrigen und arroganten Art mit mir reden, dann haben Sie sich jetzt den absolut Falschen ausgesucht.“

Peters Stimme dröhnte, dass Klara ganz bleich im Gesicht geworden war.

„Sie haben es gesagt und meine Frau hat es auch gehört.“
Klara war von ihrem Stuhl aufgesprungen und kam zu Peter herübergelaufen. Sie bewegte angstvoll ihre Arme nach unten, um Peter zu beschwichtigen.

Doch das brachte ihn erst recht in Rage. Er hasste es, wenn Klara sich einmischte. Das Signal war stets das gleiche: ‚Mein Mann ist ein Raufbold und Polterkopf, aber er meint es nicht so‘.

Aber das war genau das Streichholz, das man nur noch an das Spritfass halten musste, damit alles in die Luft flog.

„Jetzt passen Sie mal gut auf, lieber Brummer“, Peter lies in seiner Wut die Anrede ‚Herr‘ weg.

„Sie sollten ganz schnell die Vermieterbescheinigung schicken, dann vergesse ich ihre ungehobelte, unfreundliche und dem Kunden wenig zugeneigte Art, und ich vergesse auch, was Sie gesagt haben, ohne dass Sie es gründlich durchdacht haben. Ich warte genau dreißig Minuten, bis die E-Mail bei mir angekommen ist. Auf Wiederhören“.

Peter drückte mit seinem Zeigefinger mit solcher Energie auf den roten Button des Handys, dass ihm der Finger hinterher wehtat.

„Musste das sein?“, fragte Klara nun mit vorwurfsvoller Stimme.
„Du lässt mich hier die Drecksarbeit machen und willst auch noch, dass ich den anderen aufs herzlichste begrüße, wenn der mit einem Beil auf mich zustürmt“, schnaubte Peter.

„Du bist doch der Klügere!“, sagte Klara.

„Ich will nicht der Klügere sein, ich will dem in den Arsch treten, wenn der mir so kommt.“

„Du mit deinem kulturellen Hintergrund!“, klagte ihn Klara vorwurfsvoll an.

Peter wollte nicht in solchen Momenten derjenige sein, der auf die allergrößten Grobheiten seines Gegenübers am Telefon mit feiner und rhetorisch ausgefeilter Stimme antwortete.

Nein, er wollte ebenfalls zum Schwert greifen und auf den anderen zustürmen, Auge um Auge, Zahn um Zahn.

Er wusste, dass es falsch war, aber das verdrängte er in diesem Moment.

„Ich muss arbeiten“, unterbrach Peter Klara und zog die Tür zum Arbeitszimmer hinter sich.

Ein paar Augenblicke später trudelte aus Stralsund die Mail mit der Vermieterbescheinigung im Anhang ein.

‚Geht doch‘, brummte Peter.

„Sehr geehrte Frau Gerber“, stand in der Anschrift. Peter wurde gar nicht erwähnt.

Doch er sollte trotzdem eine Lesebestätigung geben.

„Da können die lange warten!“, dachte Peter.

„Ist schon was gekommen?“, fragte Klara. Sie hatte die Tür zu seinem Zimmer leise aufgemacht.

„Kann ich dir nicht sagen, ich muss jetzt erst einmal meine Arbeit zu Ende bringen.

Klara seufzte und wusste, dass sie jetzt nicht mit Peter reden konnte.

Als sie wieder draußen war, druckte Peter die Vermieterbescheinigung aus dem Anhang der Mail aus, legte sie in seinen Ablagekorb und stülpte ein paar Rechnungen darüber.

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EIN BLICK IN DIE BIBEL MACHT DEINEN ALLTAG NICHT ÄRMER

BIBEL-2021.07.04

„Die Menschen trauern zwar um ihren Leib, aber bei den Gottlosen wird auch der Name vertilgt, denn er taugt nichts.
Sieh zu, dass du deinen Namen behältst; der bleibt dir gewisser als tausend große Schätze Gold.
Ein Leben, es sei so gut, wie es wolle, währt nur eine kurze Zeit, aber ein guter Name bleibt ewig.“
Sir 41, 14-16

Bibel

Was kann ich mitnehmen?
Das Leben einfach leben, aber so, dass du vor dir und vor denen bestehst, die dir wichtig sind und wichtig bleiben, auch nach deinem Tod.

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JEEPY ERZÄHLT ÜBER KRÜMEL

JEEPY-2021.07.02

‚Jeepy‘, der kleine rote Jeep erzählt seiner kleinen Freundin Krümel über seine Erlebnisse mit seinem Fahrer, der gleichzeitig der Opa von Krümel ist.

Was bisher war:
Jeepy und sein Fahrer haben Krümels Oma zum zweiten Impftermin ins Impfzentrum nach Eberswalde gefahren.
Auf dem Rückweg haben sie alle im Dorf Zerpenschleuse gehalten und ein Eis gegessen.
Bis auf Jeepy. Der stand in der Sonne und hat geschwitzt.

Hallo Krümel,
hier ist Jeepy, dein bester Freund.

Jetzt hat dein Opa, also mein Fahrer, auch die zweite Spritze erhalten. Du weißt schon – gegen Corona.

Du kannst ja dieses Wort schon selber aussprechen.
Der Fahrer war so was von aufgeregt. Dabei ging es doch nur um einen kleinen Pieks in den Arm.

Aber dein Opa hat daraus wieder ein umständliches Drama gemacht.

„Ich werde mal über die Dörfer nach Eberswalde fahren“, hat er zu deiner Oma gesagt.

Die hat nur die Augen verdreht.

„Muss das denn sein?“
„Ja, du weißt doch, dass beim letzten Mal Stau auf der Autobahn war. Ich will nicht riskieren, dass ich zu spät komm‘.“

Krümel, dann hat er mich schon mittags losgescheucht, obwohl er erst kurz vor vier Uhr nachmittags dran war.

Aber der Fahrer hatte Glück. Es war leer im Impfzentrum und er durfte gleich reingehen.

Vorn am Eingang, da musste er seinen Ausweis zeigen, damit alle wussten, dass es sein Impfausweis war.

Den Personalausweis hat der Fahrer in die ehemalige Hülle vom kleineren iPhone gesteckt.

Da bist du vorn drauf zu sehen, Krümel.

Die Frau, ein Feldwebel der Bundeswehr. musste lächeln.
Da hat dein Fahrer natürlich gleich sein größeres Handy gezeigt, vielmehr die Hülle, wo ihr beide drauf zu sehen seid.

Der Fahrer und du, ihr beide sitzt oben auf seinen Schultern. Das war auf Kap Arkona.

Erinnerst du dich daran? Wahrscheinlich nicht. Aber dafür erzähle ich dir das ja jetzt, damit du es später mal nachlesen kannst.
Die Ärztin war freundlich zu deinem Fahrer.

„Die war richtig nett und gesprächig“, hat er mir hinterher erzählt.
Und während sie sich unterhielten, da hatte sie ihn auch schon das zweite Mal gespritzt.

Hinterher musste er noch eine Viertelstunde warten.
Er hat nach oben geschaut, an die Decke.

