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STENOGRAMM FITNESS-STUDIO

ALLTÄGLICHES-2021.11.04

Training am frühen Morgen - Adrenalin-Rausch oder einfach nur senile Bettflucht? 

Ich bin 16 Minuten nach vier Uhr morgens hier drin gewesen, im Fitness-Studio.

Es ist surreal, trotzdem ein gutes Gefühl. Im Dorf habe ich auf der Hinfahrt einen Fuchs mit den Scheinwerfern angeleuchtet.

Der drehte sich am Straßenrand nach mir um und schaute mich mit seinen leuchtenden Augen an. „Was machst du hier so früh, Dicker?“, schien er mich zu fragen.

„So richtig kann ich dir das auch nicht sagen“, habe ich im Stillen geantwortet.

Die Straßen waren ansonsten leer und ich bin bereits kurz nach vier Uhr in die Tiefgarage beim Fitness-Center eingebogen. Ich wollte eigentlich um die Zeit erst aufstehen, aber ich war kurz nach drei Uhr wach und bin aufgeblieben.

Ist das die Vorfreude auf das Training oder einfach senile Bettflucht?
Die Wahrheit liegt wahrscheinlich in der Mitte.

Das alles klingt gruselig, selbst wenn ich es hier aufschreibe. Aber der einzige Punkt der Überwindung ist das Aufstehen. Danach läuft alles nach Art des Fließbandes ab.

Katzenwäsche, Tee trinken, Banane schnappen, ins Auto setzen und losfahren.

Die leeren und beleuchteten Straßen im Prenzlauer Berg faszinieren mich. Alle Ampeln sind auf grün, so als würden sie sagen wollen:

„Komm‘ beeil dich Dicker, das Laufband und die Geräte warten auf dich.“

Naja, so sehr sehne ich mich nicht nun auch nicht wieder in die Folterkammer des Studios.

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IMMER NOCH IM HOMEOFFICE ARBEITEN – IMMER NOCH UNTER KLARAS BEOBACHTUNG

ALLTÄGLICHES-2021.11.04

Es ist kaum zu glauben, genau vor einem Jahr, fast auf den Tag genau habe ich diesen Beitrag geschrieben - darüber, wie ungewohnt es ist, dass Klara im Homeoffice mitarbeitet.
Hat sich in diesem Jahr etwas verändert? Ja, schon, ich habe mich daran gewöhnt, dass ich unter Kontrolle bin.

Hier mein Bericht aus dem vergangenen Jahr, am 05. November 2020

05.30 Uhr, meine Frau sitzt am Schreibtisch und ich auch, nur eben eine Tür weiter. Das ist neu für mich, ungewohnt, spannend, abschreckend und anziehend zugleich.

Ich fühle mich beobachtet, habe erst einmal die Tür zu meinem Arbeitszimmer zugemacht.

„Warum machst du die Tür zu?“, ruft Klara herüber.
„Darum!“, will ich antworten.

Stattdessen sage ich: „Ich mach‘ das Fenster auf. Ich brauch‘ frische Luft, damit ich wach werde.“

Manchmal stehe ich einfach auf, wenn ich allein bin, laufe die Treppen runter, ins Wohnzimmer und schalte den Fernseher an.

„Ich muss doch sehen, was in der Welt abgeht“, rechtfertige ich mich dann im Stillen.

Oft habe ich aber auch was im Computer oder auf dem iPad gelesen.
Zum Beispiel, wer was in einer Talkshow gesagt hat.

Stimmt das alles, was die einen Tag später darüberschreiben? Das muss ich nachprüfen, also die Talkshow in der Mediathek suchen und anschalten.

Kann ich das jetzt tun? Natürlich nicht.
Ich müsste es ansonsten wortreich gegenüber Klara erklären.
Und dann kämen sie wieder, die Sprüche.

„Jetzt ist mir alles klar, dass du so wenig an Umsatz reinholst.“
Oder: „Du redest zwar, was du wieder verkauft hast, aber in Wirklichkeit sitzt du vor dem Fernseher. Da kann nichts werden!“, höre ich sie rufen.

Ich muss jetzt mal für kleine Jungs.
Muss ich mich abmelden?

Nö, ich gehe in Richtung Gäste-WC und kann dann ja mal kurz ins Wohnzimmer abbiegen.

Und wenn Klara ruft, wo ich bin, dann antworte ich einfach nicht. Das wäre ja noch schöner.

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STIMMUNGSBILDER UND BESCHREIBUNGEN GEHÖREN MIT IN DEN TEXT

SCHREIB-ALLTAG-2021.11.03

Wenn ich einen runden -Text über ein Unternehmen schreiben will, so komme ich gar nicht umhin, auf die belletristischen Mittel der Beschreibung und auf das Skizzieren von Stimmungsbildern zurückzugreifen.
Das habe ich vor einem Jahr geschrieben - es bleibt wichtig.

Ich will im Storytelling nicht nur ein paar Fakten schildern, die dem Firmenporträt einfach nur angeheftet werden.

Nein, mir geht es auch schon darum, die Stimmung einzufangen, in der ich Gespräche führe, oder, in der ich die zu Interviewenden antreffe.

Das ist nicht immer ganz so einfach, wie ich es hier aufschreibe – zum Beispiel die Atmosphäre mit Worten zu skizzieren, die ich wahrnehme, bevor mein eigentliches Interview überhaupt beginnt.
Kürzlich hatte ich einen Termin in einem kleinen Ort im Barnimer Landkreis.

Mir blieb noch ein wenig Zeit und so hielt ich auf einem Parkplatz an, mitten in der Schorfheide.

Es roch nach den Kiefernzweigen, die sich leicht im Wind bewegten.
Die Ruhe, die sie ausstrahlten, die ging auf mich über.

Und obwohl ab und an ein paar Meter entfernt von mir Autos auf der Straße vorbeirauschten, hatte ich das Gefühl, ich könnte den Stress des Tages hinter mir lassen.

Als ich wieder ins Auto stieg und auf den kleinen vor mir liegenden Ort zusteuerte, da kam Freude in mir hoch, dass ich in dieser schönen und etwas abgelegenen Gegend gleich auf einen interessanten Menschen treffen würde.

Am Ortseingang sah ich kleinere Einfamilienhäuser mit gepflegten Vorgärten.

Alles schien in Ruhe und Ausgeglichenheit gegossen. Ein paar Meter weiter standen Spaziergänger an einem Gartenzaun.
Sie unterhielten sich mit einem älteren Mann, der sich auf seine Harke gestützt hatte und trotzdem noch aus den Augenwinkeln die herannahenden Autos beobachten konnte.

„Wir sind hier ein ruhiger Ort, mit sehr ruhigen Menschen. Bei uns zählt, dass man einander vertrauen kann. Und das ist enorm wichtig für mein Geschäft. Ich selbst bin hier geboren, groß geworden und habe hier meine Familie gegründet“, begann die Unternehmerin zu erzählen.

Das Bild, das ich mir von dem Menschen machen wollte, bekam mehr und mehr Konturen.

Angefangen hatte das alles schon vorher – nämlich als ich in den Ort hineinfuhr.

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DER NOVEMBER BRINGT DIE ERINNERUNG AN SCHWERE ZEITEN WIEDER HOCH

MENSCHEN IM ALLTAG-2021.11.02

Vor zwei Jahren habe ich darüber geschrieben, mit wie viel Aufopferung sich die Pflegekräfte in Dresden um meine Eltern gekümmert haben.
Das Verhältnis zu meiner Mutter und meinem Vater war schwierig.
Und trotzdem: Es bleiben die Eltern und du bist froh, wenn du in schwierigen Zeiten solche Menschen an deiner Seite hast. Die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter im ‚Pflegeheim am Schloss' in Dresden - sie bleiben für mich die stillen Helden.

 

Sonntagmorgen. Wir wollen heute nach Dresden fahren und Mama besuchen. Wir sind gespannt, wie sie reagiert. Ich habe gestern mit der Pflegedienstleiterin gesprochen.

Die Schwester sagte mir, dass sie sich zurzeit gut fühlt. Sie erkennt die Schwestern, wenn sie zur Tür hereinkommen, und freut sich sogar.

Manchmal fragt sie nach Vati.
Sie hat dann vergessen, dass er im Sommer gestorben ist. Ich bin froh, dass sie es wieder vergisst. Das klingt hart, doch ich finde es gut so, in dieser Hinsicht jedenfalls.

Seit Vati tot ist, rede ich wieder mehr über ihn, stelle seine guten Seiten in den Vordergrund meiner Erzählungen.

„Du redest jetzt oft über deinen Vater“, sagt Klara dann.
„Ja, ich bin irgendwie befreit, auch wenn sich das schrecklich anhören mag, aber ich fühle mich nicht mehr so eingeengt“, habe ich ihr geantwortet.

„Naja, du hast viel von ihm“, sagt dann Klara. Ich will das nicht hören, aber leugnen kann ich es wohl auch nicht. Irgendwie freue ich mich auf die Fahrt nach Dresden, ins Pflegeheim.

Ich habe stets ein schlechtes Gewissen, weil wir das so wenig tun. Und dann bin ich froh, dass im Heim so ein tolles Team agiert.

„Sie glauben gar nicht, wie ich mich freue, Ihre Stimme zu hören“, habe ich gestern zur Schwester am Telefon gesagt.

Sie ist eine Seele von Mensch, weiß als Pflegedienstleitung, was sie tut, und sie ist unglaublich bescheiden. Ich habe schon so viel über Menschen in der Pflege geschrieben, Worte über Pflegekräfte aneinandergereiht, die ich gar nicht kannte, in Imagetexten eben.

Aber die Menschen, die in der ‚Pflege am Schloss‘ arbeiten, die habe ich beobachten können, und zwar auch dann, wenn sie es nicht bemerkten.

Mit wieviel Liebe haben sie sich in den letzten Wochen um meinen Vater gekümmert!

Da kannst du als Angehöriger noch so viel danke sagen, es ist immer zu wenig, es reicht nie, gemessen an dem, was sie tun für die Heimbewohner, und zwar Tag um Tag.

Wir hingegen kommen, sind für ein paar Momente im Heim, und sind froh, wenn wir wieder abfahren können. Das klingt hart, aber es wäre unehrlich, etwas Anderes zu sagen.

Als Mama im Sommer neunzig Jahre alt wurde, da haben wir mit ihr gefeiert. Das Team aus dem Heim hatte alles liebevoll vorbereitet.

Wir haben ein paar Stunden mit Mama zusammengesessen. Doch dann wollten wir nach Berlin zurück.

„Dann bleibt Ihre Mutter hier bei mir“, sagte mir eine Schwester. Sie wollte nicht, dass Mama an so einem Tag auch nur eine Stunde allein war.

Ich war dankbar und hatte ein unendlich schlechtes Gewissen.
Wenn wir heute, am Samstag, auf eine Schwester treffen, werden wir uns bedanken für die Fürsorge und Betreuung, für ihre Geduld, die sie für Mama aufbringen.

Unser schlechtes Gewissen bleibt.
Stille Helden sind das, die im Team der ‚Pflege am Schloss‘ arbeiten. Unsere Wertschätzung und Hochachtung jedenfalls haben sie.



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2021: https://uwemuellererzaehlt.de/ueber-menschen-erzaehlen/menschen-im-alltag-2021/

2020:https://uwemuellererzaehlt.de/ueber-menschen-erzaehlen/menschen-im-alltag-2020/

2019: https://uwemuellererzaehlt.de/ueber-menschen-erzaehlen/menschen-im-alltag-2019/

2017: https://uwemuellererzaehlt.de/ueber-menschen-erzaehlen/menschen-im-alltag-2017/

 

DER LOCK-DOWN VOR EINEM JAHR ÄNDERTE ALLES IM TAGESABLAUF

ALLTÄGLICHES-2021.11.01

Kein Fitness-Studio mehr und Klara blieb auch noch zuhause, im Homeoffice.

Der Wecker klingelte, wie immer viel zu früh.
Irgendwas war komisch, dachte ich. Ich setzte mich gerade aufs Bett und dann fiel es mir ein.

‚Ich werde heute nicht ins Fitness-Studio fahren. Ich komme dem Lock-down zuvor.‘

Klara hätte es gern gesehen, dass ich noch einmal mit reingefahren wäre, denn sie musste nun morgens wieder auf die Bahn umsteigen.
Ich nahm mir vor, zwischendurch ein paar Übungen zu machen, wenigstens vom Schreibtisch aufzustehen, Arme und Beine zu lockern.

An der Rückseite der Tür zum Arbeitszimmer klebte ein großes Plakat, auf dem Übungen abgebildet sind, die ich machen konnte, ohne dass ich groß Geräte brauchte.

Habe ich das getan? Nein.
Doch eine Sache war gut: Ich habe drei Säcke mit Grünzeug aus dem Garten zur Abfallstation gebracht.
„Wer weiß, ob die nächste Woche noch aufhaben“, schoss es mir durch den Kopf.

„Sollte ich die Blätter auf dem Rasen auch noch zusammenhaken und mit in einen der Säcke stopfen? Das wäre ja auch sowas wie Gymnastik“, dachte ich bei mir.

Ich schaute auf die Blätter, dann auf die Säcke und schließlich auf den Schuppen, wo die Harke stand.

„Kommt gar nicht in Frage, noch zu harken. Es reicht, wenn ich die Säcke hier wegfahre, schließlich hast du danach noch zu arbeiten“, sagte ich in strengem Ton zu mir selbst.

Ich hievte die Säcke in den Wagen und fuhr in Richtung Abfallentsorgung los.
Als ich ankam, stand eine Mitarbeiterin auf dem Hof, schaute mir beim Aussteigen zu und fragte schließlich: „Wie viel Säcke sind es?“

„Es sind vier“, sagte ich.
„Wieso vier? Hier hinten sind nur drei“, entgegnete sie, nachdem sie in das Innere des Wagens geschaut hattte.

„Der größte und der dickste Sack steht vor Ihnen“, sagte ich trocken und beobachtete, wie sie sich vor Lachen ausschüttete.

„Ach ich liebe Ihren Humor“, meinte sie und nahm wortlos den einen Euro Trinkgeld an, den ich ihr zusteckte.

„Ja, wir werden demnächst nicht viel zu lachen haben“, meinte ich und sie nickte stumm.

Ich stieg ins Auto und nahm mir vor, am nächsten Tag mit einer Übung zu beginnen, die auf dem Plakat an der Rückwand der Tür zum Arbeitszimmer abgebildet war. Sollte ich wirklich damit anfangen?

‚Aber morgen ist Freitag und da hantiere ich doch immer mit dem Staubsauger und schüttele vorher die Teppiche aus‘, eine gute Ausrede, wie ich fand.

„Ich werde mir mal einen Tee machen und mich danach erneut an die Arbeit begeben“, dachte ich, als ich wieder zuhause angekommen war.

Während ich das Wasser in den Teekessel füllte, sah ich, dass die roten Lampen an der Spülmaschine leuchteten.

„Verflucht, auch das noch!“, brummte ich vor mich hin.
Ich kippte die Klappe der Spülmaschine nach vorn und hob mit einer Hand den Behälter raus, in dem das Besteck aufbewahrt war.

Eine Gabel hakte sich an einem Kuchenteller fest und hob ihn mit an. Ich fluchte, beugte mich nach unten, um die Gabel zu befreien.
„Verdammt, ich komme hier im Homeoffice aber auch zu gar nichts“, dachte ich.

Und dann musste ich mich immer und immer wieder nach unten beugen, um das Geschirr herauszunehmen.

Als es geschafft war, seuftze ich erleichtert auf. Ich würde Klara von meinen Heldentaten nachher berichten. Aber die würde wohl wieder nur die Augenbrauen nach oben ziehen und nichts sagen.

Naja, wenigstens hatte  ich doch noch ein paar Rumpfbeugen gemacht. Der Anfang war getan.

KLARA ARBEITETE IM HOME-OFFICE – ES WAR SO UNGEWOHNT
Für mich war das ein komisches Gefühl. Ich konnte gar nicht so ‚herumlungern‘, wie ich das sonst morgens immer am Computer tat, um in Schwung zu kommen: Mal hier surfen, da mal nachlesen.

Jetzt war hier eine gespenstische Ruhe, obwohl wir zu zweit waren.
Ich hätte das Klara nie zugetraut, dass sie das mit dem Laptop hinbekam.

Laura hatte ihr geholfen. Sie sind noch extra zum Alex gefahren, hatten den Computer gekauft und Laura hatte ihn eingerichtet.
Und wie es immer so am Anfang war: Der Laptop konnte sich noch nicht ins System einloggen.

„Dann muss Klara ja am Montag doch reinfahren und ich kann hier wie gewohnt arbeiten, oder zwischendurch auch nicht, weil ich mal eine Serie gucken kann, ‚Seal-Team‘“, dachte ich bei mir.

Ach, ich liebte es, wenn ich die ‚Seals‘ sah, wie sie in der Serie eine Tür eintraten.

Doch ich hatte die Rechnung ohne Klara gemacht, die saß drüben, ganz diszipliniert und rührte sich nicht. Sie hatte ja noch ihren Dienst-Laptop mitgebracht, vorsichtshalber. Und der loggte sich ein.

Naja, was soll’s. Ich wusste nicht, ob ich mich freuen oder ob ich weinen sollte.

„Kannst du so lange auf deinem Schreibtischsessel sitzen?“, rief Klara herüber.

„Oh ja, da bin ich ganz diszipliniert“, rief ich ungerührt zurück, obwohl ich gerade dachte, dass ich mir mal eine Pause verdient hatte.

Kurzum, ich fühlte mich beobachtet.

„Alles ‚guut‘, Löwe“, hörte ich Krümel in Gedanken rufen, so als würde sie mit mir spielen wollen.

Aber Krümel war gar nicht da, sie war in der Kita und würde wohl nicht an mich denken, sondern mit den Kindern in ihrer Gruppe spielen.

Nicht mal jammern konnte ich, dass ich laufend abgelenkt wurde.
Bis jetzt fand ich das ja gut mit dem Home-Office.

Ich hatte da allerdings mehr an mich selbst gedacht. Bis der Lock-down begann.

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WARUM DIE BIBEL?

Bibel

BIBEL-2021.10.31

Alles begann damit, dass meine Frau mir vor zwei Jahren die Stuttgarter Erklärungsbibel 
zum Geburtstag schenkte.
Seitdem haben mich die Texte und Bibelinhalte nicht mehr losgelassen.
Warum das so ist, darüber habe ich in den vergangenen Wochen und Monaten immer mal wieder geschrieben.

Das war eine riesige Überraschung für mich, die Bibel in den Händen zu halten, die Seiten aufzuschlagen und zu schauen, was mich an spannenden Inhalten und Worten erwartete.

Ich bin nicht mit der Bibel groß geworden. Nur meine Oma aus Schwerin ging in die Kirche, und das auch noch sehr unregelmäßig.

Die Bibel als etwas ganz Wertvolles für mich und mein Leben zu entdecken, das passierte nicht über Nacht, nicht in einem Ruck, sondern viel mehr fast unmerklich für mich, aber merklich für meinen mentalen Zustand im Alltag.

Ich fand beim Durchblättern stärkende, motivierende, heilende Worte, und sie alle brachten mir mehr Lebensqualität für meinen Alltag.

Keine Sorge: Ich bin nicht jemand, der wie ein scheinbarer Prophet durch die Gegend läuft und suggeriert, wie toll das Leben ist. Dafür ist die Realität, der Alltag, den wir spüren, viel zu unerbittlich, wenn es um die Wahrheit geht.

Du kannst hier nur Ansätze finden, die du aber auch noch selbst begreifen und verinnerlichen musst.

Und dann kommt noch das schwierigste von allem. Die Frage nämlich, wie du die Erkenntnisse, die Weisheiten so in dein Leben einbaust, dass es für dich wirklich einen Mehrwert bringt.

Das geht nicht von außen. Nein, das kannst und musst du selber tun.
Vor kurzem habe ich zum Bleistift gegriffen und die Titel aller Bücher der Reihe nach abgeschrieben.

Es mag merkwürdig klingen, wenn ich sage: Ich habe die 66 Bücher von den Titeln her mit der Hand notiert.

Ich denke mit der Hand. Und wenn mir etwas besonders wichtig ist, dann mache ich anfangs handschriftliche Notizen.

In diesem Fall ging es um genau 39 Bücher aus dem Alten Testament und 27 aus dem Neuen Testament.

Kenne ich jetzt alle Bücher? Naja, die Frage kann nur rhetorisch angelegt sein.
Natürlich nicht. Und ich glaube, dass ich sie auch nicht mehr alle lesen werde, jedenfalls nicht mehr in diesem Leben.

Als Quelle dient mir in diesem Zusammenhang eben die erwähnte Stuttgarter Erklärungsbibel.
Dort sind die Inhalte der Bibeltexte nicht nur erläutert, sondern auch alle Bücher des Alten und Neuen Testaments enthalten. Hinzukommen noch die sogenannten Apokryphen. (1)

Kürzlich habe ich mich damit befasst, wie eigentlich aus der Bibel heraus richtig zitiert wird.
Als erstes nennt man das Buch, dann das Kapitel und anschließend kommen die Versziffern.

Ich habe geschwitzt, bevor ich es herausbekam. Wenn du es weißt, dann scheint es leicht.

Aber alles ist leicht, wenn man es erst einmal weiß.
Was mich außerdem magisch anzieht, das sind die Worte, wie sie geschrieben sind, wie die kurzen Sätze gebildet sind. Klar, so manches liest sich heutzutage altbacken. Aber du kannst hier schon viel lernen, wenn du deine Botschaften auf den Punkt bringen willst.

Ein Beispiel: Die Beschreibung der Schöpfung im Ersten Buch.
(Vgl. Schöpfung und Urgeschichte, Kapitel 1-11)

Ich lese die ersten Zeilen darin: „Am Anfang schuf Gott Himmel und Erde. Und die Erde war wüst und leer und es war finster auf der Tiefe; und der Geist Gottes schwebte auf dem Wasser. (V.2)
Und Gott sprach: Es werde Licht! Und es ward Licht. (V.3)

Das ist schon ausdrucksstark. Die Bibel hat mich in ihren Bann geschlagen, und zwar unwiderruflich.
Ich freu‘ mich schon, wenn ich sie wieder zur Hand nehme.

 

(1)
Stuttgarter Erklärungsbibel mit Apokryphen,
DIE HEILIGE SCHRIFT NACH DER ÜBERSETZUNG MARTIN LUTHERS,
MIT EINFÜHRUNGEN UND ERKLÄRUNGEN; DEUTSCHE BIBELGESELLSCHAFT.
ISBN 978-3-438-01123-7
Neuausgabe mit Apokryphen
© 2005 Deutsche Bibelgesellschaft
Zweite, verbesserte Auflage 2007
10.2016, S. 795

 

Mehr lesen:

 2021: https://uwemuellererzaehlt.de/mein-freund-der-alltag/alltaegliches-2021/  

2020: https://uwemuellererzaehlt.de/mein-freund-der-alltag/alltaegliches-2020/  

2019: https://uwemuellererzaehlt.de/mein-freund-der-alltag/alltaegliches-2019/  

2018: https://uwemuellererzaehlt.de/mein-freund-der-alltag/alltaegliches/

MEIN FAHRER ENTWICKELT VIELE AKTIVITÄTEN – MEISTENS ABER DIE FALSCHEN

JEEPY-2021.10.30

MEIN FAHRER HAT KEINE AHNUNG VON TASTATUREN

Hallo Krümel, hier ist Jeepy. Jetzt ist die Woche schon fast wieder rum und ich hoffe, dir geht es gut im Kindergarten und Zuhause, bei Mama.

Naja, einmal hat mein Fahrer dich ja gesehen, über Skype. Da hast du den Computer umarmt, weil du dachtest, dahinter ist dein Opa, mein Fahrer, versteckt.

Das hat meinen Fahrer sehr amüsiert und er hat danach richtig viel Schwung bei der Arbeit gehabt.

Aber ich wollte dir doch noch zu Ende erzählen, wie es weiterging, nachdem wir zurück in den Prenzlauer Berg mussten. Erinnerst du dich?

Mein Fahrer wollte dort die Tastatur austauschen, weil sie ja nicht funktionstüchtig war. Mein Fahrer ließ mich in der Tiefgarage zurück und eilte in das Einkaufscenter.

„Ich möchte diese Tastatur umtauschen. Die funktioniert nicht“, sagte mein Fahrer zu dem Verkäufer.

„Sie haben mich doch auch vor zwei Stunden beraten, richtig?“, hakte mein Fahrer noch nach.

„Hm“, brummte er und verzog sein Gesicht, als hätte er gerade in eine Zitrone gebissen.

„Was haben Sie denn mit der Tastatur angestellt, die ist doch ganz einfach zu bedienen?“, fragte der Verkäufer meinen Fahrer.

Der pumpte sich gerade hoch. Also sendete ich aus der Tiefgarage meine Signale: „Bleib ruhig, denk an deinen Blutdruck, es geht hier nur um eine Tastatur und nicht um Menschenleben.“

Aber der hörte das zwar, ignorierte das jedoch komplett.
„Ich bin jetzt richtig neugierig, was sie mit der Tastatur anstellen, um mir zu zeigen, was für ein Fachmann Sie sind“, sagte mein Fahrer.

„Ach, das haben wir gleich. Geben Sie mal her.“
Mein Fahrer reichte das Paket mit der Tastatur rüber und wartete gespannt, wie es nun weiterging.

„Bedienungsanleitung?“, fragte der Verkäufer.
„Drinnen“, antwortete mein Fahrer ebenso knapp.
„Brauchen Sie aber gar nicht zu schauen.“

„Warum nicht?“
„Weil kein Deutsch draufsteht.“
„Gibt es auch in Deutsch“, sagte der Verkäufer.
„Gibt es nicht.“
„Doch.“
„Nein.“
„Wollen wir wetten, dass kein Deutsch draufsteht?“, fragte mein Fahrer.

„Wenn die Anleitung auch in Deutsch ist, dann nehme ich die Tastatur ungesehen wieder mit, egal, ob sie geht oder eben auch nicht.“
„Gut“, sagte der Verkäufer. Er machte den Karton auf, holte die Anleitung raus und zeigte mit dem Finger auf die rechte Seite des Blattes.

Dort standen tatsächlich ein paar deutsche Sätze.
„Das gibt’s doch nicht.“ Mein Fahrer war verblüfft. Der Verkäufer schmunzelte.

„Sie müssen hier auf die Taste ‚Fn‘ gehen und oben auf die Taste eins. Dann halten Sie das Ganze drei Sekunden gedrückt und schon gibt es eine Verbindung.“

„Können Sie mir das mal vorführen?“
„Kann ich.“

In wenigen Handgriffen brachte der Verkäufer die Tastatur zum Laufen und schrieb munter darauf herum. Mein Fahrer muss so blöd geschaut haben, dass der Verkäufer anfing zu lachen.

Dann lachten sie beide.
„Soll ich die Tastatur in den Karton zurückschieben, das geht immer so verdammt schwer“, fragte der Verkäufer meinen Fahrer.

„Nein, lassen Sie mal. Die nehme ich jetzt gleich so mit.“
Mein Fahrer bedankte sich noch einmal und verließ leichten Schrittes den Media- Markt.

Für ihn war klar, selbst wenn die Tastatur Zuhause nicht funktionierte, noch einmal zurück würde er nicht fahren. Die Strassen waren jetzt verstopft.

In Berlin hatte der Feierabendverkehr eingesetzt. Nach zwei Stunden ‚Stop and go‘ hatten wir es geschafft.

Ich stand im Carport, als ich von oben den Jubelschrei hörte. Die Tastatur funktionierte.

Bis zum nächsten Abenteuer mit deinem Fahrer und mir, lieber Krümel, sage ich Tschüss,
Dein Jeepy.

MEIN FAHRER WISCHT DIE TREPPE FEUCHT AB – SOLL ER ABER NICHT

Hallo Krümel, ich stehe hier unter dem Carport und keiner denkt an mich.

„Mir ist langweilig“, hat deine Mama in solchen Fällen zu meinem Fahrer gesagt. Der lässt sich gar nicht blicken. Er arbeitet, angeblich. Dabei stöhnt er schon den ganzen Tag rum, weil er die Zimmer saubermachen will.

Seine Frau, also deine Oma, ist ja zur Kur.
Und da hat er vorige Woche einfach mal das Saubermachen ausfallen lassen. Aber jetzt sieht er überall die kleinen Fussel.

Die Tage zuvor hat er sie einfach aufgehoben und in die Hosentasche gesteckt. Doch nun ist es einfach zu viel für ihn.

Also hat er den Staubsauger herausgeholt und angefangen zu saugen. Danach ist er gleich vor Erschöpfung in den Sessel gesunken, und keiner war da, der ihn bemitleidet hat. Nun kommt der Knaller.

Mein Fahrer hat freiwillig noch die Treppen gewischt. Das macht er sonst nie, sondern überlässt es deiner Oma.

Er hat ihr gleich ein Foto geschickt. Da war er mit dem Eimer und dem Wischlappen drauf zu sehen. „Schnau…. voll“, stand in der Bildunterschrift.

Das sagt man eigentlich nicht, lieber Krümel, deshalb schreibe ich das Wort auch gar nicht erst aus, was mein Fahrer hier gesagt hat. Später rief deine Oma an und mein Fahrer wollte ihr stolz berichten, was er alles getan hatte.

Und was war die Reaktion?
„Du hast doch nicht etwa die Treppen feucht abgewischt?“, fragte sie ihn. Mein Fahrer war sauer.

„Wie denn sonst?“
„Naja, ich wische sie immer trocken ab“, sagte sie.
„Das ist jetzt egal, ich habe sie jedenfalls feucht abgewischt.“

Mein Fahrer war enttäuscht. Er dachte nämlich, er bekäme ein dickes Lob von deiner Oma. Dabei hatte er ihr noch gar nicht erzählt, wie lange er gebraucht hatte, um zu verstehen, wie der Wischlappen aufgezogen wird.

In den Wischeimer hatte er einfach Spülmittel und Fettlöser aus der Küche genommen. Er hatte die richtigen Reinigungsmittel nicht gefunden.

Die standen so in der Ecke, dass man hätte alles ausräumen müssen. Mein Fahrer hat es versucht. Aber da flogen ihm gleich die ersten Sachen entgegen.