Das ist ja eine Sporthalle, Krümel, die jetzt nur zeitweise als Impfzentrum dient.

„Mal sehen, ob der Fußball dort oben noch festklemmt“, hat er zu sich selbst gesagt.

Und du glaubst es nicht, Krümel, der Ball war dort oben immer noch eingequetscht.

Wahrscheinlich wird der dort wohl noch eine Weile so bleiben.
Jedenfalls hat sich der Fahrer über das ‚Wiedersehen‘ mit diesem Ball gefreut.

„Na, gar nicht zur Fußball-Europameisterschaft mitgefahren?“, hat er gefragt, während er nach oben schaute.

Hinter deinem Opa saß eine ältere Frau, die mit dem Kopf schüttelte und sagte: „Ja, so fing es bei meinem Mann auch an.“

Aber dein Opa war schon wieder mit den Gedanken ganz woanders.
Er las sich durch, wie man in seinem Handy verfolgen konnte, dass er bereits zweimal geimpft worden war.

Na, es dauert nicht mehr lange, dann kannst du das alles deinem Opa erklären und mir auch Krümel, denn ich bin ja dann ebenfalls schon älter geworden.

Aber jetzt mach’s erst einmal gut, lieber Krümel. Ich weiß, du warst am Wochenende auf einem Erdbeerhof und bist in genauso einem Jeep gefahren, wie ich einer bin. Der war nur kleiner, für Kinder eben, und elektrisch fuhr er ebenfalls schon. Naja, das kommt bei mir noch alles.

So, jetzt mache ich erst einmal eine Pause. Aber sei nicht traurig, denn bald fahren wir ja in den Urlaub an die Ostsee. Und da erleben wir alles gemeinsam, ja.

Also, ich freu‘ mich drauf.
Dein Jeepy

 

SCHWESTER ULRIKE MACHT SICH GEDANKEN ÜBER PFLEGER OLAF

ANNA-2021.07.01

Was bisher war
Saskia Pesic freute sich, dass ihr Kollege aus dem Urlaub zurückgekehrt war.
Sie war ein wenig verliebt in ihn, obwohl er verheiratet war und eine kleine Tochter hatte.
Saskia war mit ihren Eltern vor 25 Jahren nach Deutschland gekommen, aus Kroatien. Sie hatte eine Ausbildung zur examinierten Krankenschwester absolviert und sich später zur Altenpflegerin fortgebildet. Sie bot Olaf an, ihm beim Ausräumen des Zimmers von Frieda Möller zu helfen, die verstorben war. Schwester Ulrike bat Olaf zu einem Gespräch.

Olaf hatte zwar bereitwillig zugestimmt, als Schwester Ulrike ihn fragte, ob er mal kurz Zeit für ein Gespräch hätte, aber begeistert war er nicht.

Die anderen Arbeiten blieben ja liegen.
Gott sei Dank hatte Saskia ihre Unterstützung angeboten.

„Olaf, du wirkst so ein bisschen neben dir. Hast du dich nicht gut erholen können, in deinem Urlaub?“

„Doch, doch, das passt schon.“

Was hätte er auch sagen sollen, dass er sich viel mit seiner Frau gestritten hatte, weil Olaf sich nicht mehr im Haushalt engagierte und mithalf, dass seine Frau besser die abwechselnden Schichten bewältigen konnte?

Dass sich diese Diskussionen mit in den Urlaub hineinbewegten und dass sie nirgendwo hingefahren waren, weil Corona das verhindert hatte.

Oder sollte er sagen, er wäre am liebsten wieder früher zur Arbeit gefahren?

„Olaf, bis du noch hier?“, fragte ihn Schwester Ulrike.

„Ja, klar!“ Olaf schaute sie nun konzentriert an.

„Wir sind alle traurig, dass Frieda Möller nicht mehr da ist, ich meine, dass sie kürzlich verstorben ist.

Ich verstehe dich auch, dass du damit ein besonderes Problem in deiner Trauerbewältigung hast, denn du warst stets ihr erster Ansprechpartner hier.“

Ulrike schaute ihn ernst an.

„Aber, was nicht geht, das ist, dass du die Arbeiten deshalb verzögerst. Olaf, wir sind ein Unternehmen, dass mit der Pflege und Betreuung sein Geld verdient.

Wir können es uns nicht leisten, dass wir das Zimmer für ein paar Monate leer stehen lassen. Dafür gibt es auch zu viele Bewerber darauf.“

„Klar verstehe“, sagte Olaf und man sah ihm an, dass er es gar nicht verstand.

Weniger vom Verstehen, sondern eher vom Gefühl her.

„Gut, dann hätten wir das geklärt.“
Olaf war schon aufgestanden, als Schwester Ulrike eine Frage hinterherschob.

„Sag‘ mal Olaf, läuft da was zwischen dir und Saskia?“
Schwester Ulrike war es peinlich, so direkt zu fragen.

Sie wusste auch nicht, ob ihr das überhaupt zustand. Aber sie wollte klare Verhältnisse in ihrem Haus.

Sie hatte nichts gegen die Liebe und schon gar nicht gegen Freundschaften.

Doch sie wusste, von Olafs Frau, dass es nicht so gut lief mit den beiden.

Beritt, Olafs Frau, und Ulrike kannten sich von der Schwesternschule her, die sie in Stralsund gemeinsam besucht hatten.

„Wie kommst du darauf?“, fragte Olaf verdutzt.

„Naja, ich sehe ja, wie du Saskia anschaust und wie Saskia dir wiederum den Kopf verdreht. Sie ist ja auch ein hübsches Ding.“

„Nein, um Gottes Willen, ich bin doch verheiratet“, antwortete er hastig.

„Ich weiß!“, sagte Ulrike, stand auf und brachte Olaf zur Tür.
Olaf ging schweigend und mit hochrotem Kopf auf den Flur hinaus.

Ausgerechnet in dem Augenblick rannte er Saskia fast in die Arme.

„So, schau mal, wie ich das Zimmer von Frieda Möller ausgeräumt habe“, sagte Saskia fröhlich.

„Ich hab‘ keine Zeit!“

„Keine Zeit? Das ist eigentlich dein Job.“

Olaf hörte nicht, er ging schnurstracks nach draußen und musste erst einmal für sich allein sein.

In der nächsten Folge: 
Olaf geht Saskia aus dem Weg, er versucht es jedenfalls.
Schwester Ulrike erinnert sich an ihre Zeit in der Schwesternschule zurück und überlegt, ob sie ihrer Freundin Beritt, Olafs Frau, etwas von Saskia erzählt.

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SASKIA FREUTE SICH, DASS OLAF WIEDER AUS DEM URLAUB ZURÜCK WAR

ANNA-2021.06.30

Was bisher war:
Olaf Knaspe war noch nicht bereit für eine neue Heimbewohnerin nach dem Tod von Frieda Möller.
Er war Pfleger im Heim ‚Betreutes Wohnen Sörensen‘ am Strelasund.
Er kehrte gerade aus dem Urlaub zurück, als er vom Tod der Heimbewohnerin erfuhr.
Schwester Ulrike drängte ihn, das Zimmer auszuräumen und für die neue Heimbewohnerin vorzubereiten.
Er wollte noch nicht. Demotiviert und ohne Antrieb schlurfte er an seinem ersten Arbeitstag nach dem Urlaub auf dem Flur der Einrichtung entlang.
Da begegnete er Saskia, seiner Arbeitskollegin. Er mochte sie. Aber Olaf war verheiratet, seine Frau arbeitete als Krankenschwester im Sund-Krankenhaus.
Saskia nahm das alles nicht so schwer. Sie war jung, ungebunden und mochte Olaf ebenfalls.