„Wir gehen heute ein Eis essen“, sagte deine Oma zu ihm am Telefon.
„Eis essen, während der Kur?“, fragte mein Fahrer.

„Ja, denn heute ist ja Frauentag.“
„Ach du Sch….“, stöhnte mein Fahrer auf. Jetzt muss ich schon wieder Punkte machen, Krümel.

Dein Opa hat sich nicht im Griff. Er ärgerte sich einfach, dass er den Feiertag vergessen hatte.
Wie konnte er das wieder gutmachen? Er wusste das nicht.

„Bist du für Morgen gut vorbereitet, für deine Lesung zum Frauentag?“, fragte deine Oma nun versöhnlich.
„Ja, wie gut, dass wissen wir erst nach der Lesung.“
„Ich drück‘ die Daumen“, sagte Oma.

Mein Fahrer bedankte sich. Er würde am Sonntag einen Blumenstrauß mit in die Reha-Klinik nehmen. Ach Krümel, ich freue mich auf Morgen, denn da fahren wir endlich wieder ein Stück. Nach Altlandsberg.

Da gibt es einen Verein, der heißt „Helfen hilft“. Mein Fahrer findet den klasse.
Dort arbeiten Menschen, die nicht viel fragen, sondern anderen Menschen helfen, mit Lebensmitteln, Sachen zum Anziehen und noch vielen anderen Dingen.

Deshalb gibt sich mein Fahrer sicher Mühe, denn er will ebenfalls für diesen Verein etwas tun, mit seiner Kraft und seinen Möglichkeiten eben. Morgen, da ist dort eine kleine Feier, zum Frauentag, und mein Fahrer liest ein paar kleinere Geschichten vor.

Ich warte natürlich draußen. Ich bin zwar nur ein kleiner Jeep, aber die Treppen komme ich ja trotzdem nicht hoch. Aber ich krieg schon raus, wie es war. So lieber Krümel, davon erzähle ich dir das nächste Mal.
Dein Jeepy.

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DAS GESICHT IM SPIEGEL SAH WEINERLICH UND ZERKNITTERT AUS

ALLTÄGLICHES-2021.10.29

Von den Niederlagen, morgens für die Fitness frühzeitig aufzustehen

Der Wecker klingelte wie immer eine Viertelstunde vor vier Uhr.
Mir war, als würde jemand mit einem Holzhammer direkt auf meinen Kopf hauen.

Ich hatte Klara am Abend gesagt, dass ich früh zum Sport fahren würde, auch wenn sie nicht mit zur Arbeitsstelle fuhr.

Sie hatte sich entschlossen, am nächsten Tag im Homeoffice zu arbeiten, weil sie noch stark erkältet sei.

„Dann fahre ich morgen früh allein los“, hatte ich todesmutig erklärt.
Der Zeitpunkt war herangekommen.

Ich quälte mich hoch, ließ die Beine aus dem Bett hängen und verfluchte mich, dass ich so eine Ansage gemacht hatte.
Ich stand langsam auf und schlurfte ins Bad.

„Leg‘ dich wieder hin!“, sagte meine innere Stimme.
Du kannst auch noch am nächsten Tag dorthin fahren. Jeden Tag!“
Was sollte ich tun? Meiner inneren Eingebung nachgeben?

Oder den Harten spielen?
„Du bist eine Lusche“, sagte ich zu dem Gesicht, das mich im Spiegel zerknittert und weinerlich anschaute.

„Komm‘, sei ein Held. Geh‘ da raus und mach‘ deinen Sport. In zwei Stunden bist du wieder zurück, gut gelaunt und hochmotiviert“, sagte meine andere Stimme.

Ich ging aus dem Bad in Richtung Schlafzimmer zurück.
„Sei kein Schwächling, raff dich auf!“, rief meine andere innere Stimme.

Der Kopf kämpfte noch, doch die Beine trugen mich direkt vor das Bett.

Ich plumpste hinein, drehte mich um und versuchte weiterzuschlafen.

Ich verfiel in einen Albtraum, indem ich als letzter auf einer 5000 Meter Strecke lief.

‚Jetzt reiss dich doch mal zusammen. Warum hast du in den Trainingsstunden
gefehlt?‘

Ich wachte schweissgebadet auf.
„Du bist ja doch nicht ins Fitness-Studio gefahren“, sagte Klara zu mir.

„Nein, ich habe noch mit meiner Erkältung zu kämpfen“, antwortete ich.

„Komisch, und ich dachte, du hättest das überstanden.“
Ich sagte nichts darauf.

„Dann kannst du ja das Frühstück machen“, schob Klara nach.
Jetzt war meine Laune auf dem Tiefpunkt angekommen.

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DAS REIZVOLLE DES ALLTAGS VERSTECKT SICH HINTER BANALITÄTEN

MENSCHEN-2021.10.28

Warum du schreiben solltest, um deinen Alltag noch intensiver zu erleben.

Das Faszinierende am Schreiben ist für mich: Ich kann Menschen in alltäglichen Situationen beobachten, ich bin an wechselnden Schauplätzen, es gibt stets neue Ausgangssituationen, und ich schreibe zu vielfältigen, sich abwechselnden Themen.

Das Schreiben hat auf mich eine ungeheure Anziehungskraft, es frisst dich mit ‚Haut und Haaren.“

Natürlich fahre ich beispielsweise nicht zuerst ins Fitness-Center, um Menschen beim Training zuzusehen und anschließend darüber zu schreiben, sondern um selber Sport zu treiben, fit zu bleiben, vorausgesetzt, das Center bleibt nicht mehr lange wegen Corona geschlossen.

Ich beobachte gern, was um mich herum passiert.
Was könnte nun ein Leser daran interessant finden? Ich kenne natürlich nicht die genauen Motive jedes Lesers.

Jedoch glaube ich fest daran, dass jeder von uns bestimmte eigene Erlebnisse in Alltagssituationen wiedererkennt und sich freut, dass es anderen genauso ergangen ist.

Manch einer will vielleicht auch nur unterhalten werden, für einen Moment aus seiner Realität aussteigen und in den Alltag des Erzählers eintauchen.

Für mich als Autor ist es eine spannende Sache, wenn ich mich in meine Gedankenwelt begebe und sie abgleiche mit dem, was ich gerade erlebt und gesehen habe.

Ich denke, wir alle können mehr glücksbringende Momente in alltäglichen Situationen entdecken, als wir es für möglich halten.
Mark Twain war es wohl, der sinngemäß formulierte, dass es vor allem zwei Tage im Leben eines Menschen sind, die für ihn eine Bedeutung haben – nämlich der Tag der Geburt und der Tag, an dem er weiß, warum er auf der Welt ist.

Jeder wird diese Frage anders beantworten. Ich denke, dass dies die wirklichen mentalen Anker im Leben sind.

Ich habe lange Zeit gedacht, dass ich einiges vollbracht habe, weil ich intensiv studiert habe, um mir möglichst viel Wissen anzueignen.

Dann kam die Wende und wieder versuchte ich, meinem Leben einen neuen Sinn zu geben, Anerkennung durch Leistungen in einer neuen, anderen Welt zu bekommen.

Wirklich glücklich bin ich aber erst, seitdem ich erkannt habe, dass ich mich selbst so nehmen muss, wie ich bin und ich Kraft aus meiner neuen Gelassenheit ziehe.

Hat das was mit dem Alter zu tun?
Vielleicht.

Und mit dieser inneren Ruhe ziehe ich in meine neuen Abenteuer, dem Schreiben über das Alltägliche, über Menschen im Alltag.

DIE BELLETRISTISCHE ERZÄHLWEISE ZWINGT DICH, IM ALLTAG GENAUER HINZUSCHAUEN, MENSCHEN ZU BEOBACHTEN

Ich schreibe schon lange, eigentlich schon mein ganzes Leben.
Aber zum Geschichtenerzählen komme ich erst so richtig in letzter Zeit, und da bin ich auch noch ganz am Anfang.

Ich schreibe vor allem Geschichten, die mit dem Alltag zu tun haben.
Bin ich deshalb ein Schriftsteller?
Nein, sicher nicht.

Aber ich muss mich natürlich trotzdem an die Regeln des Schreibens halten, und deshalb muss ich sie mir auch aneignen. Auf jeden Fall ist das ein stetiger Prozess des Lernens, des Übens und des Schreibens.

Mehr und mehr stelle ich mich dabei den Anforderungen an das belletristische Schreiben. Das ist für mich wie ein Abenteuer, eine Reise in ein unbekanntes Land.

Ich schreibe in dieser Rubrik darüber, was mir am Alltag ‚über den Weg läuft‘, wie ich es verarbeite, und, wie ich das Handwerk des Schreiben trainiere und was es mir bringt.

Ich will dem Leser Menschen aus dem Alltag näherzubringen, ihre Konflikte, ihre Hoffnungen, Sehnsüchte und die Schwierigkeiten zeigen, mit denen sie in ihrem Umfeld zu tun haben.

Mich reizt das Banale, das, was wir am Tag erleben, eben das, was wir oftmals nicht aufmerksam genug hinterfragen.

Dabei gibt es viel mehr schöne Dinge als hässliche Erlebnisse im Alltag, humorvolle Episoden, die es lohnt, festzuhalten.

Sicher ist es ja auch interessant, quasi den Weg des Schreibens zu dokumentieren – mein handwerkliches Verständnis davon, die Erfolge und Niederlagen, die Fehler und vor allem die Motive, warum ich weitermache.

Schreiben und verwerfen, wieder schreiben, lesen und dann wieder schreiben. Eintönig?

Ja, irgendwie schon. Anstrengend? Und wie.
Trotzdem: Es bleibt faszinierend.

SCHREIB-ALLTAG



Mehr lesen:
2021: https://uwemuellererzaehlt.de/ueber-menschen-erzaehlen/menschen-im-alltag-2021/

2020:https://uwemuellererzaehlt.de/ueber-menschen-erzaehlen/menschen-im-alltag-2020/

2019: https://uwemuellererzaehlt.de/ueber-menschen-erzaehlen/menschen-im-alltag-2019/

2017: https://uwemuellererzaehlt.de/ueber-menschen-erzaehlen/menschen-im-alltag-2017/

 

SCHREIBEN ÜBER MENSCHEN IM ALLTAG – WAS KANN ES SCHÖNERES GEBEN?

MENSCHEN IM ALLTAG-2021.10.27

VON DEN GANZ GROSSEN LERNEN, ÜBER ALLTÄGLICHES MEISTERHAFT ZU SCHREIBEN
Diesen Text habe ich im Sommer dieses Jahres geschrieben, zum 90. Geburtstag der kanadischen Schriftstellerin und Literaturnobelpreisträgerin Alice Munro.
Wenn du lernen willst, wie du großartig über Alltägliches schreibst, über Menschen im Alltag, dann musst du die Kurzgeschichten dieser phantastischen Autorin lesen.

Ich habe seit einigen Jahren ein Ritual entwickelt, mit dem ich den Tag beginne, nachdem ich vom Fitness-Studio zurück bin.
Ich nehme das Buch von Alice Munro „Ferne Verabredungen“ zur Hand.

Dann klebe ich ein weißes Blatt Papier auf einen Pappdeckel, den ich aus einem Ordner auf A4 -Größe zurechtgeschnitten habe.

Ich schlage das Buch auf, suche mir eine Textstelle und schreibe ein paar Sätze daraus ab. Anschließend formuliere ich sie um.
Es ist eine Methode, meine handwerklichen Fertigkeiten im Schreiben zu trainieren.

Und erst dann, wenn ich einen Satz umformulieren will, merke ich wirklich, wie meisterhaft er von Alice Munro formuliert und von Heide Zerning, der Übersetzerin, ins Deutsche gebracht wurde.

Ich verzichte in diesen Momenten ganz bewusst darauf, die Tastatur zur Hand zu nehmen, in den Computer zu starren.
Diese ‚blanke‘, vielleicht auch antiquierte Arbeitsweise, zählt zu dem Besten, was ich so am Tag anstelle.

Bereits im Klappentext steht über Alice Munro, was für mich mit zu einem Leitsatz für diesen Blog geworden ist: „Alice Munro erzählt zugewandt und genau vom Allerschwersten, von dem, was zwischen Menschen passiert, was in ihnen vorgeht.“ (1)

Und diese ‚Meisterin des Alltäglichen‘ ist gerade 90 Jahre alt geworden. Ich habe das in der Berliner Zeitung in der Feuilletonseite entdeckt. (2)

Was mich an dieser Schriftstellerin fasziniert ist, wie unaufgeregt sie über Menschen im Alltag, über das Alltägliche schreibt.

Dass sie inzwischen eine kanadische Literaturnobelpreisträgerin ist, das nötigt mir natürlich Respekt ab.

Was in mir jedoch eine wirkliche Begeisterung hervorruft ist die Tatsache, dass sie mit scheinbarer Leichtigkeit über eher langweilige Dinge des Alltags schreibt.

„Sie (Alice Munro) zeigt, dass ein Schreiben über Windeln, den Besuch in einem Pflegeheim oder Einkäufe von Zahnpasta und Handcremen von bestechender Prägnanz und Aussagekraft sein kann.

Besonders ihre späteren Texte bringen die Schilderungen des Unspektakulären, man könnte auch sagen, den genauen Blick auf Menschen als Menschen zur Perfektion.“ (3)

Alice Munro war dabei immer Mutter von vier Töchtern, Hausfrau.
„Sie kochte und putzte, sagte sie in einem Interview mit der Literaturzeitschrift Paris Review, seitdem sie ein Teenager war und ihre Mutter an Parkinson erkrankte: ‚die Uni war also die einzige Zeit in meinem Leben, in der ich keine Hausarbeit verrichten musste.“ (4)

Als ich das gestern beim Frühstück las, da dachte ich bei mir:
‚Worüber jammerst du eigentlich?

Du musst so viel tun – Firmenporträts schreiben, freitags zuhause Staubsaugen, ins Fitness-Studio fahren, du kommst eigentlich zu gar nichts, schon gar nicht dazu, kurze Alltagsgeschichten für den Blog zu schreiben.‘

Da kann ich nur verstummen, angesichts des großartigen Schaffens dieser Schriftstellerin, und dass in vielen Jahren am Küchentisch, weil sie kein Arbeitszimmer hatte.

Manchmal, wenn ich meine Enkelin besuche und mit ihr in Berlin auf einen Spielplatz gehe, dann sehe ich Mütter, die auf dem Boden sitzen und reden, Kartoffelsalat ausgepackt haben und jeden, der von außen dazukommt aus einer Mischung von Ablehnung und Neugier betrachten.

Ich nenne sie seit vielen Jahren die ‚Monicas‘.
‚Die Monicas sind wieder da‘, sage ich dann zu Krümel, die sich aber nicht dafür interessiert, sondern für die Rutsche, auf der die Kinder der ‚Monicas‘ heruntersausen.

Inspiriert zu dieser durchaus liebevoll gemeinten Bezeichnung wurde ich durch die Geschichte ‚Jakarta‘:
„Kath und Sonje haben einen eigenen Platz am Strand, hinter großen Baumstämmen.

Den haben sie sich ausgesucht, weil er ihnen Schutz bietet, nicht nur vor dem gelegentlich stark auffrischenden Wind – sie haben Kaths Baby dabei -, sondern auch vor den Blicken einer Gruppe von Frauen, die jeden Tag den Strand bevölkern. Sie nennen diese Frauen die Monicas.