Saskia Pesic freute sich, dass ihr Kollege Olaf Knaspe aus dem Urlaub zurückgekehrt war.

Sie mochte seine ruhige, etwas tollpatschige Art. Sie selbst war flink, im Denken und im Handeln.

Deshalb zog sie Olaf sehr gern damit auf, wenn er lange und umständlich darüber nachdachte, was zu tun war.

„Olaf, was meinst du, schaffst du es heute noch bis zum Ende des Flurs, damit Frau Herzog ihre Medikamente bekommt“, fragte sie ihn einen Tag vor dessen Urlaubsbeginn.

Olaf musste darüber schmunzeln, er nahm es Saskia nicht übel.
„Hab‘ ich hier die langen Gänge gebaut?“, fragte Olaf manchmal zurück.

Saskia war mit ihren Eltern vor 25 Jahren nach Deutschland gekommen, aus Kroatien.

Sie war damals gerade mal fünf Jahre und lebte sich schnell in ihrer neuen Heimat ein.

Sie lernte Deutsch auf dem Schulhof, in der Klasse und beim Spielen mit den anderen Kindern. Sie hatte sich nie als Fremde gefühlt.

Nach dem Abschluss der Realschule absolvierte sie eine Ausbildung zur examinierten Krankenschwester in Greifswald. Später hatte sie sich dann zur examinierten Altenpflegerin fortgebildet.

Saskia gefiel der Umgang mit den alten Menschen. Sie war so erzogen, dass man den Alten half, ihnen bis zu deren Lebensende zur Seite stand und auch die nötige Wertschätzung entgegenbrachte.

Die Bewohnerinnen des ‚Betreuten Wohnens Sörensen‘ spürten die herzliche Anteilnahme von Saskia.

Saskia war 1, 63 m groß, sie hatte eine schlanke Figur und trug kurz geschnittene schwarze Haare.

„Findest du mich schön?“, hatte sie Olaf gefragt und ihn deshalb ins Stottern gebracht.

„Ich weiß nicht“, hatte er geantwortet.

Dabei wusste er es ganz genau. Saskia Pesic war genau sein Typ. Er sah sie gern an, vermied es aber, um nicht am Arbeitsplatz mit unangenehmen Fragen konfrontiert zu werden.

Er schaute lieber nach unten, wenn er Saskia begegnete und wirkte dadurch noch gebeugter.

Saskia lächelte ihn stets freundlich und offen an, verdrehte gern die Augen, um ihn noch mehr verlegen zu machen.

Sie wusste, dass Olaf verheiratet war, eine kleine Tochter hatte.
Aber sie war ungebunden, lachte gern und fühlte sich frei, wenn sie mit Olaf flirtete.

Sie wollte sich selbst nicht eingestehen, dass sie ein wenig in ihn verschossen war.

Das sollte ihr Geheimnis bleiben, denn sie wollte auf keinen Fall riskieren, dass ihre Kolleginnen darauf aufmerksam wurden.

„Olaf, soll ich dir dabei helfen, das Zimmer von Frieda Möller auszuräumen und für die neue Bewohnerin vorzubereiten?“

Olaf schaute sie an, blickte in ihr Gesicht, um herauszubekommen, ob sie wieder etwas im Schilde führte.

Aber er blickte in ihre blauen Augen und sah eine ehrliche Hilfsbereitschaft, die ihm von ihr entgegenstrahlte.

„Weißt du, du würdest mir helfen, wenn du erst einmal die restlichen Sachen von Frieda Möller wegräumst und sie in eine Tasche tust. Morgen will ihr Sohn vorbeikommen und alles abholen.“

„Und warum machst du das nicht?“, fragte Saskia.

„Alles gut, ich mach‘ das natürlich“, beeilte sie sich zu sagen, als sie den traurigen Gesichtsausdruck von Olaf sah.

Sie spürte, dass er nur schwer seine Gefühle verbergen konnte und wollte ihn nicht weiter quälen.

Saskia erinnerte sich, wie im vergangenen Jahr der neunundachtzigjährige Kurt verstorben war, dem sie so gern zuhörte, wenn er über sein Leben erzählte.

„Ich werde hier mal mit den Füssen zuerst rausgetragen“, hatte Kurt mal scherzhaft gesagt.
Und dabei wusste jeder, dass es so war.

Für keinen war es leicht, sich damit abzufinden, nicht für die Angehörigen und auch nicht für das Pflegepersonal.

Jeder mochte den einen oder anderen Bewohner oder eben die eine oder andere Bewohnerin mehr, auch wenn sie es sich nicht nach außen anmerken ließen.

Für Olaf war es eben Frieda Möller gewesen.
Schwester Ulrike kam um die Ecke.

„Olaf, hast du mal eine Minute Zeit?“

„Klar, Chefin.“

Olaf nickte Saskia zu und stapfte hinter Schwester Ulrike hinterher, in Richtung ihres Zimmers.

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NORDIC WALKING IM WALD – DU KOMMST ALS EIN ANDERER RAUS, ALS DU VORHER REINGELAUFEN BIST


ALLTÄGLICHES-2021.06.29

Manchmal werde ich gefragt, warum ich so begeistert Nordic Walking betreibe.

Begeistert?
Naja, manchmal.

Auf jeden Fall: Es ist die Variante, die meine Gelenke am besten schont.

Aber was treibt mich an, es immer wieder zu tun?

Morgens früh aufstehen, mit dem Gedanken, dass ich im Galopp durch den Wald schnaufe?
Nein, sicher nicht.

Die Tatsache, dass du etwas für deine Gesundheit tust?
Schon eher.

ALLTÄGLICHES-2021.06.29

Aber das entscheidende Motiv liegt tiefer.
Du bekommst es nur heraus, indem du es selbst ausprobierst.

Wenn du losläufst, alles hinter dir lässt, die Straße sich immer weiter von dir entfernt, ja dann klingt der Lärm ab.

Du hörst auf einmal das Gezwitscher der Vögel besser. Trittst du auf einen Ast, dann kracht es förmlich in deinen Ohren.

Plötzlich spürst du die Stille, hörst nur noch das Rauschen des Windes.

Dann ist der Moment gekommen, an dem du sagst: ‚Gut, dass ich mich mal wieder zum Laufen überwunden habe.‘ Du schaust ins Grün, sprichst in Gedanken mit dir selbst.

Du kommst als ein anderer Mensch raus, als du eine Stunde zuvor in den Wald hineingelaufen bist.

Ich glaube, das ist es, was mich immer wieder antreibt.

Nichts Ungewöhnliches, aber mit der Zeit etwas ganz Außergewöhnliches.