Die Monicas haben zwei oder drei oder vier Kinder pro Nase.
Angeführt werden sie von der richtigen Monica, die über den Strand gelaufen kam und sich vorstellte, sobald sie Kath und Sonje und das Baby entdeckt hatte.

Sie lud sie ein, sich dem Rudel anzuschließen.
Sie folgten ihr und schleppten die Babytasche mit.
Was blieb ihnen anderes übrig?

Aber seitdem verschanzen sie sich hinter den Baumstämmen.

Das Feldlager der Monicas besteht aus Sonnenschirmen, Badelaken, Windeltaschen, Picknickkörben, aufblasbaren Flößen und Walfischen, Spielsachen, Sonnenschutzmitteln, Kleidungsstücken, Sonnenhüten, Thermoflaschen mit Kaffee, Plastikbechern und -tellern und Kühlboxen, die hausgemachte Eislutscher aus Fruchtsaft enthalten.“ (5)

Ich habe in meinem Leben viel studiert, Diplomarbeiten geschrieben, Diplomarbeiten bewertet, Studenten unterrichtet. Das war eine schöne Zeit.

Der beste Teil kommt tatsächlich zum Schluss, nämlich von einer ‚Meisterin des Alltäglichen‘ zu lernen, die kleinen Dinge im Leben zu sehen, sie nicht geringzuschätzen, Menschen nicht in ihren großen Gesten zu bewundern, sondern darin, wie sie den Alltag meistern, wie sie sich zueinander verhalten.

Das Schwierige besteht darin, nicht nur das Banale zu beschreiben, sondern die Beschreibung auch noch banal aussehen zu lassen. Darin bewundere ich die große Schriftstellerin Alice Munro.

(1)
Manuela Reichart, Nachwort für Alice Munro, Ferne Verabredungen, Die schönsten Erzählungen;
aus dem Englischen von Heidi Zerning;
© 2016 S. Fischer Verlag GmbH, Hedderichstr. 114, 60596 Frankfurt am Main
(2)
Berliner Zeitung, Nr. 156, Freitag, 09.Juli 2021, S. 13; Feuilleton
„Meisterin des Alltäglichen“
(3)
Sabine Rohlf, ebenda
(4)
Ebenda
(5)
Alice Munro „Ferne Verabredungen“, Jarkarta, Fischer Verlag GmbH, 2016, S.9


Mehr lesen:
2021: https://uwemuellererzaehlt.de/ueber-menschen-erzaehlen/menschen-im-alltag-2021/

2020:https://uwemuellererzaehlt.de/ueber-menschen-erzaehlen/menschen-im-alltag-2020/

2019: https://uwemuellererzaehlt.de/ueber-menschen-erzaehlen/menschen-im-alltag-2019/

2017: https://uwemuellererzaehlt.de/ueber-menschen-erzaehlen/menschen-im-alltag-2017/


VIOLA LEHMANN MIT HERZ UND VERSTAND FÜR DIE PFLEGE UND BETREUUNG VON MENSCHEN

MENSCHEN-2021.10.26

Viola Lehmann hat es geschafft. Sie hat eine Einrichtung in nahezu 20 Jahren aufgebaut und geführt, die Menschen ein Zuhause bietet, die sonst in einem Pflegeheim leben müssten. Die Betreuung erfolgt über 24 Stunden, wochentags und an den Sonn- und Feiertagen.

Den Bericht habe ich vor zwei Jahren geschrieben.
Was bleibt aktuell daran?
Die Leidenschaft, mit der sich Menschen in der Pflege engagieren.

Viola Lehmann hat es geschafft. Sie hat eine Einrichtung in nahezu 20 Jahren aufgebaut und geführt, die Menschen ein Zuhause bietet, die sonst in einem Pflegeheim leben müssten. Die Betreuung erfolgt über 24 Stunden, wochentags und an den Sonn- und Feiertagen.

„Der Umgang mit den Menschen, die gute Unterstützung durch mein Team – das sind die wichtigsten Gründe dafür, warum mir dieser Beruf immer noch Spaß macht“, sagt Viola Lehmann.

Sie hat sich ihren Traum erfüllt- selbstständig als Unternehmerin zu arbeiten, in einer Branche, die immer wichtiger wird.

Und sie ist erfüllt von dem Gedanken, eine häusliche Atmosphäre für die Bewohner zu erhalten und sie gleichzeitig in den Dingen zu unterstützen, ohne die sie nicht mehr allein wohnen und leben könnten, sondern in einem Heim untergebracht werden müssten.

Sich kümmern – als gehörten sie zur eigenen Familie
Viola Lehmann hat treffend formuliert, was sie unter individueller Betreuung versteht – sich so für ihn einzusetzen, als ginge es um das eigene Familienmitglied: „Individuell pflegen und betreuen heißt für mich zu wissen, was der einzelne Bewohner für Wünsche hat, ihn im Alltag zu unterstützen, aber auch ihn zu motivieren, mitzumachen, damit er sich eingebunden fühlt, fit bleibt“, so Viola Lehmann.

Es lebt sich gut in der Seniorenwohngemeinschaft
Die Bewohner sind zufrieden mit ihrer Situation. Sechs bis acht von ihnen leben in einer Wohngemeinschaft. Jeder hat ein eigenes Zimmer, das auch mit einigen privaten Möbeln, Bildern oder anderen Erinnerungsstücken ausgestattet ist, je nach den Bedürfnissen und Wünschen der Bewohner.

Die Küche und das Wohnzimmer werden von den Bewohnern gemeinsam genutzt. „Was mir in dem Zusammenhang wichtig ist: Wir sind nicht irgendwo abgeschottet, am Rande der Stadt zuhause, sondern leben inmitten eines Wohngebietes“, sagt Viola Lehmann. Das stärkt das Gefühl, nicht allein zu sein, sondern in einer großen Gemeinschaft zu leben.

Nichts geht ohne mein Team
„Ohne mein Team könnte ich das ja nicht stemmen“, sagt Viola Lehmann. Sie schätzt an ihren Mitarbeitern, dass diese sich engagieren, nicht gleich vor Problemen kapitulieren, sondern sich gegenseitig bei deren Lösung helfen.“

Und weiter sagt sie: „Eine gute Atmosphäre ist wichtig unter uns im Team, denn das strahlt auf die gesamte Wohngemeinschaft aus.“
Eine angemessene Entlohnung, Dienstpläne – die private Interessen der Mitarbeiter berücksichtigen -, all das gehört dazu.

Der weite Weg der Viola Lehmann

Viola Lehmann war chemisch-technische Assistentin in Potsdam-Rehbrücke. Nach der Wende wollte sie neu durchstarten, den Umbruch für eine berufliche Umorientierung nutzen. Sie fing an, in einem Seniorenheim in Lietzensee zu arbeiten, und zwar zunächst als Pflegehelferin.

Viola Lehmann wollte es richtig machen und nahm an einer Ausbildung zur examinierten Altenpflegerin teil, in Hermannswerder in der Hoffbauerstiftung – parallel zu ihrer Tätigkeit als Pflegehelferin.

Sie erwarb eine Menge an theoretischem Wissen in der für sie zunächst völlig neuen Pflegethematik. Sie machte aber auch eigene Erfahrungen während ihrer Arbeit als Pflegehelferin in den Jahren 1991 bis 1999.

Die hauptsächlichen Tätigkeiten richteten sich zum Beispiel auf das Waschen, Essen oder das Säubern der Zimmer der Heimbewohner. An eine individuelle Betreuung war da noch nicht zu denken. Also machte sich Viola Lehmann ihre eigenen Gedanken, wie so etwas aussehen konnte.

Sie sah in dieser Zeit einen Film, den sie als ein Schlüsselerlebnis dafür beschrieb, wie man demenzkranke Menschen in täglichen Lebenssituationen unterstützt. Nämlich: auf den Bewohner eingehen, ihn aktivieren und mobilisieren und unterstützen, wo es allein gar nicht mehr geht.

In dieser Zeit entstand bei ihr der Gedanke, eine eigene Pflegeeinrichtung zu gründen, in der sie ihre Vorstellungen von einer ganzheitlichen Pflege und Betreuung verwirklichen konnte. Bis die Konzeption erarbeitet war und die Bank einer Finanzierung für ihr Projekt zugestimmt hatte, verging noch einige Zeit.

Schließlich musste eine Wohnung gefunden werden, in der Menschen leben konnten, die ohne Hilfe nicht mehr in den eigenen vier Wänden zurechtkamen. Als die gefunden war, kostete es noch einmal viel Zeit und Kraft, sie herzurichten, gemäß der geltenden Pflegestandards und so, dass sich Bewohner darin wohlfühlten. Im November 2001 war es soweit.

„Ich fing mit einer Mitarbeiterin an, die von 08.00 bis 16.00 Uhr arbeitete, montags bis freitags und ich füllte die restliche Zeit aus, ich übernahm also die Betreuung – in Nachtschichten, an Sonn- und Feiertagen, rund um die Uhr“, sagt Viola Lehmann.

„Die erste Bewohnerin in der betreuten Einrichtung war übrigens eine ältere Dame, die aus dem Haus kam, in dem ich auch wohnte.

Die Dame konnte nicht mehr allein leben. Und so kam ich an meinen ersten Auftrag. Ich erarbeitete mir so Stück für Stück einen guten Ruf, und der sprach sich natürlich rum“, erinnert sie sich.

„Ich würde es noch einmal so machen. Natürlich, hätte ich die Erfahrungen von heute, dann würde ich einiges anders angehen. Aber generell spüre ich eine Zufriedenheit, ja ich bin glücklich, weil ich mich verwirklicht habe.

Und heute kann ich mein Wissen an die nächste Generation weitergeben“, beschließt Viola Lehmann das Gespräch.

 



Mehr lesen:
2021: https://uwemuellererzaehlt.de/ueber-menschen-erzaehlen/menschen-im-alltag-2021/

2020:https://uwemuellererzaehlt.de/ueber-menschen-erzaehlen/menschen-im-alltag-2020/

2019: https://uwemuellererzaehlt.de/ueber-menschen-erzaehlen/menschen-im-alltag-2019/

2017: https://uwemuellererzaehlt.de/ueber-menschen-erzaehlen/menschen-im-alltag-2017/

 

KLEINE GLÜCKSMOMENTE FINDEN – IM ALLTAG

ALLTÄGLICHES-2021.10.25

Ich will hinter den Sinn des Lebens kommen - der oft gut versteckt ist, nicht etwa in großen Ereignissen; zu finden ist er vielmehr in den kleinen Alltagsdingen. Schreiben kann dabei sehr helfen, ist kein Selbstzweck, sondern ein guter Wegbegleiter.

 

Es ist trüb, die dunkle Jahreszeit beginnt. Der Sturm bläst, rüttelt an den Rollläden im Haus und im Garten fliegen die Blätter umher.
Ich versuche, mich nicht von dieser Stimmung herunterdrücken zu lassen, sondern ich will lieber aufschreiben, was meinen Schreib-Alltag ausmacht.

Kürzlich hatte ich eine Frau am Telefon, die mir erzählte, wie sehr sie mich beneiden würde, dass ich mein Geld mit dieser Art von Arbeit verdienen könnte.

„Ich bekomme mein Geld, weil ich es verdiene und weil ich hart dafür arbeiten muss“, sagte ich zu ihr.

Sie schien mir das nicht so recht zu glauben.

Sie meinte, ihr fehle einfach die Zeit dafür, diesem schönen Hobby nachzugehen. Sie war in der Modebranche tätig.

Ist das ‚Hobby‘ wirklich so schön und macht es so unendlich viel Spaß, zu schreiben?
Ich kann sagen, dass mich diese Gefühle bisher nur selten erreicht haben.

Klar, ich schreibe irgendwie schon gern, aber noch lieber lese ich das Ganze, wenn alles fertig ist und wenn dann noch jemand sagt, dass es ihm gefällt, ja dann bin ich natürlich auch glücklich.

Und trotzdem, es ist bis dahin stets ein weiter, ein holpriger Weg, steinig und mit vielen kleinen Stolperfallen gepflastert.
Die Frage, die ich mir immer wieder stelle, ist die: Was schreibe ich und wie schreibe ich es?

Die Voraussetzung dafür, dass du überhaupt deine Leser unterhalten kannst, ist ja, dass dir irgendetwas einfällt.

Ich glaube, die Fähigkeit, etwas Sinnvolles zu Papier zu bringen hängt sehr vom Willen ab, etwas für sich zu entdecken, was man notieren kann.

Ich zwinge mich dazu, in verschiedenen Situationen Menschen zu beobachten, zu überlegen, ob sich daraus eine Geschichte entwickeln lässt.

Was mich antreibt ist, mit Worten zu untersetzen, dass es nicht lohnt, auf den großen Tag zu warten, der alle Glückseligkeit mit sich bringt.

Entscheidend ist, ob du bereit bist, das was vor dir ist als etwas zu begreifen, was deinen Alltag bereichert.
Kürzlich saß ich im Auto und beobachtete die Menschen, die zwischen den geparkten Autos hin- und herliefen.

Es war auf dem Parkplatz eines großen Supermarktes. Ich sah einen Mann, der zwei Taschen schleppte. Hinter ihm gingen zwei kleine Mädchen, die mehr hüpften und tanzten, als dass sie schnurgerade gingen.

Der Vater ging gebeugt, die Last der Einkaufstaschen schien ihn runterzuziehen. Als er an seinem Auto ankam und in seinen Taschen kramte, vermutlich seine Autoschlüssel suchte, da war seinen Gesichtszügen anzumerken, wie schlecht gelaunt er war.

Seine beiden Töchter hingegen sprangen durch die Pfützen, die sich nach dem Regen gebildet hatten.

Ich hörte ihr fröhliches Schnattern und Kreischen bis zu mir herüber.
Sie bereiteten sogar mir gute Laune, obwohl ich ein wenig weiter weg war. Ja, ich musste sofort an meine Enkelin denken, die mit Sicherheit ebenfalls in den Wasserpfützen umhergesprungen wäre.

Der Vater schien gestresst, schnauzte seine Kinder an, die urplötzlich aufhörten, lustig zu sein und mit gesenkten Häuptern dem Vater entgegenstrebten.

Ich konnte den Vater verstehen. Oft genug hatte ich mich ja selbst in solchen Situationen befunden.

Aber mit einigem Abstand weiß ich heute, dass der Vater genügend Gründe hätte, ebenfalls fröhlich zu sein, vorausgesetzt, er war nicht krank, hatte keine größeren Sorgen, die nur er kennen konnte.
Was ich meine ist, mit dem Schreiben zu zeigen, dass der Tag nicht besser wird.

Sondern dass der Alltag aus vielen solchen kleinen Momenten besteht, die wir nicht achten, weil wir sagen, es gäbe in der Situation etwas Wichtigeres.

Aber was sollte bedeutungsvoller sein als die Tatsache, dass die Kinder glücklich waren, den Tag liebten, und es mochten, mit ihrem Vater einzukaufen?

Diese kleinen Situationen festzuhalten, das ist wichtig.
Wie viele Bücher sind schon über den Sinn des Lebens geschrieben worden?

Wie oft verweigern sich Menschen dem Glück im Alltag?
Dabei meine ich nicht, mit künstlich verzogenem Mund den Tag zu loben.