 

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PFLEGER OLAF KNASPE WAR NICHT BEREIT FÜR EINE NEUE HEIMBEWOHNERIN NACH DEM TOD VON FRIEDA MÖLLER

ANNA-2021.06.28

Was bisher war:
Keiner in der Familie hatte geglaubt, dass es so schnell gehen würde mit der Unterbringung von Anna im ‚Betreuten Wohnen‘.
Peter und Klara hatten die Information erhalten, dass ein Zimmer frei geworden war.
Olaf Knaspe, ein Pfleger aus dem Haus ‚Betreutes Wohnen Sörensen‘ am Strelasund war gerade aus dem Urlaub zurückgekehrt und hatte erfahren, dass Frieda Möller gestorben war.
Jetzt standen schon die nächsten Verwandten bereit, um das Zimmer für ihre Angehörige, Anna Sturm, zu übernehmen.
Olaf Knaspe durchlief ein Wechselbad der Gefühle.

Olaf Knaspe wollte noch ein wenig trauern um Frieda Möller und nicht gleich das Zimmer für eine neue Heimbewohnerin räumen müssen.

Doch Schwester Ulrike, die Leiterin der Einrichtung saß ihm im Nacken. Sie wollte, dass es schnell ging mit der Neuvermietung des freigewordenen Zimmers.

Olaf Knaspe ging den Flur entlang, vorbei an Frieda Möllers Zimmers, das nun verwaist schien und auf die neue Bewohnerin zu warten schien.

Olaf lief daran vorbei, so als wäre er nie dort hineingegangen, um zu schauen, was Frieda Möller gerade tat. Er war 1,90 m groß, kräftig gebaut und ging stets ein wenig nach vorn gebeugt, so als müsste er aufpassen, dass er nirgendwo anstieß.

Sein Gesichtsausdruck war ernst, was durch die kantige Form seines Kopfes unterstrichen wurde.

Man kannte Pfleger Olaf nur in Jeans und mit einem übergestülpten grünen Schlupfsack, die seine Arbeitskleidung war.

„Guten Morgen Olaf“, rief ihm eine Bewohnerin vom anderen Ende des Flurs fröhlich entgegen.

„Morgen“, brummte er zurück. Die Bewohnerin stutzte. Olaf war nicht als lauter Mensch bekannt. Er war eher schweigsam und sprach bedächtig, was durch seinen Stralsunder Dialekt eher noch unterstrichen wurde.

Aber dass er so ruhig war, kam ihr komisch vor.
Hinter Olaf klapperten plötzlich Schuhe, deren Geräusche Olaf ihm vorkamen.

Das konnte nur Schwester Saskia sein. Sie war Olafs Kollegin, dreißig Jahre alt, noch ledig und das ganze Gegenteil von ihm. Sie schnatterte viel und laut, lachte gern, und hatte ein hübsches Gesicht und eine wohlgeformte Figur.

Sie trug einen kurzen Haarschnitt und trug ebenfalls enge Jeans, die an den Körper angewachsen zu sein schienen.

Olaf mochte Saskia, was er aber niemals zugeben würde. Er selbst war verheiratet, hatte eine kleine vierjährige Tochter, die sein ein und alles war.

Er war nun schon acht Jahre mit seiner Frau zusammen und es hatte sich etwas Routine in ihre Beziehung eingeschlichen.
„Hallo Olaf, na, wieder zurück aus dem Urlaub?“, plapperte Saskia schon hinter ihm los.

„Hm, ja“, brummte Olaf.
„Ich freu‘ mich auch ganz doll, dich zu sehen, deinen fröhlichen Charme zu spüren, der richtigen Schwung in die Arbeit bringt“, sagte nun Saskia.

Olaf blieb stehen, drehte sich langsam um und Saskia wäre ihm fast mit ganzer Energie in die Arme gelaufen. Sie konnte vorher noch abbremsen und berührte ihn lediglich mit ihren Brüsten, die sich sofort weich an ihn schmiegten.

Olaf durchlief es heiß und kalt und er wusste nicht mit der Situation umzugehen.

„Kommst du heute nach Schichtschluss kurz mit an den Strand, um uns ein bisschen abzukühlen?“, fragte Saskia ihn und schaute ihn mit ihren fröhlichen blauen Augen provozierend an.

Olaf wüsste nicht, was er lieber täte. Aber er hatte noch die Bilder vom letzten Mal im Kopf, als sie beide zum Strand am Bodden hinunterliefen und Saskia sich splitternackt auszog und sich ins Wasser zu stürzte.

Olaf schaute sie verdattert an und traute sich nicht, seine Unterhose auszuziehen.

„Was ist los mit dir, bist du zu feige?“, rief Saskia ihm zu, während sie fröhlich im Wasser plantschte.

Olaf wollte nicht feige sein, egal, in welcher Hinsicht es Saskia meinte.

„Also, was ist?“, holte ihn Saskia aus seinen Gedanken zurück.

„Du, weißt du“, fing er stotternd an, meine Frau wartet auf mich.“

„Dann bring sie doch mit“, sagte Saskia nun und schaute ihn frech an.

„Ich muss los, Frieda wartet auf mich“, sagte er.
„Frieda, Frieda Möller?“

„Die ist doch verstorben!“, sagte Saskia.

„Ich mein‘ ja nur, ich muss das Zimmer vorbereiten für die neue Heimbewohnerin.

„Kaum ist Olaf aus dem Urlaub zurück und schon flirtet ihr hier auf dem Flur!“

Hinter ihnen stand Schwester Ulrike. Beide hatten sie nicht bemerkt, so waren sie mit sich beschäftigt.

„Olaf, wie weit bist du mit den Vorbereitungen?“, fragte Schwester Ulrike.

„‚Joh‘“, gab er knapp zurück.

„Was ‚joh‘? Fertig oder nicht?“ Schwester Ulrike war freundlich im Ton, ließ sich dennoch nicht von Olaf abwimmeln.

„Nun mal ein bisschen flotter, Herrschaften, wir sind hier nicht beim Tanztee.“

„Ach wie schade“, lachte Saskia und machte sich auf den Weg, um ihren Patienten das Frühstück zuzubereiten.

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EIN BLICK IN DIE BIBEL MACHT DEINEN ALLTAG NICHT ÄRMER

BIBEL-2021.06.27

Vom Tod
‚O Tod, wie bitter bist du, wenn an dich ein Mensch denkt, der gute Tage und genug hat und ohne Sorgen lebt und dem es wohlergeht in allen Dingen und der noch gut essen kann!
O Tod, wie wohl tust du dem Armen, der schwach und alt ist, der in allen Sorgen steckt und nichts Besseres zu hoffen noch zu erwarten hat!
Fürchte den Tod nicht! Denke an die, die vor dir gewesen sind und nach dir kommen werden…‘
Sir 41, 1-5

Bibel

Gedanken, die mir wichtig sind, wenn ich die Sätze lese:
Sorge dich nicht im Alltag, freu‘ dich lieber mehr über kleine Dinge, als dass du schon am Wochenanfang schlecht gelaunt umherläufst.

Sei gewiss, der Tod wird kommen, aber solange genieße dein Leben, werde nicht übermütig, aber auch nicht depressiv.