Keiner kann sagen, dass er im Alltag nur Positives erfährt. Aber weil es so ist, ist es wichtig, über die guten Alltagsgefühle zu schreiben. Dabei geht es nicht darum, formvollendete Texte zu schreiben.
Oft reicht das Tagebuch, in das man etwas hineinschreibt, sich vergewissert, was einem am Tag wichtig war.

Das bedeutet aber auch, sich ständig aufs Neue zu motivieren, zum Federhalter zu greifen oder auf der Tastatur zu tippen.

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DIE BIBEL AM SONNTAG FÜR DEINEN ALLTAG

Bibel

BIBEL-2021.10.24

WARUM DIE BIBEL LESEN?
Es ist nicht so einfach, im ‚Buch der Bücher‘ die richtigen Stellen für sich zu finden.

Die Worte herauszunehmen, die mich auch überzeugen, und die ich auch verstehe.

Aber ich bin in diesen Dingen sehr zäh. Selbst wenn alle um mich herum lachen, dass ich mir die Bibel vornehme, hält mich das nicht ab, sondern spornt mich an.

Du brauchst eben die Ausdauer, die Inhalte zu finden, sie richtig zu deuten, sie auch richtig wiederzugeben.

Ich halte nichts davon, nur das Zitat selbst zu nehmen und es einfach vor mir herzutragen, so wie eine Trophäe: ‚Seht her, wie durchgeistigt und klug ich bin‘. Das würde mir nicht helfen.

Ich will mir ein gutes Fundament an Argumenten aufbauen – für alle Lebensbereiche.
Also kann ich nicht nur den ‚Ozean vom Ufer aus betrachten‘. Nein, ich muss mir ein ‚Schiff bauen‘, ein Gerüst, dass mich über ‚das Wasser bringt‘.

Kurzum, ich muss mir zu jedem Satz eine eigene Meinung bilden, darüber nachdenken, was die Worte mir sagen. Nur dann werde ich sie als Motivation im Alltag verwenden können.

Im Buch Josua habe ich etwas gefunden, was mir Mut machen kann:
‚Und lass das Buch dieses Gesetzes nicht von deinem Munde kommen, sondern betrachte es Tag und Nacht, dass du hältst und tust in allen Dingen nach dem, was darin geschrieben steht. Dann wird es dir auf deinen Wegen gelingen und du wirst es recht ausrichten.‘
(Jos 1, 8-9).

Was entnehme ich dieser Botschaft?
Dranbleiben an dem, was man sich vorgenommen hat, nicht vom Weg abweichen, sich einen Plan machen, an den man sich halten kann.

Und: Die Bibel für sich als Richtschnur des eigenen Handelns im Blick behalten.

Bibel

DEN TAG BEWUSST WAHRNEHMEN UND AUF DEINEN NEBENMANN ACHTEN
Im Brief an die Hebräer heißt es: „…und lasst uns aufeinander Acht haben und uns anreizen zur Liebe und zu guten Werken und nicht verlassen unsere Versammlungen, wie einige zu tun pflegen, sondern einander ermahnen, und das umso mehr, als ihr seht, dass sich der Tag naht.“ (Brief an die Hebräer, Bekenntnis der Hoffnung, Hebr 10.24-25)

Man könnte hier viel zu schreiben, zum Beispiel, nicht einfach den Tag an sich vorbeiziehen zu lassen, sondern bewusst den Moment wahrzunehmen und zu genießen, auf den Menschen neben dir zu achten, sich für ihn zu interessieren, ehrlich und einfühlsam.

DIE SPRÜCHE SALOMOS
‚Ein Wort, geredet zu rechter Zeit, ist wie goldene Äpfel auf silbernen Schalen.
Ein Weiser, der mahnt, und ein Ohr, das auf ihn hört, das ist wie ein goldener Ring und ein goldenes Halsband.‘ (Spr 25, 11-12)

In der Stuttgarter Erklärungsbibel heißt es dazu:
„Freundliche Worte brechen den härtesten Widerstand oder ‚Steter Tropfen höhlt den Stein‘.“ (1)

(1)
Stuttgarter Erklärungsbibel mit Apokryphen,
DIE HEILIGE SCHRIFT NACH DER ÜBERSETZUNG MARTIN LUTHERS,MIT EINFÜHRUNGEN UND ERKLÄRUNGEN; DEUTSCHE BIBELGESELLSCHAFT.ISBN 978-3-438-01123-7
Neuausgabe mit Apokryphen © 2005 Deutsche Bibelgesellschaft,  Zweite, verbesserte Auflage 2007, 10.2016, S. 795

Bibel

DIE BIBEL KANN HELFEN GESÜNDER ZU LEBEN – TUN MUSST DU ES ABER IMMER NOCH SELBST
Das Grauen bekam wieder ein Gesicht, nachdem ich am Sonntagvormittag auf die Waage stieg. Ich habe über die Feiertage ein paar Kilo zugenommen.

Die bittere Ironie: Ich habe es nicht geschafft, mein Gewicht auf dem Niveau zu halten, das ich aufgrund eines harten Trainings im Herbst erreicht hatte. Ich habe schon gar nicht weiter an Gewicht verloren. Nein. Das Gegenteil ist also der Fall.

Ich kann mich jetzt in Ausflüchten ergehen – der Lockdown ist schuld, die Feiertage haben mich runtergezogen und dafür ist das Gewicht nach oben gegangen.

Aber was bringt mir das?
Im Zweifelsfall nur weitere schlechte Laune.

Ich habe überlegt: Ich muss zurück zu meiner Ursprungsmotivation, zu den geistigen Wurzeln, die bewirkt haben, dass ich mich von selbst morgens um 05.00 Uhr ins Fitness-Studio aufgemacht habe.
Ich will mit der Bibel versuchen, einen geistigen Neustart hinzubekommen, der nicht nur für ein paar Wochen hält.

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PUR UND PROMPT

ALLTÄGLICHES-2021.10.20

‚pur‘ - ungefiltert notiert, ohne groß nachzudenken;
‚prompt‘ - in dem Moment geschrieben, in dem ich es erlebe, zum Beispiel heute Morgen im
Fitness-Studio im Stehen geschrieben, zwischen den Übungen versteht sich.

Mittwoch, kurz nach sechs Uhr:
Ich komme ins Fitness-Studio und werde von lauter Musik empfangen. Ich weiss noch nicht, ob sie mich mehr stört oder ob ich dadurch endgültig munter werde.

An den Rückenstreckern sind zwei junge Leute, die unheimlichen Krach verursachen. Sie sprechen laut und lassen die Gewichte nach den Übungen krachend auf das Parkett poltern. Sie müssen es ja nicht pflegen, also was soll’s? Wozu vorsichtig und rücksichtsvoll sein?

Ich überlege, ob ich ihnen etwas sage, doch sie sehen so aus, als würden sie antworten, „was geht’s dich an, Alter?“
Also lass ich es sein. Früher wäre ich sofort hingegangen und hätte etwas gesagt.

Bin ich feiger geworden? Wahrscheinlich. Aber ich schätze auch die Folgen ab und unterlasse heute viel mehr, als ich es früher getan habe.

Eigentlich eine schlechte Einstellung und nicht gut für die allgemeingesellschaftliche Atmosphäre.
Aber so ist die neue Wirklichkeit, die ich wahrnehme.

Zur Wahrheit gehört aber auch, dass die Mehrheit derer, die ins Studio kommen, sehr ruhig und rücksichtsvoll agieren. Jeder will irgendwie seine Ruhe haben und das Trainingsprogramm durchziehen, was er sich vorgenommen hat.

Bauchbank ist dran. Neben mir auf der Bank trainiert ein sportlicher Typ. Das motiviert mich nicht, im Gegenteil. Na gut, ich fang mal an.
Bauchbank liegt hinter mir, Rückenstrecker auch.

Beim Rückenstrecker wird mir immer schwindlig, weil ich mich so weit vorbeuge.

Jetzt sitze ich aber und schreibe schon wieder.
Wieso notiere ich eigentlich so viel im Studio? Keine Ahnung.

Vielleicht, weil die Pause zwischen den einzelnen Trainingspausen grösser wird.
Aber vielleicht auch, weil mir morgens mehr auffällt und einfällt. Die Wahrheit liegt wohl in der Mitte.

Ich bin an der Brustpresse, meiner letzten Übung für heute. Danach freue ich mich auf die Parkbank im Innenhof vom Backhaus im Prenzlauer Berg, Wasserflasche leertrinken, Leuten zuschauen, die zur Arbeit gehen, auf den eigenen Schreibtisch freuen.

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2021: https://uwemuellererzaehlt.de/mein-freund-der-alltag/alltaegliches-2021/

2020: https://uwemuellererzaehlt.de/mein-freund-der-alltag/alltaegliches-2020/

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ALLTÄGLICHES – PUR UND PROMPT

ALLTÄGLICHES-2021.10.18

Warum schreibe ich ununterbrochen? Ist das nicht bescheuert?
Mag sein. Aber ich komme so besser hinter den Sinn des Alltagslebens. Und das kannst du nur, wenn du notiert hast, was du so an Alltäglichem erlebst, womit du dich gerade befasst hast.

Manches wird belanglos sein, anderes langweilig, für mich ist alles spannend, denn es ist nun mal das eine Leben, was du hast, und du kannst dir erst einmal nichts neues ‚stricken‘.

Bestimmt erkennst du auf diese Weise auch, was du verändern kannst.

Ich habe immer wieder gelesen, dass es keinen Schriftsteller gibt und sei er noch so berühmt, der nicht die Figuren, die Ereignisse an seine persönlichen Erlebnisse angelehnt hat, der nicht aus der Vielfalt der zahlreichen Augenblicke Inspirationen für seine Werke gezogen hat.

‚Pur‘ heißt, dass ich nahezu ungefiltert veröffentliche, was ich vorher aufgeschrieben habe. 

Das geschieht, indem ich das iPhone benutze, oder ich schreibe mit Bleistift auf einem weißen Blatt und tippe es hinterher ab, was natürlich nervt.
Der Vorteil dabei, wenn du etwas mit der Hand schreibst, ist, dass du fasst keinen Schreibwiderstand spürst.

Prompt bedeutet, dass ich es in dem Moment aufschreibe, indem ich es erlebe.

Manchmal geht mir durch den Kopf: „Oh Gott, was werden die anderen denken, wenn sie dies lesen?
Sie werden sich lustig machen - na der hat vielleicht Sorgen“, oder so ähnlich werden manche urteilen.

Kann sein, aber du musst dich immer ein wenig ‚nackig‘ machen, wenn du etwas zu Papier bringst.
Wichtig ist auch nicht, dass es andere lesen, wichtig ist, dass du eine Form findest, in der du durch das Schreiben besser hinter den Sinn deines Alltags kommst.

Hier nun die ersten Notizen, Gedankenfetzen, was weiß ich, wie ich es bezeichnen soll - einfach pur und prompt aufgeschrieben, was mir durch den Kopf ging. 

Samstagvormittag
Ich stehe auf dem Parkplatz vor dem Drogeriemarkt im Dorf. Laura ist hineingegangen.

Wir wollen für Krümel Schnuller holen, weil sie es gewohnt ist, dass sie abends einen Schnuller bekommt, wenn sie bei Oma und Opa schläft. Ihre Mama sieht das nicht so gern, aber sie nimmt es hin.

Später:
Krümel sitzt vor mir und schaut eine Serie, die sie ‚Die Hunde‘ nennt.
Wir haben ein schlechtes Gewissen, wenn wir sie das zwischendurch sehen lassen.

Aber ich habe mit ihr fast eine Stunde auf dem Fußboden gesessen und mit den Autos gespielt. Der Rücken tat mir weh, der Nacken auch und ich kam kaum noch vom Fussboden hoch.

Also musste ich zwischendurch mal sitzen und so hänge ich nun im Sessel ab, die Füsse hochgelegt und schreibe ins iPhone.

Krümel sitzt mir gegenüber und blickt gebannt in den Fernseher, wen ihre ‚Hunde‘ jetzt wieder retten wollen.

Ist Krümel hier, dann wirkt die Wohnung wie auf den Kopf gestellt, so als würden alle Sachen einmal durchgeschüttelt werden.
Auf dem Tisch steht ein kleiner Dinosaurier, den wir ihr zum Geburtstag geschenkt haben.

Auf dem Fussboden liegen zahlreiche Spielzeuge herum, Autos, ein Karton, den wir als Krankenhaus nutzen, ein Hubschrauber mit einem kleinen Piloten.

Dazwischen Papier von ausgewickelter Schokolade. Eine dicke Holzkiste steht so, dass du sie umlaufen musst, wenn du aufstehst und rausgehen willst.

Ich habe sie schon ein paar Mal beiseitegeschoben, aber ich habe es jetzt aufgegeben, denn sie steht auf wundersame Weise wieder an der gleichen Stelle.

Nachmittags
Wir sind mit Krümel auf dem Spielplatz.
Sie hat erst eine ‚Strassensperre‘ aus Hölzern gebaut und jetzt krabbelt sie an einem Stein hoch, der für sie allein nicht zu bewältigen ist. Sie ist fast oben, rutscht wieder runter, stampft mit dem Fuss auf, kreischt, weint.

Und dann versucht sie es wieder. Jetzt hat ihre Mama nachgeholfen. Sie ist oben.
Geschafft.
Ich staune auf jeden Fall, wie hartnäckig Krümel geblieben ist, um den Stein zu erklimmen.

Sonntagvormittag
Ich fahre Krümel und ihre Mama zurück nach Berlin.
Krümel sitzt im Auto hinten und fragt mich, warum die Blätter vom Baum fallen. Sie ist traurig darüber.

Ich tröste sie und sage ihr, dass wir im nächsten Frühjahr die Bäume und Sträucher betrachten, wenn die ersten Blätter wieder sprießen.
„Opa, wer ist unser Anführer, fragt mich die Vierjährige?“
„Von Deutschland?“

„Ja“, sagt sie, obwohl ich mir nicht sicher bin, dass sie wirklich weiß, wozu sie ja gesagt hat.
„Die sitzen noch im Zelt um ein Feuer herum und streiten sich, wer das ‚Sagen‘ haben soll.“

Krümel gibt sich mit der Antwort zufrieden.
„Opa kannst du mir eine Geschichte erzählen?“, fragt Krümel weiter.
Ich erzähle ihr von der Ostsee und den kreischenden Möwen. Ich mache das Geschrei nach, sodass Laura sich neben mir die Ohren zuhält, wenn Krümel begeistert ruft: „Mach‘ weiter, Opa.“

Also mach‘ ich weiter und die Zeit vergeht wie im Flug.
Wir sind in Berlin an Krümels Wohnung angekommen.
Ich hebe sie draußen noch einmal hoch und mir wird schwer ums Herz.

„Tschüss Opa“, ruft sie noch einmal, bevor sie an der Haustür an einer Zeitung zieht, die aus einem der zahlreichen Briefkästen heraushängt.

Ich bin traurig. Im Auto ist es still, als ich wieder losfahre. Ich stecke den Stick von Roland Kaiser in der Radioanlage rein.

Laura hat mir 150 Lieder aufgespielt. „Santa Maria…“ ertönt es aus dem Lautsprecher und ich summ‘ leise mit.

Zuhause angekommen, steht der Staubsauger auf dem Flur herum, während Klara die Treppen wischt.
Das ist das letzte, was ich am Sonntag will. Aber wann sollte es sonst passieren?