Bleib‘ der, der du bist, oder werde der, der du schon immer sein wolltest – ewig hast du dafür keine Zeit.

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DU KANNST ÜBER DEMENZ REDEN – ABER DU KANNST SIE NICHT WEGREDEN

RÜCKBLICK – ANNA-2017.10.05

Die Geschichte einer Familie reicht über vier Jahre zurück. Und immer war ein Thema präsent – die Demenz

„Ich denke, dass Anna schon noch mitbekommt, dass sie stets dasselbe fragt. Nur, dass sie eben die Antwort darauf nicht mehr kennt“, sagte Peter.

„Das mag ja alles so sein“, entgegnete Klara knapp. Sie mochte nicht mehr darüber reden. Annas Krankheit, die Sorge darum, was noch alles passieren konnte, das belastete alle ziemlich stark und Klara am meisten.

Irgendwie zog sich das durch sämtliche Gedankengänge. Manchmal sprachen sie schon morgens, 05.00 Uhr beim Frühstück, was Anna am Tag zuvor von sich gegeben hatte.

„Wenn wir in Stralsund wohnen würden und wir hätten ein Haus, und deine Mutter in diesem Haus auch eine Wohnung, dann wäre alles einfacher“, sagte Peter und biss in sein Brötchen.

„Entweder du erzählst morgens schon über Politik oder über meine Mutter und ihre Krankheit.“ Klara war noch nicht bereit überhaupt zu sprechen.

Peter sagte nichts mehr. Er schlug die Zeitung auf und las einen Artikel darüber, warum die AFD in Ostdeutschland so stark geworden war.

‚Die Ossis lebten vierzig Jahre in einer Diktatur, und nun gingen sie rechtsextremen Positionen auf den Leim.‘

Das war der Tenor eines Leitartikels.

„Der Autor macht es sich mal wieder einfach“, sagte er, knüllte die Zeitung zusammen und nahm den Sportteil zur Hand.

„Wovon redest du?“
Klara schaute ihn an.

„Ach nichts. Ich möchte bloß mal wissen, wieviel Mühe sich manche Journalisten machen, um Ursachen von bestimmten Stimmungen tatsächlich auf den Grund zu gehen.

Die haben doch ihre Vorurteile im Kopf, wissen, was der Chefredakteur lesen will und bedienen diese Pauschalannahmen mit Fakten, die in Wirklichkeit nur in deren Köpfen existieren.“

Peter konnte sich darüber aufregen. Aber er würde nichts ändern. Er müsste sich selbst bewegen, einmischen. Vielleicht sollte er das auch tun.

Seine Geschichte erzählen, die er kennt, wo er der Kapitän ist, und wo ihm keiner sagen kann: „Das war ganz anders.“

Er hat ein Bild im Kopf von Ost und West, gespeist aus seinen eigenen Erfahrungen, das gar nicht so grau aussah. Eher bunt.

Würde man sich mehr gegenseitig die eigenen Lebensgeschichten erzählen, dem Anderen zuhören, dann wäre vieles einfacher, glaubte Peter.

„Und was hat das alles mit meiner Mutter zu tun?“, fragte Klara.
Peter sah von der Zeitung auf, in die er hineingemurmelt hatte, ohne zu wissen, dass Klara ihm zuhörte.

„Im Prinzip wenig. Es hat nur etwas mit unserem Leben zu tun, das nicht nur aus der Sorge um Anna besteht“, sagte Peter.

Aber es war gut, dass sie sich kümmerten, um Anna.
Dafür war Peter vor allem Klara sehr dankbar.

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ES GAB KEINE ALTERNATIVE ZUM BETREUTEN WOHNEN, TROTZDEM FIEL DER GEDANKE DARAN SCHWER

ANNA-2021.06.25

Was bisher war:
Ein Zimmer im ‚Betreuten Wohnen Sörensen‘ ist frei geworden.
Klara und Peter müssen schnell handeln, doch es fällt ihnen schwer, sich der Realität zu stellen.

Keiner hatte geglaubt, dass es so schnell gehen würde. Alle waren der Meinung, es würde noch mindestens ein halbes Jahr dauern, bis es Zeit war, sich um eine Unterbringung für Anna zu kümmern.

Noch schaffte es Anna, sich selbst zu waschen, das Abendbrot vorzubereiten.

Nur das Frühstück und das Mittagessen, das wurde täglich gebracht.
Anna war umgänglich und freundlich, wenn die Schwestern kamen und ihr die Spritze verabreichen wollten.

Bis auf die Aussetzer, die sie hatte.
Sie konnte dann zornig werden und ihr Ton wurde rauer, gegenüber den Schwestern und Lukas.

„Ich habe das selbst erlebt, wie Mutti wütend geworden ist. Deshalb kann ich verstehen, wenn die Schwestern nach einem Besuch bei ihr auf solche Situationen aufmerksam machen“, sagte Klara nach ihrem letzten Besuch in Stralsund zu Peter.

Und nun gab es kein Zurück mehr. Sie mussten handeln.
Peter hatte für Klara alles vorbereitet, damit sie sich weiter durch den Dschungel der Bürokratie kämpfte.

Olaf Knaspe war nicht gut drauf an diesem Tag. Er war als Pfleger im ‚Betreuten Wohnen Sörensen‘ am Strelasund tätig  und gerade aus dem Urlaub zurückgekehrt. An seinem ersten Arbeitstag musste er erfahren, dass Frieda Möller verstorben war.

Frieda Möller gehörte zu den Bewohnerinnen, die er täglich betreute.

Sie bewohnte das Zimmer im dritten Stock der Einrichtung.

„Ach schön, dass Sie mich besuchen, Herr Knaspe“, sagte sie zu ihm, wenn er ihr dreimal am Tag die Medikamente verabreichte.

„Und kommen Sie doch bald wieder“, rief sie ihm nach, wenn er das Zimmer wieder verließ.

„Das lässt sich einrichten, ich glaube, ich komme heute Mittag noch einmal vorbei“, antwortete Olaf Knaspe dann, ohne auch nur im Ansatz zu erkennen zu geben, dass er wahrscheinlich noch viel mehr als nur noch einmal in ihr Zimmer kommen würde.

Frieda Möller vergaß in dem Moment, wo der Pfleger aus der Tür war, was der gesagt hatte.

Das Spiel wiederholte sich stets aufs Neue. Und obwohl es für Olaf Knaspe manchmal nervig war, so war Frieda Möller ihm gerade durch diese sich stets wiederholenden Einladungen ans Herz gewachsen.

Jetzt war sie nicht mehr da und die nächste potenzielle Mieterin auf der Liste war Anna Sturm.

Das Zimmer war nun frei geworden und die Pflegedienstleitung drängte darauf, dass es möglichst schnell wieder neu belegt wurde.

„Olaf, bitte ruf unbedingt heute Frau Gerber an“, sagte die Leiterin der Einrichtung, Schwester Ulrike, zu ihm.

„Hm“, hatte Olaf Knaspe nur gebrummt.

„Olaf, ich weiß, dass dir nicht danach ist, bereits am ersten Tag nach deinem Urlaub wieder alles zu organisieren. Aber es gehört zu deiner wichtigsten Aufgabe heute“, ermahnte sie ihn erneut.

„Ja, aber ich muss jetzt erst einmal die Medikamente verteilen“, sagte er kurz angebunden.

Klara hatte den ganzen Tag darauf gewartet, dass jemand aus dem ‚Betreuten Wohnen‘ zurückrief, doch es tat sich nichts.

Sie beschloss, am nächsten Tag die Initiative zu ergreifen und sich noch einmal bei Schwester Ulrike zu melden.

Als Klara nach ihr am Telefon verlangte, da war Olaf Knaspe am Apparat.

Er klang brummig und antwortete widerwillig.

„Sind Sie noch dran und sind Sie der richtige Ansprechpartner, wenn es um die Vermietung geht?“
Das waren ihr Worte, nachdem Olaf Knaspe sie abwimmeln wollte.

„Soll ich Schwester Ulrike fragen, ob Sie der Richtige für diese Angelegenheit sind?“

Klara hatte sich im Sessel gerade hingesetzt. Sie war fest entschlossen für ihre Mutter zu kämpfen.

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EIN BLICK IN DIE BIBEL MACHT DEINEN ALLTAG NICHT ÄRMER

BIBEL-2021.06.23

‚Rühme dich nicht wegen deiner herrlichen Kleider, und überhebe dich nicht an deinem Ehrentag;‘ 
SIR 11,4 

Bibel

 

Was nehme ich für meinen Alltag mit?
Bleib‘ bescheiden


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KLARA DENKT AN DAS TELEFONAT MIT SCHWESTER KATHLEEN ZURÜCK

ANNA-2021.06.23

Was bisher war:
Klara und Peter müssen schnell handeln. Schwester Ulrike von der Einrichtung ‚Betreutes Wohnen Sörensen‘ hat Peter angerufen und ihm in Aussicht gestellt, dass Anna ein Zimmer bekommen könnte.
Und trotzdem, Klaras Gedanken wandern zurück zum Telefonat mit Schwester Kathleen von der ambulanten Pflege in Stralsund, die Anna nun schon seit einigen Jahren kennen.

Es waren schon wieder fast drei Wochen vergangen, seitdem Peter Klara angerufen hatte.

„Du sollst dich mal in der Pflegeeinrichtung melden, irgendetwas ist mit Mutti vorgefallen“, sagte er zu Klara.

„Ist gut, aber nicht mehr heute.“

Klara war auf der Arbeit, als Peter sie anrief und sie wollte nicht, dass ihre Kolleginnen alles mitbekamen.
Am nächsten Tag hatte sie Homeoffice und konnte so ihre privaten Angelegenheiten besser organisieren.

Klara versuchte weiterzuarbeiten, aber es gelang ihr nicht. Ihr wollte nicht aus dem Kopf gehen, was die Schwester ihr wohl über ihre Mutter sagen wollte.

„Du glaubst gar nicht, wie aggressiv Mutti teilweise geworden ist“, sagte Klara zu Peter, als sie von Stralsund zurückgekommen war.

„Ich kann das nicht so richtig glauben. Ich kenne deine Mutter stets als eine sehr sensible und fürsorgliche Frau, die eher schwieg, als dass sie ein falsches Wort herausbrachte.“

Doch Peter wusste natürlich auch, dass Anna im Wesen verändert war, die Krankheit sie weiter veränderte.

Sie war ungeduldiger geworden, konnte sich nichts mehr merken und wurde auch mal laut gegenüber Klara. Und das wollte was heißen, denn sie hatte stets auf ihre Tochter gehört.

Klara hielt es nicht mehr aus. Sie wählte die Telefonnummer der ambulanten Pflege in Stralsund.

„Schwester Kathleen am Apparat. Was kann ich für Sie tun?“

„Ich sollte mich heute bei Ihnen melden. Ist denn etwas mit meiner Mutter vorgefallen?“, fragte Klara.

„Nein, nein, um Gottes willen, Frau Gerber. Wir machen uns nur Sorgen darüber, wie es weitergehen soll.“

„Wie meinen Sie das?“

„Naja, Frau Gerber, nachdem sie wieder abgereist waren, da fiel Ihre Mutter regelgerecht in sich zusammen. Sie wollte nicht einmal mehr aufstehen. Sie ließ sich nur unter Aufbietung aller Überredungskünste spritzen.

Es ist, als wäre sie in eine Art Schockstarre verfallen.“
Es herrschte Stille am Telefon. Klara musste erst einmal verarbeiten, was die Schwester ihr gesagt hatte.

„Was sollen wir denn tun?“, fragte Klara. Ihre Stimme klang verzweifelt.

„Frau Gerber, wir müssen uns mittelfristig darauf einstellen, dass wir Ihre Mutti nicht mehr unbeaufsichtigt lassen können.“

„Das heißt, ich sollte mich um einen Heimplatz kümmern, oder?“

„Ja, Frau Gerber, wir werden nicht darum herumkommen.“

„Gut, ich habe bereits Kontakt mit der Einrichtung für ‚Betreutes Wohnen Sörensen‘ aufgenommen, mit einer Schwester Ulrike.“

„Ja, Schwester Ulrike kenne ich gut, da sind Sie in sehr guten Händen“, reagierte Schwester Kathleen munter.

„Ja, den Eindruck hatte ich ebenfalls bei unserem Gespräch. Aber Schwester Ulrike hat meine Erwartungen gedämpft, denn es sind zur Zeit keine Zimmer frei“, sagte Klara.

„Aber wir sind jetzt in der Dringlichkeitsstufe ganz oben“, schob sie noch nach.

„Das ist doch wunderbar!“, sagte Schwester Kathleen fröhlich.

„Wichtig ist, dass wir den Prozess anschieben“, sprach sie weiter.

„Ja, den Prozess anschieben“. Klara atmete schwer und seufzte.

„Schwester Kathleen, ich melde mich, wenn wir etwas in Aussicht haben“, beschloss Klara das Gespräch.

Drei Wochen später. Schwester Ulrike hatte Peter die Kontaktdaten von der Firma „Am Boddenbauen“ gegeben. Ein Olaf Knaspe sollte für die Vermietung der Zimmer zuständig sein.

Klara versuchte Olaf Knaspe zu erreichen. Es dauerte eine Weile, bis er ans Telefon ging.

„Ja bitte“, sagte eine Stimme lustlos ins Telefon.
‚Na das geht ja gut los‘, schoss es Klara durch den Kopf.

Aber sie musste sich zusammenreißen. Es ging um die Betreuung Ihrer Mutter.
„Schönen guten Tag, mein Name ist Gerber und ich rufe an, weil wir von Schwester Ulrike informiert wurden, dass ein Zimmer im ‚Betreuten Wohnen‘ frei geworden ist.

„Hm“, brummte an der anderen Seite Olaf Knaspe.

„Sind Sie noch dran und sind Sie der richtige Ansprechpartner, wenn es um die Vermietung geht?“. Klara hatte in den Angriffsmodus umgeschaltet. Sie wollte sich nicht abwimmeln lassen.