Wenn Krümel zu Besuch war, dann wollten wir die Zeit nicht damit vertun.
„Oh, das ist ja schon alles schön sauber hier“, sage ich laut.
„Kannst du die Papierkörbe mal mit nach oben nehmen und vorher deinen Lüfter in den Keller stellen?“, fragte Klara mich, ohne auf mein Lob einzugehen.

Ich hasste es, jetzt auch noch Anweisungen zu erhalten, obwohl ich eigentlich nur in mein Arbeitszimmer an meinen Schreibtisch wollte.
Also stapfte ich mit dem sperrigen Lüfter die Treppen zum Keller hinunter, passte auf, dass ich nicht auf die schmutzigen Sachen trat, die auf den einzelnen Stufen herumlagen, um später für die Waschmaschine eingesammelt zu werden.

Ich sag nicht, wer das macht, obwohl es ja nur eine geben konnte, die die Sachen aufhob, wenn ich es nicht tat – Klara.

Ich warf in der Regel nur die Kleidung von oben herunter und später stieß ich sie noch durch die Stufen im Flur weiter runter, in Richtung Keller. Das machte mir Spaß, aber weiter kümmerte ich mich nicht mehr darum.

„Du musst die Bürste am Staubsauger mitbenutzen, wenn du im Schlafzimmer saugst, sonst wird das nicht richtig sauber“, hörte ich im Hintergrund Klara rufen.

Erst hatte sie oben an der Verlängerung mit Pflaster die Öffnungen zugeklebt, damit angeblich der Saugdruck erhöht wurde. Ich konnte dann schieben, bis der Schweiß auf der Stirn stand.

Jetzt sollte ich auch noch die Bürste benutzen.
Na, dann würde ich oben wieder das Pflaster abmachen.
„Ich möchte mal wissen, wer hier laufend das Pflaster locker macht?“, sagte Klara in solchen Momenten und schaute mich an.

„Du musst es mir beweisen, dass ich es bin“, dachte ich dann.
Ich hatte es in einer amerikanischen Serie gesehen, in der es darum ging, mit einem Mord vor Gericht davonzukommen, mit einer guten Anwältin eben.

Gut, dass mit dem Mord, das war wohl ein bisschen zu viel. Aber mit dem Pflaster, ja, da konnte ich schon mal die Aussage verweigern. Also drehte ich mich in diesen Situationen um und tat so, als ob ich nichts gehört hätte.

„Wieso klebt schon wieder an deinem Pullover Zahnpasta?“, ruft Klara von unten.

Ja, das war schon wieder eine andere Geschichte, eine, in der ich mit Krümel um die Wette die Tube, angefüllt mit Zahnpasta ausgedrückt hatte. Nicht alles landete auf der Zahnputzbürste, naja, aber das meiste.

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VERZEIHEN BRAUCHT MEHR KRAFT ALS HASSEN

 

BIBEL-2021.10.18

#FASZINATION BIBEL
„Denn wenn ihr den Menschen ihre Verfehlungen vergebt, so wird euch euer himmlischer Vater auch vergeben.
Wenn ihr aber den Menschen nicht vergebt, so wird euch euer Vater eure Verfehlungen auch nicht vergeben.“
Matthäus 6, 14-15

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BIBELSPRUCH AM SONNTAG FÜR DEN ALLTAG

Bibel

BIBEL-2021.10.17

„Wer Klugheit erwirbt, liebt sein Leben; und der Verständige findet Gutes.“
Sprüche, 19,8

Meine Sicht:
Das Leben annehmen, wie es ist und in ihm das Schöne sehen.

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WER SEID IHR UND WAS WOLLT IHR HIER?

MEIN FREUND, DER ALLTAG-2021.10.15

VON DEM WILLEN UND DER LUST, BIS ZUM SCHLUSS SEINES LEBENS KREATIV ZU SEIN

Donnerstagabend. Wir mochten nicht die üblichen Fernsehberichte anschauen, die immer wiederkehrenden Bilder von den Sondierungsgesprächen sehen, durchsetzt von Statements, wie es nun mit der CDU weitergehen würde.

„Ich habe im Programm einen Bericht über eine Seniorenresidenz in Los Angelas entdeckt, in der wohl ausschließlich Filmschaffende und Autoren leben.

„Wollen wir uns das mal anschauen?“, fragte ich meine Frau.

„Ja gut, können wir machen“, antwortete sie, was lustloser nicht klingen konnte.

„Wir können sie uns schon aus der Mediathek holen“, sagte ich noch.

Klara nickte und ich begab mich mit der Fernbedienung auf die Suche.

Als ich den Beitrag gefunden hatte, da klickte ich darauf und sofort konnten wir in die sonnige Residenz eintauchen.

Überall Blumen, gepflegte Beete, gemähte Rasenflächen, ein Gärtner, der morgens die Pflanzen goss.

Auf dem Weg kam ein Senior im Rollator entlanggefahren und winkte.

„Wow, da möchte ich meine Rente auch verbringen!“, staunte ich.

„Hm“, kam es von Klara.

Sie schien weniger begeistert.

„Wir müssen das nicht bis zum Schluss gucken“, sagte ich zu ihr.

Sie nickte. Als klar war, dass ich jederzeit auf den Knopf drücken durfte, blieben wir weiter an dem Beitrag dran.

In einem Raum, in dem ein Flipchart stand, und auf dem ein Dozent etwas niederschrieb, saßen Frauen und Männer, die ihm dabei gebannt zuschauten und zuhörten.

Es war ein Seminar über das kreative Schreiben oder das ‚Creative Writing‘, wie es im Original hieß.

Jetzt wurde ich munter und setzte mich gerade auf die Couch, auf der ich noch kurz zuvor lustlos abgehangen hatte.

Alle Seniorinnen und Senioren waren wohl nicht jünger als 80 Jahre, und das waren die schon die jüngeren Semester unter ihnen.

Eine ehemalige Schauspielerin sprach vor der Kamera, die bereits über 100 Jahre alt war.

„Ich kriege hier so viel Inspirationen, warum das Leben immer noch schön ist, weshalb es sich lohnt, über das zu schreiben, was mich hier umgibt“, sagte sie.

Und ein Mann aus der gleichen Runde: „„Ich werde wohl über meiner Tastatur sterben.“

Er hatte ebenfalls die einhundert Jahre Lebensalter überschritten.

Im Szenenwechsel sah man ihn an seinem Computer sitzen, sah ihn beim Schreiben kämpfen – mit sich und mit seinen zwei Fingern, die über die Buchstaben auf der Tastatur zitternd hin- und her huschten.

„Verflucht, warum gehen hier jetzt schon wieder Fenster im Computer auf, wo ich doch noch nur hier draufgedrückt habe“, hörte man ihn sagen.

Zurück zum Seminar.

„Warum schreibst du noch?“, fragte der Dozent einen der Teilnehmer.

„Solange ich schreibe, lebe ich. Und wenn ich lebe, dann schreibe ich auf, was um mich herum passiert. Es ist herrlich, durch das Schreiben sein eigenes Leben noch lebenswert zu finden.“

„Donnerwetter, das hätte ich nicht gedacht, dass ich so etwas Spannendes sehe. Ich dachte, die zeigen uns nur, wie luxuriös die alle dort in der Residenz wohnen“, sagte ich zu Klara.

„Ich bin mit meiner Frau dabei, ein Buch darüber zu schreiben, wie man über 60 Jahre miteinander verheiratet sein kann, ohne sich umzubringen“, sagte ein weiterer Teilnehmer.

Seine Frau war fast blind. Und trotzdem sprach sie auf ein Band, was danach in den Computer getippt werden sollte. Die Buchstaben auf dem Bildschirm waren riesengroß, aber das schien alles nur Nebensache zu sein. Hauptsache war, man konnte schreiben, diskutieren, lachen.

Was in den Berichten und den gezeigten Interviews auffiel: Alle hatten einen guten Humor, obwohl es keinen gab, der nicht mit seinem körperlichen Zerfall zu tun hatte.

„Willst du uns etwas zu Beginn sagen?“, fragte einer der Dozenten einen Regisseur, der sich kaum auf den Beinen halten konnte.

„Wer seid ihr und was wollt ihr hier?“, fragte der wiederum scherzhaft in die Runde, nachdem er sich mühsam von seinem Platz erhoben hatte.

Er schien mit einem Augenzwinkern den Eindruck vermitteln zu wollen, als sei er bereits dement und würde keinen erkennen.

Dabei hatte er gerade einen Film fertiggestellt, gemeinsam mit einigen Bewohnern, und wollte den nun zur Premiere vor dem Publikum vorführen.

Nach knapp 90 Minuten war die Dokumentation vorüber.

Ich war begeistert, von einem derartigen Lebensmut, einer Kreativität und dem Willen, das Leben bis zum Schluss zu genießen.

Und noch etwas war für mich wichtig zu sehen. Obwohl es sich in dem Beitrag offensichtlich vor allem um betuchte Seniorinnen und Senioren handelte, schien es nicht das zu sein, was sie strahlen ließ.

Ihr eigentlicher Reichtum kam von innen – von der Lust auf das Schreiben, auf den Austausch mit anderen im Seminar, einfach davon, weiter das Leben aktiv zu beobachten, daran teilzuhaben.

 

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SCHREIB‘ UND DU KOMMST BESSER HINTER DEN SINN IN DEINEM ALLTAGSLEBEN

ALLTÄGLICHES-2021.10.13

Schreiben kostet Überwindung, Energie, um durchzuhalten und ans Ziel zu gelangen - aber es lohnt sich für dich.
Schreiben strukturiert nicht nur deinen Alltag. Nein. Es bringt dich zugleich dorthin, wo du ganz persönlich den Sinn in deinem Leben siehst.

Es vergeht kaum ein Tag, an dem ich nicht darüber nachdenke, warum ich schreibe und worüber ich schreibe.

‚Klar, ist doch dein Beruf‘, wird jemand sagen, der mich kennt.
‚Tu‘ doch nicht so, es ist doch auch etwas, was du sehr gern magst, das Schreiben nämlich.‘

Das stimmt irgendwie und es stimmt irgendwie doch nicht.
Du musst dich ja trotzdem überwinden, enorme Energie aufbringen, um anzufangen und vor allem die Kraft entfachen, die dich bis zum Schluss durchhalten lässt.

Das klingt alles ein wenig nach jammern und ist es sicher auch.
Aber die interessantere Frage, die dahintersteckt, ist die: ‚Warum glaube ich an das, was ich tue, warum macht es mir trotzdem Spass, selbst wenn ich dafür enorme Anstrengungen unternehme, um zum Ziel zu gelangen?‘

Zunächst: Nur das, was dich Überwindung kostet, wozu du deine ganzen physischen und geistigen Fähigkeiten benötigst, um am Ziel anzukommem, das bleibt dir im Gedächtnis und im Herzen. Und es ist letztlich der Treibstoff, den du brauchst, um wieder von vorn zu beginnen.

Vom Selbstgespräch zum Aufschreiben

Schreiben hat für mich zur gleichen Zeit einen Selbstzweck, eine innere Funktion, die im Grunde noch bedeutender ist als die, die nach aussen sichtbar wird.

Es ist doch so: Wir führen jeden Tag unzählige Selbstgespräche. Manchmal rede ich sogar laut und meine Frau fragt dann, was ich gesagt hätte.

„Ach nichts!“, antworte ich in so einem Fall, weil ich nicht erklären will, aus welcher Motivation heraus ich etwas zu mir selbst gesagt habe.

„Du wirst alt“, sagt meine Frau in solchen Momenten. Und ich? Ja, ich sehe mich vor meinem geistigen Auge sabbernd und brabbelnd durch die Wohnung laufen. Der Gedanke lässt mich so erschaudern, dass ich die Selbstgespräche einstelle.

Aber können wir das überhaupt, die Gespräche mit uns selbst einstellen? Natürlich nicht. Wir würden nicht mehr leben.
Wir reden ununterbrochen mit uns selbst.

„Mist, du musst noch den Termin für den Reifenwechsel machen. Heute will ich unbedingt die E-Mail schreiben, die ich bereits in der vergangenen Woche rausschicken wollte.“

Oder du wachst morgens auf und weißt nicht, wo du bist, was für ein Tag auf dich zukommt.

Du hoffst, dass es der Sonntag ist. Aber Sonntag war, du fühlst dich nur, als wärst du noch im Sonntagsrausch, mit dem Liegenbleiben und dem Umdrehen im Bett, das Kissen zurechtknüllen und wieder sanft weiterschlafen.

Aber nein: „Verflucht, es ist Montag, die ganze verdammte Woche ist noch vor dir. Wie sollst du den Tag überstehen“, kommt dir in den Sinn.

Am liebsten würdest du den gesamten Denk- und Sprechapparat abstellen und gar nichts mehr fühlen.
Wäre das so, dann wärst du wahrscheinlich schon tot.

Also doch lieber aufstehen, den Automatismus der Tagesroutine abspulen.

Das Schreiben hilft mir dabei, dem Leben im Alltag einen Sinn zu geben.

Indem ich aufschreibe, was mir am Tag bevorsteht, wirkt das Ganze schon nicht mehr so grau und ich kann vor allem festlegen, was ich alles auf den nächsten Tag verschieben kann.

Das macht schon mal einen riesigen Spaß. Aber dazu musst du wenigstens einen Zettel und einen Bleistift zur Hand nehmen.
Schreiben ist nun mal zuallererst strukturiertes Denken.

Klingt ein wenig abstrakt. Ist es auch. Aber im positiven Sinne. Du abstrahierst nämlich ein Stück weit von den Zufällen des Tages, die dich also sprichwörtlich überfallen, ohne dass du sie vorhersiehst.

Manchmal sagt mir jemand: „Ich kann meinen Tag nicht schriftlich planen, weil es ohnehin anders kommt.“

Das ist sicher wahr und jeder von uns kennt das. Aber musst du deshalb nicht erst recht deinen Tag fest im Blick haben, um wenigstens die allerwichtigsten Dinge zu erledigen?
Wie dem auch sei.

Schreiben vermittelt dir das Gefühl zu leben, deinem Alltag einen Sinn zu geben.

Mir geht es weniger um den Sinn des Lebens. Dahinter werde ich wohl nicht mehr kommen. Nein, mir geht es darum, einen Sinn in meinen ganz konkreten Alltag zu bringen.

Diesen Alltagssinn zu finden, das gelingt dir am besten, indem du schreibst, was dir ganz persönlich in deinen Sinn kommt.

Ich schreibe manchmal mit dem Füllhalter morgens auf ein Blatt Papier, das schon von einer Seite beschrieben ist. Das gibt mir das Gefühl, dass ich nicht ganz von vorn anfangen muss.

Oder ich tippe mit zwei Fingern auf dem Tableau des iPads herum, so wie jetzt. Ganz selten tippe ich auf der Tastatur, und dass, obwohl ich blind mit zehn Fingern schreiben kann.

Das ist bei jedem anders und darauf kommt es auch nicht an. Wichtig ist, dass du schreibst, weil du lebst, weil du einfach mehr Sinn in dein Alltagsleben bringen kannst.