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EIN ZIMMER IST FREI GEWORDEN

ANNA-2021.06.22

Klara und Peter werden vor eine Entscheidung gestellt. Sie könnten Anna in einer Wohnung für ‚Betreutes Wohnen‘ unterbringen.
Sie wussten, dass dieser Tag kommen würde, aber er traf sie doch unvorbereitet, so fühlten sie es jedenfalls beide.

Der Anruf kam unvermittelt, tief im Wald, in der Mittagshitze. Peter schnaufte den Weg entlang, stakte mit den Stöcken im Sand umher und schwitzte aus allen Poren.

Er überlegte, ob er anhalten sollte, als sein Handy in seiner Sporttasche klingelte. Er führte es stets bei sich, auch wenn es ihm manchmal lästig erschien.

Peter lief noch ein Stück weiter, so als würde das Klingeln dann aufhören. Aber es hörte nicht auf.

Widerwillig stoppte er seinen Lauf, nahm den rechten Arm hoch, ohne dass der den Walking-Stock abschnallte und versuchte den Reißverschluss der Tasche nach vorn zu ziehen.
Es funktionierte nicht.

‚Ja doch‘, schrie er das Handy an, das aber munter weiterklingelte.
Peter schnallte die Stöcke von den Händen ab und stellte sie gegen einen Baum.

Ein Stock rutschte am Stamm entlang und fiel auf den Waldboden. Peter fluchte, weil er aus dem Rhythmus gebracht wurde.
Endlich hatte er das Telefon aus der kleinen Tasche herausgezerrt.

Er drückte auf den grünen Button. Vorher sah er noch, dass es eine Stralsunder Nummer war, die auf dem Display erschien. Wer sollte das sein?

„Gerber“, sagte er schnaufend.

„Guten Tag, hier ist die Einrichtung für Betreutes Wohnen Sorensen. Ich bin Schwester Ulrike“, sagte eine freundliche Stimme.

„Herr Gerber, Ihre Frau hat uns Ihre Nummer gegeben, weil Sie ja immer zu Hause sind“, sagte sie weiter.

„Ich bin deshalb zu Hause, weil dort mein Schreibtisch steht, und ich daran seit über zehn Jahren arbeite. Nicht erst seit der Pandemie, wo jeder für sich das Homeoffice entdeckt hat“, sagte Peter leicht verschnupft.

‚Was glaubte die Schwester eigentlich, was er tat? Zuhause auf der Couch liegen und sich freuen, dass er in Rente war?‘

„Aha“, sagte die Schwester kurz.

Sie hatte kein Interesse daran, was Ihr Gegenüber am Telefon so machte, ob er arbeitete oder ob er in der Badewanne lag, oder auch im Wald umherlief.

„Herr Gerber, es ist so, wir haben ein Zimmer frei für Ihre Schwiegermutter.“

„Ach, das ist ja toll!“ Peter hatte sich wieder eingekriegt.

„Naja, so toll ist es nicht, denn es ist nur freigeworden, weil die ehemalige Bewohnerin eingeschlafen ist“, sagte die Schwester.

‚Eingeschlafen, wieso eingeschlafen? Und wieso war das Zimmer jetzt frei, wo die Frau vielleicht noch in Ihrem Bett lag?‘, überlegte Peter.

„Sie ist verstorben“, legte Schwester Ulrike nach, die offensichtlich an der Gesprächspause bemerkt hatte, dass Peter nicht so richtig die Lage begriffen hatte.

„Ach, das tut mir aber leid!“, sagte er nun doch.
„So wollten wir natürlich nicht, dass ein Zimmer frei wird“, schob er noch hinterher.

„Ich weiß, aber so ist das hier, denn man stirbt aus der Wohnung raus, leider“, sagte die Schwester nun.

„Auf jeden Fall haben wir jetzt für Sie, besser für Ihre Schwiegermutter reserviert.

Peter konnte es noch nicht fassen, dass nun alles so schnell gehen soll.

Er schaute wie geistesabwesend in das Farnkraut zwischen den Bäumen und hörte im Hintergrund das Vogelgezwitscher.

Es war gerade mal eine gute Woche her, seit Klara aus Stralsund zurückgekommen war und mit Schwester Ulrike Kontakt aufgenommen hatte.

Eine weitere Woche vor ihrem Besuch in Stralsund kam ein Anruf von Lukas.

Er klang bedeppert, als er Klara sagte, die Schwester von der ambulanten Pflege hatte sie angerufen und darum gebeten, dass Klara sich mal bei ihr melden sollte.

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DIE BIBEL WECKT DIE NEUGIER AUF DEINEN ALLTAG

ALLTÄGLICHES-2021.06.21

„Du sollst niemand rühmen um seiner Schönheit willen noch jemand verachten, weil er hässlich aussieht. Denn die Biene ist klein unter allem, was Flügel hat, und bringt doch die allersüßeste Frucht.“
SIR 11, 2-3

Bibel

Du bist manchmal schon versucht, dich eher Menschen zuzuwenden, die attraktiv sind.

Und genauso wendest du dich vielleicht von einem hässlichen Menschen vorschnell ab.

Selbst in der Liebe könnte das ein Fehler sein. Aber da spielen natürlich Hormone, Gefühle noch eine ganz andere Rolle.

Ich habe mich schon in Menschen getäuscht, habe gedacht, dass mein Gegenüber unscheinbar aussieht, schwach ist, willenlos, ein Leisetreter.

Dabei war er einfach bescheiden, still, konzentriert, überließ mir den Vortritt, beschämte mich, weil ich zu schnell, zu laut, zu siegesgewiss meinem Ziel entgegenstrebte.

Dieser Bibelspruch hilft zu erkennen, worauf es bei der Einschätzung eines Menschen wirklich ankommt.

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IN EBERSWALDE SCHWITZEN UND IN ZERPENSCHLEUSE EIS ESSEN

JEEPY-2021.06.18

‚Jeepy‘, der kleine rote Jeep, erzählt seiner kleinen Freundin Krümel über seine Erlebnisse mit seinem Fahrer, der gleichzeitig Krümels Opa ist.

Was vorher war:
Jeepy ist mit dem Fahrer in den Wald gefahren.
Der Fahrer hat Nordic Walking gemacht, während Jeepy allein am Wegrand auf ihn wartete und von einem vorbeifahrenden Traktor eingestaubt wurde.

Was jetzt ist: 
Jeepy, der Fahrer, Krümels Oma sind nach Eberswalde gefahren.
Krümels Oma bekommt ihre zweite Spritze gegen Corona. 

Hallo Krümel,
Es ist wieder so warm. 35 Grad zeigt das Thermometer an der Rückwand des Schuppens.

Dein Opa, mein Fahrer hat heute Mittag mal die Hand auf meine Motorhaube gelegt und hat gleich aufgeschrien- ‚aua, aua‘.

Naja, das hätte er wissen müssen, dass es vorn so heiß werden kann, auch wenn es meine ‚Kühler’haube ist.

Jetzt stehen wir auf dem Parkplatz in Eberswalde.
Deine Oma bekommt die zweite Spritze gegen Corona, du weißt doch.

Das Wort, Corona kannst du ja auch schon sagen, obwohl du noch nicht einmal vier Jahre alt bist.