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„DAS IST MEIN OPA, ABER ER IST JA SCHON EIN ALTER MANN“

ALLTÄGLICHES-2021.10.05

Vom Nachsinnen über dein Leben im gewöhnlichen Alltag

Krümel war am Wochenende bei uns gewesen.
Wir ließen uns dann ganz auf unsere Enkelin ein. Klara kochte und backte, versorgte sie mit Süßigkeiten, mehr als ihre Mama es zulassen würde.

Ich schmiss mich auf den Fußboden, holte die Spielzeugkiste hervor, in denen die kleinen Autos verstaut waren.

Und wir schauten mit Krümel die ‚Hunde‘, einen Zeichentrickfilm, in dem wir mittlerweile schon mitspielen können.

Ich hätte gern im Fernsehen etwas über die Sondierungsgespräche der Parteien erfahren, aber wir wollten Krümel natürlich nicht stören, wenn sie auf der Couch saß, ein Bein über meinen Arm legte und mit dem Kopf auf der anderen Seite lag.

Sie kaute an einer Banane und war ansonsten nicht ansprechbar, denn sie verfolgte ‚ihre Hunde‘ in der Zeichentrickserie hartnäckig.
Na klar, es war auch anstrengend mit Krümel.

Meist sind wir nach ihrem Besuch so kaputt, dass wir hinterher irgendeinen Film anmachen und uns nur noch knapp unterhalten.

Diesmal habe ich Krümel erst am Montagmorgen zurückgebracht. Wir sind sofort in Richtung Kita gefahren. Krümels Mama hatte Frühdienst und so wollten wir nicht, dass unser kleiner Liebling so früh aufstehen musste.

„Ich schlafe in deinem Arbeitszimmer und Krümel kann in meinem Bett schlafen, damit wir sie früh nicht wecken und du trotzdem gleich den Laptop für dein Homeoffice um halb Sechs anschmeißen kannst“, habe ich zu Klara gesagt.

Die war sofort einverstanden, Krümel natürlich auch.
„Oma!“, rief sie nachts freudig, als sie noch einmal aufwachte, kerzengerade im Bett saß und sich dann gleich wieder in eine andere Richtung auf die Bettdecke schmiss.

Ich wachte früh auf, fühlte mich zerschlagen, war aber guter Dinge, weil wir so ein schönes Wochenende hinter uns hatten.

Auf dem Weg zur Kita kam ich nur langsam vorwärts, die B 2 nach Berlin rein war gesperrt und die Autos stauten sich.

„Geht weg, Autos, wir wollen in die Kita!“, rief Krümel laut. Es störte sie wenig, dass sie wohl keiner der Fahrer in den anderen Autos neben und vor uns hört.

Mit einer Stunde Verspätung kamen wir an und Krümel hüpfte fröhlich die Treppen zu ihrer Kita-Gruppe hoch.

„Hallo Krümel!“, riefen zwei Mädchen, die uns entgegenkamen.
„Das ist mein Opa“, sagte Krümel und zeigte auf mich.
„Aber er ist ja schon ein alter Mann“, sagte sie noch, und senkte dabei ihre Stimme.

Ich war geschockt, hielt inne, obwohl ich ebenfalls im hohen Tempo die Treppen mithochgestiegen war. Gerade hatte mir im Fitness-Studio jemand gesagt, dass ich noch jung aussehen würde.

Aber Krümel sprach unerbittlich die Wahrheit aus.
Ja, ich bin tatsächlich ein alter Mann.

Ich dachte kurz an meine Oma, die für mich schon mit 56 Jahren eine alte Frau war.

Ich kam ins Grübel, als ich auf der Rückfahrt von der Kita war.
‚Warum lebst du eigentlich so und nicht anders? Wieso arbeitest du noch im Alltag, obwohl du dich doch mit anderen Dingen beschäftigen könntest?

Machte es überhaupt noch Spaß, im Alltag Geschichten zu schreiben, Interviews mit interessanten Menschen zu führen, oder sollte ich mich zurückziehen, nur noch im Wald laufen, morgens ein bisschen Kraftsport im Fitness-Center machen?

Es ist komisch: Erst wenn du einen Impuls von außen erhältst, du vielleicht krank wirst, dann fängst du an, über den Sinn deines Lebens im Alltag nachzudenken.

So ging es mir mit der klaren Ansage von Krümel auf der Kita-Treppe.

Aber war es nicht das, was das Alltagsleben ausmachte – dass ich Krümel zur Kita brachte, mich danach an den Schreibtisch setzen und arbeiten würde?

Es ist schon wichtig, sich immer wieder bewusst zu machen, über wieviel Reichtum du gerade im Alltag verfügen kannst, wenn du den entsprechenden Blickwinkel wählst.

Am Wochenende wird Krümel vier, und ich, ich bin ja schon viel älter, einfach ein alter Mann eben.

Ich habe ihr die Jahre voraus, sie hat noch ihr ganzes Leben vor sich.
Ich weiß inzwischen, wie wertvoll die Momente sind, wo ich mit ihr auf dem Fußboden sitzen und die Spielzeugautos über den Teppich schieben kann.

Wir sind beide glücklich in dem Moment, trotz des großen Altersunterschiedes.
Und darauf kommt es an, wenn es um den Sinn im Alltagsleben geht.

 

 

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FÜR EINEN AUGENBLICK IM WALD SEIN UND ABSCHALTEN

2021.09.27

ALLTÄGLICHES-2021.09.27

Die Heckklappe des Jeeps ist hochgeklappt und ich sitze auf der Kante.

Es ist etwas unbequem, aber ich will schnell noch aufschreiben, was mir gerade beim Nordic Walking durch den Kopf gegangen ist.

Manchmal denke ich, ich könnte das auch hinterher tun, aber dann ist das Gefühl schon wieder ein anderes und ich muss nachdenken, was mir eigentlich wichtig war, an dem bisschen Nordic Walking.

Nichts Spektakuläres.

Nur das: Wenn ich den Text am Montag veröffentlicht habe, nachdem ich aufgestanden bin,  dann ist es dunkel und ich erinnere  mich an das satte Grün im Wald.

Es ist einfach schön hier in der Schorfheide. Von Weitem sind vorbeifahrende Autos zu hören. Sie rauschen eher vorüber.
Hier ist es still.

Ich rieche das Farnkraut am Wegrand und sehe, dass manche Pflanzen bereits braun werden. Ich laufe an einem Hochstand vorbei. Ich höre nur noch das Gezwitscher der Vögel.

Der Wind ist zu spüren, im Gesicht und an den Händen. Ich atme tief ein, sehe in das satte Grün und bin irgendwie glücklich.

Nur das man sich das nicht eingestehen will, oft nicht bereit ist, den Augenblick wirklich in sich aufzusaugen.

Bin ich wieder am Schreibtisch, dann überfallen mich andere Gedanken- Termine, liegengebliebene Aufgaben.

Aber jetzt habe ich die Chance, für eine Stunde wenigstens, das alles fallenzulassen, gedanklich und mental.

Und am Montag, in den dunklen Morgenstunden werde ich mich daran erinnern.

 



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GEDANKEN NACH DER DOKUMENTATION ÜBER MICHAEL SCHUMACHER

ALLTÄGLICHES-2021.09.20

Leidenschaftlich arbeiten, Energie entwickeln, Ziele anpeilen und erreichen – das sind wohl mit die größten Glücksmomente im Leben

Das eigene Leben, die eigenen Erfolge, die eigenen Niederlagen- sie bestimmen wesentlich mit, ob du glücklich oder unglücklich bist.

Ich habe mir in der vergangenen Woche die Dokumentation über das Leben von Michael Schumacher angesehen.

Ich finde seinen Weg bemerkenswert, ja ich war fasziniert davon, wie er sich an die Spitze in der Formel -1 herangekämpft hat, um sie dann über Jahre zu dominieren.

Deshalb schmerzt es einen umso mehr, wenn man weiß, wie sich alles von einem Tag auf den anderen durch einen schweren Schicksalsschlag ändern kann.

Mich hat nach dem Film noch ein Gedanke beschäftigt. Nämlich, wie Michael Schumacher seinen Beruf geliebt haben muss, mit welcher Energie und auch Begeisterung er sich Tag für Tag auf Rennen vorbereitet hat.

Irgendwie kam in mir der Gedanke hoch, ob nicht gerade diese Art des Herangehens an seinen eigenen Lebensweg das wirkliche Glück ausmacht.

Ich merke es an mir selbst. Ich könnte nicht nur Hobbies nachgehen.
Nein, ich brauch‘ eine Tätigkeit, in die ich meine ganze Leidenschaft stecken kann; wo das Ankommen nicht das Wichtigste ist, sondern der Weg zum Ziel den eigentlichen Reiz ausmacht.

Ich brauche die Anerkennung für das, was ich tue.
Und die bekomme ich über das Feedback, das mir die Leser geben.

Aber die meiste Energie entwickele ich dann, wenn ich morgens aufstehe, mich irgendwann nach dem Sport an den Schreibtisch setze und schreiben darf.

Selbst dann, wenn der Beitrag vielleicht mal nicht so gelingt, ist es das, was ich am Alltag so liebe, zu arbeiten und sich so erst recht auf den Feierabend zu freuen.

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DEN MOMENT DES ALLTAGS GENIESSEN

ALLTÄGLICHES-2021.09.15
In den Tagen, als wir die Wohnung von Klaras Mutter ausräumten, überlegten, was mit soll in das Heim und was letztlich zurückbleibt, entsorgt werden muss, da wurde mir eines klar:

Das, was hier passiert, das kann auch dir passieren. Auch du kannst an Demenz erkranken und nicht mehr fähig sein, deinen Alltag allein und selbstständig zu bewältigen.

Wenn du in einer halb ausgeräumten Wohnung sitzt, in den Dokumenten blätterst, Fotoalben aufschlägst, dann zieht an deinem Auge unwillkürlich dein eigenes Leben vorbei.

Du stellst dir die Frage, ob du mit deinem Alltag zufrieden bist, was dein eigenes Leben eigentlich ausmacht.

Und schnell wird dir klar, dass es in der überwiegenden Mehrheit der Erinnerungen die kleinen Dinge sind, die dir im Gedächtnis haften bleiben und die darüber entscheiden, wie du dein eigenes Leben bewertest.

Ist es der 7er BMW, mit dem du so gern gefahren bist?
Vielleicht.

Aber siehst du ein Foto, auf dem dein Kind mit ihrem Großvater zu sehen ist und einen großen geangelten Fisch stolz in die Kamera zeigt, dann ist es eher das, was dir auch noch Jahre später ein Lächeln abringt.

Die wichtigste Schlussfolgerung, die ich für mich ziehe, ist, den Augenblick zu genießen, Lebensfreude in den kleinen Dingen des Alltags entdecken.

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SCHREIBEN ALS HANDWERK SEHEN – ÜBEN, SCHREIBEN, ÜBEN, SCHREIBEN, UND WIEDER VON VORN

SCHREIB-ALLTAG-2021.09.14

SCHREIB-ALLTAG - GEDANKEN UND ERKENNTNISSE: 
Gedanken ordnen, Stoff gliedern und in Form bringen.

Gedanken ordnen, Stoff gliedern und in Form bringen
Ich bin wieder mal für ein paar Tage nicht dazu gekommen, regelmäßig zu schreiben.

Ich merke das sofort, denn es fällt mir schwerer, zum Stift zu greifen oder die Tastatur zur Hand zu nehmen.

Deshalb rufe ich mir das in Erinnerung, was besonders wichtig ist:
Ich muss mich konzentrieren, und zwar auf das Wesentliche.

SCHREIB-ALLTAG

Klar, sagt da jeder, was auch sonst. Aber das eine ist es, das zu denken, etwas völlig anderes, danach zu schreiben.

Also fange ich damit an, die Gedankengänge zu ordnen, den Stoff zu gliedern, mich geistig mit meinem Thema intensiv zu beschäftigen.

Das gilt für meine Sachtexte, die Interviews und auch die fiktionalen Erzählungen, zum Beispiel bei ‚Anna ist dement‘.

So allmählich entwickelt sich daraus dann eine Idee, wo das Ganze eigentlich hinauflaufen soll und vor allem, wie ich es in eine bestimmte Form gieße.

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DIE SPRÜCHE SALOMOS – NOCH IMMER AKTUELL UND ALLTAGSTAUGLICH

ALLTÄGLICHES-2021.09.13

„Ein jeder hat zuerst in seiner Sache Recht; kommt aber der andere zu Wort, so findet sich’s.“
(Die Sprüche Salomos, 18,17)

Es ist für mich immer wieder aufs Neue erstaunlich, wieviel Weisheit in der Bibel steckt.

Dabei könntest du denken, dass dies alles zwar einen kulturhistorischen Wert hat, aber mehr nicht.

Das Gegenteil ist der Fall, auch wenn die Formulierungen zunächst altbacken erscheinen.

Der Spruch Salomos, in dem es darum geht, dass erst Rede und Gegenrede dazu führen, sich der Wahrheit zu nähern und herauszufinden, wer eigentlich Recht hat.

Nicht selten liegt ja diese Wahrheit bekanntlich in der Mitte in der Auseinandersetzung mehrerer Diskussionspartner.

Wie oft geht es dir so, dass du dem einen Recht geben willst, wenn der seine Argumente zu einem strittigen Punkt vorgetragen hat.

Und dann hörst du die Gegenseite und findest, dass auch da einiges an Wahrheiten zutage kommt.

Mich erinnert dieser Spruch auch daran, nicht vorschnell von der Richtigkeit der eigenen Meinung überzeugt zu sein.

Du versuchst in so einer Situation überhaupt nicht mehr, auf weitere Argumente zu hören, du willst ja in solch einem Fall gar nicht wissen, ob es nicht doch noch andere Fakten gibt, die deine Sicht ins Wanken geraten lassen.

Wir vergessen eben allzu gern, dass Argumente, Wahrheiten stets subjektiv gebrochen werden, jeder die noch so objektiv erscheinenden Fakten subjektiv wahrnimmt, sie durch seine ‚persönliche Brille‘, sehen will.

Sich dessen bewusst zu sein, nicht vorschnell etwas auf einseitige Meinungen zu geben, dazu regt der Spruch Salomos an.

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IM FITNESS-STUDIO – GEDANKEN UND GEFÜHLE NEBENBEI AUFGESCHRIEBEN

ALLTÄGLICHES-2021.09.10

Wenn ich im JR-Studio im Prenzlauer Berg morgens trainiere, dann schreibe ich auf, was mir durch den Kopf geht, zwischendurch – und das spontan, nur so, um mich später daran zu erinnern; aber auch, damit ich nicht sofort ans nächste Gerät stürzen muss, einfach mehr Zeit zum Luftholen gewinne.
Klar, ich korrigiere am Schreibtisch noch ein wenig, vor allem Schreibfehler, aber mehr nicht. Es bleibt unstrukturiert, im Telegrammstil eben.

06.22 Uhr
Ich sitze auf der Bauchbank und habe erst eine Übung hinter mir.
Mir fehlt die Power. Mich hat gerade ein türkischer Trainingskollege angesprochen.

Ich verstehe ihn schlecht, wenn er spricht, aber mental verstehen wir uns dafür umso besser. Es ist immer schön, wenn dich morgens jemand grüsst, als wenn alle nur vor sich hintrainieren.

Drei Trainingseinheiten habe ich hinter mir: Bizepsmaschine und zweimal Bauchbank- einmal Oberkörper heben und dann die Beine freischwebend fünfzehnmal anheben. Das Ganze jeweils dreimal hintereinander.