Krümel, ich hab‘ was entdeckt: Auf dem Parkplatz gegenüber, da steht eine große Schwimmhalle.

An der linken Seite ist eine riesige Rutsche angebracht.
„Da muss ich unbedingt mal mit Krümel hinfahren“, hat der Fahrer gleich gesagt.

Schade, dass ich da nicht mitreinkann, aber ich fahre euch natürlich dorthin. Ich werde deinen Opa daran erinnern.

Deine Oma hat gerade angerufen, sie ist schon gespritzt, muss sich aber noch ausruhen.

„Wenigstens stehen wir diesmal im Schatten. Aber es ist warm, nein es ist schwülheiss.

Wir können nicht die Autobahn zurücknehmen, weil dort ein Unfall war. Ein paar Autos standen kreuz und quer und aus dem Anhänger eines Unfallautos schaute ein Pferd heraus, so als wollte es sagen: „Oh Gott, was ist hier passiert?“

Stell‘ dir nur die vielen Autos vor, die nun auf der Autobahn stehen. Und wie die Menschen in der Hitze schwitzen.

Eine Feuerwehr kämpfte sich durch die Rettungsgasse.
Es ist so, wie wir es immer auf dem Fußboden bei uns im Wohnzimmer gespielt haben.

Du bist mit der Feuerwehr gekommen und mein Fahrer mit dem Hubschrauber.
Erinnerst du dich?

Endlich, wir sind zurückgefahren – über die Dörfer, um dem Stau auf der Autobahn zu entgehen.
Dadurch sind wir im Ort Zerpenschleuse vorbeigekommen.

Da gibt es doch die schöne Eisdiele. Die kennst du doch auch, Krümel. Du hast ein Eis mit einem Plastiklöffel gegessen und den hast du meinem Fahrer geschenkt.

Der hat daran sein kleines Mikrophon für das iPhone befestigt und kommt sich nun vor wie ein Radioreporter.

Deine Oma und dein Opa haben heute ebenfalls einen Erdbeereisbecher gegessen und ich musste mal wieder in der Sonne braten. Der Fahrer hat aber nicht noch einmal seine Hände auf die Haube gelegt.

Abends ging es noch mit dem Fahrer und Oma zur Physiotherapie.
„Ich komme hier zu gar nichts mehr“, sagte der Fahrer.

Na frag‘ mal mich, ich bin im Dauereinsatz, Krümel, aber das interessiert ja keinen.

Also, bis zum nächsten Mal, dein Jeepy.

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JEEPY WIRD IM WALD ALLEIN GELASSEN UND MUSS TROCKENEN STAUB SCHLUCKEN

JEEPY-2021.06.17

Einführung:
Jeepy ist traurig. Er vermisst seine Freundin Krümel und ihre freudige Rufe, ‚Jiiipi‘, wenn der kleine Jeep um die Ecke biegt.

Hallo Krümel, ich bin‘s, Jeepy.
Krümel, weißt du was?

Ich bin so allein und mein Fahrer, dein Opa, der hat überhaupt keine Zeit mehr für mich.

Er sitzt den ganzen Tag am Schreibtisch, und er wird immer fauler.
Naja, er schreibt nur noch, wie eintönig!

Aber mittags, da hat er jetzt eine ganz neue Idee.

Er fährt mit mir in die Schorfheide. Bei dem Wetter, Krümel.
Dreißig Grad im Schatten.

„Jeepy, wir fahren jetzt in den Wald und treiben Sport. Wie findest du das, Jeepy?“

Wie soll ich das wohl finden? Ich find’s langweilig.
Ich muss doch unter einem Baum stehenbleiben und eine Stunde warten, bis dein Opa zurück ist.

Er stampft so stark mit seinen Füssen auf den Boden, dass die Wurzeln von den Bäumen Angst kriegen, er würde sie kaputttreten, wenn er über sie hinwegstampft.

Und stell‘ dir mal vor, wie er angezogen ist: Trainingshose, Schuhe – nein Winterstiefel, dicker Pullover und Mütze.

Und wenn deine Oma ihn ansieht, dann sagt er: „Im Wald ist es kühl und außerdem sind dort Mücken.

Davor muss ich mich schützen. Deine Oma, Krümel, die dreht sich nur weg, damit dein Opa nicht sieht, wie sie sich kaum vor Lachen halten kann.

„Jeepy, du bleibst hier stehen, bis ich zurück bin“, sagte mein Fahrer, als wir im Wald angekommen waren.

Was soll ich auch tun? Wenn ich doch bloß schon auf das automatische Fahren umgestellt wäre, aber dein Fahrer redet nur davon. Das war’s dann auch schon.

„Hier ist es schön und kühl“, hat er noch gesagt, bevor er loslief.
Doch es waren kaum zehn Minuten vergangen, da war ein ohrenbetäubender Lärm zu hören und ich bekam richtig Angst, Krümel.

Ein Traktor mit riesigen Rädern fuhr mit brüllendem Motor an mir vorbei und auf dem Anhänger, da waren große Getreideballen zu sehen.

Von wegen ruhig und kühl. Der dünne Sand vom Waldweg wirbelte hoch und bedeckte mich mit dickem Staub, so dass ich kaum noch etwas sehen konnte.

Als der Traktor endlich an mir vorbei war, da sauste das gelbe Postauto auf mich zu und bog kurz vor mir rechts ab, in einen anderen Weg.

Von wegen, schön ruhig und kühl und keiner ist da.
Endlich, da kam der Fahrer und strahlte mich an: „Ach Jeepy, war das schön!“

Ja schönen Dank auch. Es war laut, staubig und langweilig.
Na, bis Morgen Krümel, da erzähle ich mal weiter.

Mehr lesen: https://uwemuellererzaehlt.de/jeepy/

STEFANIE CLAASEN – SYMPATHISCH, KOMPETENT, LOCKER

MENSCHEN IM ALLTAG-2021.06.16

Es war eher ein Zufall, dass ich heute auf Stefanie Claasen traf.
Sie half gerade in einer Arztpraxis aus, während ich dort zum Blutabnehmen war.

Dann fiel es mir wie Schuppen von den Augen.

„Sie sind eine der Geschäftsführerinnen von AscuVita und Geschäftspartnerin von Schwester Ines“, sagte ich zu ihr.

Sie schmunzelte und nickte.

Es sind jetzt schon wieder zwei Jahre vergangen, wo ich Schwester Ines interviewt habe.

Nun lernte ich auch noch Schwester Stefanie kennen.

Mein Eindruck: sehr sympathisch, sehr kompetent und dabei locker drauf.

Es machte Spaß, mit ihr Small Talk zu führen.

Ich habe schon immer viel von Schwester Ines gehalten.
Und nun habe ich ihre Geschäftspartnerin kennengelernt, ein wenig jedenfalls.

Was bleibt?
Ein guter Eindruck, ein gutes Gefühl – die Menschen, die bei ihnen um Hilfe und Unterstützung nachsuchen, die werden nicht enttäuscht.
Da bin ich mir sicher.

Interview mit Schwester Ines lesen:  https://uwemuellererzaehlt.de/2019/01/18/schwester-ines/