Das kostet mich sehr viel Überwindung und tut in der Bauchgegend enorm weh. Das ist wahrscheinlich die Strafe dafür, dass es mit dem Bauch so weit gekommen ist.

Ich habe den Rückenstrecker hinter mir. Die Beine klemme ich dabei hinter zwei Rollen und dann beuge ich mich nach vorn, so weit wie nur möglich. Beim zweiten und dritten Mal nehme ich eine 10 kg Hantel vor die Brust.

Während ich das aufschreibe, geht mir durch den Kopf, was derjenige denkt, der das jetzt liest: ‚Der muss ja wie Schwarzenegger aussehen, so wie der trainiert.“

Naja, ich sehe eher aus wie einer, der nie so aussehen wird wie Schwarzenegger. Aber gut fühlen kannst du dich ja trotzdem danach.

07.31 Uhr
Ich habe neun Trainingseinheiten geschafft. Eine habe ich noch vor mir.

07.50 Uhr
Endlich, ich sitze draußen auf der Bank, vor dem JR-Studio. Es ist warm und ich beobachte Menschen, die zur Arbeit kommen.

Das ist für mich der schönste Moment. Die Quälerei ist vergessen und ich freue mich, dass ich es wieder mal geschafft habe.

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KLARAS MUTTER GEHT INS HEIM

ALLTÄGLICHES-2021.09.08
Wir hatten lange damit gewartet, Klaras Mutter im ‚Betreuten Wohnen‘ anzumelden. Wir wollten, dass sie möglichst lange in ihren eigenen vier Wänden bleiben konnte, in der Wohnung, in der sie die letzten sechs Jahrzehnte verbracht hatte.

Es war still in der Wohnung von Klaras Mutter. Alle waren angespannt- denn an dem Tag war es so weit. Die Umzugsfirma würde in wenigen Augenblicken eintreffen und die Möbel heraustragen, die mit ins ‚Betreute Wohnen‘ gehen sollten.

Das dunkle Wetter passte zur Stimmung, die alle befallen hatte.
Keiner sprach es aus und doch lag allen die eine Frage auf den Lippen: Sollte es das für Klaras Mutter gewesen sein, musste sie wirklich die Wohnung aufgeben, in der sie über 60 Jahre gewohnt und gelebt hatte?

„Sie müssen etwas tun, Ihre Mutter kann nicht mehr alleine bleiben“, hatte die Pflegedienstleitung Klara unlängst auf die Situation aufmerksam gemacht.

„Wir können es nicht mehr verantworten, dass Ihre Mutter hier in der Wohnung einzig auf sich gestellt ist“, sagte die Schwester am Telefon.

Im Grunde genommen war es allen klar, dass dieser Tag nicht mehr weit entfernt war, wo Klaras Mutter eine Betreuung rund um die Uhr brauchte.

Dabei hatten alle etwas getan, damit es noch möglichst lange funktionieren würde. Klara kümmerte sich um die organisatorischen Dinge, rief jeden Abend ihre Mutter an. Lukas besuchte täglich seine Mutter, ging einkaufen, brachte den Müll runter und machte sauber.

Aber es half nicht. Klaras Mutter wollte die Wohnung nicht mehr verlassen, verwechselte die Tages- mit der Nachtzeit, wollte nur noch im Bett liegen.

„Wir können nicht anders, Mutti muss rund um die Uhr betreut werden“, sagte Klara seufzend zu mir.

Es war nicht einfach gewesen, einen guten Platz zu bekommen. Immer mehr Angehörige bewarben sich darum, ihre Mutter oder ihren Vater unterzubringen, weil sie dement waren und nicht mehr allein zuhause zurechtkamen.

Klara fuhr zu ihrer Mutter, sprach mit Heimen und Betreuungseinrichtungen.

Es war anstrengend und nervenaufreibend, doch es hatte sich gelohnt.

Ich konnte gar nicht mehr zählen, wie oft Klara in ihre Heimatstadt gefahren war, um sich um ihre Mutter zu kümmern und zugleich mit den Verantwortlichen von Pflegeeinrichtungen zu sprechen.
Aber dann hatten wir Erfolg.

„Wir können Ihnen ein Zimmer bei uns im ‚Betreuten Wohnen‘ anbieten“, sagte eine Mitarbeiterin zu Klara am Telefon, als sie gerade mal einen Tag zurück war.

Ich half Klara dabei, die schriftlichen Dinge zu erledigen – Anträge schreiben, Pflegebett ordern, mit der neuen Hausverwaltung über den Mietvertrag sprechen.

Ich habe schon so oft über die Arbeit von Pflegedienstinhabern geschrieben, hatte mit ihnen in den vergangenen Jahren unzählige Interviews geführt, wollte erfahren, was es bedeutete, an Demenz erkrankte Menschen zu betreuen und zu pflegen. Aber das eine war die Erzählung, quasi die Theorie.

Und das andere war die Realität, die unbarmherzig nach Lösungen verlangte, nach Einsatz, neben der Arbeit und den eigenen Sorgen im Alltag.

Ich hätte nie gedacht, was es für eine Kraftanstrengung bedeutete, dies alles hautnah mitzuerleben, und was es hieß, einen Menschen ins Heim zu bringen.

Fortsetzung:
Klaras Mutter geht in die Kurzzeitpflege und das Zimmer im Betreuten Wohnen muss für ihren Einzug vorbereitet werden.

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DER ALLTAG HAT MICH WIEDER – SO LANGSAM JEDENFALLS

ALLTÄGLICHES-2021.09.07
Den Tag wertschätzen, erst recht, wenn du keinen Urlaub hast oder gerade Sonntag ist.

Eigentlich wollte ich heute noch gar nicht ins Fitness-Center fahren.
Aber Klara bestand darauf, dass ich mitkam.

„Wer weiß, wie lange der Streik der GDL noch andauert“, sagte sie zu mir am Abend zuvor.

„Der ist morgen, gegen 02.00 Uhr Geschichte“, habe ich geantwortet.

Aber ich wusste natürlich, dass es trotzdem voll würde, in den Vorortzügen und in der S-Bahn.

Also habe ich mich aufgerafft, mit Klara gemeinsam in die Stadt zu fahren, sie zur Arbeit und ich zum Sport.

Kurz bevor der Wecker klingelte, bin ich aufgewacht und habe auf die Uhr geschaut, in der Hoffnung, ich hätte vielleicht noch zwei Stunden, gut, wenigstens eine oder auch nur eine halbe Stunde.

Ich tastete nach dem iPhone, machte die App mit der Uhr auf und siehe da, es war 03.44 Uhr. Eine Minute, bis der Wecker anschlug.

Ich schaltete ihn aus, bevor das dämliche Grillengeräusch anfing, mich zu nerven. Der Alltag streckte seine eiserne Hand nach mir aus.

Es waren nun schon vier Wochen vergangen, seitdem der Urlaub begonnen hatte.

Aber die letzten zehn Tage hatte an der Ostsee nichts damit zu tun, sich zu erholen, am Strand zu liegen und zuzuschauen, wie Krümel den Möwen hinterherjagte.

Wir hatten Klaras Mutter ins ‚Betreute Wohnen‘ gebracht. Es war wahnsinnig anstrengend gewesen, physisch, aber vor allem psychisch.

Aber daran wollte ich in dem Moment nicht denken, während ich mich nach dem Training auf einer Bank vor dem Studio ausruhte und die Wasserflasche leerte.

Es war der schönste Teil am ganzen Sport. Ich hatte es langsam angehen lassen und mich nur auf zehn Geräte konzentriert. Ich wollte mich nicht gleich am ersten Tag übernehmen, obwohl diese Gefahr im Grunde genommen zu keiner Zeit bestand.

Wenn du längere Zeit irgendwo nicht warst, dann gibt es meist Neuigkeiten.

Bei mir war es so, dass ich mit der Karte nicht durch die Sperre an der Eingangstür kam.

„Du musst noch einmal deinen Impfausweis vorzeigen und nachweisen, dass du zweimal geimpft bist“, sagte eine junge Frau, die an mir vorbeistürmte.

Ich bedankte mich und nahm eine Ersatzkarte.
Aber wann kam die Mitarbeiterin? Sicher nicht vor acht.
Ich schaute auf die Uhr, es war kurz vor sechs.

So lange wollte ich dann doch nicht bleiben, an meinem ersten Tag.
Und nun saß ich schon wieder draußen, auf dem Hof, genau zwischen dem Fitness-Studio und dem ‚Backhaus‘, wie das rote Gebäude hinter mir hieß.

Ich setzte die 1,5 Liter Wasserflasche an und beobachtete die Gegend.

Auf der gegenüberliegenden Seite öffnete ein Taxifahrer seine vordere Wagentür und wollte gerade einsteigen. Da kamen drei junge Leute auf ihn zu und schon hatte er die ersten Fahrgäste. Ich erkannte den Fahrer.

Er war ebenfalls jeden Morgen im Studio und quälte sich auf dem Laufband.
‚Nicht schlecht, vom Sport direkt zum Geschäft‘, dachte ich.
Von der anderen Seite näherte sich ein Mann.

Er hielt in der einen Hand einen Besen und in der anderen war eine blaue Tüte. Der Hausmeister aus dem ‚Backhaus‘.

Er machte vor einem Papierkorb halt und kippte dessen Inhalt in den Sack.

„Schon so fleißig?“, fragte ich. Ich wollte höflich sein, schließlich stand er nun direkt vor mir.

„Muss ja!“, sagte der knapp.
„Und Sie, haben Sie Sport gemacht?“, fragte er mich.

„Naja, ich habe heute wieder angefangen, nachdem ich vier Wochen ausgesetzt habe“, entgegnete ich.

„Sind Sie jeden Morgen hier?“, fragte er mich.
„Du kannst mich duzen, und ja, ich bin jeden Morgen hier, in der Regel“, antwortete ich.

„In dem Alter muss man was machen, sonst kommst du nicht mehr hoch“, schob ich noch nach.

„Wie alt bist du denn?“, fragte er mich.

„Gerade 69 geworden.“
„Donnerwetter. Dafür siehst du aber gut aus“, stieß er hervor.
Es klang ehrlich.

Mal abgesehen davon, dass ich es lieber hätte, dass eine Frau so etwas zu mir sagte, aber ich freute mich trotzdem.

„Weißt du, am älter werden ist fast alles Mist. Aber du lernst es, deine verbleibende Zeit mehr zu wertschätzen.“

„‘Det glob‘ ich“, verfiel der Hausmeister ins Berlinern.
„Du versuchst nicht laufend, dir ein anderes Leben zu wünschen, sondern du machst das Beste aus dem, was du hast.

Außerdem: Es kann immer anders werden, aber besser wird das Andere oft auch nicht. Deshalb strenge ich mich mehr an, dass gut zu finden, was vor mir ist. Und das macht dich schon ein wenig glücklicher.“

„Ja, da ist viel dran“, sagte er.
„Bist du Morgen wieder hier?“, fragte er noch.
„Ja, wahrscheinlich“, antwortete ich.

Wir verabschiedeten uns. Er leerte den nächsten Papierkorb aus und ich strebte der Tür entgegen, hinter der es zur Tiefgarage ging.

Ich hatte den Eindruck, dass wir beide bessere Laune hatten und es nicht schlecht fanden, was wir gerade taten, er weiter saubermachen und ich nach Hause fahren, an meinen Schreibtisch.

Eigentlich ist das Leben schön, dachte ich, als ich aus der Garage heraussteuerte, das Parkticket festgeklebt auf meinen Lippen.

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IM SCHREIB-ALLTAG SEIN HANDWERK BEHERRSCHEN

2021.08.26-SCHREIB-ALLTAG

Es gibt in der Technik des Schreibens Eckpfeiler, die man stets beachten sollte. Dazu gehören: die richtigen Informationen und Notizen auszuwählen, sie zu gliedern und schließlich daraus ein Thema strukturiert zu entwickeln.

Lässt du dieses Handwerkszeug außer Acht, um vermeintlich schneller und bequemer ans Ziel zu kommen, so machst du letztlich Umwege und verstrickst dich in einer Vielzahl von Verästelungen.

Selbst wenn ich Themen des Alltags wähle, so will der Leser ja nicht von meinen hin- und herspringenden Gedanken gefesselt oder besser verwirrt werden.

Nein, er will, dass ich einen Gedankengang nach dem anderen entwickle.

Nur so kann ich die Botschaften verständlich transportieren, in die Worte gießen, die mir wichtig sind.

Im Urlaub habe ich kürzlich meiner Enkelin morgens nach dem Frühstück kleinere Geschichten erzählt.

Und obwohl ich das frei formulierte, habe ich dabei fieberhaft überlegt, was zuerst gesagt werden sollte, was danach kommen könnte, kurzum, wie die Geschichte gegliedert und aufgebaut werden musste.

Und wenn Krümel dazu meine linken Zeigefinger mit ihrer kleinen Hand fast zerquetschte, dann wusste ich, dass ich es geschafft hatte, nämlich sie zu fesseln.

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URLAUB, INSEL RÜGEN, FREIHEIT

ALLTÄGLICHES-2021.08.15

Urlaub ist nichts Anderes, als kleine Dinge im Alltag intensiver wahrzunehmen, an einem anderen Ort, in lockerem mentalen Zustand, mit einem Gefühl, dass du es gerne tust.

Wann wachst du schon  mal morgens auf und musst nicht sofort wissen, was du an dem Tag tun willst. Das nenne ich Urlaub, auch wenn die Disziplin auf der Strecke bleibt. Ich haue beim Essen über die Stränge, habe bisher noch keinen Sport gemacht, bin faul und träge. Es sei denn, ich laufe zum Imbissstand.

Samstag, Krümel ist mit ihrer Mama in den Dinosaurier-Park in der Nähe von Bobbin gefahren. Ich habe sie dort mit ‚Jeepy‘, Krümels Lieblingsauto hingebracht.

Es war komisch, als ich durch das Tor des Parks fuhr. Die verrosteten Gitterstangen sahen aus, als wären sie in den letzten 40 Jahren nicht ausgewechselt worden. Ich hab nämlich zu dieser Zeit eine sogenannte ‚Kartoffeleinheit‘ von 400 Mann angeführt. Wir haben Kartoffeln für Russland verladen, weil die dort mal wieder knapp waren.

Aber das ist lange her. Heute stehen dort die ‚Dinos‘, die verrückteste und spannendste Welt für Krümel. Ich bin umgekehrt und zurück in die Ferienwohnung gefahren, um diesen Bericht in den Blog zu tippen. Ich will mich wenigstens in dieser Hinsicht fit halten.

Ein Tag zuvor, Freitag, der Blick von der nördlichsten Spitze auf Rügen über die Ostsee. Das Wasser glitzerte in der Sonne, es roch nach Meer und Seetank.

Krümel war mal wieder ganz unten, auf den  Steinen  vor dem Wasser. Man bekommt Angst, wenn man sieht, wie furchtlos sie dort umherspringt. Aber wir bleiben  vorsichtig und holen sie von dort weg.

Und wieder gestern, abends, Hanse Sail im Hafen: Viele Menschen, schöne Musik.

Krümel und ich schauen uns die Boote von der Wasserschutzpolizei an.

Es war aufregend  für Krümel, aber für mich auch.